Die Mutprobe

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von Wächterin Ecatherina Erschreckja (GRUND)
Online seit 28. 06. 2001
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Für Rekruten:
In der Stadt werden immer häufiger Karren entwendet und später als Trümmerhaufen wiedergefunden.
Was geschieht hier?

Dafür vergebene Note: 11

Ecatherina hatte wieder mal Tagesschicht. Sie wollte zwar mit jemanden tauschen, aber leider hatte Gonzo darauf bestanden, dass sie sich an den Plan hielt und hatte auch gemeint, dass es am Tag für einen einzelnen Wächter ungefährlicher wäre als in der Nacht; von wegen.
Die Strassen waren so voll, dass man aufpassen musste, um nicht zerdrückt oder umgerannt und anschließend zertrampelt zu werden; der Lärmpegel so unerträglich, dass man Kopfweh bekam und die Sonne so grell, das man die Augen zukneifen musste, um nicht zu erblinden.
Sie zwängte sich gerade zwischen zwei übergewichtigen, streitenden Furien hindurch als sie jemand von hinten anrempelte: "Guten Tag; du bist doch von der Stadtwache, oder?
"Wer will das wissen?", fragte sie sichtlich genervt.
"Ich bin Kalef Dreiauge, freiberuflicher Unternehmer aus Klatsch. Ich bräuchte deine Hilfe."
"Tut mir leid, ich bin gerade beschäftigt, wende dich an das Wachhaus, die werden dir gerne weiterhelfen.", sie hatte die Passage fast geschafft, als einer der zwei Streithälse einen Arm in die Höhe streckte und damit ärgerlich auf ein Haus zeigte. "Tschuldige, aber könntest du bitte deinen Arm aus meinen Gesicht nehmen? Danke, sehr freundlich; und wenn du jetzt ein wenig zu Seite treten würdest, damit ich nicht zerquetscht werde, wäre ich dir sehr dankbar.", die ältere der zwei Damen schnaufte verächtlich und machte sich dann Richtung Marktplatz davon; dadurch gelang Ecatherina der rettende Sprung in eine Seitengasse.
"Puh, Gott sei Dank, ich lebe noch. Du bist ja immer noch hier?"
"Ich dachte, du könntest mir vielleicht doch weiterhelfen, einer meiner Karren wurde zertrümmert.", sagte Kalef verzweifelt.
"Ich sagte doch schon das ich beschäftigt bin, oder? Und für Verkehrsunfälle und der gleichen sind die SEALS zuständig, ich wäre dir sehr verbunden, wenn du dich an sie wenden würdest."
"Aber es war kein Unfall, er wurde in der letzten Nacht gestohlen, so wie ein paar andere davor auch.", er gab einfach nicht auf.
"Sagtest du gerade NACHT?"
"Ja, letzte.", Kalef sah sie verwundert an.
"Und du wärst der Meinung, das man sich in der Nacht auf Lauer legen sollte, um den Täter zu stellen?", in Ecatherinas Augen schimmerte es.
"Ja, natürlich. Immerhin will ich meine beiden anderen Karren nicht auch noch verlieren."
"Mann, warum hast du das nicht gleich gesagt. Ich schlage vor, wir gehen irgendwo hin wo es etwas ruhiger ist, und du erzählst mir die ganze Geschichte. Na, was hältst du davon?"

Da Kalef verständlicherweise nicht in die Bahre gehen wollte, suchten sie sich eine Bar in der Nähe. Bei ein paar Gläschen, dessen Rechnung natürlich Kalef übernahm, erzählte er von seinem Karren, der direkt vor seinem Haus stehend gestern Nacht gestohlen und heute früh zertrümmert aufgefunden wurde, er aber keine Ahnung hätte, wer dies gemacht haben könnte; noch dazu sollten schon fünf andere auf gleiche Weise vernichtet worden sein, wobei immer zwei zur gleichen Zeit verschwanden und wieder auftauchten.
Doch es gab eine Gemeinsamkeit, die Karren tauchten immer in der Nähe einer ganz bestimmten Strasse wieder auf, und das besondere daran war, dass gerade in dieser fast niemand mehr wohnte.
Nach einem gemütlichem Pläuschchen verabschiedete sie sich von ihm, sie wollte ja nicht von anderen Wächtern gesehen werden, noch weniger von ihrem Vorgesetzten und machte sich auf, diese Strasse zu suchen und näher zu untersuchen.

Bald hatte sie die Strasse erreicht und fand ein paar Radspuren und andere Hinweise, welche bestätigten, dass hier kürzlich ein Karren vorbeikam, und das vielleicht sogar mir erhöhter Geschwindigkeit. Doch Ecatherina beschloss, dass dafür die Spurensicherung zuständig wäre und schickte deswegen eine entsprechende Notiz zur zuständigen Abteilung.
Sie untersuchte ein paar verlassene Häuser in der Nähe und fand eines mit eingetretener Tür; jemand hatte sich wohl eine angemessene Unterkunft erhofft und eine vollkommen heruntergekommene Bruchbude gefunden. Sie stellte fest, ob sich hier wirklich niemand mehr befand und suchte dann einen geeigneten Platz zum Verstecken, von diesem sie aber auch im Notfall einen guten Ausblick haben konnte, und entschied sich für den 1. Stock, zumindest für das etwas, das einmal ein 1. Stock gewesen sein sollte.
Es war nur ein breiter, großer Balken mit einer kleinen, stabil aussehenden Plattform mehr übrig, dessen Überdachung fehlte, aber sie hoffte, dass es nicht anfangen zu regnen bzw. die Sonne sich bald verziehen würde, und dort wo einst einmal ein Fenster gewesen sein mochte, war ein ziemlich großes Loch, von diesen man einen wirklich guten Überblick von der Straße bekam. Sie rollte sich zusammen, um nicht so viel Sonne abzubekommen, wartete eine zeitlang und schlief dann endgültig ein.

Es musste schon später Abend gewesen sein, als sie von einer jungen Männerstimme geweckt wurde: "Na, Jonny, hast du alles gesichert?"
"Jap, niemand hier der stören könnte."
"Gut, dann pass auch auf, dass das so bleibt. Wir brauchen keine Zuschauer."
Ecatherina lugte aus der Öffnung und sah ziemlich viele Leute, besser gesagt Kinder (sie mussten noch viel jünger als sie selbst sein), die auf beiden Seiten der Straße Aufstellung genommen hatten. Dann sah sie zwei Karren, die wohl auch gestohlen waren, vor denen man zwei Esel gespannt hatte und diesen man gerade die Augen verband; und dann stellte man die Karren vis-a-vis auf beiden Straßenenden auf. Nach kurzen Vorbereitungen hielt der scheinbar älteste Junge eine kleine Ansprache:
"Liebe Froinde! Wir haben uns hier versammelt weil sich wieder zwei entschlossen haben, unserer Verbindung beizutreten. Doch bevor wir sie endlich bei uns begrüßen können, müssen sie noch die Aufnahmeprüfung bestehen. Wir alle kennen die Spielregeln. Beide Karren werden aufeinander zurasen und der, der als erster aufgibt und ausweicht hat verloren.
Und nun, lasst uns beginnen. Auf den Sattel, fertig, los!", er winkte mit einer Fahne und beide Esel fingen gleichzeitig an zu beschleunigen.
"Bisher gab es wohl noch keinen Verlierer", dachte Ecatherina, während sie versuchte zu entscheiden, wer denn mehr verrückter war, der, der so etwas organisierte, oder der, der so blöd war und so etwas mitmachte.
Sie ging in die Hocke und wartete bis sich einer der Esel direkt unter ihr befand, sprang dann hinunter und landete auf dem Rücken des Tieres. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie man ritt und schon gar keine wie man die Steuerung bediente, doch hoffte sie, dass der Esel ihre Bemühungen stehen zu bleiben wahr nahm.
Doch dieser war von seinem Gast nicht sehr beeindruckt und machte noch weniger Anstalten langsamer zu werden. Deswegen griff sie nach vorne und entfernte die Binde, weil sie hoffte, dass das Tier gescheit genug wäre, um selber drauf zu kommen, dass es besser für seine Gesundheit wäre, wenn es nicht auf einen anderen Esel samt Karren zurasen würde und sie sollte damit recht behalten. Es blieb zwar zu wenig Zeit um die Bremse einzulegen, aber das Tier schwenkte in eine leichte Kurve ein und raste dann neben dem anderen Karren vorbei. Nach dem der Esel endlich stehengeblieben war, machte Ecatherina wieder die Augen auf und kletterte mit Schmerzen (vor allem ihr Allerwertester wurde ein wenig in Mitleidenschaft gezogen) von seinem Rücken.
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und schrie dann: "Hier spricht die Stadtwache, ihr seid alle festgenommen!"
Ein allgemeines Durcheinander entstand, als alle versuchten auf einmal wegzurennen. Ecatherina streckte ihre Hand aus und erwischte einen ziemlich schmächtigen, kleinen Jungen: "So, mein Kleiner, ich bring dich jetzt zur Wache und dort wirst du uns die Namen deiner Freunde nennen, sonst kannst du dein nächstes Rennen mit einer Ratte im Gefängnis veranstalten." Sie zerrte den Burschen ins Wachhaus, übergab ihn FW Gonzo, während sie ihm Bericht erstatte, ging dann zurück zum Tatort und brachte die Karren ihren Besitzern zurück, wobei sie noch einen kurzen Besuch bei Kalef machte, um ihm mitzuteilen, dass die Täter geschnappt wurden und er sich keine Sorgen mehr machen musste und ging anschließend direkt in die Bahre.



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