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5
Dafür vergebene Note: 10
Eines Abends, in der Kantine...
„Und ich sage dir... du hast gar keine Ahnung wie so etwas geht! Für richtige Zimtsterne, RICHTIGE sag ich... da brauchst du vor allem eine Menge Vanille!“
„Vanille? Du spinnst doch... Aspik reicht da völlig. Die Hauptsache bei der ganzen Sache ist außerdem ohnehin der Zimt. Heißen schließlich Zimsterne, nicht Aspiksterne. Wäre ja auch ganz glibberig sonst.“
„Vanille!“
Rabbe rührte gedankenverloren in ihrem Kaffee herum und lehnte sich dann zurück, ehe sie die Augen schloss und die ganze Tasse langsam in ihren Mund goss. Was diese Rekruten nur wieder für Probleme hatten. Zimtsterne... Und ob da Aspik hinein kam... und das wo die Rekruten doch mindestens... wie alt waren?
Rabbe richtete einen müden Blick auf die Streitenden. “Sie sollten wenigstens achtzehn sein, sehen dabei aus wie sechzehn und verhalten sich wie Dreijährige.“
Die Ermittlerin goss sich Kaffee nach.
“Wenn ich mir das überlege... Backen sollte man wirklich schon viel früher lernen... viel.. früher...“
Gemütlich schloss sie für einen kurzen Moment die Augen und ließ die Gedanken schweifen.
26 Jahre zuvor, Überwald
„Bist du soweit fertig, Rabbe?“
„Jaaaa-aa.“, maulte das kleine Mädchen und kam rotwangig und offensichtlich verärgert in die Küche. Sie hatte ihre Backkleidung angezogen die ihre Mutter für sie angefertigt hatte angezogen – das hieß für sie, ein blaues Kleid aus festem Stoff und eine lange, rüschchenverzierte Schürze. Ihre Mutter hatte (nach eigener Aussage) einen guten Teil ihres eigenen Ersparten für das Material hingeblättert, weil ihr 'nichts zu gut' für ihre ältere Tochter war... aber Rabbe wäre glücklicher gewesen in einer Hose aus Leinensäcken zu arbeiten.
Sie mochte keine Kleider.
„Also Rabbie. Heute will ich dir etwas beibringen was ich auch von meiner Mutter gelernt habe, und was sie wiederum mir bei gebracht hat. Ich werde dir beibringen, Zimtsterne zu backen!“
Das Mädchen grummelte etwas unverständliches.
„Wie war das, junge Dame?“
„Warum muss Andreas das nicht machen?“
„Weil Andreas ein Junge ist, und jetzt komm her.“
Rabbe grummelte noch etwas, hielt es aber für klüger, es nicht noch einmal lauter zu wiederholen. Im Grunde hatte diese Diskussion ohnehin keinen Sinn.
„So. Jetzt ließ mir mal vor was in diesem Buch geschrieben steht.“, forderte Mírania Schraubendrehr ihre Tochter auf und rückte sich die gelockten Haare zurecht.
Rabbe stierte auf die krakelige Schrift.
Man nehmige:
6 (300g)Handvoll gemahlene Mandeln
5 Handvoll (250g)Puderzucker
3 Weisse von Eiern
1 Teelöffel Zimt
1 Teelöffel Rum
geriebenige Zitronenschale
ätwas Schokolade
uhnd eine Prise Vanille
„Ähm...Säcks hahndvohl gemah... gemahlene Mandel, Fünf hahndvohl Puder, Drai... Weisse Eier, Ain Zimt, Ain Rum uhnd Zitrone uhnd Vanille.“
Das Mädchen lächelte und bekam hinterrücks einen Schlag auf den Kopf. „Und Rum! Der Rum ist wichtig!“
Rabbe nickte grimmig. Natürlich war Rum wichtig. Alkohol war immer wichtig. Sie grummelte etwas unverständlcihes.
„Also, du weißt wo die Sachen sind, jetzt zeig mir mal wie du es machst!“, befahl Mírania und setzte sich auf einen Stuhl.
Rabbe suchte derweil die Zutaten zusammen – sie stieg auf einen Stuhl um Körner aus einem Regal zu hohlen, kletterte eine Leiter hinauf und fischte Zucker aus der Luke, einen Korb mit unterschiedlichen Nüssen aus der Scheune, kramte eine Zitrone, den Rum und etwas Schokolade aus einer Schublade und ging zuletzt ind en Hühnerstall, in der Hoffnung dort möglichst firsche Eier vorzufinden. Als sie eien Moment über die zusammengesuchten Zutaten und das frisch gemahlene Mehl schaute, viel ihr auf dass sie noch keine Vanille hatte. Sie überprüfte die Schublade und den Gewürzkorb, sah dann im Kramschrank und in der Küchenluke nach. Mit zunehmendem Ärger überprüfte sie, ob vielleicht noch frische Schoten in der Scheune waren, konnte aber auch dort keine finden. Schließlich kehrte sie in die Küche zurück. „Tut mir Leid, Mutter. Ich kann keine Vanille finden.“
Mírania sah sie verärgert an. „Hast du auch überall nachgesehen?“
„Jaa-ah...“
Die Frau grummelte verägrert, blickte das Mädchen kurz an und setzte sich wieder hin. „Na schön. Hol dir eine Schüssel, schlag die Eier auf, trenne sie und fang dann an das Eiweiß mit einem Rührbesen zu schlagen."
Nach und nach folgten immer wieder ein paar Anweisungen seites der Mutter, doch im großen und ganzen schenkte das Mädchen wir keine Aufmerksamkeit.
Sie dachte an ihren Vater.
Er war vor ein paar Jahren gestorben. Sie erinnerte sich noch gut, dass er vorher lange krank war, und am Ende kaum noch reden konnte, geschweige denn, das er ihr noch etwas vorlas. Aber sie hatte ihn trotzdem lieb gehabr. Nachdem er fort gegangen war, hatte ihre Mutter sich verändert, und es waren keine Veränderungen die ihr gefielen.
„Teig rühren, Teif rühren!“, murmelte sie sich selbst zu. Es tat ihr nicht gut wenn sie zu lange über die Vergangenheit nachdachte, das hatte sie bitter lernen müssen. Und ihre Mutter wollte ihnen nie etwas mehr über ihren Vater erzählen. “Die gemeine alte Hexe.“
„Genau. Rühr die Mandeln und den Zimt ordentlich unter, und tu von dem Rum in den Teig. Tu dann noch ein bisschen auf die Seite, dass brauchen wir später noch.“
Rabbe nickte nur und tat wie ihr geheißen. Sie wusste,das jetzt der Teil kam warum sie dies üebrhaupt über sich ergehen ließ, der Teil der am meisten spaß machte...
Sie rollte den Teig aus und begann die Sternchen auszustechen.
„Ein Sternchen... Und noch ein Sternchen... und noch eins...“
Sie gestand es sich ungern ein, aber dies machte ihr wirklich großen Spaß. Wenn die Backwaren erstmal im Ofen waren, dann würde sich das Haus bald mit einem köstlichen Geruch füllen... „hmm...“, murmelte sie sehensüchtig, und begann die Teigstückchen auf das Blech zu setzen. Sie hörte ihre Mutter im Hintergrund wieder irgendewas meckern, doch das war ihr in diesem Moment egal. Ein kleiner Moment von Glück erfüllte sie in diesem Augenblick, und den würde sie sich nicht von ihrer Mutter verderben lassen.
Als die Sterne im Ofen waren begann das Mädchen, ohne weiter nachzudenken, zur restlichen Masse noch ein wenig Rum hinzuzfügen und die Zitrone hinein zu reiben. An dieser Stelle hätte wohl eigentlich die Vanille dazu gemusst, und Rabbe dachte unwillkürlich an ihren Onkel Fred... „Wenn du mal backscht, und du hascht keine Vanille... Hau einfach 'ne Ladung Aschpik rein! Dasch macht allesch schön schaftig. Und dasch ischt die Hauptschache!“
Rabbe schüttelte unbewusst den Kopf und hängte ihre langen Haare dabei in einen kleinen Rest Puderzucker der neben ihr auf dem Tisch hing. Aspik in Kekse. So etwas konnte doch nur schief gehen.
Nachdem sie die Sterne für etwa Fünfzehn Minuten im Ofen gehabt hatte, nahm sie sie heraus und tauchte sie vorsichtig in den Zuckerguss. Manche ganz, manche nur zur Hälfte, wobei sie die andere Hälfte dann immer in die dunkle Schokolade tunkte, die sie nebenher auf dem Herd geschmolzen hatte. Ihre Mutter schien indessen etwas eingenickt, und Rabbe nutzte die Chance, jeden dritten Stern schnell in einen kleinen Beutel zu stecken um diesen dann schnell wieder zu verstecken, falls die Ältere aufwachte. Das kleine Mädchen wusste nur zu gut, dass ihre Mutter die meisten Sterne bei ihrem Kaffeetischen mit den Nachbarinnen verbrauchen würde, und sie, die Kinder, nur sehr wenige abbekommen würden... aber immerhin hatte sie sie doch gebacken, oder nicht? Rabbe war sich sicher, dass sie dies eigentlich befugte, frei über das Schicksal der Kekse zu verfügen. Als sie mit tunken fertig war, fiel ihr Blick noch einmal auf die dösende Mutter, und sie langte nach einem weiterem Keks. „Deiin Schicksal.. ist mein Magen!“, rief sie ganz leise, aber dennoch triumphal aus, und schob sich den Keks im ganzen in den Mund.
Es lag noch immer mehr als ein dutzend fertiger Sterne auf dem Tisch. Rabbe blickte sich kurz um, schnappte sich dann ihren Beutel und rannte hinaus zu ihrem Bruder. Die Menge an stibitzten Keksen war rekordverdächtig, und sie würden sie später voller Genugtuung, aber in aller Heimlichkeit, auf dem Dachboden verspeisen.
Gegenwart
Rabbe schreckte irritiert hoch. Die Rekruten stritten noch immer über die Bedeutung von Vanille und Aspik, also konnte sie kaum wirklich eingeschlafen sein.. höchstens vielleicht eingedöst.
Sie dachte an die damaligen Ereignisse noch einen Moment zurück und lächelte. Im großen und ganzen, war es eine schöne Erinnerung.
Die Ermittlerin trank aus und stand auf, bevor sie in die kalte Nacht hinaus schritt.
Damals hatten sie die Kekse wirklich auf dem Dachboden gegessen... Andreas, Mauricia und Rabbe...
Letztere sah zum Mond hinauf und fühlte ein leichtes Glücksgefühl beim Echo dieser Erinnerung.
"Ich sollte mal wieder Zimtstere backen..."
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