Die neue Technik!

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von Lance-Korporal Glum Steinstiefel (DOG)
Online seit 01. 05. 2012
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 Außerdem kommen vor: Humph MeckDwarfDaemon LlanddcairfynBreda Krulock

Das Oberthema ist: 'Neue Techniken'.

Dafür vergebene Note: 10

In dem Bericht hieß es, dass Herr Husten von jetzt auf gleich in die Sache hineingeraten war. Und dass - Breda legte bereits nach der zweiten Zeile eine nachdenkliche Schweigeminute ein - er so unschuldig war "wie man es in dieser Stadt nur sein kann." Es änderte jedoch nichts an den jüngsten Vorfällen und dass sie diese seltsame Angelegenheit nicht derart auf sich beruhen lassen konnte.
Listenreich "wie man es in dieser Stadt nur sein muss" hatte die Gilde der Erpresser ihr gesamtes Potential zusammengekratzt und war dabei auf so etwas wie ein vorläufig legales Schlupfloch gestoßen. Hierzu hatte der lanzierte Korporal, der namentlich ein gesteinstiefelter war, bemerkt: "In dieser Stadt ist von Gesetz wegen jeder ein Verbrecher!"
Zumindest solange, bis man ihm das Gegenteil nachweisen konnte...

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Akte Nr. 34.1.2., Knr. 76400
DOG-Geheimarchiv

Datum: 27.05. im J.d. zweiten Beginns.
BR: (G) Halllala, Wall
Dienst.-Nr.: 011069-R-080308

Laut eigener Angabe war Herr Husten am Vorabend des oben stehenden Datums nach einem langen Arbeitstag in Bärdrückers Distillerie auf dem Heimweg, als der Mann im beigen Mantel sich aus einer Gasse an seine Seite gesellte. Die Erscheinung habe auf ihn nicht sonderlich einschüchternd gewirkt, der Grund des unverhofften Kontakts hingegen schon eher.
"Guten Abend, mein Herr...Husten, wenn mich nicht alles täuscht. Ich darf mich Ihnen kurz als Erpresser vorstellen.", habe er sich mit Herrn Husten bekannt gemacht. "Aber Sie können mich auch gern als Schuft, Strolch oder Wegelagerer bezeichnen. Es macht keinen Unterschied; meine Gebühren damit ich Ihnen keine Probleme bereite sind in jedem Fall die gleichen. Nur Neunzehn Neunundneunzig!"
Der Angesprochene, verschreckt und überrascht ob dieser Eröffnung, doch zu steter Höflichkeit erzogen, habe zunächst die ihm eigene Identität grüßend bestätigt und sich nach der Organisation erkundigt, zu der der beige Mann vermutlich gehören würde. Die Zugehörigkeit zu einer offiziellen Gruppierung ließ sich zunächst aus den Manieren desselben schließen. Eine entsprechende Auskunft soll mit der Gilde der Erpresser benannt worden sein.
Nichtsdestotrotz habe Herr Husten die Situation als harmlos eingeschätzt und sich noch eine Weile lang nett unterhalten können - die Gesundheit der geehrten Frau (Erpresser-)Mutter ließe zu wünschen übrig, das Wetter wäre aufgrund der leichten Nord-Ost-Brise auch schon einmal besser gewesen - dann erreichte man die Straßenecke, an der Herr Husten derzeit wohnhaft ist. Hier schlug der namentlich Unbekannte den Distillerie-Mitarbeiter mit drei Schlägen zu Boden.
Der erfolgten Auskunft nach zu urteilen werde dies nun täglich zur festgesetzten Zeit geschehen, bis Herr Husten sich entschließe die Gebühr von 19,99 Dollar auszuzahlen. Dies sei in keinster Weise persönlich zu nehmen, doch die Gilde müsse ja von irgendetwas leben. Aus den weiteren Ausführungen ging hervor, dass das Gildenmitglied noch Blumen für die Frau Mama zu erwerben beabsichtige und die Gebühr wöchentlich anfiele - Herr Husten müsse sich nicht sofort entscheiden, er könne dies mit seiner Gattin und/oder der Stadtwache besprechen. Bis dahin gute Besserung und auf Wiedersehen bis morgen.
Besagte Gattin gab uns im Übrigen die Auskunft gegen diese Zahlung zu sein.

Gelesen und genehmigt.


[ + + + S T E M P E L F E L D + + +]

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Neben dem krulokschen Massivholzschreibtisch, der wie kein anderes Möbel der Abteilungsleitung der DOG diente, standen auskunftsbereit der Dobermann Daemon Llanddcairfyn sowie der Husky i.A. Wall Halllala.
"Immerhin eilt die Sache nicht.", bemerkte Breda spitz, die Fingerspitzen der beiden zu einer Pyramide geschlossenen Zeigefinger an die Unterlippe gelegt. Ihre linke Augenbraue traf beinahe den Haaransatz.
"Ich kann nichts in den Gildenbüchern finden, das dagegen spräche.", erklärte Daemon im selbstverteidigenden Tonfall. "Allerdings auch nichts dafür. Der Patrizier soll wohl auch noch keinen Antrag bezüglich dessen erhalten haben. Drumknott ließ ausrichten, dass wir uns damit...ähm...mal befassen sollen."
"Aha."
Schweigen.
"Und?"
Der Hauptmann stieß sich mit der Hüfte von der Wand ab und schritt, ganz der alte Abteilungsleiter, bloß auf der verkehrten Seite des massiven Holzes, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen auf und ab, während er erläuterte: "Selbstredend habe ich mich zuerst an die Gilde selbst gewandt. Man stellte mir den 'Mann in beige' sogar persönlich vor. Alois heißt er. Aber das ist nur sein Deck-bzw. Unterweltname. Alois fiel erst vor wenigen Monaten in Genua kriminell auf, als er im Zoo einen Wärter in den Löwenkäfig stieß. Dieser verlor dabei eine Hand. Alois saß dann einen Monat lang auf Bewährung ein, bis die Gilde der Erpresser seine Kaution bezahlte und ihn aufnahm-"
"Angeblich...", warf Wall eifernd ein: "...soll er sogar den Baron von Crylstyr erwürgt haben und jetzt seine Zähne an einer Kette tragen!"
"Also bitte, Gefreiter!" Daemon verzog das Gesicht. "Das sind olle Märchen, völlig frei erfunden! Soo schlimm ist der Kerl dann doch wieder nicht!"
Breda wischte mit ihrer Rechten durch die Luft und gebot einen Abbruch des Erzählens.
"Gut, der Typ ist also brutal, aber ein legales Mitglied. So wie das klingt haben die Erpresser diese neue Vorgehensweise von ihm. Wo ist Husten? Ist er noch immer am Tresen?"
"Nein, Määm!", meldete Wall fahrig. "Er ist vor einer halben Stunde heim gegangen. Sonst verpasst er das Treffen mit Alois. Würde wohl unschön ausfallen."
"Aha. Wie seid ihr beide verblieben?"
"Ich sagte ihm, er solle verhandeln bis wir eine andere Möglichkeit finden."
"Verhandeln?"
"Also ich...", warf Daemon in einem müden Moment ein: "...würde nicht mehr als acht Dollar zahlen! Wenn überhaupt!"

Da Vorfälle dieser Art sich zu häufen begannen berief Feldwebel Krulock den G2-Gipfel zu einer Geheimkonferenz ein. So kam es, dass sie nur zwei Tage später mit Glum Steinstiefel-Singtnichtgut beinahe Nase an Nase in der 'Geheimnisvollen Ecke' bei Kerzenschein saß und bedeutungsschwer mit den Augenlidern zuckte.
"Es ärgert mich, dass wir in dieser Sache nur konsultativ tätig sind! Inzwischen haben wir noch sechs weitere dieser Fälle gemeldet bekommen. Und da ist noch eine kleinere Dunkelziffer."
"Apropos dunkel...", bemerkte der steinalte Zwerg und sah sich im Kerzenschein soweit im Raum um wie er konnte. Sogar seine stollenerprobten Grubenaugen konnten nicht das Ausmaß des Zimmers erfassen. "Muss das mit der Kerze sein?"
"Ja das muss! Ist immerhin eine Geheimkonferenz!"
"Aber ich kann Estelle von unten hören..."
Wieder Bredas energischer Wisch durch die Luft.
In letzter Zeit tat sie dies ganz gern.
"Hey, ich kann auch nicht zaubern, selbst wenn das immer alle zu glauben scheinen!", murrte Glum herum. "Mehr als denen eine Empfangsbestätigung zu empfehlen und dem Steuerbüro im Palast Bescheid zu geben, kann ich auch nicht tun."
"Ach, das hilft doch nichts!"
"Haben oder nicht haben! Geld ist auch was wert! Fast wie Gold! Aber Gold glänzt viel schöner! Mann, steh' ich auf das Zeug! Hast du welches?"
"Nein!"
Breda war entsetzt.
"Oh."
Schweigen.
"Herr Husten weigert sich auf Wunsch seiner Gattin noch immer zu zahlen.", bemerkte Breda nach einer Weile. "Wie kann man nur so unter dem Pantoffel stehen?"
"Und wir sind uns sicher, dass das nicht illegal ist?"
"Weder das, noch legal! Es ist bislang nicht in den Gildenrichtlinien erschienen. Und vom Patrizier ist noch kein Beschluss ergangen..."
"Tja...was tun?"
Breda legte den Kopf schräg und kniff die Augen zusammen, dass sie in der Düsternis nicht einmal mehr Glum erspähen konnte. "Moment...nicht in den Gildenrichtlinien? Hatte Wall nicht-?"
"Breda?"
Und schon war sie draußen.

Für Herrn Husten nahmen die Dinge nun eine etwas günstigere Wendung.
Ein leicht untersetzter, doch scheinbar grimmiger Geselle mit einem geschulterten Vorschlaghammer klopfte am späteren am Abend des 30.04. drei Mal, jedes Mal mit einer höflichen Wartezeit dazwischen an seine Tür in der Myrtenstraße an.
"Ah, guten Tag, mein Herr. Ich grüße Sie herzlichst! Määc mein Name."
Der Mund unter dem dunklen struppigen Haar verzog sich zu einem breiten Grinsen.
"Ich habe ein Exklusivangebot für Sie! Bitte, darf ich eintreten?"
Man gewährte ihm seinen Wunsch.
Herr Husten, ein bebrillter Mann im Herbst seines Lebens sowie einem braun-karierten Pullunder, schob sich beschützend vor seine bratpfannenbewehrte Gemahlin.
"Was wollen Sie von uns? Kommen Sie von der Gilde? Ich hatte schon einen Sechszehn-Uhr-Termin an der Straßenecke!", bemühte der leicht Bandagierte sich zu erklären.
"Also ich verstehe Sie nicht!", bemerkte Määc, nachdem er eine Runde durch das altbacken eingerichtete Esszimmer gedreht und die Ikonographien der Enkel höflich bemerkt hatte. "Wie kann man sich nur täglich verprügeln lassen? Sie brauchen einen Beschützer, mein Herr! Für nur Neunzehn Neunundneunzig sorge ich dafür, dass Alois Sie in Frieden lässt!"
Eine Standuhr meldete sich gongend.
Herr Husten trat einen Schritt vor, schon deshalb, weil der Abstand zu der Bratpfanne seiner Frau eventuell ein vergleichbar besserer war, als der zum Hammer des Mannes, der eben jenen zum gängigen Tarif anbot.
"Sie gehören zur Erpressergilde?", erkundigte er sich schwach.
"Nein, aber meine Organisation bedroht nicht, sondern schützt. Wenn Sie nicht wollen, müssen Sie nicht auf mein Angebot eingehen."
"Macht es denn einen Unterschied, ob ich mein Geld an Sie oder an die Gilde abführe?"
"Aber eine Menge, mein Herr, meine Dame. Denn sehen Sie - ich biete Ihnen offiziellen und professionellen Schutz an. Alois hingegen ist nur ein ganz gewöhnlicher Schläger!", belehrte Määc das Paar aufmerksam. "Entscheiden Sie, welche Lösung für Sie die günstigere wäre. Und keine Angst - es eilt nicht! Ich komme einfach morgen noch mal wieder. In etwa zur gleichen Zeit."
Um sie von der Ehrlichkeit seiner Absichten zu überzeugen, trat der Mann die Tür einer Anrichte ein, zerschmetterte mit seinem Vorschlaghammer einen der Stühle und forderte Herrn und Frau Husten brüllend dazu auf, ihm ihre Socken zu geben. Sofort und beide! Auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit!

Als das ältere Ehepaar kurz darauf und tief nachts in quietschenden Schuhen am Wachetresen einkehrte, stellte sich heraus, dass man ihren 'Beschützer' bereits kannte. Määc sei eine durchaus freundliche und kompetente Leibwache, die bei diversen Verhaftungen noch nie Probleme bereitet hätte. Danke vielmals für die Meldung. Gute Nacht!
"Aber er hat uns sogar unserer Socken beraubt!", wetterte die Gattin fuchtelnd und streckte einen nackten Fuß in die Luft.

"Das sind sie übrigens.", erklärte Hauptmann Humph MeckDwarf und hielt zwei Paar lindgrüne und mehrmals gestopfte Fußbekleidungsteile an spitzen Fingern in die Höh'. Zwei andere Paare, in diesem Fall die Augen der hauptsächlichen und der stellvertretenden Abteilungsleitung folgten ihnen als der ranghohe Offizier sie auf Massivholz legte.
"Also lief ja alles reibungslos! Soweit so gut!", freute Glum sich grimmig und klatschte in die vom diesigen Wetter rauen Hände. "Der Gefreite Halllala hatte gar keine so üble Idee."
"Offenbar. Ich bin beinahe beeindruckt! Vielleicht denke ich ja über eine Beförderung hier und da nach, wenn der Fall weiterhin gut läuft.", antwortete Breda und machte ihren Untergebenen damit hellhörig.
"Sehr gut, dann nehme ich-"
"Ich sagte vielleicht!"
Humph alias 'Määc' war als Beauftragter einer unbekannten Organisation aufgetreten und hatte sich somit in die Geschäfte der Gilde der Erpresser gemischt. Es konnte nicht lange dauern, bis sie davon Wind bekamen. Da die neuen Methoden der Gilde noch nicht offiziell festgelegt waren, handelte es sich in diesem Rahmen auch nicht um eine illegale Handlung, wenn jemand der nicht der Gilde angehörte diese Methode nutzte. Es blieb zu hoffen den Erpressern das Geschäft insoweit zu ruinieren, dass sie schließlich aus demselben ausstiegen. Auch der Patrizier hatte durch Drumknott inzwischen seine offizielle Billigung zu diesem experimentellen Wache-Unternehmen erteilt, da rein rechnerisch ein erheblicher Teil der Steuerzahlungen langfristig gesehen durch die neuen Aktivitäten der Erpressergilde betroffen sein könnte. Als 'unbekannte Organisation' und vor dem offiziellen Hintergrund, genehmigt von ganz oben, war es auf diese Weise für die Stadtwache von Ankh-Morpork kein Problem sich ins Geschehen einzumischen, und sei es noch so riskant. Das dabei erhaltene Geld würde den 'Opfern' selbstredend unmittelbar nach Abschluss des Einsatz-Experiments zurückerstattet werden, nebst Entschädigung für beispielsweise zerstörte Möbel oder entführter Fußbekleidung. Hierzu hatte der Patrizier einen kleinen Etat eingerichtet. Ein Unterschied zur Gilde: Kein 'Opfer' würde körperlich verletzt werden! Eine neue Technik war geboren. Und eine neuere um sie zu bekämpfen.

Määc funktionierte bereits, denn Alois nahm seine Verabredungen mit Herrn Husten fortan nicht mehr wahr. Die Gegenwehr auf legaler Gratwanderung wurde nach diesem ersten Versuch umgehend auf die gesamte Abteilung ausgeweitet, sodass ein Großteil der Meldefälle bereits am letzten Offel des April abgedeckt werden konnte. Manch ein Ermittler war freilich weniger erfreut über seinen Einsatzbefehl, doch eine Weigerung gab es bei der Wache nicht. Zu-arm-für-einen-Namen beispielsweise musste sich eine recht subtile Vorgehensweise aussuchen, da er nicht gerade zum beschützenden Genre gehörte und verlegte sich gewissermaßen auf Püschoterror indem er sich eine rote Kontaktlinse aus dem Operationsfundus der Dienststelle nahm und seine 'Opfer' vor jeder Aussage minutenlang schweigend anstarrte. Humph erzielte mit dem Hammer, den er sich aus aus Glums altem Büro geliehen hatte, auch weiterhin durchschlagende Erfolge; nicht umsonst bezeichnete der Zwerg das kostbare Stück als 'Argumentationshilfe'.
Am schwierigsten hatte es wohl dennoch der oberstabsspießige Harry, der als 'Mann im Ohr' agierte. Genauere Beschreibungen scheiterten schlicht an der Folgevorstellung, die sich aus der hastigen Erklärung d-r-i-n-g-e-n-d-s-t-! duschen zu müssen ergab, jedes Mal wenn der Gnom nach einem solchen Einsatz das Etablissement in der Springstraße stürmte.
Doch die Sache begann sich im bekanntesten der Fälle bereits am selben Offel erneut zu wenden...

Um sich für alle Umstände bei seiner geliebten Frau Gemahlin zu entschuldigen, lud Herr Husten sie am Nachmittag zum Essen ins 'Bistro du Plaisire' (Quirmstraße 12) ein, besonders aber um die zukünftigen finanziellen Aspekte zu besprechen. Bis zum Nachtisch war es auch ein soweit gelungener Abend, doch leider machte Frau Husten den Fehler sich zu verschlucken und ihrem Namen lauthals und onomatopoetisch Ausdruck zu verleihen. Dabei stieß sie eine Wasserkaraffe vom Tisch und ließ auch ihren Löffel fallen. Als wäre er aus dem Boden gestoßen, kniete mit einem Mal Jacques du Plaisire, offensichtlicher Eigentümer jener Lokalität, händeringend vor dem ehepäärlichen Tisch.
"Biette no, ich ssahle die Gebürr ja, nür biette lassen Sie mein'e Restaurant in Fridän!"
Rasch eilte Herr Husten sich den Vorfall aufzuklären, was den Maitre aus Schwellingen dazu veranlasste beide, freilich erst nach unverzüglicher Abrechnung, hinaus zu bitten.
Dort jedoch schien bereits ein bisher Unbekannter auf sie beide gewartet zu haben.
"Herr Husten? Guten Abend, ich bin von der Gilde der Erpresser. Määc sucht Sie bereits in der ganzen Stadt. Offenbar haben Sie es abgelehnt sich auch in der folgenden Woche von ihm beschützen zu lassen? Dann hätte ich da ein kleines Angebot für Sie..."
"Was denn, was denn?", entfuhr es dem Gatten nunmehr am Ende seiner Zurückhaltung. "Drohen Sie uns etwa schon wieder mit Prügel?"
"Nein, nein, mein Herr. Das nicht. Gehen wir doch ein paar Schritte. Es ist recht angenehm um diese Uhrzeit. Nicht zu kühl, nicht zu frisch. Was mir da vorschwebte, war ein Schutz gegen den Schutz Ihres Beschützers. Für nur Neunzehn Neunundneunzig."
Herr Husten, eng an seine Frau geklammert, blieb stehen.

"Dabei soll dieser Typ sogar eher schmächtig gewesen sein.", berichtete Wall Halllala nur eine halbe Stunde später der Krulock. Diese stöhnte resigniert.
"Die Hustens sitzen noch drüben. Diesmal wollen sie nicht gehen, ohne dass etwas 'geschieht'. Der Typ von der Gilde hat sich wohl als 'kleiner John' vorgestellt, beteuert dass Körpergröße nicht entscheidend wäre und dann Herrn Hustens Magen misshandelt sowie den Mantel seiner Frau zerschnitten. Erst als Herr Husten ihm eine Socke als Anzahlung gegeben hatte, ließ er ab und empfahl sich mit freundlichen Grüßen bis morgen Nachmittag."
"Nein, das gibt es doch nicht!", stieß Daemon aus. Er hatte bisher mit verschränkten Armen neben der Tür gelehnt, trabte nun jedoch in Schlingerkreisen umher. "Das war eine Schnapsidee, Gefreiter Halallla! Das ist unmöglich!"
"Ist wohl aber so!", gab Glum nüchtern zum Besten. "Es hat ja immerhin zunächst funktioniert. Niemand hat jemals behauptet, dass die sich nicht wehren würden."
Wall begann: "Dass das aber auch nicht verboten wird von seiner Lordsch-", wurde jedoch gleich von Breda unterbrochen.
"Ja, weshalb denn? Niemand kann behaupten, die Gilde täte etwas anderes, als zu erpressen. Gewissermaßen nur ihr Handwerk. Es ist äußerst schwierig da eine Regelung zu finden."
Der Husky i.A. wirkte arg eingeschüchtert.
"Jaaa..."
Alle hielten inne und drehten sich zum Nervzwerg um, der diesem einfachen Wort eine lang gezogene Bedeutung verliehen hatte, wie man es üblicherweise tut, kurz bevor man einen Gedankengang verkündet.
"Achtung, jetzt kommt's!", kommentierte Daemon in die Pause hinein, bevor der Stellvertreter sich äußerte.
"Nuuun...dass wir mit einer Gegenpartei nicht weiterkommen scheint doch klar zu sein. Das gäbe nur ein ewiges Hin-und Her bis die Terminpläne voll wären. Nein, diese Leute müssen sich schon selbst wehren, solange diese fixe Idee der Gilde nicht bestätigt oder abgelehnt wurde. Das könnte etwas dauern. Wenn wir der Gilde als offizielle Behörde Druck machen und auch der Patrizier sein Missfallen kundtun könnte, würde das wahrscheinlich bereits ausreichen. Welche Gilde stellte sich der Wache UND der Regierung entgegen? Aber das erfordert wohl noch etwas Zeit. Und Zeit ist bekanntlich Geld..."

Als es am nächsten Nachmittag an seiner Tür klopfte, öffnete Herr Husten mit einem solchen und sah sich dem 'kleinen John' gegenüber.
"Guten Tag. Ich soll Ihnen ausrichten, dass es Alois' Mutter immer besser geht. Die Gesundheit ist schon eine schwankende Sache, nicht wahr? Haben Sie sich mein Angebot überlegt?"
"Oh ja, bitte...das habe ich. Treten Sie doch bitte durch."
Im Esszimmer des Hauses saß die Obergefreite Arwan und ließ sich den servierten Krümelkuchen schmecken. Lässig winkte sie dem Gildenvertreter zu.
"Ah, guten Tag, verehrte Wächterin!", begrüßte John sie mit einem angedeuteten Handkuss. "Welch eine Freude. Ich hoffe sehr, dass es schmeckt?"
Ein paar fliegende Krümel dienten der Beantwortung.
"Nun, mein lieber Herr Husten...", begann John und wandte sich auf dem Absatz zu ihm um. "Selbstverständlich bleibt es dabei, dass Sie sich keineswegs heute entscheiden müssen. Ab morgen haben wir übrigens auch ein Rabattangebot, sodass die erste Woche zum halben Preis zu haben ist. Für nur Neun Neunundneunzig!"
Herr Husten lächelte und rückte seinen Stirnverband ein wenig nach.
"Das ist überaus freundlich, aber..."
Arwan schluckte hastig den Bissen hinunter.
"...aber WIR beschützen jetzt diese Leute! Für nichts!"
Der 'kleine John' wandte den Absatz erneut um.
Aus großen Augen starrte er die mit Kuchenkrümeln dekorierte Stadtwächterin an.

Der G2-Gipfel tagte.
Das hieß...er nächtigte.
Im Kerzenschein.
"Ein sehr cleverer Streich, Breda!"
"Danke dir, Glum!"
"Wie bist du nur darauf gekommen?"
"Ich weiß es nicht!"
"Sicherlich? Dir hat niemand einen Denkanstoß gegeben?"
"Nein, nicht dass ich wüsste."
Bredas Vampiraugen durchdrangen die Dunkelheit auch ohne Kerze ausreichend genug, um zu sehen, wie der Rotbärtige sie fixierte.
"Glum, das war eigentlich das Naheliegendste. Kostenloser Schutz der Wache für die zivile Bevölkerung. Wo es kein Gildengesetz gibt, kann auch nichts rechtmäßig sein. Einfach mal auf [1] Holz klopfen!"
"Die Gilde würde der Wache nicht mit Erpressung drohen, oder?"
"Nicht, wenn sie weiter existieren will. Wozu Neues probieren, wenn die alten Techniken noch immer am besten funktionieren?"
"Na dann...ich gehe morgen mit Humph los und verbringe den Tag mit langen Erklärungen, dem Ausbezahlen von Entschädigungsgeldern sowie der Zurückerstattung von Socken."
"Wer Verantwortung trägt muss eben auch mal leiden!"
"So viel zum Thema Ordnung."

[1] massives




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Feedback:

Von Braggasch Goldwart

01.5.2012

Jede Menge feinster Humor und wundervoller Stilblüten! Herrlich zu lesen. Allerdings ist die Geschichte dahinter, auch wenn sie durchaus scheibeweltim ist, eher unspannend und plätschern gewesen. Ich bin einfach keine Freund von singles, bei denen man das Gefühl hat die Wache bestände nur aus Vollidioten... ^^

Von Menélaos Schmelz

28.5.2012

Ich finde Glum als Charakter schon ohnehin toll (hab ihn mir eigentlich noch etwas beißender und grummeliger vorgestellt, aber ich glaube das gingen ein paar Zwergen-Klischees mit mir durch^^), aber dein trockener Wortwitz ist was ganz besonderes! Die Geschichte ist vielleicht ein wenig kurz (aber nur ein wenig!) und die Lösung kam etwas plump, war aber durchaus irgendwo wieder originell. Die höflichen Erpresser waren natürlich ein Highlight! - als Figuren und als Phänomen.

Von Ophelia Ziegenberger

21.5.2012

Eine schöne kurze Pokey. Die Idee des neuen Gildenkonzepts im Rahmen des legal noch nicht ausgeschöpften Rahmens hat mich gleich überzeugen können. Die Lösungsansätze der D.O.G. dazu ebenfalls. Es war lustig, sich die Kollegen der Boucherie-Filliale in ihren jeweiligen Tarnungen vorzustellen, auch mit ihren Vorlieben und Einschränkungen. Als besonders schön beim Lesen empfand ich den typischen Dreh deiner Formulierungen, wenn Du dezent Ironie einfließen lässt, wie beispielsweise in der Wendung "für Herrn Husten wendete sich indessen alles zum Besseren", während dem armen Kerl immer mehr die Hölle heiß gemacht wird. Oder wie zivilisiert die Begegnungen mit den Gildenvertretern anmuteten, im Gegensatz zu deren eingeforderten Leistungen - und dem Weg zu diesen. Typisches Scheibenweltflair, welches ich zwar nicht automatisch voraussetze bei den Singles, welches aber doch zu amüsieren weiß.

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