Plaudern aus dem Nähkästchen

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von Obergefreite Atera
Online seit 02. 08. 1999
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Es wurde gemeldet, daß auf dem Friedhof nachts unerlaubte Treffen
der Untoten abgehalten werden. Geh dem auf den Grund!

Dafür vergebene Note: 14

"Was gibt es?"
"Mir wurde soeben mitgeteilt, daß sich des öfteren Untote auf dem Friedhof herumtreiben. Weißt du etwas darüber?"
"Nein, das ist mir neu. Wir kümmern uns drum."
"Wir?"
"Sir Henry und ich."
"Ach ja, die Kröte."
"Frosch."

So machte sich Obergefreite Atera auf den Weg zum Friedhof, denn auch sie war neugierig, was es mit diesen mysteriösen Treffen auf sich hatte. Es dämmerte langsam und ein Teil der Bürger von Ankh-Morpork legte sich schlafen, der andere Teil wachte jetzt erst auf, um diversen Tätigkeiten nachzugehen. Dazu gehörten auch die Untoten, die die Nacht dem Tage vorzogen. Sie hatten ja auch nicht viel zu befürchten.
Inzwischen war Atera auf dem Friedhof angelangt. Nichts rührte sich. Vorsichtig huschte sie zwischen Gräbern und Gruften entlang, bemüht keinen aufzuschrecken. Der Friedhof lag still und friedlich. Man hörte noch nichtmal, wie sich die Leute in ihrem Grabe umdrehten. Gerade als Obergefreite Atera dachte, Kommandeur Rince wäre einer Fehlmeldung aufgessen, hörte sie plötzlich Stimmen. Sie kamen vom hinteren Teil des Friedhofes. Ein Teil, der besonders verwildert war. Langsam kroch sie eine Anhöhe hinauf. Die Stimmen wurden lauter und dann schaute sie vorsichtig den Hügel hinab.
Im Schein eines kleinen Feuers saßen sieben zwielichtige Gestalten in einem Kreis. Atera erkannte sie sofort als Untote wieder. Im Moment gestikulierte eine Gestalt wild mit den Armen. Das hätte sie besser nicht getan, denn auf einmal flog eine Hand im hohen Bogen in die Büsche. Atera war zu weit weg, um zu hören was die Untoten beredeten. Aber es war unverkennbar, daß der untote Mann fluchend nach seiner Hand suchte. Vielleicht planen sie etwas, dachte Atera, denn sie wußte, daß es auch unter den Untoten schwarze Schafe gab, obwohl sie nie eins gesehen hatte. Aber in vielen Familien gab es schwarze Schafe, was Atera doch erstaunte, denn Schafe stammten wirklich nicht vom Menschen ab, vielleicht aber umgekehrt.
Während sie so grübelte, kam Sir Henry nicht gegen seine Krötennatur an. Der Drang war zu stark und plötzlich hüpfte er aus Ateras Tasche und quakte laut. Erschrocken fuhr Atera aus ihren Gedanken auf, in denen sie sich fragte, warum denn weiße Schafe anscheinend nicht in Familien auftauchen und wo denn jetzt der Unterschied bestand.
"Sir Henry!", zischte sie, "komm sofort zurück."
Aber es war zu spät, die Kröte hüpfte mit vollem Elan, wenn man damit meint, daß ein Klumpen Matsch in die Höhe springt und zwei Zentimeter versetzt wieder aufprallt, dann konnte man das durchaus als Elan bezeichnen. So sprang die Kröte dem flackernden Feuerschein entgegen. Obergefreite Atera folgte ihm lautlos, dann sprang sie plötzlich dem Frosch entgegen und packte ihm mit einem Ruck, hielt ihn triumphierend in den Händen, bemerkte den Stock auf dem sie stand, sah noch rechtzeitig, daß er sich bewegte und schaffte es noch ein Arrgh auszustoßen, um dann mit Stock und Frosch den Hügel hinab zu kullern. Doch kurz bevor sie den heißen Flammen entgegenrollte, prallte der Stock an einem Stein ab und Atera fiel der Länge nach hin. Erschrocken sahen die sieben Untoten auf und scharten sich um Atera. Der Kreis zog sich immer enger und 13 Hände, die eine war gerade verhindert, streckten sich nach ihr aus.

Kommandeur Rince wurde unsanft aus seinen Träumen geweckt. Ein kleiner Zwerg, den er auf den zweiten Blick als Obergefreite Rettich indentifizierte schüttelte ihn heftig und wedelte mit einem Zettel vor seinem Gesicht herum. Offenbar war er über seine Schreibarbeit eingenickt. Rince brummelte etwas, das man beim genaueren Hinhören als "Wasnlos?" erkennen konnte.
"Eine weitere Beschwerde über Aktivitäten auf dem Friedhof. Angeblich soll der Lärm noch zugenommen haben, Sir.", antwortete Rettich.
"Ich hab doch Atera hingeschickt. Wenn man nicht alles selber macht..", murmelte er und damit war er schon aus der Tür.
Kurze Zeit später befand er sich auf dem Friedhof und hörte die Stimmen schon von weitem. Wo vor kurzem noch Atera hinaufschlich, quälte sich nun Kommandeur Rince hinauf und bedauerte sehr, doch noch ein zweites Abendessen eingenommen zu haben. Dann plötzlich konnte er einige Wortfetzen mitbekommen, sie kamen von der anderen Seite des Hügels.
"Und dann habe ich zu ihm gesagt: nein, mein Lieber, nein, wenn du Nähgarn Stärke 4 nimmst fällst du in fünf Sekunden wieder auseinander. Und daraufhin sagte er.."
Die Stimme ging im schallendem Gelächter unter.
"Weißt du noch, wie Reg der Händlergilde sagte, wenn ihr nicht augenblicklich...dann würde er das...und..das mit ihnen machen."
"Mann, das Gesicht von dem vergesse ich nie, als er seinen Arm nahm..und dann....Hahaha"
Schließlich wurden die Stimmen wieder leiser und Rince kroch weiter, um die Gruppe zu sehen. Endlich war er auf der Spitze des Hügels angelangt und sah acht Gestalten im Schein eines großen Feuers zu sitzen.
"Er sagte darauf hin, mit dieser Nadel kannst du noch ganz andere Sachen machen. Und ich...", der Satz wurde jäh unterbrochen, als sich Kommandeur Rince in voller Größe aufrichtete und wütend den Berg hinunter stapfte.
"Sagtest du nicht, du würdest dich darum kümmern, stattdessen plauderst du hier gemütlich."
"Aber das hier sind alles ganz friedliche Me..Untote. Sie halten hier nur ihr allabendliches Treffen ab und tauschen Erfahrungen aus. Eine Art Kaffeekränzchen.", sagte Atera und wich erschrocken vom Feuer weg.
"Keine Ausflüchte. Heckst du mit ihnen etwas aus? Das hätte ich nun wirklich nicht...", schließlich gelangten die Worte an sein Gehirn, verarbeiten sie und die Stimmbänder formten eine Art Antwort. "Das ist was?"
"Eine Art..äh..Kaffeekränzchen. Wir plaudern hier nur über die gute alte ..ähm Zeit."
Kommandeur Rince sah sich vor einem neuen Problem, nämlich die Bedeutung des Wortes Kaffeekränzchen zu ergründen. Offentsichtlich nichts ungesetzliches.
"Kaffeekränzchen?"
"Ja. Eine Art Treffen. Wir kochen Kaffee über dem Feuer", sie deutete auf den Topf, der über dem Feuer hing, "Sie haben mich freundlich aufgenommen."
Rince stand etwas verwirrt zwischen den Untoten.
"Ja, dann ist ja alles in Ordnung. Ich schätze, du willst noch etwas bleiben." Er starrte in das flehende Gesicht von Atera. "Genehmigt. Ich muß sowieso noch wichtiges erledigen."
Mit diesen Worten drehte er sich um und versuchte würdevoll von dannen zu schreiten. Wäre ein Beobachter mit Kommandeur Rince noch ein paar Schritte gegangen, so hätte er folgendes hören können:
"Kaffeekränzchen? Was für ein Kränzchen?"



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