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Eine neue Religion hält Einzug in Ankh-Morpork.
Man sagt sie würden Blutopfer begehen und an den bevorstehenden Untergang der Welt glauben.
Aber das schlimmste: Sie schmieren an jede Wand komische Fische.
Was hat es damit auf sich?
Dafür vergebene Note: 14
Panther trat aus dem schäbigen, kleinem Haus welches er in den Schatten mehr oder weniger gemietet hatte.
Er lächelte zufrieden wobei seine langen, weißen Zähne in dem matten Licht schimmerten. Der Besitzer der Baracke hatte nicht wirklich daran gedacht einem frisch aus Überwald eingetroffenem Vampir etwas abzuschlagen.
Na ja, zumindest nicht allzulange - sein Lächeln wuchs in die Breite - schließlich war hier Ankh-Morpork.
Er trat auf die Straße, nun im allgemeinen zumindest auf etwas ähnliches, wenn man den Müll entfernte. Im speziellen trat er auf etwas anderes, unangenehmeres.
Es quatschte.
Panther schaute angeekelt herunter, als ein charakteristischer Duft in seine Nase stieg, der sogar das allgemeine Ankh-Morpork Aroma überlagerte.
"Verdammte, gottverfluchte Sch..." murmelte er, und er meinte es auch. Ein Beobachter hätte meinen können, daß ihm ein Buckel wuchs, als die Flügel unter dem traditionellem, schwarzen Umhang unruhig bewegt wurden.
Vermutlich war der Luftweg in dieser Stadt von Vorteil.
Auch sein kleines Mißgeschick konnte seine Freude über seine erste Arbeitsnacht nicht trüben, er grinste wieder.
Vermutlich war er einer der wenigen Rekruten, die sich über das ungeschriebene (*Abgesehen von einigen extrem überbürokratisierten Welten. Aber wenn ein Planet ersteinmal dieses Stadium erreicht hat, ist ihr Untergang gewiß - zumindest wenn die notwendigen Formulare ausgefüllt wurden.*) Gesetz des Multiversum, daß Rekruten zwangsläufig für den Nachtdienst eingeteilt werden, freute.
Auf manchen Welten sind Techniker (und einige besonders intelligente Kuckucks) sogar auf die Idee gekommen, Uhren zu konstruieren die nach den immer gleich bleibenden Abständen in denen Rekruten zur Nachtschicht eingeteilt werden funktionieren, diese Abstände sind mindestens genauso exakt wie die Quarzschwingungen einer gewöhnlichen Uhr.
Auf einem Planten, weit entfernt von Groß-A-Tuin, dem irgendein (natürlich nicht existenter) Schöpfer, vermutlich als Witz, die Form einer Kugel (*obwohl er sich bei der Oberflächengestaltung auf die standardmäßige, langweilige Geographie beschränkt hatte, bewies er erstaunliche Kreativität dabei, Naturgesetze zu erfinden, die verhinderten daß die Dinge von der Kugel herunterfielen.*) verliehen hatte, spielt man ein noch lustigeres Spiel: Erst verbringen die Rekruten ihren Tag in mehreren Ämtern (meistens wartend), dann werden sie zum Nachtdienst eingeteilt.
Wenn sie einschlafen kann man wenigstens ihr Gehalt kürzen, meinen die meisten Kommandeure.
Panther ließ seine Zähne noch einmal aufblitzen, faltete den Umhang sorgfältig zusammen und legte ihn sich über den Arm. Noch einmal schweifte sein Blick über das Gebäude, verharrte kurz, und kehrte wieder an eine bestimmte Mauerstelle zurück. Ein Fisch, in billiger, blauer Farbe gezeichnet prangte an der schmutzigen Wand.
Seine Augen verengten sich - zwar war die blaue Farbe eine erhebliche Verbesserung im Verglich zu dem üblichen Ankh-Morpork-Dreck, aber ein Fisch?
Gewisse Wörter die sich auf gewisse Bereiche des körperlichen Umgangs miteinander bezogen und im allgemeinen mit dem typischen Ankh-Morpork Humor in Verbindung gebracht werden hätten ihn nicht gewundert. Auch die klassischen Großstadt-Fresken: "- Bitte Namen einfügen - ist - bitte Beleidigung einfügen -" wäre ihm durchaus Normal erschienen.
Nun, die Stadt war ihm noch fremd, vielleicht war es ja eine Art Sitte, Häuser mit Fischen zu markieren. Oder irgendein Künstler hatte den Fisch während eines kreativen Anfalls gezeichnet.
Er kannte das Phänomen aus Ephebe.
Wohl eher doch nicht entschied Pan, bei genauerer Betrachtung. Es sei denn, eine derart miserable Zeichnung wäre in Ankh-Morpork Kunst. Er schüttelte den Kopf und katapultierte sich mit kräftigem Flügelschlag in die Luft.
Die charakteristischen Geräusche der Schatten (Argh!, Neinneinneinbittebittenich!, Wir dir ausrichten sollen, Herr Chrysropras sein sehr verärgert...) als er eine Runde über seiner Bleibe drehte. Das Unterfangen zweier, vermutlich freiberuflicher, Mörder ein Loch in die Kruste des Ankhs zu schlagen um eine dritte Person zu ertränken (*Vermutlich starb die besagte Person an einer akuten Vergiftung bevor sie ertrank, aber Leute mit Gewichten an den Füßen zu versenken war eben Tradition*) sorgte für kurzzeitiges Amüsement, aber Pan wollte sich nicht verspäten. Von oben gesehen bot Ankh-Morpork (zumindest Nachts) einen weitaus besseren Anblick, als er pfeilschnell über die Dächer hinwegschoß.
"Interessant!" murmelte er, "genauso belebt wie die Straßen"
Nach ein paar Fehllandungen im Ankh-Morpork-Dschungel und wesentlich mehr Flüchen landete er schließlich vor dem Wachhaus. Da der Wechsel von der Tag- zur Nachtschicht grade vonstatten ging, herrschte ziemliches Chaos...zumindest ein größeres Chaos als sonst. Interessanterweise verließen viele Leute das Wachhaus mit überraschend hoher Geschwindigkeit, die Neuankömmlinge jedoch schienen nach Überquerung einer unsichtbaren Grenze schlagartig langsamer werden.
Kurze Zeit später wußte er auch wieso!
Der Lärm wurde von einer besonders penetranten Stimme übertönt, eine furchtbare Stimme die an den Nerven kratzte und das akustische Äquivalent zu Schnappers Würstchen bildete. Eine solche Stimme besaßen, laut der narrirativen Gesetze, Putzfrauen die einen nach einer durchzechten Nacht um sechs Uhr morgens in einem Gebäude, von dem man nicht wußte wie man hereingekommen war, weckten.
"Frau Willichnich"! schoß es ihm durch den Kopf.
Am vorigen Tage hatte ihm ein bleicher, nervös zitternder Obergefreiter über diese ganz spezielle Plage der Wache und Welt im allgemeinen aufgeklärt.
"...ein Fisch, jawohl, ein Fisch wurde an meine Hauswand gemalt, und was tut die Wache dagegen?..."
Ein schwitzender, händeringender Feldwebel hatte sich hinter seinem Schreibtisch verbarrikadiert und versuche verzweifelt gegen den Redeschwall anzusprechen: "Natürlich schicken wir jemanden um sich daß anzusehen, ja auf jeden Fall....aber wir können... äh, nun wir können niemanden bestrafen, weil er einen... einen Fisch gemalt hat."
Ein Funke Hoffnung glomm in seinen Augen, als er Pan heranwinkte. Proportional zu der Hoffnung des Feldwebels wuchs das Entsetzen in Pan´s Augen als er nicht ohne ein gewissen Widerstreben zu dem Schreibtisch ging und Frau Willichnichs Wortschwall lauschte, der den Maler, die Wache und den Zustand von Ankh-Morpork betraf. (*Es sagte viel über die Frau aus, daß sie sich in Ankh-Morpork über einen Fisch an der Wand aufregte.*)
"Äh, ich glaube das ist wirklich nicht notwendig, Sör! Ich habe ebenfalls einen Fisch an meinen Haus entdeckt, Sör, ich weiß wie er aussieht, Sör!" stammelte er nervös, den Umhang zu einem Knoten windend. Die Hoffnung in den Augen des Feldwebels erlosch und mutierte zu blankem Entsetzen, in einer Geschwindigkeit die man bei Leuten erwartet, die feststellen daß das Licht am Ende des Tunnels von einem Hochgeschwindigkeitszug herrührt.
"Nein, nein, er wird sich der Sache bestimmt annehmen, weil....weil, vielleicht ist es ja ein anderer Fisch." beeilte er sich zu antworten wobei er Pan auf die Flügel klopfte und sein mechanisches Lächeln beibehielt. In diesem Fall, war es eher eine Maske des Grauens.
"Jawohl, Sör! Ich kümmere mich sofort darum, Sör!" antwortete er entsetzt. "Ich komme sofort Melady, ich muß nur noch schnell etwas erledigen." wandte er sich schwitzend an Frau Willichnich. "In zehn Minuten!" keifte sie. "In der Sirupminenstraße!" ließ sie in ihren dahinplätschernden Redefluß einfließen, als sie von einem außerordentlich taktvollem Troll nach draußen geleitet wurde. Dreißig Augenpaare starrten ihr erleichtert nach, als sie sich, immer noch plappernd, ihre Handtasche wie ein Krieger seinen Morgenstern haltend, entfernte.
Panther atmete tief ein und entschied augenblicklich daß er draußen die gelblichen Schwaden, die in Ankh-Morpork mit "frischer Luft" tituliert wurden, vorzog - die Luft in einem Raum mit vielen Menschen der kürzlich von Frau Willichnich besucht worden war, trug einen gewissen Geruch.
Ein rauchender Korporal stand in der Ecke und schaut philosophisch in den Nieselregen, als Pan heraustrat. "Ich würd´ nicht gehen." meinte er aus einem Mundwinkel. "Wird sie sich nicht beschweren?" fragte Pan verblüfft. "´türlich, aber sie kommt auf jeden Fall wieder um sich über irgendwas zu beschweren. Spielt keine Rolle für den diensthabenden Feldwebel, aber für dich! Also lasses bleiben, zahlt sich nicht aus. Kannst der Sache trotzdem nachgehen. Frag am besten mal beim Oberpriester des Blinden Io´s, Ridcully, an oder du fragst den Bibliothekar der UU."
Pan zog zweifelnd eine Braue hoch. "Muß ich zu den Tempeln gehen? Ich bin Atheist und -..."
Der Korporal schnaufte erschrocken und machte einen entsetzten Satz zur Seite, wobei er seinen Zigarettenstummel verschluckte.
"- - - -!" brachte er zusammen mit einer dünnen Rauchfahne heraus. "Der Stummel war praktisch ein alter Freund!" murmelte er abwesend. Dann wandte er sich den wichtigeren Sachen zu.
"Verflucht!" brüllte er, "es ist gefährlich unter freiem Himmel zu sagen daß man Atheist ist, wenn man nicht grade keramisch ist zumindest, verdammt!"
"Entschuldige, ich fürchte ich habe nicht dran gedacht, daß ihr nicht wieder aufsteht, wenn man einen Blutstropfen auf eure Asche fallen läßt" erwiderte Pan kleinlaut. "Ich flieg´ dann lieber mal zur UU."
* * *
Ein anderer Ort nahe den Docks. Nebel kroch vom Meer aus über die Docks, die Hafenviertel und schließlich über den Rest der Stadt, wobei er den gelblichen Dunst um eine weitere Schattierung bereicherte.
Ein aufmerksamer Lauscher hätte die Klänge eines disharmonischen, unheimlichen Chors vernehmen können. Aufmerksame Lauscher sind in Ankh-Morpork aber bekanntlich rar und vom Aussterben bedroht. Deshalb muß an dieser Stelle die Versicherung des Autors genügen, daß man es hätte hören können.
Nach einiger Zeit hätte besagter Lauscher einen entsetzten Schrei durch den Nebel hören können (für Ankh-Morpork sowieso nicht so ungewöhnlich), der natürlich in jedem Fall vergebliche Mühe ist. Wenn in einer Großstadt jemand um Hilfe schreit, fällt allen Passanten plötzlich eine wichtige Verabredung ein.
Wenn besagter Lauscher auch noch sehr couragiert gewesen wäre (unmöglich zu finden, solche Menschen sind bereits der Evolution zum Opfer gefallen),die glitschige Treppe hinuntergestiegen wäre und die kleine, schmierige Tür geöffnet hätte, hätte sich ihm folgende Szene dargeboten: Sieben, in dunkelblaue Roben gehüllte Personen standen an den Spitzen eines Heptagramms, eine achte Person ein Stück abseits. In der Mitte des Sterns stand ein tragbarer, Bel-Shambarothanischer Opferaltar.
Ein Mann, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, war daran gefesselt, sein Verstand war vor Angst bereits davongelaufen und hatte sich versteckt. Demzufolge sah er die Realität ohne die normalen Schutzfilter, ein Zustand den man sonst nur nach übermäßigem Genuß klatschianischen Kaffees erreichte.
Das wenige Licht wurde von großen, schwarzen, kunstvoll tropfenden Kerzen erzeugt, und die disharmonischen Klänge, die eine Gänsehaut an der Innenseite der Haut verursachten, schufen die passende Atmosphäre.
Es war traditionell!
Es war richtig!
Dann wurde die Dramatik von der abseitsstehenden Person ruiniert. "Ich sehe gar nicht ein, wieso ich schon wieder nicht an der Opferung teilnehmen darf!" maulte sie.
Der Chor geriet irritiert durcheinander und brach ab. "Nun sieh doch," begann eine Person mit leidendem Tonfall "wir können keine mystische Opferung mit acht Personen durchführen! Mit neunen, ja, oder mit sieben, aber nicht mit acht! Das tun nur verfluchte Zauberer, und wir sind keine Zauberer!"
"Verdammte Atheisten!" brummte eine Kapuze von weiter hinten.
"Nächstesmal, da ist Bruder Azeroth dran." versprach die erste Kapuze und machte ein Zeichen worauf der Gesang wiederaufgenommen wurde. "Warum kann Heribert nicht heute schon mit mir tauschen?" quäkte der Abseitsstehende wieder dazwischen.
Der Chor verstummte zum zweiten Mal.
"Weil Bruder Azeroth außergewöhnlichen Eifer bei der Verbreitung der Botschaft des Fisches an die Nacht legte!" entgegnete Kapuze Nr. 1 entnervt. "Und jetzt halt endlich deine Fischverfluchte Klappe und laß uns singen, verdammt!!"
Der Gesang wurde fortgesetzt.
"Aber-..." setzte der Abseitsstehende wieder an.
"BRUDER BELZETHAR; WENN DU NICHT SOFORT STILL BIST, HÄNGE ICH DICH AN DEINEN EIGENEN VERDAMMTEN DÄRMEN AUF!!!!" kreischte die Kapuze hysterisch und hielt mit zitternder Hand einen Kris hoch.
Eine andere Kapuze trat heran und flüsterte etwas in die Dunkelheit des Stoffes. "Ah, ja" murmelte Kapuze Nr. 1 und atmete tief und langsam ein. Dann trat sie mit erhobenem Kris zum Altar. Der Gesang wurde lauter, ekstasischer.
"...GRUMMELGRUMMELSEHEICHGARNICHTEINGRUMMELGRUMMEL.....GENAUSOEIFIRGWIEERGRUMMELGRUMMEL..."
Der Kris glitt über den gefesselten Mann, hinterließ rote Linien auf der Brust, die die wage Gestalt eines Fisches annahmen.
Der Mann schrie.
Dann zog die Kapuze an einem Hebel und eine Falltür öffnete sich unter dem Altar. Es quatschte als der Mann die Mülloberfläche durchschlug. Ein paar Luftblasen stiegen empor, dann war die Mülloberfläche wieder ruhig.
Die Falltür schloß sich mit einem endgültigen Knall.
* * *
Jemand schlenderte mit hängenden Flügeln durch die Sch..., durch das was Ankh-Morporks Straßen bedeckte zum Wachhaus. Derselbe Korporal stand noch in der selben Ecke, mit scheinbar dem selben Zigarettenstummel im Mundwinkel. "Na, was räscherschiert?" fragte er gelangweilt. "Ich fürchte meine bisherigen Ärmittlungen belaufen sich auf exakt ein Wort!" antwortete Pan niedergeschlagen. "Es lautet ."
Sein Gesicht hellte sich auf. "Dafür machts sich sicher gut im Bericht." grinste er. Der Korporal grinste zurück und setzte zu einer Erwiderung an. Dann wurde er schlagartig blaß und schoß mit hoher Geschwindigkeit davon. Pan wirbelte herum - und erblickte Frau Willichnich, die mit der selben unaufhaltsamen Unerbittlichkeit auf die Wache zu rauschte, wie ein Schlachtschiff auf einen Sampan.
Pan entschied sich zu einem metaphorischen Sprung über Bord (in die Luft in diesem Fall) und segelte mit der Eleganz einer Ente zur UU um noch einmal mit dem Bibliothekar zu sprechen.
* * *
Die unsichtbare Universität. Wenn der Mond kräftig genug gewesen wäre um durch Ankh-Morporks Dunstglocke zu scheinen, hätte man die altertümliche Architektur des riesigen Komplexes bewundern können. Doch so rührte das einzige Licht, ein unstetes grünes Glühen, von dem Forschungstrakt für Hochenergetische Magie her.
Die Zauberer haben im allgemeinen den selben Status wie Lehrer: Die Leute haben jemanden auf den sie schimpfen können wegen höherem Gehalt, (angeblich) mehr Freizeit und weniger Arbeit. Aber wenn die Leute gebeten werden sich dann doch bitte selbst mit Dingen aus den Kerkerdimensionen (oder Schülern) auseinanderzusetzen, erntet man nur betretenes Schweigen. In gewisser Hinsicht sind die Zauberer noch benachteiligter als Lehrer: Immerhin haben sie es mit Dingen zu tun die dort Tentakel haben wo man ansonsten das Gesicht erwartet und noch mit Studenten.
Einen von diesen schnappte sich Pan am Arm und schleifte ihn zur Bibliothek. "Würdest du bitte die "Ughs" für mich übersetzen?" fragte er höflich.
"Verpi-..." begann der Student. Pan lächelte (bzw. bleckte die Zähne - er begann sich an Ankh-Morporks Sitten zu gewöhnen).
Der Student verschluckte sich fast an seiner Zunge und trat einen Schritt zurück. "Natürlich, was immer ihr wollt, Herr!" sprudelte hastig hervor.
"Oh, vielen Dank, ich werde mich mit Freuden an deine Hilfsbereitschaft erinnern, wenn ich wieder jemanden brauche."
Hastig klopfte der Student an die schwere Tür und schluckte. Eine Klappe öffnete sich und ein verrunzeltes Gesicht füllte den Platz der Metallplatte aus. Die Metallplatte war ein wesentlich angenehmerer Anblick gewesen, und irgendwie fühlte sich Pan an den Korporal erinnert, nur daß der Bibliothekar statt einer Zigarette eine Banane im Mundwinkel hatte.
"Ugh?" (Du schon wieder? Was ist jetzt?)
"Ähm, ich wollte wissen ob du Bücher über Fischgottheiten oder die Religiöse Bedeutung von Fischen in deiner Bibliothek hast."
"Ugh!"
"Aber -..."
"Ugh! Ieek!"
Pan gab auf. "Du bekommst zehn Bananen und ich geb´ dir in der Trommel einen aus!" sagte er matt.
"Ugh!" erwiderte der Affe befriedigt und sein Gesicht verschwand. Kurze Zeit später wurde die Tür geöffnet und der Orang-Utan führte ihn zu einer Reihe von Büchern die in schwarzes Leder gebunden waren - zumindest nachdem er Pan von einigen angriffslustigen Büchern befreit hatte. Pan schlug wahllos einen der Buchdeckel auf und begann zu lesen.
* * *
Der Himmel über der Stadt hatte bereits das charakteristische Stahlblau kurz vor dem Sonnenaufgang angenommen. (Vom Boden aus sah man natürlich nur die übliche Ankh-Morpork-Dunstglocke)
Einige Leute von der Wache standen am Hafenviertel und beäugten kritisch die Leiche eines Mannes, dem ein Fisch auf die Brust geritzt worden war.
"Komische Sache, daß mit dem Fisch." meinte einer und warf einen Zigarettenstummel ins Wasser (Müll). "Frau Willichnich hat sich heute Nacht über son Ding an ihrer Hauswand beschwert." fuhr er fort und stieß mit der Stiefelspitze den eingeritzten Fisch an. "Was? Du meinen die Leiche vorher an Frau Willichnichs Hauswand genagelt war?"
"Nein, nein, ich rede von dem verdammten Fisch da!"
Panther kam keuchend herbeigeeilt. "Ich hab´ nich viel Zeit, die Sonne geht gleich auf! Wo ist der Fisch?" erkundigte er sich außer Atem.
Niemand antwortete.
Pan´s Blick glitt über den Leichnam. "Oh! Aber es bestätigt, was ich in den Büchern gelesen habe."
Der Zwerg musterte ihn desinteressiert. "Der Kommandeur erwartet dich übrigens." Pan warf ihm einen schafsäugigen Blick zu und sauste davon.
* * *
Kommandeur Rince beugte sich leicht über die Schreibtischplatte und fixierte Pan, der so grade stand, als hätte er eine Eisenstange verschluckt. "Meine Güte, ich frage mich wie er steht wenn er je zum Patrizier vorgeladen werden sollte!" schoß es ihm durch den Kopf. "Du meinst die Bewohner von Häusern auf die einer dieser Fische gekritzelt wurde sind potentielle Opfer?" fragte er laut.
"Jawohl, Sör! Die aufgefundene Leiche war mein Vermieter und an seinem Haus war ebenfalls ein Fisch. In dem Buch über Legenden aus dem Wiewunderland stand, daß wenn Groß-A-Tuin stirbt, sie/er in eine Art galaktisches Meer stürzt. Daher auch Weltuntergang. Wenn die Leute religiös genug gewesen waren, dann wird Groß-A-Tuin durch einen Fisch ersetzt, Sör!" beendete Pan seine Ausführungen.
Rinces Gesicht hellte sich auf, als ein Gedanke begann einen Großteil seiner zerebralen Kapazität zu beanspruchen.
"Du meinst....du meinst, Frau Willichnich könnte geopfert werden? In dem Fall solltest du noch ein paar Tage warten, bist du etwas unternimmst!"
"Jawohl, Sör!" tönte es und Pan verließt leise den Raum.
* * *
Es war wieder Abend. Wieder wallte Nebel vom Meer herein. Pan schlendert gedankenverloren die Docks entlang und lauschte dem leisem Glucksen der Welle die gegen die Stege schlugen. Sein Ziel war der kleine Strandabschnitt an dem man seinen Vermieter aufgefunden hatte, er wollte sich die örtlichen Gegebenheiten noch einmal anschauen. (Irgendein Wächter hatte die Umrisse mit Kreide auf die Mülloberfläche gezeichnet)
Er stoppte.
Disharmonische Klänge drangen an seine Ohren. Sein Schritt hielt inne und er legte den Kopf schief. Dann stieg er die Treppe herunter und ging auf die Tür zu, womit er bewies daß er zu den evolutionär rückständigen Spezies gehörte. Aber da er bereits tot wahr, spielte es keine große Rolle.
Die dem unsichtbaren Betrachter schon bekannte Szene bot sich ihm da, als Pan durch einen Spalt zwischen den Brettern lugte. Nur daß die vorher abseitsstehende Gestalt diesmal über und über mit schmutzigem Verbandszeug gefesselt (bzw. geknebelt) war und an einem Dachbalken hing.
Kapuze Nr. 1 hatte Schritte unternommen!
Ein schwarzbärtiger, kräftig gebauter Mann lag auf dem Altar, offensichtlich bewußtlos, denn er war nicht gefesselt. Er konnte nicht einfach so eintreten, entschied Pan.
Es wäre nicht traditionell!
Es wäre falsch!
Seine temporale Drüse flüsterte ihm zu, daß es bei einer solchen Gelegenheit unerläßlich war, die Tür aus den Angeln zu schmettern und dann mit gebleckten Zähnen und wehendem Umhang in den Trümmern zu stehen. Das war wichtig!
Das war Vampirhaft!
Um nicht zu sagen Vamyprhaft!
Seine Hand reagierte, ohne auf den Befehl des Hirns zu warten und schmetterte die Tür aus den Angeln. Die Roben fuhren herum und duckten sich als ihnen die Reste der Tür entgegenwirbelten. Pan trat mit gebleckten Zähnen einen Schritt vor, wobei sich der Umhang effektvoll bauschte.
Dann sendeten die Schmerznerven ihre Botschaft ans sein Hirn.
Die Tür war aus Eschenholz gewesen.
"Verflucht!" keuchte er und schüttelte mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Hand, wobei er versuche die Splitter aus dem rauchenden Fleisch zu ziehen. "DAS ist heute das wahre Opfer des Fischdämons!" brüllte die Führerkapuze ekstasisch. "Haltet euren Willen weiter auf die Beschwörung gerichtet!" Pan wirbelte aus dem selben Instinkt heraus herum, wie der, der dafür sorgt daß man weiß daß sich der Betonblock der über einem am Kran hängt gelöst hat ohne hochzuschauen. Die meisten Lebewesen verschwenden in dieser Situation wertvolle Zeit damit, nach oben zu blicken um sich zu vergewissern. (Besonders in Streifen, natürlich)
Nicht so Pan.
Er machte einen Hechtsprung, glitt von seinen Flügeln getragen ein ganzes Stück durch die Luft, schlug auf dem Boden auf und rollte sich ab. Ein Lichtblitz zuckte durch das Gebäude, der die Schatten förmlich verglühen ließ. Pan drehte sich, auf das schlimmste gefaßt, herum - und starrte zusammen mit sieben weiteren Augenpaaren verblüfft.
Man starrte ein wenig länger.
Sieben Augenpaare glitten ein Stück herunter.
Man starrte noch ein wenig länger.
"WAS STARRT IHR SO? NOCH NIE EINEN KOBOLD GESEHEN?" erklang ein leises Quieken.
Schließlich wagte Pan zu sprechen: "Äh, hübsch, ja ausgesprochen hübsch! Sieht nach einem.....Nanokobold aus."
"Hey, die Dinger kosten fast 300 Dollar!" kam eine dumpfe Stimme aus dem von der Decke hängenden Bündel.
Kapuze Nr. 1 stieß zischend die Luft aus. "Blasphemie!!!!" geiferte sie und sprang mit dem Kris in der Faust auf Pan zu. Pan´s Verstand war noch dabei die Erkenntnis Kris = Geweihte Waffe zu analysieren, als sein Selbsterhaltungstrieb den Hebel neben sich zog. Es quatschte als Kapuze Nr. 1 die Mülloberfläche durchschlug und herausfinden mußte daß es sehr schwierig war in einer dicken Robe zu schwimmen, besonders wenn einem ein tragbarer Opferaltar auf den Kopf fällt.
Die anderen Roben warteten.
Ein paar Blasen stiegen empor, dann war die Mülloberfläche wieder ruhig. Die Falltür schloß sich mit einem endgültigem Knall.
Die Roben schauten von der Falltür zum Nanokobold und dann zu Pan. Ihr Blick glitt zurück zum Nanokobold und dann wieder zur Falltür.
"Ich glaube da ist was schiefgelaufen!" meinte Pan, ekelhaft fröhlich. "Ich schätze ihr geht mal besser, Jungs." Dann lächelte er sein spezielles Lächeln.
Ein Passant (Naja, eigentlich ein Dieb, aber trotzdem ein Passant) sah zu seiner Überraschung sechs Personen in langen Roben mit hoher Geschwindigkeit eines der Gebäude verlassen. Zwei von ihnen trugen eine weitere, mumienartige Person die dumpfe Geräusche von sich gab. Der Dieb zog überrascht die Augenbrauen hoch; so etwas sah man nicht alle Tage, (außer im Odium) dann verließ auch er die Docks.
Wenn in Ankh-Morpork Personen vor irgend etwas davonrannten, so tat man gut daran es ihnen gleichzutun.
"Sind sie alle weg?" fragte Pan den Nanokobold.
"KEINER MEHR ZUSEHEN!" erwiderte dieser.
"Gut! Und jetzt brauch´ ich schnell ne´ verdammte Pinzette, verflucht, verflucht!"
Der Nanokobold kletterte auf Pan´s Schulter.
"HÜBSCHE WOHNUNG ÜBRIGENS, TOLLE ATMOSPÄHRE UND SO!" quiekte er. "ICH BIN ALAN, UND DU?"
Die beiden Stimmen verloren sich langsam in der Ferne, nur die eruptiven Flüche seitens Pan, hallten noch eine Weile nach...
Inmitten von Müll und Schlamm richtete sich Robe Nr.1 auf und betrachtete seine sterblichen Überreste.
"Oh!" murmelte er.
Eine dunkle Gestalt ragte plötzlich vor ihm auf.
"DU GEHÖRST MIR!" hörte er und sah wie eine dünne blaue Linie aus dem seltsamen Stock heraussprang....
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