Die Rückkehr des Grafen

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von Hauptgefreiter Panther (RUM)
Online seit 06. 06. 2001
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Der erst vor wenigen Monaten wegen Mordes eingesperrte Graf Drucula ist entkommen und versucht die Stadt mithilfe einiger Krieger unter seine Kontrolle zu bringen. Was nun?

Dafür vergebene Note: 14

Wind wehte über die Sto-Ebene, heulte zwischen den enormen Kohlpflanzen und rüttelte an en Fensterläden einer schwarzen Kutsche. Die Pferde waren verschwitzt, ihr Fell staubverkrustet und Kletten klebten in ihren Schweifen.
Die auf dem Dach sitzenden Personen schauten gespannt nach vorn, wo die gelbliche Dunstglocke von Ankh-Morpork langsam begann den Horizont auszufüllen. Stahl klingelte als ein halbes Dutzend Schwerter aus ihren Scheiden gezogen wurden.
Der ohnehin schon bleiche Kutscher wurde noch fahler als er die Geräusche vernahm. Dann öffnete sich die Tür der Kutsche und ein weiterer schwarzgekleideter Mann hangelte sich nach vorne auf den Kutschbock.
"Von hier aus fahre ich selber." sagte er mit einer Stimme die selbst einen Pinguin zum frösteln gebracht hätte.
Eine lange, schmale, weiße Hand legte sich um die Luftröhre des Kutschers und zerquetschte sie mit einer fast verächtlichen Bewegung.
Der Vampir bleckte die Zähne und ein Knurren entrang sich seiner Kehle. Dann versenkte er sein Gebiss im Hals des bereits toten Kutschers und begann sein Abendbrot.
"Wie gehen wir vor?" fragte einer der dunkel gekleideten Männer.
"Wir stelle die Kutsche vor den Stadttoren auf und sobald es dunkel ist fahren wir zum Palast." erwiderte der Vampir undeutlich.
"Und dann?"
Graf Drucula blickte auf, Blut klebte an seinem Mund, und ließ seine Zähne in einer nichtverbalen Antwort aufblitzen. (Dass wäre sogar noch dramatischer gewesen wenn das Blut nicht den meisten Teil des Mondlichts geschluckt hätte.)

* * *


Zur gleichen Zeit galoppierten Reiter nur wenige Meilen entfernt über die Kohlfelder. Erdklumpen wurden von den eisenbeschlagenen Hufen der Schlachtrösser durch die Luft gewirbelt als die Männer knapp außer Sichtweite von Ankh-Morpork stoppten.
Der vorderste Reiter saß ab, nahm den Topfhelm ab und strich sich durch das verschwitze Haar.
Die anderen taten es ihm gleich und begannen schnell und routiniert mit der Errichtung eines provisorischen Lagers.
"Was machen wir jetzt?" fragte einer und rückte sein überlanges Bastardschwert auf dem Rücken zurecht.
"Wir warten." gab der Anführer zurück.

* * *


Die Postkutsche fuhr durch Ankh-Morporks Stadttore und rollte schließlich an der Poststation vor. Die Tür öffnete sich und ein schwarzer Schemen sprang heraus, rollte sich geschickt über die Schulter ab (Zwanzig Jahre Ninja-Training hinterlassen gewisse Spuren - wie langsame Gehirnwäsche.) und verschwand in einer dunklen Gasse.
Eigentlich sollte es damit gewesen sein, aber da es schließlich Ankh-Morpork war, flog nach einigen Sekunden eine Hand die noch einen Marlspieker umklammerter aus der Gasse hervor und wenig später auch dessen (ehemaliger) Eigentümer.

* * *


Langsam versank die rotglühende Sonnenscheibe im Meer (Daher kommt vielleicht "Abendstund hat Fisch im Mund.") und die Schatten die sich tagsüber versteckt hatten krochen hervor.
Graf Drucula streckte sich und bleckte seine Zähne. (Das Zähneblecken gehörte einfach zum Vampirsein.)
"Auf zum Palast." verkündete er theatralisch und wirbelte elegant seinen Umhang herum.
Einige Sekunden Stille folgten.
Dann sagte jemand schüchtern: "Es.....äh....geht nicht."
"Was soll dass heißen >>Es geht nicht<"Da ist eine..äh..Klammer an dem Rad."
"Eine Klammer?!"
"Ja, offensichtlich stehen wir im Parkfährbot."
Der Graf schnaufte ärgerlich, stieg aus und riss die Klammer mit einer Hand ab. (Er war in letzter Zeit nicht gut zu sprechen weil ihn ein paar Mitglieder der Wache mit einem Artefakt erstochen hatten und ihn somit seiner besonderen magischen Kräfte beraubt hatten.)
Leider auch das Rad.
Die Kutsche wankte für einen Moment und kippte dann zur Seite wobei die Männer herunterfielen, jedoch relativ sanft auf dem Grafen landeten. "Wenn du jetzt nicht sofort von mir runter gehst, werde ich ausgesprochen ärgerlich!" kam Druculas Stimme gedämpft unter dem Haufen seiner Männer hervor.
Einige äußerst rasche Bewegungen folgten und Drucula stand auf, klopfte sich den Staub von seinem Umhang und fragte in fast kindischem Tonfall: "Und was machen wir jetzt?"
"Dann laufen wir eben, Flat." gab ein dünner, blasser Mann beschwichtigend zur Antwort.
"Nur damit ihr Stümper es wisst - so stelle ich mir einen triumphalen Einzug in die Stadt nicht vor." grummelte Drucula.
Nachdem sie ein paar Minuten gegangen waren nuschelte er missmutig: "Zündet die Signalrakete!"

Rote Sterne explodierten über Ankh-Morpork und tauchten die Straßen in unwirkliches Licht. Ein Dieb in den Schatten vollbrachte eine erstaunliche Leistung als er mitten im Sprung bremste, seine Beine, obwohl noch in der Luft, in den "Ich-bin-nur-ein-harmloser-Bürger-auf-dem-Nachhauseweg" Gang wechselten und die Hand mit dem Belegnagel schnelle hinter dem Rücken versteckte.
Dennoch war er zu spät, denn die Person die er eigentlich hatte überfallen wollen, wirbelte herum und schmetterte ihm eine von einem Cestus umschlungene Faust ins Gesicht.
"Nummer 17." murmelte der Ninja und warf den Dieb auf den Haufen der Leute die bereits versucht hatten ihn auszurauben.

Auch die vor der lagernden Männer sahen das Signal.
"Los, los, los!!" brüllte der Anführer und rannte zu den Pferden. Wie ein Mann saßen die Krieger auf und gaben ihren Pferden die Sporen ohne sich um den Abbruch des Lagers zu kümmern.
Stahl klingelte als die Reiter ihre Waffen zogen und das Mondlicht von blanken Klingen reflektiert wurde. Sie preschten in vollem Gallopp auf die Tore zu, ritten die wenigen im Weg stehenden Leute nieder und bahnten sich ihren Weg zu den Häusern der Adligen und den Gilden, besetzten die Wachhäuser und sperrten die Wege zum Palast.


* * *


Panther erwachte in seinem Haus in den Schatten und setzte sich im Bett auf. Pferde wieherten und den Straßen und Pan erkannte das schrille, herausfordernde Wiehern von für den Kampf ausgebildeten Rössern.
Stahl flüsterte als er sein Katana aus der schmalen Bambusscheide zog und einen Satz aus dem Fenster machte. (Pferdewiehern und Feuerschein machte ihn immer noch nervös, aber nach den ersten vier oder fünf nächtlichen Vertreibungen kann so etwas schon mal vorkommen.)
Fast synchron öffnete sich auch die Haustür und Jolin trat heraus, einen Dolch in der einen und eine gespannte Armbrust in der anderen Hand.
"Was zur Hölle ist denn jetzt los?"
"Dass wüsste ich auch gerne." erwiderte Pan, schaute sich angespannt um und ging um die nächste Ecke. Fast augenblicklich sah er sich einem Reiter gegenüber, der ein Bastardschwert herumschwang. Er duckte sich, registrierte dass die Klinge des Reiters funkensprühend an der Hauswand über ihm abprallte und führte einen Streich nach den Beinen des Pferdes. Dieses wieherte schmerzerfüllt und warf seinen Reiter ab als es stolperte und zu Boden ging. Der Reiter rollte sich ab, kugelte über den Boden und kämpfte
sich schließlich wieder auf seine Füße, ein Kurzschwert in niedrigem Bogen schwingend.
Dann schien er einen Satz rückwärts zu machen als ihn Jolins Bolzen direkt in der Brust erwischte.
In dem Moment flog die Gildenhalle der Alchemisten in die Luft. (Nicht dass man viel nachhelfen musste.) Ein gewaltiger, orangeroter Feuerball erhob sich von den Überresten des Gebäudes (Das eigentliche Gebäude befand sich nun an sehr vielen Stellen.) und tauchte die Stadt in das bei Angriffen obligatorische Licht.
"Wohin?" fragte Pan.
Jolin überlegte kurz und sagte dann: "Zum Wachhaus am Pseudopolisplatz."
Pan runzelte die Stirn und setzte sich in Bewegung. "Wieso haben sie Pferde dabei?" murmelte er mehr zu sich selbst.
"Bitte was?"
"Schon gut...ich überlege nur was sie in der Stadt mit Pferden wollen. Man kämpft nicht auf Pferden in einer Stadt wie dieser."
"Sie scheinen aber gut vorbereitet zu sein. Sie wollen bestimmt nur bestimmte Punkte besetzen."
"Vermutlich."

* * *


Flat Drucula ging mit seinen Männern zum Tor des Palastes, dass geschlossen worden war als die Reiter hereingestürmt waren. (Nebenbei wunderte er sich über violetten Stoffbären den er mittlerweile trug.)
"Endlich!" knurrte er und klopfte gegen die stabilen Holzbohlen. Kurze Zeit später öffnete sich eine Klappe und eine dürre Putzfrau spähte hindurch. (Im Nachhinein vermutete Drucula dass sie wegen verteidigungstechnischen Gründen am Haupttor platziert worden war.) Sie musterte Drucula wie jemand das Insekt mustert dass einem grade auf den Teller gekrochen ist. "Dienstboteneingang!" keifte sie nach ein paar Sekunden und schlug die Klappe wieder zu.
Drucula schloss die Augen und atmete tief durch.
Dann öffnete er sie wieder und starrte erbittert auf die Eschenholzbohlen. "Verdammte Schreckschraube!" fluchte er und machte sich auf den Weg zum Hintereingang.
Dieser war weit offen. (Man wollte schließlich nicht auf die Milch verzichten.) "Wenigstens einmal etwas ohne Probleme." sagte Flats schmächtiger Begleiter. "Ihr bleibt hier und bewacht den Eingang." wies er die anderen Krieger an und folgte Drucula durch das kleine Tor. Dann machten die beiden sich auf die Suche nach dem Patrizier, mit der festen Absicht ihn zu entthronen.
Dieses Vorhaben stieß jedoch auf einige Schwierigkeiten, als sie feststellen mussten, dass der Patrizier gar nicht auf dem Thron saß. (Stattdessen saß er in dem Augenblick bei Leonard von Quirm und trank Tee.)
Immerhin war es ein schöner, goldener Thron dachte Drucula, als er sich mit effektvoll wehendem Umhang setzte. Zwar war niemand in der Nähe der es hätte sehen können, aber wenn man die Herrschaft einer Stadt übernahm, ging man nicht einfach an irgendwelchen Thronen vorbei.

Es polterte und ein wütender Schrei erklang. "Ich schätze Herr Drucula hat grade unseren schönen Thron zerstört." meinte Vetinari ohne von seiner Teetasse aufzusehen.
"Wieso hat er dass getan?" fragte Leonard überrascht.
"nun, ich schätze weil er sich draufsetzen wollte." erwiderte Vetinari gelassen und nahm sich eine Makrone.

"Goldfolie!!!" schrie Drucula. "Verdammte Goldfolie und verrottendes Holz!!!!"
Er befreite sich mit Hilfe seines Begleiters aus den zersplitterten Resten des Thrones und gab ein Geräusch von sich was man sonst von einer wütenden Katze erwartete.
"Und jetzt suchen wir den gottverfluchten Patrizier und dann beißen wir ihn!!" brüllte er mit voller Lungenkapazität.


* * *


Der schmächtige Begleiter Druculas trat auf den Balkon des Palastes und musterte die Menschenmenge die sich eingefunden hatte. Eine blasse Morgensonne beleuchtete die Szene und tauchte die Gesichter unter ihm in bleiches Licht.
"Höret!" deklamierte er. "Diese Stadt stehet von nun an unter der Herrschaft des mächtigen Flat Druculas des Pfählers, Bezwinger der Liche, Lord der Finsternis, Fürst der Dunkelheit, Heerführer des Schattens, Zerschmetterer seiner Feinde und Verschlinger des Sonnenlichts, vor dem das ganze Scheibenrund erzittert, er, der Prophezeite der das Ende des Multiversums einleiten wird." (Es war nicht wirklich schwierig die Herrschaft von Ankh-Morpork zu übernehmen. Die Bürger vertraten die Ansicht, dass sich viel
leicht die Person an der Spitze der Herrschaftspyramide änderte aber letztendlich alles beim gleichen blieb. Und im Zweifelsfall lag die echte Macht nicht bei der Person, die die Spitze der Herrschaftspyramide darstellte, sondern bei der Person dessen Dolchspitze auf den jeweiligen
Herrscher zeigte.)
"Möchte er vielleicht ein Würstchen?" fragte Schnapper aus der Menge. "Er kann auch vier für den Preis von dreien haben und damit treibe ich mich selbst in den Ruin."
"Ich verkaufe ihm sechs für den Preis von vieren und damit unterbiete ich Schnapper." schrie Schnappers ärgster Konkurrent von der anderen Seite der Menge zurück, noch bevor Schnappers Schallwellen bei ihm angekommen waren. (Vermutlich verfügten die beiden über ein weiteres, für andere Leute unbekanntes, Sinnensorgan.)
Ein anderer (beinahe, zumindest manchmal) rechenschaffender Bürger blickte kritisch zur Sonne empor. "Das Sonnenlicht ist aber gar nicht verschlungen. Allerhöchstens ein bisschen blass." rief er, woraufhin sofort ein zweiter einfiel: "Und wie definiert er seine "Feinde" genau?"
Der selbsternannte Herold blinzelte als er mit dem, unter Wissenschaftlern als "Ankh-Morpork-Phänomen" bekannten, Problemen konfrontiert wurde.
"Haltet eure verdammten Klappen." brüllte er, wobei er auf und ab hüpfte um beindruckender zu wirken. (Leider gelang es ihm nicht wirklich, aber das Narrenkostüm dass er trug war möglicherweise auch ein Grund.)
"Bleiben die Löhne beim alten?" fragte Schmiede. (Das war natürlich die wichtigste Frage von allen.)
"Ahja, dazu wollte ich grade kommen. Sämtliche Löhne werden um 30% gekürzt, für den Widerstand den ihr uns geleistet habt. (Er spielte damit auf verschiedene Verluste durch Ausrauben-und-anschließend-auf-den-Ankh-werfen an.)
"Was??!" schrie Schmiede zurück. Dann verhärtete sich seine Miene und er verschwand in Richtung Pseudopolisplatz.


* * *


Kommandeur Rince stellte sich vor seine Männer und holte tief Luft. "Wächter!" schrie er. "Der Feind (Feind zumindest nach der Soldkürzung) der unsere Stadt eingenommen hat, will euren Sold um 30% kürzen!"
Zorniges Gemurmel erhob sich.
"Was wollt ihr tun?" fragte Rince theatralisch.
"In diesem Falle ist es unsere Pflicht die Stadt bis zum letzten Blutstropfen der Invasoren zu verteidigen!" brüllte ein Wächter zurück.
Rince nickte zustimmend. "Ihr habt hiermit meine Erlaubnis euch ein wenig im Arsenal umzuschauen."


* * *


Das Ankh-Morporkianische Arsenal hatte nicht die selbe Bedeutung wie das Arsenal in den meisten anderen Städten. Es war weniger ein Ort an dem sich die Zivilbevölkerung im Falle eines Angriffes ausrüsten konnte (abgesehen davon dass der durchschnittliche Ankh-Morporkianer die Waffen sowieso sofort verkauft hätte.), denn ein Ort an dem die Waffen diverser Invasoren gelagert wurden die von Zeit zu Zeit eintrafen.
Nach einiger Zeit entdeckten die Invasoren stets dass sie die Stadt gar nicht mit Waffengewalt zu unterdrücken brauchten (Dass war sowieso ziemlich ungesund, weil sie dann ständig für Steuereintreiber gehalten wurden und sich mit Gewichten an den Füßen auf dem Ankh wiederfanden. Dort starben sie dann meistens an einer akuten Vergiftung.) und dann wurden die überflüssigen Waffen in das Arsenal geworfen.
Deshalb war der Wächter des Arsenals nicht überrascht als es klopfte.
Viel überraschter war er darüber, dass er als er die Klappe in der Tür öffnete und automatisch mit "Die Papiere bitte." begann, nur die Faust eines Trolls sah die sich mit hoher Geschwindigkeit näherte. Er hörte Holz splittern und dann wunderte er sich ziemlich lange über nichts mehr.
Die Wächter strömten herein, schnappten sich diverse Waffen, spannten Armbrüste und zogen Schwerter aus den dazugehörigen Scheiden. Es quietsche leise, aber durchdringend, als Pan und Mücke einen klatschianischen Flammenwerfer um die Ecke schoben.
"Vielleicht lässt sich damit was anfangen." meinte Mücke schulterzuckend auf die komischen Blicke hin.
Dann schauten Mücke und Pan gleichzeitig zu einem extra großen Omnianischem Streitwagen. Ihre Blicke verharrten kurz, dann schweiften sie zu Malachit.
Sie schauten sich an, beide grinsten.

* * *


Ein Rabe saß auf einem kahlen Baum vor dem Arsenal und mustert desinteressiert die Umgebung. Die letzte Nacht war nicht so erfolgreich gewesen wie erhofft. Die menschlichen Verluste hatten sich sehr zu seinem Leidwesen in Grenzen gehalten.
Dann wandte er seine schwarzen Knopfaugen zum Tor des Arsenals als es sich quietschend öffnete. Zuerst kamen eine ganze Menge Leute mit einer ganzen Menge Waffen. Darauf folgte eine kleine, fahrbare Balliste die von einigen weiteren Wächter geschoben wurde. Und als letztes kam die Schpetzialkonstruktion.
Malachit kam in Sicht, den omnianischen Streitwagen hinter sich herziehend. Allerdings war der Streitwagen ein wenig modifiziert worden. Die Hausartige Konstruktion die eigentlich Platz für ein paar Krieger bieten sollte, war mit Metallplatten verkleidet worden, zwei Repertierarmbrüste lugten durch die ehemaligen Fenster. Und ganz oben auf der Konstruktion war der klatschianische Flammenwerfer montiert worden.
Das alles formte den ersten Tank der Scheibenwelt.
Es sah vielversprechend aus, entschied der Rabe. Vielleicht war doch kein so schlechter Tag.
Er beschloss hinter der seltsamen Konstruktion herzufliegen.


* * *


Der Herold stöhnte als es wieder einmal am Palasttor klopfte. Sein tag war überhaupt nicht gut gewesen. Er bezweifelte mittlerweile die Weisheit der Entscheidung grade Ankh-Morpork einzunehmen. Auf jeden Fall hatte er nicht vor, sich auf eine weitere Diskussion mit Frau Willichnich einzulassen.
Er öffnete die Klappe und spähte hindurch. Seine Augen weiteten sich und er verschluckte sich an dem scharfen "Dienstboteneingang" was er eigentlich hatte sagen wollen. (Frau Willichnich hätte jedoch vermutlich die selbe Reaktion hervorgerufen.)
Vor ihm stand die seltsamste Konstruktion die er je in seinem Leben gesehen hatte. (Er bekam jedoch nie die Gelegenheit mehr irgendwann einmal eine noch merkwürdigere zu sehen.) "Was bei den tausend Niederhöllen ist das?"
Gâsh grinste. "Das ist ein Tank. Cool, nicht?"
"Hey, das ist ja der Typ der unsern Sold kürzen will." rief Schmiede.
"Was?" fragte Pan, der in dem Tank saß, und ergriff das Seilende neben sich um sich hochzuziehen.
Der Rabe schaute interessiert zu, als der klatschianische Flammenwerfer blau zu glühen begann. Dann flog ein glühender Felsbrocken, gefolgt von einer blendend weißen Stichflamme unter ohrenbetäubendem Donnern aus dem Flammenwerfer heraus. (Die Bezeichnung "Flammenwerfer" war also nicht mehr ganz korrekt, aber "Flammen und Felsenwerfer" klang auch nicht viel besser.)
Holz und Steine splitterten.
Noch mehr Steine splitterten.
Pan´s Kopf erschien neben Mücke´s Kopf. Er schaute auf die Stelle wo vorher das Tor gewesen war.
Und der Herold.
Und ein beträchtliches Stück der Mauer.
Und ein Teil der dahinterliegenden Palastfassade.
"Wow!" sagte er ergriffen.


* * *


Drucula fluchte. Es ging schon wieder schief. Ja, er hatte mit einer wütenden Menge gerechnet. Wütende Mengen waren traditionell, für den gelernten Vampir kein Problem sobald er die Grundausbildung bestanden hatte. Fackeln, Mistgabeln und wütende Leute.
Damit rechnete man.
Aber man rechnete nicht mit irgendwelchen komischen, von Trollen gezogenen, Geräten die Feuer und Dinge schleudern konnten.
Er fluchte erneut und setzte sich in einen lockeren Trab um durch den Palast zu rennen.
Dass wurde von ihm erwartet.
Weiter unten hörte er wütende Schreie und Gepolter. Die Wächter hatten den Palast gestürmt und waren grade mit den wenigen Kriegern beschäftigt, die den Angriff auf den Tank überlebt hatten.
"Idioten!" dachte Drucula. Menschen waren ja so stumpfsinnig. Warum verteidigten sie immer noch sein Rech, obwohl es das nie gegeben hatte und es selbst wenn es es je gegeben hätte schon nicht mehr existieren würde. (Vampire denken anscheinend immer etwas verschlungen. Dass erklärt vermutlich dass sie so komische Leute sind.)
Nun, sie standen natürlich unter seinem Willen, aber hier ging es ums Prinzip!
Drucula rümpfte die Nase. Er sah auch keinen Sinn darin irre zu kichern und dazwischen zu murmeln: "Ich komme wieder." oder so etwas.
Es hörte ja doch keiner. Wenn die Leute mehr Zeit darauf verwenden würden nicht gepflöckt, verbrannt erschossen oder gehängt zu werden und weniger Zeit darauf irgendeinen Unsinn zu murmeln und sich die Hände zu reiben, dann wäre das, was gemeinhin als "Böse" bezeichnet wird viel erfolgreicher, dachte Drucula. (Dass gleiche gilt auch für Küsse und Umarmungen bei den "Guten".)
Wind ließ sein dunkles Haar flattern. Der Graf schaute sich auf dem Wehrgang um und entschied dass er gewisse Möglichkeiten bot.
Wenn er so auf die Zinnen kletterte und sich so vorsichtig herabließ, dann könnte er vielleicht auf dem dach des Küchentraktes landen.
Er hatte bereits mit einer Hand den rauen Stein der mauer losgelassen, als er durch das Gefühl des gefüllten Raumes den Kopf drehte.
Panther schwebte hinter ihm, lässig mit seinen Flügeln die Luft fächelnd.
"Nett dich mal wieder zu sehen, alter Junge." meinte er. "Ich hab dich in den letzten Monaten wirklich vermisst. Wie bist du nur aus unser hübschen Zelle ausgebrochen?"
Drucula knurrte.
Pan ließ seine aufgesetzte Lässigkeit fallen. "Der berühmte Cliffhanger-Kampf?" fragte er. "Dass setzt dich entschieden in Nachtteil." fuhr er fort und beobachtete mit fast klinischem Interesse wie der Graf versuchte wieder festen halt zu erlangen.
Auf dem Küchendach stand nämlich, lässig an die Wand gelehnt, Lewton.
Drucula zog sich halb hoch und sah sich Auge in Auge mit Venezia, die ihn auf typisch gnomenhafte Weise anlächelte.
"Verdammter Mist!" murmelte er leise. Wie endete ein Cliffhanger-Kampf doch gleich?
Achja, jetzt fiel es ihm wieder ein.
Pan legte den Kopf schief als der Graf an ihm vorbeirauschte. Es klatschte ziemlich endgültig als sein Körper unten auf den Pflastersteinen aufschlug. (Endgültig zumindest für zehn Minuten bei einem Vampir. Oder auch zwanzig. Vielleicht sogar einige Stunden. Je nachdem wie lange es dauerte bis ein angemessen dramatischer Moment eintrat an dem der Vampir effektvoll wieder in die Handlung einsteigen konnte.)
Lewton schoss aus einer Tür hinaus, einen Pflock in der Hand, und stellte sich vor Druculas leblosen Körper.
Er wartete einen Moment.
Drucula öffnete die Augen. Eine Sekunde später zuckte sein Arm nach oben und griff in die leere Luft. (Ein vollkommen natürlicher Reflex bei Vampiren. Meistens befindet sich jedoch eine Kehle, dort wo in diesem speziellen Fall nur leere Luft war.)
Der Graf wechselte von der Waagerechten in die Senkrechte, scheinbar ohne die notwendigen Zwischenstufen zu durchlaufen. Es war, als sähe man wie ein Brunnen von unten her ausgehoben wurde. (Allerdings müsste man dazu durch einige Meter praktische Geographie hindurchsehen können. Aber dass macht es nur noch irritierender.)
Im gleichen Augenblick zog Lewton eine Art Brett hinter dem Rücken hervor. Es ähnelte in gewisser Weise den Nagelbrettern der klatschianischen Fakire, nur dass auf diesem Brett keine Nägel sondern Holzpflöcke befestigt waren.
Drucula sprang, Lewton holte aus, es knirschte als Brett und Vampir zusammentrafen, ein Geräusch wie von einem platzenden Staubsaugerbeutel erklang. Dann sank eine ganze Menge Staub auf den Müll der Straße.
"Na also!" sagte Lewton zufrieden. "So ein Pflockbrett ist doch viel praktischer als ein einzelner Pflock mit dem man zwanzigmal zustechen kann ohne das Herz zu treffen."
"Und was machen wir jetzt mit ihm?" fragte Gold Moon. "Bei Ankh-Morporks blutrünstigem Klima ist er in zwei Stunden wieder auf den Beinen wenn wir ihn hier liegen lassen."
"Ich nehm´ ihn erst mal mit nach Hause." Antwortete Pan während er den Staub sorgfältig in eine leere Bierdose füllte.
"Da kann ich ihn auf den Kaminsims stellen. In einer geschmackvollen Urne. Sieht bestimmt nett aus...."



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