...und andere lustige Sachen

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von Gefreite Nyria Maior (SEALS)
Online seit 01. 11. 2011
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Ein Haufen zermatschter, verfaulter Kohlköpfe bringt SEALS kräftig ins Grübeln...

Dafür vergebene Note: 12

"Weißt du was, Sör?" sagte die Gefreite Nyria Maior zu ihrem Kollegen Cim Bürstenkinn, als sie dem Morgengrauen entgegen auf Streifenroute fünf durch die feinen Bezirke von Ankh schlenderten.
"Was soll ich wissen?" brummte der erst vor wenigen Wochen zum Dienst zurück gekehrte Vektor und zog seinen Umhang gegen die Kälte enger um sich. Raureif hatte sich auf der Schneide seiner Dienstpike gebildet. Vor den beiden Wächtern erstreckte sich der menschenleere Reitweg.
"Nun ja, der Name unserer Abteilung ist schon komisch, Sör. Streife, Ermittlungen, andere lustige Sachen." Nyria machte eine kleine Kunstpause. Sie kam sich ein wenig lächerlich vor, aber wenn ihr jemand diese Frage beantworten konnte, dann der Wächter, der bereits ein SEAL gewesen war, als der jetzige Kommandeur gerade erst in die Wache eintrat. "Streife erklärt sich ja von selbst. Aber bei Ermittlungen fängt es schon an. Eigentlich tun die meisten Abteilungen kaum was anderes, als in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet zu ermitteln. Aber dem Namen nach ist SEALS für Ermittlungen an sich zuständig, was wiederum die Frage aufwirft, warum wir zum Beispiel RUM überhaupt brauchen. Und hier kommen die anderen lustigen Sachen ins Spiel. Heißt das rein theoretisch betrachtet, dass SEALS zwar ermittelt, aber nur in Fällen, die von einer höheren Autorität als lustig oder amüsant eingestuft werden?"
"Du hast nicht zufällig zusammen mit Sillybos gebadet, Gefreite?" erkundigte sich Cim. Seine Atemluft bildete weiße Wölkchen vor seinem Gesicht.
Nyria schüttelte so energisch den Kopf, dass die losen Kinnriemen ihres Tellerhelms ihr um die Ohren flogen. "Ich habe nur vor, meine Ausbildung endlich mal abzuschließen, Sör. Und da das Ende der Ausbildung eine ziemlich schwammige Sache zu sein scheint, habe ich beschlossen, auf eventuelle fiese Prüfungsfragen wie den tieferen Sinn des Abteilungsnamens vorbereitet zu sein."
"Hm." Mit einem kräftigen Tritt beförderte Cim ein angebissenes Würstchen in den Rinnstein. "Ich weiß nicht, ob du dir wegen deiner Prüfung so viele Gedanken zu machen brauchst. Ich hatte eigentlich keine, damals bei Spieß Atera. Nachdem ich es geschafft habe, meinen ersten Fall so gut wie möglich auf eigene Faust zu lösen, wurde meine Ausbildung einfach für beendet erklärt. Und nach dem, was ich bisher von dir gesehen habe, bist du zumindest eine ordentliche Streifenwächterin."
Nyria zuckte mit den Schultern.
"Danke, Sör. Aber ich kann Fähnrich Dubiata einfach nicht einschätzen. Wahrscheinlich gehört es zum Hexendasein, unberechenbar auf seine Umgebung zu wirken. Ich könnte mir genauso gut vorstellen, dass sie mich abprüft."
Bei der Erwähnung der Abteilungsleiterin verzog der Chief-Korporal das Gesicht. "Was die Aufgaben von SEALS betrifft - Da kannst du wahrscheinlich getrost mit dem antworten, was wir alle denken."
"Dass wir der Mülleimer für all die Fälle sind, für die sich keine andere Abteilung zuständig fühlt?" bemerkte Nyria und rieb sich die Nase. Ein unangenehmer Geruch, den sie eindeutig nicht dem Ankh zuordnete, kitzelte ihre Geruchsnerven.
"So in der Art." Der Vektor sah einer einsamen Kutsche nach, die in mittwärtiger Richtung davonfuhr. "Aber SEALS ist die wichtigste und vielseitigste Abteilung der Wache, vergiss das nie, Gefreite. Verkehrssünder jagen, Katzen von Bäumen retten, den Kontakt zu den Bürgern der Stadt aufrecht erhalten, Sachbeschädigung, Betrug, verbotene Rauschmittel, Körperverletzung ohne räuberischen Hintergrund, unlizenzierter Diebstahl wie die vergammelten Kohlköpfe von Paul Königs Müllkippe letzte Woche - das sind wir. Lustige Fälle bearbeiten wir allerdings nur, wenn die Narrengilde nichts damit zu tun hat, denn dann wäre wieder DOG zuständig."
"Ich glaube nicht, dass Fälle, die mit der Narrengilde zu tun haben, sich durch ihre Lustigkeit auszeichnen, Sör." Nyria nahm eine tiefe Nase von der morporkianischen Morgenluft. Der widerliche Geruch irritierte sie. "Die kann DOG ruhig behalten."
"Ich glaube, es könnte nicht schaden, wenn du in einer eventuellen Prüfung auf die Katzen in den Bäumen eingehst." schlug Cim mit einem Augenzwinkern vor. "Eine solche Antwort zeigt, dass du dich eingehend mit der Materie des SEALS-Seins auseinander gesetzt hast."
"Mm-mmm." antwortete Nyria geistesabwesend und blieb an der Kreuzung zur Chrononhotonthologosstraße stehen. Schnüffelnd drehte sie sich einmal um die eigene Achse.
"Stimmt was nicht?" erkundigte sich der Vektor.
"Ich weiß nicht, Sör." Nachdenklich blickte Nyria in drehwärtiger Richtung die Straße entlang, wo ein Mann eine Kiepe voller Kohlen in eine offene Klappe schüttete. "In Richtung Haufen riecht es, als wäre die gesamte Sto-Ebene verfault."
"Meinst du zufällig Kohl, Gefreite?"
Die Szenekennerin in Ausbildung nickte.
"Interessant, vor allem wegen der Müllkippen-Diebstähle." Mit zusammengekniffenen Augen kritzelte Cim eine Nachricht auf einen Fetzen Papier und stecke ihn in die Beinkapsel seiner mitgeführten Taube. "Ich sage im Wachhaus Bescheid, dass wir einen Abstecher zum Haufen machen."

Das Bild, das sich den beiden Streifenwächtern bot, als sie die den Haufen begutachteten, war äußerst kurios. Die zerdrückten Überreste fauliger Kohlköpfe waren über die gesamte randwärtige Flanke des Hügels verteilt und verströmten einen nun auch für Cims gebrochene Nase deutlich erkennbaren Geruch.
"Was soll das denn?" bemerkte er, während er sich Mühe gab, durch den Mund zu atmen.
"Ich weiß es nicht, Sör." Die Gefreite Maior hatte sich ein Halstuch über Mund und Nase gezogen. Cim wollte sich gar nicht vorstellen, was der Gestank einer Wagenladung überreifem Sto-Ebenen-Kohls mit dem Riechapparat eines Werwolfs anstellte.
Der Vektor marschierte zum unteren Rand der Verwüstung und bückte sich, um die Angelegenheit näher in Augenschein zu nehmen. Schimmel war in hangabwärtiger Richtung streifenförmig über den Kohlmatsch verschmiert.
"Sieht aus, als hätte sich jemand große Mühe gegeben, das Zeug zu verstreichen." stellte er fest. "Wer auch immer es war, hat wahrscheinlich ein großes Brett oder sowas in der Art benutzt."
"Ob das Kunst ist, Sör?" sinnierte Nyria, ihre Stimme durch das Tuch gedämpft.
"Keine Ahnung." Mit der Spitze seiner Dienspike stocherte Cim in der stinkenden Pampe herum. "Oder eine abstruse religiöse Zeremonie? Immerhin gibt es eine Göttin des Kohls."
"Jedenfalls scheint es, nach all dem, was ich gelernt habe, ein Fall für SEALS zu sein, Sör." stellte die Szenekennerin in Ausbildung fest. "Wir kümmern uns nicht nur metaphorisch um den Müll, den keine andere Abteilung haben will."
"Da hast du wohl recht, Gefreite." Mit Hilfe seiner Pike richtete Cim sich wieder auf und ließ einen letzten Blick über den Kohlmatsch schweifen. Ein metallisches Glänzen zwischen der schmutzigbraunen Pampe lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Vorsichtig, um seine Stiefel nicht mehr als nötig zu beschmutzen, watete der Vektor durch die rutschige Masse und hob das Objekt mit seinem Dolch auf. Es war ein silberfarbenes Amulett, auf dem ein verschlungener achatener Drache eingeprägt war. Eine zerrissene Kette baumelte von einer Öse. Cim legte seinen Fund auf einem Taschentuch ab und kehrte zurück zu seiner Kollegin.
"Was würdest du daraus machen, Gefreite?" fragte er und zeigt ihr das Amulett.
"Sieht wie ein achatener Glücksdrache aus, Sör." erklärte Nyria nach kurzem Nachdenken. "Die werden von diversen achatenen Händlern als angebliche Glücksbringer verkauft. Das Material ist gerade mal ein paar Cent wert. Manchmal hat sie sogar Schnapper im Sortiment, wenn die Würstchen gerade schlecht gehen."
"Wenn du das so aus dem Stehgreif weißt, dann wird aus dir ja vielleicht doch noch eine fertig ausgebildete Szenekennerin." Der Vektor nickte anerkennend und wickelte das Amulett in sein Taschentuch, welches in seine Gürteltasche wanderte.
"Das werden wir hoffentlich in den nächsten Tagen sehen, Sör." murmelte Nyria. "Glaubst du, die Hexe vertraut mir genug, um mir den Fall zu geben?"

* * *


Der kalte, ungemütliche Morgen war einem sonnigen Spätherbst-Vormittag gewichen und Nyria war bereits bei ihrer dritten Tasse Kaffee angelangt, als Reggie endlich die ersehnte Rohrpostnachricht aus der Röhre warf und dabei den Kopf der Gefreiten nur knapp verfehlte.
Es ist dein Fall, Szenekennerin in Ausbildung. klangen die ernsten Worte Rea Dubiatas in ihrem Kopf nach, als Nyria sich bückte, um die lädiert aussehende Papierrolle aufzuheben. Im Tonfall des Fähnrichs war das unausgesprochene die Abschlussprüfung beginnt hier und jetzt deutlich herauszuhören gewesen. Eine steile Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen, als sie die Blätter mit dem Bericht der Spurensicherung auseinanderwickelte, und Nervosität machte sich in ihrer Magengrube breit. Dies war ihre gleichzeitig erhoffte und gefürchtete Chance, sich als vollwertiges Mitglied von SEALS zu beweisen, und wenn sie den Fall vermasselte, sah sie vermutlich mindestens einem weiteren halben Jahr Ausbildung ins Auge.
"Verdammt, konzentrier dich auf den Bericht." beschwor sie sich laut.
Die Fakten waren zu ihrer Erleichterung eindeutig. Sämtliche genommenen Proben gehörten zu einer Kohlsorte namens Gutmütchens Wurzelzement und das Amulett, das gesäubert in einem Umschlag beigefügt worden war, bestand aus billigem Zinn. Es waren keine Fingerabdrücke darauf gefunden worden, und die auf der Rückseite eingeritzten Buchstaben KQ waren auf den ersten Blick wenig aufschlussreich. Huitztli Pochtli hatte jedoch die Kette repariert.
Nyria spielte eine Weile mit dem Beweisstück herum, während sie gründlich nachdachte und den unbesetzten Schreibtisch ihres Kollegen und Ausbilders Damien G. Bleicht anstarrte. Was würde der Lance-Korporal in ihrer Situation tun?
Die Antwort war eindeutig. Er würde einen trinken gehen. Dies schien eine Art Universallösung Damiens für jede auftretende Fragestellung zu sein. Im Geiste sah Nyria ihren kreidebleichen Ausbilder vor sich, wie er geduldig eine Taverne nach der anderen abklapperte, bis er die richtige Person traf. Während der rudimentären praktischen Ausbildung, mit der er sie bedacht hatte, hatte Nyria festgestellt, dass Damien beinahe jeden regelmäßigen Trinker der Stadt kannte und somit über ein Netz von Bekanntschaften verfügte, das seinesgleichen suchte. Gleiches galt für den Obergefreiten Ettark. Beide Wächter schienen ihren Dienst größtenteils in den schummrigen Ecken zwielichtiger Schenken zu verbringen. Die Gefreite seufzte. Ob das zu den mysteriösen anderen lustigen Sachen zählte, die in den Zuständigkeitsbereich von SEALS fielen?
Ihre eigenen Erfahrungen in Szenekennerei hatte sie mangels der schon fast chronischen Abwesenheit ihres Ausbilders größtenteils selbst angeeignet. Viel Zeit hatte sie dabei unter Fußballfans verbracht, da sie, wenn möglich, kein Spiel der unsichtbaren Akademiker verpasste und bisher nicht davon abgehalten worden war, sich auch während der Dienstzeiten unter dem Deckmantel der Szenenbeobachtung auf der Tribüne zu stellen und ihre Lieblingsmannschaft anzufeuern. Zudem kannte sie einige Hehler unlizenzierten Diebesguts aus ihrer Zeit vor der Wache und besaß über ihren besten Freund gute Kontakte in die Unsichtbare Universität. Das fand sie schon einmal gar nicht schlecht für den Anfang.
Mit Schwung stieß sich Nyria aus ihrem Schreibtischstuhl hoch und summte leise 'Es gibt nur einen Macarona' vor sich hin. Zumindest war ihr eine Idee gekommen, wo sie außer in einer zufällig ausgewählten Taverne mit ihren Ermittlungen beginnen konnte. Sie tauschte ihre Uniform gegen schlichte Straßenkleidung und hängte sich nach kurzem Überlegen das Drachenamulett um den Hals. Es war zwar nur ein billiges Stück Blech, aber sie konnte in diesem Fall, der über ihre berufliche Zukunft entscheiden sollte, jedes zufällig anwesende Fitzelchen Glück gebrauchen.

* * *


Würde man Nyria fragen, welchen Teil ihrer Arbeit sie am liebsten mochte, hätte sie ohne zu zögern das Streife gehen genannt. Die Straßen Ankh-Morporks boten dem aufmerksamen Beobachter jeden Tag neue Unterhaltung und die Gefreite hatte im Laufe der unzähligen Streifenrunden ganze Straßenzüge und die Veränderung ihres Aussehens im Geiste katalogisiert. Falls es Fähnrich Dubiata in den Sinn kommen sollte, sie über die Straßen von Ankh-Morpork abzuprüfen, war Nyria sich sicher, zumindest diesen Teil der Prüfung mit Bravour zu bestehen. Und so war es ihr auch ein Leichtes, das unauffällige Geschäft in der Sirupstraße wieder zu finden, wo sie sich eine Antwort auf ihre Fragen erhoffte.
Ein hölzerner Kohlkopf baumelte an einer Kette über der Eingangstür und ein schon etwas mitgenommenes Schild verkündete, dass drinnen feinste Kohlspezialitäten aus der Sto-Ebene verkauft wurden. Nyria musterte kurz die von fetten Fliegen umkreiste Auslage im Schaufenster, warf ihren Zigarettenstummel in den Rinnstein und trat ein.
Das auf engem Raum konzentrierte Aroma zahlloser Kohlsorten begann sofort mit einem olfaktorischen Sturmangriff auf ihren empfindlichen Geruchsnerv und die Gefreite kämpfte für einen Augenblick mit den Tränen.
"Kann ich dir helfen, Junge?" sprach sie eine tiefe Stimme mit dem unverkennbaren Akzent der Sto-Ebene an.
Nyria blinzelte und musterte den kleinen rundlichen Mann, der wie aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war. Die Haut seiner Finger war grünlich verfärbt.
"Ich suche eine ganz bestimmte Kohlsorte." brachte sie ihr Anliegen vor. "Ein Freund aus Sto Helit hat mir davon vorgeschwärmt und es interessiert mich, was daran so besonders sein soll."
Der Kohlhändler setzte sein strahlendes Verkäuferlächeln auf. "Immer heraus damit, Kleiner."
Nyria räusperte sich.
"Die Sorte heißt Gutmütchens Wurzelzement. Er isst sie besonders gern, sagt er."
Das Lächeln erstarb und wich einem misstrauischen Stirnrunzeln.
"Er isst sie besonders gern, soso."
"Nun ja, das sagte er jedenfalls." antwortete Nyria lahm und wurde das Gefühl nicht los, dass sie soeben etwas Falsches gesagt hatte. Was zum Pandämonium tat man mit Kohl denn sonst, außer ihn zu nicht besonders schmackhaften Gerichten zu verarbeiten?
"Warum fällt es mir nur schwer, das zu glauben?" Der Händler baute sich vor der Wächterin in Zivil auf. "Mich haut ihr nicht übers Ohr! Raus aus meinem Laden, Bengel, oder ich zieh dir die Ohren lang!"
Nyria blieb nichts anderes übrig, als das Geschäft wieder zu verlassen. Draußen atmete sie erst einmal tief durch, um den Gestank aus ihrer Nase zu vertreiben, und ignorierte den Bettler, der sich wenige Schritte neben der Ladentür niedergelassen hatte. Auch wenn die Unterredung nicht so verlaufen war, wie sie es sich vorgestellt hatte - das erste Puzzlestück war an seinen Platz geglitten. Irgend etwas Besonderes war an dieser Kohlsorte, die auf der anderen Seite der Stadt am Haufen klebte.

* * *


"Und dann habe ich mir ein paar Bananen besorgt und bin in die Bibliothek gegangen." berichtete Nyria Jargon in der Kantine von ihren Abenteuern, während die beiden Wächter mit wenig Enthusiasmus in dem undefinierbaren Matsch herumstocherten, den Mamsell Piepenstengel hochtrabend als Aintopf alla Küsin Kwirmienn angekündigt hatte. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Bücher über Kohl gibt. Aber wahrscheinlich gibt es zwei Typen von Bewohnern der Sto-Ebene - Die Püsche der einen Hälfte gleicht sich irgendwann den Gegebenheiten an und sie resignieren und entdecken mehr Geschmacksrichtungen als in zwergischem Whisky, und die andere Hälfte sucht so bald wie möglich das Weite und schwört bei allem, was ihnen heilig ist, nie wieder Kohl zu essen."
"Wirklich?" erkundigte sich Jargon und betrachtete einen grauen Klumpen auf seinem Löffel, als überlegte er, ob er es wagen könnte, ihn zu essen.
"Glaub mir, irgendwann dreht man durch, wenn man länger dort bleibt. Da hat selbst das Fleisch einen kohlartigen Nachgeschmack." Nyria nahm todesmutig einen großen Löffel ihres Mittagessens. "Aber zum Thema Geschmack - Was ich rausgefunden habe, ist, dass selbst die hartgesottensten Sto-Bewohner den Wurzelzement nicht essen würden." fuhr sie fort, nachdem sie sich zum Schlucken gezwungen hatte. "Er wird nur als Schmiermittel für landwirtschaftliche Geräte und Wagenachsen und so weiter verwendet und man kann daraus durch Zugabe einiger anderer Substanzen einen Klebstoff herstellen, der weitreichend Verwendung findet. Huitztli konnte mir sogar die genaue Zusammensetzung nennen. Er behauptet, mit dem Zeug wurde unter anderem auch der Abteilungspokal zusammen geklebt."
"Das wusste ich nicht." Mit einem Platschen ließ Jargon den Inhalt seines Löffels wieder auf den Teller fallen. "Wird der Abteilungspokal echt nur mit einem schnöden Klebesockel zusammen gehalten? Aber es ergibt vermutlich Sinn, wenn man den Etat der Wache betrachtet."
Nyria zuckte mit den Schultern.
"Jedenfalls wüsste ich nicht, dass der Wurzelzement irgendwie illegal ist"
"Das stimmt." erklärte der Rechtsexperte. "Die einzige Kohlsorte, die mehr oder weniger verboten ist, weil giftig, ist der falsche Kohl, der aber wiederum eigentlich kein Kohl ist. Ansonsten wüsste ich nicht, was man mit Kohl für spektakuläre Verbrechen begehen könnte."
"Ich glaube ja, jemand war an den Schmiermittel-Eigenschaften des Kohls interessiert." Nach einem letzten Blick auf ihre Mahlzeit schob Nyria die Schüssel weit von sich. "Vielleicht klingt es bescheuert, aber wenn gelangweilte Jugendliche in einem kleinen Kaff in der Sto-Ebene einen Haufen leicht verschmierbaren Kohl sehen und sich überlegen, wie sie sich damit die Zeit vertreiben können - Schon hätte man Kohl-Grafitti. Das könnte auch die Reaktion des Händlers erklären. Niemand sieht es gerne, wenn seine Ware dazu benutzt wird, Wände oder in diesem Fall städtische Wahrzeichen zu beschmieren."
"Hm." Jargon klang skeptisch. "Meinst du wirklich?"
Nyria grinste. "Hast du heute Nachmittag eigentlich schon was vor?"
"Warum?"
"Weißt du, ich habe nicht so die Lust drauf, mich im stadtbekannten Treffpunkt gelangweilter Jugendlicher alleine zu langweilen. Vier Ohren hören mehr als zwei."

* * *


Auf dem Weg zu der unauffälligen Taverne in der Nähe des Drachenlandeplatzes hatte die Nyria ihn in Damiens Universallösung eingeweiht und ihm erklärt, dass er nicht viel mehr zu tun brauchte, als herumzustehen und so zu tun, als wäre das Leben ein einziges Jammertal. Dennoch fühlte sich Jargon nicht besonders wohl in seiner Haut, als sie den schummerigen Schankraum betraten, in dem die untoten Socken von einem großen Holzschnitt auf ihn herabblickten. Warum hatte Nyria ausgerechnet ihn gebeten, sie zu begleiten, und nicht Ettark, Kannichgut oder einen anderen erfahreneren Wächter? Und wo steckte überhaupt Damien, während sein Schützling die mutmaßliche Abschlussprüfung bestritt?
Unauffällig ließ Jargon seinen Blick durch den Raum schweifen. Die Taverne war in der verlängerten Mittagspause der umliegenden Geschäfte und Werkstätten gut besucht. Junge Menschen, ihrer Kleidung nach zu schließen nicht reich, drängten sich um die Tische. Jargon sah die eine oder andere Dienstmädchen- und Hausdienerkluft sowie Schals in den Farben zahlreicher Fußballmannschaften. In einer Nische saß ein kreidebleicher Vampir mit geradezu obszön langen Reißzähnen und nippte an einem Glas mit roter Flüssigkeit.
Mit einem Schaudern wandte Jargon sich ab und begann, die dicke Schicht von Plakaten und Flugzetteln zu studieren, die beinahe eine gesamte Wand des Raumes bedeckte. Ankündigungen lange vergangener Konzerte der Musik mit Steinen drin hingen einträchtig neben Werbung der Näherinnengilde für Einführungskurse und einem Flugblatt des Vereins junger Briefmarkenfreunde. Über ein Plakat der Liga der Enthaltsamkeit war mit Kreide ein Fußball-Schlachtgesang geschmiert worden.
Nachdem er alle Aushänge gründlich studiert hatte, ohne verwertbare Informationen gewonnen hatte, machte er sich auf die Suche nach Nyria und fand sie schließlich an der Theke im Gespräch zwei jungen Männern, die wie sie Schals in den Farben der Unsichtbaren Akademiker trugen. Sie tranken Bier und fachsimpelten über Mannschaftsaufstellungen und Angriffstaktiken, von denen Jargon nicht mehr verstand als von den Blutanalysen im SuSi-Labor. Gerade, als er ein Gähnen unterdrückte, stieg ihm ein Hauch von Patschuli in die Nase. Er sah sich um und entdeckte nur wenige Schritte entfernt den zahntechnisch von der Natur gesegneten Vampir, der ihn breit anlächelte. Jargon zog sich so unauffällig wie nur möglich zurück, als sein Gefahreninstinkt ihm auf die metaphorische Schulter klopfte. Er wurde das Gefühl nicht los, dass der B-Wort-Sauger an Nyria interessiert war.

"Ich versteh nicht, warum sie ihn nicht ausgewechselt haben." erklärte Nyria währenddessen und drückte eine Zigarette in dem überfüllten Aschenbecher aus. "Das war der schlechteste vergeigte Elfmeter, den ich je gesehen hab."
"Der sollte sich was suchen, was nix mit Bällen zu tun hat." brummte Jackel, ein kleiner rundlicher Krämergehilfe, den Nyria bei einem Spiel gegen die Tollen Schwestern kennen gelernt hatte. "Aber solange der weiter bei den Vereinigten Gilden stürmen darf, haben die Akademiker nichts zu befürchten."
"Du kannst nach Hause gehn, du kannst nach Hause gehn..." summte Frederik, der dritte im Bunde, vor sich hin.
Nyria grinste breit. "Das schön vor dem Spiel mit matschigem Kohl auf den Rasen geschmiert - Das senkt die Truppenmoral bestimmt."
"Wär ne Verschwendung von Kohl." stellte Jackel fest.
"Hab gehört, gestern Nacht am Haufen war was los." Frederik nahm einen Schluck von seinem Bier.
Die Gefreite spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten.
"Was war denn da los?" erkundigte sie sich möglichst gelassen, während sie innerlich ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat.
Ihr Gesprächspartner zuckte mit den mageren Schultern. "Soll ne komische Sportart aus der Sto-Ebene sein. Irgendwas mit Kohlköpfen, aber kein Fußball."
"Ist doch klar. dass es was mit Kohlköpfen ist." Auf Jackels rundem Gesicht zeigte sich der Stolz eines Menschen, der noch nie einen Fuß aus einem der Stadttore von Ankh-Morpork gesetzt hatte. "Was anderes haben die armen Schweine da doch nicht."
"Und was machen sie da genau?" Nyria musste sich beherrschen, die Frage nicht herauszuschreien."
Doppeltes Kopfschütteln war die Antwort, die sie bekam.
"Wenn kein Ball getreten wird, isses langweilig." Jackel spielte mit den Enden seines Vereinsschals.
Die Szenekennerin in Ausbildung seufzte. Die beiden Jungs waren eine unerschöpfliche Quelle, was die Fußball-Szene betraf, aber für alle Themen im Abseits des Balles völlig unbrauchbar. Aber wenn es um Sport ging, wusste sie, mit wem sie sprechen musste.
Halbherzig tauschte sie noch einige Kommentare über die Torwartkünste des Bibliothekars aus und leerte dabei ihr Bier, so schnell sie konnte. Dann sammelte sie Jargon ein, der sich in eine Nische in der Nähe des Eingangs verdrückt hatte und fleißig in seinem Notizbuch schrieb, und die beiden Wächter verließen die Taverne.

"Hast du den Vampir gesehen?" fragte Jargon, sobald sie außer Hörweite waren. Der Rechtsexperte blickte immer wieder über seine Schulter in Richtung des Eingangs.
"Welcher Vampir?"
"Da war einer mit extrem langen Zähnen. Er hat sich an dich rangepirscht, als wollte er euer Gespräch mithören."
"Der ist mir nicht aufgefallen. Aber was sollte ein Vampir mit zermatschten Kohlköpfen und einer obskuren Sportart aus der Sto-Ebene zu tun haben? Es sei denn, er hat sich auf Wurzelzement spezialisiert, wenn du verstehst, was ich meine."
Jargon schüttelte sich bei dem bloßen Gedanken. "Kohl saugende Vampire?"
Nyria zwinkerte ihm zu. "Hey, wir hatten bis vor kurzem einen in der Wache, der intelligente Rote Bete aussaugte. Aber gut, dass ich dich mitgenommen habe. Halt am Besten weiter die Augen offen, ob du Herrn Langzahn nochmal siehst."
Jargon nickte. "Und was machen wir jetzt?"
"Wir besuchen die Spielergilde. Dort gibt es eine Annahmestelle für Pferderennen-, Fußball- und diverse andere Wetten. Vielleicht kann man uns da mehr über diesen mysteriösen Sport erzählen."

* * *


Auf dem Weg zum Gebäude der Spielergilde hatte Jargon den Vampir trotz fortwährenden Umschauens nicht mehr zu Gesicht bekommen und insgeheim war Nyria erleichtert. Dafür, dass er mit verdeckten Ermittlungen nicht viel am Hut hatte, hatte der Obergefreite seine Sache bisher wirklich gut gemacht. Eigentlich hatte sie den Rechtsexperten gern. Er befand sich sowohl vom Rang als auch von der Körpergröße in ihrer Augenhöhe und war wie sie selbst ein Kind der Straßen Ankh-Morporks. Er könnte nur mal etwas mehr Selbstbewusstsein vertragen. An manchen Tagen konnte Nyria kaum glauben, dass Jargon beinahe doppelt so alt war wie sie selbst.
Das Wettbüro befand sich hinter einem unscheinbaren Nebeneingang des Gildengebäudes, dessen Tür nach mehreren Explosionen der benachbarten Alchimistengilde ziemlich mitgenommen aussah.
"Kein Vampir zu sehen." wisperte Jargon nach einem letzten Rundumblick und die beiden SEALS traten ein.
Ein gelangweilt aussehender junger Mann im bunten Jackett lehnte auf einem Schalter. Die Wand hinter ihm wurde von einer riesigen Tafel eingenommen, auf der mit Kreide die Fußballspiele des kommenden Oktotags samt den dazugehörigen Quoten, sowie einige andere Bezeichnungen, die Nyria nichts sagten, notiert waren.
Als der junge Spieler bemerkte, dass er Besuch hatte, setzte er zur Begrüßung ein Lächeln auf, das so breit wie falsch war.
"Ihr seid genau zur richtigen Zeit gekommen. Die Quoten für einen Sieg der Unsichtbaren Akademiker stehen sieben zu eins!"
"Eigentlich steht mir der Sinn gerade nicht nach Fußball." antwortete ihm Nyria mit einem ebenso breiten Lächeln. "Was gibt es denn sonst so gerade?"
"Nicht viel zur Zeit. Die Rennbahn ist zum Monatsanfang in die Winterpause gegangen und die Alchimistengilde ist letzte Woche erst wieder explodiert, da sind die Quoten gerade schlecht. Aber eine Sache hätte ich da, ganz neu und ganz heiß, frisch von den Feldern der Sto-Ebene! Morgen Nacht findet das große Finale der ersten ankh-morporkianischen Meisterschaften im Krautsörfen statt und die Teilnehmer sind das Beste vom Besten, was die Stadt zu bieten hat!"
"Krautsörfen." Nyria runzelte die Stirn. "Und wie funktioniert das?"
"Oh, das ist eigentlich ganz einfach. Ein abschüssige Fläche wird mit etwas Rutschigem bestrichen, da der Sport aus der Sto-Ebene kommt, ist es in diesem Fall überreifer Kohl. Die Sportler rutschen stehend auf einem Brett den Hang runter und führen dabei Kunststücke vor. Punkte gibt es für das originellste Kostüm, die beste akrobatische Darbietung, die weiteste zurückgelegte Sörfstrecke und einen Sonderpreis für den lustigsten Sturz. Der derzeitige Rekordler ist 'Die Gurke', aber ich würde einen der anderen Teilnehmer empfehlen, weil die Quoten besser sind."
"Ich weiß nicht." Aus den Augenwinkeln beobachtete Nyria, wie Jargon eifrig in sein Notizbuch schrieb. Sie musste ihm mehr Zeit verschaffen. "Bevor ich auf jemanden setze, würde ich mir das Ganze lieber erstmal anschauen."
Der Spieler drückte mit einer raumgreifenden Geste sein Bedauern aus. "Leider ist das Vorspiel schon gelaufen. Entweder ihr wagt es, oder ihr geht leer aus."
Jargon nickte und steckte sein Schreibzeug wieder weg.
"Wir überlegen es und noch mal." erklärte Nyria. "Ich schätze, bis morgen Mittag kann man noch Tipps abgeben?"
"Aber immer doch!" versicherte ihr der Spieler. "Ich hoffe, wir sehen uns morgen."

* * *


Auf der Abendstreife entlang der Halbschattenroute blieb Nyria viel Zeit, über ihr weiteres Vorgehen nachzudenken, während sie die chronische schlechte Laune ihres Partners Ettark Bergig gekonnt ignorierte.
Zwar war es Jargon gelungen, eine vollständige Liste aller Teilnehmer von der Quotentafel abzuschreiben, doch handelte es sich lediglich um Künstlernamen. Die Suche nach einer passenden Adresse zum Namen konnte sie schon einmal vergessen. Kurz überlegte sie, bei FROG um Hilfe anzufragen, um das große Finale hochzunehmen und mit einer radikalen Lösung des Falls Eindruck bei der Hexe zu schinden. Aber taten die Krautsörfer wirklich etwas Schlimmes? Diebstahl von Müll war nicht mehr als ein Bagatelldelikt und mit ihrem Sport gefährdeten sie höchstens ihre eigene Gesundheit und die Geruchsnerven ihrer Zuschauer. Nein, ihnen FROG auf den Hals zu hetzten war hochgradig unsportlich.
Nachdenklich spielte Nyria mit dem Glücksdrachenamulett, das sie über dem Brustharnisch trug.
"Du hast gerade deinen Prüfungsfall?" sprach Ettark sie plötzlich von der Seite an.
"Hm-m." antwortete Nyria nur.
"Damien hat dich nicht gerade gut ausgebildet." stellte der Informantenkontakter fest. "Arbeitet der eigentlich auch mal?"
"Manchmal." Nyria konzentrierte sich auf das Straßenpflaster vor ihren Füßen. Ettarks Angewohnheit, in allem nur das Schlechte zu sehen, irritierte sie immer wieder. Es stimmte, dass Damien ihre Ausbildung eher stiefmütterlich behandelt hatte, aber Nyria fand nicht, dass dies ein Grund zur Beschwerde war. Im Gegensatz zu manchen anderen Auszubilden waren ihr Berichte zum Ausbildungsstand, Zwischenprüfungen, seitenweises Auswendig lernen von Fakten und Arbeit unter strenger Aufsicht weitestgehend erspart geblieben.
Ettark räusperte sich und starrte grimmig auf einen schief geparkten Karren am Straßenrand.
"Wie dem auch sei, eigentlich braucht man als Infokon oder Szenekenner gar keinen Ausbilder. Entweder du hast es, oder du hast es nicht, und der Rest kommt von alleine."
Nyria fiel darauf keine gescheite Antwort ein. Um in den Augen des kahlköpfigen Überwaldianers so etwas wie Respekt zu verdienen musste man vermutlich mindestens ein Experte in seinem Fach sein. Ihre Hand krampfte sich um das Amulett und sie biss die Zähle zusammen. Sie würde Ettark Bergig schon zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt war.

* * *


Nach Ende ihrer Schicht warf sich Nyria wieder in ihre Zivilkleidung und besorgte sich einen Stapel Butterbrote in der Kantine. Lantania von Silberwald und Boris Machtnichts brachen ihr Gespräch abrupt ab, als sie den Bereitschaftsraum der SEALS betrat, um ihren Mantel zu holen. Nyria warf ihnen einen finsteren Blick zu. Anscheinend hatte es schon die Runde gemacht, dass ihr Ausbildungsende bevorstand, und der Abteilungstratsch tat sein Übriges.
Nachdem sie das Wachhaus verlassen hatte, wandte sich Nyria in Richtung Haufen.

Der Gestank der verrottenden Kohlköpfe schien jegliche abendlichen Spaziergänger vertrieben zu haben. Im Licht des Halbmonds lag die improvisierte Krautsörf-Piste verlassen da. Nyria stieg den Hügel hinauf und verbarg sich hinter einer verfallenen Mauer. An einem Wurstbrot kauend spähte sie durch eine ehemalige Fensteröffnung und wartete.
Sie war erst bei der zweiten Stulle angelangt, als sie eine Bewegung zwischen den Bäumen am Ende der Piste bemerkte. Ein Schatten schlich von einer Deckung zur nächsten, um schließlich hinter einem Gebüsch zu verschwinden. Nyria stopfte sich den Rest ihres Brotes in den Mund und wartete ab, doch die schattige Gestalt blieb in ihrer Deckung.
Die Gefreite wühlte in ihrem Tabaksbeutel und schob sich eine kalte Zigarette zwischen die Lippen. Sie war sich sicher, Jargons Vampir spätestens bei ihrem Rückweg von der Spielergilde abgeschüttelt zu haben. Wer lauerte hier nun schon wieder herum?
Während sie noch überlegte, ob sie es wagen sollte, ihrer Sucht nachzugeben und ihre Zigarette anzuzünden, kam ein einsamer Wanderer betont lässig den Weg zur Piste entlang geschlendert. Er trug eine Schiebermütze und einen weiten Mantel und hielt einen Stock in der Hand. Suchend sah er sich um und Nyria duckte sich unwillkürlich hinter ihrer Mauer.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand zu sehen war, begann der Fremde, methodisch die kohlverschmierte Piste abzulaufen und immer wieder mit seinem Stock im Kohl herumzustochern. Ein Lächeln stahl sich auf Nyrias Lippen. Sie wusste genau, was der Mann im Mantel suchte. Ihre Rechnung war aufgegangen.
Nach einer Stunde vergeblichen Suchens gab der Fremde auf und warf mit einem leisen Fluch den Stock zwischen die Bäume. Mit hängenden Schultern wandte er sich um und stapfte in die Nacht davon. Nyria hielt sich dicht am Hang des Haufens, als sie ihm folgte, sorgfältig darauf achtend, nicht gesehen zu werden. Als sie hinter sich blickte, sah sie, dass sich hinter dem Gebüsch am Pistenende etwas bewegte und für einen Moment zögerte sie. Sollte sie dem Verdächtigen folgen, oder ihrem mutmaßlichen Verfolger auflauern? Der Gedanke an Rea Dubiata und einen erfolgreich gelösten Fall entschied die Frage. Der Verfolger lief ihr nicht weg.

* * *


Es war eine lange und nicht immer einfache Beschattung, die erst auf der anderen Seite der Stadt an einem Schuppen in einem Hinterhof der Kickelburststraße endete. Kaum dass die Schuppentür hinter dem Amulettsucher zugefallen war, sprang Nyria über die Hofmauer und pirschte zur Rückwand des einfachen Bretterbaus. Im Schatten eines Busches ging sie in die Hocke und presste ihr Ohr an ein Astloch. Drinnen konnte sie die aufgeregten Stimmen mehrerer Personen vernehmen.
"Ich habe gesucht und gesucht, aber habe es nicht finden können." erklärte ein junger Mannes in resigniertem Tonfall und Nyria hörte, wie ein Stuhl herangezogen wurde.
"Mist." antwortete eine Frauenstimme mit dickem Sto-Ebenen-Akzent. "Ohne seinen Glücksbringer traut er sich nichts zu."
"Aber er ist die Gurke." mischte sich ein weiterer Mann ein. "Er ist auf den Feldern der Sto-Ebene eine Legende! Niemand außer ihm schafft fünf verschiedene Positionen in einem Durchgang."
Die Frauenstimme seufzte. "Er hat es zum ersten Mal geschafft, als ich ihm das dumme Ding als Glücksbringer für die Meisterschaften von Sto Kerrig geschenkt habe. Seitdem trennt er sich nicht mehr davon. Und einfach ein neues zu kaufen, würde nicht funktionieren. Er hat seine Initialen in die Rückseite geritzt."
"Alles wird gut, Franzia." versuchte der Amulettsucher, die Stimmung zu heben.
Ein verächtliches Schnauben war die Antwort.
"Nicht, wenn der Glücksdrache nicht wieder auftaucht. Ohne Glücksdrache kein Sieg, ohne Sieg keine hundert Ankh-Morpork-Dollar Preisgeld und ohne Preisgeld kommen Janus und seine Familie der Freiheit nicht näher. Warum hat dieser sture Bock das Kohlfeld nicht verkauft und sich verzogen, wie der Rest der Sippe? Aber nein, er war ja der stolze erstgeborene Sohn und Erbe und musste die Familientradition fortführen und so weiter und so fort. Und was hat es ihm eingebracht? Zwei schlechte Ernten in Folge und die Leibeigenschaft."
Nyria betrachtete das Amulett und strich mit den Fingern über die Buchstaben KQ, während im Inneren des Schuppens verzweifelt nach einem Plan B gesucht wurde. Sie steckte in einer Zwickmühle. Aus Erzählungen ihres besten Freundes wusste sie, dass das Leben der einfachen Bauern auf der Sto-Ebene kein Zuckerschlecken war und ihr Wohl und Wehe von der Ernte sowie Laune und Temperament des jeweiligen örtlichen Despoten abhing. Hundert Ankh-Morpork-Dollar war für eine Bauernfamilie ein fürstliches Vermögen. Andererseits basierte das Krautsörfen streng genommen auf Diebstahl und es lag in ihrer Befugnis als Wächterin, solcherlei Treiben ein Ende zu setzen. Was würde die Hexe von ihr erwarten?
In Gedanken versunken schob Nyria das Amulett unter ihre Kleider und notierte die Position des Hauses, in dessen Hinterhof sie sich befand. Dann verschwand sie wieder über die Mauer.
Als sie sich umsah, war keine Spur eines Verfolgers zu entdecken.

* * *


"Warst du während deiner Dienstzeit eigentlich schon mal in einem moralischen Dilemma?" löcherte Nyria am folgenden Morgen auf Streife ihren Kollegen Ruppert ag Lochmoloch. Sie hatte in der Nacht schlecht geschlafen und war immer wieder sämtliche Möglichkeiten, den Fall zum Abschluss zu bringen, im Kopf durchgegangen. Keine Lösung hatte sie zufrieden gestellt.
Der Vektor zuckte nur mit den Schultern.
"Geht es um deinen Ausbildungs-Abschlussfall?" wich er einer direkten Antwort aus.
"Eine theoretische Überlegung für die Abschlussprüfung." log Nyria. "Wenn man die Möglichkeit hat, jemanden eines Bagatellverbrechens zu überführen, und dann selbst gut dasteht, aber wiederum der betreffenden Personengruppe damit schadet, die es eigentlich nur getan hat, um etwas Gutes zu tun w was würdest du machen? Das Verbrechen bestrafen und dich mit den Lorbeeren schmücken, oder die Leute in Ruhe lassen und dadurch vielleicht selbst Nachteile in Kauf nehmen?"
Ruppert schwieg beinahe eine gesamte Straßenlänge und Nyria begann sich schon zu fragen, ob der melancholische Llamedone ihr überhaupt zugehört hatte. Gerade wollte sie sich eine Zigarette anstecken, als der Vektor sich plötzlich zu ihr umwandte.
"Ich würde das tun, womit ich guten Gewissens schlafen gehen kann." sagte er eindringlich. "Es nützt nichts, selbst gut dazustehen, wenn man immer wieder das dumpfe Gefühl hat, etwas falsch gemacht zu haben. Es ist die Aufgabe eines Wächters, und ganz besonders eines SEALS, den Bürgern zu helfen. Wer das vergisst, kann sich gleich zur Palastwache melden."
Der Vergleich brachte Nyria zum Schmunzeln.
"Danke, Ruppert." sagte sie leise.

* * *


Um neugierigen Fragen ihrer Kollegen, wie es denn mit ihrem großen Fall lief, zu entgehen, verbrachte Nyria den größten Teil des Tages in ihrem Büro und gab sich große Mühe, die bisher gesammelten Fakten über die gestohlenen Kohlköpfe und das Krautsörfen in ihrer schönsten Schrift zu Papier zu bringen. Die Tatsache, dass der begehrte Abteilungspokal lediglich mit einer Mischung aus Kohlmatsch, Schneckenschleim und anderen unappetitlichen Zutaten zusammengehalten wurde, ließ sie dabei wohlweislich aus. Immer wieder wanderte ihr Blick zu dem leeren Schreibtisch auf der gegenüberliegenden Seite des Büros. War es Absicht, dass Damien sich während ihrer Bewährungsprobe von ihr fern hielt, um sie nicht zu beeinflussen, oder hatte er es schlicht und einfach nicht mitbekommen?
Als es draußen dämmerte, legte Nyria das letzte Blatt beiseite und starrte auf den unbeschriebenen Deckel der Akte. Wie sollte sie den Fall nennen? Ein schmissiger Name wie 'Kohlmatsch'? Oder doch lieber 'Seltsame-Sportart-bei-der-man-auf-einem-Brett-den-Haufen-herunterschliddert'? Nyria legte den Federhalter ab und massierte ihr vom vielen Schreiben verkrampftes Handgelenk. Über einen Namen wollte sie sich Gedanken machen, wenn die Sache erledigt war und sie der Hexe Rede und Antwort stehen musste. Sie holte sich einen Kaffee aus der Kantine und wartete auf die Dunkelheit.

* * *


Schon auf der sentimentalen Brücke bemerkte Nyria die ersten potentiellen Krautsörfer. Die Dreiergruppe war in lange Kapuzenumhänge gekleidet und trug einen länglichen, in Stoff eingewickelten Gegenstand. Nyria vermutete, dass es sich hierbei um das Rutschbrett handelte. So unauffällig wie möglich schlenderte sie hinterher und versuchte gleichzeitig, die Straße hinter sich im Auge zu behalten. So sicher sie sich auch war, den Fall geknackt zu haben, der Vampir und der unbekannte Verfolger vom vergangenen Abend ergaben nicht den geringsten Sinn. Hatte sie irgend etwas übersehen? Oder ließ wohlmöglich der Kohlhändler aus der Sirupstraße sie aus irgendwelchen Gründen beschatten? Doch so sehr sie sich auch Mühe gab, sie konnte keinen Verfolger ausmachen. Im Siebenschläfer schloss sich eine zweite Gruppe mit einem verpackten Brett der Prozession an und bis zum Eingang des Haufens hatte Nyria bereits nicht weniger als fünf in Umhänge gehüllte Thiems und ein gutes Dutzend Zuschauer erspäht, die allesamt in Richtung der Piste strömten. Nyria sah zwei Jungen mit Tüchern vor dem Gesicht, die faule Kohlblätter auf der Rutschstrecke verteilten. Sie mischte sich unter die Zuschauer und versuchte, unter den Teilnehmern, die am oberen Ende der Piste Aufstellung nahmen, jemanden auszumachen, auf den die Beschreibung 'die Gurke' zutraf, doch die langen Kapuzenumhänge machten eine Unterscheidung unmöglich. Nyrias linke Hand umklammerte das Glücksdrachen-Amulett. Sie wagte es nicht, einen der Krautsörfer auf bloßen Verdacht hin anzusprechen. Vermutlich wussten die übrigen Teilnehmer nicht, dass die Gurke glaubte, vom Glück verlassen zu sein, und die Gefreite wollte keine Gerüchte streuen.
Nyria seufzte und tippte ihrem Nachbarn auf die Schulter.
"Ja?" fragte die junge Frau und musterte die Gefreite gründlich.
"Entschuldigung, aber das ist mein erster Krautsörfwettbewerb." begann sie das Gespräch und lächelte freundlich. "Warum tragen die Teilnehmer alle diese Umhänge?"
"Damit die Kostüme erst beim Wettbewerbsbeginn enthüllt werden. Das ist Tradition." erklärte ihr Gegenüber. "Aber wie kommst du ausgerechnet aufs Krautsörfen? Wir freuen uns zwar immer über Zuschauer, aber eigentlich sind wir mehr oder weniger eine geschlossene Gesellschaft aus Exil-Sto-Ebenern."
"Ich bin Fußballfan, aber der Kerl im Wettbüro hat mich neugierig gemacht." blieb Nyria so nahe wie möglich bei der Wahrheit und zog ihren Unsichtbaren Akademiker-Fanschal zurecht. "Wer ist denn hier heute Abend der große Favorit?"
"Die Gurke." antwortete die junge Frau wie aus der Armbrust geschossen. "Die Näherin wird zwar als harte Konkurrenz gehandelt, aber seine Technik ist längst nicht so gut und sein Kostüm pure Effekthascherei."
Nyria versuchte, Bilder von Ettark oder Cim Bürstenkinn im Näherinnenkostüm aus ihrem Kopf zu verdrängen.
"Und wer von denen da oben ist die Gurke?" erkundigte sie sich.
Die Zuschauerin zuckte mit den Schultern. "Das weiß ich nicht. Aber wir werden ja sehen!"
Jubel brach aus, als ein kräftiger Mann mit einer Flüstertüte in der Hand auf das Ruinenstück kletterte, hinter dem Nyria sich am vergangenen Abend versteckt hatte, und eine kurze Begrüßungsrede im Namen des Vereins 'Freunde des Kulturguts der Sto-Ebene' hielt.
"Und nun," verkündete der Redner mit einer schwungvollen Geste, "Kommen wir zur Vorstellung der Teilnehmer des Finales. Herunter mit den Umhängen!"
Dunkle Kapuzenmäntel fielen zu Boden und Nyria konnte nicht anders, als mit offenem Mund zu starren. Ein blätterbedecktes Kostüm mit einem überdimensionalen Kohlkopf als Helm stand neben einer originalgetreuen Nachbildung Treibe-Mich-Selbst-In-Den-Ruin-Schnappers. Ankh-Män und eine komplette Zauberergewandung wetteiferten um die schrillsten Farben. Doch die Näherin war in Nyrias Augen die Krönung der Verkleidungsparade. Zwei aufgeblasene Keinesorges verliehen dem glitzernden knappen Kleid Volumen, wo sich von der Natur vorgesehen keines befand und ein halber Strohballen war zu einer monströsen, mit Flitter bedeckten Frisur aufgetürmt. Zwischen all den auffälligen Kostümen musste Nyria suchen, bis sie die Gurke entdeckte. Der zierliche junge Mann trug ein einfaches grünes Hemd und passende Hosen, und sein Gesicht war mit einer Gurkenmaske bedeckt. Sein Haar war unter einem grünen Tuch verborgen. Hinter ihm standen zwei ähnlich ausstaffierten Begleiter, eine junge Frau und der Mann, der am vergangenen Abend vergeblich das Amulett gesucht hatte. Im Gegensatz zu den übrigen Teilnehmern, die stolz mit ihren Rutschbrettern posierten, wirkte der junge Mann bedrückt.
Nyria schob sich zwischen den Zuschauern hindurch und lief los.
"He!" rief eine Stimme hinter ihr. "Keine Zuschauer auf der Rennstrecke!"
Doch Nyria kümmerte sich nicht darum. Sie stürmte den Hügel hinauf und wich den Begleitern anderer Teilnehmer aus, die sie aufhalten wollten. Atemlos stand sie schließlich vor dem Rekordler.
"Ich glaube, das gehört dir." keuchte sie und drückte dem jungen Mann das Amulett in die Hand.
Die Gurke sah erst sie an und dann auf das Objekt in seiner Hand.
"Danke." war alles, was er hervorbrachte.
"Keine Ursache." Nyria zwinkerte ihm zu. "Und viel Glück!"
Und mit dem guten Gefühl, das Richtige getan zu haben, halb lief und halb rutschte Nyria den Hang hinab zurück zu den Zuschauern, um den spaßigen Teil des Abends zu genießen.
Sie wurde nicht enttäuscht. Krautsörfen, so beschloss sie für sich, stellte einen neuen Höhepunkt der morporkianischen Unterhaltung dar.
Ankh-Män versuchte mit waghalsigen Schwüngen das Publikum zu beeindrucken, verlor auf halber Strecke den Halt und rutschte ohne sein Brett wie ein Käfer auf dem Rücken den Rest des Hangs hinunter. Der Näherin gelang ein exotischer Tanz auf dem Brett, während er abwärts fuhr. Doch der Höhepunkt war unbestreitbar der Auftritt der Gurke. So unauffällig wie seine Konkurrenten schrill waren, führte der junge Mann einen einhändigen Handstand, eine volle Drehung, zwei elegante Schwungkombinationen und einen Salto rückwärts vor und wurde schließlich zum Sieger gekürt.
Beinahe schüchtern nahm er seinen Preis entgegen und Nyria sah der Truppe noch lange nach, als sie sich nach dem Ende des Rennens so verstohlen, wie sie gekommen war, davon machte.
"Alles Gute, KQ und Franzia." murmelte sie. "Seht zu, dass ihr eure Familie frei bekommt."
Dann löste sie ihre Dienstmarke von der Innenseite ihres Mantels und trat auf den Redner mit der Flüstertüte zu.

* * *


"Und dann hast du gewartet, bis alle Mannschaften verschwunden waren, und erst dann den Verantwortlichen auf ein Gespräch ins Wachhaus mitgenommen." Rea Dubiata blätterte in der Fallakte, die Nyria ihr vor einer halben Stunde feierlich überreicht hatte.
Die Gefreite blickte starr geradeaus.
"Ich war allein, Mäm, und wollte Chaos vermeiden. Außerdem haben die Teilnehmer des Wettbewerbs mit dem Diebstahl der Kohlköpfe nichts zu tun. Es sind arme Schlucker aus diversen Kohlkäffern der Sto-Ebene, die das Preisgeld von solchen Turnieren dringend nötig haben, um über die Runden zu kommen. Außerdem haben sie eine Menge Spaß dabei und das ist es, was zählt, wenn man sonst den ganzen Tag nur auf Kohlfelder starrt. Sie sind harmlos, Mäm."
"Aha." Mit einem Knall schloss Rea die Akte und fuhr mit dem Zeigefinger über den Deckel. "Das erklärt wohl auch die zugegeben ziemlich ungewöhnliche Fallbezeichnung."
Nyria atmete tief durch und nahm ihren Mut zusammen. Dann sah sie ihrer Abteilungsleiterin geradewegs in die Augen.
"Ich dachte mir, dass es gut passt, Mäm. Ich habe mich immer wieder gefragt, was der Abteilungsname eigentlich genau aussagen soll, und ich glaube, nun habe ich es verstanden. Wir gehen Streife. Daraus ergeben sich Ermittlungen, die wiederum hin und wieder im letzten Teil des Abteilungsnamens enden. So wie hier."
"Soso." Ein Schmunzeln spielte um die Lippen der Abteilungsleiterin. "In der Tat, und andere lustige Sachen."
"Eine Sache habe ich allerdings nicht auflösen können, Mäm." Nyria brach den Blickkontakt ab. "Ich wurde mehrfach verfolgt. Erst hat Jargon in der Kneipe einen Vampir bemerkt, der sich auffällig für mich interessiert hat, und dann ist mir jemand am Haufen hinterher geschlichen. Wer das war, und warum, weiß ich nicht."
"Dabei hat sich Damien alle Mühe gegeben, unauffällig zu bleiben." bemerkte Rea trocken. "Aber seine Tarnung muss wirklich gut gewesen sein, wenn Jargon ihn nicht erkannt hat."
Nyria stöhnte auf. "Das erklärt einiges. Vor allem, dass er die letzten Tage spurlos verschwunden zu sein schien."
"Du glaubst doch nicht, dass ich Wächter auf Abschlussprüfung einfach so durch die Stadt laufen lasse." Rea legte die Akte auf den Ablagestapel. "Er hat genau protokolliert, was du gemacht hast. Jargon mitzunehmen war eine interessante Entscheidung, die sich aber letztendlich ausgezahlt hat. Im Großen und Ganzen hast du dich gut geschlagen und Damien und ich sind miteinander überein gekommen, dass deine Ausbildung als beendet anzusehen ist."
Nyria unterdrückte nur mit Mühe den Impuls, an Ort und Stelle in Jubelgeschrei auszubrechen. Sie hatte es geschafft.
"Danke, Mäm!" brachte sie mit breitem Grinsen hervor und salutierte. "Die Szenekennerin Nyria Maior meldet sich hiermit zum Dienst!"
Die Abteilungsleiterin der SEALS nickte lächelnd.
"Viel Glück, Gefreite, was auch immer an Streife, Ermittlungen und anderen lustige Sachen auf dich zukommt."

Nachdem die Bürotür sich hinter der Wächterin geschlossen hatte, scheuchte Rea Nepomuk unter ihren Teekessel und setzte ihre Unterschrift unter den Vermerk des Ausbildungsendes in Nyria Maiors Akte. Dann lehnte sie sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück und wartete darauf, dass das Teewasser kochte.
Zählt als Ausbildungsmission zum/zur Szenekennerin.



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Feedback:

Von Aglaranna

25.11.2011

Sehr schön und unterhaltend. Die Geschichte habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Der Schreibstil ist wie immer hervorragend.

Von Braggasch Goldwart

08.11.2011

Solide. Angenehm zu lesen. Nicht außergewöhnlich.

Von Cim Bürstenkinn

02.11.2011

Vom Pokal abgesehen, finden wir hier eine SEALS-Referenz-Single - eine Baseline bei der Frage: Wofür ist SEALS normaler Weise zuständig.

Nyria stellt sich diese Frage und wir finden sie in den Worten aller Abteilungsmitglieder beantwortet.

Zum Pokal: ich fand alle Wörter sehr gut positioniert - bin aber schon gespannt wie der Mitbewerb mit dem Wort "Vorspiel" umgeht.

Klebesockel wurde hier mit einer gänzlichen neuen Bedeutung belegt, was ja auch gestattet ist:)

Von Ophelia Ziegenberger

23.11.2011

Die Single hat mir richtig gut gefallen. Ich fand es zwar ungewöhnlich und irgendwie auch merkwürdig, den Ausbildungsabschluss in einer Pokalsingle aufzuarbeiten. Das Wie jedoch, in dem Du ihn umgesetzt hast, lässt das schnell vergessen. Zumal Du viele deiner Abteilungskollegen schön zu Wort hast kommen lassen, was nicht nur eine Ausbildungssingle herausragen lässt, aus dem Einerlei, sondern was auch dem grundlegenden Gedanken des Pokals wunderbar entspricht. Sehr gut! Die Regelmäßigkeit, mit der die Kollegen den Tagesbeginn Nyrias auf den jeweiligen Streifengängen bereicherten, was obendrein auch wieder die Routine in diesem namensgebenden Aspekt der Abteilung unterstrich, hat eine schöne Konstante vermittelt. Irgendwie etwas beruhigend Gleichbleibendes innerhalb der sonst so chaotisch wirkenden Wachestruktur, wie ich es bisher in nur wenigen Singles gefunden habe. Nach dem Lesen deiner Single sind mir somit nicht nur die einzelnen Personen innerhalb von SEALS nähergekommen, sondern auch das Gesamtbild der Abteilung an sich. Der Fall war logisch und spannend aufgebaut, ohne dass Nyria zu seiner Lösung irgendwelcher Superkräfte bedurft hätte - ganz normale Ermittlungs- und Laufarbeit brachte sie ans Ziel. Die Plotidee war sowohl originell, als auch toll szenisch umgesetzt. Die Motive und Hintergründe des Gewinnerteams waren gleichzeitig eindringlich und eben nicht aufdringlich geschildert - dass Nyria sich deswegen mit ihrem Gewissen auseinandersetzen musste, war genau der richtige Zeitpunkt. Und obendrein fand ich die Nutzung der Pokalwörter gekonnt selbstverständlich, in deren Kontexten. Für mich der klare Pokalsieger!

Von Rabbe Schraubenndrehr

30.11.2011

Kohl-sörfen...die Gurke...Sto Lat....
Ein interessanter Plot, das muss ich schon sagen. Auch ich fragte mich öfter mal, warum SEALS eigentlich so heißen, wie sie heißen...tja, nun weiß ich es wenigstens. Die Erklärungen um die Motivationen der unterschiedlichen Charaktere haben mir sehr gut gefallen, und auch dein Schreibstil geht einem gut von der Hand, will sagen, vom Auge, und du schreibst auf einem zwar einheitlichen, aber dennoch difefrenzeirtem Niveau.

Von Ruppert ag LochMoloch

07.11.2011

Eigentlich habe ich mich die ganze Zeit nur gefragt wie zwei Wächter auf die Idee kommen wegen verfaultem Kohl eine Ermittlung zu beginnen. Und warum das Amulett dort gefunden wurde, habe ich auch nicht verstanden.
Aber ansonsten war es eine runde Geschichte mit netten Bezügern zur Original-Scheibenwelt.

Von Sebulon, Sohn des Samax

04.11.2011

Die Geschichte hat sich langsam angelassen, war aber (obwohl ich einige Geschichten wie den Ankh-Män nur vom Hörensagen kenne) ein Genuss. Und ich hab selten eine Abteilungspokal-Mission gelesen, die derart subtil so viele Wächter einbindet.
Weiter so, Gefreite!

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