Türchen 24 - Der letzte Tropfen

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von Hauptgefreite Rabbe Schraubenndrehr (FROG)
Online seit 02. 01. 2014
Zeitmönche haben die Geschichte auf den 31. 12. 2013 datiert
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 Außerdem kommt vor: Ophelia Ziegenberger

Besser spät als nie.

Diese Geschichte erhebt keinen Anspruch auf Logik, weiterhin wird Rabbe, zumindest zwischendurch, etwas überzeichnet dargestellt. War anders nicht möglich.

Chronologisch nach der Frog-Abordnung Rabbes.

Dafür vergebene Note: 9

Ophelia starrte nachdenklich aus dem Fenster. Es war Schneevatertag, einer der meist verbreiteten Feiertage überhaupt. Viele Wächter hatten sich frei genommen - es waren, trotz der statistisch extrem hohen Verbrechensrate in dieser Nacht, kaum Wächter im Haus, nur die Mindestbesetzung, davon überwiegend jene die dieses Fest ohnehin lieber vergessen wollten.
Ophelia gehörte normalerweise nicht dazu. Sie feierte diese Nacht normalerweise mit ihrer Familie. Ihrer Schwester Dschosefien, und ihren Eltern, und...
Sie seufzte. Rach hatte sie gestern erst besucht, ihr aber gesagt, dass er es wohl nicht schaffen würde, heute vorbei zu kommen. Sie konnte ihm das ja auch nicht verübeln - immerhin hatte er auch zu tun, und er besuchte sie schon überaus häufig.
Aber... Ophelia konnte ihn nicht besuchen. Sie war als Wächterin eine Gefangene im eigenen Wachhaus.
Sie seufzte und stand auf. Solche Gedanken halfen ihr nicht weiter... sie brauchte dringend etwas um sich zu beschäftigen - also ging sie in die Kantine hinunter.

Rabbe Schraubenndrehr kaute an einem Stück kalter Pizza. Sie saß noch immer über einem Report über den Fall mit den Nadelzeichenigeln - Das ganze hatte soviel Aufsehen und Ärger hervorgerufen, dass sie unendlich viele Akten zu Rate hatte ziehen und mindestens genauso viele Leute hatte befragen müssen. Mit der Aktenarbeit hatte sie im Grunde die ganze Nacht verbracht. Damit hatte sie an sich auch kein Problem - tatsächlich war sie nahezu ununterbrochen für den Dienst der Schneevaterzeit eingeteilt - es war die Übereinkunft getroffen worden, dass sie zwischnedurch mal ein bis zwei Stunden schlafen würde, aber mehr wohl nicht, denn schließlich.. Schließlich hatte Rabbe keine Familie in der Stadt, weshalb sie gerne den Dienst für andere übernahm.
Rabbe schrieb eben ein Detail über den Kobold in der sechsten Straße nieder, als ihr Magen unangenehm grummelte.
Sie hatte seit 3 Stunden keinen Kaffee mehr gehabt...
Der schielende Blick richtete sich auf den Kaffeedämon hinter ihr, aber ihre Vorräte waren erschöpft. Die Hauptgefreite seufzte. Sie würde wohl doch in die Kantine hinunter müssen... wenigstens hatte sie im Augenblick das Büro für sich allein - Hatscha und Remedios waren für den Tag beide außer Haus.
Ophelia schrubbte. Sie hatte schon vor einigen Wochen eine Absprache mit Mamsell Piepenstengel getroffen, dass sie gelegentlich Dinge aushelfen würde - den Boden schrubben, Tische wischen, Maschinen reinigen - und sie dafür die Küche mit benutzen dürfte. Im Grunde war die Wächterin damit ganz zufrieden - nicht, dass sie so scharf aufs Putzen gewesen wäre, aber... rund um die Uhr in diesem Haus eingesperrt zu sein, ohne Möglichkeit auf Fallbeteiligung oder irgendetwas anderes als Archivarbeit, langweilte sie zu tiefst. Natürlich wurde dauernd an einer Lösung für ihr Problem gearbeitet, aber... wann genau es soweit sein würde, war noch unklar.
Eben scheuchte sie den Kaffeedämon aus seiner Maschine in einen kleinen Aufbewahrungskäfig und begann mit dem Reinigen des Geräts. Natürlich gab es eigentlich das Automatikprogramm, dem Dämon einen Eimer Putzwasser und einen Lappen geben damit er die Maschine selbst reinigte - doch Ophelia bevorzugte es dieser Tage immer, so etwas selbst zu machen. Nicht nur wiel sie dadurch länger brauchte, sondern auch, weil sie immer der Ansicht gewesen war, dass es einem nicht schadete mal etwas mehr praktisches Verständnis für den Aufbau solcher Apperaturen zu haben... Ganz zu schweigen davon, dass dieser Dämon nicht der gründlichste war.

Hinter ihr wankte eine müde Gestalt mit verkniffenen Augen durch die Tür, ein Stück klatschianische Affenspinnen-Pizza in der einen, eine kleine Kanne in der anderen Hand.
Rabbe trat langsam auf die Kaffeemaschine zu. Sie nahm die rot gekleidete Gestalt die davor irgendetwas zu machen schien nur vage wahr, und bevor sie auch schon weiter nachdenken konnte, hatte ihr Körper schon reagiert; Die Kanne wurde abgestellt und die Hand erhoben um dem anderen Wächter auf die Schulter zu tippen. "Hey, lässu mich mal an die Kaffeemaschine?". Rabbe Gehirn klopfte an ihr Bewusstsein an und versuchte es aufzuwecken. Vernüftig zu denken war absolut kein Problem gewesen, die ganze Nacht nicht...aber... richtiges soziales Interagieren? Das Bewusstsein schien damit überfordert, und hielt es auch für überflüssig, solange,-
Ophelia drehte sich um. Sie hatte an der Stimme gleich erkannt, dass es Rabbe war, und in ihr zog sich alles ein wenig zusammen. Sie wusste, dass Rabbe ein Problem damit hatte, dass sie sich nun mit Remedios ein Büro teilen musste, ganz davon abgesehen, dass sie sicher war, dass die Hauptgefreite seit Ophelias Wegfallen als Teil der Abteilung sicher noch weit mehr zu tun hatte.
Eine Konfrontation mit ihr sollte in diesem Moment um jeden Preis vermieden werden. Wenn Ophelia an so einem offenen Ort starke Emotionen hätte... nicht auszudenken...
Als Ophelia sich nun umdrehte und Rabbe kurz ansah, in der Absicht sich gleich für ihre Blockierung der Maschine zu entschuldigen und dann die Reinigung einfach schnell durch den Dämon beenden zu lassen, stockte sie bevor sie irgendetwas sagen konnte.
Rabbe sah aus als hätte sie eine Woche lang nicht geschlafen - tiefe Augenringe zogen sich in die wächsern wirkende Haut. Der Blick der Schwarzhaarigen war zunächst distanziert, wurde aber deutlich klarer und schärfer als Rabbe die Rothaarige erkannte und ihrer Kehle unwillkürlich ein raues Knurren entwich.
"Ich... Tut mir Leid Rabbe, ich war gerade am reinigen. Ich lasse es den Dämon gleich fertig machen, dann kannst du dir gleich etwas Kaffee holen...", sagte Ophelia unsicher, öffnete den kleinen Käfig und scheuchte den Dämon zum Apparat zurück, drückte ihm einen Lappen und ein Becher Reinigungsmittel in die Hand damit er das Gerät schnell funktionstüchtig machte. Während dieses Vorgangs wollte sie den Blick eigentlich gesenkt halten - konnte jedoch nicht verhindern, dass sie gelegentlich das Gesicht der Hauptgefreiten musterte, die weiterhin nur leise knurrte.
Ophelia sammelte ihre Putzsachen kurz zusammen, wollte in die Küche verschwinden, hielt sich dann aber doch noch einen Moment auf. "Rabbe... ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst etwas... mitgenommen aus."
Rabbe sah sie kalt, aber nun sehr direkt an. "Das. Täuscht.", sagte sie in knappen, fast bösartigem Tonfall und drängte sich zur nun gereinigten Kaffeemaschine. Ophelia überlegte, ob sie noch kurz etwas dazu sagen sollte, entschied sich dann aber dagegen.
Eigentlich sollte sie den Kontakt zu anderen ja ohnehin so weit wie möglich meiden.

Stunden später wischte Ophelia gemütlich den Flur im dritten Stock. Hier war im Grunde nie etwas los, auch an normalen Wochentagen nicht, und heute erst recht nicht - wer würde am Schneevatertag denn auch auf die Idee kommen, einen Besprechungsraum zu buchen?
Eben putzte sie vor dem Besprechungsraum Nummer eins, als sie ein lautes Geräusch hinter sich hörte. Ophelia drehte sich rasch herum, doch dort war niemand.
Da ertönte es wieder.
Ein Krachen und Knarzen, als würde Holz langsam zerbogen und zerbrochen.
Die Wächterin ging dem Geräusch nach kurzem Zögern einen Moment lang nach, und stellte mit einem leichten Schaudern fest, dass es aus dem ehemaligen Zimmer Rascaal Ohnedursts zu kommen schien.
"DU! VERDAMMTER! ELENDER! MISTERL-SOLLST-ZUR-HÖLLE-FAHREN!!", hörte sie da auf einmal jemanden rufen. Sie fuhr erschrocken zusammen und überlegte fieberhaft, wie genau sie nun am besten vorgehen sollte, als ihr bewusst wurde, dass wer auch immer hier sein Unwesen trieb, mit Sicherheit ein Wächter war. "Also einfach durchatmen, alles zusammen packen und einfach unten weiter machen. Wahrscheinlich reagiert sich nur jemand ab...", dachte sie sich, zumal ihr nun schien, dass die Geräusche eigentlich doch aus dem Besprechungsraum kamen.
Sie richtete ihre Sachen zusammen während sie wieder pochende, knuffende Geräusche hörte - bis hin zu dem Geräusch als ob jemand zu Boden geworfen worden wäre.
Ophelia schluckte. Vielleicht reagierte sich hier auch nicht nur jemand alleine ab. Es hatte eben verdächtig danach geklungen als wäre jemand zu Boden gestürzt worden.
Sie lauschte, und hörte erneut ein passendes Geräusch: Jemand wurde über einen Fußboden geschleift. Aber wo kam da Geräusch genau her? Es war eindeutig in den näheren Räumen, aber welcher? War es wirklich der Besprechungsraum, oder doch ein anderer? Und sollte ausgerechnet sie es wirklich überprüfen?
Ophelias Blick huschte zwischen Besprechungsraum und Rascaals Raum hin und her, und sie traf eine Entscheidung.
Wachhausarrest hin oder her - heir ging etwas nicht eben vorschrftftsmäßiges vor, und sie würde herausfinden, was es war.
Die Wächterin ging auf den Besprechungsraum zu, streckte die gesunde Hand nach der Tür aus und konnte gerade noch zurückweichen als Rabbe selbige aufriss und ihr verwirrt und verärgert entgegen trat.
"Du. Wieder.", knurrte die Hauptgefreite verärgert.
"Rabbe!", entfuhr es Ophelia völlig überrascht, hatte nun aber das Gefühl sich ohrfeigen zu können weil sie nicht darauf gekommen war, dass es sich eigentlich nur um sie hatte handeln können. Wer sonst würde um diese Zeit überhaupt irgendwo anders als in seinem Büro oder auf Streife unterwegs sein?
"Eventuell ein rangniederer Wächter der versucht einen Vorgesetzten zu ermorden...", fuhr es ihr spontan durch den Kopf, fühlte sich dafür aber gleich fürchterlich, weil sie ein derartiges Misstrauen an den Tag legte.
Rabbe fixierte die Rothaarige indes einen Moment lang mit bösem Blick, drängte sich dann aber ohne ein weiteres Wort an ihr Richtung Treppe vorbei.
Sie zog einen Boxsack hinter sich her.
Ophelia schaute ihr leicht beschämt nach. Rabbe hatte nur in Frieden trainieren wollen - und sie hatte sich gleich überlegt, dass sie hier womöglich jemanden umbrachte. "Aber", fügte ihr Verstand hinzu, "Anzeichen dafür gab es ja auch. Ich konnte es nicht wissen, und sie hätte ja auch einen Zettel an die Tür hängen können..."
Leicht missmutig machte Ophelia sich wieder ans Putzen.
Hoffentlich würde sie Rabbe heute nicht nochmal auf die Füße treten.

Rabbe schnarchte. Sie war im Augenblick im Grunde für Rund um die Uhr eingeteilt, doch in diesem Moment.. hatte sie ein paar ihrer Pausen auf einmal genommen und machte Mittagsschlaf unter ihrem Schreibtisch. Der Kopf lag am dunkelsten Platz, in der Ecke des dunklen Kastens, die langen Beine ragten seitlich ein wenig hinter dem Holzungetüm hervor.
Es war drei Uhr Nachmittags, und mit fürchterlichem Krach barst Rabbes Fenster und ein riesiger Vogel taumelte in ihr Büro, gefolgt von mehr Tauben als die Wache theoretisch besitzen dürfte.
Aus reinem Reflex war die Wächterin sofort aufgesprungen - hatte sich den Kopf am Schreibtisch gestoßen, hatte sich aufgerichtet - und wurde von Vögeln nieder geworfen.
Ein riesiger brauner Vogel [1], war der Wächterin in den Rücken gesprungen und krallte sich dort einen Moment geifernd fest, bevor er sich abstieß und aus dem zerborsteten Fenster wieder nach draußen flog.
Die Tauben blieben.
Rabbe stand einen Moment lang völlig still da und ließ die Eindrücke sacken. Ihr Fenster war völlig zerstört. Das Glas überall auf dem Boden. Um sie herum mindestens Zwei dutzend Tauben. Alles voller Taubenkot.
Und ihr Kaffeedämon sah recht kaputt aus.
"GOTTVERFLUCHTE FEDERVIECHER!", brüllte die Ermittlerin aus voller Kehle, riss die Tür auf, packte zwei Tauben grob und warf sie aus dem Zimmer. Die weiteren wurden ebenso grob nach draußen gescheucht während Rabbe fortfuhr, Obszönitäten in Richtung der Flugtiere zu brüllen.
Sie hasste solche Vorfälle.

Das Stroh war gegen frisches ausgetauscht, der Kot ausgekehrt worden. Die Sitzstangen grob abgeschrubbt.
Ophelia blickte sich zufrieden um. Derzeit waren nur sehr wenig Tauben anwesend, darum war der Taubenschlag sehr einfach zu reinigen gewesen.
Die Wächterin klopfte sich ein paar Federn ab und sammelte die Reinigungsutensilien wieder ein. Nachdem sie nun auch hier sauber gemacht hatte, würde sie sich wohl erstmal eine andere Beschäftigung als aufräumen suchen müssen. Das jemand heute mit ihr ein paar Experimente machen würde, hielt sie für eher unwahrscheinlich.
Sie öffnete guter Dinge die Tür und sah sich mit einer größeren Menge Tauben konfrontiert.
"DA! DA SOLLT IHR HIN UND JETZT REIN DA IHR GOTTVERFLUCHTEN FEDERHUREN!", brüllte es Ophelia entgegen sodass sie einen Moment unsicher war, ob ihre Ohren wieder ganz auf gehen würden [2].
"Rabbe? Was ist los?", entfuhr es ihr hilflos, doch da kam Rabbe bereits die Treppe hinauf: Übersät mit Taubenkot und Federn, offensichtlich relativ wütend schob sie die Tiere in den Raum. Die auf der Treppe verbliebenen sammelte sie nach und nach auf und warf sie ebenfalls in den Raum zurück, wo manch eine Taube gleich wieder den Abflug machte.
"Was los ist? Was los ist? Alles ist los! Du bist los! Tauben sind los! Remedios und diese verdammten anderen Viecher sind los! Alles klar jetzt? Gut, dann HÖR AUF MICH ÜBERALL ABZUPASSEN!", rief Rabbe, rasend vor Zorn und Taubendreck. Sie ließ der anderen keine Zeit für eine Erwiederung sondern stampfte alsgleich zornig aus dem Raum, wo sie eine bedauernde Ophelia zurück ließ.
Diese sah Rabbe traurig nach und versuchte dann, die Tauben ganz in den Raum zu treiben.
Sie wünschte, sie könnte Rabbe irgendwie helfen, ihr erklären dass es ihr Leid tat, dass die Ermittlerin ihretwegen mit Remedios in ein Büro hatte ziehen müssen, und einfach... mit ihr reden. Es fehlte der Rothaarigen sehr, sich einfach mal normal unterhalten zu können. Natürlich konnte sie mit Eingeweihten relativ normal reden, im begrenzten Maße natürlich - immerhin konnten andere dafür nicht wirklich mit ihr reden. Smalltalk war natürlich noch immer in Ordnung und über Wacheirrelevantes konnten sie auch reden, aber... Ophelia konnte eben nicht mehr einfach normal für jeden beliebigen Wächter da sein.
Seufzend kehrte sie die Treppe ab. Mit etwas Glück würde diese ganze Sache ja vielleicht doch plötzlich ein unerhofft schnelles Ende nehmen - so etwas konnte man vorher nie wissen.



Einige Stunden später verließ Ophelia ihr Zimmer, spät am Abend. Ein vornehm gekleider Herr hatte ihr die Tür geöffnet, und folgte ihr nun auf dem Fuße. Er hatte es wirklich erst recht spät hierher geschafft - natürlich hatte er nie die Absicht gehabt, Ophelia ausgerechnet diesen Abend wirklich ohne seine Anwesenheit verbringen zu lassen, aber... auch er hatte nun einmal seine Verpflichtungen. Manchmal konnte er trotz all seiner Fähigkeiten doch nicht alles bewerkstelligen was er wollte, wann er es wollte.
Sie gingen gemäßigten Schrittes Richtung Wachhaustür, wo sich ihre Schritte trennen würden. Ophelia hatte den gesunden Arm um seinen gelegt und sie gingen in einträchtiger Stille ihre Weg, bis sich die Rothaarige in Sichtweite des Tresens unwillkürlich enger an Rachs Arm klammerte. Er blickte sie verwundert an, sah dann aber die große, schwarzhaarige Wächterin am Tresen stehen und zählte zwei und zwei zusammen. Natürlich hatte Ophelia ihm von ihrem Tag erzählt, und was sie nicht gesagt hatte, war von ihm erahnt worden.
Diese Wächterin war nicht besonders freundlich zu seiner Freundin gewesen.
Er blickte die Rothaarige aufmunternd an und sie liefen weiter. Ophelia wollte eigenltich lieber so weit wie möglich von Rabbe entfernt den Raum passieren, doch Rach steuerte gegen und schien bestrebt zu sein, möglichst dicht an ihr vorbei zu gehen.
Die Rothaarige schluckte. Sie war sicher, Rach würde die andere nicht konfrontieren - sofern irgendwie möglich hatte er sich bisher vor anderen immer zurück gehalten um ihre Autorität nicht zu untergraben, - aber was hatte er dann vor?
Als sie am Tresen ankamen blieb Rach so unvermittelt stehen als wäre eine Wand vor ihm gewesen. Ophelia verlor fast das Gleichgewicht, und sie hatte das Gefühl, einen gewaltigen Kloß im Hals zu haben als sie sah, wie Rabbe, in dem Moment als sie ankamen, sich langsam auf die Seite drehte und das junge Paar aufmerksam musterte. Sie schien seit der letzten Begegnung mit der Rothaarigen doch noch einmal geschlafen zu haben, denn ihre Augen blitzten wach und aufmerksam.
Sie musterte Rach sehr genau.
Ihre Augen verengten sich.
"Einen Schönen Guten Abend.", sagte Rach freundlich, und nickte Rabbe zu. Das Paar blieb kaum für eine Sekunde stehen, doch innerhalb dieser schienen Rach und Rabbe beide genaueste Notiz von einander zu nehmen, und in dem kurzen Moment zwischen den jeweiligen Grußformeln glaubte Ophelia die Luft gespannt blitzen zu spüren.
Rabbe neigte den Kopf einen Millimeter. "Guten Abend.", erwiderte sie, und damit war der Moment vorbei. Rach wurde von Ophelia zur Tür gebracht, sie verabschiedeten sich und die Rothaarige machte sich auf den Rückweg. Von Rabbe war am Tresen nichts mehr zu bemerken. Die Wächterin nickte dem wachhabenden Rekruten aufmunternd zu und lief die Treppe hinauf.

Als sie im zweiten Stock durch den dunklen Gang auf ihr Zimmer zu lief, hörte sie hinter sich Rabbes Stimme:"Ich hatte bis zuletzt eigentlich nicht geglaubt, dass du wirklich eine Verräterin bist."
Ophelia hatte das Gefühl als würde sich ein Eiszapfen den Weg durch ihre Kehle schneiden. Sie drehte sich um.
Rabbe stand an der Wand, einige Meter von der Rothaarigen entfernt. Das flackernde Licht einer Fackel kam von irgendwo hinter der Hauptgefreiten.
"Wie meinst du das?", brachte Ophelia hervor, wohl wissend, dass sie eigentlich keine tiefer gehenden Konversationen mit anderen führen sollte.
Rabbe stieß sich von der Wand ab und blickte sie düster an, ihre Augen im Schatten verborgen. "Ich konnte nicht sagen, was mit dir passiert ist, aber ich konnte bisher nicht glauben dass du wirklich eine Verräterin bist, trotz dem, was ich von manchen hörte, und dem, was ich beobachtete. Aber... Dass du dich wirklich mit so einem Kerl einlässt, zeigt mir doch recht deutlich, dass sich so einige doch in dir getäuscht haben." Rabbe nahm einen Schluck aus einer kleinen Flasche. "Hoffe, ihr habt noch viel Spaß zusammen."
Ophelia stand wie erstarrt, während die Worte der Hauptgefreiten in sie sanken und ihre Bedeutung kleine Blüten der Trauer trieben. Sie wollte etwas rufen, doch ihre Stimme versagte ihr. Indessen stieß Rabbe sich von der Wand ab und stieg die Treppe wieder hinab.
Ophelia schluckte trocken und ging in ihr Zimmer zurück.

Am Wachhaus lief ein Vampir vorbei, der sich plötzlich sehr traurig und verletzt fühlte.
Und er wusste nicht warum.
[1]  genauer gesagt ein Klatschianischer Kondor, aber das wusste Rabbe nicht

[2] Wäre die gute Ophelia eine Zeichentrick-Figur, hätte sie Rabbes Geschrei eben völlig davon geblasen




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Feedback:

Von Daemon Llanddcairfyn

07.1.2014

Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichte a.K. gelaufen wäre. Es "passiert" ja nicht wirklich etwas, was eine Bewertung schwer macht.

Von Ophelia Ziegenberger

02.1.2014

Vielen Dank für diese kurzen Szenen, in denen Du Rabbes und Ophelias Aufeinandertreffen in der aktuellen Situation aus deiner Sicht schilderst. Ich hatte mir diese Perspektive sehr gewünscht und bin trotz aller böser Ahnungen überrascht, wie heftig die Beziehung der beiden von achtungsvoll zu verhasst umgeschlagen ist. Ich bin überaus gespannt, wie sich das noch entwickeln wird. :-)

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