Du siehst, wie einer der Troll-Wächter in den Laden des Troll-Händlers Kreidig geht und mit einer mit weißem
Pulver gefüllten Tüte wieder herausgeht. Dealt der Troll-Wächter mit Platte oder was ist los?
Dafür vergebene Note: 13
"Herein!"
Korporal Swires stieß langsam die Tür zum Kommandeursbüro auf. Rince saß an seinem Schreibtisch, der wie immer voller Papierkram war. Er sah auf, als die Wichtelin eintrat.
"Ah, Swires, auf dich habe ich schon gewartet! Ich habe eine Aufgabe für dich!"
Die Wächterin trat näher und machte ein interessiertes Gesicht.
"Heißt das, daß ich endlich mit meiner Ausbildung zur Informantenkontakterin anfangen kann?" fragte sie neugierig.
"Genau. Es geht um einen Fall, der mit allergrößter Diskretion behandelt werden muß."
"Ich verstehe!" Swires machte es sich in einem Sessel gemütlich. "Worum handelt es sich dabei genau?"
"Nun ja", Rince schob unruhig einige Papierstapel hin und her. "Malachit ist gestern gesehen worden, wie er aus dem Laden von Kreidig dem Troll kam!"
"Ja und?" Der Korporal war enttäuscht. "Ist das jetzt ein Verbrechen? Wenn ja, dann müßten wir die halbe Trollheit festnehmen. Kreidigs Laden ist sehr beliebt."
"So einfach ist es leider nicht. Er hatte einen Beutel mit einem weißen Zeug in der Hand."
"Und?" Swires hatte immer noch nicht verstanden.
"Wir befürchten, daß Kreidig mit Platte dealt und Malachit einer seiner Kundin ist.
"Was? Das glaubst du doch wohl selber nicht. Malachit nimmt doch kein Platte!"
"Genau das gilt es zweifelsfrei zu bestätigen! Malachit ist ein sehr geschätztes Mitglied der Wache und ich will ihn auf gar keinen Fall verleumden."
"Warum fragst du ihn dann nicht einfach, was er da gekauft hat."
"Naja, meine Gliedmaßen sind mir ziemlich lieb und teuer und du weißt bestimmt, wie Trolle manchmal überreagieren können. Vor allem, wenn es um Platte geht!"
"Ja, da hast du natürlich auch wieder recht", Swires nickte bestätigend. "Ich werde mich darum kümmern."
"Sehr gut!" Rince sah erleichtert aus. "Ich hatte mir gedacht, daß du erst mal generell herausfindest, ob Kreidig Plattedealer ist. Malachit braucht vorläufig gar nicht mit dem Fall in Verbindung gebracht zu werden. Wenn Kreidig das Zeug tatsächlich verkauft, können wir immer noch weitersehen, was Malachit damit zu tun hat."
"Ja, so können wir es machen! Und wie genau soll ich vorgehen?"
"Na, hör mal", Rince schaute Korporal Swires mißbilligend an. "Du bist hier die Informantenkontakterin der S.E.A.L.S.! Nur du hast Verbindung zu den Informanten!"
"Ja, aber..., aber.... Ich habe doch erst angefangen...und kenne noch gar nicht so viele Informanten", versuchte die Wichtelin zu widersprechen.
"Keine Wiederrede, Korporal!" Der Kommandeur zwinkerte Swires zu und kramte eine Mappe aus einem riesigen Stapel Akten, der durch nichts von den anderen Stapeln zu unterscheiden war. "Hier hast du ein Dossije, das die Beschreibung potentieller Informanten enthält! Es ist eine Liste mit Informanten allgemeiner Natur, also nicht nur Leuten, die dir in diesem Fall weiter helfen könnten. Du mußt eben schauen, ob jemand dabei ist, der Verbindungen zur Platteszene hat. Verlaß dich auch nicht zu sehr auf die Liste und versuch auf alle Fälle noch weitere mögliche Informanten kennen zu lernen. Es ist immer hilfreich, wenn man viele Leute kennt!"
Der Kommandeur reichte Swires die Akte.
"Und denk daran", ermahnte er sie. "Dieses Dossije ist streng geheim. Wenn die Namen in die falschen Hände geraten, kann es die Personen auf der Liste das Leben kosten! Am besten du lernst es auswendig und vernichtest es dann!"
Swires nahm die Mappe entgegen und wollte das Büro gerade verlassen, als Rince sie zurückrief.
"Oh, beinahe hätte ich es vergessen. Da ist noch etwas."
Er holte einen ledernen Beutel, in dem es verdächtig klimperte, aus einer der Schreibtischschubladen hervor.
"Ohne Geld meistens keine Information! Hier sind 100 Ankh-Morpork $, mit denen du die Informanten gesprächig machen kannst. Lass dir aber immer eine Kwittung ausstellen. Du wirst mir am Ende jeden Monates Rechenschaft, über die Ausgaben ablegen müssen."
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Swires machte es sich in einem stillen Winkel des Wachhauses gemütlich, um das Dossije durchzuarbeiten. Den Münzbeutel benutzte sie dabei als Sitzsack.
Swires las:
Die Dicke Berta
Wohnt in der Betrug-und-Schwindel-Strasse
Verwitwet, mit 6 Kindern zwischen 1 und 6 Jahren
Ihr Mann starb unter mysteriösen Umständen, an denen ein Stück Butter, ein Apfel, ein Buch über Neckromantik und eine Klaviersaite beteiligt waren
Von Beruf Näherin (eine wirkliche), Bauchladenbesitzerin, Hehlerin, Köchin, Betrügerin, Fischverkäuferin, Erpresserin, Putze, etc.
Ist dort zu finden, wo sich Geld machen lässt
Berta braucht immer Geld, um ihre Kinder groß zu ziehen!
Neben dem Eintrag befand sich eine Ikonograhie, die eine dicke, rotgesichtige Frau zeigte, die gerade mit einem Fisch einen Mann verdrosch.
Der lausige Lobert
Kein fester Wohnsitz, eine Art Bettler
Ca. 42 Jahre alt
Ist meistens in der Strasse-Schlauer-Kunsthandwerker anzutreffen, wo er die reichen Kunden anbettelt
Ein Quell an Wissen über dunkle Machenschaften, obwohl er nicht beteiligt zu sein scheint; woher er sein Wissen hat, bleibt sein Geheimnis
Hat seinen Namen nicht von ungefähr.
Abstand halten!!!
Die dazugehörige Ikonographie zeigte einen ziemlich gut gekleideten Mann mit Zylinder, der an einer Mauer lehnte und eine Zigarre rauchte.
Megalomanie Max
38 Jahre alt
Wohnt im Leberkäseweg
Verdient sein Geld als Mädchen für alles und ist meistens auf der Suche nach einem neuen Job
Hat zwei linke Hände
Seine Informationen sind mit Vorsicht zu genießen
Neigt zu Übertreibungen!
Auf der Ikonographie war ein Mann zu erkennen, der wie eine Kreuzung zwischen Troll, Zwerg und Mensch wirkte. Vielleicht war auch etwas Pferd dabei.
Morbidus
Ein Vampir
Wohnt in einem hohlen Baum im Hide Park
Arbeitet in den Schlachthäusern am Viehmarkt
Ist zugänglich und hilfsbereit, neigt aber dazu Leuten unvermittelt an den Hals zu springen
Kennt sich in der Blutschmuggelszene aus - wahrscheinlich selbst beteiligt
Muß sich einer teuren Therapie unterziehen, weil er an einer Fledermaushaarallergie leidet!
Zu diesem Eintrag gab es zwei Ikonographien. Auf der einen war eine dicke graue Fledermaus zu sehen, deren Fell viele kahle und schorfige Stellen aufwies und die tränende, rotunterlaufene Augen hatte.
Das zweite Bild zeigte einen großen hageren Mann, dessen Züge vage Ähnlichkeit mit denen der Fledermaus aufwiesen. Sein Gesicht war übersät mit roten Pusteln, die in groteskem Kontrast zu seiner bleichen Gesichtsfarbe standen.
Der klaustrophobische Klaus
Kleinkrimineller
36 Jahre
Wohnt in der Affenstrasse 13
Ist in diverse Verbrechen verwickelt, u.a. Schmuggel und Zuhälterei
Leidet an akuter Platzangst und ist deshalb erpressbar!
Freiheit gegen Information!
Die Ikonographie zeigte Klaus, wie er gerade dabei war, eine große, offenbar schwere Kiste auf einen Pferdekarren zu laden. Er hatte offenbar gemerkt, daß er ikonographiert wurde, denn er schaute entsetzt geradewegs in Richtung des Ikonographen und sein Gesicht war hervorragend zu erkennen.
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So ging es noch über mehrere Seiten hinweg weiter.
Swires war fasziniert von der Akribie mit der jemand diese ganzen Informationen zusammengetragen hatte. Sie fragte sich allerdings auch, wie sie sich jemals die ganzen Details merken sollte. Deshalb beschloß sie das Dossije vorerst sicher zu verstecken, um im Laufe der Zeit alles auswendig zu lernen.
Auf der letzten Seite fand sie dann einen Eintrag, der interessant für ihren derzeitigen Auftrag zu sein schien.
Dort stand:
Pyrit
Ein Troll
Um viele Ecken mit Chrysopras verwandt
Wohnt bei seinen Eltern im Steinbruchweg
Häufig im "Draiv-Inn" zu finden
Plattesüchtig!
"Soso", dachte Swires und besah sich die Ikonographie, die einen kleinen, jugendlichen Troll zeigte. "Plattesüchtig! Das ist doch schon mal ein Ansatzpunkt. Vielleicht kann er mir sagen, wer momentan die Hauptdealer hier in der Stadt sind!"
Die Wichtelin machte sich auf den Weg zum "Draiv-Inn", wo sie hoffte Pyrit anzutreffen.
Das "Draiv-Inn" war die zur Zeit angesagteste Kneipe bei allen jungen Ankh-Morporkern. Der Wirt hatte auf die übliche düstere Sägespäne- und Axt-in-der-Wand Atmosphäre verzichtet und den Schankraum grell bunt eingerichtet. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund gab es statt Tischen und Stühlen bunt bemalte Karren und Kutschen, in die sich die Gäste setzen konnten, um ihre Quirmbörger, Pom-Fritz und Schayks zu verzehren.
Swires konnte sich also unbesorgt hinein wagen, ohne damit rechnen zu müssen, in Einzelteilen wieder herauszukommen.
Die Wichtelin bestellte sich einen Erdbär-Rhabarbär-Schayk und fragte sich kurz, ob für das Getränk tatsächlich Teile von Bären verwendet worden waren. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit den wenigen Gästen des "Draiv-Inn" zu.
Sie hatte Glück. In der äußersten Ecke saß ein Troll, der aussah wie der auf der Ikonographie. Sie nahm ihr Glas und schlenderte auf den Troll zu, der zusammengesunken und allein an seinem Kutsch-Tisch saß.
"Hallo! Bist du zufällig Pyrit?"
Der Troll schreckte auf und schaute Swires argwöhnisch an.
"Wer das wollen wissen?"
Swires setzte sich dem Troll gegenüber hin.
"Ich bin Swires", stellte sie sich vor. "Bist du nun Pyrit, oder nicht?"
"Und wenn ich das sein täte?"
"Dann bräuchte ich nicht mehr weiterzusuchen, denn ich habe etwas für Pyrit."
Sie zog eine 5$ Münze aus der Tasche und hielt sie dem Troll, dessen Hände unablässig zitterten, vor die Nase.
In den Augen des Trolls blitzten Gier und Verzweiflung auf. Er grapschte nach dem Geldstück, aber Swires verstaute es schnell wieder in einer ihrer Taschen.
"Du bist also Pyrit?"
Der Troll nickt und starrte auf die Stelle, an der die Münze verschwunden war.
"Was du von mir wollen?"
"Ich würde gerne wissen, von wem du dein Platte bekommst!" fiel Swires mit der Tür ins Haus.
Der Troll zuckte zusammen und schaute die Wichtelin mit Panik in den glasigen Augen an.
"Platte, wieso Platte? Ich doch nicht kaufen Platte! Ich sein braver Troll!"
Swires griff in ihre Tasche und ließ das 5$ Stück kurz hervorblitzen.
"Dieses Geld ist für denjenigen, der mir sagt, wer zur Zeit die Hauptdealer für Platte in Ankh-Morpork sind. Aber wie ich sehe, kannst du mir da nicht weiterhelfen!"
Korporal Swires stand auf und wandte sich zum Gehen.
"Halt, du bleiben hier!" hielt sie der Troll zurück. "Vielleicht ich doch was wissen."
Swires drehte sich um und lächelte den Troll freundlich an.
"Schön, dann heraus damit!"
"Erst du mir geben das Geld!"
"Ne ne, nix da. Erst sagst du mir, was ich wissen will!"
Die Wichtelin legte das Geldstück außer Reichweite vor den Troll auf den Tisch. Pyrit starrte wie hypnotisiert auf die Stelle und fing an zu sprechen.
"Chrysopras haben das alleinige Recht zu verkaufen Platte in der Stadt! Er aber haben ein paar Leute die verkaufen Platte in seinem Namen und das Geld an ihn weiterleiten dann!"
"Gehört Kreidig zu Chrysopras Händlern?"
"Der Kreidig, der Laden hat?"
Swires nickte.
"Nein, ich das nicht glauben!"
"Könnte Kreidig auf eigene Faust Platte verkaufen?"
Der Hauch eines Grinsens huschte über Pyrits Gesicht.
"Wer verkauft Platte ohne Genehmigung von Chrysopras sich finden wieder ohne Arme und Beine auf Ankh."
"Aha", sagte Swires und schob die 5$ zu Pyrit hinüber, der sofort danach griff. Sie ließ sich den Erhalt kurz mit drei x bestätigen, dann sagte der Troll:
"Ich jetzt müssen gehen! Oder du noch wissen wollen mehr?" Pyrit sah hoffnungsvoll aus, aber Swires schüttelte den Kopf, woraufhin er enttäuscht verschwand.
"Hmm", dachte Swires. "Ich fürchte der Arme geht jetzt gleich zu seinem Dealer und kauft für das Geld Platte."
Swires sprang auf und hetzte dem Troll hinterher. Sie fand ihn zwei Strassen weiter. Er schwankte stark von einer Seite zur andern, was ihn aber nicht davon abhielt zielstrebig in eine bestimmte Richtung zu laufen. Swires folgte ihm vorsichtig in sicherem Abstand. Sie nahm allerdings an, daß der Troll sie nicht einmal bemerkt hätte, wenn sie ihm einen Backstein an den Kopf geworfen hätte. Er war in einer so düsteren und hoffnungslosen Welt gefangen, daß er sich momentan nur darauf konzentrieren konnte, wie er am schnellsten an die nächste Ladung Platte kam. Swires empfand Mitleid für den Troll.
Wie die Wichtelin angenommen hatte, steuerte Pyrit auf das Steintorviertel zu. Hier war der Hauptumschlagplatz für Drogen aller Art. Man bekam hier vom Gift brindisianischer Speergift-Kröten bis zur neusten Kunstdroge Euphorie so gut wie alles, was irgendwie illegal war und auf die eine oder andere Art aufputschte.
Pyrit lief auf einen massigen Troll zu, der das typische Aussehen und Gebaren von jemandem mit wenig Hirn und viel Muskeln hatte und lässig an einer Hauswand lehnte.
Swires duckte sich hinter eine Hausecke und verfolgte, was nun geschah. Pyrit und der andere Troll unterhielten sich gestenreich, wobei Pyrit sich unterwürfig duckte und um etwas zu bitten schien. Er holte die 5$ Münze, die er von Swires bekommen hatte hervor und reichte sie dem anderen Troll. Dieser schüttelte den Kopf und machte eine abwehrende Handbewegung. Daraufhin faßte Pyrit ihn verzweifelt am Arm und deckte ihn mit einem Redeschwall ein. Was gesprochen wurde konnte die Wichtelin nicht verstehen, da sich die beiden in einem ihr unbekannten Trolldialekt unterhielten. Der Schläger-Troll ließ sich erweichen, nahm die Münze entgegen und reichte Pyrit im Gegenzug einen winzigen Beutel mit einer weißen Masse darin. Pyrit schien sich mehrfach zu bedanken und verschwand dann in eine kleine Gasse. Der Schläger-Troll lehnte sich wieder gegen die Wand.
"Das ist ja dann wohl ein Fall für F.R.O.G.!" Swires prägte sich die Gesichtszüge des Schläger-Trolls ein und trottete zurück in Richtung Wachhaus.
Dort angekommen lieferte sie Rascaal eine Täterbeschreibung des Plattedealers ab. Der Vampir versprach sich darum zu kümmern und den Troll festzusetzen.
Anschließend überlegte Swires sich, wie sie weiter vorgehen sollte. Sie beschloß zuerst einmal Kreidigs Laden einen Besuch abzustatten. Kreidig war vor kurzem von Baubedarf auf Waren aller Art umgestiegen und bot nun alles an, was das Trollherz begehrte.
Die Wichtelin postierte sich an einer Straßenecke, von wo aus sie die Eingangstür des Ladens im Blick behalten konnte. Sie beobachtet etwa eine Stunde lang das Treiben in und um die Ladentür, konnte aber beim besten Willen nichts verdächtiges feststellen. Ganz im Gegenteil, die überwiegende Kundschaft schien zu dem Personenkreis zu gehören, bei dem Platte nicht zum täglichen Lebensbedarf gehörte. Es waren vor allem Trollmütter mit ihren Kindern gewesen, die Kreidigs Laden besucht hatten und mit Einkaufstaschen voller Rosenquarz oder anderer Leckereien wieder herausgekommen waren. Zwar waren auch einige Trollmänner und Jugendliche ein und aus gegangen, aber Swires schloß aus dem Gesamtbild, daß auch diese nicht zu den üblichen Verdächtigen gehörten. Dennoch wollte sie nichts unversucht lassen. Sie ging über die Strasse und betrat Kreidigs Laden mit einem unguten Gefühl im Magen, weil Wichtel offensichtlich nicht zur Stammkundschaft Kreidigs gehörten.
Und tatsächlich blinzelte Kreidig persönlich sie etwas verwirrt an, als sie plötzlich auf seine Ladentheke sprang.
"Hallo Kreidig! Hast du zufällig Platte zu verkaufen?" der Korporal hatte entschieden, daß Angriff die beste Verteidigung war. Sie wollte wissen, wie der Troll auf so einen Frontalangriff reagieren würde.
Der reagierte erstmal gar nicht, sondern schielte nur auf die Wichtelin herab, doch dann übernahm sein Geschäftssinn die Kontrolle und sein Gesicht hellte sich auf.
"Ich haben verschiedene Platten! Was du möchten? Kalte Platte mit Achat und Tigerauge oder lieber warme Platte mit lecker Lapislazuli und Amethyst. Ich auch stellen her Platten auf Bestellung - zum Beispiel für freudiges Ereignis. Wenn sein Trolljunge, du kannst haben Platte ganz mit blauen Mineralien und wenn es sein Trollmädchen, ich können machen Platte ganz in rosa! Falls Zwerg hat abgebaut Großvater, ich dir auch können herrichten Platte ganz in schwarz, mit Schiefer als Beilage! Oder wenn du hast erstes Rondevu, mit Trollfreund, ich kann machen Platte in Herzform mit Gesteinen deiner Wahl. Also, du können frei wählen!"
Swires war die Kinnlade herunter geklappt und sie stand mit offenem Mund vor dem Troll, der sie erwartungsvoll anschaute.
"Nun?" fragte der Troll nach, als Swires nicht reagierte.
"Ähm, na ja... Ich meinte eigentlich keine Büfettplatten, sondern das andere Platte. Du weißt schon welches!"
"Ach so, das! Da ich dir können leider nicht helfen. Ich damit habe nichts zu tun", sagte Kreidig abweisend. "Aber möchtest du nicht kaufen hübsche Fluorit-Kette? Sie dich werden schmücken ganz wunderbar."
Der Troll zog eine anderthalb Meter lange Kette aus hübschen hellblauen Steinen hervor, von denen einer genauso viel zu wiegen schien, wie Swires selbst.
"Äh, nein danke!" lehnte Swires ab. "Ich habe leider nicht so viel Geld dabei!"
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Mißmutig stapfte Swires durch die Strassen Ankh-Morporks. Sie war kein Stück weiter gekommen. Vielleicht hätte sie bei Kreidig nicht so mit der Tür ins Haus fallen sollen. Aber die Reaktion von Kreidig schien echt gewesen zu sein. Dennoch wollte sie einen letzten Versuch wagen. Sie wandte sich in Richtung Schatten.
Vor dem Haus Affenstrasse Nummer 13 blieb sie stehen und zog an der Klingelschnur. Ein kleiner Dämon, dessen Schwanz mit der Schnur verbunden war, schrie gepeinigt auf und funkelte von seinem Platz in einer kleinen Luke, oberhalb der Tür wütend auf die Wächterin herab.
"Nich so doll, du!"
"'tschuldigung", murmelte Swires und beachtete den Dämon nicht weiter.
Im Haus rührte sich nichts.
"Falls du zu Klaus willst, der is nich da?"
Swires schaute zu dem kleinen Klingeldämon auf.
"Weißt du, wo ich ihn finden kann?"
"Er is zum Hafen, ein bißchen schmuggeln gegangen."
"Und was schmuggelt er?"
"Soweit ich weiß, war heute Platte dran! He, wo willste hin?"
"Bingo", dachte Swires im Laufen. "Wenn das nicht wie ein Sechser in der morporkianischen Lotterie ist!"
Am Hafen war ziemlich viel Betrieb, denn drei große Schiffe hatten angelegt, deren Ladung darauf wartete gelöscht zu werden. Swires wunderte sich, daß sie nirgendwo Mitglieder der nicht ganz freiwilligen Feuerwehr sah.
Nach einigem Suchen fand sie den klaustrophobischen Klaus bei einem kleinen Schiff, das gerade aus dem achatenen Reich angekommen war. Er belud einen Eselskarren mit kleinen rechteckigen Kisten. Irgendwie kam Swires die Szene bekannt vor.
"He, du da?"
Klaus blickte gehetzt in Richtung der Stimme. Als er sah, von wem sie stammte entspannte er sich ein wenig.
"Was willst du!" fuhr er die Wichtelin barsch an.
"Zollkontrolle! Was hast du da in den Kisten?"
Der Gesichtsausdruck des klaustrophobischen Klaus änderte sich schlagartig. War eben noch ein Gewittersturm mit Hagelkörnern so groß wie Taubeneier auf seinem Antlitz niedergegangen, so schien jetzt die Sonne und flauschige weiße Schäfchen grasten friedlich auf einer Wiese. In der Ferne konnte man einen Kuckuck rufen hören.
"Och, da ist nichts besonderes drin, Frolein. Das sind Urnen mit der Asche von lieben Verstorbenen, die ich an die Angehörigen ausliefere."
"Soso, und meine Großmutter ist der Kaiser von China, äh, ich meine vom achatenen Reich! Die Kisten sind beschlagnahmt und du begleitest mich zur Wache!"
Ein große dunkle Wolke huschte über den Himmel über der Wiese. Der Kuckuck verstummte.
"Aber ich versichere dir, es ist wirklich nur Asche!"
Klaus nahm eine der Kisten, öffnete sie und förderte eine Gefäß hervor, das aussah, wie eine Pagode.
"Schau!" Er öffnete die Urne, die tatsächlich ein grauweißes Gemisch enthielt.
"Ob das wirklich Asche ist, werden meine Kollegen von S.U.S.I. schon herausfinden. Bis dahin sind die Kisten beschlagnahmt und du wirst mit zur Wache kommen."
"He, das kannst du doch nicht einfach so machen! Ohne Beweise meine ich! Was wirfst du mir eigentlich vor?"
"Ich habe die Aussage eines glaubwürdigen Informanten, der angegeben hat, daß du in Platteschmuggel verwickelt bist!"
"WAS?" Das Gewitter war zurück. Allerdings hatte sich die Größe der Hagelkörner verdreifacht.
"Gibst du es zu, oder willst du erst eine Nacht in einer Zelle darüber nachdenken?" fragte Swires mit einem hinterhältigen Lächeln.
Der klaustrophobische Klaus schaute mit Panik in den Augen zu der Wichtelin hinab, die herausfordernd vor ihm stand. Dann besann er sich darauf, daß seine Gegnerin nur 30cm groß war und begann zu laufen.
Sein Pech war, daß Wichtel von Natur aus sehr gute Sprinter auf kurze Distanzen sind. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß Wichtel ihre Beute in den Spitzhornbergen nur mit einem Messer zur Strecke bringen.
Eine Minute später fand sich der Mann auf dem Boden wieder. Swires war ihm zwischen die Füße gesprungen und hatte ihn so zu Fall gebracht. Die Wichtelin saß nun auf seiner Brust und hielt ihm ein Mini-Schwert an die Kehle, das nichtsdestotrotz ziemlich scharf aussah.
"Keine Faxen mehr. Du sagst mir jetzt sofort, ob du oder jemand anderes den du kennst Platte an Kreidig, den Troll liefert!"
"Platte? Kreidig? Du machst wohl Witze!" Klaus lachte trotz seiner derzeitigen Lage. "Jeder weiß, daß Chrysopras das Plattemonopol hier in der Stadt hat."
"Ist Kreidig einer von Chrysopras' Händlern?"
"Der? Auf gar keinen Fall!"
"Bist du sicher?"
"Absolut!"
Swires schaute Klaus nachdenklich an. Dann sprang sie zurück auf den Boden.
"Du kannst jetzt gehen! Aber rühr die Kisten nicht mehr an! Ich schicke jemanden, der sich darum kümmert!"
Mißmutig stapfte Swires zurück in Richtung Wachhaus. Sie hatte genug für heute. Ihre Seite schmerzte, wo sie Kontakt mit den Füßen des klaustrophobischen Klaus gemacht hatte. Sie hatte keine Lust mehr, auch nur einen weiteren Informanten aufzusuchen. Sie wollte nur noch in Ruhe einen schönen lauwarmen Kaffee schlürfen und sich ausruhen.
Zurück im Wachhaus suchte sie den Wächter Malachit auf, stemmte die Fäuste in die Hüften und baute sich unter ihm auf.
"Was hast du gestern bei Kreidig, dem Troll gekauft?"
"Hä?" Malachit sah die Wichtelin verdutzt an. "Was das sollen?"
"Na los, sag schon! Du ersparst mir damit eine Menge Arbeit!"
"Gestern? Ach so", ein seliges Lächeln überzog das Gesicht des Trolls. "Ich mir haben gekauft leckeres Gesteinsmehl aus Steinbruch in Spitzhornbergen! War köstlich zusammen mit Schlammsuppe!"
Einen Tag später
"Gute Arbeit Korporal Swires!"
Die Wichtelin saß wieder im Büro des Kommandeurs.
"Aufgrund deiner Nachforschungen konnten die F.R.O.G.'s den Troll Konglomerat festnehmen, der ein bekannter Plattedealer und ein enger Vertrauter von Chrysopras ist.
Chrysopras selbst konnten wir leider nichts nachweisen.
Außerdem konnten wir einen Schmugglerring sprengen, der im Hafen tätig war und zu dem auch der klaustrophobische Klaus gehörte. Den haben wir übrigens laufen lassen, da er ein wertvoller Informant ist. In den Urnen befand sich tatsächlich eine nicht geringe Menge Platte, die unter Asche gemischt worden war.
Ein sehr raffinierter Schwindel, denn zu der Bande gehörte auch ein Chemiker, der das Platte mit einem speziellen Verfahren wieder von der Asche trennen sollte.
Der Troll Kreidig hat nichts mit der ganzen Sache zu tun und Malachit sowieso nicht!"
Rince sah zufrieden aus.
"Du hast hiermit deine Ausbildung als Informantenkontakterin bestanden. Weiter so!"
"Danke, Sir! Aber ich habe noch eine Bitte an dich!"
"Ja, was denn, Swires?"
"Wenn dir das nächste Mal jemand etwas schlechtes über einen unserer Kollegen erzählt, dann nimm es nicht gleich allzu ernst!"
Die Wichtelin salutierte und verließ das Büro.
Rince schaute ihr in Gedanken versunken hinterher.
Plötzlich bereute er, daß er Megalomanie Max gleich 20$ für die halbwahre Information über Malachit gegeben hatte.
Dann lehnte er sich jedoch zufrieden in seinem Stuhl zurück, um ein Nickerchen zu machen.
In Zukunft würde er diese Dinge eben Swires überlassen.
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