Die traurige Geschichte des Leonardo da Quirm

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von Hauptgefreiter Gonzo
Online seit 01. 04. 2001
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Leonardo da Quirm ist spurlos verschwunden,
obwohl in er seinem sicheren Gefängnis im Patrizierpalast gesessen hat.
Er hinterliess einen nicht mehr vollständig entzifferbaren Brief.
Finde heraus, wo er steckt!

Dafür vergebene Note: 13

Prolog:
Es gibt Geschichten die man sich ausdenkt, Geschichten die man direkt aus dem Leben nimmt und eine Mischung aus beidem. Es gibt Geschichten die sehr lustig sind, Geschichten die sehr traurig sind und auch eine Mischung aus beidem. Ich möchte nun euch eine Geschichte erzählen die mehr wahr als erfunden ist und wahrscheinlich sehr viel trauriger als lustig.
Dem geneigtem Leser wird es bewusst sein, dass traurige Geschichten viel schwerer zu lesen sind als lustige.
Denn Trauriges wird erst durch individuelles nachdenken wirklich traurig, wohingegen Lustiges ein Sache ist die man durchaus gemeinsam erfahren kann. Ich möchten den Leser bitten, wenn er diese Geschichte wirklich erleben will, genau zu lesen und sich nicht ablenken zu lassen. Sollte der Leser ein zartes Gemüt haben ist es keine Schande die eine oder andere Träne zu verdrücken.



Havelock Vetinari war ein durchaus intelligenter Mensch und nicht nur diesem Umstand hatte er es zu verdanken, Patrizier dieser Stadt zu sein. Die einen sagen, es wäre seine unglaubliche politische Begabung, die ihm erlaubte als erster Herrscher Ankh-Morporks den Frieden in der Stadt zu konservieren, die anderen seine skurrile Eigenschaft von allen gehasst und gleichzeitig geliebt zu werden.
Im Moment wanderte er durch die dunkelsten und verborgensten Gänge seine Palastes, immer einen komischen Kinderreim auf den Lippen oder über irgendwelche Daten nachzudenken.
Wie eine Katze bewegte er sich gewand über die Fliesen der Kellergänge und trat nur auf die Steine die er für richtig hielt und die er schon einige Hundert mal hinter sich gebracht hatte.
Es waren genau einhundert und vier Fliesen, er hatte sie ein dudzent mal gezählt.
Eine sah aus wie die andere, sie glichen sich auf genauste und waren so glatt und schwarz und auf eine gewisse Art, besonders tot.
Es hingen Fackeln im Gang, etwa alle fünf Meter, jene die man aus geheimen Kellergewölben kennt, solche die auf mysteriöse Weise nie schrumpfen und nur soviel Licht geben das immer noch ein dunkler Schimmer in der Umgebung liegt.
Vetinari erreichte ein Tür, gewöhnlicher wohl nicht seien konnte, wich noch mal einer Steinplatte aus und betrat, ohne zu klopfen den dahinter liegenden Raum. Vor seinen Augen erstreckte sich ein Zimmer, das er bisher immer mit einem gewissen Enthusiasmus betreten hatte, nun aber lies es ihn völlig kalt.
Die sonst so gewohnten Arbeitsgeräusche und das Blubbern diverser Flüssigkeiten waren nicht zu hören, oder spielten ihm seine Ohren einen Streich.
Der Patrizier drehte sich im Kreis und sah in jeden Winkel des Raumes, doch das was er erblickte erschreckte ihn zu tiefst. Erstens konnte er nicht die gewünschte Person erspähen und zweitens gab das Zimmer eine Eigenschaft wieder die Vetinari beängstigte: es war aufgeräumt!
Das Gesicht des Herrschers der Stadt Ankh-Morpork verzog sich und einige Falten die sich in seinem sonst so souveränen Gesicht versteckten kamen zu Vorschein und er rief fast schon ein bisschen panisch:



"Gonzo!!! Wo bleibst du denn. Rince wollte dich doch schon vor einer viertel Stunde in seinem Büro sehen", rief Oberleutnant Lewton aus dem ersten Stock ins Erdgeschoss runter.
"Bin schon unterwegs" piepste eine Stimme nach oben die unweigerlich von Gonzo stammte.
Der kleinste Wächter der Ankh-Morpork Stadtwache machte sich also wieder auf, auf den beschwerlichen Weg zum Kommandeur. Er fand es nicht fair. Warum wurde die ganze Wache auf Menschen ausgelegt. Die Troll stießen sich überall die Köpfe an und für die Gnome war der Weg zum Büro des Kommandeurs schon eine mittlere Tagesreise.
Doch er hatte beschlossen sich diesem Schicksal zu fügen und vielleicht bei der nächsten Wächterversammlung dieses Problem einmal anzusprechen.
Er brauchte zehn Minuten um, den wirklich unbedeutenden, Weg hinter sich zu bekommen, und hätte ihn Wiewunder Jim nicht die halbe Treppe mit hoch genommen hätte es wahrscheinlich doppelt so lang gedauert. Doch er hatte es nun geschafft und klopfte, mit einiger Wut im Bauch an.
"Herein", tönte es aus dem Raum.
Gonzo nahm die Stimme beim Wort und betrat das Büro des Kommandeurs, was immer ein Abenteuer für sich war.
Rince stand am Fenster und schaute schon eine ganze Weile den dicken Regentropfen dabei zu wie sie vom Himmel fielen und mit einem unscheinbarem "Plopp" auf der Erde aufschlugen.
Er überlegte sich was für ein Leben so ein Regentropfen hatte -wohl ein noch schlimmeres als er. Und auf einmal fiel ihm wieder der Hauptgefreite Gonzo ein der jetzt schon ein Paar Minuten in seinem Büro stand.
"Ah. Hauptgefreiter. Schön das sie den Weg zu mir gefunden haben. Ich muss etwas wichtiges mit ihnen besprechen" ,sagte er und die Melancholie in dieser Stimme die sonst so ruppig und hart war, war unüberhörbar. Gleich ging es Gonzo ein bisschen schlechter.
"Herr Kommandeur. Was kann ich für sie tun", brachte der Gnom hervor und sah aus dem Fenster.
"Folgendes: Heute Vormittag rief mich Lord Vetinari zu sich und eröffnete mir eine schlimme Nachricht" der Kommandeur drehte sich wieder zum Fenster und fuhr fort.
"Leonardo da Quirm, das größte Genie das die Scheibenwelt bisher hervorbrachte ist verschwunden. Sie kennen ihn?"
"Wie sie wissen bin ich ein belesener Gnom und natürlich ist mir Leonardo da Quirm ein Begriff" sagte der Hauptgefreite.
"Nur ein paar Hundert kennen ihn überhaupt. Nur wenige wissen das er noch am Leben ist. Ein Duzend etwa weiß das er hier in der Stadt lebt, nur eine Hand voll Menschen wissen, dass er im Palast des Patriziers haust und nur drei Personen wissen das er verschwunden ist. Lord Vetinari, sie und ich.
Vetinari lies ihn vor einiger Zeit schon gefangen nehmen um ihn in seinem Palast vor sich selber und anderen Menschen zu schützen.
Dort konnte er sich ohne Probleme seinen Forschungen widmen und Vetinari bestimmte welche Erfindungen von ihm für die Welt tragbar und brauchbar sind. Nun ist er fast spurlos verschwunden. Ein nicht ganz entzifferbarer Brief ist unser einziger Hinweis" ,schloss der Kommandeur seinen Bericht.
"Kommandeur?" sagte Gonzo fragend.
"Warum erzählen sie das ausgerechnet mir?"
"Ich bin der einzige in der Wache der über Leonardo da Quirm bescheit weiß. Doch ist es mir wegen meinem engen Terminplan manchmal unmöglich mich persönlich um die Angelegenheiten in Sachen da Quirm zu kümmern.
Deshalb hat mich der Patrizier darum gebeten eine jungen, intelligenten und fähigen Wächter auszusuchen der sich ab jetzt immer um Fälle rund um Leonardo da Quirm kümmert.
Meine Wahl ist auf sie gefallen da sie mir bisher vor allem durch diese Eigenschaften aufgefallen sind. Ihr erster Auftrag lautet: Finden sie Leonardo da Quirm so schnell wie möglich.
Lord Vetinari erwartet sie bereits in seinem Büro für genauere Untersuchungen" erklärte Kommandeur Rince ohne den Blick vom Fenster nach draußen einmal abzuwenden.
"Ich werde mein bestes geben, Kommandeur. Sie entschuldigen mich" sagte Gonzo und trat schon den Weg zur Tür an.
Ohne sich umzudrehen sagte Rince:
"Ich weiß, Hauptgefreiter" und starrte weiter planlos in das nass-graue Gesicht der Stadt, die zu weinen schien. Vielleicht um das größte Genie seiner Art?



Es regnete immer noch in Strömen. Dicke nasse Wassertropfen vielen vom Himmel und trugen wirklich nicht zu einer verbesserten Laune Gonzos bei.
Er war völlig durchnässt, nicht ein Fleck an seinem winzigen Körper war noch trocken.
Über den Tag noch fluchend näherte sich der Gnom dem Palast des Patriziers der in mitten des Unwetters stand wie ein Fels in der Brandung. Vor dem Palast stand eine Wache.
Gonzo erkannte ihn sofort. Es war Lysander Zwerch ein Mitglied der patrizischen Leibgarde. Er kannte ihn aus der Trommel, so wie viele andere, die man meistens nur von so einem Ort kennen konnte.
Auch Lysander erkannte Gonzo sofort, immerhin war es die Aufgabe eines Wächters alles um sich sofort zu erkennen, und winkte den Hauptgefreiten mit einer Komm-rein-du-wirst-schon-erwartet-Geste durch das breite, irgendwie schelmisch grinsende Tor.
Hinter der Tür erwartete ihn schon ein Diener oder, wie Lord Vetinari sagen würde, Bediensteter.
"Hauptgefreiter Gonzo von der Ankh-Morpork Stadtwache nehme ich an?", sagte er mit diesem kühlen, etwas übertrieben höflichem, Lächeln auf den Lippen.
"Ja, der bin ich" sagte Gonzo von dem überfreundlichem Grinsen irritiert.
"Der Lord erwartet sie schon. Wenn sie mir bitte folgen wollen", meinte der Diener, beziehungsweiße Bediensteter, und beide machten sich auf den Weg durch den Palast.
Der Bedienstete achtete nicht besonders auf die kleinen Beine Gonzos und so hatte sie das Büro des Patriziers schnell erreicht.
Ein nun vor Höfflichkeit fast platzender Diener und ein völliger Außeratem geratener Gnom standen nun vor der nächsten Tür. Gonzo schien es als ob er in seinem Leben nichts als Tore und Türen gesehen hätte und seine Laune wurde dadurch bestimmt auch nicht besser
. Hinzu kam noch dieser dämlich lächelnde Diener der nun klopfte, das "Ja, bitte" abwartete und dann in das Büro eintrat, dicht gefolgt von Gonzo der sich wieder Luft verschafft hatte.
"Hauptgefreiter Gonzo von der Ankh-Morpork Stadtwache, Sir" rief er in einem formellen Ton.
"Ja. Danke James. Du kannst dich zurückziehen" sagte Lord Vetinari, der seltsamer Weiße an einem Fenster stand und ihn den trüben Tag hinaus schaute.
Erst als James dir Tür hinter sich geschlossen hatte, drehte er sich um und sprach zu Gonzo:
"Ihr verzeiht meinen neuen ersten Bediensteten. Er ist der Sohn eines befreundeten Barons, der sein kleines Reich auf dem Land hat, und er hat die Umgangsformen der Stadt noch nicht ganz verinnerlicht"
"Nichts für Ungut", brachte Gonzo zögerlich hervor.
"Ihr wolltet mich sprechen wegen dem Verschwinden Leonardo da Quirm"
"Ich habe mir gerade ihre Akte angesehen und muss sagen das Kommandeur Rince ein durchaus angemessene Wahl mit ihnen getroffen hat. Doch jetzt zu dem seltsamen Verschwinden meines Schützlings.
Als ich heute morgen meinen wöchentlichen Besuch bei ihm abhalten wollte, fand ich seinen Raum leer vor.
Komischer Weise war das Zimmer so aufgeräumt wie noch nie, was für Leonardo äußerst ungewöhnlich ist. Sie wissen ja wie das mit Genies und Ordnung ist.
Auf jeden Fall fand ich noch einen Brief, auf gelbem sehr altem Pergament geschrieben, der nur von seiner Feder stammen kann.
Um nichts zu verändern habe ich alles zurückgelassen wie es war. Wenn sie mir bitte in sein Gemach folgen wollen oder gibt es bis hierhin Fragen ihrerseits?" ,fragte der Patrizier, wartete keine Antwort ab und trat auf ein Bücherregal zu, das wie auf Befehl zur Seite sprang.
"Wie sie verstehen müssen, muss Leonardo da Quirm nicht nur vor anderen sondern auch vor sich selbst geschützt werden. Deshalb ist dieser geheime Gang zu seinem Gemach mit Fallen nur so Gespickt.
Da sie jetzt ja der Sonderbeauftragte in Fällen Leonardo da Quirm sind, wird ihnen das Geheimnis dieses Ganges bald erläutert werden.
Im Moment drängt die Zeit und ich würde Vorschlagen sie auf meine Schulter zu nehmen um den Gang lebend zu durchqueren" sagte der Patrizier und in der Erwartung das es keine Widerrede gäben würde, nahm er Gonzo einfach auf den Arm ..., Pardon, auf die Schulter.
Und tatsächlich kam auch keine, denn der Patrizier hatte die Eigenschaft mit einer solchen Selbstsicherheit zu reden, dass es wohl keinem Menschen in den Sinn gekommen wäre zu widersprechen.
Sie durchschritten den Gang. Lord Vetinari trat sicher nur auf auserwählte Fliesen und auserwählte Stein. Gonzo spürte deutlich das der Patrizier zitterte. Der Gnom hatte es schon öfter mal mit ihm zu tun gehabt und hatte vom Herrscher der Stadt Ankh-Morpork eigentlich das Bild des Unnarrbahren.
Deshalb hielt er es für ausgeschlossen das der Lord sich fürchtete, geschweige denn Angst hatte. Nach einer kurzen Zeit, die solchen Helden in solchen Geschichten immer wie eine Ewigkeit vorkommt, erreichten sie eine Tür, die in Gonzos Augen die normalste der Welt war.
Der Patrizier öffnete die Tür, trat ein und Gonzo erblickte ein äußerst normales Labor, wie er es in der Alchemiegilde Hundert mal gesehen hatte. Vielleicht war es etwas aufgeräumter als die üblichen, aber das Gerücht von ordentlichen Alchemisten hielt sich beständig unter den Kennern.
"Dies ist also das Domizil des Leonardo da Quirm. Ich habe, wie gesagt alles unverändert gelassen. Schauen sie sich ruhig um und lassen sie sich Zeit. Ich werde sie in einer Stunde wieder abholen. Die Geschäfte rufen. Viel Glück" sagte der Lord noch und verschwand durch die normalste Tür der Scheibenwelt.
Zurück blieb ein kleiner Gnom, der sich unsicher in einem viel zu großen Zimmer, in einer viel zu großen Welt befand und sich umsah. Es war kein richtiges durchsuchen, eher ein vorsichtiges ausloten der Lage.
Es war ein Raum, etwa zehn auf zehn Meter, folglich ein gar nicht kleiner Raum. An der Ostseite des Zimmers war ein, im Verhältnis, kleines Fenster mit einem Gitter.
Wahrscheinlich sollte es das Genie vor Eindringlingen schützen (oder vor dem Flüchten?). Zwei lange Tische standen in einem rechten Winkel zu einander in der Mitte des Raums und in der hintersten Ecke stand ein Bett.
Neben dem Bett ein kleines, hölzernes Nachtischchen, auf dem ein halbabgebrannte Kerzen in einem silbernen Halter stand. Neben der Eingangstür befand sich ein zweite, die offen stand.
Nach näher Untersuchung musste es sich in dem dahinter liegendem Raum um so etwas wie ein Toilette handeln. Zwei riesige Schränke und ein überdimensionales Bücherregal zierten außerdem das Zimmer das insgesamt mehr voll als leer wirkte. Es wirkte alles äußerst aufgeräumt. Auf den Tischen lag fast nichts, und das wenige war ordentlich nebeneinander platziert worden.
Die Bücher im Regal war von links nach rechts der Größe nach geordnet und der Boden war glänzte hölzern. Hatte der Patrizier nicht etwas von einem Brief erzählt? Auf einem der beiden Tische lag tatsächlich ein Pergament das offensichtlich offensichtlich seien sollte. Nach kurzem klettern hatte der Wächter den Brief erreicht und begann zu lesen.
Ein Laie oder Unkundiger hätte gesagt das der Brief nicht ganz entzifferbar sei, dabei war er nur in einem alten morporkischem Dialekt geschrieben, in dem Tintenflecke, Striche und Punkte neben den gewohnten Buchstaben eine große Rolle spielten.
Gonzo konnte sich rühmen diesen Dialekt recht gut zu beherrschen, was er seinem Fleiß, der Neugier und der Belesenheit verdankte. Vor allem wenn man Liebhaber der alten Bücher war. Gonzo nahm das Pergament in die Hand ohne auf eventuelle Spuren zu achten, sprang vom Tisch um es sich wenig später auf dem Fensterbrett gemütlich zu machen.
Irgendeine innere Stimme hatte ihm gesagt das er sich dorthin setzten sollte. Er sah noch mal in den düsteren Regen den sauberen Tropfen nach, atmete noch mal tief die kühle, feuchte Luft ein, seufzte kurz und begann zu lesen:
"Kenne sie das Gefühl, wenn man alleine ist und sich fragt was man hier eigentlich macht. Manche werden sagen: lesen, schreiben, arbeiten, ausruhen oder etwas ähnliches; doch das meine ich nicht.
Die Frage ist: Aus welchem Grund gibt es mich? Ich glaube das sich jedes intelligentes Wesen einmal diese Frage stellen wird oder gestellt hat. Eine Antwort hat aber wohl noch keiner gefunden, und wenn dann hat sie noch keiner rausgerückt.
Viele versuchen die Erklärung in Göttern, Schicksal oder dem Zufall zu sehn, aber im Enteffekt sind das alles nur Erklärungen fauler oder verzweifelter Individuen, die sich keinen Reim auf alles das hier machen können.
Wenn ich an meinem Fenster stehe, manchmal Tage und Nächte lang, denke ich über vieles nach.
Wer mich kennt sieht immer nur den genialen, etwas irren Forscher, dessen ganzer Lebensinhalt im erfinden von nutzlosen, gefährlichen oder weltbewegenden Dingen ist. Keiner sieht den Menschen dahinter.
Die Welt schafft es auf irgendeine gewisse Weiße voller trauriger Sinnlosigkeit zu sein und trotzdem immer so viel Hoffnung, Ablenkung oder Unwissenheit zu geben das es nur für die wenigsten zu viel wird und sie ihr Leben in Eigenverantwortung selber beenden.
Doch diese unendliche Traurigkeit wird nur den wenigsten Bewusst, sonst wären wir schon lange ausgestorben. Seht doch nur den Mond.
Alleine zieht er seine unglaubliche Bahn um die Scheibenwelt, immer im Dunkeln. Seine einzige Hoffnung ist der Schimmer der Sonnenstrahlen die erhaschen kann.
Er fühlt sich einsam und verlassen und nur diese wenigen Momente in denen er der Sonne näher ist als normal, halten in am Leben.
Er versucht mit unendlicher Geduld sich der Sonne zu nähern, doch keiner sagt ihm das es ihm nie gelingen wird. Er sieht in die Ferne und wird doch nie eine Blick auf sie werfen können.
Beide sind auf dem ewigen weg um unsere Welt und werden sich doch nie treffen. Und das schlimmste ist das die Sonne in ihrem riesigem Glanz nie von der Existenz des Mondes erfahren wird. Doch in seiner Unwissenheit und der ewigen Hoffnung wird er ihr immer folgen und nie an Selbstmord denken.
Eine tragische Geschichte" Gonzo sah vom Blatt auf in den Regen und eine Träne rollte von seine Wange ins nichts, vermischte sich mit den Regentropfen und verschwand ihm Meer der Trauer.
Selbst der Himmel schien wegen dieser so traurigen Geschichte zu weinen.
"Was für ein Mensch, und in welcher Situation muss ein Mensch sein, der so etwas Trauriges schreibt" dachte Gonzo laut und sein Blick schweifte durch das im halbdunkel liegende Zimmer, das irgendwie glatt und geradlinig wirkte.
"Und was hat dieses so aufgeräumte Zimmer damit zu tun", dachte Gonzo, blickte melancholisch ein letztes mal aus dem Fenster und las weiter.
"Aber der Mond ist nicht die einzig Tragische Figur auf dieser Welt. Jeder einzelne von uns ist eine. Seht mich an. Ich lebe hier gefangen in einem Zimmer das wie auf mich zugeschnitten ist.
Ich habe mich nie beschwert und doch habe ich ein sehr trauriges Leben. Ich habe meine Begabung zum Beruf gemacht. Ich bin von Beruf Genie. Dieser Arbeit ist weniger Beruf als Berufung.
Das Erfinden, Experimentieren, Basteln und Zeichnen ist mein Leben. Ich betreibe meine Arbeit mit voller Inbrunst und höchstem Engagement. Doch weiß ich auch das ich mit meiner Arbeit viele Menschen unglücklich mache.
Und das ist es was auch mich zu einer tragischen Gestalt macht. Mein Lebensinhalt ist das Erfinden und gleichzeitig weiß ich das meine Erfindungen oft großes Leid verursachen.
Ich bin Lord Vetinari sehr dankbar das er mir ein zu Hause gibt und mich vor anderen beschützt. Mir ist auch durchaus bewusst das er mich vor mir selber schützt. Doch kann es selbst dem größten Herrscher nicht gelingen mich völlig abzuschotten. Kürzlich landete hier eine Brieftaube, die sich wohl verflogen hatte.
Anbei hatte sie einen Brief. Eine Nachricht an eine gewisse Frau Kuchen, die ihr von dem Tod ihres Mannes berichten sollte. In dem Brief sprach ein unbekannte Person ihr und ihren elf Kinder das Beileid aus. Es wurde auch erläutert wie ihr man ums Leben kam. Er war wohl schuldlos in eine Tavernenschlägerei verwickelt worden. Als der Angreifer sich nicht anders mehr zu helfen wusste zog er eine Waffe und erschoss den Mann.
Nach der Beschreibung erkannte ich die Waffe sofort. Es war das Gfähr, meine Erfindung, das den armen Mann getötet hatte, eine Frau zur Witwe und elf Kinder zu Halbweisen machte. Ich war zu tiefst erschüttert. Nie hatte ich gewollt das mit dieser Waffe ein unschuldiger Mensch zu schaden kommt.
An wilde Tiere oder ähnliches hätte ich gedacht aber doch nie an einen Menschen. Ich hasse die Menschen dafür das sie meine Erfindungen missbrauchen, doch bin auch ich selber Schuld und somit am Morde dieses Mannes indirekt beteiligt."
Gonzo unterbrach das Lesen.
"Leonardo mussten unendliche Schuldgefühle plagen" dachte er. War da was. Hatte er etwas gehört? Ein schluchzen. Ein weinen. Ein kalter Hauch huschte durch das Zimmer und Gonzo fröstelte es.
Er war nicht allein - er spürte es deutlich - und trotzdem zwang er sich weiter zu lesen um der drohenden Angst keine Chance zu bieten.
"Nun sind es nicht nur diese unendlichen Schuldgefühle die mich quälen. Es ist auch die Einsamkeit, die mir erst bewusst ist seitdem ich über sie nachdenke. Nach dem Besuch der Taube war ich am Boden zerstört.
Es war mir unmöglich zu Arbeiten und deshalb hatte ich zum erstenmal in meinem Leben Zeit nachzudenken. Nicht wie sonst über Winkel, Kräfte oder Energien sondern über mich selbst und mein Leben.
Ich bin nun schon sehr lange hier. Ich weiß nicht wie lange, doch habe ich den Sonnenaufgang jetzt bestimmt schon einige Hundertmal von hier gesehen. Ich kann mich nicht mehr an die Freiheit erinnern und habe sogar aufgehört sie zu ersehnen.
Ich furchtbar traurig, doch ändern kann ich es auch nicht. Den einzigen Menschen den ich seit Jahren zu Gesicht bekomme ist Lord Vetinari, der aber auch eigentlich nur an meiner Arbeit und meinem Genie interessiert ist.
Der Mensch Leonardo da Quirm ist ihm völlig egal. Das was ich wirklich brauche, wirklich ersehne und wahrscheinlich nie bekommen werde ist .."
"FREUNDSCHAFT" las der Gnom laut vor und eine weiter dicke, rund Träne rutschte langsam und vorsichtig von der Wange zum Kinn um von dort in die Tiefe zu stürzen.
Gonzo schaute durch den Raum, er hatte gar nicht bemerkt das es dämmerte.
Irgendetwas wollte er ihm sagen, da war sich der Wächter sicher. Doch was? Was sollte einem ein völlig exakt aufgeräumter Raum sagen. Sein Blick schlendert zum x-ten mal durch den Raum und dann war ihm alles klar:
Es war ein Hilfeschrei. Ein Hilfeschrei eines völlig verzweifelten Menschen der das tat was er nie in seinem Leben getan hatte: Er hatte über das Leben nachgedacht und es hatte ihn zu tiefst erschreckt.
Ein Blitz schoss vom Himmel, es donnerte und dann war völlige Stille. Mit einem mal öffnete sich die Tür. Der Gnom erschrak zu Tode und fiel fast vom Fensterbrett, als Lord Vetinari das Zimmer betrat und mit eisiger Stimme fragte:
"Haben sie etwas herausgefunden Hauptgefreiter Gonzo?"
"Ja, Sir. Ich glaube ich habe den Fall gelöst" sagte Gonzo mit sicherer Stimme.
"der Mann den wir suchen befindet sich in diesem Raum"
"Und wieso kann ich ihn dann nicht sehen?" fragte der Patrizier überrascht.
"Leonardo da Quirm, hiermit fordere ich sie im Namen der Ankh-Morpork Stadtwache und im Namen ihres neuen Freundes Gonzo sich auf der Stelle zu zeigen", rief der Gnom und sprach dabei in den völlig leeren Raum hinein.
"Für wahr. Meinst du das ernst", sagte eine Stimme aus dem nichts "Ich meine: Bist du mein Freund?"
"Natürlich meine ich das ernst. Wenn du es auch willst?" sagte Gonzo mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
"Ja ich will" sagte eine unsichtbare Gestallt, die auf mysteriöse Weise langsam auf einem Stuhl am gegenüber liegendem Ende des Zimmers erschien, aufstand und auf den Gnom zu kam.
"Du warst die ganze Zeit hier, habe ich recht?" sagte der Gnom und streckte Leonardo die Hand entgegen. Der ergriff diese und beide schüttelten sich die Hand.
"Ich habe dich weinen gesehen" sagte er etwas bedrückt.
"Ich war so ergriffen und geschockt von dem was du geschrieben hast", sagte der Gnom. Plötzlich bemerkten beide auch den völlig verdutzt da stehenden Patrizier.
"Was ist hier eigentlich los?" fragte dieser.
"Nun, Herr. Ich hatte eine kleine Identitätsriese, doch mit Hilfe meines Freundes Gonzo habe ich sie glaube ich überstanden. Und das mit dem unsichtbar sein habe ich einer kleinen Erfindung zu verdanken. Ich nenne sie "Invisibilia". Leider hält die Wirkung bisher nur einen Tag an, aber ich werde mich gleich daran machen sie zu verbessern", sagte Leonardo Freude strahlend.
"Dann werden wir dich jetzt besser alleine lassen" sagte Gonzo.
"Ich werde dich bald wieder mal besuchen wenn es recht ist?"
"Sehr recht sogar", sagte das Genie und war im nächsten Moment schon wieder in seine Arbeit vertieft.
Er bemerkte nicht einmal mehr als Gonzo und der Patrizier den Raum verließen und sich auf den beschwerlichen Rückweg machten. "Ich werde sie nicht fragen, wie sie es angestellt haben, aber dennoch meinen ganzen Respekt aussprechen. Gute Arbeit Hauptgefreiter. Sie werden es noch zu etwas höherem bringen, da bin ich mir sicher" sagte Lord Vetinari.
"Danke", sagte Gonzo zufrieden und ein anstrengender Tag ging zu Ende.

DAS ENDE



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