Als ein Zwerg ermordet wird, lauern auf einen jungen Wächter im Dickicht aus Schweigen und dunklen Andeutungen die Schatten der Vergangenheit. (Wichtelgeschichte)
Dafür vergebene Note: 11
Sie waren schon mehrere Wochen unterwegs. Zu viert hatten sie sich auf den Weg gemacht. Der
Tiefenseher war am Fuße der Berge zurückgeblieben, wie es vereinbart gewesen war. Die übrigen drei hatten den Weg fortgesetzt. Gelaufen waren sie, keiner von ihnen hätte daran gedacht, einen Karren oder eine Kutsche zu verwenden. Die lange Straße, die sie hinab gingen, war wie eine Schnur mit den kleinen Perlen winziger Dörfer besetzt. Wann immer sie in eines kamen, in dem sie einen der ihren fanden - und die ihren waren an vielen Orten gut versteckt - sandten sie eine Nachricht zurück an den Tiefenseher. Zuerst hatte der Schnee der Berge sich mit seinen Eiskristallen in ihre Haut gebohrt. Sie schüttelten ihn ab und gingen weiter. Danach war eiskalter Regen ihnen auf den Ebenen in die Kleidung gezogen, hatte sie frieren und bibbern lassen. Sie waren weiter gegangen. Jetzt standen sie vor den Mauern und eine kalte, kleine Wintersonne blendete sie. Sie nickten einander zu. Auf der Straße hatten sie kaum miteinander gesprochen. Eine Aufgabe lag vor ihnen. Sie wussten, was zu tun war.
Es brodelte in der Stadt. Kommandeur Breguyar warf die aktuelle Ausgabe der Times auf seinen Schreibtisch.
"Verdammte Schreiberlinge. Früher wurde man zu einem Mord gerufen, hat in aller Ruhe den Mörder gesucht und den Fall irgendwann zu den Akten gelegt. Heute weiß sofort die ganze Stadt, wenn mal wieder jemand umgelegt wird", der Vampir sah sein Gegenüber an. "Das kann eine schlimme Sache werden, wenn rauskommt, dass unser Spezialfall etwas damit zu tun hat. Hefte dich an seine Fersen und pass auf, dass nicht noch mehr passiert."
SUSI hatte die Szene des Verbrechens bereits geräumt. Die Möbelstücke lagen noch immer umgestürzt herum, die Oberflächen waren mit einer leichten Staubschicht bedeckt, die Fingerabdrücke sichtbar gemacht hätte, wenn es welche gegeben hätte. Die Leiche fehlte. Das Büro befand sich im Erdgeschoss des Hauses. Es war gleichzeitig die oberste Etage, die darin genutzt wurde. Zwerge,
echte Zwerge, fühlten sich schon an der Oberfläche unwohl, keiner von ihnen wäre auf die Idee gekommen, eine Treppe zu betreten und die oberen Stockwerke eines Hauses zu verwenden. Zwerge gruben. Die Wächter hatten sich sagen lassen, dass es unter dem Haus sechs weitere Ebenen gab. Das Haus war das Zentrum einer kleineren Gemeinde Zwerge, fast an der gegendrehwärtigen Stadtmauer. Das Haus war nur der Eingangsbereich, beinhaltete die Büros für die Außenangelegenheiten der Gemeinde - und den Aufzug. Der Zwerg, der in der Mitte des Büros stand, fröstelte etwas. Er wirkte nicht wie ein Zwerg, der in die Räume einer konservativen Zwergen-Gemeinschaft gehörte: Er war dünner als die meisten seiner Rasse, so dass das Kettenhemd, das er trug, an ihm herunter hing, und wies keinen Bart auf. Man hätte ihn für einen klein gewachsenen Menschen halten können, wäre nicht die große Knollnase gewesen. Und die Handaxt an seinem Gürtel. Er sah sich unbehaglich um.
"Schlimme Sache", sagte jemand von der Tür her. Ein Mensch stand dort und sah unpassend zu seiner Aussage recht unbekümmert in den Raum. Er hielt eine Papiertüte in der Hand. "Muss dich mitnehmen, einen von euch so zu sehen."
Der Zwerg zögerte kurz. Er hätte erwidern können, dass der Ermordete zwar der gleichen Rasse wie er selbst angehört hatte, sonst jedoch keine Beziehung zwischen ihnen bestanden hatte. Dass die Ansichten dieses Mitglieds der Zwergengemeinde sich in keinster Weise mit seinen eigenen deckten. Dass seine eigenen politischen Einstellungen ihn beim Opfer eher sehr unbeliebt gemacht hätten, wären sie sich begegnet. Das Zögern ließ ihm einen Augenblick, um zu erkennen, dass solche Aussagen unter den gegebenen Umständen eher unangebracht waren.
"Er war schon abtransportiert, als ich kam", sagte er stattdessen. Der Mensch sah ihn forschend an.
"Er wurde nicht abtransportiert", erklärte er dann. "Die Leiche befindet sich ein Stockwerk tiefer direkt unter unseren Füßen und wird für die Bestattungszeremonie vorbereitet", er deutete auf den Boden.
Dem Zwerg wurde unwohl und hätte das Zimmer gerne so schnell es ging verlassen, doch der andere stand mitten in der Tür.
"Warum bin ich hierher gerufen worden? Das hier ist nicht gerade das, wofür ich sonst eingesetzt werde."
"Ich weiß. Aber du bist ein Zwerg. Und daher könntest du hier vielleicht nützlich sein. Du kennst die Bräuche dieser Gemeinden und eures Volks. Deine Anwesenheit könnte den entscheidenden Hinweis bringen."
Wieder ein Zögern. Dann: "Das wäre tatsächlich möglich, Sir."
"Also", der andere Wächter trat in den Raum, legte die Papiertüte auf den Schreibtisch und sah sich um, "was siehst du?"
Der Zwerg warf einen Blick in den Raum.
"Ein leeres Büro. Keine Fenster, nur eine Tür. Keine Falltüren, keine Dachluken. Ein Schreibtisch voller Lieferlisten und Bestellungen. Alles in allem das erwartete Bild für das Arbeitszimmer eines Sprachrohrs", er sah den anderen an, der nickte.
"Welche Motive gibt es, ein solches Sprachrohr auszuschalten? Kann es einer der Zwerge hier gewesen sein?", fragte er. Der Zwerg zuckte mit den Schultern.
"Dieser Zwerg hatte Kontakt mit der Außenwelt, hat für diejenigen in den unteren Etagen, die nichts mit der Stadt zu tun haben wollen, die notwendigen Dinge erledigt. Von unten werden solche Zwerge zwar nicht als besonders zwergisch angesehen, aber als notwendiges Übel akzeptiert. Keiner von ihnen hätte ihn umgebracht, wenn er mal die falschen Brote bestellt hätte, falls du das denkst. Und es wäre auch niemand da unten an seinem Posten interessiert."
"Also war es jemand von außen?"
"So nah an den tiefen Zwergen zu arbeiten, ohne direkt einer zu werden, kann für traditionelle Zwerge in der Stadt eine Art- Ehre sein. Man sollte sich anschauen, wer den Posten jetzt bekommt."
"Nicht man. Du.", korrigierte der Mensch. "Wer könnte es noch gewesen sein?"
"Vielleicht hat er mit den falschen Leuten Geschäfte gemacht. Rechnungen nicht bezahlt." Der andere nickte.
"Sammel hier alles ein und bring es zu den Leuten von RUM, die werden sich durch die Papiere wühlen und schauen, ob sie etwas finden", er griff nach der Tüte auf dem Schreibtisch und wandte sich zur Tür. "Weißt du, wie der Zwerg ermordet worden ist?" Der Zwerg schüttelte den Kopf. "Ich weiß nicht, ob es nützlich ist, wenn du es weißt, aber sicher ist sicher", der andere Wächter griff in die Papiertüte. "Ihm wurde mit ziemlich vielen Hieben der Schädel gespalten", er zog etwas aus der Tüte. "Hiermit." Er hielt eine scharfe Handaxt. Abgesehen von den Flecken getrockneten Bluts sah sie der, die Reiner am Gürtel trug, sehr ähnlich.
Der Zwerg schluckte.
Eilig verließ der Zwerg verließ das Haus und lief durch die engen Gassen in die Dunkelheit des frühen Morgens hinaus. Man hatte ihn im Verdacht, das war klar. Natürlich wussten alle, die in der Wache etwas zu sagen hatten, warum er in Ankh-Morpork war. Das Anzetteln eines Aufstands gegen einen König konnte noch so weit geschehen, in Ankh-Morpork flossen alle Nachrichten des Kontinents zusammen. Die Klacker sorgten dafür, dass Neuigkeiten die eigentlichen Ereignisse überholten und auf sie warteten, wenn ihre Folgen Tage und Wochen später in der Stadt ankamen. Meistens erwartete sie zudem ein gut vorbereiteter Patrizier. Die Offiziere wussten mit Sicherheit alles, was er weit entfernt in den Spitzhornbergen getan hatte. Reiner bog in die nächste und übernächste Gasse und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Sie hatten ihn nur zum Tatort gerufen, um zu sehen, wie er reagieren würde, soviel war klar. Es ging nicht um seine Kenntnisse in Zwergendingen oder um seine Leistungen in der Ausbildung. Am liebsten hätten sie sofort ein Geständnis von ihm gehört. Er blieb stehen. Wütend stampfte er auf. Was fiel denen ein? Er schaute sich um. Um ihn herum schlossen sich dunkle Gassen. Der Zwerg schluckte. Schnell lief er weiter. Er musste sich beruhigen. Schließlich war er nicht schuldig. Er stolperte auf einen Platz. Fünf Wege gingen von ihm aus. Wohin er sich auch wandte, immer kroch die Dunkelheit dieses kalten Morgen ihn aus mindestens einer Straße in den Rücken.
Was war, wenn sie wussten, dass er unschuldig war? Wenn sie ihm etwas anhängen wollten? Er rannte in eine der Straßen, rannte drauf los, um die Fünf Wege hinter sich zu lassen. Wenn die Wacheleitung hinter ihm her war und ihm den Mord in die Schuhe schieben wollte, war er geliefert. Die Wächter hatten alle Möglichkeiten, Beweise verschwinden und falsche Informationen auftauchen zu lassen. Es gab keinen Ausweg, wenn sie hinter ihm her waren. Er bog um eine Ecke, die nächste, er lief und lief. Sie würden ihn verfolgen. Sie würden nicht zulassen, dass er entkäme. Sie waren jetzt schon hinter ihm her. Die Dunkelheit schloss sich um ihn. Er stand in den Schluchten der eng zusammen stehenden Häuser, den Bauruinen und verlassenen Gebäuden der Schatten. Er musste raus aus dieser Gegend. Er holte tief Luft, beruhigte sich ein wenig. Niemand war hinter ihm her. Er musste zusehen, dass er die Schatten verließ. Dies war kein Viertel, in dem man mit einer Wächtermarke erwischt werden sollte. Schnell sah er sich um und lief in Richtung Fluss. Er erreichte die Ankh-Brücke und betrat sie.
Warum sollte die Wache jetzt hinter ihm her sein, wenn der Patrizier von Anfang an von seiner Vergangenheit gewusst hätte? Man hätte ihn sofort verschwinden lassen. Man wollte wirklich wissen, was er von der Sache hielt. Wollte wissen, wie Zwerge tickten. Er erreichte den Hide Park, lief daran entlang.
Ein Zwerg war getötet worden. Entweder von anderen Zwergen oder von jemanden, der es Zwergen anhängen wollte. Er musste überprüfen, ob das Sprachrohr der Gemeinde Feinde hatte. Ob es Unruhen unter den Mitgliedern gab. Ob es vielleicht andere- ein Knacken aus dem Park unterbrach seinen Gedanken. Ängstlich sah er in die Dunkelheit. Er beschleunigte seinen Schritt. Länger und länger schien der Weg an den Büschen und Bäumen vorbei zu werden. Nebelschwaden griffen in die Dämmerung hinein, griffen nach ihm. Er rannte. Sämtliche Gedanken an den Fall waren verschwunden, er lief über das Kopfsteinpflaster, wollte nur entkommen. Was immer es war, Zwerg oder Wächter oder Monster, sie würden ihn nicht bekommen. Er schaute sich um und sah- Im vollen Lauf prallte er auf etwas Großes, Hartes. Im Taumeln suchte er die Axt an seinem Gürtel. Hatten sie Trolle geschickt? Würden sie ihn hier kalt machen?
Er schob den verrutschten Helm hoch und sah die Statue auf dem Platz zum Randwärtigen Tor. Er atmete auf. Die Sonne ging auf. Licht schwappte über die Stadtmauern und blinzelte ihm entgegen. Er musste sich entscheiden. Das Licht von den Spitzhornbergen her glitzerte und blendete ihn zugleich. In dieser Richtung lag das Wachhaus. Auf der anderen Seite, wo noch Dunkelheit lag, ein Versteck vielleicht, eine Fluchtmöglichkeit, stand das Stadttor offen. Er sah auf die Axt in seiner Hand. Dann ging er los.
"Wer das neue Sprachrohr wird?", fragte der Zwerg und spuckte vor die Füße des anderen. "Was geht dich das an? Willst du dich bewerben?" Er grinste höhnisch und wurde dann wieder ernst. "Leute wie du sind hier nicht gern gesehen. Ohne Bart, ohne Traditionen. Kommst hier rein mit deiner Marke und denkst, weil du ein Zwerg bist, stehen dir alle Türen offen." Er ließ Reiner nicht zu Wort kommen, der erwidert hätte, dass dies ganz und gar nicht seiner Meinung entsprach. "Ich sag dir mal was: Für die meisten hier bist du gar kein Zwerg, sondern nur ein kleiner Mensch. Und für den Rest von uns", er grinste schief. "Bist du nicht einmal das." Der Wächter setzte wieder an, etwas zu sagen, doch der andere sprach einfach weiter. "Irgendeiner der Zwerge, die um die tiefen Zwerge herumlaufen und glauben, dadurch ein bisschen besser zu werden als -du. So einer wird es werden. Wenn er eine Bestellung aufschreiben und Ware annehmen kann, reicht das hier. Hier ist nicht so viel los, wie in den großen Gemeinden. Da braucht man einen denkenden Rechenschieber und mehr nicht."
"Die Stelle ist also nicht besonders beliebt?", kam Reiner mit einer Frage dazwischen. Sein Gesprächspartner sah ihn ernst an.
"Das Sprachrohr der Gemeinde macht seine Arbeit nicht, um beliebt zu sein. Es erfüllt eine Aufgabe. Und", seine Augenbrauen zogen sich zusammen, "wenn du der Meinung bist, dass jemand ihn wegen seiner Aufgabe umgebracht hat, weißt du weniger über uns, als ich für möglich gehalten hätte."
Reiner Rundumschlag verließ das Gebäude zum zweiten Mal an diesem Tag. Es hatte zu regnen begonnen und der Zwerg zog die Schultern zusammen. Viel hatte er nicht rausgefunden. Außer, dass es unter den Zwergen wohl keinen Grund gegeben hatte, den Mord zu begehen. Dass hieß, er musste im weiteren Umfeld nachschauen, die Familie abklappern und die Lieferanten befragen. Eine mühselige Arbeit.
"Alles in Ordnung?", fragte es hinter ihm. Reiner zuckte zusammen.
"Ähm. Ja", behauptete er schwach. "Die Zwerge hier mögen mich nicht besonders, aber sie haben mir Auskunft gegeben." Der Hauptmann nickte.
"Dachte mir schon, dass sie etwas gegen dich haben würden. Aber dir sagen sie immer noch mehr, als mir", er sah zu dem Gebäude, das den Einstieg in ein Höhlenlabyrinth bildete. "Egal, was sie behaupten, letztendlich bist du doch einer von ihnen." Wieder verspürte Reiner das Bedürfnis, zu widersprechen und wieder wurde er unterbrochen. "Nachdem sie auch endlich einen Blick auf das Opfer werfen durften, hat SUSI etwas zur Tatwaffe herausgefunden. Offenbar besteht sie aus irgendeiner bestimmten Metallart. Irgendwas mit Einschlüssen, Legierungen und bärtigen Jungfrauen
[1], frag mich nicht. Jedenfalls kommt sie aus den Bergen und nicht aus einer der Schmieden hier in der Stadt."
"Das gilt auch für die meisten Zwerge hier", murmelte der Zwerg.
"Ja", erwiderte der Andere und sah ihn einen Moment länger als notwendig an, "sas stimmt." Der Offizier holte einen Zettel aus seiner Hosentasche. "Ich weiß nicht, wie sie das herausfinden, aber SUSI sagt, dass das Opfer mit mehr als einer Axt erschlagen wurde. Hier steht", er runzelte die Stirn und las ab: "dass er von mindestens drei Äxten derselben Art getroffen worden ist. Und nur eine davon wurde zurück gelassen. Offenbar als Zeichen für die, die es verstehen."
"Sehr scharfsinnig", kommentierte der Zwerg.
"Ich denke, es wird das Beste sein, wenn ich versuche, etwas über diese Äxte herauszufinden und du die Befragung der Lieferanten der Gemeinde übernimmst. Hast du eine Liste bekommen?" Reiner nickte und gab dem Hauptmann ein Blatt Papier. Der Empfänger sah kurz darauf.
"Das passt zu den Unterlagen, die RUM im Büro des Opfers gefunden hat. Sehr gut. Wir treffen uns um fünf Uhr in der Dienststelle", er wandte sich ab, doch der Gefreite hatte noch eine Frage.
"Wie kommt es, dass sie die Ermittlungen führen, Sir?" Wäre dies nicht ein Fall für RUM?" Der Hauptmann sah ihn irritiert an.
"Der Mord geschah in einer Zwergengemeinde, oder? Für religiöse Gemeinschaften ist die Dienststelle zuständig." Reiner schüttelte den Kopf.
"Aber das sagt man doch nur so", erwiderte er, doch der andere hatte sich schon wieder angewandt und war im stärker werdenden Regen verschwunden.
Bäcker, Metzger, Holzlieferant", zählte der Zwerg auf und blätterte durch sein Notizbuch. "Nirgends eine offene Rechnung, nirgends je irgendwelcher Ärger. Und alles, soweit wir wissen, ehrenhafte Leute."
"Wenn man das von Mitgliedern der Händlergilde sagen kann", murmelte der Hauptmann.
"Keine Verbindungen zum Untergrund, keine krummen Dinger", Reiner Rundumschlag saß auf einer Kante des Betts und sah bei dieser Aufzählung verdrossen drein.
"Bei mir genauso wenig", sagt der Offizier. "Von der Axt gibt es in den Bergen Tausende. Geradezu ein Alltagsgegenstand zum Holhacken, Stempel kürzen, Jagen- oder um jemanden damit umzubringen", der Hauptmann setzte sich auf. "Also kein Hinweis auf irgendeinen Kult oder einen Geheimbund oder so etwas." Wieder einmal zuckte der Zwerg zusammen.
"Schade", antwortete er. "Ein vollkommen normales Werkzeug also."
"Mhm", machte der Hauptmann und sank wieder in die Kissen.
"Das einzige Interessante hat mir der Katzenstreulieferant erzählt", Reiner blätterte um. "Er meinte, es wäre gut, dass ein Neuer den Job bekommt. Es hat wohl öfters Ärger zwischen dem Sprachrohr und dem Gemeindevorsteher gegeben. Wenn der Mann richtig verstanden hat und sich nicht nur wichtigmachen wollte, ist das Opfer wohl durch irgendwelche Verbindungen in die Berge an die Stelle gekommen und war dem tiefsten Zwerg ein Dorn im Auge."
"Am besten", der Offizier sah Reiner an, "fragst du mal nach."
Wie zu erwarten war, wurde der Wunsch des Zwergs, mit den Tiefen Zwergen zu reden, mit wenig Begeisterung empfangen.
"Was erlaubst du dir?", fragte der Türwächter, der ihn vor dem Tatort abfing und die Tür versperrte. "Du weißt ganz genau, dass Leute wie wir nicht einfach da runterfahren und mit den Tiefen reden können. Stell dich doch nicht dümmer, als du aussiehst", sagte der grimmig aussehende Zwerg mit einem Blick auf Reiners fehlenden Bart. Der Wächter biss sich auf die Unterlippe. Er musste hier etwas herausfinden. Die ständigen Andeutungen des Hauptmanns gingen ihm gehörig auf die Nerven und wenn er jetzt auch noch ohne neue Informationen zurück käme, hätte der Offizier ihn wohl endgültig im Verdacht, mit hinter dem Mord zu stecken.
"Es muss doch möglich sein, dass-", versuchte er noch einmal.
"Hau einfach ab", murmelte die Wache und schubste ihn zurück.
"Es ist gut", war eine Stimme aus dem Haus zu hören. Ein weiterer Zwerg trat hervor. Er trug einen breiten Bart und dunkle Kleidung. Mit einem Wink gab er dem Türwächter zu verstehen, sich zurückzuziehen.
"Ich bin Gerund. Das neue Sprachrohr dieser Gemeinschaft. Was möchtest du noch hier?"
"Wir habe gehört, dass der Boss hier nicht sehr gut mit deinem Vorgänger zurecht kam. Das müssen wir natürlich überprüfen", erklärte Reiner. Der andere konnte ein kurzes Schmunzeln nicht unterdrücken.
"Und was erwartest du? Dass Um'Bal'Zak heraus kommt und zugibt, den Mord an einem Zwerg befohlen zu haben, damit du ihm Handschellen anlegen kannst?", der Blick des Zwergs wurde hart. "Mein Vorgänger kam aus einer Familie, die unglücklicherweise mehr Reichtum, als Achtung vor den traditionellen Wegen besaß. Viele hier waren unzufrieden, als er uns- empfohlen wurde. Wie wir vor kurzem erfuhren, hat sich das Glück seiner Familie vor kurzem gewendet, als einige von ihnen bei einem Minenunglück starben. Es scheint", er schritt vor, nah an Reiner heran, "das Schicksal seiner Angehörigen hat ihn hier gefunden. Wollen wir hoffen, dass diese Unglückswelle jetzt endet, nicht wahr?"
Die drei Zwerge erreichten den Fuß der Berge. Der Tiefenseher nickte ihnen zu, stand auf und begleitete sie.
"Also keine Chance, den Fall aufzuklären?", fragte der Kommandeur. Der Hauptmann schüttelte den Kopf.
"Die Mörder sind wahrscheinlich schon wieder in einer hübschen Mine irgendwo in den Spitzhornbergen und die Zwerge hier werden eher einen Trip zum Sonnenbaden an den Strand machen, als irgendetwas zu verraten. Jedenfalls etwas, was wir verwenden könnten." Araghast Breguyar nickte nachdenklich.
"Und unser Zwerg?", hakte er nach.
"Ich habe dafür gesorgt, dass er die halbe Stadt wegen dem Fall befragt. Niemand wird auf die Idee kommen, dass er etwas damit zu tun hatte."
Reiner Rundumschlag lief durch den nächtlichen Nebel. Kalt zog es in seine Kleidung. Wieder stand er vor der Statue am Randwärtigen Platz, irgendwo zwischen Stadttor und Wachhaus. War er wirklich bedroht worden? Waren die Andeutungen des Hauptmanns wirklich solche gewesen, oder hatte er sich das nur eingeredet, weil er Angst hatte, von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden? Hatte Gerund tatsächlich gedroht, Reiner verschwinden zu lassen, wenn er weiter ermittelte, oder hatte er einfach nur seine Sorge ausgedrückt, dass noch jemanden etwas passieren könnte? Vielleicht war das allermeiste nur in seinem Kopf geschehen. Er sah in Richtung des Tors. Letztendlich stand es ihm jederzeit offen. Schließlich stand es jedem offen. Er lächelte schwach und machte sich auf den Weg zum Wachhaus, um seinen Dienst anzutreten. Ohne zu ahnen, wer ihn dabei alles beobachtete.
[1] Mehr über die Jungfern von Ambersia in der Geschichte
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