Der Tag, an dem es Zwetschgenkuchen gab

Bisher haben 5 bewertet.Du hast schon bewertet!

von Gefreite Eleanore Gahdollie
Online seit 03. 10. 2015
Zeitmönche haben die Geschichte auf den 03. 05. 2015 datiert
PDF-Version

 Außerdem kommt vor: Goldie Beifuß

Wichtelgeschichte

Dafür vergebene Note: 10

Es war kurz vor 7Uhr und Eleanore holte sich noch schnell einen Kaffee, bevor Frau Willichnicht ihren täglichen Besuch machen würde. Die Stellung am Tresen, bis die keifende Frau ihren Auftritt haben wird, hielt solange Goldie. Nun war sie schon eine Weile bei der Wache und auch Ella hatte sich daran gewöhnen können, dass sie zwar ein etwas anderer Hund war, doch trotz alle dem ein Hund. Wenn sie Tresendienst in der Frühe außerhalb des Neumonds hatte, versteckte sie sich beim Eintreten Frau Willichnichts mit eingezogenem Schwanz hinter dem Tresen. Sie mochte es nicht, wenn jemand schimpfte, all zu oft bezog sie es auf sich, dabei versuchte sie doch wahrlich ein guter Hund zu sein.
Eleanore sah auf die Uhr über der Kantinentür und keifte nun ihrerseits den Kaffeedämon an: "Wenn du den Kaffee nich' schneller machst, spuck' ich für jed'n Tropf'n, den du nich' in den Becher gibst in den nächst'n Becher, und du weißt genau, wer sich um diese Zeit nach mir sein'n Kaffee...."
Aber es war zu spät. Durch die Wache gellte ein allen wohl bekannter Schrei: "Iih! Köter! Köter!, Überall Köter!, Nicht mal hier ist man vor ihnen sicher! Da will man sich über nen Köter beschweren, der vor meiner Tür rumstinkt und dann sitzen die auch hier rum!"
"Also echt ma, Frau Willichnich'", Ella schnappte sich den halb vollen Becher Kaffee, ohne sich um den entstehenden Überlauf zu kümmern und eilte in Richtung Tresen. Sie war sich dessen bewusst, dass sie nun ihrerseits die ganze Wache vollbrüllte, aber das war ihr in Anbetracht der sich in Gefahr befindenden Goldie egal, "das is' doch echt nich' so, als ob Se Goldie nich schon gesehn hättn. Sie is unser Wachehund - N HUND und kein Köter, und ein Teil der Wache.", und blieb wie angewurzelt in der Tür stehen. Der Blick, der sich ihr öffnete war: Frau Willichnicht, die mit knallrotem Kopf im Eingang stand und mit ihrem ausgestreckten spitzen Finger auf einen Hund zeigte, der dort ihr gegenüber stand und der nicht Goldie war, die ihrerseits zitternd unterm Tresen versteckt lag und Ella mit großen traurigen Augen anblickte.
Ella sah, wie Frau Willichnicht nun zu ihr blickte, die Brust mit Luft füllte, um ihre Beschwerde vorbringen zu können: sie verbitte sich, dass in so einem Ton mit ihr gesprochen werde, wer sie denn sei, dass sie sich beim Kommandeur über sie beschweren werde, völlig außer Acht lassend, dass die Beschwerden über Ella sich schon stapelten - doch sie kam nicht dazu. In dem Moment, in dem sie den Mund öffnete, tönte eine Stimme durch den Raum: "Das will auch ich meinen: Wir Hunde sind Hunde und keine Köter." Verdutzt vergaß Frau Willichnicht die gestaute Luft wieder auszuatmen, während ihr Blick panisch durch den Raum jagte.
Schmunzelnd und in Gedanken an die vielen Male, die Gaspode sie selbst schon nichtsahnend hinters Licht geführt und ausgenutzt hatte, nahm Ella einen Schluck ihres Kaffees und trat hinter den Tresen, nicht ohne Goldie aufmunternd am Maul zu kraulen und mitzunehmen. Wie lang würde es wohl dauern, bis Frau Willichnicht realisiert, dass die einzige mögliche Quelle der Stimme der andere Hund, Gaspode sein kann? Doch die Rationalität des menschlichen Denkens machte sich bemerkbar, als Menélaos Schmelz den Raum betrat. Sein Duft nach Safran ließ darauf schließen, dass seine eigentliche Absicht war, Eleanore über ihre der Uhrzeit unangemessene Lautstärke zurecht zu weisen. Der Anblick Frau Willichnichts ließ den Raum auf einmal nach Himbeere riechen und den Szenekenner auf der Stelle kehrt machen, zu seinem Unglück nicht schnell genug. Nicht weiter beachtend, dass Gaspode von WIR Hunden gesprochen hatte, nahm Frau Willichnicht an, die Quelle der Stimme in Menélaos gefunden zu haben und konnte nun doch noch ihre Beschwerde vorbringen: "Kein Wunder, dass Sie alle den Verstand verlieren, wenn sich diese Köter, äh Hunde, nein KÖTER bei Ihnen rumtreiben. Die sind doch voll von Krankheiten und Geziefer und jetzt liegen die überall in der Stadt rum und stinken. Sind bestimmt an ihren Krankheiten eingegangen." Bei diesen Worten fing Goldie an traurig zu fiepen, während Gaspode den Kopf hob und jaulte. Die Beschwerde war aber noch nicht fertig: "Überall liegen die rum, ich kann nicht mal mehr vor die Tür, ohne auf einen drauf zu treten, überall. Das geht so nicht, die müssen weg. Machen Sie die weg!" Mit diesen Worten verließ sie die Wache und ihr anhaltendes Gezeter war kaum noch zu hören, unter den von Trauer und Wut erfüllten Hundelauten, die Goldie und Gaspode von sich gaben. Der nun eintretende Duft von Melisse ließ die beiden wieder ruhiger werden, sowie die Aufmerksam, die Goldie durch Ella bekam, die sich zu ihr runter gekniet hatte, ihren Kopf in beiden Händen und sie hinter den Ohren kraulend beruhigend auf sie einredete. Währenddessen wand der Hauptgefreite sich an Gaspode mit der Frage, ob das der Grund sei, warum auch er sich im Wachhaus aufhalte, was für ihn doch recht ungewöhnlich sei. Der intelligente Hund fing sich seinerseits und wurde seiner Sprachfähigkeit wieder mächtig, als er den drei versammelten Wächtern von seinen Beobachtungen berichtete.
Auch ihm waren die toten Hunde aufgefallen, welche durch ihre hohe Anzahl das Stadtbild veränderten. Es ist ja nicht so, dass nicht immer mal wieder ein toter Hund am Straßenrand lägen, aber nun sei die Anzahl inzwischen so sehr gestiegen, dass sich ein Beruf daraus entwickelt hat, die Kadaver von der Straße zu entfernen. Die Wache stehe für die Rechte in der Stadt für die Menschen ein, wenn nun auch ein Hund unter den Wächtern ist, steht die Wache dann auch für das Recht der Hunde ein? Es breite sich doch inzwischen eine gewisse Angst unter den Hunden aus, ob man selbst wohl das nächste Opfer sein wird.
Nun war Goldie wieder voll ihn ihrem Wächterelement, stolz richtete sie sich auf und setzte sich so, dass auch jeder ihre Marke um den Hals sehen konnte, "Bell."
"Ja Goldie, du has' recht, wir sin' die Wache und die Wache kümmert sich drum", sagte Ella mit einem Blick auf Menélaos. Immerhin war er der Ranghöhere und eigentlich hatten Goldie und sie ja auch noch Tresendienst. Menélaos zögerte. Er war kein Abteilungsleiter, sollte nicht eine Abteilung zur Untersuchung hinzugezogen werden? Angefangen bei SUSI zur Tatort-Ermittlung? Aber dann war es ja nun doch so, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist, sondern Hunde. Fallen Hunde in den Schutzbereich der Wache? Die aufgeregt glänzenden Augen der beiden Gefreiten ließen ihm keine Wahl. Er schickte die beiden los, dem Hundesterben nachzugehen, während er vorerst den Tresendienst übernahm und die Vorgesetzten informierte.

Es roch nach Schweiß und anderweitigen Exkrementen - Stadt halt. Doch da war noch ein Duft, süßlich und doch bitter. Er war nur sehr schwach und kaum wahrnehmbar, doch ausreichend um von dem Wächter mit absolvierten Schnupperkurs bemerkt zu werden. Diesen Geruch kannte sie bisher noch nicht in der Stadt. Sie hob ihre Nase und schnupperte. "Komm schon, Goldie, wir hab'n doch 'nen Fall zu bearbeit'n.", Ella hatte nicht bemerkt, dass Goldie stehen geblieben war und stand schon ein paar Meter weiter neben einem auf der Straße liegenden Hund. Goldie ließ den Duft duften, darum konnte sie sich auch später noch kümmern, nun galt es ihr Wächterdasein unter den Hunden zu bestärken und das Sterben zu erklären, und lief zu Ella.
Bevor der andere, der sprechende Hund in den Gassen verschwunden war, hatte er ihnen noch gesagt, wo in der Nähe er einen toten Hund gesehen hatte und hatte Goldie als Neuling in der Stadt noch davor gewarnt nicht einfach alles, was sie auf der Straße fände zu beschnuppern oder gar zu fressen. Letzteres bestätigte auch Ella, immerhin wissen sie noch nicht, was der Auslöser des Sterbens sei. Goldie ist ja ein guter und sauberer Hund, sie frisst nicht einfach alles, was auf der Straße rumliegt, doch dieser süße Duft ist einfach so verführerisch. Wäre es was zu Essen, sie könne nicht dafür garantieren nicht wenigstens davon probieren zu wollen.
Der Duft ließ sie einfach nicht los, was auch daran liegen konnte, dass er stärker wurde, je näher sie dem toten Hund und Ella kam. War die Quelle des Duftes Ellas Beutel, wo sie immer etwas zu Essen drin hatte? Sie stand inzwischen mit einem Stock in der Hand über den Kadaver gebeugt und begutachtete diesen: "Also, durch äußere Gewalteinwirkung ist er nich gestorben. Ich kann zumindest keine Wunde feststell'n, die jetzt tödlich gewesen wäre. Außer halt die üblichen Wunden aus Kämpfen, aber bei dem hier sind die nich' tödlich. Der sieht eher so aus, als ob er so Kämpfe öfter gewonnen hat, als verloren." Während Ella weiter darüber palaverte, dass es doch seltsam sei, dass ein so kräftiger Hund einfach tot umfiele, hatte Goldie schon feststellen können, dass der Duft nicht aus Ellas Beutel kam. Der roch heute verstärkt nach Leber und Speck. Wahrscheinlich hilft Destructivus wieder im Schlachthaus aus, nachdem das mit dem Möbeltragen nicht so gut gelaufen war, auch wenn es noch besser war, als ständig nach Erbrochenem stinkend vom Menschentragen zurück zu kommen.
Leber und Speck rochen zwar verführerisch, aber Goldie wollte wissen, woher der süße Duft kam. Mit der Nase abwechselnd in der Luft und am Boden näherte sie sich immer näher dem toten Hund, bis sie sich sicher war, dass eben dieser die Quelle des süßen Duftes war. Wie kann das sein? Ihrer Erfahrung nach riecht Totes mitnichten so süß.
Nun galt es Ella darauf hinzuweisen, was nicht einfach werden würde. Ella war zwar lieb, aber nicht immer sonderlich helle, wenn Goldie versuchte ihr etwas mitzuteilen. Sie hatte mindestens drei Mondphasen gebraucht zu erfassen, dass der Golden Retriever und das blonde junge Mädchen bei Neumond ein und das selbe Wesen sind. Manchmal hatte Goldie den Eindruck, dass sie das auch wiederholt vergisst.
"Also ich geh' jetzt mal davon aus, dass der Hund direkt hier gestorben is', weil ich keine Schleifspuren sehen kann. Wobei, kann man Schleifspuren sehen, wenn das Opfer überhaupt nicht blutet? Also dann ja immerhin keine aus Blut, das muss ich mal genauer beobachten. Notiz in mich: kann man Schleifspuren sehen, wenn das Opfer nicht blutet?" Goldie war sich oft nicht sicher, ob Ella mit ihr oder mit sich selber sprach, entsprechend zuckte sie leicht zusammen, als Ella fragte: "Was meinst du Goldie?"
Wenn Ella direkt fragte, dann hatte sie immerhin schonmal ihre Aufmerksamkeit, um ihr ihre Entdeckung mitteilen zu können. Aber erstmal die Frage beantworten. Goldie schnupperte am Kadaver und daraufhin rund um den Kadaver herum. Den süßen Duft konnte sie abgesehen von der Quelle hauptsächlich in der Luft riechen und nur ganz leicht am Boden, wo er nur punktuell in eine Richtung hin zu riechen war. Mit einem Bellen bestätigte sie Ella ihre Vermutung, dass der Hund nicht hergeschleift ist oder wurde, sondern an der Stelle an der er lag umgefallen war. Nun galt es aber immernoch die abteilungslose Gefreite darauf aufmerksam zu machen, dass da dieser süßliche Duft war. "Bell, Bell", damit sollte Ella sich erstmal weiterhin auf sie konzentrieren. Goldie schnupperte am Hund und knurrte.
"Ja, Goldie, das is' 'n toter Hund, willst du mir sag'n, dass der umgebracht wurde? Aber woher weißt du das?" Goldie ahnte, dass das nun wirklich etwas länger dauern konnte und blickte sich um. "Bell, Bell!" Sie roch am Hund, knurrte und lief zu den Blumen, die in der Nähe zwischen den Pflastersteinen wuchsen. Sie schnupperte nun an diesen und drehte sich zu Ella, "Bell!"
Ella lief zu den Blumen, riss sie aus dem Boden und legte sie auf den Kadaver des Hundes. "Das ist eine schöne Geste, Goldie. Aber dir is' schon klar, dass der nich' auf der Straße lieg'n bleib'n wird?" Goldie jaulte kurz bevor sie Ella die Zähne bleckend anknurrte.
"He, was hab' ich denn bitte falsch gemacht? War das nich', was du wolltest? Aha, wohl nich', wenn du jetzt wieder am Hund riechst. Sieh's doch mal so, jetzt dürfte es wesentlich angenehmer sein an dem toten Tier zu schnuppern." Goldie konnte sich kaum fangen vor Bellen, hatte Ella es nun endlich verstanden?
"Is ja gut, Goldie. Hör auf zu Bellen. Also, jetzt wo du es sagst, irgendwie roch der Hund auch bevor die Blum'n auf ihm lag'n doch recht angenehm für ein totes Tier. Ich hab regelrecht Hunger bekomm'n, aber ich hab' auch noch nich' gefrühstückt. In der Kantine gibt's heute frisch'n Zwetschg'nkuchen." Knurrend rügte Goldie Ella dafür, dass sie an Essen dachte und den Fall darüber vergessen könnte. Der nächste Schritt vor Ort war nun zu erfahren, wo der Hund her kam.
Ohne auf Ellas Kuchenwunsch einzugehen, richtete sie ihre trainierte Schnuppernase auf den Boden und folgte dem punktuellen Geruch auf dem Boden. Ella blieb nichts anderes übrig als dem Wachehund zu folgen und vom Zwetschenkuchen vorerst nur schwärmend zu träumen, während sie mit ihrem Speckbrot vorlieb nahm.

Der Spur war leicht zu folgen, weil es keinen vergleichbaren Duft gab. So war Goldies Eindruck, bis sie den Duft auf einmal auch aus einer anderen Richtung wahr nahm. Nun brauchte sie alle Konzentration bei ihrer Spur zu bleiben. Normalerweise hätte sie jetzt allen Lärm ausgeblendet. Aber das war mit Ella in der Nähe gar nicht so einfach. Ihre Stimme war einfach zu hoch, als dass sie Goldie nicht in den Ohren schmerzte. Da hatte es auch nicht geholfen, als Goldie sie während einer Neumondphase darum bat in ihrer Gegenwart etwas tiefer zu sprechen. Vor Anstrengung und Konzentration hatte Ella einfach nochmal höher und dazu auch noch lauter gesprochen. In dem Fall hatte sich Goldie gefreut, dass Ellas Gedächtnis all zu oft ein Sieb ist und sie bald wieder in ihrer normalen Höhe sprach.
Um sich also auf ihren Duft zu konzentrieren, fing Goldie an, sich Gedanken darüber zu machen, woher dieser kommen könne. Die Blumen vorhin hatten erdiger gerochen. Dem neuen Geruch fehlte für einen Vergleich mit den Blumen die Frische im Duft. Woher nur kam diese Süße? Zuckerhaltiges ist zwar süß, aber auch dies riecht anders.
Während Goldie sich nun also auch gedanklich auf den Duft konzentriert und somit der eingeschlagenen Spur leichter folgen konnte, bemerkte sie, dass der Duft aus der anderen Richtung näher kam und nun auch aus anderen Richtungen zu riechen war. Erleichtert und dann verwundert erreichte Goldie einen Punkt, zu dem die Spur führte, und von dem die anderen Spuren sich weg bewegten. Hier roch es fast so stark, wie der tote Hund gerochen hatte. Goldie drehte sich im Kreis. Von diesem Punkt gingen 7 Spuren sternförmig weg, alle süßlich riechend, alle nach Hund riechend. Goldie suchte sich eine dieser Spuren aus und folgte nun dieser. Ella würde ihr schon folgen. Sie musste sich durch einige Beine und geschäftiges Treiben durcharbeiten, was ihr vorhin aufgrund ihrer hohen Konzentration gar nicht aufgefallen war. Sie mussten auf einem belebten Platz sein. Nun galt es aber, die nächste Spur zu verfolgen. Nach einigen hundert Metern wurde der Geruch wieder stärker.
"He, da liegt ja auch ein Hund", hörte sie Ella sagen, die sich auch schon mit einem Stock bewaffnete, um nun diesen Kadaver auf äußere Gewalteinwirkung zu untersuchen, welche auch bei diesem nicht zu finden waren. "Wie hast du den denn jetzt so schnell gefunden?", fragte Ella.
Goldie schaute sich um und bellte die auch hier in der Nähe wachsenden Blumen an. Ella riss auch diese wieder aus und legte sie auf den Kadaver. Erst dann merkte sie, dass Goldie auch hier wieder auf den Geruch verwiesen hatte. "Du meinst also, der Geruch verbindet diese Hunde? Kannst du die anderen denn auch über den Geruch ausfindig machen? Gaspode und Frau Willichnicht erwähnten doch die hohe Zahl an Todesfällen."
Das ließ sich Goldie nicht zweimal sagen, sie eilte zurück zu dem Sternmittelpunkt und vergaß dabei fast selbst, dass Ella nicht so schnell ist wie sie. Schwer atmend kam diese hinter ihr an und bemerkte nun doch, dass sie schonmal hier gewesen waren. "Willst du mich veräppeln? Hier war'n wir doch schonmal, führst du mich im Kreis? Ach nee, wir sind ja den selben Weg zurück gekommen, den wir eben gegangen sind. Mmh, du drehst dich im Kreis und gehst davon in verschiedene Richtungen weg, bellst und kommst zurück, um dich dort wieder im Kreis zu drehen. Goldie, wir haben doch keine Zeit jetzt hier zu tanzen...bell mich doch nicht so an. Achso, du meinst also, von hier geht der Geruch aus und am Ende dieser jeweiligen Richtungen, die du zeigst liegt ein toter Hund?" Dafür, dass Ella gerade noch ziemlich außer Atem war, redete sie inzwischen wieder ohne viel zu atmen und verstand doch verhältnismäßig schnell, was sie meinte, wunderte und freute sich Goldie. "Dann lass uns die Theorie mal bestätigen und einer dritten Spur folgen", schlug Ella vor, "aber bitte nicht so schnell".
Am Ende der Spur fanden die beiden tatsächlich einen toten Hund liegen, bzw. einen Troll, der den Kadaver in dem Moment auf eine Schublade schaufelte, in dem sie ankamen. Gerade noch rechtzeitig konnte Ella die nahebei wachsenden Blumen ausreißen und auf dem Kadaver platzieren. Die Theorie des Mittelpunktes wollte sie noch vier weitere Male bestätigt haben. Jedem Hund legte sie Blumen auf den Körper und notierte nach dem dritten Hund den Fundort, sowie die Entfernung zum Mittelpunkt. Nachdem sie den letzten Hund der Spuren gefunden hatten und sie somit einige Kilometer gelaufen waren, verlangte Ella nach einer Pause und einer Ergebniszusammentragung im Wachhaus. "Außerdem gibt es heute doch frisch'n Zwetschg'nkuch'n."

Im Wachhaus standen inzwischen zwei Rekruten hinterm Tresen. Sie nickten Ella und Goldie nur kurz zu, als diese in Richtung Kantine an ihnen vorbei liefen, um sofort nachdem sie den Eingangsbereich wieder verlassen hatten tuschelnd die Köpfe zusammenzustecken. In der Tür zur Kantine merkten sie dann was los war. Wütend hatte sich Rabbe über einen Tisch gebeugt und brüllte den ihr gegenübersitzenden Wächter an. "Du findest also gut, dass die ganzen Hunde sterben? Das sind Lebewesen, wie wir auch und sie haben ein Recht auf Leben, wie wir auch. Sie gehören ins Stadtbild und du kannst nicht behaupten, sie hätten uns nicht auch schon geholfen. Da ist es selbstverständlich, dass auch wir ihnen helfen, wenn sie extra darum bitten!"
Weiter konnten Eleanore und Goldie die Standpauke nicht verfolgen, da Senray auf einmal vor ihnen stand und sie hinaus in den Eingangsbereich drängte. "Hier ist also ei-eine heiße Diskussion ausgebrochen. Also, ob die Hunde unsern Schutz brauchen oder oder nicht. Aber das braucht euch jetzt nicht zu kümmern, also wie kommt ihr voran?"
Eleanore berichtete kurz und knapp von den Hunden, dass der Todesgrund keine äußere Gewalteinwirkung sei und sie alle von einem süßlichen Geruch umgeben waren, der aber nicht von den Blumen komme mit denen sie die Kadaver geschmückt hätten, den sie auch mitten in der Stadt gefunden hatten, sozusagen am Fluchtpunkt der sieben Fundorte. Sie zog die Notiz der Fundorte aus ihrer Tasche, dass sie ihr auch schon aus der Hand gerissen wurde. Menélaos, der sich mit anderen Wächtern aus der Kantine dazu gesellt hatte, um dem Bericht folgen zu können betrachtete Ellas Gekritzel genau und kam zu dem Ergebnis, das Ella auch schon vermutet hatte. "Die Fundorte sind alle gleich weit vom Ursprungsort entfernt. Genauso wie bei dem Punkt und den Fundorten, die Jargon heute morgen auf der Streife gefunden hat."
Eleanore nahm ihm die Notiz wieder aus der Hand und baute sich in der Mitte auf, neben ihr setzte sich Goldie mit stolzer Brust auf. "Dass es nun also auch an 'nem ander'n Punkt in der Stadt so is', spricht sehr dafür, dass die Hunde vergiftet wurden. Ich, äh wir, also Goldie und ich nehmen an, dass an diesem Mittelpunkt irgendetwas war, das das Gift beinhaltet hat, wahrscheinlich etwas essbares, was die Hunde zu sich genommen hab'n und dann auf Grund des Giftes verstorb'n sind."
"Bell", bestätigte Goldie den Vortrag und stubste Ella in die Seite, um sie an den Inhalt ihres Beutels zu erinnern. "Ach ja. An den jeweiligen Fundorten, wie auch am Vergiftungsort fanden wir diese Blume. Es ist recht ungewöhnlich, dass Blumen mitten auf der Straße wachsen, deshalb haben wir die Theorie, dass diese Blumen irgendwas damit zu tun haben."
"Das, also, ist keine ... keine allzu abwegige Theorie. Ihr also, ihr solltet da mal die Gilde der Gä..äh..Gärtner befragen.", schlug Senray vor.
"Äh, ich wollte eigentlich gerne noch was essen. Wir sind so viel gelaufen und ich brauch doch soviel Kraft und es gibt doch heute frischen Zwetschg'nkuchen.", versuchte Ella an ihren Hunger zu erinnern, während Goldie sie arbeitseifrig zur Tür hinausschob.

Nachdem die beiden Wächter gemächlich gelaufen sind, dass Ella ihr zweites Brot essen konnte, standen die beiden vor einem von Efeu und wildem Wein umrankten Gebäude in der Pfirsichblütenstraße. Nach einer kurzen Rücksprache untereinander stellten beide fest, dass weder der eine doch der andere viel Erfahrung im Umgang mit Gilden hatte. Wie auch, beide waren erst Gefreite, Goldie in der Ausbildung zum Vector bei den S.E.A.L.S. und Ella...naja, das ist eine andere Geschichte.
"All zu viel können wir ja nicht falsch machen, immerhin haben wir ja eine konkrete Frage", sprach Ella sich Mut zu und klingelte an der ihr am nächsten hängenden Schnur.
"Oh nein, was tun Sie denn da!", tönte eine Stimme von über ihnen. "Jetzt muss ich wieder von vorne anfangen. Wissen Sie eigentlich wie schwer es ist, Rankengewächse so zu führen, dass sie in einem reinen Bogen über der Tür wachsen? Jetzt wird ein Knick drin sein, weil Sie so fest gezogen haben und ich muss es ausbaden."
Verwundert sahen Goldie und Ella sich an. Keiner von beiden hatte bisher einen grün gekleideten Menschen gesehen, der so in den Ranken hing, dass man ihn kaum sah. Mit den Händen flocht er ein Seil behutsam in die Ranken an dem eine weitere Ranke entlang wachsen sollte, die er nun behutsam streichelte und ihr zuredete. "Ach meinen Hübsche, lass dich von so Unwissenden nicht durcheinander bringen. Du wächst schön weiter in der Richtung, die ich dir gewiesen habe, nicht wahr?" Da er auf jegliches Zurufen von Seiten Ellas nicht mehr reagierte, klopfte diese nun vorsichtig an die Tür, verängstigt erneut an einer falschen Schnur zu ziehen.
Vorsichtig wurde die Tür geöffnet und ein Stimme fragte, "ja, wie kann ich Ihnen helfen?"
"Wir haben eine Frage zu einer in der Stadt wild wachsenden Pflanze?"
Die Tür wurde aufgerissen und dahinter stand ein älterer Mann gekleidet in grün, mit grünen wasserdichten Stiefeln, einer ebenfalls wasserdichten Schürze, auf dem Kopf einen Strohhut und in der Hand eine gelbe Gießkanne. "Eine wild wachsende Pflanze in der Stadt? Das kann ich mir nicht vorstellen."
Ella griff in ihre Tasche und holte die Blume vom Fundort hervor. "Diese Pflanze habe ich heute an mehreren Plätzen in der Stadt gefunden. Sie wuchs zwischen den Pflastersteinen."
Der alte Gärtner riss Ella die Blume aus der Hand und blickte sie aus böse funkelnden Augen an. "Sie Mörder! Kein Verständnis für Leben! Komm du Hübsche, vielleicht kann ich dich noch retten. Immerhin war sie grob genug, dich mit Wurzel herauszureißen." Mit diesen letzten an die Blume gewandte Worte wendete er sich um und eilte fort. Dies sahen Ella und Goldie als Einladung an, immerhin hatte er ihnen die Tür nicht vor der Nase zugeschlagen, dank Ellas vorgestreckten Fußes, und sie betraten das Gelände.
Es war bunt und überall summte und brummte es. Im Hof waren verschiedene Beete angelegt, die jeweils von ein bis zwei Gärtnern betreut wurden. Anhand des Alters dieser und dem unterschiedlichen Zustand der Beete, die wohl alle gleich sein sollten, schloss Ella darauf, dass es sich um Gärtner in Ausbildung handelte. Goldie und sie beeilten sich, dem Gärtner von der Pforte zu folgen, als ihnen abrupt eine ältere Frau in den Weg trat. Auch sie war mit Schürze und Strohhut bekleidet. Das lange graue Haar hatte sie in einen Zopf gebunden und in den beschuhten Händen hielt sie eine Hacke und eine Schaufel. "Was denken Sie denn bitte, was Sie hier tun?"
"Wir folgen dem Gärtner von der Pforte. Er hat unsre Pflanze und wir wollt'n doch wiss'n, was das für eine is' und warum die mitten in der Stadt wachsen kann.", erklärte Eleanore ihre Anwesenheit.
"Aber doch nicht mit DEM da.", sagte die Frau und deutete mit einem nicht wohlwollenden Blick auf Goldie. "Der pinkelt hier nur alles voll und dann gehen unsere Pflanzen ein."
"Na hör'n Sie mal.", empörte sich Eleanore. "Wir sind von der Stadtwache, der Hund und ich. Goldie Beifuß ist ein Wächter und weiß sich zu benehmen."
"Ganz offensichtlich weiß er das nicht. Oder warum schnüffelt er hier herum?" Tatsächlich hatte Goldie sich schnuppernd von den streitenden Frauen entfernt, da sie einen seit heute sehr vertrauten Geruch wahrgenommen hatte. Sie achtete nicht weiter darauf, dass Ella nach ihr rief und dabei von der nach Erde riechenden Frau angeschrien wurde. Sie hatte ihre Spur gefunden und folgte dieser nun. Sie lief zwischen den Beeten entlang, sehr bedacht darauf keine Pflanzen zu beschädigen, immerhin waren sie ja in der Gilde der Gärtner. Dadurch störte sie auch die jungen Schüler nicht, welche sie deshalb auch ungehindert durch den Hof laufen ließen. Ihre Schnuppernase führte sie in eine Ecke des Hofes, wo zum einen ein Haufen war, wo die Gartenabfälle gesammelt wurden und zum anderen eine Hütte stand, aus der der süßliche Geruch strömte.
Als Ella und die zeternde Gärtnerin bei Goldie ankamen, bellte letztere die Tür an und kratzte mit den Pfoten auf dem Boden vor der Tür. "Sehn sie, nicht nur, dass sie mit ihren Exkrementen die Pflanzen eingehen lassen, nein sie müssen auch noch die Erde aufkratzen und in jedem Rasen Löcher hinterlassen."
Eleanore beachtete die tierfeindlichen Bemerkungen nicht weiter. "Was befindet sich denn in der Hütte hinter dieser Tür?" Mit dieser Frage stellte Goldie auch ihr Bellen und Scharren ein, Ella hatte schneller begriffen als gewöhnlich, dass hier etwas zu observierendes war.
"In der Hütte stellen wir Düngemittel her." Die Gärtnerin öffnete die Tür und führte die beiden Wächter ins Innere. "Dafür benutzen wir den Kompost von draußen, sowie Vogeldung. Aber wie es scheint, experimentiert Alfred wohl mal wieder. Es riecht anders als sonst, irgendwie süßlicher."
"Ich habe meinen Namen gehört?" sagte ein junger Mann, der aus dem hinteren Teil der Hütte kam. Er trug über seinen grünen Kleidern einen weißen Kittel und dazu Handschuhe, die fast bis zu den Ellenbogen gingen, sowie eine Schutzbrille über den Augen, welche er nun absetzte. "Ich stelle tatsächlich gerade ein neues Düngemittel her. Ein Kunde kam und bat um eines, das so stark sei, dass er zu seinen Kräutern im Steingarten auch Blumen züchten könne. Dafür musste ich etwas mehr von den Wundersamen untermischen, deshalb riecht es nun etwas süßlicher."
"Aber sind diese Wundersamen nicht der giftige Bestandteil im Dünger?", fragte die Gärtnerin entsetzt, was der junge Chemiker Alfred bestätigte und gleichzeitig damit abtat, dass er den Kunden darauf hingewiesen hatte, dass er den Dünger nur mit Schutzkleidung ausbringen dürfe und den Garten sofort gießen müsse, dass der Dünger direkt in die Erde käme und niemand durch das Gift zu Schaden käme. "Außerdem hat der Dünger durch den hohen Wundersamenanteil den schönen Effekt, dass aus ihm selbst heraus kurz nach dem Eindringen in den Boden, Blumen wachsen, wie diese."
Eleanore zuckte zusammen, ob nun durch den Anblick der wohl bekannten Pflanze oder durch Goldies Bellen, die die Pflanze ebenfalls erkannt hatte, ist dabei nebensächlich. Ella und Goldie hatten das Gift gefunden. Es war der Dünger. "Haben Sie den Dünger selbst auch verwendet? Und haben Sie ihn schon an den Kunden weiter gegeben? Dürften wir den Namen des Kunden erfahren? Und haben Sie den Dünger noch an jemand anderen verkauft?", überschlug sich Ella mit Fragen an Alfred.
Verwirrt blickte der junge Chemiker die junge Frau und den Hund an. "Ich habe den Dünger nur an diesen einen Kunden verkauft. Ich selber würde ihn nie verwenden, brauch ich ja auch nicht, wir haben hier die feinste Erde in der Stadt, da reicht unser üblicher Dünger aus Kompost und Vogeldung. Die Identität des Kunden kann ich Ihnen aber nicht so einfach preis geben, da könnte ja jeder kommen."
Während sich Goldie bellend streckte, um stolz ihr um den Hals hängendes Wacheabzeichen zu zeigen, kramte Ella ihres aus ihrer Tasche, um es dem Hund gleichzutun, natürlich ohne zu bellen. "Wir sind Gefreite Goldie Beifuß und Gefreite Eleanore Gahdollie von der Stadtwache Ankh-Morport und wir ermitteln in vermehrten Todesfällen, in denen Ihr Düngemittel wohl eine Rolle spielt. Jedenfalls haben wir an den Fundorten der Verstorbenen eben diese von Ihnen gezeigte Pflanze wachsen sehen. Dies dürfte Grund genug sein, uns den Namen des Kunden mitzuteilen."
Alfreds Blick änderte sich schlagartig weg von der Verwirrung hin zu Entsetzen und Eleanore konnte nur mit Mühe aus den stammelnden Worten erahnen, dass es sich bei dem Kunden um den Vater des Chemikers handelte, der in der Katzenschleckstraße wohnte.
Ella war unsicher darüber, ob sie Alfred allein lassen könne, oder ob er dann versuchen würde seinen Vater vor der Festnahme zu bewahren. Andererseits dauerte es ihr zu lange ihn zur Wache zu geleiten. Deshalb schrieb sie eine kurze Notiz mit allen nötigen Informationen, steckte sie an Goldies Halsband, schickte diese zum Wachhaus und wartete auf eintreffende Unterstützung, den jungen Chemiker als Zeugen ins Wachhaus zu bringen.

Goldie rannte so schnell sie konnte. Nun musste sie ja keine Rücksicht mehr auf die wackelnde kleine Ella nehmen. Wie ein goldener Blitz zischte sie an den Häusern vorbei, schlängelte sich durch diverse Beine und Wagenräder hindurch, bis sie im Wachhaus war, wo ihr die Notiz sowie das weitere Vorgehen abgenommen wurden. Auf dem Weg zurück zur Gilde mit Senray, um Ella und den Sohn des Verbrechers abzuholen, sowie eine Probe des vergiftenden Düngemittels mitzunehmen, hatte Goldie etwas Mitleid mit Ella, die nun den FROG-Einsatz zur Festnahme verpasste. Doch das vergaßen die beiden schnell, als sie nach Begutachtung des Festgenommenen und des sicher gestellten mit Dünger angereicherten Fleisches, zusammen in der Kantine saßen und gemeinsam Zwetschenkuchen aßen.



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Von Kanndra

13.10.2015

Ich muss sagen, die Motivation des Täters (wenn er denn einer war?) ist mir nicht ganz klar geworden. Hat er das Zeug absichtlich ausgelegt, aus Hundehass? Oder war es ein Versehen? Selbst wenn ersteres vorliegt, erscheint mir ein FROG-Einsatz aber doch ein wenig wie mit Kanonen auf Spatzen schießen. Oder mit einer MUT ;)

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung