Tricia 2

Bisher hat keiner bewertet.

von Wächterin Tricia McMillan
Online seit 11. 05. 2001
PDF-Version

Du wachst - mal wieder- im Rinnstein auf. Doch diesmal bist Du nicht allein. Was ist passiert?

Dafür vergebene Note: 11

Die Dunkelheit lag über Ankh-Morpork. Sie lag schwer auf der Stadt. Man könnte es damit vergleichen, wie ein Kissen auf dem Gesicht von jemand liegt, der mit eben diesem Kissen der Möglichkeit des Luftholens beraubt werden soll. Am Stadtrand näherte sich eine erste Abteilung der Streitmächte der Morgensonne, langsam und zögernd, als ob sich die
Strahlen noch nicht sicher wären, ob sie schon die Kraft hätten, die drückende Dunkelheit zu vertreiben. In den Schatten näherte sich eine Ratte vorsichtig einem Paar Stiefel, die am Strassenrand lagen. Vorsichtig schnüffelte sie daran und gerade als sie sich überwinden wollte, trotz des gräßlichen Gestanks, der von ihnen ausging, hineinzubeißen, regten sich
die Schuhe.

Tricia McMillan, genannt Trillian, frischgebackenes Mitglied der Stadtwache, erwachte
mit schrecklichen Kopfschmerzen. Langsam versuchte sie sich aufzurichten, immer in der Hoffnung, die blauen Blitze vor ihren Augen würden vielleicht doch noch verschwinden. Nach einiger Zeit gab sie es auf und sah sich stöhnend um. "Ach du heilige Sch****, wie
bin ich denn hier gelandet?" fragte sie sich laut. Sie lag am Strassenrand in den Schatten
und sah gerade noch eine Ratte davonhuschen, die anscheinend gerade in ihren Schuh
beißen wollte. Dunkel keimte in ihr die Erinnerung an ihre Einstandsfeier in der Wache auf. "Anscheinend war es eine gute Party, zumindest kann ich mich daran erinnern, dass sie
ein Reinfall gewesen wäre", überlegte sie. Plötzlich bemerkte Trillian, dass sie nicht allein
im Rinnstein lag. Eher unsanft schubste sie die neben ihr zusammengekauerte Person an. "Hey, aufstehen, wir müssen zurück zur Wache unser Dienst fängt gleich an", versuchte
sie die Aufmerksamkeit des Häufchens Elend neben ihr zu erwecken. Die rüde
aufgeweckte Person gähnte, streckte sich und dann traute Tricia McMillan ihren Augen nicht.

"Aber Kommandeur Rince, ich weiß doch nicht, wie es passiert ist, ich kann mich an
nichts mehr erinnern", beteuerte Trillian zum wiederholten Mal im Büro der Stadtwache.
"Ja und wie soll das dann passiert sein? Als du gegen fünf Uhr früh die Party, deine
eigene Party wohlgemerkt, verlassen hast, warst du doch eindeutig noch eine", hielt Rince entgegen. "Ausserdem kann mal jemand diese zweite Tricia wegschaffen, jedesmal habe
ich das Gefühl doppelt zu sehen", brummelte er weiter und rieb sich die rotgeränderten Augen. "Hör mal, du Saufkopf, du kannst mir hier nichts befehlen", schleuderte ihm die Doppelgängerin der Wächterin entgegen. "Jetzt halt doch mal den Mund und geh auf den Gang", fauchte Tricia sie an. "Wir müssen etwas unternehmen, das kann so nicht weitergehen, die bringt mich um den Verstand", jammerte sie. "Tja, was ist denn das Letzte, an das du dich erinnern kannst?", versuchte Lewton Licht ins Dunkel zu bringen.
"Eigentlich nur, dass ich mir ein Bier genommen habe und dann glaub ich noch eins, und vielleicht noch eins?", bemühte sich Tricia um eine Erinnerung an den letzten Abend. "Ihr wart doch auch alle da, was haben wir denn so gemacht am Abend?", schaute sie fragend in die Runde der versammelten Wächter. "Tja, äh, also, naja, was man halt auf einer
Party so macht", lautete die drucksende Antwort Mückensturms. Auch die anderen
Wächter hatten anscheinend keine genauen Angaben zum Verlauf des Abends bereit.
"Ich schnapp mir jetzt diese Nervensäge und gehe mit ihr zur Unsichtbaren Universität, sollen sich doch die Zauberer darum kümmern", beschloß Tricia wutschnaubend. Sie
verließ das Büro und wollte ihre Doppelgängerin mitnehmen. Draußen auf dem Gang schickte sie einen suchenden Blick auf die Reise, der aber nach kurzer Zeit bedrückt
wieder zurückkam und Erfolglosigkeit meldete. Schnell rannte sie in die Eingangshalle
und von dort aus auf den Pseudopolisplatz.

Eine junge Adlige aus Quirm war gerade in Ankh-Morpork unterwegs, um sich mit neuen Stoffen einzudecken, aus denen sie in den lagen Wintermonaten Kleider für sich und die Bediensteten nähen wollte. Als sie einen wunderschönen Ballen aus klatschianischer Seide in einem wundervollen quallen-senfgrau-lila-Ton entdeckt hatte und nach ihrer Geldbörse greifen mußte, stellte sie fest, dass diese verschwunden war. Der Troll Silberdruse wollte seine Tageseinnahmen zur Bank bringen und gerade als er dem Bankbeamten den
Sack überreichen wollte, bemerkte er, wie verdächtig leicht er geworden war, gerade als
ob er leer wäre. Ähnlich erging es auch anderen Bewohnern der größten Stadt der Scheibenwelt.

"Das kann doch nicht sein, spinnen denn die von der Diebesgilde?", ächzte Rince im Wachhaus. "So viele ungenehmigte Diebstähle gab es ja in den letzten zwanzig Jahren nicht." Hauptgefreiter Werwolf keuchte ins Zimmer des Kommandeurs. "Rince, ich habe gerade
bei den Dieben nachgefragt, von denen war es niemand", berichtete er. "Die sind selber sauer auf den Unbekannten, weil er ihren Ruf inzwischen ziemlich ruiniert hat". "Wo ist denn eigentlich Tricia, wir brauchen jetzt jeden verfügbaren Mann, äh, Frau", verbesserte sich Rince.

"Verdammt, jetzt bleib endlich stehen", brüllte Tricia ihrer Doppelgängerin hinterher. Seit einem halben Tag versuchte sie nun schon, ihre unfreiwillige Zwillingsschwester wieder einzufangen. Einen Großteil der Zeit verbrachte sie damit, aufgebrachte Bürger zu beruhigen, denen Tricia II auf ihrer Flucht durch Ankh-Morpork ihr Geld und ihre Reichtümer abgenommen hatte. "Das gibt es doch nicht, dieses Miststück, die soll mir dafür bezahlen, wenn ich sie in die Finger bekomme", ärgerte sich Trillian. Nach einer wilden Verfolgungsjagd war es ihr endlich gelungen, ihre Doppelgängerin in einer Sackgasse zu stellen. "Jetzt kommst du mit mir", mit diesen Worten legte sie ihr die Handschellen an und schleifte sie Richtung Universität.

"Ja, das ist ja schön und gut, junge Frau, aber was haben wir damit zu tun?", fragten die Zauberer im Büro des Erzkanzlers vorsichtig. Ganz wohl war ihnen allen nicht, die recht kriegerisch und anscheinend zu keinem Scherz bereite Person, die noch dazu eine andere, genau gleich aussehende Person am Arm hielt, schien nicht besonders gut gelaunt. Dies hatte auch schon ein junger Zauberer mitbekommen, der der rabiaten Wächterin den Eintritt
mit den Worten "Für Frauen kein Zutritt" verwehren wollte. Das Nasenbluten des
Magiers war inzwischen schon fast wieder zum Erliegen gekommen. "Hört mal gut zu, ihr werdet jetzt diese Nervensäge wieder dahin zurückschicken, woher auch immer sie gekommen ist, dann gehe ich wieder und alles ist in bester Ordnung", schlug Tricia mit verdächtig ruhiger Stimme vor. "Aber woher sollen wir denn wissen, woher und wohin?", quietschte ein Zauberer vorwitzig und versteckte sich sofort hinter einem Bücherstapel. "Das ist mir egal, Hauptsache weg", knurrte Tricia.

Auf dem Gipfel des Cori Celesti saßen die Götter um Offler und die Lady und sahen ihnen beim Spiel zu. Gerade hatte die Lady eine 22 gewürfelt und nahm zwei von Offlers
Figuren in die Hand. "Hey, das ist unfair, du hast geschummelt", beschwerte sich der Krokodilsgott. "Ich bin die Lady, ich brauche nicht schummeln", schmunzelte die Lady. Langsam nahm siedie beiden Figuren, die sich überraschend ähnlich sahen und drückte sie in der Hand zusammen. Es gab eine kleine Rauchwolke und was sie wieder auf das
Spielbrett stellte, war nur noch eine einzelne Figur. "Ach, mit zweien wär es aber ein viel größerer Spaß gewesen, ausserdem hatte ich mir solche Mühe gegeben, die eine auseinanderzunehmen", beschwerte sich Offler.
"Tja, so sind nun mal die Regeln", erwiderte die Lady.

Als sich in der Universität die Rauchwolke verzogen hatte, wagten die mutigeren Zauberer sich wieder hinter den Bücherstapeln hervor. "Wow, was ist hier passiert?", rief ein junger Student aus und linste neugierig ins Büro. "Äh, ja, also, wir ... haben gerade eine Doppelgängerin entmaterialisiert", berichtete der überraschte Erzkanzler. Insgeheim dachte er sich, dass er wohl doch größere Kräfte hätte als er vermutet hatte. Tricia fühlte sich irgendwie komisch. "Früher hab ich mich viel leichter gefühlt, mir kommts vor, als wär ich doppelt so schwer", wunderte sie sich. "Und wieso seh ich da am Himmel dieses fliederfarbene Auge und wieso muß ich immer an ein Krokodil denken", verdutzt schüttelte sie den Kopf und schob es auf die Nachwirkungen diverser alkoholischer Getränke aus dem Hause Jimkin Bärdrücker.

In der Wache nahm inzwischen wieder alles seinen gewohnten Gang. "Warum noch lange drüber wundern, Hauptsache erledigt", war die Devise. Die Bestohlenen hatten ihr Geld wieder, Tricia konnte wieder ruhig schlafen und die nächste Party war schon in Planung.



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung