Bisher hat keiner bewertet.
Bei der geflickten Trommel hat jemand das "l" geklaut.
Machen jetzt schon Sittenstrolche unsere schöne Stadt unsicher?
Und wozu braucht jemand ein "l", er kann es doch eh nicht verkaufen, sind ja hier nicht in der Sesamstraße!
Dafür vergebene Note: 11
Harry hatte gerade Feierabend gemacht und ging zur Trommel, um sich einen Fingerhut Jimkin Bärdrücker zu genehmigen, als er es sah. Er stutzte, rieb sich die Augen und sah genauer hin. Er hatte sich nicht getäuscht: Vom Schriftzug "GEFLICKTE TROMMEL" fehlte ein ganz bestimmter Buchstabe.
" 'Gef...' 'gef...' 'gef...' " japste er, und hielt sich den Bauch vor Lachen. Eine Minute lang lag er prustend am Boden, bevor er sich wieder einkriegte: Hier hatte sich entweder jemand einen Scherz erlaubt, oder der neue Wirt der 'Trommel' hatte einen sehr eigenwilligen Sinn für Humor. Er richtete sich wieder auf, strich sich die Uniform zurecht (eine Sonderanfertigung von der Gilde der Puppen- und Spielzeugbauer), und ging unter der Schwingtür hindurch in das Wirtshaus hinein. Es war der übliche, träge Nachmittagsbetrieb - das heißt, noch lagen keine Körperteile herum (abgesehen von dem Arm eines Zombies, der so unklug oder betrunken - oder auch beides - war, sich auf eine Runde Armdrücken einzulassen). Harry erkletterte einen Barhocker und begrüßte den Wirt:
"Hallo, Herr Beischarf!"
"Ah, hallo, Harry! Das Übliche?" fragte der (der frühere Wirt hatte bei ihm einmal den alten Witz mit dem Kurzen versucht - das war auch der Grund, weshalb die 'Trommel' jetzt einen neuen Wirt hatte).
"Na klar. - Ach, übrigens, Herr Beischarf: Dir fehlt ein 'L'!"
"Ha, ha, ha", sagte der Wirt, während er Harrys Fingerhut füllte:
"Denk ja nicht, daß du der erste bist, der diesen Witz macht. Ich kann nichts für meinen Namen, weißt du?"
"Nein, ich meine, deiner Taverne fehlt ein L!" sagte Harry und leerte seinen Fingerhut. Nach einer kurzen Erläuterung verfärbte sich Herr Beischarf rot:
"So eine Unverschämtheit! Welcher Held, der etwas auf sich hält, kommt denn in eine Taverne, die Gef... Gef... aaargh!"
"Hast du eine Ahnung, wer das getan haben könnte?"
"Nicht den geringsten Schimmer. Irgendein Verrückter, nehme ich an. Diese Stadt ist ja praktisch ein El-dorado für solche Leute, haha."
"Tja, es gibt schon diebische El-stern".
"Ich werde erst mal das "L" von "Trommel" dahin setzen, dann sieht es schon einmal unverfänglicher aus."
"Das ist aber nicht gerade die el-eganteste Lösung, oder?"
"Ich hoffe doch, daß ihr von der Wache den Dieb schn-ell dingfest macht!"
"Na gut, genug gekalauert", seufzte Harry und sprang vom Barhocker herunter.
"Ich werde sehen, was ich tun kann."
Was sich als schwieriger erwies, als er es sich vorstellte: Passanten, die auf der Straße von einem Gnom angesprochen werden, der sie fragt "Hast du hier irgendwo ein L gesehen?" ,neigen dazu, keine wirklich hilfreichen Antworten zu geben (eher solche wie "Tut mil leid, hiel gibt es nilgendwo eins" oder "Nein, aber da drüben im Stall steht eine Q, und ein H kann ich dir auch geben - oder vielleicht etwas T?")
Nachdem Harry zwei Kniescheiben zertrümmert und einen Fuß gebrochen hatte, ohne daß ihn das wesentlich weiterbrachte, kam er zu dem Entschluß, daß es zwecklos war, weiterzusuchen. Aber Herrn Beischarf wollte er auch nicht enttäuschen... also was tun? Herr Beischarf stand auf einer Leiter vor der Taverne und hielt ein M in der Hand, als Harry zurückkehrte.
"Hallo, Harry!", rief er hinab. "Wenn man ein M umdreht, könnte man WORTE daraus machen - meinst du, das fällt sehr auf?"
"Laß nur, ich habe hier etwas für dich!" rief Harry und hielt ein L hoch.
"Du hast es gefunden? Zeig her!" rief Herr Beischarf und kletterte die Leiter hinab.
"Moment, das ist aber nicht meins! Es sieht ähnlich aus, aber..."
"Meinst du, wenn es da oben hängt, kann man einen Unterschied feststellen?" fragte Harry.
"Nein... nein, ich glaube nicht. Danke! Wo hast du es her?"
"Berufsgeheimnis", schmunzelte Harry, und fügte dann leise hinzu:
"Aber die von der Gilde der Leichenbestatter werden sich wundern..."
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