Das wurde aber auch Zeit!

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von Gefreiter Fynn Düstergut (RUM)
Online seit 24. 06. 2013
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 Außerdem kommen vor: Septimus EbelKolumbiniPismireRemedios von Schwarzfell

Fynn will endlich seine Ausbildung abschließen. Und wenn man keinen Fall zugewiesen bekommt, dann sucht man sich eben einen. Aber dann darf er sich doch noch offiziell beweisen: Wer erschlug den Spielzeughändler?

Dafür vergebene Note: 12

Jahr des prophezeienden Frosches, 1. März

Ihr Haar kitzelte ihn am Hals, als sie sich über ihn beugte und der Duft ihres verführerischen Parfüms stieg ihm in die Nase. Sie drückte ihre Brüste an seinen Arm und gurrte: "Gut machst du das, Fynn."
Der Angesprochene schluckte und versuchte, sich wieder auf seine Schreibübungen zu konzentrieren. Normalerweise verstand er sich gut mit der Näherin, die es aber nicht lassen konnte, ihn ab und zu necken. Wahrscheinlich amüsierte es sie, dass er zwar empfänglich für ihre Reize war, aber leider zu sparsam und zu schüchtern, als dass er mit Aglaranna ins Geschäft kommen würde.
Das Blatt vor ihm füllte sich langsam mit Buchstaben, die er zu Wörtern zusammen setzte, deren Orthographie sich nach fast drei Jahren Schreib- und Leseübungen zumindest soweit verbessert hatte, dass ein potentieller Leser erkennen konnte, was gemeint war. Und viel mehr konnte man kaum erwarten in einer Gesellschaft, deren Rechtschreibung sowieso eher von Kreativität als von Regeln geprägt war. Das Problem der Groß- und Kleinschreibung hatte der Gefreite gleich von Anfang an auf seine Art gelöst: er schrieb einfach alles klein. Nach einigen Diskussionen hatte Aglaranna dies seufzend akzeptiert.
Als er spürte, wie die Hand der Näherin langsam seinen Rücken hinunter glitt, lief sein Gesicht vor Verlegenheit rot an. Heute trieb sie es eindeutig zu weit. Schnell sprang er auf und entzog sich so der liebkosenden Hand.
"Ich glaube, ich... habe einen Krampf." Mit, wie er glaubte, schmerzverzerrtem Gesicht schüttelte er den rechten Arm.
Aglaranna schenkte ihm ein spöttisches Lächeln. Sie hatte wohl auch gemerkt, dass sie zu weit gegangen war und wies auf die schriftlichen Bemühungen des Gefreiten. "Schon gut. Ich glaube, es reicht für heute."
Erleichtert nickte Fynn. "Dann bis nächste Woche." Nach der knappen Verabschiedung stürmte er geradezu aus dem Büro der Näherin.

Zu seiner großen Erleichterung befand sich niemand in Büro 207, als er es betrat. Mit rotem Kopf war er die Treppe aus dem dritten Stock hinunter geeilt und ließ sich nun auf seinen Stuhl plumpsen, der prompt knarrend protestierte. Irgendetwas brauchte er nun, um sich abzulenken. Sein Blick fiel auf die beiden Akten, die er noch studieren musste, bevor er sie zurück ins Archiv bringen konnte. Alte Fälle waren zwar nicht gerade seine liebste Beschäftigung, doch hin und wieder waren sie ganz interessant, das musste er zugeben. Vielleicht hatte ja der Fall "Dorntreuter, W. - Aktenz. XY-345089" genug Fesselndes, um seine Gedanken von prallen Brüsten und gurrenden Verlockungen zu lösen?
Fynn schlug den Aktendeckel auf und sein Blick fiel als erstes auf die lose angehefteten Ikonographien. Sie zeigten eine männliche, menschliche Leiche, die am Fuße einer Treppe lag. Die Körperhaltung und die weiteren Aufnahmen der Verletzungen legten nahe, dass der schon ältere Mann diese hinunter gestürzt war. Mit einem Seufzen begann er das für ihn mühsame Studieren der Berichte.
Eine Stunde später hatte er das Wesentliche durchgelesen und sich zusammen gereimt, das Wolruf Dorntreuter, 63, ehemaliger Handelskapitän, tatsächlich an einem Genickbruch gestorben war. Allerdings hatte er wohl kurz vorher einen Herzinfarkt erlitten, was den Treppensturz erklärte. Die Aussagen vor allem der Haushälterin, Adalheide Sorfer, und des Hausarztes, Dr. Pustefix Nuselhoff, sowie des Sohnes und die Tatsache, dass alle in Frage kommenden Verdächtigen ein Alibi hatten, ließen den zuständigen Ermittler schließlich die Sache als Unfall klassifizieren und die Akte schließen.
Der Gefreite wollte es ihm gerade gleich tun, doch da war etwas, das ihn störte. Stirnrunzelnd sah er auf die in unterschiedlichen Handschriften mehr oder weniger sorgfältig ausgefüllten Blätter und die Bilder hinab.
"Todeszeitpunkt: zwischen zwei und vier Uhr nachmittags, wahrsch. 14.34 Uhr, da Uhr durch Sturz stehengeblieben" las er im Obduktionsbericht. Und tatsächlich war auf der Ikonographie der Leiche eine Taschenuhr erkennbar, die neben der ausgestreckten Hand Dorntreuters lag, als hätte er gerade die Uhrzeit abgelesen, als der Herzinfarkt ihn niederstreckte. Mit dem Bild in der Hand stellte Fynn sich näher an das Fenster, unter dem der Pseudopolisplatz gerade dem Höhepunkt des mittäglichen Verkehrschaos zustrebte. Doch das interessierte ihn jetzt nicht. Mit zusammen gekniffenen Augen und Hin- und Herwenden der Aufnahme versuchte er, zu erkennen, was er eigentlich schon zu wissen glaubte. Schließlich nickte er und begann dann, aufgeregt in der Akte zu blättern. Ganz hinten, da musste doch die Aufstellung der Asservaten sein. Als er die Liste gefunden hatte, barg sie jedoch eine Enttäuschung: die untersuchten Gegenstände waren nach Abschluss des Falles an den Sohn übergeben worden, der dies fein säuberlich unter der Liste quittiert hatte.
Nachdenklich lehnte er sich auf seinem knatschenden Stuhl zurück. Er glaubte, das Modell der Taschenuhr erkannt zu haben, doch sicher war er sich nicht. Wenn er jedoch Recht hatte, dann war Wolruf Dorntreuter ermordet worden. Sollte er seinem Ausbilder davon erzählen? Sein Blick schweifte über die Einrichtung des Büros, ohne sie jedoch wirklich wahrzunehmen. Nein, entschied er, nicht ohne konkretere Beweise. Er hatte den Rest des Tages eigentlich nichts Besseres vor. Warum nicht diesem Manfred Dorntreuter einen Besuch abstatten und ihn nach der Uhr fragen? Er könnte behaupten, sie würden neuen Hinweisen nachgehen. Der Gedanke an Ermittlungen auf eigene Faust erzeugte ein aufgeregtes Kribbeln in seinem Magen. Endlich konnte er sich beweisen! Er konnte einen Mord aufklären, den niemand sonst als Mord erkannt hatte! Voller Vorfreude nahm er seinen Mantel von dem altersschwachen Kleiderständer und machte sich auf den Weg.

Das Haus, das er an der Adresse vorfand, die in der Akte gestanden hatte, machte den Eindruck gepflegten, gehobenen Mittelstandes. Es befand sich in der Myrtenstraße und hatte sogar ein umzäuntes Gartengrundstück um das Gebäude, das jedoch durch ein unverschlossenes Tor zugänglich war. Während er den gekiesten Weg zur Haustür zurücklegte, blickte sich Fynn genau um. Jede Kleinigkeit konnte im Zuge der Ermittlungen wichtig werden, so viel hatte er bereits erfahren.
Die Türglocke gab einen Ton von sich, der an eine Schiffsglocke erinnerte. Kurz darauf näherten sich Schritte auf klappernden Absätzen und eine ältliche Dame öffnete die Tür. Sie blickte dem Gefreiten freundlich entgegen.
"Guten Tag, Mäm. Gefreiter Fynn Düstergut, ich komme von der Stadtwache. Wir hätten da noch einige Fragen bezüglich des Todes von Herrn Wolruf Dorntreuter", begrüßte er sie.
Der Blick der Dame schien sich kurz zu verdüstern, doch dann kehrte ihr Lächeln zurück. "Selbstverständlich. Mein Name ist Adalheide Sorfer. Komm doch herein."
Als er die großzügige Eingangshalle betrat, fielen Fynn mehrere Dinge auf einmal auf. Zum einen erkannte er sofort die Treppe wieder, die Dorntreuter zum Verhängnis geworden war, zweitens nahm er die rustikale maritime Einrichtung wahr und drittens stieg ihm ein köstlicher Duft nach Kuchen in die Nase.
"Kann ich dir etwas anbieten?", fragte Adalheide Sorfer, "ich habe gerade gebacken."
Bedauernd schüttelte Fynn den Kopf, obwohl ihm in diesem Augenblick einfiel, dass er das Mittagessen in seiner Begeisterung ganz vergessen hatte. Im Gegensatz zu seinem Magen, der sich nun vernehmlich meldete.
"Sicher?"
"Danke, sehr freundlich. Aber ich möchte nicht lange stören. Ist Herr Manfred Dorntreuter wohl zu sprechen?"
"Leider ist er auf seiner Arbeitsstelle. Nur..."
"Was ist denn, Adalheide? Wer ist dort?", schwebte eine näselnde Frauenstimme in die Eingangshalle, dicht gefolgt von einer dürren, mit einer mehrfach um den Hals geschlungenen Perlenkette verzierten Dame.
"...seine Frau Siglinde ist hier", beendete die Haushälterin ihren Satz unbeeindruckt. Dabei deutete sie mit einer knappen Geste auf die Dürre. Fynn, mittlerweile im Beobachten nicht nur von Gegebenheiten, sondern auch von Personen geübt, hatte den Eindruck, dass sie ihre Arbeitgeberin nicht besonders mochte.
Der Gefreite stellte sich erneut vor und erklärte, warum er gekommen war.
"Diese alte Geschichte?", entrüstete sich Frau Dorntreuter. "Das ist doch längst abgeschlossen. So hat man es uns jedenfalls mitgeteilt."
"Ich möchte dich auch gar nicht lange stören, aber... hat dein Mann zufällig noch die Uhr seines Vaters?"
"Natürlich, auch wenn ich nicht weiß, warum das von Interesse sein sollte."
Der Wächter ließ sich von dem schnippischen Tonfall nicht irritieren. Er hatte eine Spur, jetzt wollte er sie auch verfolgen. "Dann hätte ich gern einen Blick darauf geworfen. Oder hat er sie dabei?"
Nun wurde Frau Dorntreuter herablassend. "Selbstverständlich hat er seine eigene Uhr. Ein besonders schönes Exemplar, das ich ihm zu unserem Hochzeitstag geschenkt habe. Das konnten wir uns ja schließlich leisten, mit...", als hätte sie bereits zu viel gesagt, unterbrach sie sich.
"... mit der Erbschaft von deinem Schwiegervater?" Vielleicht hätte er sich diese Bemerkung lieber sparen sollen, denn der Gesichtsausdruck Siglindes wurde wieder verschlossen. Sofort beeilte Fynn sich, auf sein ursprüngliches Anliegen zurück zu kommen. "Die Uhr von Herrn Dorntreuter Senior ist eine Quirmer Schnecke, nicht wahr?"
"Eine eher gewöhnliche Taschenuhr. Sie war außerdem bei dem... Sturz beschädigt worden. Zum Andenken an Wolruf haben wir sie natürlich wieder instand setzen lassen." Während sie sprach, führte Frau Dorntreuter den Gefreiten in einen Salon, dessen Einrichtung sich von der Halle unterschied. Hier führte eindeutig die weibliche Hand das Regiment, wie die zierlichen Möbel, die geblümten Kissen in großer Zahl und der umher stehende Nippes erahnen ließen.
"Natürlich", wiederholte Fynn und seine Zuversicht sank etwas.
"Mein Mann konnte sie jedoch nicht tragen. Die Erinnerungen, du verstehst."
Die Hausherrin holte die Uhr aus einem abschließbaren Fach in einem Sekretär, wo sie eher lieblos aufbewahrt wurde, wie ein Stück unnützer Kram, der sich angesammelt hatte. Der Wächter nahm sie entgegen und genau in Augenschein. Seine Vermutung des Modells bewahrheitete sich, leider aber auch seine Befürchtung hinsichtlich der Instandsetzung. Von dem Schaden war nichts mehr feststellbar und er war sicher, das würde sich auch nicht ändern, wenn er die Uhr auseinandernahm. Trotzdem war noch nicht alles verloren. Der Uhrmacher konnte sich eventuell noch erinnern, was genau er repariert hatte. Auch wenn der Unfall bereits fünf Jahre zurücklag.
"Wo haben sie sie reparieren lassen? Das ist gute Arbeit."
"Bei einem Uhrmacher in der Ulmenstraße. Mit dem passenden Namen Zeiger. Mein Schwiegervater schwor auf ihn und er hat auch zu unserer Zufriedenheit gearbeitet. Trotz der Adresse."
Die Verteidigung Frau Dorntreuters, ausgerechnet einen Uhrmacher am Rande der Schatten beauftragt zu haben, hörte Fynn nur noch mit halbem Ohr. Den Besuch bei seinem Pflegevater hatte er vor sich her geschoben, seit er zurück in der Stadt war. Der Grund dafür war Scham. Mit 16 war er ihm davongelaufen, obwohl dieser ihn immer liebevoll und wie seinen eigenen Sohn behandelt hatte. Geduldig hatte er versucht, einen guten Uhrmacher aus ihm zu machen, der einst sein Geschäft übernehmen konnte. Heute kam ihm sein Verhalten undankbar und unreif vor und er hatte Angst, dass Nathaniel ihm das nicht verzeihen konnte. Jetzt schien es, als könnte er es nicht länger hinauszögern, ihm gegenüber zu treten. Jedenfalls nicht, wenn er diese Sache weiter verfolgen wollte.
"Könnte ich die Uhr ausleihen?", brachte er hervor, nachdem er sich von dem Schreck ein wenig erholt hatte. "Keine Angst, ich stelle dir eine Quittung dafür aus", fügte er heldenhaft hinzu.

"Vielleicht jetzt doch ein Stückchen Kuchen?", bot ihm Adalheide Sorfer an, als er mit der Quirmer Schnecke in der Tasche wieder in der Halle stand. Diesmal gab er der Verlockung und seinem knurrenden Magen nach und folgte der Haushälterin in die Küche. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er das jetzt verdient hatte.
Nach einigem geschäftigen Hin und Her saßen sie schließlich zu zweit an dem soliden, sauber geschrubbten Küchentisch mit je einem Stück hervorragendem Schokoladenkuchen und einer Tasse Kaffee.
"Was ist denn mit der Uhr?", wollte Frau Sorfer wissen. Anscheinend war es ihr nicht gelungen, das Gespräch zwischen ihm und Frau Dorntreuter zu belauschen. Vielleicht war so etwas aber auch unter ihrer Würde.
"Mir ist nur etwas aufgefallen, was eventuell wichtig sein könnte", antwortete der Gefreite vage mit vollem Mund. "Wie ist dir Frau Dorntreuter damals vorgekommen? Also ihr Verhalten nach dem M... Unfall?"
"Ach, das ist alles schon so lange her."
"Versuch dich zu erinnern, das äh... könnte mir helfen."
Nachdenklich schaufelte Adalheide ein wenig Kuchen in ihren Mund, kaute bedächtig und nickte dann. "Jetzt, wo du noch mal fragst... Sie kam mir eigentlich die ganze Zeit total kühl vor, als ginge sie das alles gar nichts an. Und an dem Tag, als das Testament eröffnet wurde, da hat sie morgens fröhlich vor sich hin gesungen, was sonst absolut nicht ihre Art ist."
Ein weiteres Stück Kuchen und einigem belanglosen Plaudern später kehrte Fynn zur Wache zurück. Zu Nathaniel würde er dann... später gehen.

"Klopf, klopf". Gut gelaunt pochte Fynn an den Türrahmen der offenen Tür zum Büro seines Freundes Boris Machtnichts. Der Vektor in Ausbildung schaute auf und nickte seinem Kollegen zur Begrüßung zu.
"Lust auf ein kühles Bierchen im Eimer?"
"Naja, eigentlich schon, ich muss aber ..."
"Ach was, das kann doch warten, oder? Ich muss dir dringend was erzählen."
"Hm, also eigentlich ..."
"Jetzt komm schon. Jeder hat sich doch mal eine Pause verdient."
"Wenn du es so siehst."
Kurz zögerte Boris noch, dann holte er seine Jacke vom Haken. Den Bericht musste er eben später fertig schreiben. Sein Ausbilder hatte ihm schließlich bis heute Zeit gegeben und der Abend war noch lang.
Im Eimer waren noch nicht viele Wächter anzutreffen, und andere Gäste gab es sowieso kaum. Sie wählten einen Tisch, der genug Privatsphäre bot, aber nicht zu weit vom Tresen entfernt war.
"Ich habe einen Fall", platzte Fynn heraus, kaum dass sie saßen.
Boris, der sich oft genug die Klagen des Ermittlers in spe anhören musste über seine stockende Ausbildung und das mangelnde Training, lächelte.
"Glückwunsch. Wann hast du ihn bekommen?"
"Mein Ausbilder weiß nichts davon."
Jetzt war der SEALS verwirrt. "Ein Fall, von dem dein Ausbilder nichts weiß?"
"Genau. Ich habe ihn mir selbst ausgesucht." Fynn schilderte die Fakten und beschwor Boris dann, nichts zu sagen. "Ich will ihn ganz alleine aufklären, dann sieht Kolumbini vielleicht ein, dass meine Ausbildung beendet werden kann."
Eine Zeitlang tranken sie in stiller Eintracht ihr Bier.
"Nun, wir bearbeiten gerade..."
"Es gibt aber noch einen Haken", unterbrach Düstergut seinen Freund, noch ehe der von seiner eigenen Arbeit berichten konnte. "Die Uhr wurde von Nathaniel repariert."
"Warum ist das ein Haken?"
Verlegen drehte Fynn das Glas zwischen seinen Händen. "Ich ... also, ich müsste ihn befragen."
"Du hast Angst, ihm zu begegnen", analysierte Boris ungewohnt treffsicher. "Dabei ist er so ein netter alter Herr. Er hatte für uns immer Süßigkeiten über."
"Du meinst, es ist eigentlich albern, oder?"
"Ich habe mich gewundert, dass du ihn nicht schon längst besucht hast."
Die Meinung seines Freundes machte Fynn nachdenklich und er hörte ihm kaum zu, als er seinerseits ein paar Neuigkeiten erzählte. Nach dem zweiten Bier beschlossen beide, dass es Zeit war, zu gehen. Fynn, weil es langsam dunkel wurde und Boris wegen seines Berichtes.
"Kannst du das für mich auslegen? Ich glaube, ich habe gar nicht genug eingesteckt." Mit gespieltem Erstaunen blickte Fynn in seinen Geldbeutel. Boris, der nichts anderes erwartet hatte, nickte ergeben und gab Herrn Käse das Geld für die vier Bier.


Jahr des prophezeienden Frosches, 2. März

Der Tag begann mit einem merkwürdigen Knistern und dem Gefühl, einen Fremdkörper im Gesicht zu haben. Nur halb wach, wischte sich Fynn durch selbiges und zerknitterte dabei die Nachricht, die ihm ein zu besonderen Späßen aufgelegter Rohrpostdämon auf die Stirn geklebt hatte.
"Boah, Reggie, du Mistkerl", murmelte der Gefreite, drehte sich um und schlief weiter.
Zehn Minuten später wurde er erneut geweckt, diesmal von einem überdeutlichen Räuspern und dem Geruch von Pfeifentabak. Einem Geruch, der auch seinen Ausbilder auf Schritt und Tritt begleitete. Seinen Ausbilder, der ihn bestimmt auch heute wieder nur zerstreut grüßen und ansonsten ignorieren würde. Sein... Oh. Mit einer bösen Vorahnung schreckte Fynn auf und sah den Korporal mit vorwurfsvollem Blick an seinem Bett stehen.
"Guten Morgen, Düstergut. Zeit aus den Federn zu steigen. Es gibt Arbeit." Kolumbini deutete mit dem Pfeifenstiel auf den Ausgang des Schlafsaals. "Ich habe dir bereits vor einer halben Stunde eine Nachricht geschickt."
"Tut mir leid, Sör. Ich... bin sofort bei dir."

"Tee?", fragte Korporal Kolumbini und holte das entsprechende aus seinem MANTEL. Fynn, dem dieses Kleidungsstück eher suspekt war, schüttelte den Kopf. "Nein, danke, Sör."
Der erfahrene Ermittler schenkte sich selbst ein, lehnte sich zurück und musterte den Gefreiten.
"Langsam wird es Zeit, deine Ausbildung abzuschließen, oder was meinst du, Düstergut?"
Fynns Herz machte einen kleinen Satz. Hatte er ihn deshalb sehen wollen? Wurde er nun befördert? Keine alten Akten mehr wälzen, keine verkrampften Schreibübungen, kein Hinterherdackeln bei Befragungen mehr?
"Das glaube ich auch, Sör. Immerhin habe ich schon einen Fall gelöst“, erinnerte er seinen Ausbilder.
"Ach ja, welchen denn?"
"Den Mord an Bruder Schwarzseher im letzten Februar."
"Diese Bruderschaft-Geschichte? Das war eher Zufall", beschied Kolumbini ihm. "Außerdem kannst du dir die Lorbeeren dafür wohl kaum allein anheften."
Das hörte sich nicht so gut an. Die Beförderung lag wohl doch noch in weiterer Ferne. Ganz so schnell wollte er aber nicht aufgeben.
"Muss man nicht immer mit den Kollegen kooperieren, um einen Fall zu lösen? Also vor allem mit SUSI und so?"
Bildete er sich das ein, oder zog ein amüsiertes Lächeln um den Mund des Brindisianers? "Du hast den Leitfaden studiert, sehr gut. Doch das reicht nicht, um ein guter Ermittler zu werden."
Wie oft hatte er diesen Satz nun schon gehört? Fynn hatte langsam den Eindruck, seine Ausbildung zog sich nur aus dem Grund so in die Länge, weil sein Ausbilder ihn nicht ganz ernst nahm, kaum Lust hatte, sich mit ihm zu beschäftigen und schlichtweg verdrängte, wie lange er schon in der Ausbildung war und was er ihm trotzdem schon alles beigebracht hatte. Nicht nur den Mord an Bruder Schwarzseher hatte Fynn aufgeklärt - zugegeben mit Hilfe von Nyria und Feldwebel Schneyderin [1] - sondern auch bei anderen Ermittlungen geholfen. Er hatte Protokolle geführt, Aussagen aufgenommen und immer wieder die Belehrungen des Korporals über sich ergehen lassen. Darüber hinaus hatte er sich durch das halbe Archiv gewühlt [2]. Eigentlich fühlte er sich mehr als bereit, endlich vollwertiger Ermittler zu werden.
"... und vor allem Konzentration. Hast du das verstanden, Düstergut?"
"Ja, Sör."
"Gut. Dann wirst du die Ermittlungen leiten in dem Fall, der gerade gemeldet wurde. Du darfst Gefreite von Schwarzfell mitnehmen, das ist mit Romulus abgesprochen. Solltest du die Unterstützung von weiteren RUM-Mitgliedern oder einer anderen Abteilung – abgesehen von dem üblichen SUSI-Kram – benötigen, dann wendest du dich an mich. Hier ist die Klackernachricht. Viel Erfolg!"

Remedios also. Bisher hatte er noch nicht viel mit der jungen Frau zu tun gehabt. Man grüßte sich, sah sich auf Besprechungen und in der Kantine und natürlich hatte er gehört, dass sie eine Werwölfin war. Dafür sah sie sogar ziemlich gut aus, auch wenn es ihr an ein paar Kurven mangelte, fand Fynn. Er hatte allerdings den Eindruck, dass sie genau wusste, was sie wollte und mit viel Energie durchsetzte. So hatte sie ihre Ausbildung zur Ermittlerin auch schon längst absolviert, während er einfach nicht fertig wurde. Das machte ihm schon fast ein wenig Angst.
"Ach, was soll's", dachte der Gefreite, "ich werde mich von ihr schon nicht unterkriegen lassen" und klopfte nach einem kurzen Abstecher in sein Büro, um seine restlichen Habseligkeiten zu holen, entschlossen an die Tür von Büro 213.
Diese öffnete sich mit einem Ruck und die Werwölfin stand in voller Montur vor ihm. "Da bist du ja endlich", begrüßte sie ihn und ohne ihm Zeit für eine Antwort zu lassen, zog sie die Bürotür hinter sich zu und ging den Flur hinunter. "Wo müssen wir hin?"
"Ähmm", stammelte Fynn und versuchte, so schnell wie möglich und im Laufen die Adresse zu entziffern.
Doch Remedios enthob ihn auch dieser Mühe. Als er nicht sofort antwortete, nahm sie ihn den Zettel aus der Hand. "Süßlicher Weg", sagte sie nachdenklich. "Nie gehört."
"Ich weiß, wo das ist", erwiderte der Ermittler in Ausbildung, erleichtert, jetzt auch endlich mal das Ruder übernehmen zu können. "Das ist in der Nähe des Randwärtigen Tores".
"Also los. Du gehst vor."

Der Tatort lag an einem hübschen kleinen Platz, in dessen Mitte eine oder mehrere optimistische Personen sogar ein Blumenbeet angelegt hatten [3] Die wenigen Frühblüher kämpften allerdings gegen den allgegenwärtigen Taubendreck, gegen Müll und die Räder von Kutschen und Karren, deren Fahrer auf das Beet keine große Rücksicht zu nehmen schienen. Umringt wurde er von ein- bis zweistöckigen Gebäuden, von denen eines eine Kneipe und die meisten anderen Ladenlokale waren. Dementsprechend herrschte schon eine geschäftige Betriebsamkeit. Auch der typische Ankh-Morporker Mob von Neugierigen hatte sich schon gebildet, so dass es den beiden Wächtern nicht schwerfiel, ihr Ziel zu identifizieren.
"Da ist es", bemerkte Remedios überflüssigerweise und hielt auf einen kleinen Laden zu. Das Schild über dem überraschend sauberen Schaufenster verkündete "Hasenklein Spielzeuge", wie Fynn entziffern konnte, als sie den Platz überquerten.
Unter Einsatz ihrer Ellenbogen drangen sie schließlich bis zur Absperrung vor, die von Lance-Korporal Kathiopeja und Tussnelda von Grantick bewacht wurde. Letztere schwenkte einen Stock mit Ankhschlamm, was Remedios zu einer heftigen Niesattacke veranlasste.
"Ich ...hatschi... gehe schommal rein", nuschelte sie und wollte ins Innere flüchten.
"Halt! Olga ist noch nicht fertig da drin. Vorher kommt da niemand rein." Kathi funkelte die Werwölfin an.
"Ist das denn überhaupt nötig? Die sind doch ganz friedlich hier."
"Noch." Auch der Gefreite bekam einen genervten Blick. "Eure Zeugin sitzt da drüben. Vielleicht fangt ihr mit der an und lasst uns unsere Arbeit machen?"
Begleitet von einem entschuldigenden Lächeln Tussneldas folgten die Ermittler dem Fingerzeig des Lance-Korporals und begaben sich zu einer Bäckerei nebenan, die trotz des noch recht kühlen Wetters einige Tische und Stühle vor die Tür geräumt hatte. Eine ältere Dame bekam dort gerade eine Tasse Kaffee serviert. Wie es aussah, war es auch nicht ihre erste.
Sie stellten sich vor und setzten sich zu der Frau.
Dann nickte Remedios der Bäckerin zu, die neugierig stehen geblieben war. "Kaffee ist eine gute Idee. Du auch?", wandte sie sich an Fynn.
"Was kostet der denn hier?"
"Ich lad' dich ein. Also zwei. Schwarz."
Nach dem bestätigenden Nicken Fynns blieb der Bäckerin nichts anderes übrig als sich in den Laden zurück zu ziehen.
"Also Frau..."
"Xanthipp. Elvira Xanthipp. Ich habe den armen Mann gefunden. Der arme Herr Hasenklein..."
Während Remedios der Dame beruhigend den Arm tätschelte, fragte Fynn überrascht: "Du kennst das Opfer?"
"Ich kaufe hier öfter ein. Herr Hasenklein verstand etwas von Spielzeug und hatte die schönsten Puppen. Meine kleine Enkelin Mathilde mag nur Puppen von Hasenklein."
"Verstehe. Heute Morgen bist du also auch hierhergekommen. Wann war das ungefähr?"
"Kurz vor acht. Vielleicht viertel vor. Er hatte den Laden ja immer schon früh auf."
"Was ist dann passiert?"
"Ich hatte gerade die Tür geöffnet und Herrn Hasenklein einen Gruß zugerufen, als mich so ein Rüpel zur Seite gestoßen hat. Stell dir das einmal vor! Keine Manieren mehr die jungen Herren heutzutage. Und dann habe ich auch noch meine Brille verloren. Wenn du sie wiederfindest, wäre ich dir sehr verbunden, wenn du sie mir so schnell wie möglich wiedergibst."
"Natürlich. Kannst du ...", begann Fynn, unterbrach sich aber, da ihr Kaffee gebracht wurde.
"Kann ich den Herrschaften sonst noch etwas bringen?", flötete die Bäckersfrau.
"Nein danke, das wäre alles!"
Widerwillig zog sich die dicke Verkäuferin erneut zurück und Remedios stellte die Frage zu Ende.
"Kannst du uns den Rüpel beschreiben, Frau Xanthipp?"
Sie zückte ihren Notizblock und blickte die Frau erwartungsvoll an.
"Ja, weißt du, meine Liebe, ich hatte ja meine Brille verloren. Danach war alles nur noch schemenhaft. Mein Augenlicht ist leider sehr schlecht inzwischen. Ich hoffe nur, der zweite ist nicht drauf getreten. Also auf meine Brille, meine ich."
"Es gab also noch einen zweiten... Rüpel?"
"Er war kleiner, glaube ich. Aber in der Aufregung habe ich wirklich nicht darauf geachtet."
"Konntest du denn erkennen, ob es sich um Männer oder Frauen handelte?"
"Also wirklich! Eine Frau würde so etwas doch nun erst recht nicht tun, einfach eine Dame umstoßen."
Mit einem kleinen, resignierten Kopfschütteln gab Remedios Fynn zu verstehen, dass sie darüber wohl nicht mehr erfahren würden.
"Du bist dann aber trotzdem weiter in den Laden gegangen?", fragte sie.
"Natürlich. Ich wollte mich bei Herrn Hasenklein beschweren. Und ich hoffte, dass er mir beim Suchen nach meiner Brille behilflich ist. Er hat aber überhaupt nicht auf mein Rufen geantwortet."
Frau Xanthipp schluchzte auf und schnäuzte anschließend geräuschvoll in ihr Taschentuch. Dann führte sie die Kaffeetasse mit zitternden Händen an den Mund.
"Es war schrecklich", fuhr sie endlich fort, nachdem sie ihre Nerven mit Koffein ein wenig beruhigt hatte. "Ich habe fast gar nichts gesehen und musste mich zum Verkaufstresen vor tasten. Dabei ist, fürchte ich, das eine oder andere Teil herunter gefallen."
"Das wird Hauptgefreite Inös vermutlich begeistert haben", murmelte Fynn.
"Wie bitte?"
"Äh, das macht gar nichts, gute Frau."
"Was ist dann passiert?"
"Ich bin über ihn gestolpert. Er lag plötzlich im Weg. Dann habe ich mich zu ihm runter gebeugt und habe in Blut gefasst. Es war schrecklich!"
"Bist du sicher, dass es Herr Hasenklein war? Und dass er tot war?"
"Ich habe ihn erkannt. Und was das Andere... also was das betrifft, kann man nicht erwarten, dass eine Dame sich damit auskennt. Aber es war so viel Blut da. Ich habe dann um Hilfe gerufen und Frau Sannermann hat mich wieder herausgeführt aus dem Laden und mir einen Kaffee gebracht", sie deutete auf die Bäckerei, wo Frau Sannermann am Fenster stand und offensichtlich versuchte, ihre Lippen zu lesen. "Sie hat dann auch eine Klackernachricht an die Wache geschickt."
Da sich auch die Tische rundherum nun mit Leuten füllten und der Karren der Gerichtsmediziner eben vor dem Spielzeugladen hielt, beendeten die beiden Ermittler an dieser Stelle das Gespräch.
"Danke für den Kaffee", sagte Fynn, als sie zurück zu Hasenkleins Laden gingen. Remedios war ihm schon ein Stück sympathischer geworden.

Endlich durften auch die beiden Gefreiten den Laden betreten. Das Schaufenster spendete ausreichend Licht, auch wenn die Regale fast bis zur Decke reichten. Auf dem Boden verstreut lagen Teddybären, Puppen und allerlei Holzspielzeug.
"'Das eine oder andere Teil herunter gefallen'?", amüsierte sich Fynn. "Die hat ja ganz schön abgeräumt."
Remedios nickte abwesend, denn der Geruch, der in dem kleinen Laden hing, machte ihr zu schaffen. Sie folgten einem Gang, der sich zwischen den Regalen auftat und trafen an deren Ende auf die Leiche und Hauptmann Pismire der eine erste Untersuchung des Toten gerade abschloss.
"Er hat Abwehrverletzungen an den Armen, hier und hier. Und ein Fingernagel ist ihm abgebrochen. Freiwillig ist also nicht gestorben."
"Es gab also einen Kampf."
"Davon ist auszugehen. Und die Wunde am Kopf sieht ziemlich hässlich aus. Wenn sich nichts anderes in der Obduktion ergibt, bekommt sie wohl den Pokal für die wahrscheinlichste Todesursache."
Während sich Fynn mit dem Gerichtsmediziner unterhielt, war Remedios lieber bis zur Ladentheke geschlendert. Je mehr Abstand zwischen ihr und der Blutlache lag, umso besser. Sie sah sich auf der hölzernen Theke um, die einen ordentlichen Eindruck machte. Schreibgerät, ein Quittungsblock, ein Roman und einige Werbezettel lagen um die Kasse herum. Überrascht stellte sie fest, dass diese gut gefüllt war. Auch sonst schien, abgesehen von dem Toten und den ausgeräumten Regalen in dem einen Gang, alles in Ordnung zu sein. Als würde der Laden nur auf den nächsten Kunden warten. Konnten sie damit einen Raubüberfall ausschließen?
"Scheint nichts zu fehlen", wandte sie sich an Fynn, der sein Gespräch mit dem Hauptmann beendet hatte und sich zu ihr gesellte. Die Kollegen von SUSI waren indessen dabei, ihre Sachen zu packen. Olga schloss sorgfältig ihr S.T.Au.B. Und Pismire trug mit Tussnelda Dobbert zu dem wartenden Karren. Nur Kathiopeja stand noch immer an der Absperrung und winkte ihnen durch das Fenster zu. Sie zeigte auf eine ganz in Schwarz gekleidete junge Frau, die neben ihr stand. Remedios verstand als erste. "Sieht so aus, als hätten wir noch eine Zeugin."

Kirri Winter versuchte, sich weder ihre Neugier noch ihren Schock ansehen zu lassen, sondern verschanzte sich hinter einer "kühlen" Fassade. Sie war erst 16 und arbeitete nur stundenweise bei Hasenklein, deshalb war sie auch gerade erst gekommen, wie sie ihnen erklärte.
"Können wir dir ein paar Fragen stellen? Wenn es dir zu viel wird, dann...", begann Remedios in einfühlsamen Ton.
"Nee, geht schon."
"Du hast also für Herrn Hasenklein gearbeitet. Wie war er denn so? Ich meine, als Mensch?", schaltete sich Fynn ein.
"Was soll'n das heißen? Der war doch schon immer n'Mensch?"
"Ja, natürlich. Aber war er fröhlich? Pedantisch? War er ein guter Chef? Wofür hat er sich interessiert?"
Kirri zuckte die Schultern. "Der Alte war ok. Was er sonst noch so gemacht hat, weiß ich nicht. Außer Kegeln. Jeden Samstag."
"Also heute. Und wo?"
"In der 'Rosaroten Henne'."
"Die Kneipe gegenüber?"
Die Kleine nickte.
Remedios blickte von ihren Notizen auf. "Wo hat Herr Hasenklein eigentlich gewohnt?"
"Bei seinem Vater. Der... hat ihm Sorgen gemacht."
"Inwiefern?"
"Der is irgendwie schlecht drauf. Immer nur am Meckern und so."
"Adresse?"
Wieder nur ein Schulterzucken.
"Fällt dir sonst noch etwas ein? War in letzter Zeit irgendwas Besonderes?"
Das Mädchen wickelte sich eine schwarz gefärbte Haarsträhne um den Finger und starrte diese an, als wolle sie prüfen, ob sich die Farbe in den letzten Minuten geändert hatte. Fynn wollte seine Frage schon wiederholen, da antwortete Kirri doch noch.
"Nö, nix Besonderes. Dobbert hat die Kunden bedient wie immer, ständig auf die Uhr geschaut wie immer und ab und zu einen Scherz gemacht. Und zwischen drin, wenn nichts los war, hat er gelesen. Das tut... also das hat er gern getan." Sie schluckte und biss sich auf die Lippe. Dann schaute sie sich um, als wäre ihr auf einmal klar geworden, dass Hasenkleins Tod auch auf ihr Leben Auswirkungen hatte. "Was wird denn hier jetzt draus? Wer bekommt das alles?"
"Das ist eine gute Frage, Kirri. Der werden wir auf jeden Fall nachgehen", betonte Remedios. "Schließlich gehen wir davon aus, dass nichts gestohlen wurde, obwohl wir dir dankbar wären, wenn du das noch überprüfen könntest? Du kennst dich hier ja besser aus als wir." Die Werwölfin warf ihrem Kollegen einen bedeutungsvollen Blick zu.
"Du meinst..."
"Mord?", Kirri klappte der Unterkiefer herunter. "Aber wer sollte denn..."
"Das ist natürlich nur eine Möglichkeit", schränkte Remedios ein. "Aber eine, die wir nicht aus den Augen verlieren werden."
Nachdem das Mädchen sich umgesehen und ihnen bestätigt hatte, dass nichts fehlte, verließen sie den Laden und versiegelten die Tür. Nun konnte auch Kathiopeja endlich die Absperrung zusammenfalten.
"Für die Kneipe ist es noch zu früh. Bleiben der Vater und die Nachbarn."
Die Gefreite nickte. "Ich übernehme die Nachbarn. Treffen wir uns um eins in der Wache?"
Nicht zum ersten Mal fragte sich Fynn, wer jetzt eigentlich die Ermittlungen leitete. Auch wenn die Werwölfin ihre Ausbildung bereits abgeschlossen hatte, hatte sie doch den gleichen Rang und sein Ausbilder hatte ihm die Verantwortung übertragen. Doch für den Augenblick würde er sich nicht mit ihr anlegen. Die Aufteilung passte ihm eigentlich ganz gut. "Sagen wir lieber um halb drei. Ich habe noch etwas vor."

Er verbrachte eine wenig angenehme halbe Stunde bei dem Vater von Dobbert Hasenklein. Nicht nur, dass er ihm die Nachricht vom Tod seines Sohnes überbringen musste, nach dem ersten Schock ließ dieser kein gutes Haar an Dobbert und seinem Beruf. Seiner Meinung nach war er schwächlich, weich und viel zu ruhig gewesen. Außerdem hatte er sich über dessen "manische Pünktlichkeit" aufgeregt. Ihm war am Tattag nichts Besonderes aufgefallen, aber wenigstens kannte der Gefreite jetzt den Namen eines Kegelbruders von Hasenklein und hatte erfahren, dass Dobberts Besitz, mangels Testament und weiterer Verwandter, höchstwahrscheinlich an den Griesgram fiel.
Als Fynn sich nun der mit immer schwerer werdenden Schritten der Ulmenstraße näherte, sah er sich aufmerksam um. Komisch, früher war ihm alles größer und breiter vorgekommen. Ansonsten hatte sich die Gegend aber nicht viel verändert. Die Ulmenstraße bildete die Grenze zwischen den Schatten und dem Nilpferd, welches auch als Schlachthausviertel bekannt war. Dementsprechend waren die Häuser einfach, die Geschäfte rustikal und billig, die Straße schmutzig, die Wände bemalt und in der Luft lag die Mischung aus dem nicht sehr weit entfernten Ankh und den Schlachtabfällen, die nebenan weiterverarbeitet wurden.
Auch der Laden seines Ziehvaters hatte nichts mit den funkelnden Verkaufstempeln der Juweliere im Ankh-Teil gemeinsam. Die Fenster waren klein und vergittert und die Tür aus solidem Holz. Die Fassade hatte bessere Zeiten gesehen und das Schild war bereits ziemlich verwittert. Die Aufschrift, die schlicht "Uhrmacher Zeiger" lautete, war schon kaum noch zu entziffern.
Die Ladenglocke schepperte, als Fynn eintrat. Es roch noch genau wie damals und sofort stürmten tausend Kindheitserinnerungen auf ihn ein. In seinem Bauch breitete sich ein warmes Gefühl aus, das sich mit seiner Aufregung und seinen Schuldgefühlen vermischte. Aus dem angrenzenden Raum, in dem Nathaniels Werkstatt lag, kam ein alter Mann. Im ersten Augenblick wusste der Gefreite nicht, wen er vor sich hatte. Sein Adoptivvater war stärker gealtert, als er geglaubt hatte. Er wirkte uralt und zerbrechlich.
Auch Nathaniel Zeiger konnte nicht glauben, was er sah. Spielten ihm seine durch jahrelange intensive Anstrengung müde und trüb gewordenen Augen einen Streich? Er konnte sich noch gut an den Tag erinnern, an dem ein Säugling in ihr Haus kam, obwohl sie für die Elternrolle eigentlich schon zu alt gewesen waren. Doch seine Frau hatte ihn unbedingt haben wollen, diesen winzigen Findling und als sie nur wenige Monate später überraschend verstarb, war ihm der Kleine längst selbst so sehr ans Herz gewachsen, dass er ihn nicht wieder hergeben konnte. So wuchs der Junge ohne Mutter auf, wurde wild und frech. Die ersten Jahre ging noch alles gut. Der Kleine war aufgeweckt, interessierte sich für alles in der Werkstatt und bastelte später immer öfter selbst an den Uhren herum. Doch er konnte sich nicht für den Schulunterricht, den sie sich sowieso nur selten erlauben konnten, erwärmen und auch das Handwerk, das er eigentlich erlernen sollte, fesselte ihn mit zunehmenden Alter nicht mehr. Er trieb sich mehr und mehr auf der Straße herum, fand falsche Freunde und je mehr Nathaniel versuchte, ihm etwas beizubringen, umso mehr sperrte er sich. Als er verschwand, war der alte Mann enttäuscht, aber nicht wirklich überrascht. Er hatte es kommen sehen, ohne wirklich etwas daran ändern zu können. Er war Fynn nicht sehr böse gewesen, aber voller Sorge um seinen Sohn. Und was er von ihm hörte, hatte seinen Sorgen nur verstärkt. Dann aber hörte er von einem Tag auf den anderen nichts mehr, niemand hatte ihn gesehen, niemand konnte von einer neuerlichen Schandtat berichten. Da sah Nathaniel schließlich seine größten Ängste bestätigt. Er hatte geglaubt, sein Sohn sei tot.
"Fynn, bist du das?", konnte er endlich hervor bringen.
Der junge Mann sah ihn erst verwirrt, dann irgendwie entsetzt, dann verlegen an. "Hallo, Paps."
Das Kosewort reichte, um bei Nathaniel alle Dämme brechen zu lassen. Still rannen ihm die Tränen die Wange hinunter, während er seinen verloren geglaubten Sohn umarmte, als wollte er ihn nie wieder loslassen.

Anderthalb ermüdende Stunden später hatte Remedios die gesamte Nachbarschaft abgeklappert. Alle, die überhaupt mit ihr geredet hatten, hatten nichts Ungewöhnliches bemerkt. Bis auf die Bäckerin, die Frau Xanthippes Aussage bestätigte. Dobbert Hasenklein wurde übereinstimmend als freundlich, introvertiert und sehr pünktlich beschrieben. Die einzigen Dinge, die ihn neben seinem Beruf zu interessieren schienen, waren Bücher und Kegeln. Der Laden wurde gut besucht und von allen Eltern und Großeltern der Umgebung geschätzt.
Zufrieden mit ihrer Leistung holte die Ermittlerin sich zwei Fleischpasteten an einem Marktstand und ließ sich auf die Bank vor dem kümmerlichen Blumenbeet nieder. Während sie aß, grübelte sie über die Ergebnisse ihrer Befragungen nach. Zum jetzigen Zeitpunkt sah alles danach aus, als wäre Dobbert aus heiterem Himmel überfallen worden, während die meisten noch oder schon wieder schliefen oder mit etwas anderem beschäftigt waren und dann hatten sich die Täter ohne etwas zu stehlen aus dem Staub gemacht. Sicher, die alte Dame hatte sie quasi in flagranti erwischt. War es also ein schief gegangener Raub oder doch ein geplanter Mord?
Ihre Nase hatte schon seit einer Weile Meldungen über einen unangenehmen Geruch an ihr Gehirn übermittelt, doch erst als sie die dazu gehörige Stimme wahrnahm, zog sie auch die Nase kraus.
"Ey, dasis mein Platz."
Die Werwölfin blickte auf und sah eine zerlumpte Gestalt vor sich stehen. Ein junger Mann mit fettigen roten Haaren, der dringend eine Wäsche brauchte, starrte sie herausfordernd an.
"Haste mal ‘nen Dollar? Für was zu Essen", fügte er hoffnungsvoll hinzu.
"Wenn das dein Platz ist, dann bist du doch eigentlich immer hier, oder?"
Der Junge grinste. "Außer wenn ich in meiner Sommerrestenz bin."
"Sommer... du hast eine Sommerresidenz?"
"Das warn Witz." Der Rothaarige rollte mit den Augen.
Mit einer ungeduldigen Geste wischte Remedios das beiseite. "Warst du heute Morgen auch hier?"
"Kann sein."
"Und hast du heute Morgen was Ungewöhnliches beobachtet?"
"Vielleicht."
Langsam wurde die Wächterin wütend. "Dort drüben wurde ein Mensch erschlagen! Also Schluss mit den Ausflüchten. Wenn du etwas zu sagen hast, sag es!" Erbost sprang sie auf und drohte mit ihrem Zeigefinger ein Loch in den Jungen zu stechen. Dessen Blick flackerte kurz, doch dann zuckte er gleichgültig mit den Schultern und ließ sich auf seinen frei gewordenen Stammplatz fallen. "Ich weiß bloß, dass ich Hunger hab'. Also was is' mitnem Dollar?"
"Ach verdammt, hier!" Genervt warf Remedios dem Bettler ihre zweite Pastete zu. Der Appetit war ihr jetzt vergangen. Trotzdem, die ganze Klinkenputzerei war immer noch besser, als einem Angehörigen die Todesnachricht zu überbringen. Dieser Teil ihrer Arbeit gefiel keinem der Wächter.

Die Umarmung, während derer Fynn unbeholfen gestottert hatte, dass es ihm leidtäte, musste doch irgendwann enden und nachdem Nathaniel sich etwas erholt hatte, schloss er die Ladentür ab und führte seinen Sohn in seine Küche.
"Ich koche dir dein Lieblingsessen, ja? Allerleieintopf mit Wurst. Sag mal, ist das eine Uniform von der Stadtwache?"
Fynn nickte zur Bestätigung und als Antwort auf das Essensangebot. "Ja, du wirst es nicht glauben, aber ich bin bei der Wache gelandet. Ich arbeite jetzt in der Abteilung RUM und kläre Morde auf. Komm, ich helfe dir beim Kochen und erzähle dir, wie es mir ergangen ist."
Doch alles konnte er nicht sagen. Er beschränkte sich auf ein "...Und dann ist etwas Schlimmes passiert. Etwas, das ich nicht gewollt habe, glaub mir. Ich ... jedenfalls habe ich die Stadt verlassen und bin untergetaucht."
Als sie das Essen beendeten, war auch der Rest der Geschichte erzählt und Nathaniel hatte von den Sorgen berichtet, die er sich damals gemacht hatte und von seinem seither nicht sehr ereignisreichen Leben. Seine aktuellen Sorgen, sein nachlassendes Augenlicht und die damit verbundene Tatsache, seinen Beruf nicht mehr lange ausüben zu können und nicht zu wissen, wovon er dann leben sollte, behielt er für sich. Dies war nicht der richtige Augenblick dafür.
"Ich hätte da noch eine Frage", mit einer verlegenen Geste legte Fynn eine Taschenuhr neben die schmutzigen Teller. "Kannst du dich an die hier erinnern?"
Nathaniel liebte Uhren und sah in jeder eine eigene Persönlichkeit, deswegen wusste er fast sofort, um welches Stück es sich handelte. Um sicher zu gehen, würde er aber seine Aufzeichnungen konsultieren müssen. "Komm mit in die Werkstatt, dann kann ich es dir genauer sagen."
Ein Blick in seine Bücher und ein genauerer auf die Uhr unter der Lupe und der alte Uhrmacher nickte. "Quirmer Schnecke aus dem Jahr der erschrockenen Weide, mit Stahlräderwerk. Von einer Frau Dorntreuter gebracht."
"Weißt du noch, was an ihr kaputt war?"
"Die Mechanik war absichtlich beschädigt worden. Ich musste ein verbogenes Zahnrad austauschen."
"Und das konnte nicht durch einen Sturz geschehen sein, richtig?"
Zeiger schüttelte den Kopf. "Sehr unwahrscheinlich. Und bei einer Quirmer Schnecke erst recht. Außerdem habe ich auch noch den inneren Staubdeckel ersetzt, er hatte einige Kratzer, als hätte ihn jemand ungeschickt geöffnet."
"Oder in großer Eile. Danke, du hast mir sehr geholfen."
Der alte Mann reichte die Uhr zurück und fragte: "Kommst du mal wieder?"
"Natürlich. Bald."
Nach einer plötzlich wieder von Verlegenheit geprägten Verabschiedung sah Nathaniel seinem Ziehsohn mit gemischten Gefühlen nach. Er freute sich sehr, dass er noch am Leben war und ihn besucht hatte. Deshalb hatte er sich auch nicht anmerken lassen, wie sehr es ihn verletzt hatte, dass er schon drei Jahre wieder in der Stadt war und erst gekommen war, als er ihn gebraucht hatte.

Fynn hingegen war erleichtert und froh. Beschwingt machte er sich auf den Rückweg zur Wache. Den Fall Dorntreuter würde er ganz allein aufklären, das hatte er sich vorgenommen. Im Grunde brauchte er der dürren Siglinde die Tat nur noch nachweisen. Denn dass sie es gewesen war, daran hatte er kaum noch Zweifel. Sie hatte ein Motiv - Geldgier - und die Mittel. Selbst ihr dürfte es nicht schwer gefallen sein, einen Mann, der gerade einen Herzinfarkt erlitt, die Treppe hinunter zu stoßen. Wahrscheinlich hatte sie die günstige Gelegenheit genutzt. Darüber hinaus hatte sich nach Aussage der Haushälterin äußerst verdächtig verhalten. Zudem hatte sie, kaum dass sie das einzige Beweisstück ihrer Tat - die Uhr - wieder in ihren Händen hatte, alle Spuren beseitigen lassen. Dass sie sie aus Sentimentalität oder wegen ihres Wertes hatte reparieren lassen, glaubte Fynn nicht. Dann hätte sie das gute Stück anschließend nicht so lieblos aufbewahrt.
Doch zunächst musste er in seinem anderen Fall ermitteln. Er war gespannt darauf, was die Werwölfin herausgefunden hatte.

Damit sie nicht alles zweimal erzählen mussten, trafen sie sich im Büro von Korporal Kolumbini. Nachdem sie sich über ihre Erkenntnisse ausgetauscht hatten, berichtete Remedios noch von der Begegnung mit dem Bettler.
"Ich bin sicher, er weiß etwas". Im Nachhinein ärgerte sie sich, so schnell aufgegeben zu haben. "Wir sollten ihn auf jeden Fall noch mal in die Mangel nehmen."
"Das kann nicht schaden. Es lohnt sich oft, hartnäckig zu sein", stimmte Kolumbini dem zu. "Wie schätzt du den Fall ein?", wollte er dann von seinem Auszubildenden wissen.
"Nun, Sör. Ich denke, es war wahrscheinlich ein Raubmord."
"Aber es wurde nichts gestohlen", spielte der Korporal den Advocatus diaboli.
"Sie wurden von der Zeugin Xanthipp gestört und sind geflüchtet, ehe sie die Kasse ausräumen konnten."
In den Augen der Werwölfin blitzte es auf. "Ich denke, es war Mord."
"Also dafür gibt es ja nun wirklich gar keinen Beweis. Noch nicht mal ein Motiv!"
"Der Vater hätte eins, er kann seinen Sohn nicht leiden und erbt sein Geld!"
"Der Alte ist krank!!"
"Umso mehr brauchte er das Geld!!"
"Du glaubst doch nicht im Ernst, dass dieser Tattergreis seinen Sohn erschlagen kann. Außerdem waren es zwei Täter!!"
"Na also, dann hat der andere zugeschlagen!!"
"Und wer sollte der sein?"
"Das finden wir schon raus! Vielleicht waren es auch zwei unlizenzierte Auftragsmörder."
Der Ausbilder hatte dem Schlagabtausch mit leicht amüsierter Mine zugesehen, als wäre er Zuschauer bei einer dieser neumodischen Tennis-Sportveranstaltungen [4].
Er dachte jedoch nicht im Traum daran, sich einzumischen. Sollten die beiden Grünschnäbel das ruhig untereinander klären. Solange sie in alle Richtungen ermittelten, waren ihm ihre Meinungsverschiedenheiten egal. Sie gehörten in gewisser Weise zum Dasein eines Ermittlers.
Als nichts mehr als beleidigtes Schweigen kam, fragte er: "Und was wollt ihr als nächstes unternehmen?"
"Wir gehen kegeln."

Die Sonne begann bereits hinter dem Rand zu verschwinden als sie zur "Rosaroten Henne" aufbrachen. Fynn hatte deshalb eine Laterne an seinem Gürtel befestigt und eine Packung Streichhölzer dabei. Eigentlich hatte er immer eine Packung Streichhölzer dabei - man konnte ja nie wissen...
Auf der Hälfte des Weges zündete er die Lampe an und erntete dafür einen verwunderten Blick von der Werwölfin. Dann grinste diese vor sich hin. Fynn wusste, dass Gerüchte über seine angebliche Angst im Dunkeln im Umlauf waren, seit sie bei dieser unseligen Bruderschaft gewesen waren. Im Nachhinein war ihm auch klar geworden, dass alle anderen, außer vielleicht Nyria, genauso wenig gesehen hatten wie er und er tatsächlich ein wenig panisch reagiert hatte. In dem Zusammenhang war ihm auch schon eine Idee gekommen, die er aber noch nicht umgesetzt hatte. Und auch jetzt hatte er wahrlich anderes zu tun.
Sie betraten eine typische Ankher Kneipe. Es roch genauso wie in jeder anderen Lokalität dieser Art und auch die Einrichtung und die Beleuchtung waren so, wie man sie erwartete. Auf den zweiten Blick jedoch fiel auf, dass die Möbel weniger mitgenommen, die Gläser sauberer und der Boden weniger blutbesudelt war als auf der anderen Seite des Flusses. Auf der drehwärtigen Seite befand sich eine Bühne, die jedoch zu diesem Zeitpunkt noch leer war. Auch der Gastraum war noch nicht besonders gut gefüllt.
"Wir haben gehört, hier kann man kegeln?", wandte sich Fynn an den Wirt, der natürlich dabei war, einige Gläser zu putzen. Allerdings hatten seine Bemühungen auch Erfolg, im Gegensatz zu manch anderer Gelegenheit, wo der Wächter diese beobachtet hatte.
"Geschlossene Gesellschaft", brummte der Wirt und fuhr mit seiner Tätigkeit fort.
"Das wissen wir", konterte Remedios geschickt. "Wir sind Freunde von Dobbert. Er hat uns eingeladen."
Obwohl Lumi Gockel vom Tod des Spielzeughändlers gehört hatte und die beiden angeblichen Freunde Stadtwache-Uniformen trugen, entschied sich der Wirt, dass es ihn nichts angehe und deutete mit dem Kopf auf eine Tür gegenüber der Bühne. Er hatte keinen Lust auf Ärger noch vor Beginn der Show.
Die Treppe hinter der Tür wurde nur spärlich von ein paar Fackeln beleuchtet und Fynn klammerte sich an die Laterne, während er sich den Abgang hinunter tastete. Unten trafen sie auf eine Gruppe von neun Leuten, die sich um einen Tisch versammelt hatte. Keiner von ihnen rührte sich oder sagte einen Ton. Die Wächter wechselten einen verblüfften Blick. Gerade wollte Fynn die Stille unterbrechen, als einer der Männer sein Glas hob. "Nach der Gedenkminute lasst uns anstoßen auf Dobbert. Er war ein fröhlicher Mensch und hätte gewollt, dass wir nicht lange um ihn trauern."
Alle hoben ihre Getränke und riefen im Chor: "Ob Korn, ob hinten, ums Vordereck, wir hauen alle weg! Auf Dobbert!"
Während sich danach die ersten beiden Kegler erhoben und an die Bahnen traten, steuerte Remedios auf den Sprecher der Gruppe zu.
"Guten Abend."
"Ah, unsere Freunde und Helfer. Setzt euch! Ihr seid bestimmt wegen Dobbert hier, oder? Schreckliche Sache, das." Betrübt schüttelte der Mann den Kopf, doch gleich darauf hellte sich seine Miene wieder auf. "Ich bin übrigens Miros Portante."
Überrascht von dem freundlichen Empfang, stellten die beiden Wächter sich vor und nahmen anschließend am Tisch Platz.
"Wollt ihr etwas trinken?", er deutete auf eine zweite, kleinere Theke, die in einer Ecke von einer jungen Frau bedient wurde.
"Später vielleicht", lehnte Fynn ab. "Wir haben da noch ein paar Fragen."
"Ja, fragt nur. Wir alle hier wollen, dass die Schweine gefasst werden."
Remedios horchte auf. "Wieso die Mehrzahl?"
"Waren es nicht mehrere? So erzählt man es sich im Viertel. Ich glaube, es war von vier oder fünf düsteren Kerlen die Rede."
"Nun, wir äh... ermitteln noch", blieb Remedios absichtlich vage.
"Hat jemand heute Morgen etwas gesehen?"
Miros schüttelte den Kopf. "Wir wohnen alle nicht am Platz, außer Natascha." Er deutete auf eine Frau, die gerade die Kugel auf die Bahn geschickt hatte. Sie hatte eine ausgeleierte Strickjacke und eine ausgebeulte Hose, sowie flache Schuhe an. Als sie sich umdrehte, sah Fynn, dass ihre Zähne merkwürdig vorstanden.
"Eine Schwarzbandlerin", raunte ihm Remedios zu. Er stand auf und bat die Vampirin an die Theke, um sich mit ihr allein zu unterhalten.
"Gefreiter Fynn Düstergut", stellte er sich noch einmal vor und zeigte seine Marke. Wenn man genau hinsah, erkannte man die Schönheit, die die Vampirin zu vertuschen versuchte.
"Natascha Irrmingunde Andrrea Esla Norrmandia von ... Müllerr."
Der leichte überwaldliche Akzent war irgendwie reizend, fand Fynn.
"Herr Portante sagte uns, du würdest in der Nähe von Herrn Hasenkleins Geschäft wohnen?"
"Ja, ich habe eine Dachgeschosswohnung über dem Blumenladen."
Dieser lag fast gegenüber des Spielzeugladens, wie sich Fynn erinnerte.
"Und kannst du uns irgendetwas sagen, das uns weiterhilft? Hast du was gesehen oder gehört?"
"Dobberrt hat seinen Laden geöffnet wie immerr. Um Punkt sieben Uhrr morrgens. Ich warr gerrade von meiner Arrbeit gekommen und habe ihn gegrrüßt."
"Was machte er für einen Eindruck auf dich? War er irgendwie anders als sonst?"
"Nein, kann ich nicht sagen. Aberr ich habe ihn ja auch nur ganz kurrz gesehen."
"Sieben Uhr morgens ist ziemlich früh, um ein Spielzeuggeschäft zu öffnen."
"Ich glaube, err tat das wegen seinem Vaterr. Err war keine Minute längerr als nötig zuhause. Außerrdem hatte err sich nun mal darrauf festgelegt. Und Terrmine hat err immerr eingehalten. Wenn zum Beispiel noch jemand in seinem Laden warr und err nicht pünktlich schließen konnte, ist err immerr rrichtig nerrvös geworrden."
Das erinnerte Fynn an etwas, das Kirri gesagt hatte. "Er hat deshalb auch ständig auf seine Uhr geschaut, nicht wahr?"
"Ja. Err hatte eine wirrklich schöne Uhrr. Eine Spezialanferrtigung, die einerr Spieluhrr nachempfunden warr. Unter dem Uhrrenglas drrehte sich eine winzige Ballerrina im Mittelpunkt des Zifferrnblattes und zu jederr Stunde spielte sie eine kleine Melodie." Plötzlich bildete sich eine steile Falte auf der Stirn der Vampirin. "Mirr fällt gerrade noch etwas ein. Als ich meine Haustürr aufgeschlossen habe, habe ich gesehen, dass auf Rrostis Bank zwei frremde Männerr saßen."
"Rostis Bank?"
"Die Bank am Blumenbeet. Dorrt sitzt normalerrweise immer ein jungerr Bettler. Er heißt Rrosti, wegen seinerr rroten Haarre."
Dann hatte Remedios unter Umständen in diesem Punkt recht gehabt - der Bettler wusste vielleicht etwas.
"Sie haben Dobberrts Laden beobachtet. So sah es jedenfalls aus. Aberr naja", sie wirkte verlegen, "ich habe mich nicht weiterr darrum gekümmerrt. Ich warr in Eile, die Sonne ging bald auf."
"Verstehe. Dann hast du auch später nichts mitbekommen?"
"Nein, tut mirr leid."
"Falls dir noch etwas einfallen sollte, zögere nicht, die Wache zu informieren", sagte Fynn ihren Standardsatz.
Er ging zurück zu seiner Kollegin, die die Befragung von Portante offenbar abgeschlossen hatte und gerade einen Zwerg fragte, ob er wüsste, ob Dobbert ein Testament gemacht hätte. Dieser verneinte und Fynn wollte Remedios gerade zum Gehen bewegen, als Portante einen besonders gut gelungenen Wurf eines jungen Mannes mit dem Ausruf: "Ha! Gratuliere! Das war ein echter Dorntreuter!", kommentierte. Ihm entging auch nicht der giftige Blick, den der erfolgreiche Kegler daraufhin dem dicklichen Miros zuwarf. Dieser kicherte.
"Damit kann man ihn immer noch ärgern", bemerkte er gutgelaunt zu dem Wächter.
"Du kanntest Wolruf Dorntreuter?"
"Kannte? Ich war sein bester Freund. Und der war ein wirklich begnadeter Kegler, das kann ich dir sagen. Zehn Jahre in Folge Stadtmeister! Kaum jemand konnte ihm das Wasser reichen, nicht mal unser jetziger Champion", er deutete auf den jungen Mann. "Die meisten von uns betreiben das Kegeln sowieso nur zur Freizeitbeschäftigung."
Nachdenklich betrachtete Fynn den Angesprochenen. "Er sieht mir ziemlich ehrgeizig aus."
Miros lachte auf. "Und ob! Für den Titel würde Peter vermutlich seine eigene Mutter verkaufen. Nicht dass die jemand haben wollte, schon gar nicht für Geld."
Der Gefreite hatte plötzlich so ein Gefühl, dass diese Informationen wichtig waren. "Ahja, Peter äh..."
"Kleinmut."
"Genau. Und vor fünf Jahren holte er zum ersten Mal den Titel, oder? Kurz nach Dorntreuters Tod?"
"Ich habe schon so manches Mal gedacht, wenn Wolruf nicht den Herzinfarkt gehabt hätte, wäre Peter ewiger Zweiter geblieben. Aber woher weißt du das alles?"
"Ich äh... interessiere mich fürs Kegeln", log Fynn.
"Na, worauf wartest du dann noch? Zeig mal, was du drauf hast."
"Ich will nicht stören. Außerdem ist das Interesse mehr... theoretischer Natur."
"Ach was. Hier hast du eine Kugel."
So blieb Fynn nichts anderes übrig, als unter den Anfeuerungsrufen der Kegler und dem Stirnrunzeln seiner Kollegin an die Bahn zu treten. Ungeschickt ließ er die Kugel fallen, die auf das Holz knallte, einen schwankenden Kurs einschlug und sich schließlich für die Rinne neben der Bahn entschied.
"Macht nichts, Junge". Gönnerhaft klopfte Portante Fynn auf die Schulter. "Komm ruhig wieder, wenn du willst. In unserem Verein ist ein Platz frei geworden."

"Du hattest recht", sagte der Gefreite leise, als sie die Kneipe verließen. "Wir müssen den Bettler noch einmal befragen. Die Vampirin hat zwei Fremde auf seiner Bank sitzen sehen."
"Das Flüstern kannst du dir sparen. Er ist nicht da. Wahrscheinlich hat er uns kommen sehen und hat sich verdrückt."
Fynn, der über den Lichtkreis seiner Laterne hinaus nichts erkennen konnte, fragte: "Bist du sicher?"
"Der Mond ist noch fast voll. Wenn du deine Funzel ausblasen würdest, würde dir das vielleicht auch auffallen. Außerdem kann ich ihn nirgends riechen."
Trotzdem näherte sie sich der Bank. "Seine Spur ist aber noch da. Wenn ich mich verwandle, kann ich ihn aufspüren."
"Lieber nicht. Es war ein langer Tag. Lass es uns lieber morgen noch einmal versuchen."
Die Werwölfin zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen. "Wie du meinst. Du bist der Boss", sagte sie etwas schnippisch.
Schnell schloss Fynn zu ihr auf. "Du glaubst immer noch, dass es ein Mord war, oder?"
"Bis jetzt haben wir nichts gefunden, was dagegen spricht."
"Aber auch nichts, was dafür spricht. Hasenklein hatte eine auffällige Uhr. Wir sollten morgen überprüfen, ob sie bei seinen Sachen ist. Vielleicht hat SUSI dann auch schon was Neues für uns."
Mit diesem Waffenstillstand brachten sie den Rest des Weges schweigend zu Ende.

Jahr des prophezeienden Frosches, 3. März

Es gab wahrlich angenehmere Orte als die Pathologie, vor allem am frühen Morgen. Und früher Morgen war nach Fynns Ansicht alles, was vor dem Mittagessen lag. Remedios hatte sich mit Hinweis auf ihre empfindliche Nase und der niedrigen Toleranzschwelle, was Blutgeruch anging und "erst recht diesen fürchterlichen Veilchengestank" der lästigen Pflicht entzogen. Stattdessen wollte sie noch einmal versuchen, den Bettler aufzutreiben. Fynn jedoch konzentrierte sich darauf, das karge Frühstück bei sich zu behalten, während er dem Hauptmann lauschte. Viel mehr als schon im Laden hatte der aber auch nicht zu sagen.
"Der Todeszeitpunkt liegt zwischen halb acht und halb neun Uhr morgens. Todesursache war die eingeschlagene Schädeldecke. Stumpfer Gegenstand und höchstwahrscheinlich während eines Handgemenges zugezogen. Dafür sprechen die Abwehrverletzungen und der Winkel der Schädelfraktur. Ansonsten war der Mann kerngesund, abgesehen von seinem Rücken, der ihm ein paar Probleme gemacht haben dürfte."
"Das klingt eher nach einem Totschlag als nach Mord."
"Möglicherweise. Oder der Mörder war eben nicht sehr geschickt."
Der Ermittler in Ausbildung zeigte auf eine kleine Metallschüssel, die zu Füßen des Leichnams stand und einige Kleinigkeiten enthielt. "Ist das alles, was Herr Hasenklein dabei hatte?"
"Alles, was wir bei ihm gefunden haben, ja."
"Ich habe es geahnt", freute sich Fynn. "Keine Uhr."

Auch heute war Rosti nicht auf der Bank anzutreffen. Die Passanten, die sie nach dem Jungen fragte, hatten ihn auch schon seit gestern nicht mehr gesehen. Natürlich konnte die Ermittlerin nicht wissen, ob es normal war, dass er so lange seinem Stammplatz fernblieb oder ob es angebracht war, sich Sorgen zu machen. Auf jeden Fall musste sie aber dringend noch einmal mit ihm sprechen und deshalb beschloss sie, ihm zu folgen.
Remedios hatte ihre Uniform in einem Waschraum in der Bäckerei deponieren dürfen. Auch wenn die neugierige Frau Sandermann das vermutlich gleich brühwarm in der Nachbarschaft herum erzählt hatte, der Laden von Hasenklein war versiegelt und sie hätte sich ein Einschlupfloch schaffen müssen, dass natürlich auch andere hätten entdecken können. Aber der Hauptgrund war der noch immer im Laden hängende Geruch nach Blut und Tod, der sie von dieser Lösung abgehalten hatte.
Als sie sich auf den Weg machte, sandte ihre Nase bunte Geruchsspuren an ihr Gehirn, in denen Rostis Spur dunkelrote, schon ein wenig verblasste Schlieren zog. Sie war gerade noch rechtzeitig gekommen, schon bald wäre die Spur kalt gewesen. Und so beeilte sie sich, dem zuletzt von der Bank aus zurückgelegten Weg des Bettlers zu folgen. Hier und da musste sie anhalten und genauer schnüffeln, weil der Geruch von anderen, stärkeren überlagert wurde, doch bisher war es ihr gelungen, ihn immer wieder zu finden. An einer Stelle im Hide Park konnte sie sogar riechen, dass sich Rosti dort länger aufgehalten hatte. Doch es mischte sich auch eine unangenehm metallisch-quietschgelbe, nur allzu vertraute Note darunter: Blut. Sie konnte außerdem die Geruchsspuren vieler weiterer Wesen wahrnehmen, doch das war nicht verwunderlich, denn der Park war ein beliebtes Ziel für Spaziergänge, Angelausflüge, Raubüberfälle, heimliches Entsorgen von Leichen und anderen Freizeitaktivitäten der Bewohner der Stadt. Zwei Duftnoten schätzte sie jedoch ungefähr gleich alt wie Rostis Spur ein – ein männlicher Mensch und ein Zwerg mussten hier auf den Bettler getroffen sein. War er es, der geblutet hatte? Und hatten die beiden anderen ihn verletzt? Welcher Spur sollte sie nun folgen?

Die fehlende Uhr hatte Fynn nicht nur endgültig von der Raubüberfall-Theorie überzeugt, sondern ihn auch an den Fall Dorntreuter erinnert. Für welchen Zeitraum hatte der Mörder des Kapitäns ein falsches Alibi gebraucht?
"Wie genau kann man den Zeitpunkt eines Todes eigentlich bestimmen?"
Der Hauptmann freute sich über die fachliche Neugier des jungen Gefreiten. "Das hängt davon ab, wann und wo man den Leichnam findet. Grob gesagt, geben Körpertemperatur, Leichenflecken und Totenstarre Hinweise, zumindest bei den Spezies, die überhaupt so etwas aufweisen. Wenn jemand aber beispielsweise im Wasser lag oder eingefroren war oder länger als 12 Stunden tot, dann wird es schwieriger. Ganz zu schweigen von Untoten oder Trollen. Bei Zwergen muss man außerdem..."
"Äh, danke. Das reicht mir schon."
Zwischen zwei und vier Uhr nachmittags, hatte in dem Bericht gestanden. Die Uhr war auf halb drei gestellt worden, ehe das Uhrwerk beschädigt wurde. Vor oder zurück?
Fynn beschloss, Nathaniel wegen Hasenkleins Uhr eine Nachricht zu schicken. Vielleicht konnte er sich ein wenig umhören nach dem auffälligen Diebesgut. Und dann würde er einen weiteren Blick in die Akte Dorntreuter werfen.
Als er die Stufen zum Klackerturm erklommen hatte fand er Kannichgut Zwiebel in die Lektüre eines Textes vertieft, der zu einem dicken Bündel Papier gebunden und mit kompliziert aussehenden Zeichnungen versehen war.
"Ich würde gern eine Nachricht verschicken." Vorsichtshalber salutierte der Gefreite, doch der Kommunikationsexperte sah ihn gar nicht an, sondern deutete in eine unbestimmte Richtung.
"Leg sie einfach dahin, Im Moment funktioniert gar nichts. Ich muss erst noch den Kommunikationsfehler 404 beseitigen. Danach schicke ich sie ab."
"Ach, ich habe jetzt gar nichts aufgeschrieben. Kann ich sie dir nicht einfach sagen?"
Jetzt hob der Lance-Korporal doch kurz den Kopf und warf Fynn einen verärgerten Blick zu. "Ich habe gerade Besseres zu tun, wie du siehst. Da hinten sind auch Papier und Tinte."
Nach zehn Minuten betrachtete der Ermittler Stirn runzelnd sein Werk und hoffte, dass Lance-Korporal Zwiebel den Text und die Adresse entziffern konnte. Aber nicht nur ums Schreiben, auch ums Lesen kam er einfach nicht herum.

Der Boden ihres Büros war von Blättern in Postkartengröße übersät, als Fynn zu seinem Schreibtisch zurückkehren wollte. Alle waren mit großen, in dicker schwarzer Tinte geschriebenen Buchstaben beschriftet und an einigen waren Bleistifte befestigt.
"Was ist denn hier los?"
"Hallo, Fynn. Ich brauche noch einen griffigen Satz, der die Besitzgier von Immobilienhaien anprangert und sich gegen die Abholzung von hölzernen Lebewesen zum Zwecke der Bereicherung von ebendiesen richtet." Septimus Ebel malte gerade mit einem Pinsel ein großes A auf ein weiteres Postkarten-Blatt.
"Äh..."
"Was hältst du von 'Hier wohnt der Baum'? Oder 'Keine Macht den Baummördern'?"
"Sind das unsere Bleistifte?"
"Nur geliehen."
"Und unsere Akten?"
"Papier ist ein wertvoller Rohstoff. Es spricht nichts dagegen, ihn mehrfach zu verwenden." Als er den ungläubigen Blick seines Kollegen sah, fügte er an: "Schon gut, das war ein Witz. Natürlich handelt es sich nur um deine Schreibübungen, nicht um die richtigen Berichte."
"Worum geht es überhaupt?"
"Ein Teil des Schlummerhügels soll bebaut und dafür alles abgeholzt werden. Dabei hat sich dort eine einzigartige Flora und Fauna entwickelt! Allein der Morporkische Kunstschnäpper..."
"Verstehe. Und du willst dagegen demonstrieren? Aber wer soll die ganzen Plakate denn tragen?"
"B.A.U.M. natürlich. Du bist herzlich eingeladen, dich zu beteiligen", gab der Gnom leicht eingeschnappt zurück.
"Ich äh... habe zwei Mordfälle zu bearbeiten und deshalb leider keine Zeit." Demonstrativ setzte sich Fynn an seinen Schreibtisch und klappte die Akte Dorntreuter auf.
Ebel grummelte etwas, aus dem Fynn das Wort "Ausrede" heraus hörte, doch dann widmete er sich wieder seinen Postkarten-Plakaten.
Eine Zeitlang herrschte geschäftige Stille.
Der Ermittler stellte fest, dass alle Beteiligten an dem Fall um halb drei Uhr nachmittags tatsächlich alle ein Alibi vorweisen konnten. Diese nachzuprüfen konnte er sich natürlich schenken, denn auf diesen Zeitpunkt kam es ja nicht an. Manfred und seine Frau hatten jedoch erst kurz nach zwei zusammen das Haus verlassen. Frau Dorntreuter war ein Kleid kaufen gegangen, was die Verkäuferin bestätigt hatte, Herr Dorntreuter war zur Arbeit gegangen. Auch er hatte Zeugen für seine Anwesenheit. Adalheide Sorfer war gegen halb vier von einem Treffen der "Gemeinschaft der leichtfüßigen Schwerfälligen" im Tempel des Solala zurückgekehrt und hatte nach ihrer Aussage Wolruf Dorntreuter am Fuße der Treppe liegend gefunden. All das lag noch innerhalb der von Huiztli Pochtli damals festgestellten Todeszeit. Ein Fremder war von niemandem bemerkt worden, was jedoch nicht ausschloss, dass es einen gegeben hatte.
"Wieso zwei?", riss Septimus Fynn aus seinen Gedanken.

Letztendlich hatte sie alle drei Spuren verloren. Selbst der Blutgeruch war von zu vielen Gerüchen überlagert worden, als Rosti in die Nähe des Hafens gegangen war. Und die Spur der anderen beiden war bereits kurz nach dem Park einfach abgebrochen. Vermutlich hatten sie einen Karren oder Reittiere bestiegen.
Ein wenig unentschlossen lungerte sie noch immer in der Bäckerei herum, in der Hoffnung, dass der Bettler zufällig gerade jetzt beschlossen hatte, zu der Bank zurück zu kehren. Doch die Menge an Kaffee, die sie zu sich nehmen konnte war begrenzt und in Wirklichkeit rechnete sie nicht damit, dass sie so viel Glück hatte. Außerdem war sie neugierig darauf, was SUSI inzwischen berichtet hatte. Sie zog ihren Geldbeutel heraus und zahlte.

Dem forschenden Blick des Gnoms hatte Fynn wenig entgegenzusetzen. Und wenn er ehrlich war, drängte es ihn danach, jemandem von seiner Entdeckung zu erzählen. Also brachte er ihn auf den neuesten Stand im Fall Dorntreuter. Die anfängliche Skepsis, die sich in den Augen Septimus gezeigt hatte, wich einem nachdenklichen Stirnrunzeln, als er von Nathaniels Aussage berichtete.
"Trotz allem", sagte der Verdeckte Ermittler nach Fynns Vortrag, "irgendetwas passt da noch nicht zusammen. Gibst du mir mal die Akte rüber?"
Nachdem der Gefreite den Ordner vor Ebel abgelegt hatte, machte der sich gleich an die Lektüre. Und auch wenn er wesentlich schneller dabei vorankam, dauerte es eine Weile, bis er die erneute Stille brach.
"Hast du schon mit dem Arzt gesprochen, diesem... Nieselhoff?"
"Nuselhoff. Nein, wieso? In dem Bericht steht doch, dass Dorntreuter an dem Sturz gestorben ist." Schon wieder jemand, der auf diese Weise ums Leben gekommen war, wurde ihm plötzlich bewusst. Vielleicht hatte gerade diese Tatsache ihn für den Fall sensibilisiert.
"Mag sein. Aber hier, lies mal diese Stelle."
Fynn tat so, als wäre er gerade zu faul zum Aufstehen. "Kannst du mir sie nicht vorlesen?"
Weil er auch keine Lust auf die vielen Fachausdrücke hatte, fasste Septimus es zusammen. "Huitztli schreibt hier sinngemäß, dass das Herz eigentlich einen gesunden und kräftigen Eindruck gemacht hat. Naja, oder so ähnlich jedenfalls."
Dem Ermittler war anzusehen, dass er noch immer auf dem Schlauch stand, worauf sein Kollege hinaus wollte.
"Manche Giftarten verursachen einen Herzstillstand. Frag Hauptmann Pismire... oder den Arzt."
"Gift?" Dieser Fall wurde wirklich immer komplexer. Andererseits passte das natürlich zu seiner Hauptverdächtigen. Töteten Frauen nicht bevorzugt mit Gift? Allerdings... "Aber bei einem Giftmord macht es keinen Sinn, die Uhr zu manipulieren, um ein Alibi zu bekommen."
"Es sei denn, es wirkt sehr schnell. Man müsste sich halt erkundigen, ob es ein solches Mittel gibt."
"Was für ein Mittel?", fragte Remedios, die nach einem kurzen Klopfen das Büro betreten und die letzten Worte mitbekommen hatte.
Fynn schaute hilfesuchend zu Septimus, der ihm aufmunternd zunickte. Also erzählte Fynn auch der Ermittlerin von seinem zweiten Fall.
"Ich helfe dir", bot sie spontan an. "Aber nur, wenn du es deinem Ausbilder sagst."
Nach einer kurzen Besprechung zu ihrem aktuellen Fall, bei der auch die Werwölfin schließlich einsah, dass es sich wohl um einen Raub handelte, fand sich Fynn folgerichtig vor dem Schreibtisch Kolumbinis wieder. Das er solange damit gezögert hatte, diesen einzuweihen hatte auch damit zusammengehangen, dass dieser damals der zuständige Ermittler gewesen war. Dementsprechend skeptisch gab der sich zunächst, auch wenn er sich schon gefragt hatte, wann Fynn zu ihm kommen würde. Doch er hörte sich geduldig alle Argumente und Ergebnisse an und war am Ende damit einverstanden, dass Fynn auch in diesem Fall weiter ermittelte. Natürlich würde er den jungen Mann im Auge behalten, so wie er ihn schon die ganze Zeit unauffällig beobachtete und bewertete. Und er war gespannt, ob er zu dem gleichen Schluss gelangte wie er damals und den Täter überführen konnte. Etwas was ihm mangels Beweisen nie gelungen war.

Es klopfte. Nathaniel versuchte zunächst, das Geräusch zu ignorieren. Schließlich war nicht nur Sonntag, auch die Abendstunden waren inzwischen weit voran geschritten. Dann kam ihm der Gedanke, dass es Fynn sein könnte, der da gegen seine Ladentür pochte. Es war jedoch nicht sein Adoptivsohn, den er dort fand. Es war einer der Bengel aus der Nachbarschaft, der eine Bauchbinde mit dem Logo der Klackergesellschaft trug und sich damit sichtlich wichtig vorkam.
"Eine Nachricht vonne Stadtwache", plapperte er los, kaum dass der Uhrmacher die Tür geöffnet hatte und streckte ihm einen schmuddeligen Zettel entgegen. "Geht um irgendnen Ohr."
"Ich glaube nicht, dass du die Nachrichten lesen solltest, die du austrägst", tadelte Nathaniel den Jungen.
"Wennse geheim wären, würde manse nich per Klacker schicken, oder?"
Kopfschüttelnd gab Nathaniel seine Erziehungsversuche auf und drückte dem Naseweis seinen Lohn in die Hand. Als er ihn wieder los war und für ausreichend Licht gesorgt hatte, las er schließlich:
suche gestolne taschenuhr - soll aussäen wie spiehluhr. bitte umhörn bei [das Wort war leider nicht zu entziffern, gez. LK Zwiebel], gruss fynn
Trotz der eigenwilligen Rechtschreibung und dem fehlenden Wort konnte sich Nathaniel zusammen reimen, was Fynn von ihm wollte. Nachdenklich machte er sich für das Bett bereit. So einfach, wie der Junge sich das vorstellte, war es gar nicht. Aber ihm würde schon etwas einfallen.

Jahr des prophezeienden Frosches, 6. März

Zwei Tage waren mit Routinekram, weiteren vergeblichen Besuchen am Süßlichen Weg und dem Warten auf die SUSI-Laborergebnisse und Nachricht von Nathaniel vergangen. Unterbrochen von einer Nacht, die auf Fynns Liste der schlimmsten Nächte seines Lebens gute Chancen auf einen Spitzenplatz hatte.
Auch den Arzt hatten sie nicht angetroffen, da er sich auf einer Reise befunden hatte und erst heute zurückkehren sollte. Es war schon fast Nachmittag, als sie vor Doktor Nuselhoffs Haus standen. Er hatte keine Praxis, sondern führte ausschließlich Hausbesuche bei den Patienten durch, die sich ihn leisten konnten.
Fynn wusste nicht, aus welchem Grund er sich den Doktor als kleinen, wuseligen Mann mit einer unangenehm hohen Stimme vorgestellt hatte. Die elegante Erscheinung mit den untadeligen Manieren, die sie empfing hatte jedenfalls so gut wie nichts mit dieser Vorstellung gemein.
"Bitte setzt euch. Kann ich euch etwas zu trinken anbieten?"
Als beide verneinten, kam er gleich zur Sache. "Wie kann ich der geschätzten Stadtwache behilflich sein?"
Fynn räusperte sich. Er war ein wenig eingeschüchtert von dem Mann und seiner nicht weniger eleganten Wohnung, auch wenn er das nie eingestanden hätte. "Es geht um einen länger zurück liegenden Fall. Ein Patient von dir, Wolruf Dorntreuter, hatte... einen Unfall. Du erinnerst dich?"
"Aber natürlich. Herr Dorntreuter war ein sehr angenehmer Patient und dieses Ende hatte er wahrlich nicht verdient. Ein Kollege von euch hat mich damals auch schon befragt."
Beide nickten, denn sie hatten die Aussage natürlich vorher gelesen. Remedios beantwortete die nicht gestellte Frage im letzten Satz. "Manchmal ergeben sich neue Hinweise nach einiger Zeit. Und manchmal erinnern sich Zeugen erst später an Kleinigkeiten, die wichtig sein können. Du hast damals gesagt, Herr Dorntreuter wäre schon länger wegen seines Herzens bei dir in Behandlung gewesen."
"Sehr richtig. Leider hatte er eine Schwäche für fettes Essen und bekam bei Weitem nicht mehr so viel Bewegung wie früher."
"Unser Pathologe hat aber festgestellt, dass sein Herz noch gesund war."
"Da muss sich euer Kollege wohl geirrt haben."
"Kennst du eine Substanz, die bei einem gesunden Menschen einen Herzinfarkt herbeiführen kann und zwar möglichst schnell?"
"Ich kenne verschiedene Substanzen, die das bewirken können. Und ja, ich habe auch einige davon vorrätig, denn oft kommt es nur auf die Dosierung an, ob die Wirkung heilsam oder tödlich ist."
Fynn, der ahnte, dass sich der Arzt genauso aalglatt wie vor fünf Jahren herausreden würde, ging die Geduld aus. Er sprang auf und fasste den Arm des Doktors. "Du bist verhaftet."
Nuselhoff sah den Wächter nur belustigt an. "Mit welcher Begründung?"
"Beihilfe zum Mord an Wolruf Dorntreuter. Alles was du sagst, wird gegen dich verwendet..."
"Dafür habt ihr keine Beweise."
"Auch die Technik unseres Labors hat sich weiter entwickelt. Und da sich die Familie damals gegen eine Feuerbestattung entschieden hat..."
"Nach fünf Jahren? Das glaubt ihr doch wohl selber nicht", gab der Arzt zurück, doch sein Tonfall klang schon unsicherer.
"Außerdem hat deine Komplizin gestanden."
Remedios warf ihrem Kollegen einen erstaunten Blick zu, den der Verdächtige aber zum Glück nicht bemerkte. Dieser wirkte nun deutlich weniger belustigt, sondern zog eine finstere Miene. Seine Kiefer fingen an zu mahlen und nach einigen Sekunden zischte er: "Das sieht ihr ähnlich. Ich habe es gewusst, der Schlampe darf man nicht vertrauen! Dabei habe ich ihr einen Gefallen getan!"
Fynn nickte. "Du hast ihr das Gift gegeben und wegen Wolrufs Gesundheitszustandes gelogen."
"Aber weshalb hast du ihr geholfen?", mischte sich Remedios ein.
"Sie hat mich betört. Sie ist unglaublich gut darin, Männer zu manipulieren."
Diesen Eindruck hatte Frau Dorntreuter nun gar nicht auf Fynn gemacht, aber er hatte sie ja auch nur kurz gesehen.
"Sie wollte ihre Rache und wollte obendrein verhindern, dass er das Testament zu ihren Ungunsten ändert." Nuselhoff war jetzt ins Plaudern geraten. Er lachte bitter auf. "Zumindest das ist ihr nicht gelungen."
"Aber... sie hat doch geerbt. Also ihr Mann", platzte Fynn raus.
"Welcher Mann? Adalheide ist nicht verheiratet."
"Adalheide?" Der Ermittler sah sich im Geiste Kuchen essend den Andeutungen der Haushälterin lauschen. "Oh..."
Dann dämmerte es dem Arzt. "Das war ein Schuss ins Blaue, oder? Ihr habt gar kein Geständnis?"
Remedios lächelte ihn an, während Fynn die Handschellen festzog. "Und auch keine neuen Ergebnisse aus dem Labor. Die nächtliche Exhumierung war leider umsonst."

Der schmierige Händler lächelte gezwungen. "Du weißt, wir haben immer gute Geschäfte miteinander gemacht und das soll auch so bleiben, Erol, wirklich. Aber das ist mir einfach zu heiß."
Seine Hand schob die goldene Uhr zurück über den Tresen. Zuvor hatte Rémy die Ratte, oder Rémy Hinterhälter, wie er eigentlich hieß, das schöne Stück ausgiebig unter seiner Lupe bewundert. Es schmerzte ihn, die Uhr nicht annehmen zu können, aber sie war einfach zu auffällig. Er schätzte das Zubrot nicht ganz legaler Geschäfte, aber noch mehr schätzte er seine Freiheit. Denn in diesem Fall kam hinzu, dass bereits über die Uhr geredet wurde.
"Was soll'n das heißen, Mann?" Der Kleinkriminelle vor ihm strich sich seine ohnehin schon in einem gegelten Zopf getragenen Haare nach hinten glatt. Eine Geste, die er fast schon zwanghaft ausführte.
"Ein Einzelstück. So was kriegst du nicht an jeder Ecke."
"Das hat dich doch früher auch nie gestört. Willste mich veräppeln?"
Erol Al Babi war nicht nur für seine Haarpflege bekannt, sondern auch für sein misstrauisches und aufbrausendes Wesen. Und dafür, nicht der Hellste zu sein. Gefolgt wurde er stets von seinem Schatten, Ove Hammerschwinger, einem schweigsamen Zwerg, der sich auch jetzt bedrohlich neben Rémy aufgebaut hatte.
"Versteh doch. Die Uhr ist zu auffällig. Sie suchen bereits nach ihr."
"Wer sucht danach?", Erol langte über den schmalen Tresen und packte den Hehler am Kragen. "Red schon, welches Schwein sollen wir abstechen, damit es nicht mehr quiekt? Quiek, Quiek."
Er lachte und auch Ove gab ein Geräusch von sich, das man mit gutem Willen als Lachen interpretieren konnte. Al Babi war auch für seine total unwitzigen Witze bekannt, hielt sich aber für einen Meister des Humors.
Rémy wurde die Luft knapp und das Schicksal seines Kollegen kümmerte ihn nicht die Bohne. "Nathaniel Zeiger", presste er hervor. Sofort ließ der Druck auf seiner Kehle etwas nach. "Er hat nach der Uhr gefragt. Angeblich sucht er so etwas für einen Kunden, aber das habe ich ihm keine Sekunde abgenommen. Wenn ihr mich fragt, steckt die Wache dahinter."
Der Klatschianer ließ Hinterhälter wieder los und strich sich sofort seine Haare glatt. "Na also, geht doch. Und wo finden wir das Schweinchen?"
"Ulmenstraße. Aber wie gesagt, die Wache..."
"Das lass mal unsre Sorge sein."

Als der Arzt in sicherer Verwahrung und der damit einhergehende lästige Papierkram erledigt war, drängte Fynn darauf, die Haushälterin auch gleich festzunehmen. Er wollte wenigstens einen Fall abschließen, und das am besten ehe es dunkel wurde. Viel Zeit blieb ihnen da nicht mehr.
Doch auf dem Weg zur Myrtenstraße blieb die Werwölfin plötzlich ruckartig stehen. Sie schnupperte, warf den Kopf nach links und rannte los.
"Warte, was..."
"Rosti", war alles, was Remedios ihm zurief. Fynn blieb nichts anderes übrig, als ihr hinterher zu laufen. Es dauerte jedoch nicht lange, und die Ermittlerin hatte den Bettler eingeholt und festgehalten.
Der Junge trug einen dicken Verband über der Nase und eins seiner Augen schillerte in interessanten Farben.
"Sieh an, die werwölfische Wächterin. Haste mal nen Dollar?"
"Wo warst du, ich habe dich die ganze Zeit gesucht!"
"Tja, wiede siehst, musstich mich ein wenig erholen. Macht aber nix, ein paar Schrammen könn nich schaden in meim Geschäft."
Remedios nahm an, dass es ihn ein wenig tröstete, sich das einzureden. Sie deutete auf Rostis Gesicht. "Das waren dieselben, die auch Dobbert Hasenklein überfallen haben, habe ich recht?"
Rosti versuchte sich an einem Grinsen, was ihm allerdings Schmerzen zu bringen schien. "Bin ausgerutscht und inne Faust gefallen, kann schoma passieren, wa?"
"Klar", mischte Fynn sich ein. "Das kenne ich. So hahe ischen Zahn verlorn", die letzten Worte begleitete er durch das Hochziehen seiner Oberlippe, um einen ungehinderten Blick auf seine Zahnlücke zu bieten. "Und hier habe ich aus Versehen in ein Messer gefasst." Er präsentierte nun auch noch die Narbe auf seiner linken Hand.
Der Bettler nickte beeindruckt.
"Ich weiß, da redet man nicht gern drüber, aber uns kannst du es doch erzählen. Wer hat dich so zugerichtet?"
"Hm. Weiß nich. Aber ich weiß, dass sie es schon bald bereu'n werden. Und dass du vielleicht mal wieder nen Familienbesuch machen solltest, wennde weißt, was ich mein. Dann habta vielleicht auch noch en bisschen Spaß."
Mit diesen Worten wand sich Rosti mit erstaunlicher Geschicklichkeit aus dem Griff der Wächterin und war nach ein paar Schritten im Gewimmel der Stadt verschwunden. Remedios machte Anstalten, ihm erneut zu folgen, doch Fynn hielt sie zurück.
"Lass ihn. Mehr bekommen wir sowieso nicht aus ihm heraus. Was auch immer er uns damit sagen wollte."
Die Werwölfin blickte ihn beunruhigt an. "Wir hätten gleich daran denken sollen, dass die Bettlergilde es sich nicht gefallen lässt, wenn eines ihrer Mitglieder so misshandelt wird. Ich denke, die Schläger, die sicher auch Hasenklein ermordet haben, werden aufgemischt und zwar noch heute Abend. Fragt sich nur wo. Was hat er mit dem Familienbesuch gemeint?"
Fynn wurde blass. "Ich habe doch Paps, also meinen Adoptivvater gebeten, ein paar Erkundigungen wegen der Uhr einzuholen. Mehr Familie habe ich nicht."
"Na, dann los", rief Remedios, doch ihr Kollege brauchte keine weitere Aufforderung. Er war bereits in Richtung Schlechte Brücke unterwegs.

Eigentlich war Ove Hammerschwinger intelligenter als sein Kumpel. Und das war ihm auch durchaus bewusst. Trotzdem ließ er sich oft von Erol herumkommandieren, überreden und sogar manchmal verhöhnen. Er vermisste die Gemeinschaft, die unter Zwergen herrschte. Doch weil er sich mit einem mächtigen Tiefener angelegt hatte, konnte er nicht zurück. Und die Zwerge der Oberfläche waren ihm - zu oberflächlich. Er kam einfach mit kaum jemandem aus, nur in Erol hatte er einen Freund gefunden und weil er eben doch ein wenig Anschluss brauchte, ließ er sich einiges gefallen. Er machte auch alles mit, was sich der Klatschianer einfallen ließ, und wenn es eine noch so dumme Idee war. Eine saudumme Idee war es zum Beispiel gewesen, den Spielzeughändler zu überfallen, nur um eine Uhr zu erbeuten, die auffälliger nicht sein konnte. Nicht mal den Griff in die Kasse hatten sie noch tun können, weil diese alte Schnepfe aufgetaucht war. Und bei dem, was sie nun im Begriff zu tun waren, hatte er ebenfalls kein gutes Gefühl. Rémy, die Ratte, hatte Recht gehabt, das roch nach einer Falle. Und selbst, wenn nicht, was hatten sie davon, einen alten Uhrmacher zu bedrohen? Genauso wenig, wie davon, einen jungen Bettler zusammen zu schlagen. Stattdessen sollten sie besser die Füße stillhalten, bis Gras über die Sache gewachsen war und dann erst versuchen, die Uhr los zu werden. Hinzu kam, dass Ove sich schon länger beobachtet fühlte. Er neigte eigentlich nicht zu Verfolgungswahn, doch dieses Prickeln im Nacken, das ihn seit der Prügelei mit dem Bettler immer wieder überfiel, konnte er nicht anders deuten. Trotzdem schob er seine Bedenken ein weiteres Mal zur Seite - und schwieg.
Erol riss die Tür zu dem Uhrengeschäft so schwungvoll auf, dass die kleine Glocke scheppernd herunter fiel. Der alte Mann, der an einem Tisch im hinteren Teil des Ladens über etwas gebeugt gesessen hatte, das der Zwerg von hier aus nicht erkennen konnte, hob überrascht den Kopf und blinzelte ihnen entgegen.
"Kann ich den Herrschaften behilflich sein?", krächzte seine Altmännerstimme.
"Wir haben da wat läuten gehört von wegen ner besondren Uhr."
Sofort spannte Zeiger sich an und fragte vorsichtig: "Ich verstehe nicht, möchtet ihr eine besondere Uhr kaufen oder verkaufen?"
Mit drei Schritten war Erol bei dem Händler, riss ihn von seinem Stuhl und schubste ihn brutal gegen die Wand. "Hör zu, Alter, wir lassen uns nicht gern verarschen, also haste nun nen Kunden für ne Uhr mit ner Tanzpuppe oder nich?"
"Ballerina", verbesserte Nathaniel automatisch, biss sich dann jedoch auf die Lippe. Ove sah ihm an, dass er fieberhaft überlegte.
"Natürlich", brachte er dann hervor. "Er ... er zahlt gut. Habt ihr solch eine Uhr anzubieten?"
Erol warf ihm einen fragenden Blick zu und Hammerschwinger schüttelte den Kopf. Der Alte log. Er fasste sich in den Nacken und fing an, ihn zu reiben, weil das Prickeln zurück war. Stärker als je zuvor krabbelte es seinen Rücken hinauf. Er sah aus dem Schaufenster und schnappte nach Luft.
Al Babi hatte indessen sein Messer gezückt. "Wir glauben dir nich. Und dafür, dass du uns angelogen hast..." Der Klatschianer kam nicht dazu, seine Drohung zu Ende zu führen, denn die selten gehörte Stimme des Zwergs unterbrach ihn.
"Erol". Das Wort hatte einen dringlichen Unterton und der Angesprochene hatte längst gelernt, dass sein Freund keine Worte verschwendete. Trotzdem war er etwas ärgerlich.
"Wat is denn?"
Der Zwerg deutete nach draußen. Da wurde auch Al Babi mulmig zumute. Nervös fuhr seine Hand zu seinem Kopf und strich über seine Frisur. "Scheiße."

"Sollten wir nicht Verstärkung rufen?", fragte Remedios, als sie die Sirupminenstraße entlang eilten. "Zur Kröselstraße wäre es nur ein kurzer Umweg."
"Das können wir immer noch. Lass uns erst sehen, wie die Lage ist."
"Na gut."
Kurze Zeit später bogen sie in die Ulmenstraße. Doch sie kamen nicht bis zu ihrem Ziel. Vor ihnen erstreckte sich eine Menge Leute. Sie füllte die breite Straße vollständig aus und sie bestand ausschließlich aus Bettlern. Männer und Frauen mit fehlenden Körperteilen, schwärenden Wunden, Hautproblemen, mangelnder Ernährung oder einfach nur ärmlichen Aussehen und ohne jegliche Körperhygiene standen in einem Halbkreis um den Uhrenladen von Zeiger herum. Sie taten nichts weiter, als dort zu stehen, doch sie bildeten eine Wand. Noch dazu eine übelriechende Wand, durch die man nun wirklich nicht mit dem Kopf wollen würde.
"FROG?"
Fynn nickte. "Und SEALS. Ach was, ruf gleich das ganze Wachhaus. Beide Wachhäuser."
Die Ermittlerin klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. "Das... also, ich bin sicher, es passiert ihm nichts." Dann machte sie sich auf den Weg.

Schnell hatten sie festgestellt, dass es am Hintereingang nicht besser aussah.
"Wat machen wir jetz? Sach doch auch ma wat!", brüllte Erol Ove an. Doch der schwieg. Nicht nur aus Gewohnheit, sondern weil er auch keinen Ausweg wusste.
Der Uhrmacher hatte genauso fassungslos auf die Menge gestarrt, wie sie auch. Inzwischen schien er sich etwas beruhigt zu haben, auch wenn seine Miene sorgenvoll blieb. Das konnte Ove ihm nicht verdenken, zumal Erol sich jetzt erneut auf ihn stürzte.
"Wir nehm den Alten als Geisel, ey. Dann wern sie uns schon durchlassen."
Der Zwerg schenkte seinem Freund einen zweifelnden Blick. Da er aber auch keine bessere Idee hatte, sagte er nichts.
Das Messer gegen den Hals ihrer Geisel gedrückt, verließen sie dicht beieinander das Geschäft. Die Bettler taten nichts.
"Wat wollt ihr Missgeburten? Lasst uns durch, oder der Alte hat es hinter sich", rief Erol ihnen zu. Einen Moment lang passierte nichts. Dann bekamen sie ihre Antwort. Die Menge kam in Bewegung, noch immer schweigend zog sich der Halbkreis enger zusammen. Fluchend flüchtete Erol mit Nathaniel wieder in den Laden. Ove beeilte sich, ihm zu folgen.

Kanndra hatte schon so einiges erlebt in dieser Stadt, doch das war einer der beeindruckendsten Ausblicke die sich ihr je geboten hatte. Sie war zusammen mit Ron Kleinschuh und dem davon nicht sehr erbauten Braggasch über die Dächer gekommen, dem einzigen Weg, der ihnen noch offen gestanden hatte. Der Zwerg und sie würden in das Gebäude eindringen, die Lage im Inneren erkunden und versuchen, sie in den Griff zu bekommen. Ron würde sich nur zur Sicherheit mit seiner Triffinsziel-Armbrust auf dem Dach platzieren, um den Überblick von oben zu behalten und im äußersten Notfall eingreifen zu können. Der Kommandeur war auf dem Weg in die Bettlergilde und SEALS würde sich mit Unterstützung von GRUND und Nyvania und Romulus um die Bettler vor Ort kümmern.
Sie hatte gehört, dass es sich bei der Geisel um den Vater des jungen Gefreiten handelte, der sich mit Septimus Ebel und Mina Nachtschatten das Büro gegenüber ihres eigenen teilte. Mehr als flüchtige Eindrücke hatte sie bisher von dem Jungen nicht gewonnen, aber das spielte keine Rolle. Er war ein Wächter, das allein zählte und sie hoffte, dass sie seinen Vater heil aus der Sache heraus bringen konnten.
Als sie sah, dass die Kollegen unten in Position waren, gab sie Braggasch das Zeichen zum Einsatz.
Die Dachluke ließ sich überraschend schnell öffnen und ein Seil bot gute Dienste. Braggasch sah erleichtert aus, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Wie sie es gelernt hatten, bewegten die beiden Späher sich lautlos und zügig durch das Haus, sicherten jeden Raum und gelangen schließlich zum Laden, der über eine Treppe aus den Wohnräumen heraus zu erreichen war. Rechts der Treppe ging es zum Hinterausgang, links schloss sich die Werkstatt des Uhrmachers an, die leer stand. Leise durchquerten sie diese und postierten sich an der Tür zum Laden. Aus diesem Blickwinkel konnte Kanndra eine Ladentheke ausmachen, an die ein alter Mann mit einer feinen Kette gefesselt war. Soweit sie erkennen konnte, ging es ihm ansonsten gut. Die beiden Mörder waren nicht zu sehen. Die Späherin versuchte, die Aufmerksamkeit Zeigers zu erlangen und als er sie ansah, schickte sie ihm einen fragenden Blick. Der Mann verstand und neigte seinen Kopf unauffällig in Richtung des übrigen Ladens, der von hier aus nicht einsehbar war. Kanndra zeigte auf die gespannte Pistolenarmbrust in ihrer Hand und der Alte zeigte nach kurzem Überlegen einen Finger und machte eine Bewegung, als wollte er ein Brot streichen. Ein Messer also - und eine Axt? Sie wartete noch kurz, doch mehr Gesten folgten nicht. Die beiden Späher nickten sich zu. Das konnten sie riskieren.

Nachdem sie den Notruf abgesetzt und Rogi Feinstich informiert hatte, war Remedios in die Ulmenstraße zurückgekehrt, doch sie konnte Fynn nicht finden. Er war nicht mehr dort, wo sie ihn verlassen hatte. Während zuerst GRUND, dann FROG und dann die restlichen Wächter eintrafen, suchte sie ihn vergeblich. Schließlich gab sie es auf und begab sich zu ihrem Abteilungsleiter, der sie natürlich prompt nach dem Aufenthaltsort des Gefreiten fragte. Als sie zugeben musste, diesen nicht zu kennen, erwiderte von Grauhaar: "Ich hoffe nur, er macht keine Dummheiten." Gemeinsam starrten sie besorgt zu dem Geschäft herüber.

Mit drei schnellen Schritten hatten sie die Lücke ohne Deckung zwischen Tür und Tresen überwunden und verschanzten sich dahinter. Während der Zwerg sich an der Uhrenkette zu schaffen machte, die Nathaniel fesselte, wollte Kanndra die Geiselnehmer auffordern, sich zu ergeben. Doch ein schneller Blick zeigte ihr, dass der Uhrmacher nicht der einzige war, der sich in der Gewalt der beiden befand.
"Lasst die Waffen fallen, Wächter, oder ich schnitz dem Bübchen hier nen neues Gesicht."
Fynn Düstergut sah trotz seiner Lage eher wütend als ängstlich aus. Ein hagerer Mann mit dunkler Haut und nach hinten gegelten Haaren hielt dem Ermittler ein Messer an den Hals, ein Zwerg stand etwas abseits davon und hatte eine Axt locker in der Hand. Kanndra folgte der Aufforderung, indem sie ihre Armbrust neben dem Tresen her schleuderte, aber in Deckung blieb. Der Uhrmacher war inzwischen befreit und Braggasch flüsterte ihm zu, sich den Arm vor Mund und Nase zu halten.
"Ey, kommt raus da."
Ein weiteres Nicken, ein schneller Griff zu den Tüchern, die sie trugen, dann traten beide Späher hinter der Theke hervor.
"Mit Vergnügen", erwiderte Kanndra und warf einen Glasbehälter, der auf dem Boden aufplatzte und ein Gas entweichen ließ, das alle, die es einatmeten, ohnmächtig werden ließ.
In dem Bewusstsein, dass die Tücher sie nicht lange schützen würden, fesselten die beiden FROGs die Täter und schleppten dann ihren Kollegen aus dem Raum. Sie setzten ihn behutsam auf einen Stuhl in der Werkstatt.
"Und nun?", erkundigte sich der Uhrmacher.
"Wir warten, bis sie wieder wach sind", grinste Kanndra. "Wie ist Düstergut eigentlich hier herein gekommen?"
"Vermutlich durch den Keller. So ist er als Kind auch immer entwischt. Wenn man weiß wie, kann man auch in die Nachbarkeller gelangen."
"Sehr gut." Das würde ihnen den Weg über die Dächer ersparen.

Sie mussten auch nicht durch den Keller. Noch bevor Fynn, Erol und Ove wieder bei Bewusstsein waren, kam ein zerlumpter Junge angelaufen, flüsterte einem Bettler etwas zu, der es seinem Nachbarn sagte, der es wieder weitergab und nach zehn Minuten wies die Ulmenstraße keinen einzigen Bettler mehr auf. Und eine halbe Stunde nach dem Abtransport der Kleinkriminellen waren auch die letzten Neugierigen gegangen.

"Was hat dich das gekostet?", fragte Romulus seinen Kommandeur bei einem abendlichen Drink nach einem anstrengenden Tag.
Araghast seufzte. "Frag nicht. Eins steht jedoch fest. Ich werde nie wieder Mitleid mit einem dieser Kreaturen haben."
"Und Düstergut? Er hat sich gar nicht mal schlecht geschlagen, oder? Bis auf sein etwas unüberlegtes Eindringen in Zeigers Laden. Aber das ist auch irgendwo verständlich."
"Du hättest es auch nicht anders gemacht. Und ich auch nicht."
"Nein."

Jahr des prophezeienden Frosches, 7. März

"Tut mir leid, Adalheide hat uns verlassen. Schon vor zwei Tagen."
Der Gefreite hielt gerade noch einen Fluch zurück. "Hat sie gesagt, wohin sie wollte?"
"Überwald glaube ich. Sie hat dort eine Schwester oder so was. Um ehrlich zu sein, interessiert es mich nicht besonders. Ich bin nur froh, dass ich sie los bin. Wusstest du, dass sie ein Verhältnis mit meinem Schwiegervater hatte? So etwas konnte ich auf Dauer nicht unter meinem... also unserem Dach dulden. Und jetzt musst du mich entschuldigen, guten Tag!"
Fynn starrte noch einen Augenblick auf die geschlossene Tür, dann wandte er sich Remedios zu. "Was sagt man dazu? Sie hat es doch fünf Jahre geduldet!"
"Vielleicht hatte sie es gerade erst erfahren?"
"Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Ich denke eher, Adalheide ist gegangen. Und zwar, weil sie Angst hatte, das jetzt doch noch alles ans Licht kommt."
"Ärger dich nicht zu sehr darüber. So etwas kommt vor. Nicht jeder wird für sein Verbrechen zur Verantwortung gezogen."
Fynn schielte zu seiner Kollegin. War das eine Anspielung gewesen?
"Komm, ich lade dich auf einen Kaffee ein."
Die Aussicht auf einen ordentlichen Kaffee hob seine Laune etwas an. "Heute Abend ziehe ich aus dem Wachhaus aus und bei Paps ein", vertraute er Remedios an.
"Das freut mich für euch. Und wahrscheinlich können wir schon bald das Ende deiner Ausbildung feiern. Dann gibst du aber einen aus."
"Klar."

Adalheide Sorfer blieb verschwunden, so dass die genauen Todesumstände von Wolruf Dorntreuter nicht abschließend ermittelt werden konnten. Doktor Nuselhoff wurde wegen Beihilfe zur Körperverletzung verurteilt, Erol Al Babi und Ove Hammerschwinger wegen Raubes mit Todesfolge und Geiselnahme.
[1]  L-Mission http://www.stadtwache.net/phps/zeigemission.php?art=L&nummer=438

[2] nicht nur für das Aktenstudium, dass man ihm aufgedrückt hatte, um "Aktenführung zu lernen und deine Lesefähigkeiten zu verbessern", wie Chief-Korporal Ziegenberger ihm erklärt hatte, sondern auch um vielleicht doch noch diese eine Akte zu finden

[3]  "Urban Gardening" scheint auch in Ankh-Morpork angekommen zu sein ;)

[4]  Dabei werden mit Rudern dafür geeignete Dinge über den Ankh hin- und her geschlagen. Manchmal werden sogar Gnome benutzt. Wer den Gegenstand oder den Gnom in den Fluss schlägt, hat verloren.

Zählt als Patch-Mission für den Ermittler i. A.-Patch.



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Feedback:

Von Kolumbini

25.7.2013

Eine schöne kleine Geschichte! Die Charaktere kamen gut rüber, der Stil ist prägnant, an zwei Stellen kam ich jedoch ins Stocken beim Lesen. Die geringe Hartnäckigkeit bei der ersten Befragung Rostis hat mich ebenso verwirrt, wie die Tatsache, dass die Wächter in der "Kegelkneipe" zwar Uniformen tragen, aber sich lediglich als Freunde des Verstorbenen ausgeben. Da hätte man doch auch gut seine neue "Macht" als Gefreiter einsetzen können.;) Bis auf diese zwei Kleinigkeiten aber schön!

Von Ophelia Ziegenberger

13.7.2013

Tja... wird dann wohl Zeit für Fynn, einen auszugeben, hm? Du denkst daran, Ophelias Getränk ins Wachhaus liefern zu lassen? ;-) Schöne Single! Der Beginn gestaltete sich etwas zäh, was natürlich daran lag, dass erst einmal das Terrain abgesteckt und Fynn eingeführt werden musste, zusammen mit seinen Marotten. Seine Figur ist ein schreibtechnisch-gestalterischer Hinsicht ein echter Hingucker. Beim Lesen der Geschichte musste ich nicht nur einmal daran denken, was Ettark mir immer bezüglich Fehlerhaftigkeit und Sympathiefaktor eines Charakters näherzubringen versucht. Besonders Fynns wenig einfühlsame Art im Umgang mit seinem Ziehfaktor hat mich sehr bewegt; wie er nur aus egoistischen Gründen dazu bereit war, sich seiner Vergangenheit zu stellen und selbst dann nicht zuhört, wenn andere von sich erzählen - oder eben über sich schweigen. Man merkt, dass Fynn keine böse Figur ist, dass er aber an manchen Stellen erstaunlich gefühlskalt agiert, ohne sich dessen bewusst zu sein. Als es seinem Ziehvater an den Kragen ging und er noch nichts davon wusste, hatte ich schon Angst, dass Du diesen Plotstrang unbarmherzig zu Ende führen würdest. Die stattdessen gewählte Lösung ist die eindeutig bessere Variante. Toller Showdown; sehr bildhaft und episch. :-D Armer Kommandeur... als wenn er nicht schon genug Stress hätte, nun auch noch der Bettlergilde gegenüber einen Großteil des Wachebudgets eingebüßt. ^^

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