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In jedem Team kommt eine Zeit, in der man gemeinsame Prüfungen bestehen muss, um den Zusammenhalt zu festigen. Ob das auch bei den D.O.G.s möglich ist?
Dafür vergebene Note: 11
Hart schlug ihm die Kälte ins Gesicht, als sich das Wasser wild sprudelnd über seinem Kopf schloss. Wie tausend Nadelstiche betäubte die Kälte seinen Körper und trotz aller Anstrengung, während er hilflos mit den Armen ruderte, verdichtete sich über und um ihn herum dunkle, kalte Leere.
Dumpfe Panik stieg in ihm auf, während er in die Tiefe sank.
Die Luft wurde aus seinen Lungen gedrückt.
Kleine glitzernde Sterne tanzten vor seinen Augen.
Soll es das gewesen sein?, sang eine verächtliche Stimme in seinem Kopf. Die Kälte bohrte sich in seine Knochen und ließ ihn erstarren. Halb ohnmächtig merkte er nicht, wie sich ein fester Griff um seinen Arm schlang und Sekunden später die frische Luft des Abends in sein Gesicht schlug. Seine Lider flatterten, als er schwer auf die Holzplanken sackte.
"Meine Güte!" Wütend beugte sich Humph MeckDwarf über seinen Kollegen. "Was machst du denn? Alles in Ordnung?"
Der nasse Zwerg hustete und beugte sich zur Seite, um besser atmen zu können.
"Ich hasse Boote!", rief er laut aus und verfluchte den Tag, der schon so merkwürdig begonnen hatte.
***
"Einen wunderschönen guten Morgen!" Breda Krulocks Stimme hallte laut durch die Flure des Boucherie Rouge, als sie ihre Mannschaft zusammen trommelte. Teils verschlafen, teils verärgert über die unerwünschte Störung öffneten die Wächter nach und nach ihre Türen und trotteten mit zerzausten Haaren und in ungemachten Kleidern aus ihren Büros. Zögerlich betraten sie das Drunter und Drüber.
Es wäre übertrieben gewesen zu behaupten, dass der Raum bis zum Anschlag gefüllt war: Auf den zwei Matratzen an der langen Wand gegenüber der Tür, hockten Humph MeckDwarf und Daemon Llandcarfyn, zwischen ihnen hatte Harry Platz genommen und ließ die kurzen Beine von der Kante baumeln.
Direkt neben der Tür, ein Bein an die Wand gestützt, schaute Glum Steinstiefel bemüht grimmig drein. Die Arme hatte er kurz unter seinem Kinn verschränkt und sein langer Bart bewegte sich von links nach rechts, als er leise vor sich hin brummelte.
"Weißt du, was das soll?", fragte Harry Bredas Stellvertreter, erhielt statt einer Antwort aber nur ein abfälliges Grinsen.
"'Türlich", sagte er lässig und schlenderte, weiterhin mit verschränkten Armen, zum großen Schreibtisch hinüber. "Ich bin bes-tens instruiert über das, was heute passiert. Denn in mir", er hob einen knubbeligen Zeigefinger in die Höhe, "hat der Feldwebel einen mehr als kompetenten Wächter auserwählt, der sie in der schweißtreibenden Arbeit des Abteilungsleiters der besten Abteilung der Stadtwache", der erhobene Finger wanderte nach vorne, "der ihr tagtäglich eure treuen Dienste erweist und damit die Chefin", der Finger wanderte Richtung Tür, "unterstützt und somit auch der Stadt treu dient ..."
"Glum?"
"Jetzt nicht, ich rede gerade." Der Finger wanderte wieder nach oben. "Und somit genieße ich das vollste Vertrauen unserer Abteilungsleitung ..."
"Glum!"
"Was ist, ich ... oh."
Der Zwerg ließ die Hand sinken.
"Setz dich!"
"Ja, Breda."
Glum setzte sich zwischen seine Kollegen und nahm, allen Verfluchungen zum Trotz, den Gnom auf seinen Schoß, sodass sie nun alle stillschweigend da saßen und auf eine milde Aufgabe hofften. Breda, die leise das Büro betreten hatte, ohne dadurch Glums Vortrag zu unterbrechen, straffte ihre Schultern und legte eine dicke Aktenmappe auf den Tisch. Für einen kurzen Augenblick harrte sie, leicht gebeugt und beide Hände auf den Papierstapel gestützt, an ihrem Tisch aus. Als sie aufsah, funkelten ihre Augen.
"Schön, euch alle zusehen. Euch ... alle vier. Quasi das Herzstück der Abteilung. Meiner Abteilung." Breda ging einige Schritte durch den Raum. Ihr Blick wanderte vom Fenster über die wuchtige Kommode, auf der sich Wachsreste in die Fasern des Möbelstückes gebrannt hatten, über die an den Wänden hängenden Auszeichnungen und diverse Aktenstapel, die zwischen Tisch und Fenster aufgehäuft waren, zurück zu ihrem Schreibtisch und ihren alten, verstaubten Koffer. Erst als ihr Blick zur Decke wanderte und an den Spinneweben hängen blieb, redete sie weiter. "Ich habe eine spezielle Aufgabe für euch. Ihr müsst niemanden retten oder festnehmen. Niemanden töten oder wiederbeleben. Keine Katzen von Bäumen holen oder alten Damen über die Straße helfen. Ihr müsst einfach nur ... ihr selbst sein. Gemeinsam. So wie wir es die letzten Jahre auch getan haben." Sie zog einen sauber gefalteten Zettel aus ihrer Jackeninnentasche. "Ich vertraue euch, dass ihr das schafft. Wenn ihr meinen Rat befolgt, wird alles gut."
***
Die Stadt schlief noch, aber den Wächtern war jetzt schon bewusst, dass es ein kühler, aber sonniger Grunitag werden würde. Diese Tage waren selten geworden in den letzten Jahren. Sogar die Zauberer hatten einen kontinuierlichen Abfall der Temperaturen in den Sommermonaten festgestellt, wohingegen der Winter immer wärmer zu werden schien. Dennoch gab es in beiden Jahreszeiten Extreme, die das Leben und Überleben in der dichtbesiedelten aber anonymen Stadt schwierig machten. Im vorangegangenen Winter zählte man vierzehn Tote, die einzig und allein den unmenschlichen Kälteperioden zum Opfer gefallen waren. Erfroren in ihren eigenen Betten oder einsam und allein unter den Brücken der Stadt. An den sonnigen Tagen hingegen setzte sich ein anderes Extrem durch: große Hitze, die schwer und trocken in der Luft hing und keinen Windhauch zuließ. Schlaue Menschen suchten die Antwort in der Physik, andere huldigten ihren Göttern, damit sie verschont blieben, doch eine Lösung konnte keiner finden. In diesem Sommer präsentierte sich die Sonne als Frau mit großem Kleiderschrank, der unzählige Gewänder von Weiß bis Grau enthielt. Heute zeigte sie sich bar jeder Kleidung und der Wind, der sonst in harten Böen Regen übers Land trieb, hielt vor Ehrfurcht inne. Heute war keiner der extremen Tage.
Glum Steinstiefel starrte auf seine Füße, als die anderen zu ihm nach draußen traten.
"Du wusstest also davon, ja?" Humph versuchte erst gar nicht, seinen Sarkasmus zu unterdrücken. "Ich hielt Breda bisher für eine äußerst fähige Wächterin. Bisher!"
"Sie wird schon ihre Gründe haben", sagte Harry und schulterte seinen kleinen Lederrucksack.
"Hatscha war schon während der GRUND-Zeit eines meiner besten Schäfchen im Stall." Daemon Llandcairfyn trat in den Kreis und kaute geistesabwesend auf einem Zahnstocher herum. Er hatte auf ein kleines Frühstück bestanden, bevor sie los zogen, und war in den Gemächern der Näherin Liselotte verschwunden. MeckDwarf verkniff sich einen bissigen Kommentar, da der Hauptmann nur knappe sieben Minuten weggeblieben war.
"Hatscha ist nicht mehr bei DOG." sagte er stattdessen trocken. "Sie ist vor sechs Monaten zu RUM gewechselt."
"Hmhm", bestätigte der Llamodianer, ein Zeichen, dass er seinen Gedanken weiter nach hing.
"Wieso hat sie mir nichts davon erzählt?" Glum hielt, den Kopf weiterhin gesenkt, den kleinen Zettel in seinen Händen, den ihm Breda gegeben hatte. "Sie hätte es mir sagen müssen!"
"Frauen!", sagte Humph und die anderen Wächter stimmten brummend mit ein. "Das waren noch Zeiten, damals. Als das Boucherie noch eine reine Männerdomäne war." Der ehemalige Abteilungsleiter seufzte. "Trotzdem ..."
"Trotzdem ist sie eine gute Abteilungsleitung!"
"Ja, das ist sie!"
"Hatscha ist Abteilungsleitung bei RUM?"
"Ach, halt die Klappe, Dae!"
***
Gemeinsam gingen die vier Wächter zu dem auf dem Zettel beschriebenen Platz. Dieser lag nördlich vom Pseudopolisplatz und war ein Spielplatz, auf dem Kinder an hölzernen Gebilden tobten. Neben Holzwippen und drehbaren Scheiben, auf denen man sich gegen die Fliehkraft behaupten musste, gab es auch einen kleinen grasbewachsenen Hügel, auf dem eine Holzbank stand. Als sie näher kamen, tauchte ein hagerer, junger Mann aus dem Schatten eines benachbarten Baumes auf und verbeugte sich.
"Willkommen, ich habe euch früher erwartet."
Harry trat an den Mann heran und musterte ihn. "Ich kenne dich. Du bist von der Spielergilde."
"Richtig, mein Herr. Mein Name ist Daniel und ich werde euch bei euren Aufgaben begleiten. Madam Krulock bat mich um unsere Mithilfe, euren Teamgeist zu stärken. Und wie könnte man ihr diesen Wunsch abschlagen?"
"Und was genau ist unsere Aufgabe?", fragte Glum. "Auf diesem Zettel steht: 'Gemeinsam in eine Richtung'"
Der junge Mann zeigte auf eine lange Holzstange, die auf der Bank lag. "Eure Aufgabe klingt einfach, aber glaubt mir, nur gemeinsam kommt ihr zum Ziel." Er nahm die Stange in beide Hände und legte sie zu Füßen der Wächter. "Ihr müsst diese Stange gemeinsam vom Boden heben."
"Das ist doch keine ernstzunehmende Aufgabe!", beklagte sich Humph. "Was soll daran schwer sein?"
"Jeder von euch darf nur seine Zeigefinger benutzen und diese dürfen sich zu keinem Zeitpunkt von der Stange lösen. Bitte, beginnt. Wir haben nicht viel Zeit."
Argwöhnisch stellten sich die Wächter um die am Boden liegendende Stange auf und gingen in die Hocke.
"Na dann mal los!"
Der erste Versuch schlug nach wenigen Sekunden fehl, als die drei größeren Wächter die Stange aus Harrys Reichweite hoben.
"Hey, nicht so hoch!" Harry sprang über die vor seine Füße rollende Stange. "Das müssen wir anders angehen."
"Wie wär's wenn du einfach noch ein bisschen wächst?", fragte Glum und feixte in sich hinein.
"Wenn das hier nur an deiner Größe scheitert ..."
"Was soll das heißen, an meiner Größe? Ich geb' dir gleich Größe. Aber dorthin, wo es wehtut!"
Daemon ging dazwischen. "Immer mit der Ruhe, dann dürfen wir die Stange eben nicht so hoch anheben."
"Wer hat dich zum Anführer gemacht?"
"Du bist bestimmt keiner, Humph. Du warst noch nie einer!", rief Harry wütend, hob die Stange hoch und fuchtelte damit gefährlich vor Daemons Gesicht herum. "Größe ist eben nicht alles!"
"Ihr solltet euch konzentrieren", schaltete sich Daniel ein. "Eurer Ziel ist klar definiert. Nun müsst ihr gemeinsam einen Weg finden."
"Vielleicht wenn wir uns alle auf den Bauch legen?"
Böse Blicke streiften den Zwerg, doch schien diese Idee zumindest ein Anfang zu sein.
"Ok, dann auf los. LOS!"
Polternd fiel die Stange auf den Boden zurück.
"Du warst zu schnell!"
"Ich denke, du warst einfach zu langsam!"
"Glum, bitte." Daemon seufzte laut. "Nochmal."
"Langsam. Wartet. Weiter. Und hoch. Glum! Höher! Nicht so schnell. Ja! Jetzt!"
Einige Schaulustige hatten sich um die Gruppe versammelt und schauten interessiert zu, ob die am Boden liegenden Wächtern, mit Grasflecken an den Ellenbogen, noch irgendetwas spannendes unternahmen.
Ein Moment der Stille entstand und niemand wagte es, zu atmen. Die Stange, getragen von acht zittrigen Zeigefinger unterschiedlicher Größe, schwebte unsicher in der Luft, doch alle Finger hatten steten Kontakt zum Holz. Endlich kam die Erlösung.
"Sehr gut. Ihr habt es geschafft." Daniel nahm ihnen die Stange ab und lehnte sie an den Baum. "In einer Gruppe ist es wichtig, dass man sich abspricht. Kommunikation lautet hier das Zauberwort. Ihr habt euch, ungeachtet eurer Umgebung, auf das vermeintlich schwächste Glied in eurer Gruppe eingestellt und seid dank Absprachen zum Ziel gekommen. Gratulation! Und jetzt steht auf, die nächste Etappe wartet."
***
Der Tag ging vorüber und die Wächter der Dienstelle liefen, geführt von Daniel, durch die Stadt von einer Etappe zur nächsten. Von Rätselfragen über die Geschichte der Stadt führte sie der Weg zu einem Labyrinth, das jeder von ihnen mit verbundenen Augen, nur sich auf die Stimme eines Kollegen verlassend, durchqueren mussten, bis hin zur Ausarbeitung eines Schlachtplanes, mit dem man ein besetztes Haus gefahrlos und ohne viele Opfer zurückgewinnen konnte. Mit jeder Aufgabe wuchs das Verständnis der Teilnehmer, dass man im Team besser arbeiten konnte, wenn man Vertrauen auf die Fähigkeiten des anderen hat und auch gewillt war, das Kommando abzugeben, und sich blind, aber nicht dumm, führen zu lassen. Sie hatten alle Hände voll zu tun.
Hungrig und erschöpft erreichten Harry, Glum, Humph und Daemon schließlich ihre letzte Etappe. Sie standen am Rand des Hafenbeckens. Die goldene Sonne versank am Horizont und tauchte alles in wunderschöne warme Töne.
"Was wird das hier?" Glum trat gegen einigen Unrat, der auf dem Kopfsteinpflaster herumlag. "Gemeinsames Aufräumen?"
"Nicht ganz." Daniel holte ein sehr langes Seil hervor und übergab es den Wächtern. "Euer Ziel ist das Ufer dort drüben. Euer Material, um dorthin zu gelangen, findet ihr zu euren Füßen."
"Wir sollen ein Floß bauen?" Deamon zog eine Augenbraue hoch. "Das Wasser hier am Hafen ist, trotz der Sonne, eisig kalt."
"Das liegt an der Unterströmung, die von Randwärts hier her führt", sagte Harry und nickte Richtung Fluss. "Was, wenn wir reinfallen?"
"Wir werden nicht reinfallen", sagte Glum. "Wir schaffen das! Breda möchte, dass wir das schaffen also machen wir das auch."
So suchte jeder von ihnen in der Umgebung nach Brauchbarem und als sie es zusammentrugen, offenbarten sich wahre Prachtstücke.
"Die leeren Fässer nehmen wir als Triebmittel."
"Die Planken oben drauf und mit dem Seil halten wir alles fest."
"Mit diesen Ästen können wir paddeln."
"Oder uns an den Krustenteilen abstoßen."
Während des Zusammenbaus spielten sie Hand in Hand - die Erfahrungen des Tages halfen ihnen dabei - und zügig war das Boot fertiggestellt. Erst als sie es zu Wasser ließen, ergaben sich die ersten Schwierigkeiten.
"Wer paddelt?"
"Na immer der, der fragt", stichelte Harry und setzte sich an den 'Bug' ihres kleinen Schiffes. "Ich kann es kaum glauben, dass wir tatsächlich etwas geschaffen haben." Der Gnom blickte in die Ferne und sah sich, ganz wie sein Vorbild Freddy Frettchentöter, in See stechen und die wildesten Abenteuer erleben.
Langsam entfernten sie sich vom Ufer. Die beiden Hauptmänner übernahmen die Paddel, während Glum mit einem improvisierten Ruder den Kurs hielt. Leise plätscherte das Wasser an den Fässern empor und ließ das Boot schaukeln.
"Hey Glum, du musst besser steuern. Wir geraten in die Bugwellen der größeren Schiffe."
"Ich geb mein bestes, Harry. Aber die Strömung."
"Leute?"
"Du musst dagegen ansteuern!"
"Ich versuch's ja!"
"Leute!", rief Daemon, der wie wild paddelte. "Das Seil!"
"Welches Seil?", fragten Humph und Glum wie aus einem Mund.
"Das Seil, das die Fässer zusammenhält!"
"Was ist damit?"
"Es löst sich!"
"Halt es fest!"
"Ich kann nicht."
"Aber ich!"
"Nein Glum, du musst das Ruder ..."
"Vorsicht, das große Schiff vor uns!"
"Glum? Glum! Pass auf!"
"Wo ist er hin?"
"Scheiße, holt ihn da raus!"
"Schnell, der ersäuft uns!"
"Ich hab ihn! Meine Güte!" Wütend beugte sich Humph MeckDwarf über seinen Kollegen. "Was machst du denn? Alles in Ordnung?"
***
Nass und erschöpft kamen die Wächter bei Dunkelheit zurück ins Boucherie. Sie hatten es irgendwie zum gegenüberliegenden Ufer geschafft und lagen dort eine Weile in der anbrechenden Dunkelheit, bis sie wieder bei Kräften waren.
Der Feldwebel erwartete sie bereits. "Ihr habt es geschafft!", begrüßte sie ihre Wächter. "Daniel hat mir bereits Bericht erstattet. Das habt ihr gut gemacht!"
Sie führte die Vier hinein, denn im Versammlungsraum hatte Breda für ein wohlschmeckendes Mahl gesorgt und die Damen des Boucheries waren so freundlich, ihnen Bier und Wein auszuschenken. Zum Vergnügen vom Hauptmann Llandcairfyn, der sich nach einer guten Stunde mit den Worten verabschiedete, noch ein Dessert einnehmen zu wollen. Niemand fragte weiter nach.
Die anderen vier saßen noch eine Weile gemeinsam.
"Warum daf ganfe?", fragte Harry schließlich mit vollem Mund. "Waf haft du damit befeckt?"
Die Vampirin, die den ganzen Abend weder die Getränke, noch das Essen angerührt hatte, schaute auf ihre Hände, die mit dem Saum ihres Jacketts spielten. "Alles hat einen Grund, mein lieber Harry. Und wenn die Zeit reif ist, werdet ihr verstehen. Mich verstehen", fügte sie leise hinzu, nicht ahnend, dass Glum sie hören konnte.
Sie feierten weiter und man trennte sich kurz nach Mitternacht.
Glum Steinstiefel, der auf einen kurzen Abstecher in sein Büro gegangen war, bevor er den Heimweg antrat, saß an seinem Schreibtisch und starrte in die Kerzenflamme. "Was war bloß los mit ihr? So hatte er sie noch nie erlebt!"
Voller Ungeduld darauf, dass ihn die große Erkenntnis endlich ins Gesicht sprang, machte er sich auf zum Drunter und Drüber. Er würde Breda direkt fragen, was in sie gefahren ist und er würde sie nicht eher gehen lassen, bevor er eine Antwort hatte. Immerhin waren sie Freunde.
Der Zwerg hob die Faust um anzuklopfen und hielt inne, als er Breda sprechen hörte.
"Sie haben sich gut geschlagen und zusammengehalten. Sie sind ein wilder Haufen aber im Herzen grundehrlich."
Eine längere Pause entstand.
"Nein, du wirst keine Probleme mit ihnen haben. Sie sind sehr loyal und bei einer guten Führung das Beste, was der Wache passieren kann."
Glum lauschte, das Ohr fest an die Tür gepresst, konnte jedoch die Antwort des unbekannten Gesprächspartners nicht hören.
"Der Kommandeur wollte es so. Nur so ist das alles möglich."
Eine weitere Pause.
"Nein", sagte Breda. "Ich gehe nicht gern. Aber ich muss."
"Gehen? Was meint sie damit?"
Als sich die Türe öffnete, fiel Glum vorne über ins Büro. Die Vampirin beugte sich herab um ihm aufzuhelfen, doch er wehrte ihre Hände ab.
"Was redest du? Du willst gehen? Wie soll ich ohne ... alleine?! Das geht nicht! Warum?"
Aufgeregt, weil sich die Erkenntnis ins Unendliche zu verschieben drohte, sah der Zwerg an seiner Abteilungsleitung hinauf und bemerkte zunächst nicht, wie eine weitere Person in sein Sichtfeld trat. Er blinzelte.
"Du? Was machst du hier?"
Breda Krulock straffte ihre Gestalt und streckte ihren Arm einladend aus. "Glum, ich bin froh, dass du kleiner Naseweiß es als erster erfährt. Oberfeldwebel Baum kennst du ja. Sie wird die Abteilung ab heute führen."
Lilli Baum winkte und zog ihre Schiefertafel hervor. "Hallo Glum, schön dich wiederzusehen."
"Warum?", fragte Glum, nicht klar, ob er die Wahl des Oberfeldwebels meinte oder Bredas Rücktritt.
"Ich habe dir doch erzählt, dass meine Aufgabe sich langsam dem Ende neigt."
"Ich dachte, du faselst nur!"
"Mein lieber Glum", Breda kniete sich vor den Zwerg und blickte ihm somit direkt in die Augen. "Ihr habt bewiesen, dass die DOGs ein Team sind. Ihr braucht mich nicht mehr. Und ich möchte, dass du dem Oberfeldwebel genauso loyal gegenüber stehst, wie mir. Hast du mich verstanden?"
"Ja, Ma'am." Der Zwerg zog die Stirn in Falten und tiefe Furchen bildeten sich. "Alles Gute und so."
Breda Krulock lächelte. "Danke dir."
Ohne ein weiteres Wort nahm Breda den Koffer, der den ganzen Tag schon hinter ihrem Schreibtisch gestanden hatte, und verließ das Boucherie, aber nicht ohne noch einmal zurückzuschauen.
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