Strengste Geheimhaltung ,Zukunftsmaßnahmen und ein verschollener Ausländer - DOG und FROG gemeinsam im Einsatz. Wenn der Dienststelle die Sache bloß nicht so bekannt vorkommen würde...
Dafür vergebene Note: 11
"
Wo ist Alfons Sommer?"
Kurz bevor seine Lungen zu platzen drohten wurde er erneut hoch gerissen.
Er röchelte und brachte selbst dies kaum zustande, derart wurde sein Kopf von der Person hinter ihm überstreckt. Jäh presste man ihn erneut nach unten; Wasser spritzte.
Alles verschwamm und Schmerz stach durch seine Augen, stieß immer weiter durch, bis allmählich alles schwarz wurde. Das Gefühl hielt weiter an, auch als er dumpf spürte, wie man ihn erneut hoch zog.
"
Wo ist Alfons Sommer?"
Er wirbelte herum. Etwas zerbrach, dann schlug sein Körper hart gegen Holz.
Und das war alles was er noch fühlte, bevor die Ohnmacht ihn umfing.
Der erwartete Kollege von GRUND kam so pünktlich, dass Glum noch im Morgenmantel, barfuß und mit krausem Lockenkopf, die Beine hochgelegt und vom kühlen Morgenlicht beschienen, Pfeife paffend auf seinem Stuhl saß und versuchte der
Times etwas Neues oder Interessantes zu entnehmen. Er bedauerte seine Verfassung, als sich nach einmaligem Klopfen die Tür öffnete und Braggasch geschniegelt und gestriegelt, mit rosigen Wangen eintrat. Der stellvertretende Leiter der Dienststelle zur Observation von Gildenangelegenheiten hob die Brauen.
"Guten Morgen, Glu-"
"Es ist das erste Mal in all meinen Jahren hier bei der Wache, dass jemand zur angekündigten Uhrzeit erscheint. Donnerlüttchen!"
"Donna Lüttchen? Die aus dem - äh - Rosaroten Kätzchenclub? Kommt die auch gleich?"
Dem gesunden Rosa der korporalschen Wangen gesellte sich nun ein kräftiger Rotton in Richtung der Ohren hinzu. Obgleich er Besuche im Boucherie Rouge gewohnt war, kannte Braggasch sich doch soweit aus, dass er um acht Uhr morgens weder einen fröhlichen Empfang erwartete, noch gelüftete Zimmer, doch aber in jedem Fall nackte Haut erblicken durfte. Sein Blick fiel auf Glums Waden, die unter dem Saum des Morgenmantels hervor lugten und eine eigenartige Vorstellung nahm ihre Gestalt in Worten an.
"Äh...äh!"
Glum schüttelte den Kopf und stand paffend auf.
"Leider nein, aber die Vorstellung würde mich reizen..."
Sein Blick verklärte sich träumend und somit bildete er einen ausgezeichneten Kontrast zur irritierten Mine des goldwartenden Braggasch. Es dauerte einen kurzen Moment, bis beide wie in einiger Absprache die Köpfe schüttelten.
"Hast du den Rekruten mitgebracht?", brummte Glum vielleicht etwas zu streng und wedelte gebietend und verbrannten Tabak verteilend in der Luft herum.
"Ja-äh, er ist noch draußen im Flur."
"Allein?"
"Nein, Harry ist bei ihm und-"
"Harry?", entfuhr es Glum entsetzt. "Wo der doch von Natur aus-"
Und noch während der recht große Zwerg halbnackt und gestikulierend in Richtung Flur stolperte musste Braggasch sich fragen, und er dachte dabei an Diverses, ob es tatsächlich unnatürlicher war pünktlich zu internen Terminen zu erscheinen oder aber im rosaroten Morgenmantel, die
Times unter den Arm geklemmt und mit einzelnen Lockenwicklern im teils ergrauten Haupthaar über die Flure einer geheimen Ermittlungszentrale zu stapfen, unter Vorbehalt des Erdgeschosses. Es erschien ihm nicht eindeutig.
"...und seit wann tragen wir hier Krawatten? Ist die etwa schwarz?""Sör, sie ist eigentlich dunkelblau. Mit einer Ente am unteren Ende."Harrys Stimme klang dumpf, als er intonierte:
"Mit einer Ente am unteren Ende...""Es ist in Ordnung, Harry, er gehört zu mir!"
Der kleinste Oberstabsspieß der Stadtwache von Ankh-Morpork wurde sich stirnrunzelnd dem ältesten Zwerg derselben gewahr und deutete anklagend auf den jungen Wächter, der dort in in Hemd und Hosenträgern vor ihm stand.
"Lance-Korporal Steinstiefel, was macht dieser Neuling hier?"
"Sein Praktikum. Das wird jetzt häufiger geschehen!"
"Achso...dir fehlen nur noch ein Haarnetz und eine
Gurkenmaske! Ist der Morgenmantel aus Angora?"
"Ja und er fühlt sich sehr sinnlich an!"
Stille entstand und alle drei Beteiligten wechselten Blicke, die erst unterbrochen wurde, als der mit einer Antwort hadernde Korporal Goldwart aus dem Raum der gelben Froide gestapft kam.
Harry winkte lästig ab.
"Ein Zwerg in rosa. Ach, wenn du nicht immer im Matratzenlager schlafen würdest!"
"Dann würde Crunkers es tun!"
Glum wandte sich nun dem Rekruten zu.
Er hatte einen hibbeligen, zerstreuten und auch schüchternen Stotterer mit Hang zu Tatendrang erwartet, doch stattdessen stand vor ihm ein mit ausgesuchtem Geschmack gesegneter junger Mann, dennoch eine Nickelbrille tragend und an verschiedentliches grundgewöhnt. Daher erfasste Glum ein seltsames Gefühl, dass er schon einmal erlebt hatte und er blinzelte ein paar Male in dessen Richtung.
"Rekrut Domino Nicholae Anca, Sör!"
Er salutierte.
"Wer auch sonst?"
Glum sah zu Braggasch, der beflissentlich eine Hand auf die Schulter des Rekruten legen wollte, es natürlich nicht schaffte und daher an der Hüfte hängen blieb.
"Domino hat ein bemerkenswert analütisches Ged-äh-chtnis, Glum. Er hat sich - äh - ganz besonders für die DOG interessiert. Und Pismire glaubt er wird seine Sache gut machen. Äh, das glaube ich auch!"
"Möchte ja mal wissen, was die Krulock dazu sagt.", warf Harry ein und lächelte weise.
"Breda weiß Bescheid. Sie hält morgen sogar eine Rede bei GRUND. Das tun alle Abteilungsleiter, um einerseits die neuen Rekruten zu informieren und andererseits den älteren noch einmal Optionen zur Auswahl ihrer Abteilung an die Hand zu geben."
Glum klemmte die Zeitung unter den anderen Arm und zog an seiner Pfeife.
"Ich dachte, man würde als geheimer Ermittler am besten eine Krawatte tragen, Sör!", entschuldigte der Rekrut sich mit klagendem Gesichtsausdruck und steckte die Hände in die Hosentaschen.
"Nein, aber die Ente gefällt mir. Zieh sie aus! Mal sehen...ich dachte mir, dass Daemon dir das eine oder andere beibringen könnte..."
Er zuckte mit den Schultern und warf Braggasch einen augenrollenden Blick zu.
"Willkommen bei der DOG!"
Erneute Stille entstand, als ein Lockenwickler sich löste, zu Boden fiel und mit klackerndem Rollen über den Rand der Treppe kullerte...
"
Hmpfh!"
Etwas traf Humpf MeckDwarf, seines Zeichens langerfahrener Offizier, mit einem leisen
'Plock!' am Kopf und fiel ihm anschließend vor die Füße.
"Was zum..."
Während er sich bückte, aber noch bevor er den Gegenstand mit spitzen Fingern aufhob und schief musterte, griff er sich an den Kopf und rieb das ohnehin bereits so struppige, dunkle Haar. Das noch recht junge Morgenlicht schien verschüchtert durch die Fenster des Etablissement-Portals sodass der allgegenwärtige Staub deutlich sichtbar wurde.
"
Breda?...Hatscha?"
Nein, das Haar an diesem Lockenwickler war ja rot.
"So was."
Er runzelte die Stirn und sah sich noch einmal gähnend um. Was für eine Nacht. So schlecht hatte er schon lange nicht mehr geschlafen. Jetzt einfach ins Büro und den Kaffee kommen lassen...
Er stapfte schwerfällig und vollkommen unmotiviert, sich dabei am Geländer hochziehend die Treppe zum ersten Stockwerk hinauf. Völlig in Unwollen versunken bemerkte er dabei kaum, wie Braggasch Goldwart, den oberstabsspießigen Harry auf der Schulter, fröhlich und mit reichlichen '
Äh's grüßend an ihm vorbei eilte. Sein Blick hob sich einige Momente später, als die Grußformel langsam zu ihm durchdrang und er wandte den Kopf noch einmal um, doch schon war niemand mehr zu sehen. Seufzend ging er wei-
"
Guten Morgen, Sör!"
"
HIMMEL!"
Glum tappte mit nackten Zehen vorwurfsvoll auf den Boden.
Auf dem Hosenboden sitzend, sich mit der linken Hand am Geländer festhaltend, sah Humh mit großen Augen auf. Er sah eine Ente.
"Verzeihung, Sör, bitte, ich wollte Sie bloß grüßen, Sör!"
"Und niemand kann behaupten, dass du das nicht getan hättest-äh...äh..."
"Anca.", warf Glum helfend ein, während besagter Rekrut dem Hauptmann wieder auf die Beine half.
"Ach, alle nennen mich nur beim Vornamen. Domino, nämlich."
"Soso."
Humph rieb sich die Stirn und beschloss schon jetzt keine Lust mehr zu haben. Am besten wäre es, er sperrte sich ein. Und den Kaffedämon gleich mit. Ein Gegenstand flog durch die Luft.
"Da ist dein Lockenwickler. Wenigstens hat
er gegrüßt! Was macht er hier?"
Glum rieb sich die Stirn und ließ den Blick hinab zu jenem abgeprallten Gegenstand wandern.
"Sein Praktikum. Wie kommst du darauf, dass das meiner sein könnte?"
"
...Sör!", ließ Domino sich vernehmen und erntete dafür einen schelen Blick des Lance-Korporals. Dieser wiederum erntete einen nicht minder schelen des Hauptmanns MeckDwarf.
Es dauerte einen Moment.
Dann fasste Humph sich an den Kopf, schlich in sein Büro, drehte den Schlüssel um...und zog die Jacke über den Kopf.
"
Wo ist Alfons Sommer?"
Kurz erfüllte Luft seine Lungen, dann wurde er erneut ins Wasser gedrückt.
"
Grmbl-hml-"
Jäh riss man ihn hoch.
Ein Schlag ins Gesicht, der ihn keuchen ließ.
Dann wieder Wasser.
"
WO ist Alfons SOMMER?"
Mindestens ebenso früh wie ihr lockengewickelter Stellvertreter am Vortag den Ausbilder der GRUND-Abteilung erwartet hatte, wurde Breda Krulock von Hauptmann Pismire am Folgetag im Innenhof des Wachhauses in der Kröselstraße erwartet. Hinter einem abgeschrammten Rednerpult saßen die abteilungsleitenden Kollegen der Stadtwache von Ankh-Morpork und gingen noch einmal Karteikarten durch, plauderten miteinander oder starrten finster drein, bis ihr Blick auf die sich versammelnden Rekruten fiel und sie sich zu einem Lächeln hinreißen ließen. Besonders fiel ihr Sebulon, der Sohn des Samax und neuer Leiter der Intörnal Affärs-Büros auf. Seltsamerweise hatte er einen Granatapfel mitgebracht und starrte ihn nachdenklich an.
"Gut, jetzt bist du da, das ist gut.", begrüßte Pismire Breda etwas desorientiert. "Du hälst die Eröffnungsrede, kannst du deinen Text?"
"Was denkst du nur von mir?"
Pismire zwinkerte die Vampirin an und verzichtete auf eine Antwort.
Breda grüßte alle Anwesenden mit einem Kopfnicken und gesellte sich zu Rea und Kanndra.
"Morgen, Mädels! Wie sieht's aus?"
"Gefreite zuhauf, auch obere, sechs Fälle, keiner gelöst.", zählte die Abteilungsleiterin SEALS mithilfe ihrer linken Hand auf. "Ich habe Kannichgut gesagt, dass ich mindestens drei gelöst haben will, wenn wir hier fertig sind..."
Kanndra lachte und knuffte ihre Mitwächterin an die Schulter. Sie schüttelte den Kopf.
"Nicht, dass ich etwas zu sagen hätte, mit der ganzen Leitung in meiner Abteilung. Aber ich habe meine Gefreiten bald soweit, dass sie ihre Berichte selbstständig schreiben können."
Bedauernd besah sie sich den dienstjungen Nachwuchs an und hob dann die Augenbrauen.
"Immerhin gibt es noch ein paar Freiwillige..."
"Ich müsste lügen...", warf Breda ein: "...wenn ich behaupten würde, dass wir genügend Leute hätten. Chronisch unterbesetzt!"
"In diesem Fall: Möge der bessere Vortrag gewinnen!", gähnte Rea Dubiata übermüdet und legte die Hände hinter den Kopf.
Seufzend trat der Feldwebel ans Rednerpult und bereitete ihre Unterlagen vor. Sie räusperte sich. Als nach ein paar Momenten Ruhe einkehrte und zweiundsiebzig rekrutierte Augenpaare ganz ihr gehörten, begann sie etwas wiederwillig ihre Rede.
"
Niemand kann behaupten, dass das Leben eines Wächters leicht ist!
Trotzdem seid Ihr hier um euch darin zu versuchen. Jeder einzelne von euch hat sich dafür entschieden, um...naja vielleicht möchte man es nicht unbedingt wissen..." Sie fasste sich an den Kopf und verzog für einen Moment lang den Mund, bevor sie fortfuhr: "
...um stolz seine Uniform tragen zu können oder einfach um endlich mal wieder schön wichtig auszusehen. Wie bei so vielem im Leben muss man aber auch dafür arbeiten. Und heute geht es um Eure Zukunft!"
Wie sehr sie es hasste Reden halten zu müssen!
"
Jedem von Euch wird es sicher mehr als einmal passieren, dass er oder sie das Gefühl hat, nicht weiterzukommen. Aber gerade dann ist es wichtig nicht aufzugeben. In dieser Gemeinschaft, seid Ihr nicht allein. Hier geht es allen wie Euch. Deshalb wird auch immer jemand da sein, wenn Ihr mal ein kleines Motivationsloch habt. Damit spreche ich für alle Abteilungen der Stadtwache.
Mein Name ist Breda Krulock, Feldwebel, Leiterin der Dienststelle zur Observation von Gildenangelegenheiten, kurz: DOG!"
An dieser Stelle holte Breda kurz Luft. Nicht, weil sie musste. Sie fand bloß, dass es dazugehören sollte.
"
Denkt daran, was Ihr erreichen könnt. Denkt daran was Ihr erreichen wollt und gebt nicht auf, bis Ihr es erreicht habt. Mit Zielstrebigkeit und Fleiß haben es Leute vom Gefreiten zum höheren Offizier geschafft. Schätzt Eure Erfolge und nehmt den einen oder anderen Rückschlag nicht so schwer...äh...
Wenn Ihr in ein paar Wochen zurückblickt, werdet Ihr staunen, was Ihr alles erreicht habt. Euer Wille, das Ziel das Ihr euch setzt und etwas Disziplin, werden euch den Erfolg bringen. Deshalb, müsst Ihr euch aufraffen und nie aufgeben! Warum für die DOG entscheiden?"
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich jemand hinter sie schob. An der Aura konnte sie spüren, dass dieser Jemand unruhig war und erregt wirkte.
"
Bei uns kommt es auf die Gemeinschaft ganz besonders an. Auf die Fähigkeit der Improvisation, der Anpassung, der Hartnäckigkeit! Wir sind die zentrale Überwachungsstelle der Gilden und Verbände, diejenigen mit den Ermittlungsspezialisten, das Gerstenkorn im Getriebe illegaler Formierungen, die Verräter der Bruderschaften und Verschwörungen. Wir arbeiten dort, wo uns niemand vermutet. Wenn Ihr einen scharfen analütischen Verstand habt, gut kombinieren und obendrein völlig unscheinbar sein könnt (oder glaubt es zu können)..."
Hinter ihr trat die Obergefreite Arwan von einem Fuß auf den anderen.
"
...dann entscheidet ihr euch für uns! Aber auch dann, wenn ihr Schreibtischhengste seid. Oder Aktenstuten..."
Höfliches Kichern.
"
...könnt ihr unseren Ermittlern mit fundiertem Fachwissen, Rat und Tat zur Seite stehen. Natürlich...besteht nichtsdestotrotz die Gefahr eines Tages einmal unmittelbar ins Geschehen verwickelt zu werden. Doch auch das ist in unserem Tiem kein Problem, in dem jeder Hand in Hand arbeitet! Den genauen Unterschied zur Abteilung für Raub und unlizensierten Mord, wird euch mein Kollege von Grauhaar gleich näher erläutern, weiteres steht in den Informationsbroschüren."
Breda lächelte vampirisch und wandte sich bereits halb ab, als sie eine Eingebung erreilte.
"
Wir heißen alle Interessierten herzlichst im Kreise der DOG willkommen! Wir haben die Kekse!"
Damit trat sie vom Rednerpult und machte den Platz für den bereits angesagten Kollegen frei.
"Kekse, Mä'äm?"
Arwan runzelte die Stirn und war für einen Augenblick lang abgelenkt.
"Wir hatten nur zwei Mal Kekse da. Einmal, als Chief-Korporal Al Nasa diesen Einsatz in der Bäckergilde hatte und dann noch diese grauenvollen Dinger, die Bernstein und Steinstiefel letztes Schweihnachten fabriziert haben..."
Breda winkte ab und zog ihre Untergebene aus dem Blickfeld der Rekruten sowie dem neidischen Reas.
"Egal, Arwan, was gibt es?"
"Ein Einbruch mit Körperverletzung in der Quirmstraße, Mä'äm. Sieht wohl wüst aus. Die Nachbarn haben ihn gemeldet, als sie das Opfer bewusstlos vorgefunden haben. Er selbst-"
"Er, das Opfer?"
"Ja, er, das Opfer, beteuert jedenfalls, dass alles in Ordnung sei und er lediglich einen Wutanfall gehabt hätte. Die SuSi hat jedenfalls Tatortwächter hingeschickt. Sie glauben anhand der Spuren nicht an einen Wutanfall. Sieht viel zu süstematisch aus."
Breda runzelte die Stirn.
"Und was haben wir damit zu tun? Das ist ein Fall für SEALS oder-"
"Die Anweisung kam vom Kommandeur persönlich. Hier."
Die Obergefreite Arwan zog einen Zettel aus ihrer Tasche und reichte ihn an ihre Vorgesetzte weiter.
"Der Überfallene ist ein Borograwe. Kommandeur Breguyar hält es für besser, wenn wir uns darum kümmern. Wegen der Sache vor ein paar Monaten...
[1]"
Papier raschelte.
Ein Stoß Akten rutschte vom Tisch.
"
Mist! Aber irgendwo hier...hier! Ich hab's!"
Im trüben Licht zwischen den Regalreihen machte sich ein Grinsen auf dem Gesicht des Suchenden breit.
"
Aaah...ja..."
Die Tür war zweifelsohne aufgebrochen worden. Das konnte jeder sehen, nicht nur das erfahrene Auge der Hauptgefreiten Olga-Maria Inös, die das Treiben der DOG-Ermittler mit halbem Auge, aber ganzem Ohr verfolgte.
"Herr Šeliga. Dass bei Ihnen eingebrochen wurde steht nun außer Frage!", begann Hatscha al Nasa soeben nasal: "Statistisch gesehen wird sich das nicht wiederholen, allerdings sind keine Wertsachen entwendet worden und man hat Sie tätlich angegriffen. Zweiteres wäre vielleicht noch eine Art der Notwehr, falls Sie den Einbrecher überrascht haben. Ersteres aber ist kaum noch statistisch. Und das könnte sich durchaus wiederholen." Sie wandte ihren Blick von den wässrigen Augen ihres Gegenübers ab und ließ ihn über den Verband an seiner Stirn wandern. "Schmerzt es noch sehr?"
"Kaum.", antwortete der Angesprochene.
Er seufzte, als Helmi Bernstein sich in das Gespräch einschaltete: "Falls es Ihnen lieber ist, könnten wir einen Notar der borograwischen Botschaft dazu holen. Das dürfte sich machen lassen...hm..."
"Sie haben ja recht, dass hier bei mir eingebrochen wurde, das lässt sich wohl nicht leugnen. Aber liegt es nicht bei mir zu entscheiden, ob ich Untersuchungen wünsche oder nicht?"
Hatscha verschränkte die Arme und warf einen Blick hinüber zu Olga, die sich noch immer scheinbar aufmerksam im Raum umsah und ihn auf Verdächtigkeiten untersuchte. Die hölzerne Figur eines achatenen
Glücksdrachen hatte es ihr angetan und sie betrachtete sie eingehend. Das matte Mittagslicht erhellte kaum den geordneten Wohnraum, der eher der Auslage eines Antiquitätenhändlers glich. Es waren Dinge des täglichen Lebens, keines zu viel und keines zu wenig, und jedes einzelne schien an seinen natürlichen Ort gestellt, mit einem so sicheren Geschmack, dass es nicht leicht gewesen wäre, ein besser ausgestattetes Haus zu finden, und das in einer so alten und unergründlichen Stadt wie Ankh-Morpork. Dieser alte Mann mit dem schütteren, weißen Haar, dem hellblauen Hemd und dem ocker-karierten, braunen Pullunder schien genau hier herein zu passen und fügte sich im Gesamtbild ein wie eines seiner Möbelstücke. Es hätte alles besser ausgesehen, wenn diverse Schubladen nicht umgedreht auf dem Boden gelegen hätten, der Teppich nicht zerschnitten wäre oder das Mobiliar an seinem angestammten Platz gestanden hätte. Auch die Tapete war teilweise eingerissen. Diese Schäden ließen sich beinahe im gesamten Erdgeschoss finden.
"Der Einbrecher ist wohl nicht fertig geworden...", bemerkte Helmi, die Augenbewegungen Hatschas verfolgend." Er wandte sich an Herrn Šeliga. "Haben Sie eine Idee, was der Einbrecher gesucht haben könnte? Laut Untersuchungsbericht war es wohl nur einer. Es gibt keine Indizien für die Anwesenheit mehrerer Personen. Außerdem ist die Hauptgefreite Inös der Meinung, dass man hier besonders süstematisch vorgegangen ist."
"To zgoditi!"
"Wie meinen?"
"Ich habe jemandem versprochen, nichts zu sagen. Und ich bin ein ehrlicher Mensch! Ein Geheimnis zu verraten, sei es aus besonderen Gründen, zum eigenen Vorteil oder bloß der
Effekthascherei wegen, liegt mir fern!"
"Das ehrt Sie.", erwiderte Hatscha al Nasa stirngerunzelt: "Aber ich fürchte, dass uns genau diese Einstellung nicht weiterhelfen wird."
Andreij Šeliga schüttelte bedauernd den Kopf. Ein höfliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er antwortete: "Dann müssen wir wohl alle damit leben!"
Der nächste Morgen begann für Pismire miserabel.
Kein Rekrut hatte etwas falsch gemacht, was eigentlich nie verkehrt war, aber an manchen Tagen, da brauchte der Schamane einfach seine Dosis angewandten Zynismus.
Müde brummelte er vor sich hin und lief beinahe in den Rekruten Anca hinein.
Nein. Falsch!
Natürlich lief jener in ihn hinein.
"Die Rennbahn ist im Reitweg, Rekrut."
"Ja Sör? Äh, entschuldige bitte. Ich bin wohl nicht ganz bei mir...wollte nur etwas nachsehen..."
"So? Fiel mir gar nicht auf. Würdest du mir bitte, wo du schon mal hier bist, gleich die Berichte von gestern bringen? Mir ist so nach heulen."
"Eigentlich Sör-"
"Wie gefällt es dir bei der DOG?"
"Soweit ganz gut. Dürfte ich nun-?"
"Bring sie mir gleich vorbei, danke!"
Pismire schlenderte weiter und ließ Domino etwas verdattert und allein im Flur zurück.
Er hatte sich eine Ziegenmilch verdient.
Oh ja, das hatte er wirklich.
Woanders begann der Tag mit einem verkochten Kaffee.
Missmutig schielte Breda Krulock, den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt, über ihre henkellose Tasse hinweg Hatscha al Nasa an, die sich wiederholt schnäuzte bevor sie fortfuhr zu berichten, zu welchem Ergebnis sie und Bernstein tags zuvor gekommen waren.
"Nun, was sollen wir da machen? Er weigert sich, Breda. Ein höchst moralischer Mensch."
"Und damit sollen wir arbeiten? Für wen hält der sich?", kommentierte die vampirische Abteilungsleiterin monoton, just als es an der Tür klopfte. "Mir ist egal, was der Mann für Ansichten vertritt und wem er was versprochen hat. Wir haben einen Fall und der will gelöst werden. Ist ja nicht so, dass wir das hobbymäßig machen würden. Ja, bitte?"
Zwei paar Augen richteten sich auf die Obergefreite Arwan, deren verkniffene, sorgenvolle Mine Bände sprach. Der Feldwebel rollte mit den Augen und hob den Kopf.
"Ist es sehr schlimm, Obergefreite? Wir besprechen gerade den Einbruch."
"Na, dann bin ich schon mal im richtigen Zimmer."
Sie salutierte und nickte auch Hatscha zu.
"Arwan?"
"Du hattest mich angewiesen die Akten aller mit borograwischer Herkunft zu sammeln und zu katalogisieren, Määm. Wie soll ich es sagen...?"
"Immer frei heraus."
"Jemand hat in ihnen herumgewühlt. Und leider muss ich sagen, dass ich eine der Akten nicht wiederfinden konnte."
Breda seufzte lang und tief.
"Und du hast überall nachgesehen und auch nachgefragt?"
"Jawohl!" Arwan nickte. "Aber ergebnislos. Geringfügige Unordnung, eine Listennotiz des Gefreiten Spitzschuh war auch eingetragen, aber der schwört Stein und Bein sie nicht ausgeliehen zu haben."
"Bitte kontrolliere, ob wir am Pseudopolisplatz eine weitere Akte von...um wessen Akte handelt es sich da?"
"Sie betrifft einen gewissen...Alfons Sommer, Määm."
"Sieh bitte nach, ob wir etwas über den Mann haben und dann erstatte mir umgehend Bericht. Unfassbar!"
"Ein Versehen vielleicht? Oder glaubst du wirklich, dass jemand bei uns
gestohlen haben könnte?", sagte Hatscha nachdenklich, nachdem die Obergefreite die Tür hinter sich geschlossen hatte.
"Wer hätte einen Zugriff auf das Archiv gehabt? Andererseits...seit wann glauben wir an Zufälle?"
Domino Nicholae Anca lief im Eilschritt durch die Straßen Ankh-Morporks.
Er hatte sich bemüht möglichst schnell wieder zurück zu sein und Hauptmann Llanddcairfyn nicht warten zu lassen, doch er hatte nicht mit den Spontanitäten des Hauptmanns Pismire gerechnet; daher fügte es sich nun, dass er schwitzend und schnaufend gegen die Zeit arbeitete.
Hastig wich er einem Karren aus, rempelte dann jedoch eine Frau an, deren Schimpfworte den meisten die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte, strauchelte hier und stolperte dort, bis ihn schließlich und mit unerwarteter Härte die Nacht umwogte.
Nur eine halbe Stunde später wurden Hatscha und Breda der Obergefreiten erneut ansichtig. Sie atmete etwas unbeherrscht, hielt jedoch triumphierend eine gelbe Mappe in die Höhe, als sie ohne anzuklopfen eintrat.
"Hier ist sie, Määm. Und Määm."
"Sehr gut, Arwan - was steht drin? Wer ist dieser Sommer?"
Gleich nachdem die anwesende Klatschianerin ihr Taschentuch verstaut hatte, wurde die Husky fündig und ließ verlauten: "Sommer, Alfons, Alter dreiundfünfzig Jahre, wanderte im Jahr der pockigen Kröte aus Borograwien aus und zog hierher, nach Ankh-Morpork. Das ist also bald elf Jahre her...ähm, was noch...nie verheiratet, keine konkrete Berufsangabe - hm Wissenschaftler im Ruhestand , was haben wir hier?"
Sie zog die Stirn kraus.
"Na, das macht es noch mal kompliziert. Er hatte eine Namensänderung beantragt. Jetzt steht hier aber nicht mehr dazu. Hat niemand weitergeführt."
Sie seufzte.
"Also auf ins Bürgerbüro?"
Breda zuckte entschuldigend mit den Schultern und verlangte mit ausgestrecktem Arm nach der Akte. Sie blätterte eine Weile darin herum, nippte lustlos an ihrem koffeinhaltigen, inzwischen Kaltgetränk, und wusste nicht, was sie davon halten sollte.
"Hatscha?", brachte sie irgendwann heraus: "Geh doch bitte noch mal zu Herrn Šeliga und frage ihn, was der Name Sommer ihm so sagt. Und Arwan? Alles, was du bisher aussortiert hast, stellst du mir gleich ins Büro!"
Als beide gegangen waren, trommelte sie übellaunig auf der Tischplatte herum.
"Ich hasse Borograwen!"
Verdrießlich starrte nur wenig später ein ebensolcher vor sich hin, in dieser Tätigkeit immer wieder unterbrochen, wenn die um ihn im Kreis herumwandernden Beine Hatscha al Nasas sein Blickfeld streiften. Helmi Bernstein lehnte im Fenster, einen Notizblock in der Hand und eifrig mitschreibend.
"Ihre Moralvorstellungen jetzt einmal beiseitegelassen, Herr Šeliga - möglicherweise ist hier etwas Größeres im Busch und ich werde nicht akzeptieren, dass diese Untersuchung vor die Wand fährt, weil Sie uns nicht helfen wollen. Hand aufs Herz -..." Sie blieb hinter ihm stehen. "Kennen Sie Alfons Sommer?"
Andreij Šeliga schloss zerknirscht die Augen und schüttelte, mehr zu sich selbst, mit dem Kopf. So saß er dort auf dem Stuhl, die Hände im Schoss gefaltet und auf das Gesprochene lauschend.
"Das ist sehr direkt gefragt."
"Kennen Sie diese Person?"
"Ich kannte sie."
"Ist etwas mit ihm geschehen?"
"Wie kommen Sie darauf?"
Hatscha setzte ihren Gang fort und Šeliga öffnete die Augen wieder.
"Sie sprachen in der Vergangenheit von ihm. Kennen Sie ihn noch immer? Und woher?"
"Wir kannten uns bereits in Borograwien und waren lange Zeit Arbeitskollegen. Inzwischen haben wir uns aus den Augen verloren. Da sie schon so gezielt fragen, sind Sie sicher nicht unwissend?"
"Davon sollten Sie ausgehen."
Der Chief-Korporal räusperte sich, ehe sie zugab: "Er hat seinen Namen geändert. Wissen Sie, wo wir ihn finden und wie er inzwischen heißt?"
Er schüttelte den Kopf.
"Nein, bedaure. Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen."
"Na gut."
Hatscha hielt inne und gesellte sich zu Helmi, augenscheinlich seine Notizen kontrollierend.
"Weiter. Hat der Einbruch in Ihrem Hause etwas mit Alfons Sommer zu tun? Als was haben Sie beide in Borograwien gearbeitet?"
Keine Antwort.
Der gealterte Mann öffnete seine Hände und stand auf. Er war gar nicht mal so klein, musste Hatscha erneut bei sich bemerken, als er ein paar Schritte auf sie zuging.
"Es wäre möglich. Ich werde darüber keine Auskünfte erteilen!"
Sie hob die Augenbrauen, doch der Kollege Zwerg war schneller: "Also hat es etwas miteinander zu tun und-"
"Wissenschaftler!", unterbrach seine Vorgesetzte ihn bestimmt. "In welchem Bereich war Alfons Sommer tätig?" Sie trat ihrerseits auf Šeliga zu, welcher nun blinzelte und verdattert die Hände hob.
"Wenn Sie nicht antworten wollen, können wir auf Wunsch auch die borograwische Botscha-"
"In Ordnung."
Er ließ die Schultern hängen und starrte auf den Boden. Tristes, staubiges Licht, erhellte seinen schwindenden Haaransatz und verwandelte die beiden Wächter in schwarze Silhouetten.
"Sehen Sie, es steht mir nicht frei, über alles unbefangen zu sprechen."
Er schwieg einen Moment lang.
"Aber ich werde es tun, sofern Sie mir den Schutz der Stadtwache garantieren können."
Breda, Daemon, Hatscha und Glum standen hinter dem Spiegel, der Einblick in die Verhörzelle gebot.
"Er bekommt also seinen Schutz.", stellte Daemon nüchtern fest.
"Ich war vorhin beim Kommandeur, Dae.", murmelte Breda beobachtend. "Wir haben die Befugnis alles zu tun, damit kein Wirbel um diesen Fall entsteht, solange alles weiterhin so schwammig aussieht."
"Wahrscheinlich genauso schwammig, wie die Rekruten heutzutage." Er sah demonstrativ über die Schulter. "Anca ist noch immer nicht aufgetaucht. Der zweite Tag im Praktikum und schon seit Stunden überfällig. Gute Wahl, Stiefel!"
"Ich habe genommen, was zu kriegen war, Hauptmann. Ist ja nicht so, als könnte uns frisches Blut egal sein.", brummte Glum und schlug noch einmal die gelbe Akte auf, deren Inhalt den vieren inzwischen gut genug bekannt war.
"Ich habe Arwan gefragt, aber wir haben keine Akte über einen Andreij Šeliga gefunden. Sie ist sich aber auch nicht sicher, ob wir eine hatten."
Hatscha schaute auf das Papier in den Händen der stellvertretenden Abteilungsleitung hinab.
"Das an sich kommt vor. Hätten wir über jeden Bürger etwas, müssten wir wohl anbauen. Aber haaa-tschi!!"
"Gesundheit!"
" 'ndanke! Äh, aber faul ist da auf jeden Fall etwas!"
"Hm..."
Sie starrten eine Weile auf das Einbruchsopfer und schwiegen, während jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. Der Zufall wollte es, dass just während die Wächter im Keller des Wachhauses am Pseudopolisplatz der Reihe nach auf dem Flur standen, Schritte hörbar wurden und dem bereits vermissten Rekruten Anca angehörten, der verschmutzt die Treppen hinab stieg, wahrscheinlich in Richtung der Waschräumlichkeiten. Dennoch bemerkte Glum ihn erst, als jener den halben Weg bereits hinter sich gebracht hatte.
"Verzeihung? Rekrut Anca?"
Der Angesprochene zuckte ertappt, drehte sich allmählich um und schlurfte auf die Wächter zu.
"Wo kommen Wir denn her?", tadelte Daemon diskussionsfreudig und stemmte die Hände in die Seiten. "Und weshalb so verschmutzt? War irgendwo ein interessantes Spiel, Rekrut?"
Domino salutierte pikiert. Sein Blick huschte von Gesicht zu Gesicht und über die Spiegelscheibe, hinter der ein Mann in Pullunder Däumchen drehte, dann schluckte er und antwortete.
"Hauptmann, ich wurde entführt."
Zunächst herrschte Schweigen.
"Rekrut, was soll das?"
Daemons Augenbrauen zogen sich verärgert zusammen.
"Wenn schon, dann-"
"Nein, Sör, es ist mein Ernst!"
Fragende, ungläubige Blicke.
"Ich war bereits vom Hauptwachhaus aus bereits auf dem Weg ins Boucherie Rouge, als ich dort Hauptmann Pismire über den Weg lief.", begann er stöhnend zu erzählen: "Er wollte, dass ich ihm die gestrigen Rekrutenberichte ins Büro bringe. Also musste ich runter zur Kröselstraße. Auf dem Weg dahin hat man mich niedergeschlagen und fort gebracht."
Wie um es beweisen zu wollen, fasste er sich an den Hinterkopf und deutete auf eine etwas rundliche Stelle.
"Dort haben sie getroffen."
"Und du hast dich befreien und fliehen können? Was wollten sie von dir?", schlussfolgerte Breda.
"Das ist korrekt, Määm! Es war in der Betrug-und-Schwindel-Straße, Hausnummer 14. Da ist ein Kellerabstieg hinter dem Haus. Es waren vier Ausländer. Ich weiß nicht, was sie von mir wollten."
"Welcher Nationalität?", fragte Hatscha al Nasa, die Augen zusammenkneifend.
"Borograwen, Määm."
Er schwankte ein wenig.
"Du bist ja ganz wacklig, Rekrut Anca.", bemerkte die Oberste der DOG: "Ruh dich einen Moment lang aus und gehe dich dann waschen. Offenbar geht es dir ansonsten ganz gut. Wenn du dich gesäubert hast, erwarte ich dich im Büro des Kommandeurs. Zu keinem ein Wort über den Vorfall! Und du verlässt das Gelände nicht mehr, bis ich dir etwas anderes sage! Glum?"
"Wer sonst?"
"Betrug-und-Schwindel-Straße, Nummer 14, Keller. Nimm Daemon und die FROGs mit. Vier sagtest du?"
"Vier, Määm, ja!"
"Vielleicht auch mehr. Sicher ist sicher. Hatscha, du sorgst für Šeliga. Behalte ihn bitte im Auge." Sie fuhr sich nervös durch die Haare. "Jeder weiß, was er zu tun hat!"
"
Die Schatten!", hatte Araghast Breguyar geknurrt und sogleich die Abteilung zum Einsatz beordert, die nur wenige Minuten später auf Karren sitzend im Eiltempo über die Pons-Brücke rumpelte. Den Rekruten hatte er bei Breda gelassen, die selbigen wiederrum Hatscha aufs Auge gedrückt hatte. Dies waren die hastigen Einsätze, die jeder Wächter hasste. Gerade noch saß man gemütlich beim Mittagessen, nur zehn Minuten später stürmte man mit Armbrüsten im Anschlag ein bis dahin unbekanntes Gebäude. Der wache- und einsatzleitenden Befehlsgewalt folgend bezogen sie möglichst lautlos Stellung: auf dem gegenüberliegenden Dach, hinter der Mülltonne, rechts wie links an den Häuserecken. Kanndra, Steffan und Daemon näherten sich dem schrägen Kellerabstieg, gaben sich mit Nicken zu verstehen, dass alle bereit waren und rissen mit gezogenen Schusswaffen die Türen auf.
Nichts geschah.
Als sich daran nichts änderte, gab der Kommandeur das Zeichen weiter vorzurücken und schloss sich mit Valdimier und Glum den dreien an. Man stieg vorsichtig die Stufen hinab, hielt den Atem an und machte sich auf jede Eventualität gefasst. Und dann geschah es.
"-Rrrrgh! So ein-!"
"Zieh halt den Kopf ein!", zischte Kanndra an Daemons Adresse und schlich weiter vor.
"Aber-"
"
Pssst!"
Grummeln.
"
Bregs? Hier sind welche! Sie rühren sich nicht!"
"
Was?"
Sofort war Angesprochener zur Stelle und baute sich im Zwiellicht der Kellerräumlichkeiten neben Valdimier auf. Es waren vier an der Zahl und niemand rührte sich. Einer von ihnen lehnte an der Wand, die anderen recht ungelenk auf dem Boden.
"Entwarnung! Mach doch mal einer Licht!"
Als dem Befehl nachgekommen ward, runzelten die Anwesenden die Stirn. Heilloses Chaos beherrschte den Raum. Der Tisch war umgestoßen, sodass sich diverse Becher, Würfel, Papiere und andere Dinge über den Boden verteilten. Offenbar war derselbe auch schuldig am Tod eines Mannes, da seine Längskante etwas kipplig auf dessen Hals ruhte. Blut bildete eine Lache an der betreffenden Stelle. Auch zwei weitere schienen weder derzeit noch jemals wieder ansprechbar zu sein, doch dann fiel Glum die vierte Person ins Auge, die neben einem Stuhl und zerrissenem Tuch an der Wand lehnte und er trat an ihn heran, hockte sich vor ihn.
"Du hast gerade mit der Hand gezuckt. Das habe ich gesehen...
Sör?!"
Er blickte über die Schulter und sah sich nach dem Kommandeur um, der gerade die Anweisungen erteilte, die oberen Stockwerke zu durchsuchen.
"Was sagst du, Stiefel?"
"Ich sagte, der hier lebt noch."
"Hm, wir haben keine Sanitäter mitgenommen."
Er hockte sich ebenfalls hin und kontrollierte Puls und Atmung des Mannes, dessen Kopf seitlich abgeknickt und im Mundwinkel mit rötlichem Speichel versehen war.
"Was ist hier bloß passiert?", ließ Daemon sich von hinten vernehmen: "Langsam wäre ein roter Faden ganz nett..."
"Hm...der Rekrut...er sagte, er sei entkommen. Glaubst du, dass er...?"
Glum erhob sich wieder und sah den Hauptmann fragend an.
"
Falls ja, hat er jetzt eine Menge Probleme am Hals! Aber wie sollte er das angestellt haben?"
Kanndra schloss sich den FROGs an, die nun im Laufschritt die Treppe zum ersten Stock hinauf eilten, als Valdimier etwas entdeckte. Er stand über einige Papiere gebeugt, die aus einem aufgeplatzten Ordner stammten.
"
Vele-...Velepos-...poslani-..."
"Veleposlanistvo do Drzava Borogvia.", verlas Daemon laut. "Die borograwische Botschaft! Mist!"
"Das kann doch kein Mensch lesen!"
"Ist auch nicht viel schlimmer, als Überwaldianisch.", warf Glum ein und gesellte sich mit Araghast hinzu, dass nun alle über die Papiere gebeugt standen. "Spontan weiß ich auch nicht, was da steht, aber...ach, wie nett..."
"Was denn?"
"Unterschrieben von Brighton. Na, den Oberst kennen wir doch...
[2]"
Valdimier wirkte irritiert.
"War der in der Sache damals nicht die einzige ehrliche Haut?"
"Etwas übereifrig, ja.", erklärte Glum: "Als die zlovenische und die borograwische Botschaft jeweils und vor allem gegenseitig unterwandert waren, hatte er sich als die einzige loyale Person herausgestellt. Obwohl wir ihn zwangsentwaffnen und erpressen mussten, aber im Endeffekt hat es sich ausgezahlt. Und jetzt das..."
"Wir gehen der Sache später nach. Lasst jetzt erst mal die Spurensicherung da ran!", ließ die ehemals piratische Wacheleitung verlauten. Er sah sich noch einmal ziellos im Raum um.
"Diese verdammten Borograwen werden werden noch die reinsten
Rekordler, wenn es um Verschwörungen geht.", woraufhin Daemon mit den Schultern zuckte und sagte:
"Ich knöpfe mir jetzt jedenfalls diesen Rekruten Anca vor! Was immer er sich bisher geleistet hat: Wenn er hierfür die Verantwortung trägt, waren alle seine Fehltritte von früher nur ein kleines
Vorspiel!"
Glum seufzte und schulterte seine Armbrust, besah sich noch einmal den Bewusstlosen.
"Einbrüche, störrische Opfer, tote Borograwen und verschwundene Akten - ein Fall für die DOG!"
Andreij Šeliga war ein schwieriger Kunde. Seit einer halben Stunde hatte Hatscha al Nasa, gebürtige Klatschianerin, sich nun die Nase an ihm aufgerieben, kam allerdings zu keinen neuen Ergebnissen. Und so lehnte sie nun vor Raum 004 des Kellergeschosses und rieb sich ermüdet die Augen.
"Wo ist dieser verdammte Alfons Sommer? Ich weiß, dass der das weiß!", murmelte sie.
Mit einem Seitenblick wurde sie sich des Rekruten gewahr, der links neben ihr stand und sie durch die Spiegelscheibe im Verhörraum beobachtet hatte. Auch der Borograwe in jenem wirkte inzwischen recht ermattet und nahm soeben einen Schluck Wasser.
"Na los. Ihr hattet Verhörtechniken doch schon? Versuch du dein Glück!"
Domino nickte pflichtbewusst.
Er strich seinen gezwirbelten Schnurrbart noch einmal mit dem Kamm nach und prüfte seine Gesamterscheinung im Spiegel. Seit Stunden hatte er nun über Papieren gesessen und hier und dort seine Anmerkungen angefügt. Konsul Chrom mochte vielleicht ein Verräter gewesen sein, doch der neue war keineswegs als eine Verbesserung zu bezeichnen. Es klopfte vernehmlich an seiner Tür und ohne sich umzuwenden intonierte Brighton ein tieftönendes: "
Naprej!"
Ein Soldat von der Sorte, die der Oberst nur zu gern als 'brave Männer' bezeichnete, trat ein und salutierte zackig.
" Kaj se je zgodilo?"
"En Zastopnik od...äh...Stattwacke?"
Überrascht wandte der Offizier sich um.
"Tagchen, Oberst. Ich hätte da noch ein paar Fragen."
Sein an alle Widrigkeiten des Lebens gewöhnter Blick wanderte gen Himmel, als er den grinsenden Glum Steinstiefel, Harry auf dessen Schulter stehend, im Türrahmen erblickte.
"Soweit so gut, Herr
Šeliga!", sprach Domino Anca und trat näher an ihn heran. "Welchen Namen trägt er nun? Wie nennt sich Alfons Sommer?"
Seine Augen verengten sich und der fixierte das Einbruchopfer.
"Ich habe Ihrer Vorgesetzten bereits gesagt, dass er seinen Namen nicht grundlos geändert hat. Und ich werde ihn nicht verraten! Hören Sie -..." Eine Kunstpause folgte, in der er abwehrend mit den Armen gestikulierte. "Unter dem Versprechen diese Information geheim zu halten und mir Personenschutz zuzusichern, habe ich aufgrund der Umstände bereits erzählt was ich sagen kann! Ja, wir waren Kollegen!"
"Sie haben für den Staat Borograwien als Wissenschaftler gearbeitet." Domino lächelte. "In der Sektion zur Entwicklung neuer Waffen. Das ist korrekt? Klingt ein wenig weit hergeholt!"
"Ich habe niemals etwas von Waffen gesagt! Wir forschten nach effektiveren Baumaterialien, um die Widerstandskraft von Gebäuden zu erhöhen. Sie kennen den
Wurzelzement? Der ist von uns! Oder den
Klebesockel?", erwiderte Šeliga brüskiert. "Können wir vielleicht eine Pause machen? Sie lassen mich bereits seit Stunden in diesem Raum hocken! Langsam könnte ich wirklich einmal Frischluft gebrauchen!"
Hilfesuchend sah er in die große Spiegelfläche neben der Tür.
Der Rekrut folgte seinem Blick und zögerte.
"Gleich! Was hat man in Ihrem Heim gesucht, Herr Šeliga?"
"Man glaubte wohl, ich würde dort geheime Dokumente aufbewahren."
"Geheime Dokumente? Weshalb sollte man sie bei Ihnen finden?"
"Das ist es ja - ich weiß es nicht! Man nimmt wohl an, ich hätte welche, weil ich Alfons Sommer kannte."
"Haben Sie welche?"
"Die Antwort auf diese Frage verstieße gegen die Geheimhaltung, zu der ich mich verpflichtet habe!"
Mit diesen Worten ließ der Borograwe sich trotzig auf seinen Stuhl fallen. Seine Mine veränderte sich jedoch ungläubig, nachdem der Wächter sich an den Schläfen gerieben und etwas aus seiner Hosentasche geholt hatte.
"Sie erkennen diesen Gegenstand, Herr
Šeliga? Schön! Das freut mich!"
Domino hatte den Rücken zum Spiegel gewandt und baute sich erneut vor Šeliga auf.
"Da Sie nach wie vor nicht besonders kooperativ sind, habe ich nur noch eine letzte, aber entscheidende Frage an Sie. Und ich glaube ehrlich, dass Sie sie beantworten können:
Wo ist Alfons Sommer?"
Vinzent Trocken lag mit einem Buch und einer Schachtel Kekse seiner Wahl auf seinem Bett im Rekrutenschlafsaal und wackelte mit den Zehen. Eine RUM-Broschüre diente ihm als Lesezeichen.
'...ist die menschliche Püsche stets korrelativ zu ihrer Umgebung. Dabei beschäftigt sie sich weniger mit dem Sein, als mit dem Schein, wessenthalben die Selbstverleugnung als aufbauendes Sündrom für den Fall gelten kann, in dem kausalen Gefüge, vorausgesetzt es sei rein subjektiv betrachtet, dass es das eigene Empfinden beeinflusst und in keinem kausalen Zusammenhang zum Wandel von Geschlechtern steht! Man führe das Beispiel anhand von Pampelmusen an, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes für ebensolche gehalten werden, ganz ohne die Frage zu beachten, ob sie in Wirklichkeit Menschen seien, die sich für Pampelmusen halten. Hierfür jedoch könnten folgende Gründe...'Keine Kekse mehr.
"Och nö!"
Vinzent schob die Broschüre ein und deponierte Schoppenkauers '
Triviales Betrachten' auf seinem Nachttisch, bevor er die Augenbrauen verzog und sich ärgerte. Dann fiel ihm etwas ein und er schwang die Beine aus dem Bett. Verstohlen sah er sich um, bevor er zu einem anderen Nachttisch schlich und die Schublade öffnete.
"Auch keine Kekse. Hm. Kostverächter!"
Beim nächsten wurde er fündig.
"Ha!" Er strahlte
[3] und griff hinein. "Na, Hallo, was ist denn das hier?"
Er blinzelte.
Zeitgleich erreichte eine Taube das Boucherie Rouge. Es gab dringende Neuigkeiten, die die sofortige Anwesenheit Breda Krulocks erforderten sowie ein mehr als klärendes Gespräch mit gewissen Personen bedingten. Dies stand jedenfalls auf dem kleinen Zettel, den der Gefreite Bruder Laudes in der Taubenkommunikationsanlage im Hauptquartier der DOG empfangen und bloß wenige Augenblicke später Feldwebel Krulock unter die Nase gehalten hatte.
"Das kommt von Harry und Stiefel,...", sagte sie zögernd: "Sag MeckDwarf Bescheid, er möge sich stracks hier einfinden!"
Ihr Blick verdüsterte sich.
So sah die Sache also aus!
Ihr war schummrig und immerzu verschwamm alles in ihrem Sichtfeld. Mal spürte sie lediglich den Schmerz, den ihre Kopfwunde ihr bescherte, dann war wieder alles klar, solange sie sich nicht bewegte oder zu tief atmete. Daher nahm sie auch nur unterbewusst war, wie ihr alter Kollege und Vorgesetzte Humph MeckDwarf sie mit Watte und Jod am Kopf berührte. Ferne Stimmen drangen zu ihr durch...
"Und er hat erst Šeliga zusammengeschlagen und dann Chief-Korporal al Nasa?"
"So sieht es aus, Breda! Aber ist das sicher?"
"So sicher, wie die Kollekte im Tempel, Humph! Es passt mit dem zusammen, was Harry und Glum herausgefunden haben. Einen alten Mann und eine überrumpelte Frau."
Schritte.
"Wie geht es ihm? Oh, der Sohn des Samax."
"Tag, Feldwebel. Hauptmann."
Zu den Stimmen Bredas und Humphs mischte sich die Sebulons. Kurz driftete Hatscha weg, doch nur für einen Moment. Sie wollte etwas sagen, doch mehr als ein leises Krächzen brachte sie nicht zustande. Der Hauptmann legte ihr einen Finger auf die Lippen.
"
Pscht! Nicht sprechen!", flüsterte er. "
Das kannst du noch früh genug. Wir wissen Bescheid!"
"...jedenfalls bin ich da einer gewissen Akte habhaft geworden. Rekrut Trocken hat sie im Nachttisch von Rekrut Anca gefunden. Alfons Sommer? Stempel des DOG-Archivs?"
"Hm! Schön zu wissen, dass wir sie wiederhaben. Aber jetzt ist es ohnehin zu spät!"
"Er darf sich beobachtet fühlen!"
"Wenn wir nur wüssten wo der Kerl jetzt steckt."
"
Oh, das wissen wir, Breda! Šeliga hat gesprochen! Zwar mit Mühe, aber er hat."
"Erschreck mich nicht so! Du weißt, dass man dich nicht sofort sieht, Harry!"
" 'tschuldigung! Šeliga hat ihn in ein Haus in der Zephirstraße geschickt. Nummer zwei."
"Wie lange ist das her und was gibt es da?"
"Muss wohl schon eine halbe Stunde her sein. Er hofft dort einen gewissen Wissenschaftler anzutreffen. Aber er wird ihn nicht finden. Šeliga hat ihn auf eine falsche Fährte geschickt."
"In ein bewohntes Haus? Zu irgendwelchen Leuten? Na, die werden danken!"
Breda schnaubte und Hatscha merkte, wie Unruhe entstand.
Das Jod brannte und erneut schoss sengender Schmerz durch ihre Schläfen und sie stöhnte gequält, woraufhin Humph in seinen medizinischen Bemühungen inne hielt. Bevor sie erneut das Bewusstsein verlor, hörte sie noch, wie Sebulon sich verabschiedete und Harry etwas sagte.
"Übrigens war Arwan beim Bürgerbüro im Patrizierpalast. Sie hat da noch etwas herausgefunden..."
Der Einsatztrupp der Stadtwache fand die Haustüre unbeschädigt, den Hintereingang jedoch aufgebrochen vor. Da jede Sekunde zählte und nicht damit zu rechnen war, dass Domino Nicholae Anca aus eigenem Willen noch einmal im Wachhaus auftauchte, blieb keine ausreichende Zeit für Organisation. Feldwebel Krulock hatte sich alle derzeit verfügbaren Leuten geschnappt sowie diejenigen, die ihr auf dem Weg hinaus über den Weg gelaufen waren und auf direktem Wege in die Zephirstraße begeben. Dort ging schließlich alles recht schnell. Man fand Anca, noch während er das Haus nach etwas durchsuchte und glücklicherweise noch bevor er beschlossen hatte die dort eigentlich wohnende, alleinerziehende Mutter mit ihren beiden Kindern zu bedrohen, die sich panisch im zweiten Stockwerk eingeschlossen hatte.
Dummerweise wehrte er sich, warf einen Stuhl nach Valdimier, der diesen hart traf und sprang aus dem Fenster des ersten Stocks, wo er direkt vor den Füßen Daemons landete, die ihn mit einem Kinnhaken ausknockte. Und damit war dieser Teil erledigt.
Was allerdings noch blieb...
Araghat Breguyar rutschte auf dem Schreibtischstuhl herum, der in diesem Gebäude den höchsten Komfort versprach, da es immerhin sein eigener war. Gewisse Vorrechte mussten einfach herrschen.
Es war der vierte Tag nach der Meldung des Einbruchs bei Herrn Šeliga.
"Nennen wir ihn lieber Alfons Sommer!", sagte Arwan soeben, die zwischen Hatscha und Glum saß. Breda drehte Däumchen.
"Als ich im Bürgerbüro des Patrizierpalastes war, bat man mich unerwarteter Weise zu einem vertraulichen Gespräch bei seiner Lordschaft."
"Ich kenne diese Gespräche!", warf Araghast ein und verdrehte die Augen. "Was wusste er, was sonst wieder niemand wusste?"
"Dass in unseren Akten keine Namensänderung verzeichnet war, erfolgte auf Beschluss der Regierung. Alfons Sommer hat keine Baumaterialien entwickelt, keinen Zement, keinen Kleber - er war der leitende Wissenschaftler der Sektion für Waffenforschung. Zu seiner eigenen Sicherheit wanderte er aus Borograwien aus und zog nach Ankh-Morpork, wo die Regierung ihm in Absprache mit der seinen Schutz gewährte."
Oberst Brighton räusperte sich und straffte die Schultern.
"Das äh- das Vojska...wie heißt es...das Militär von Borograwien hätte sich ohne diese Forschungen nicht so lange standhaft gegen die zlobenischen Soldaten wehren können. Sie kennen das Problem mit dem Grenzkrieg. Wir reden hier nicht von einer Eintagsfliege."
"Weshalb die zlobenische Regierung,...", nahm Glum den Faden auf: "...äußerst interessiert an Herrn Sommer ist. Oder wenigstens an den Dokumenten seiner Forschung."
"Was mir schleierhaft vorkommt.", unterbrach Hatscha leise. Ihr Schädel brummte noch immer. "Als hätten die erwartet, dass streng geheime Unterlagen mit ihrem Verfasser ins Ausland reisen."
"Die wollten ihr Glück versuchen!", vermutete Brighton. "Natürlich gab es hier nie Unterlagen über diese Forschungen. Die sind in Verwahrung. Aber versucht haben sie es! Spijon Zlobensko!"
"Tja, so kam es dann...", führte Glum mit einem Nicken weiter aus: "...dass die Zlobenen nach ihrer letzten Pleite, und ich spreche von der Seligova-Affäre, beschlossen nicht an der Stadtwache zu scheitern. Da lag es nahe, sie diesmal zu unterwandern anstatt sie zu umgehen. Wenn du nur eine Zitrone bekommst, beiß halt hinein, anstatt sie zu lecken!"
Diese Aussage erntete zwar ein paar Augenroller, doch sie ergab Sinn.
"Um also zu verhindern, dass wir etwas herausfinden, oder zumindest um sich Zeit zu verschaffen, stahl Domino Nicholae Anca die betreffende Akte aus dem DOG-Archiv. Es wäre uns auch ewig lang nicht aufgefallen und wir hätten keinen Ansatz gehabt, hätte ich diese Papiere nicht zufällig derzeit zur Durchsicht gehabt.", erklärte Arwan. "Übrigens musste er in seiner Tarnung bleiben, daher kam ihm Hauptmann Pismire in die Quere. Ist eigentlich schon tragisch."
Sie zwinkerte.
"Er hatte wohl einen schlechten Tag und just als Anca auf dem Weg ins Hauptarchiv war um eine mögliche Zweitakte zu entwenden, befahl Pismire ihm sich um die Berichte zu kümmern. Dem musste er nachkommen, um als Rekrut nicht gleich aus der Reihe zu tanzen. Dieser zeitliche Umstand ermöglichte es mir, sie zwischenzeitlich selbst zu besorgen. So hatten wir unseren ersten Ansatz!"
"Und auf dem Rückweg wurde er dann aus dem Weg geräumt!", schlussfolgerte der Kommandeur. "Und zwar von Ihren Leuten, Oberst?"
"Korrekt. Leider waren sie zu unachtsam. Bei meinen braven Männern handelte es sich nur um Soldaten. Nicht um ausgebildete Spione wie Anca. Das war übrigens auch nur sein Deckname."
"Er konnte jetzt allerdings nicht mehr hoffen, die Informationen aus den Akten zu beziehen, daher nutzte er noch einmal seine letzte Chance und 'befragte' Andreij Šeliga. Hätte er gewusst, wer da gar zwei Mal vor ihm saß..."
"Ende gut, alles gut!", besiegelte Arwan.
"Das wird jetzt nicht zur Gewohnheit, Oberst?"
Bregs kniff die Augen zusammen.
"Wie war das mit den Eintagsfliegen?", schaltete Glum sich noch einmal zu Wort.
"Hm!"
Es klopfte und Nyvania trat ein.
Sie salutierte und sprach: "Sör, gerade war ein Bote hier. Seine Lordschaft Vetinari möchte dich noch einmal an den Termin bei ihm in zehn Minuten erinnern. Du sollst Anca mitbringen."
"Ach so?" Er rollte mit den Augen. "Dass ich diese Termine aber auch immer vergesse. Also...", sagte er, nachdem die Wasserspeierin wieder entschwunden war. "...bin zufrieden mit euch. Ehrlich! Dass mir das alles aber nicht einreißt! Schade, um Ihre Männer, Oberst!"
" Ze chy Borogvia proztfik!" Er stand auf und salutierte. "In diesem Sinne!"
Sie verabschiedeten sich. Das Wichtigste war geklärt worden, die Besprechung beendet.
"Ging ja alles noch mal auf!", seufzte Breda auf dem Weg zum Boucherie Rouge.
"Natürlich tat es das!", sagte Glum Pfeife paffend. "Verschwörungen sind unser Ding!"
"Das und Lockenwickler!"
"Arwan!"
"Ja?"
Sie blickte unschuldig drein.
"Hat man dir nicht das korrekte Verhalten Vorgesetzten gegenüber näher gebracht?"
"Doch, hat man." Sie zwinkerte. "Kennst du einen?"
Für einen Moment lang schwiegen sie alle.
"Arwan?"
"Hm?"
"Ich mag dich!"
Arwan lachte.
Hatscha schnäuzte.
Und so sind sie bei der DOG eben.
[1] Der borograwische Maler Alexanda Seligova - Pokalmission DOG, August 2010, es ist nicht erforderlich diese gelesen zu haben.
[2] siehe auch hierzu wieder:
Der borograwische Maler Alexanda Seligova[3] = D
Zählt als Patch-Mission für den Moloss-Patch.
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