In Domovien essen sie Leute

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von Agent Sebulon, Sohn des Samax (IA)
Online seit 01. 10. 2011
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 Außerdem kommen vor: Glum SteinstiefelBraggasch GoldwartJargon SchneidgutMina von Nachtschatten

Aus Domovien trifft eine Bitte um Hilfe in Ankh-Morpork ein. Mina wird mit einigen Kollegen ins Ausland geschickt, um Expertise oder zumindest eine eigene Meinung beizusteuern. Doch wird man sich in einem fremden Land behaupten können, in dem Verschwörungen, Korruption und verbaler Vokalmangel zur Tagesordnung gehören? (Wichtelgeschichte)

Dafür vergebene Note: 12

"Guten Tag, der Herr, die Dame. Sie wünschen?"
"Nur einen Lungensalat à la carte, bitte. Dazu einen roten Präannualen."
"Und der Herr?"
"Für mich bitte eine Tomatensuppe und als Hauptgericht Hand auf Reis ..."
"- Mensch?"
"Sehr gern."
"Kommt sofort."

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Das smaragdgrüne Auge Araghast Breguyars funkelte auf die Abteilungsleiter herab, die im Raum 202 vor ihm saßen. Romulus hatte schlecht geschlafen und hielt sich mühsam die Augen offen, Laiza hatte sich bis eben noch mit Rogi über mögliche - und Seitens SUSI dringend gewünschte - Neuzugänge unterhalten; Breda war im Einsatz für DOG und hatte Glum geschickt, der wie immer schlecht gelaunt war, und Kanndra ärgerte sich darüber, dass der Kommandeur an der Stelle stand, die sie für sich selbst vorbehalten sah. Warum musste so ein Treffen in ihrem eigenen Büro abgehalten werden?
Als Rea mit wehenden Über- und Unterröcken zur Tür hereingeschossen kam, eilig Platz nahm und so tat, als wäre sie schon lange dagewesen, begann der ehemalige Pirat: "Wir haben Post." Er hoffte, dass diese Sitzung schnell vorübergehen würde, deshalb fügte er erklärend an: "Aus Domovien."
Gemurmel ging durch den Raum und man tauschte Gerüchte über die Baronie aus.
"Vermutlich keine Postkarte?", fragte Glum uninteressiert.
"Leider nicht", nahm der Kommandeur den Faden wieder auf, "es ist ein recht langer Brief. Falls ihn niemand selbst lesen möchte ..." Er legte eine kurze Kunstpause ein, in der keiner seiner Leute auch nur zu atmen wagte. "... tja, dann fasse ich ihn eben kurz zusammen." Er spürte Erleichterung durchs Zimmer wogen, als die Abteilungsleiter ausatmeten. "Kommandeur Wenzel, der dortige Polizeichef, erbittet Hilfe in Sachen von Personenraub." Der Kommandeur zog den zerknitterten und mit Kaffeeflecken beschmierten Brief aus seiner Hosentasche und suchte eine Stelle. Als er sie fand, verlas er: "'Nicht nur eine Spezies ist betroffen, deshalb muss man mit Terrorismus rechnen', schreibt er. Es fehlt an Personal und -", erneut schenkte er seinen Wächtern einen speziellen Blick, "unserer Äffikatzitäh, wie er schreibt. Nein, Rea, das hat nichts mit Tieren zu tun; es ist ein Lob. Der Brief schließt mit dem Satz 'Das Land würde diese Geste der Freundschaft zu schätzen wissen.' Also kurzum: Wen können wir schicken?"
Mit erzwungener Gelassenheit wartete er die sich anschließende Debatte ab, dass man niemanden schicken könne, da sich ohnehin jede Abteilung als unterbesetzt betrachtete. Schließlich hob er die Hand und die Wächter verstummten.
"Wir senden vier Wächter, und wenn ihr euch nicht einigen könnt, mache ich Vorschläge."
"Nun", begann Rea Dubiata vorsichtig, "Jargon Schneidgut ist ein fähiger Wächter. Noch kein hoher Rang aber er hat Erfahrung. Ich müsste ihm zwar gut zureden, aber er würde bestimmt ... einwilligen." Sie hielt tatsächlich eine Menge von Jargon, doch derzeit war er von allen Seehunden schlicht der entbehrlichste. "Ein Rechtsexperte wird wohl nicht schaden?"
"Sehr gut", sagte Araghast in ermutigendem Tonfall. "Weitere Vorschläge?"
"Ein paar Neufugänge könnten ganf beftimmt mitfahren", lispelte Rogi, "aber daf halte ich perfönlich für eine ... überdenkenfwerte Idee."
"FROG", sagte Kanndra schicksalsergeben, "wird sich erkundigen."
"DOG kann niemanden stellen, beim besten Willen", brummte Glum.
Romulus nickte ernst. "Das gleiche gilt für RUM."
"Huitztli Pochtli", flüsterte Laiza. "Wenn es denn unbedingt sein muss, wird sich Suchen und Sichern nicht querstellen. Aber wir möchten ihn so bald wie möglich und in einem Stück zurück. Er ist ein äußerst fähiger Gerichtsmediziner."
Araghast winkte ab. "SuSi wird hier von allen Abteilungen belastet. Ihr schickt niemanden, auch wenn sich jemand freiwillig meldet. Das ist ein Befehl." Der Kommandeur ließ seinen Blick wieder auf den stellvertretenden DOG-Leiter fallen.
Schweigen legte sich auf den Raum wie Tau auf die Blätter eines Baumes.
"Keiner von meinen Leuten", sagte Glum.
Der Blick richtete sich wieder auf Romulus, der unter dem Blick zu schwitzen begann.
"Vielleicht kann ich Mina dazu bewegen. Sie ist zuverlässig." 'Und freut sich sicherlich über einen Urlaub', fügte er gedanklich an.
Der fordernde Blick Breguyars richtete sich erneut auf den Zwerg.
"Niemals", knurrte der Beobachtete.
"Ich vermisse eine gewisse Kooperationsbereitschaft aus deiner Abteilung."
"Wir sind durchaus kooperativ. Ich kann nur keinen von meinen Kollegen entbehren."
"Sehr gut. Da haben wir also schon drei Wächter. Kanndra, du brauchst dich nicht weiter erkundigen."
Erleichtert atmete die FROG-Vertreterin auf.
"Falls du es nicht bemerkt hast: Das waren bisher nur zwei Freiwillige, Sör", erwiderte Glum.
"Tatsächlich?", erwiderte Breguyar mit einem finsteren Lächeln. "Mit dir sind es drei. Aber damit du nicht sagst, ich wäre ungerecht und hätte einen ungerechtfertigten Groll gegen dich - den habe ich nicht, das versichere ich dir -, werde ich noch jemanden aus der Abteilung mitschicken, die in diesem Raum leider nicht vertreten ist." Gedanklich fügte er an: 'Und je weiter der weg ist, um so lieber ...'

Sondereinsatz.
Hilfe angefordert aus Domovien.

Beorderte Wächter:
- CK Sebulon, Sohn des Samax
- LK Mina Nachtschatten
- LK Glum Steinstiefel
- OG Jargon Schneidgut

Treff mit Ausrüstung am kommenden Oktotag,
Pier 17, Hafen AM.

Gez. Breguyar

Hatte es einen Sinn, sich dem Wunsch des Vorgesetzten zu widersetzen?
Mina von Nachtschatten - Verdeckte Ermittlerin in derjenigen Abteilung, die sich überwiegend mit Verschollenem und Verblichenem befasst - ließ die Zunge über ihre spitzen Eckzähne wandern. So eine lange Reise war nicht in ihrem Sinn. Es gab hier genug zu tun, was sie nur ungern liegen ließ.
Zugegeben, Fynn Düstergut würde sich freuen, dass ihm mehr Aufmerksamkeit zukam und Septimus würde sie vermutlich im gemeinsamen Büro auch nicht vermissen. Sein Ego füllte ohnehin mehr als die Hälfte des kleinen Zimmers.
Sie drehte sich um und sah die beiden Kollegen an, die an ihrem je eigenen Schreibtisch Papierkram auf die je eigene Weise bearbeiteten: Fynn formulierte einen weiteren Bericht für die Abteilungsleitung, die sich scheinbar zum Ziel gesetzt hatte, Ausdruck und Rechtschreibung des jungen Ermittler-Azubis auf ein angemessenes Niveau zu heben, bevor sie ihm die ersten eigenen Fälle gaben. Septimus hingegen knüllte alte Berichte zusammen und trainierte den Papierweitwurf mithilfe von Ayures ohnehin unordentlich zurückgelassenem Schreibtisch.
Die Vampirin seufzte. Sie vermisste die Ermittlerin, die zwar aus ihrer langlebigen Perspektive manchmal wie ein Kind wirkte, in dem aber doch ein gutes Herz schlug. Vor über zwei Jahren hatten sie sich zuletzt gesehen, einander gegrüßt, es war ein normaler Tag - und dann erschien Ayu einfach nicht mehr zum Dienst. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihr Schreibtisch gesäubert und dem nächsten Ermittler bereitgestellt wurde.
"Ich verreise", sagte sie unbestimmt. Das Geräusch von knüllendem Papier und das Kratzen von Fynns Stift erstarb. "Anweisung von oben."
"Du meinst - eine Dienstreise?", fragte Fynn aufgeregt. "Ich hab nur immer Geschichten gehört. Ferne Länder! Große Abenteuer! ..."
"Umweltverschmutzung. Reisetourismus", fügte Septimus leise aus seiner Ecke an.
"... Ruhm! Ehre!"
"Du protestierst doch, hoffe ich?"
Beschwichtigend hob Mina die Hände. "Wir sollen nur eine laufende Untersuchung unterstützend begleiten, soweit ich weiß. Die Einsatzakte ist ziemlich mager. Aber du hast Recht, Fynn, vielleicht wartet in Domovien Ruhm und Ehre? Und ich werde die Natur ehren, Septimus, keine Sorge."
"Hmpf", machte Septimus, doch dann nickte er zufrieden.
"Nur falls ich nicht zurückkehre ...", sagte Mina und kratzte sich am Hals.
"Wie meinst du das?", fragte Fynn und bekam große Augen.
"Hmm?", machte Septimus.
Hunderte von möglichen Sätzen rasten durch Minas Kopf. Den Kollegen noch einmal sagen, was sie für sie empfand. Einmal rundheraus Danke sagen. Unter dem Ansturm der vorbeibrausenden Möglichkeiten entschied sie sich schließlich für: "Ach, nichts. Bin in ein bis zwei Wochen zurück. Es wäre klasse, wenn ihr hier in der Zwischenzeit etwas aufräumen könntet." Dann griff sie die Einsatzakte, sah ihre Kollegen etwas unsicher an und winkte ihnen. "Schönen Feierabend."

Die Nacht war zu kurz gewesen. So viele Notizen, so wenig Zeit für die Entscheidung, welche er mit auf die Fahrt nehmen sollte.
Jargon stand am nebligen Hafen und klopfte sich die Arme warm. Sein Seesack, den ihm seine Großmutter Traudi genäht hatte, als er noch ein Baby war, lehnte gegen sein Bein. Er war zu etwa einem Viertel gefüllt.[1] Der Rechtsexperte hatte das Nötigste eingepackt: Wäsche für eine Woche, ein zerfleddertes Wörterbuch, einen Reiseführer für die Baronie Domovien, Schreibutensilien, eine Waschtasche, ... in Gedanken ging er immer wieder durch, ob er etwas wichtiges vergessen hatte.
"Na, Junge", knurrte es von unten und eine schartige Hand klopfte ihm unsanft auf den Rücken.
"Uff", erwiderte Schneidgut seinem DOG-Kollegen den Gruß und nickte mit schmerzhaftem Lächeln. "Noch ganz schön früh", keuchte er.
"Unsinn!", brummte Glum, "als ich noch klein war, sind wir jeden Morgen vor dem Sonnenaufgang aufgestanden und haben zwei Stunden gearbeitet, bevor es überhaupt Frühstück gab!"
'Das war damals schon erfunden?', spotteten Jargons Gedanken, doch dann sah er eine weitere bekannte Gestalt und winkte ihr durch den Nebel hoffnungsvoll zu. Gab es nicht das alte Sprichwort: Geteilter Zwerg ist halber Zwerg?
"Die Herren", grüßte Mina und setzte ihre drei Taschen mit Leichtigkeit ab.
"Guten Morgen", schnaufte Jargon und zwang sich zu einem Lächeln. Wie schaffte es eine Person allein so viel mühelos zu tragen? Der Mond kam dem verwirrten Wächter zu Hilfe, als in seinem Licht ihre Eckzähne aufblitzten. Oh, richtig, eine Vampirin.
"Hmpf", fasste Glum seine eigene Stimmung zusammen. Er steckte die arbeitsgegerbten Hände in seine Hosentaschen.
"Schon aufgeregt?", begann Mina den Smalltalk mit Jargon, dem spontan die Röte ins Gesicht schoss.
"Ist er immer", kommentierte Glum und spuckte in den Ankh. "Hibbelig wie ein Eichhörnchen im brennenden Wald."
Mina zwinkerte Jargon lächelnd zu. Entweder bedeutete das wohl, schloss der Rechtsexperte, dass der kleinwüchsige Miesepeter immer diese Laune hatte und dem keine Bedeutung zuzumessen sei oder dass dies die Art des Zwergs war seine gute Laune auszudrücken. Beides versprach eine äußerst mürrische Überfahrt.
"Wo bleibt denn unser Kameradenschwein vom Dienst?", brummte Steinstiefel.
Gute Laune, dachte Schneidgut.
In diesem Moment kam schnaufend und im Dauerlauf Sebulon um die Ecke. Sein Gepäck trug er in einem vergleichsweise kleinen Rucksack auf dem Rücken. Schlitternd kam er vor der Dreiergruppe zum stehen, schwer atmend.
"Du hast verschlafen, Jungspund?", fragte der andere Zwerg mit einem schelmischen Grinsen, das sagte: Wenn ich den Agenten ans Messer liefern kann, bin ich bereit für Größeres als die stellvertretende Abteilungsleitung ...
"Nein", erwiderte der Angesprochene, "... Zauberer ... Besorgung erledigt." Geschafft streckte er sich und grüßte die drei Wächter atemlos-freundlich.
Aus dem Nebel trat eine fünfte, weibliche Gestalt. "Fahrrrt ihrrr nach Domovien?", fragte sie sie mit genüsslichen Zungenrollen.
"Leider", brummte Glum.

Die Reise selbst verlief ereignislos und wird in dieser Schilderung der Ereignisse weiträumig übergangen. Vielleicht lohnt es sich erwähnt zu werden, dass die drei Tage, die unsere Wächter auf dem Schiff verbrachten, ihnen als die langweiligsten drei Tage ihres Lebens noch für lange Zeit im Gedächtnis bleiben würden. Sie machten unter Anleitung Steinstiefels täglich Übungen um halbwegs in Form zu sein, wenn sie am Ziel ankommen würden, was der Besatzung des kleinen Schiffes sehr gelegen kam. Nach den ersten vergeblichen Versuchen auf der Kaschemme Dauerlauf zu machen oder bei schwankender See Liegestütze zu exerzieren gab man den Wächtern Aufgaben, die körperlich fordernd waren und zugleich dem Zweck der Reise nützte. Bald schon offenbarte sich Mina mit je einem Eimer pro Seite als erstklassige Wasser-aus-dem-Bug-Schöpferin, Sebulon gab sich alle Mühe mit seinem Werkzeug notdürftige Ausbesserungen an der Holzverschalung ihres Gefährts vorzunehmen und Jargon schälte Kartoffeln. Einmal täglich bestand Glum weiterhin darauf, Übungen zum Muskelaufbau der Wächter beizubehalten, und versuchte den Rest der Zeit vergeblich die Sprache der Mannschaft zu lernen.[2]
In der freien Zeit saßen die Wächter vor der Reling oder hingen darüber, erzählten sich Anekdoten aus dem Wachealltag, hörten Jargons Zusammenfassungen des Reiseführers zu und malten sich aus, wie Domovien aussehen würde. Die Mannschaft der Harmageddon blieb vorwiegend unter sich und die Wächter sahen es ihnen nicht nach, sprachen sie doch eine Sprache mit zu vielen Konsonanten für den Geschmack der vier Gefährten.

"Tam to je!", rief es aus dem Ausguck und kurz darauf rutschte die Matrosin, die auch die Wächter drei Tage zuvor wortkarg begrüßt hatte, den Mast hinunter. "Jsme tam!"
"Už?", erwiderte das ranghöhste Besatzungsmitglied und blickte auf den Moloss hinab, der unverständig zurückstarrte und die Arme verschränkte.
"Wenn das eine Beleidigung war, dann setzt es was", brummte jener.
"Wirrr ankohmen", übersetzte die Matrosin in gebrochenes Morporkianisch und deutete an den Horizont, wo sich eine Stadt am Ufer abzuzeichnen begann.
"Wurde auch Zeit. Ich geh den anderen Bescheid sagen."

Przlan war alt. Sie war nicht so neblig wie die große Wahoonie. Und sie hatte keinen eigenen Geruch. Schnuppernd und völlig verwirrt standen die vier Wächter mit ihrem Gepäck am Pier. Der Duft von Bier war hier deutlich zu riechen, und das Meer - aber sonst ... wie konnte eine Stadt so wenig Gerüche haben ...?
Sie war klein, vergleichsweise. Man konnte am Berghang die Stadt enden sehen, auf den über hundert Türmen der Stadt klackerte es geschäftig und gelegentlich hörte man einen Hund bellen oder einen Karren über die Kopfsteinpflaster rumpeln.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, dennoch wirkte alles deutlich weniger belebt als in Ankh-Morpork.
"Meine Güte, ist das dort drüben eine riesige Brücke!", rief Jargon und unterbrach die staunende Stille, auf das den Fluss überspannende braune Monument deutend. "Ob das der berühmte Königswein ist? Der Reiseführer sagt, dass vor fünfhundert Jahren der König Eier und Milch mit dem Mörtel zusammen verarbeitet hat, um zum Bau mehr Zeit zu haben ..."
"In der Tat", antwortete in fehlerfreiem Morporkisch eine junge Frau mit braunem Mantel und blechernem Helm, unter dem blonde Locken verspielt hervorlugten. An ihrer Seite baumelte ein schartiges Schwert. "Angeblich hat er aus Übermut sogar ganze Hühner mitverarbeitet. Herzlich Willkommen in Przlan, der Hauptstadt der glorreichen Grafschaft von Domovien. Ich bin Pavla Vzkřišenková. Ich weiß, der Nachname ist etwas schwierig auszusprechen - sagt einfach Pavla. Schön eure Bekanntschaft zu machen." Sebulon salutierte, die anderen drei Wächter winkten mehr oder minder freundlich. Sie sagten ihren Namen. "Ich werde euch zur Wache begleiten. Ihr werdet vorerst bei den Rekruten schlafen, wenn das für euch in Ordnung ist."
"Was ist die Alternative?", fragte Glum.
Pavla lächelte hintergründig. "Glaubt mir, das ist die Alternative."
Sie lief voran, die Wächter hinterdrein, das Gepäck mal tragend, mal schleifend.
"In welcher Straße sind wir hier?", fragte Jargon, der sich den Weg zum Hafen zu merken versuchte.
"Das ist die Hlavní Ulice, die Hauptstraße. Schau bei den Hausnummern, da steht jedes Mal die Straße mit dran. Verhindert gewisse nächtliche Ausschreitungen durch betrunkene Heimkehrer in der richtigen Hausnummer der falschen Straße ..."
"Und wie kommt es, dass du so gut unsere Sprache sprichst, Pavla?", wollte Mina neugierig wissen.
Die domovische Wächterin grüßte eine vorbeigehende zwei-Personen-Streife und wandte sich dann der Vampirin zu: "Ich bin in der Ankertau-Gasse aufgewachsen, in Morpork. Mein Vater ..."
Glum hörte ihr nicht zu. Er war fasziniert von den Häusern, die mehr seine Größe hatten als das meiste, was Ankh-Morpork über Tage vorzuweisen hatte. Sie waren hier sehr verziert, als hätten die Bauherren nach der Fertigstellung mit dem übrigen Geld nicht eine Sause gefeiert, sondern das Haus äußerlich noch einmal herausputzen wollen. Und überall diese penetrante Abwesenheit vom Ankh ...
"Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, dass ich mal den stinkenden Fluss vermissen würde, hätte derjenige seine Zähne vom Boden aufsammeln können", brummte Glum, "Mit gebrochenen Fingern." Das kaum merkliche Nicken Jargons nahm er kommentarlos hin.
"Wisst ihr, ich bin ja schon ein wenig gereist", begann Mina, "aber diese Stadt ist wirklich hübsch."
"Und furchtbar sauber."
"Septimus würde sich freuen", brummte Sebulon in seinen Bart, woraufhin Mina von einer Wehmutswelle mitgerissen wurde. Wie lange würde dieser Einsatz wohl dauern?
Sie bogen in eine lange, recht belebte Allee ein. Von nun an schoben sie sich durch die Menschenmasse, was den Gang signifikant verlangsamte. "Am Ende der Narodní Třida ist unser Wachhaus. Klein aber unser."
"Da du gerade bei der Politik warst", nahm Jargon vorsichtig den Gesprächsfaden wieder auf, der an Glum vorbeigegangen war, "ich habe gelesen, dass Domovien eine ... äh ..." Er suchte nach den richten Worten und sein Kopf nahm einen gesunden Magenta-Ton an. "Äh ... 'eine entlegene am Meer gelegene Baronie' ist[3] ...?"
"In der Tat", sagte Pavla. "Unser Land ist, so wie es heute ist, jung. Erst vor wenigen Jahrzehnten wurde Domovisch wieder als Landessprache etabliert. Das Land selbst ist unglaublich alt, aber da wir immer wieder politisch überrollt wurden, war unsere Entwicklung immer von der Sto-Ebene und von Überwald abhängig. Darum solltet ihr euch nicht wundern, wenn ihr hier viel von eurer Kultur wiederfindet. Außerdem spricht man Morporkisch nur ungern." Sie warf Mina einen vielsagenden Blick zu. "Und spitzen Eckzähnen misstraut man."
"Verstehe", sagte die Vampirin.
"Morgen wird eure feierliche Aufnahme in die Wache sein, ihr bekommt ein Merkblatt ..."
"Aber wir können doch nicht zwei verschiedenen Ländern verpflichtet sein ...?", wandte Sebulon ein.
"Wollt ihr bei den Ermittlungen helfen oder hier Zivilisten bleiben?"
Glum schulterte sein Gepäck um und trat einen Stein aus seinem Weg. "Diese Wahl kommt mir bekannt vor ..."

Als sie das recht unscheinbare, siebenstöckige Wachhaus betraten, strafften sich ihre von der Reise müden Rücken. Die Gerüche hier waren vertrauter, Rekruten zuckten beim autoritätsbewussten Anblick der Korporäle zusammen, man salutierte voreinander ohne miteinander reden zu müssen. Die Atmosphäre hier war vielleicht weniger familiär als daheim in der Zwillingsstadt, dafür jedoch nicht weniger effektiv.
Pavla stellte zwei Rekruten mit zackigen, konsonantenreichen Befehlen zum Abtransport des Reisegepäcks in die Unterkünfte in der Dachetage ab, dann machten sie sich auf den Weg in den zweiten Stock. An einem Büro mit der goldenen Aufschrift Komandér klopfte sie an.
"Oni jsou nové strážce. Měli by nás podpořit a pomoci.", sagte die Führerin, während sie noch die Tür öffnete.
Der angesprochene Wächter hob seine Stiefel ruhig vom Tisch, nahm die Zigarre aus dem Mundwinkel, lächelte breit und sagte: "Čerstvé maso ..."
Unsicher nickend erwiderten die Wächter das Lächeln des Mannes, der offensichtlich hier das sagen hatte. Sebulon salutierte aus Gewohnheit, die anderen taten es ihm nach kurzer Überlegung gleich.
"Gu-Tentag. Aus Ankh-Morrrporrrk?", fragte der Wacheleiter mit genüsslichem Zungenrollen.
Glum nickte. "Leider. Du bist Kommandeur Wenzel, Sir?"
Das Lächeln des Leiters wurde noch etwas breiter. "Ne, nejsem. Mein Name ist Andrej Strrrkov."
Leise fügte Pavla Vzkřišenková hinzu: "Er vertritt den Kommandeur während seiner unfreiwilligen Abwesenheit vom Dienst."
Viele Gedanken schossen durch die Wächter der Ankh-Morporker: Was hatte er ausgefressen, auf welche Sauerei war er wohl gestoßen, wer hatte ihn wohl verpfiffen, galt der Auftrag noch, ...
Der frischgebackene kommissarische Kommandeur schüttelte den Wächtern mit erstaunlich wenig Kraft die Hand. Es fühlte sich an, als würde man eine Qualle drücken: Kühl, feucht und kaum Widerstand. Unwillkürlich wischte sich Mina die Hand am Rock ab.
Strkov bellte Vzkřišenková ein paar Befehle auf domovisch zu, sie wurde bleich, salutierte, bedeutete den Wächtern ebenfalls einen Gruß zu entbieten, anschließend verließen sie das Zimmer.
"Ohne aufdringlich klingen zu wollen", sagte Mina, als die Tür geschlossen war und die domovische Frau tief durchatmete, "wie kam es zu diesem plötzlichen Wechsel in der Hierarchie?"
"Und wichtiger noch", fügte Glum hinzu, "was hat er gesagt?"
Pavla seufzte. "Das Erste kann ich euch nicht zufriedenstellend beantworten, das Zweite erkläre ich euch in der Kantine."

Im vierten Stock des Hauses war die Kantine der Wache von Przlan. Durch raffinierte Feuerschutz-Systeme, Dampfabzugsrohre und zwei mit Kurbel betriebene Lastenaufzugsvorrichtungen war sie in der Mitte des Gebäudes untergebracht, sehr zur Freude jener Wächter, die im sechsten Stock das Büro oder im siebten ihre Unterkunft hatten.
Der lichtdurchflutete Raum war von dutzenden Stimmen belebt. Mit etwas Mühe fanden die fünf Wächter einen freien Tisch, schon bald hatten sie eine Mahlzeit von der Theke geholt und aßen mit dem Hunger von Seeleuten, die über längere Zeit ihre Mahlzeiten mit Fischen hatten teilen müssen.
"In zwanzig Minuten habt ihr den ersten Termin, danach trefft ihr die Wächter, die euch vom představenik zugeordnet sind. Jeder soll mit seinem Wissen gefordert werden, darum werdet ihr in den nächsten paar Tagen wenig untereinander zusammenarbeiten."
Mina nahm den Gedanken auf: "Und danach gibt es einen Großeinsatz ...?"
"Danach fahrt ihr zurück. Der Kommandeur bemüht sich um baldige Rückreise."
"Man will uns hier wohl nicht", brummte Glum. "Das ist die erste gute Nachricht, wenn ihr mich fragt."
"Aber", setzte von Nachtschatten nach, "warum klang dann die Bitte um Unterstützung so dringend, dass wir so schnell abreisen mussten?"
"Wider unseren Willen", knurrte Glum zwischen zwei Happen.
Pavla zuckte mit den Schultern. "Politik?" Dennoch schien kurz etwas in ihren Augen aufzuflackern. Bevor Mina es noch einmal versuchen konnte, wechselte ihre Führerin das Thema und begann die Zeremonie zu erklären, die sie schon bald erwarten würde.

Die Aufnahmezeremonie war albern, antik und absolut unverständlich. Die vier Würdenträger von Wache und ansässigen Gilden hielten je eine frei improvisierte Rede auf domovisch. Mina ließ ihren Blick zu ihren Kollegen und von dort aus durch den Raum schweifen. Scheinbar verstanden die Rekruten in den vorderen Reihen genausowenig wie sie selbst. In der Reihe hinter ihr plauderte man sogar.
"Dass das Essen in der Kneipe der Wache lecker ist", flüsterte Jargon ihr zu.
"Du kannst domovisch?", flüsterte sie erstaunt zurück.
Mit hochrotem Kopf erwiderte er: "Trochu. Ich dachte mir, es kann nicht schaden, ein paar Worte auf dem Weg zu lernen. Viel kann ich aber auch nicht."
Beeindruckt nickte die Vampirin. Sie konnte sich zwar in Lancre, Borograwien und Ankh-Morpork recht gut verständigen, doch dieses Domovisch mit den wenigen Konsonanten war ihr deutlich eine Nummer zu hoch.
Als hätte Jargon ihre Gedanken geraten, flüsterte er stolz: "Wusstest du, dass die domovische Sprache einen Satz ermöglicht, der nur aus Konsonanten besteht?" Er holte kurz Luft und stotterte dann: "Strč prst zkrz krk, das bedeutet ...[4]"
In diesem Moment endete die vierte Rede und die Aufnahmewilligen gingen einzeln nach vorn, um den Ritus zu vollziehen.

"Ahoj", grüßte Marek Hřichov seine ihm zugeteilte vampirische Kollegin freundlich auf verständlichem Morporkisch. "Na, wie warrr die Feier?"
Die Wächterin musterte den gerade mal neunzehnjährigen Korporal, der ihr an die Seite gestellt wurde. Der einzige alte Wächter, den sie bisher in Przlan gesehen hatte, war der kommissarische Kommandeur. Sie kam sich gute hundert Jahre zu alt vor. 'Glücklicherweise sieht man mir mein Alter nicht an', dachte sie.
Marek war klein, dicklich, hatte einen Schnauzbart und braune Augen, die sich hinter einer Hornbrille versteckten. Seine Ohren standen vom Kopf ab, in einem verzweifelten Versuch die Welt zu umarmen. Insgesamt machte er keinen allzu pfiffigen ersten Eindruck.
"Ehrlich? Ich fand sie überzogen, habe einem müden Würdenträger die Hand geschüttelt und einem goldenen Stab geschworen, dass ich ein guter Rekrut sein würde." Sie lachte und schüttelte sich. "Und einen Stab zu küssen, den schon hunderte anderer berührt haben, finde ich unhygienisch, auch wenn es dazugehört."
Die Augen des Domoven strahlten. "Ich kann den Gerrruch des Goldenen Stabes noch heute rrriechen."
Sie verdrehte die Augen. Mit diesem Kerl zusammenzuarbeiten würde eine Herausforderung werden. Der Anblick seiner naiven Augen rief ihr Gewissen wach und sie entschied, ihm noch eine Chance zu geben. Bei Gelegenheit.

Der kühle Feierabend kam schneller als vermutet. Alle Wächter der Przlaner Wache trafen sich im Stammrestaurant, dessen Titel sich nach Aussagen Mareks als 'klarer Kopf' übersetzte. Schon nach dem ersten Getränk[5] gelang es den Gast-Wächtern sich mit ihrem Getränk in das laternenbeleuchtete Halbdunkel hinauszustehlen, um leise miteinander sprechen zu können.
"Woran arbeitet ihr?", fragte Sebulon.
"Die Lebensmittelvergiftung eines Gildenoberhaupts", erwiderte Glum.
"Porzellanraub", meinte Jargon und sah sich nach allen Seiten um. Konspirative Gespräche lagen ihm nicht.
"Angeblich stöbern wir eine Schmugglerbande auf", schloss Mina die Runde und schwenkte den Wein in ihrem Glas. Das hiesige Bier hatte sie zwar versuchsweise probiert, doch Rotwein war einfach mehr nach ihrem Geschmack. Und es sah auch rein optisch appetitlicher aus, als ein urinfarbenes Getränk, fand sie. Ansprechender. Man wusste schon anhand der Farbe, dass das Getränk schmecken würde ...
Der IA-Agent rieb sich das Nasenbein. "Das ist eigenartig. Ich putze im Prinzip nur Regale."
Einen Moment lang schwiegen die anderen Wächter mit gesenktem Kopf, dann nickten sie.
"Ordner sortieren", stimmte Jargon zu.
"Kaffee kochen."
"Akten suchen."
"Kommt es nur mir so vor, dass wir wie Rekruten behandelt und von der eigentlichen Arbeit abgehalten werden?"
Die Ermittlerin wiegte den Kopf hin und her. "Ich würde unseren Gastgebern keine böse Absicht unterstellen. Andererseits würde ich etwas mehr - ach was, ich würde überhaupt mal Informationen über den eigentlichen Grund unserer Reise sehr zu schätzen wissen."
Schneidgut trank einen Schluck von seinem Tee. Versonnen spürte er seinen Schultern nach, die sich zu lösen begannen. "An Rekruten haben sie jedenfalls keinen Mangel, das haben wir in der Aufnahmezeremonie gesehen."
Nicken.
"Ich sage, wir ..."
Ein Bediensteter des Restaurants grüßte auf Domovisch und die Wächter nickten wohlwollend.
"... wir ermitteln selbst", beendete der Sohn des Samax etwas leiser seinen Satz.
"Ich weiß nicht", meinte die Vampirin skeptisch. Sicher hatte sie bisher nur Hilfsarbeiten geleistet, doch das rechtfertigte doch noch nicht ...
"Damit machen wir uns bestimmt keine Freunde", wandte der Rechtsexperte ein.
Glum lachte humorlos auf. "Dann ist es ein guter Plan. Ich kann es nicht erwarten, etwas Sinnvolles aus diesem Himelfahrtskommando herauszuholen."
Die Vampirin verschränkte die Arme. "Wir sind hier, um bei der Arbeit zu helfen ..."
"Bei den Ermittlungen", korrigierte der Mensch, "so hat es Pavla gesagt. Kann jemand eigentlich ihren Nachnamen aussprechen?"
"Ich fände Namensschilder hilfreich", brummte der alte Zwerg verdrießlich.
"Es klang wie 'Wsss-krsch-ova' oder so ...", vermutete der Jüngere.
"Konzentriert euch", unterbrach Mina die Anderen. "Mit Ausnahme von Jargon spricht keiner von uns domovisch", von zwei Seiten klopften Zwergenhände dem errötenden Menschen auf die Schulter, "und wir wissen nicht einmal, wonach es sich zu forschen lohnen würde."
Eine Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit. Die blonden Locken blitzten kurz im Widerschein der Straßenlaterne auf. "Psst", machte Pavla.
Gehorsam schwiegen die vier Wächter. Kurz darauf kamen, freundlich grüßend, zwei Kellner mit großen, stinkenden Kisten an der Gruppe vorbei.
"Mehr Leute verstehen euch, als ihr denkt", mahnte Vzkřiženková. "Ihr wollt wissen, warum ihr hier seid? Der Kommandeur Wenzel ist verschwunden, als er Ermittlungen zu groß angelegtem Organdiebstahl in Angriff nehmen wollte. Danach solltet ihr euch umhören, aber unauffällig. Und übrigens ist es Wss-krschhhh-en-ko-vaaa."
Von Nachtschatten hob eine Augenbraue, ließ sie aber wieder sinken. "Welches Interesse hast du eigentlich daran, dass wir uns um diesen Wenzel kümmern?"
"Ich mag Strkov nicht sonderlich."
"Das ist alles?"
Die domovische Wächterin senkte ihre Stimme noch etwas weiter. "Wenn ich Glück habe, finden wir nebenbei heraus, ob Komandér Wenzel noch lebt."
Jargon wechselte die Gesichtsfarbe schlagartig und passte sich Minas Teint an.

Die Nacht verbrachten die Wächter in getrennten Zimmern im Nebenflügel der Wache. Fließendes Wasser, ein Schreibtisch, ein Stuhl und eine fast komfortable Pritsche waren im Zimmer vorhanden.
Mina fiel es nicht leicht einzuschlafen. Sie dachte über diese merkwürdige Reise nach. Jargon und Glum schienen nicht so gut miteinander klar zu kommen. Und Sebulon war ihr noch immer ein Rätsel, auch wenn sie ihn irgendwie mochte.
Was sollte sie von dem kommissarischen Kommandeur der Przlaner Wache halten? Er war die Sorte Mensch, den man nicht gern in der Rangfolge über sich hatte. Und Marek, ihr Hilfswächter, war von der Sorte, die man gern in der Rangfolge unter sich hatte. Wenigstens mochte sie Pavla. Sie wusste wirklich nicht viel über sie - und jetzt wollte sie Unterstützung?
Eine sehr seltsame Reise war das.
Wie hieß Pavla doch mit Nachnamen ...? "Wisskisch... nein ... Wisskrisch... Wisskschrisch ...", murmelte Mina und schlief darüber ein.

Am nächsten Morgen reichte Hřichov der ihm zugeteilten Wächterin im Archiv einen Ikonographen.
"Dnes kopírujeme. Heute machen wirrr ..."
Entnervt nahm Mina das Gerät entgegen. "... Kopien, ich verstehe schon. Spricht der Ikonographierdämon meine Sprache?"
"Co řekla?", zischte es aus dem Gerät. "Pojďme začít už? Nejsem ještě hotov, hlupáci!"
"Vermutlich nicht."
"Co řekla, sakra?!"
Der junge Domovier reichte der Vampirin zwei dicke Ordner. "Das sind Rrrechnungen und derrrgleichen. Davon brrrauchen wirrr Kopien. Ich lasse euch jetzt arrrbeiten. Habe gleich Besprrrechung"
"Co řikaš? Jak se budu s vámi? Jsem profesionál, sakra!"

Nach einer halben Stunde einsamen ikonographierens von Zahlen und Ziffern und gelegentlichen unverständlichen Flüchen des Dämons klopfte es an der Tür. Ein grinsender Zwerg mit geflochtenem Bart betrat das gedämpfte Licht des Archivs.
"Sebulon?", fragte Mina überrascht. "Wo ist dein Partner?"
"Er reichte mir einen Wischmop und sagte 'Heute wenden wirrr uns dem Aborrrt zu.' Daraufhin muss er dann wohl über den Wassereimer gestolpert und hingefallen sein. Auf jeden Fall hat er jetzt eine Beule am Kopf, ich hab ihn noch ins Lazarett gebracht. Die positive Seite ist, dass ich jetzt ein bisschen mehr Freiheit habe, was meine Arbeit hier angeht."
"Mein Partner hat mich hier alleine gelassen. Ich habe zwar einen Ikonographiedämonen, aber der versteht mich nicht. Selbst wenn ich hier etwas Spannendes finden würde, könnte ich es nicht verstehen, selbst wenn 'Organdiebstahl' in Großbuchstaben der Titel der Akte wäre."
"Co se děje teď? Nerozumím vubec nic! Do prdele!", keifte es aus dem Kasten.
Der Zwerg hob die Augenbrauen. "Das klang nicht sonderlich freundlich."
"Manche Dinge sind eben auch anderswo gleich", erwiderte die Vampirin gleichgültig und tätschelte den Ikonographenkasten, was dem Dämon weitere, dem Klang nach deutlich heftigere Flüche entlockte. Dann wandte sie sich ihrem Kollegen zu. "Hör zu: Ich bin gleich mit der Akte hier fertig, dann kann ich mich ein bisschen in den Akten umsehen. Vielleicht finde ich ... irgendetwas, das ich lesen kann?" Sie klang wenig zuversichtlich. "Glum wird wohl klar kommen. Schau du bitte nach Jargon."
"Kann ich machen." Bei dem Gedanken daran, wie es Glums zugeteiltem Partner ergehen mochte, schlich sich ein schadenfrohes Lächeln auf seine Lippen. "Wir treffen uns dann heute Abend im Restaurant."

Sebulon hatte seine beiden Kollegen erfreulich schnell angetroffen, sie unterhielten sich im erstaunlich menschenleeren ersten Stock des riesigen Wachegebäudes.
"Oh, hallo, Sör", grüßte Jargon den zweiten Zwerg.
"Lassen wir das, bis wir zurück in unserer eigenen Wache sind", winkte dieser ab. "Wo sind eure beiden Aufpasser?"
Simultan deuteten zwei Daumen auf die Tür, vor der sie standen. "Seit einer halben Stunde in einer Besprechung", erwiderte der Obergefreite, konnte jedoch das nachklappende "Sör" nicht verhindern, was ihm einen bösen Blick seitens des Chief-Korporals einbrachte.
"Dem Klang nach", meinte der Lance-Korporal, "schlafen sie seitdem: Chrrrr-prrrrrtsch, chrrrr-prrrrrtsch, ..." Er verdrehte die Augen. "Ich werde drei Kreuze machen, wenn ich wieder daheim bin."
"Bei Emilia und deiner Tochter, meinst du?", erwiderte der Püschologe.
Der Moloss legte die Stirn in Falten. "So gesehen ..."
Sebulon winkte ab. "Ich habe euch gesucht. Mina ist gerade im Archiv und schaut sich dort um. Mein Mitarbeiter hatte einen ... äußerst unglücklichen Unfall, ich kann mich also unauffällig umhören. Und ihr ..."
Diesmal winkte Jargon fachmännisch ab. "Wir sind dir schon einen Schritt voraus, Sö..Sebulon. Der ehemalige Kommandeur Wenzel ist im Kellergeschoss. Er sitzt in Isolationshaft, bekommt allerdings regelmäßig Verpflegung - und zwar durch meine Kollegin, die sich wirklich Mühe gibt, mein domovisch zu verbessern." Seine Gesichtsfarbe wechselte von Kirsche zu Bordeaux.
"Und mein Gefreiter hat sich als unseren Erkundungen zugetan herausgestellt", ergänzte Glum mit einer Spur von Genugtuung. "Er hat Jargon und mir etwas Zeit verschaffen wollen und dieses 'Mítink' angeleiert. Lange kann es wohl nicht mehr dauern."
Beeindruckt nickte der Agent. Das lief weitaus besser als befürchtet. "Glum, kannst du mit deinem Kontaktmann gemeinsam schauen, ob es seit dem Absenden des Auftrags an Ankh-Morpork ungewöhnliche Gildenaktivitäten in der Stadt Przlan gab?"
Der Moloss atmete tief durch, nickte jedoch.
"Jargon, wir beide schauen uns im Büro vom Kommissarischen um und überlegen uns dann, wie wir ein Wort mit dem Wenzel wechseln können ..."
"Was, jetzt?", fragte der Obergefreite panisch und sah sich um. "Aber jeden Moment ..."
Glums von Arbeit gegerbte Hände klopften dem Menschen auf die Schulter. "Du bist auf dem Abort, ich sag Bescheid. Viel Erfolg, Junge."
Auf der Treppe flüsterte Sebulon Jargon grinsend zu: "In seinen Augen bist du schon ein halber Zwerg."

Nachdem Mina den Ordner bis zum bitteren Ende ikonographiert hatte und der Ikonographiedämon in einer Abstellkammer verstaut war[6], machte sich die Ermittlerin über die Regale von Akten her.
Sie arbeitete gern allein, fiel ihr auf. Man musste sich nicht auf andere verlassen oder anderen erklären, weshalb man diese Akte nahm oder jene übersah. Und nicht zuletzt konnte in der eigenen Geschwindigkeit arbeiten, was in Minas Fall ziemlich flink war.
Eine Personalakte von Kommandeur Wenzel oder von diesem Strkov fand sich in dem Archivraum nicht, wohl aber jene von Pavla Vzkřišenková. Der erste Vermerk zu ihr wurde vor zwei Jahren angelegt, lange war sie also noch nicht in der Przlaner Wache. 'Aber Pavla wirkt nicht ganz so jung wie alle anderen', dachte sie. Aus dem Rest der Akte wurde sie nicht schlau.
Sie stieß auf Korrespondenzen zwischen Domovien und Ankh-Morpork. Die Akte konnte sie lesen, war jedoch leider recht dünn und wenig aufschlussreich. Man unterhielt freundschaftlich-diplomatische Beziehungen seit etwa hundert Jahren, die gewöhnlich durch einen kleinen Krieg oder irgendein Embargo unterbrochen wurden. Der letzte Aktenvermerk war vom Tage ihrer Ankunft. Strkov setzte Breguyar davon in Kenntnis, dass die Wächter bald zurückkehren würden. "Unverrichteter Dinge", wie es hieß.
Etwa zwei Stunden lang suchte sie weiter. Die dünnen Finger der Vampirin glitten über Ordnerhüllen und Papierseiten. Unverständlich, domovisch, schlechte Handschrift, zu wenig Vokale, unverständlich, ...
Schließlich entschloss sie sich, die Suche sein zu lassen, und steckte die Finanzordner wieder an ihren Platz. Dabei fiel ein lilafarbener Brief aus einem der Ordner, den sie nicht geöffnet hatte, weil er ihr ganz am Anfang dieser staubreichen Schicht untergekommen war. Nun überkam sie die Neugier. Der Inhalt war ernüchternd und zugleich äußerst verwunderlich. Und sie konnte ihn wider Erwarten entziffern, denn er war auf überwaldisch verfasst.

Lieber Freund,

entsprechend unserer Abmachung gilt
die Nullung der Kosten für das Restaurant
'Lehká Hlava' für alle Wächter Domoviens,
die eine Dienstmarke vorweisen können
für drei Jahre, beginnend mit dem
Jahr des randalierenden Zwerghamsters.

Keine Unterschrift, kein Adressat. Merkwürdig.
Mina steckte den Brief in eine Tasche ihrer Uniform und verließ das Archiv.

Das Büro war geräumig. Als sie das erste Mal darin gestanden hatte, war Jargon zumute gewesen, als stünde er allein in einem tiefen Tal, vor sich den schneebedeckten, Zigarre rauchenden Berg Strkov. Regalwolken flogen an Schneidgut vorbei, Bilder vorangegangener Wachoffiziere lächelten düster aus den Bildern auf den Eindringling herab; beugten sich gleichsam aus den Rahmen heraus, um einen besseren Blick in die Tiefen des Tales auf den bedeutungslosen Wanderer zu erhaschen.
"Ein Glück, es ist leer. Du schaust dich hier drinnen um - wenn Strkov kommt, pfeife ich", flüsterte ihm Sebulon zu und schloss die Tür hinter sich.
Der Raum war so still, dass sogar sein Schleichen auf dem Teppich noch wie das Schmirgeln von Sandpapier klang.
Eilig sah sich Schneidgut um, zunächst auf dem Schreibtisch - er konnte zwar einige Worte entziffern, hatte jedoch kein Wörterbuch am Mann. Ein Ablagestapel mit Wächterakten war mit "Smrt" beschriftet. "Tod", flüsterte er. Der Stapel war beeindruckend hoch. 'Kaum anders als bei uns', dachte er. Seine Finger strichen mit Respekt über die Namen der verblichenen Rekruten: Chytrová, Macek, Nespravedlivostová, Slunečko, Dědečeková, Kohoutek, Wenzel, ...
"Bei Offler!", entfuhr es dem Wächter. Er zog die Akte aus dem wackligen Stapel heraus und hielt sie auf Armeslänge Abstand vor sich. Das bedeutete nichts Gutes.
Er wollte gerade dem Zwerg Bescheid geben, als ihm in der Ecke des Raumes eine Tür auffiel, die vom Eingang aus durch einen Schrank geschickt kaschiert war. Mit klopfendem Herzen schlich der Wächter zur drehwärtigen Seite des Raumes, rollte die Wenzel-Akte zusammen und steckte sie in seine Hosentasche, drückte sanft die Klinke herunter und betrat ein mindestens genausogroßes Zimmer, in dem sich zur Überraschung des Rechtsexperten keine domovischen Folterwerkzeuge verbargen, sondern ein großes Bett, ein Kleiderschrank, eine achatene Papierwand zum Umziehen und an der Wand eine phantasievolle Zusammenstellung von Werkzeugen. Hilfsmittel, die er vom Hörensagen aus Geschichten über die Näherinnen kannte, jedoch noch nie gesehen hatte. Und eigenartigerweise fanden sich dort auch einige frische und blankpolierte Gemüse: Radieschen, Gurken, Lauch, Zwiebeln.
"Bei Offler", seufzte er ein zweites Mal. Wo war er hier hineingeraten ...?
War das ein Pfeifen gewesen? Jargon wirbelte herum. Die Tür war hinter ihm zugefallen. Da, das Klappen einer Tür!
Schwitzend und panisch sah Jargon von dem auf einmal recht klein wirkenden Kleiderschrank zur achatenen Papierwand und wieder zurück.

Der kommissarische Kommandeur Strkov zog die Näherin an sich. "Möchtest du das Spielzimmer des Kommandeurs sehen?", flüsterte er seiner Geliebten auf Domovisch zu.
Sie kicherte mit tiefer Stimme und küsste ihn auf dem Mund. "Andrej, du willst mich wohl verhören?"
Er legte die Hand auf die Klinke und ließ die Tür in den Schlafraum hinein aufschwingen. Hätte er etwas mehr Interesse für den Zustand seines Zimmers bewiesen, wären ihm Stiefel und Hintern eines sich hinter der Papierwand zusammenkauernden Eindringlings aufgefallen.
Mit einem siegreichen Lachen hob Strkov die üppige Näherin auf seine Arme und schritt in Richtung Bett.
Der Kommandeur zu sein hatte gewisse Vorteile. Er hatte vor, sie auszukosten.

Nach knappen zehn Minuten klopfte es eindringlich an der Tür. "Pane šéf", rief es von draußen, "Pane šéf! Máme velký problém!"
In Windeseile sprang Strkov aus den größten Freuden heraus, in eine Hose hinein, warf sich ein Hemd über und öffnete die Tür. "Co?!", brüllte er und warf die Tür hinter sich zu. Kurz darauf konnte man leiser werdende Erklärungen und wiederum laut eine zweite Tür klappen hören.
"Ahoj tě, maličku", hauchte die Näherin dem Wächter zu und steckte sich eine Zigarette an.
"Dohbrüh ... äh ... denn?", stolperte der entdeckte Jargon, erhob sich zitternd, wurde der Nacktheit seines Gegenübers gewahr und drehte sich dann höflich wieder um. "Ich wollte gar nicht stören, ich ..."
"Ta-ta-ta", machte die Näherin und wedelte mit einer manikürten Hand. "Es hatte einen gewissen Rrrreiz. Du bist aus Ankh-Morrrporrrk, maličku?"
Alles, was Jargon unter intensivem Schlucken und Atmen herrausbrachte, war ein: "Ja ..."
"Grüß meine Cousine Mya von mirrr, wenn du zurrrück bist. Sie arrrbeitet fürrr euch, in derrr Sprrringstrrraße."
"Oh, Mä'äm."
"Und jetzt geh bitte, ich möchte in derrr rrrichtigen Stimmung sein, wenn Andrrrej zurrrückkommt."
"Äh, ja, Mä'äm", antwortete Jargon mit hochrotem Kopf. Ihm war schwindlig. "Schönen Tag noch, Mä'äm. Und viel Spaß. Ähem."
Eilig schloss er die Tür hinter sich, drehte sich um - und sah sich einer überraschten Mina gegenüber. "Wie ...?"
Eine Sekunde lang suchten beide nach den richtigen Worten, dann griff die Vampirin seinen Arm und zog ihn fort. "Weg hier. Erklär's mir später."

Der Biergeruch schlug den beiden Wächtern um die Nase, als sie das Haus verließen. Der Ankhgeruch fehlte Mina auf eine abstoßend befreiende Weise. Der Duft von Malz und Hefe ließ dafür in ihr den Wunsch nach einem kühlen Bier aufsteigen - doch dazu war gerade keine Zeit.
"Was in aller Welt hast du in diesem ... Schlafgemach verloren gehabt?", keuchte sie. "Und ich möchte keine Details."
Mit zitternden Händen zog Jargon die zusammengerollte Wenzel-Akte aus seiner Hosentasche. "Ich dachte, ich finde noch mehr - und dann kamen plötzlich ... und haben ... urgh." Verstört verzog er das Gesicht. "So schnell möchte ich keine Gurken mehr sehen."
"Hierrr seid ihrrr", rief eine dunkelhaarige pummelige Wächterin, woraufhin Jargon eilig die Akte hinter seinem Rücken versteckte. "Kde byli jste? Wo warrrt ihr?"
"Wesachodde ...?", bemühte sich Jargon. "Also ... ich war auf dem Abort." Er lächelte unsicher.
"Sehrrr lange", kommentierte die Wächterin und verschränkte die Arme.
Mina ordnete ihre vom Rennen etwas aus der Frisur geratenen Haare. "Bis eben habe ich im Archiv Rechnungen kopiert. Gerade bin ich hier raus gekommen, um zu schnappen, was in dieser Baronie frische Luft sein soll. Mina von Nachtschatten, im Übrigen. Darf ich fragen, wer du eigentlich bist?"
"Das ist Jarmila Roskovecová. Sie arbeitet mit mir zusammen."
Die Wächterinnen gaben sich die Hände. "Derrr 'Komandér' Strrrkov fragt nach euch. Errr warrrtet im ... wie sagt man? Ah, im Chof chinter dem Chaus."
Als sie Jarmila folgten, dachte Mina darüber nach, dass Jargon diese Sprache in einem unglaublichen Tempo in sich aufzusaugen schien. Woher kam diese beeindruckende Sprachbegabung?
Als sie das Wachgebäude mit langen Schritten durchquerten, von Rekruten mit missbilligenden Blicken bedacht, kam ihr in den Sinn, wie viele Domovier wohl ständig heiser sein mussten, bei den ganzen Reibe- und Kratzlauten, ohne die diese Sprache nicht auskam? Über die Hälfte, entschied sie. Wie jemand aus Quirm mit dieser Sprache zurechtkommen mochte ...?

Strkov schritt - noch immer spärlich bekleidet - vor den drei Wächtern auf und ab. "Ihrrr seid eine Krrrankheit!", stellte er fest.
"Neismäh ... äh ... nämotznie", holperte Jargon korrigierend.
"Rrruhe! Ich weiß, dass ihrrr nicht krrrank seid - ihrrr seid wie ein Schnupfen! Eine Krrrankheit!"
Mina runzelte die Stirn. Sie wollte sich zu ihrer Nachbarin Jarmila umdrehen und etwas flüstern, doch dann bemerkte sie, dass die Domovin betreten zu Boden starrte, als hätte sie etwas ausgefressen.
"Wie ein Schnupfen", fuhr der kommissarische Kommandeur gestikulierend fort, "den man nicht aus Nase bekommt, und dann kitzelt es und juckt und schließlich wünscht man sich Nase forrrt. Aber ihrrr ..."
Jargon schluckte. Der Schweiß lief ihm über die Stirn, als er heftig atmend versuchte seine Erinnerungen an die letzte halbe Stunde fortzudrücken. Das war einer der Momente, in denen Mina froh über ihre vampirische Natur war. Es ließt die Vampirin kalt, dass sie in Gefahr war, weil sie ohnehin zum größten Teil nicht mehr lebte.
"... seid in den Kellerrr eingebrrrochen und habt Gefangene befrrreit!"
"Was?", riefen beide Wächter wie aus einem Mund. Nur Jarmila sah betroffen zu Boden.

Andrej Strkov führte die drei in den erstaunlich gut bewachten Kellertrakt dieser Wache, wies sie wortlos in einen dunklen Raum und schloss hinter ihnen die Tür. Dann hörten sie hinter verschlossener Tür Befehle bellen und schließlich war es still. Unsicher, was sie tun sollten, drehten sich die Wächter zum Licht hin und fanden verblüfft ihren Kollegen vor.
"Ich habe euch doch schon gesagt, was ich weiß!", brummte Samax' Sohn und setzte sich wieder auf einen unbequemen Holzstuhl an den schartigen Tisch.
Mina und Jargon sahen sich an. Das war eine wirklich beeindruckende Verhörsituation. Eine Glasscheibe trennte sie von ihrem Kollegen, sie konnten ihn durch Schalllöcher in der Wand hören und der Verhörraum war durch eine geschickte Lichtkonstruktion so stark erhellt, dass dem verhörten Zwerg innen zwar die Augen tränten, jedoch nahm er das Glas als spiegelnd war und konnte nicht sehen, dass er beobachtet wurde.
"Mit wem unterhält er sich?", fragte Mina die Wächterin, die sich neben ihr die Nase an der Scheibe plattdrückte.
"Nevím", erwiderte Jarmila.
"Sie weiß nicht", sagte Jargon, wieder den Zwerg beobachtend. "Allerdings glaube ich, dass Sebulon mit einem Wächter redet ... der nicht da ist."
Mina nickte langsam. Bisher war er nicht durch sein übliches Verhalten aufgefallen. Wie lange war er eigentlich schon so eigenartig? Seit sie einander kannten? Schon immer? Und wo steckte eigentlich Glum?
"Also gut, nochmal", fuhr der Püschologe sein Selbstgespräch fort. "Ich bin die Treppen hinuntergerannt, weil der Kommandeur nicht in seinem Zimmer war, auf dem Weg bin ich kurz Mina von Nachtschatten begegnet ..."
Der Vampirin schoss durch den Kopf, wie der Zwerg an ihr vorbeigeschossen war und ihr zurief: 'Hol Jargon aus dem Hinterzimmer, sobald der Kommandeur sein Büro verlässt!'
"... habe sie gegrüßt und bin ins Erdgeschoss, denn ich war auf der Suche nach einem Abort ..."
Er war kein schlechter Lügner. Sein Gesicht verriet kaum die Anstrengung die Wahrheit zu verbergen. 'Er belügt sich gerade selbst', schoss es ihr durch den Kopf. 'Er hatte irgendetwas vor.'
"... als ich die ganze Aufregung mitbekam. Alle liefen durcheinander, Türen wurden geschlossen, man hielt mich fest - und jetzt bin ich hier. Ehrlich gesagt muss ich noch immer recht dringend."
"Er lügt nicht, oder?", fragte Mina Jargon. Der jedoch nickte nur.
Jarmila räusperte sich. Strkov hatte den hellen Raum betreten.
"Wo ist Wenzel?", fragte der Komandér.
"Oh-oh", meinte Jargon.

Das Verhör am Püschologen war beendet. Man hatte den Zwerg schließlich aus dem Zimmer begleitet. Nun stand Strkov wieder im Nebenzimmer vor den drei Wächtern und sah sie verächtlich an.
"Habt ihrrr noch etwas zu sagen?"
"Wir haben keine Ahnung, wo dieser Wenzel ist", jappste Jargon panisch. Seine Beine schlotterten beim Gedanken, dass er ebenfalls verhört werden könnte.
Mina nickte nüchtern. "Er sagt die Wahrheit."
Jarmila schwieg nur.
Der kommissarische Wacheleiter stöhnte und ballte die Hände zu Fäusten. Dann bellte er zwei Wächternamen, woraufhin sich die Tür öffnete und sich zwei untersetzte, grimmig dreinblickende Kollegen Jarmilas mit gezogenem Schwert zu ihnen gesellten.
Strkov bleckte die Zähne. "Hausarrrest."

"Wenigstens gönnt man uns gegenseitig Gesellschaft", seufzte Mina.
Jargon nickte. Sein Blick suchte Jarmila, die jedoch nur auf ihrem Notizblock vor sich hin kritzelte.
Außer den drei Wächtern, den Stühlen auf denen und dem Tisch vor dem sie saßen, war der Raum im vierten Stock, in den man die drei gesperrt hatte, praktisch leer. Die Wände waren weiß und glatt, das von der Abendsonne noch helle Fenster vergittert. Von draußen klangen leise geschäftige Straßengeräusche in das Zimmer.
"Eigentlich komisch", fuhr sie fort, "dass man uns nicht einzeln sperrt. Immerhin denkt man, dass wir etwas mit dem Verschwinden des verschwundenen Wenzel zu tun hätten."
Die domovische Wächterin riss zwei der gerade beschriebenen Seiten ab und reichte sie Schneidgut. Der überflog den Text, formte mit dem Mund ein stummes "Oh" und gab das Papier an von Nachtschatten weiter.

Still. Kein Wort. Man hört uns zu. Wir sollen uns verraten durch Pläne sagen.
Ihr seid gute Leute. Strkov denkt, ihr dumm.
Ich weiß, wie Flucht von Komandér Wenzel. Habe geholfen nach Mítink, früher.
Wenzel lebt, ist in Sicherheit. Ihr könnt helfen. Bitte helft.

'Ach du meine Güte', dachte Mina, 'in diesem Land ist wirklich jeder Teil einer konspirativen Verschwörung.' "Tja, und was machen wir nun?", fragte sie vielleicht etwas lauter als nötig gewesen wäre. "Sieht mir ganz so aus, als gäbe es nichts mehr zu tun. Wir können nur noch die Hände in den Schoß legen und auf das Schiff zu warten, das uns zurück nach Ankh-Morpork bringt." Sie sah Jarmila hoffnungsvoll an, doch diese war bereits wieder ins Schreiben vertieft.
"Ja, Ankh-Morpork", pflichtete Jargon bei, "ich vermisse die große Wahoonie. All das Geschrei und die ... äh ... Gerüche. Und grimmig dreinblickende Zwerge."
"Man fragt sich schon, was sie so machen, die lieben Kollegen", nickte Mina und deutete nickend auf ihre Stiefel.
Papier riss und ein weiterer Zettel machte die Runde.

Zwerg arbeitet mit Freunden von Wenzel. Wird Kontakt machen mit uns, wenn Zeit ist.
Jetzt reden über das, was nicht-wichtig.

Schneidgut und von Nachtschatten sahen sich an. Worüber konnten sie miteinander reden?
"Sag mal", begann sie, "was machst du eigentlich in deiner Freizeit? Also außerhalb vom Dienst. Ich weiß so wenig über dich ..."
"Ach, ich, also", druckste er herum. Als er auch die neugierigen Blicke Jarmilas bemerkte, begann er zu schwitzen. "Ich ... zeichne."
"Oh, ich dachte immer, du würdest lieber schreiben."
"Tja, so ist das", erwiderte er ausweichend und faltete die Hände ineinander. "Ich zeichne, aber nur so mittelmäßig. Und manchmal sehe ich einen Klicker."
"Kennt ihrrr domovische Klickerrrerrr?", fiel Jarmila mit großen Augen, in denen Nationalstolz aufblitzte, dazwischen. "Pan Oblek? Krrraken im Chinterrrchaus? Drrrei Walnüsse für Aschenbrrrödel?"
Beide Wächter mussten passen und die Domovin nahm enttäuscht wieder eine zurückhaltend-neugierige Körperhaltung ein.
"Was ist mit dir?", nahm Jargon den Faden auf. "Was ... tust du, wenn du nicht arbeitest?"
Mina strich sich ein Haar hinter das Ohr. "Nicht schlafen", sagte sie seufzend.
"Vampire müssen schlafen?", fragte Jargon überrascht.
"Du bist ein upír?", hauchte Jarmila und ihre Augen weiteten sich erneut. Ihre Hand hob sich unwillkürlich schützend zum eigenen Hals.
Die Vampirin nickte und lächelte mit entblößten Eckzähnen. "Ich komme aus Überwald und in Ankh-Morpork kann man normal leben, wenn man die Nahrungsgewohnheiten etwas einschränkt."
Jargon zuckte mit den Schultern und nickte. Manche Dinge waren zwar gruselig aber in AM ganz alltäglich. "Es gibt die Schwarzbandler in AM, weißt du", versuchte er die Domovin zu beruhigen, "sie schwören kein B... - sie haben alternative Ernährungsoptionen und müssen niemanden beißen."
Mina nickte. "Was das angeht, bin ich schon eine ganze Weile ... trocken."
Es war Jarmila nicht anzusehen, ob sie das beruhigte oder ob ihr Verstand nach Möglichkeiten suchte, wie die Vampirin trotz dieser Zusage noch gefährlich sein konnte. Jargon nahm also den verlorenen Gesprächsfaden wieder auf: "Irgendein Hobby hast du doch sicher, oder?"
Sie schüttelte nur den Kopf. Wie war das eigentlich in der Zeit vor der Wache? Sicher, sie hatte hier und da etwas Kultur genossen, hatte das eine oder andere Buch verschlungen, aber ansonsten konnte sie sich in diesem Moment nicht mehr daran erinnern, was sie gern jenseits des Broterwerbs getan hatte.
"Auch früher nicht, als du noch in Überwald warst?"
Von Nachtschatten stöhnte abfällig. "In meiner Familie waren die Jagd und solche Sachen zum Zeitvertreib üblich. Ich hatte dafür nie sonderlich viel übrig. Allerdings wollte ich schon immer mal ein Instrument lernen. Ich ..."
Auf einmal klopfte es an der Tür. Marek öffnete, einen in eine Kutte gehüllten Gnom auf der Schulter.
"Wirrr machen Spazierrrgang. Anordnung des Komandér. Mitkommen."
Jarmila machte angesichts des Gnoms große Augen und beeilte sich aufzustehen. Jargon und Mina hingegen blieben recht gelassen sitzen. "Und wohin, wenn ich fragen darf?", erkundigte sich die Vampirin in trockenem Tonfall.
"Essen", erwiderte Hřichov und kniff kurz kräftig beide Augen zu.
Ein prüfender Blick zu Jarmila, die nachdrücklich nickte, ließ die Wächter dann doch aufstehen, wenn auch etwas widerwillig. Geordnet verließen sie das Zimmer, das hinter ihnen verschlossen wurde, den Gang, die Etage und schließlich das Wachhaus.
"Danke, dass ihr keinen Widerstand geleistet habt", ergriff schließlich mit einer angenehmen Bassstimme und in gutem Morporkisch der Gnom das Wort und warf die Kapuze nach hinten, sodass sein glattgeschorener Kopf zum Vorschein kam.
Jargon lief direkt vor dem eskortierenden Wächterduo und hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. "Warum? Wird es so leichter, uns aus dem Weg zu schaffen?", fragte er ungewohnt zynisch.
Lachend schüttelte der Gnom den Kopf. "So würde ich das nicht nennen, auch wenn es den Kern der Sache trifft. Wir bringen euch zu eurem Kollegen, dem Zwerg."
Durch Minas Gedanken rauschte eine Welle des Erschreckens. War Sebulon etwa auch ausgebrochen? So viel kriminelle Energie hatte sie ihm eigentlich nicht zugetraut ...
"Im Übrigen müsst ihr mir bitte meine Unhöflichkeit entschuldigen", fuhr der Gnom fort, als sie nach links abbogen und einen Park durchquerten, "ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Wenzeslaus, ihr könnt aber gern Wenzel zu mir sagen, so nennen mich im Prinzip alle."
Mina blieb überrascht stehen und brachte somit die ganze Gruppe inmitten der kaum belebten abendlichen Parkanlage stehen zu bleiben. Ihre Gedanken rasten. "Etwa DER ...?"
"Eben der."
"Aber ..."
"Ja?"
"Du bist ein Gnom."
"Wie du siehst."
"Wie bist du ...?"
"Das ist schnell erzählt: Marek hier hat heute Mittag der jungen Vzkřišenková davon erzählt, wo ich gefangen gehalten wurde, gemeinsam haben sie so schnell gehandelt, wie es möglich war, mich befreit und neu eingekleidet, damit ich nicht mehr so auffalle. Wenn wir jetzt bitte weitergehen können, unsere Verabredung wartet bereits auf uns."

"Ratet, was ich gefunden habe!", grüßte der Moloss ungewöhnlich freudig und winkte die Wächter an den Tisch, an dem ebenfalls zwei weitere domovische Kollegen saßen: Ein junger Mann mit Stoppelbart und - Pavla. Man hatte bereits bestellt, Tee und Kekse standen zum Verzehr bereit.
Die Ermittlerin war nicht zu weiteren Ratespielen aufgelegt. Die Tatsache, dass der verschollene Kommandeur der Przlaner Wache sie gerade aus dem Wachhaus geholt hatte, lag ihr noch schwer im Magen. Dass Glum davon kein Bisschen überrascht schien, hob ihre Laune nicht. "Eine tote Ratte in deinem Mittagessen?", spottete sie. Sie setzten sich.
"Korruption!", grinste der alte Zwerg. "Mina, Jargon, das hier sind Marek, Pavla, Wenzeslaus - ihr kennt euch ja schon - und Vlk."
"Wilk?", wiederholte Mina.
Der angesprochene Wächter nickte. "Ist Wolf", erklärte er.
Der begeisterte DOG-Mitarbeiter war in seinem Redeschwall jedoch nicht zu bremsen. Mit den Händen den Stand der Dinge untermalend, erklärte er: "Die Archive der hiesigen Gildenobservationsabteilung sind dreimal so groß und viermal so dreckig wie unsere - und glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede! Wenzeslaus hat mir ein paar gute Hinweise gegeben, wo ich suchen muss - und die Wahrheit ist: Es arbeiten fast nur alte Wächter in der Abteilung und sie sind durchweg korrupt, wenn die Zahlen nicht lügen!"
"Zahlen lügen nicht", meinte Jargon für seine Verhältnisse recht gelassen.
Die Vampirin nickte beeindruckt. "Hast du eine Liste?", erkundigte sie sich.
"Haben wir", meinte Pavla. Sie rührte ihren Tee um. "Strkov steht ganz oben drauf."
"Aber das ist nicht alles", fuhr Glum fort. "Während ihr Stubenarrest hattet, hab ich herausgefunden, wer im letzten Jahr das meiste Geld in die Wache gesteckt hat. Ihr erratet es nie!"
Während Jargon versuchte möglichst sozial zu wirken, seinen Tee umrührte und Glum vor Augen hielt, dass er den Nachmittag voll Verhör und Stubenarrest gern gegen lustige Archivarbeit eingetauscht hätte, dachteMina nach. War da nicht etwas mit einem farbigen Umschlag gewesen? Was hatte auf dem Zettel gestanden ...? Ihre Hände glitten in die Taschen ihrer Uniform und fanden nach kurzem Suchen den Brief. Sie entfaltete ihn, beobachtet von ihren Mitwächtern, warf einen kurzen Blick darauf und reichte ihn Pavla.
"Ježišmaríe!", stieß die Domovin aus. "Das ist der Name des Restaurants - weiß Gott, wovon der Text handelt ..." Mina nahm dies zum Anlass, den Inhalt grob zu übersetzen. "Wo bei allen Göttern hast du das her ...?", fragte Vzkřišenková entgeistert.
Nach einer kurzen Erklärung, die den weggesperrten Dämon nur am Rande erwähnte, mutmaßte Glum: "Da muss der Umschlag mit der Zusage der Gegenleistung für das Stillschweigen wohl zwischen unwichtige Unterlagen gerutscht und mit abgeheftet worden sein."
"Trotzdem ist es interessant, dass er nicht auf domovisch verfasst ist", meinte Mina. 'Und dass man so ein verräterisches Dokument nicht sorgsamer behandelt hat. Entweder ist dieser Strkov ein Stümper, wie er im Buche steht, oder ...'
"Wir brauchen ein Hauptquartier", meinte Wenzel und sah seine Kollegen an. "Wenn wir das durchziehen, meine Wache wiederherstellen und dieses Restaurant ganz legal in seine Schranken weisen wollen, müssen wir uns gut vorbereiten können."
Glum nickte. "Der Kleine hat Recht." Die domovischen Wächter räusperten sich beinahe synchron, um den Zwerg auf seinen Fauxpas hinzuweisen, doch dieser ignorierte das Krächzen schlicht. "Wir müssen planen, wir brauchen Waffen und wir müssen den legalen Rahmen klären. Der Raum ist kein Problem", er zwinkerte Pavla zu, was diese mit einem nüchternen Nicken quittierte, "aber soweit ich das sehe, gibt es unter den nicht-korrupten hiesigen Wächtern keine Rechtsexperten." Sein Blick legte sich schwer auf Jargon. Der Ernst der Situation war ihm ins Gesicht geschrieben. Er nickte und steckte die Hände in die Taschen.
Mina hörte leise das Rascheln von Papier. Sie kannte Jargon noch nicht gut aber sie hoffte, dass er dieser Aufgabe gewachsen war. Ob eine Übersetzung des Przlaner Gesetzeskanons vorhanden sein würde?
"Das inhaltliche Problem, vor dem wir stehen, lautet Loyalität", fuhr Glum fort. "Kein Wächter der Wache Przlans würde gegen das Restaurant Lehká Hlava vorgehen, denn es ist der angestammte Treffpunkt aller Dienstgruppen." Der alte Zwerg rieb sich die Stirn. "Wir brauchen also etwas, um Schlamm aufzuwirbeln. Je dreckiger der Schlamm, um so mehr werden sich auf unsere Seite schlagen."
Die Ermittlerin nickte. Das war ihr Fachgebiet.
"Pavla wird dich begleiten, Lance-Korporal. Sie kennt die Stadt und kann im Zweifelsfall übersetzen."
Für einen Moment blickten sich die grauen Augen der Vampirin und die dunkelblauen Augen der Domovin an. Mina wurde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Dieses ganze Treffen fügte sich zu reibungslos in all das, was in den letzten Stunden geschehen war. Und der Vorschlag der gemeinsamen Ermittlung schien von Pavla zu stammen, gefasst wie sie wirkte.
Jargon erhob sich. "Ihr könnt den Faden sicher auch ohne mich weiterverfolgen, Sörs. Sagt mir, wo ich euch finde, wenn ich Ergebnisse habe und ich mache mich auf den Weg."
Pavla nickte und schrieb die Adresse auf eine Serviette. "Narodní Třida 117, Vzkřišenkovní Obchod", las der Wächter langsam vor. "Was ist das?"
"Die alte Manufaktur meines Vaters. Frag nach blauen Rosen, dann wird man dich in die Hinterzimmer lassen."
Schneidgut nickte und salutierte. Dann salutierte er noch einmal und ging.
"Wir sollten uns auch auf den Weg machen", meinte Mina mit Blick auf Glum. "Es gibt viel zu tun und ich will nicht erleben, was mit Wächtern passiert, die Stubenarrest haben, sich darüber hinwegsetzen und dann von misstrauischen, korrupten Wächtern in einem konspirativen Treffen entdeckt werden."
"Dann kümmert sich der Rest zusammen mit mir darum, dass wir unseren Agenten aus der Zelle bekommen. Auch wenn ich ihn gern noch etwas über seine derzeitige Arbeit nachdenken lassen würde, es gehört sich nicht, den Kollegen zurückzulassen."
Wenzel nickte. "Das ist die richtige Einstellung." Während er begann, den bisher schweigsamen Domoviern zu übersetzen, was das Gespräch gerade zu bedeuten hatte, winkte Pavla einem Kellner. "Zaplatím, prosím!"

Als Vzkřišenkova mit ihr gemeinsam durch die Straßen Przlans ging, war zum ersten Mal seit der Ankunft in der Baronie Domovien genug Ruhe da, dass von Nachtschatten durchatmen konnte. Sie ließ ihren Blick auf die Schaufenster gleiten, versuchte grinsend die Namen von Geschäften auszusprechen, nahm die Farbwahl der Häuser zur Kenntnis, die vor allem zwischen sandfarben und rosa schwankte, sah domovischen Kindern zu und merkte, wie sich langsam aber sicher ihr Schlendergang wieder einstellte.
Waren sie seit der Ankunft in der Stadt eigentlich nur hastig von einem Ort zum anderen gescheucht worden? Sie waren erst einen Tag in der Baronie und es kam ihr schon wie eine halbe Woche vor.
Sie roch die Fleischerläden, domovische Käsetheken, sah Ochsenkarren und ochsgesichtige Karrenlenker, wich mit höflichem Respekt domovischen Mönchen aus und fühlte sich schon fast heimisch - bis die ersten diskreten Erkundigungen begannen.
Wenn jemand bemerkte, dass Mina nicht einheimisch war, bekam das Gespräch einen säuerlichen Beigeschmack und der Befragte wechselte von sich entweder ins Quirmische oder Ankh-Morporkische, egal wie eindringlich Pavla auf domovisch weiterredete. In einem Laden sah eine Angestellte sogar kurz Minas Vampirzahn und das Wort 'upír' versiegelte so schnell jeden Mund, dass niemand in der ganzen Straße mehr mit den Wächtern reden wollte.
Kläffende Köter und Fremdenfeindlichkeit dominierten aus Minas Sicht die späteren Abendstunden. Ihre einheimische Kollegin versuchte zwar ihr zu erklären, dass Überwald und Domovien in der Vergangenheit bereits heftig aneinander geraten waren und man deshalb zu jeder Gelegenheit Vorsicht und Schweigen einer akuten Blutarmut vorzog, aber das änderte nichts an der Atmosphäre in der Ermittlung.
Sie erfuhren allerhand darüber, was im Restaurant Lehká Hlava vor sich ging, welche Weinsorten man bestellen konnten und dass das Essen dort überdurchschnittlich gut in den offiziellen Qualitätskontrollen abschnitt, doch die entscheidende Wendung nahmen die Erkundungen erst, als ein alter, zahnloser Bettler am Stadtrand ihnen anvertraute, dass es einen hinteren, exklusiven Bereich gebe, in dem man eine zweite Speisekarte für die besser zahlende Kundschaft bereithielt.
Als Mina nachhakte, inwiefern eine Luxuskarte problematisch sei, meinte der Bettler: "Man fafft Leute dorrrthin!"
"Wie meinst du das?"
Der Alte hustete kurz, spuckte einen gelblichen Schleim in den Rinnstein und als er weiter sprach, senkte sich seine Stimme und wurde fast unhörbar leise. "Man brrringt fie um, nimmt Magen und allef herrrauf und dann effen die Gäfte daf Feug!" Er spuckte noch einmal aus. "Der Befitfer kommt auf Überwald. Verrrfluchtef kannibaliffef Gefindel!"
Die Vampirin schloss die Augen. Das war widerlich. Vor ihrem inneren Auge blitzten mögliche Szenen der Schlachtung von ausgewachsenen Menschen auf. Blutgestank füllte ihre Sinne und als sie die Augen wieder öffnete, um die schlimmen Visionen zu verscheuchen, war der Bettler ängstlich einen halben Meter von ihr weggerückt.
"Deine Zähne", sagte Pavla.
"Ich weiß." Sie wandte sich dem Bettler zu und deutete höflich einen Knicks an. "Danke für die Aussage."
Sie wollte sich gerade umdrehen, als der Alte sich ein Herz fasste und anfügte: "Nicht nur Menffen. Auch Trolle und Fwerge." Sein Mund machte schmatzende Geräusche, bevor er ein böses zahnloses Lächeln zeigte. "Manchmal auch einen Vampir."
Mina nickte nur. "Komm", sagte sie zur Domovin und lief los, fort von dem Bettler und den Bildern, Geräuschen und Gerüchen in ihrem Kopf.
Schweigend liefen sie ein Stück eine große Straße entlang, dann auf den Hafen zu. An einer Bank hielt die Vampirin an und setzte sich, die Frau tat es ihr gleich.
"Du wusstest davon", stellte Mina fest. "Die Aussage des Bettlers hat so viel Schlamm, wie wir gebrauchen können, um jeden Wächter aus dem Restaurant zu vertreiben und es ist kein Zufall, dass wir hier 'ganz zufällig' die richtige Aussage bekommen haben."
Pavla sah auf die Boote und schwieg.
"Was willst du wirklich?"
Die Domovin strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Dass das Lehká Hlava geschlossen wird, damit niemand mehr verschwindet um gegessen zu werden."
"Stand jemand, den du kanntest auf der Speiseliste?"
Ein Hund bellte.
"Wer?"
"Meine kleine Schwester. Sie kam eines Tages nicht mehr vom Spielen zurück."
"Mein Beileid."
"Mhm."
"Ist es lang her?"
"Bevor ich in die Wache eingetreten bin."
Sie sahen auf den Hafen. Schiffe wiegten sich friedlich auf dem Wasser hin und her.
"Schwer vorzustellen, dass es nicht auffällt, wenn in einer Stadt wie dieser ein Kind verschwindet."
"Das kommt häufiger vor, als man denkt", erwiderte die Domovin abgeklärt.
"Das ist normal, dass hier alle paar Tage jemand verschwindet?"
"Weißt du", erwiderte Pavla, "niemand zählt wirklich nach."
Fassungslos sah die Vampirin ihre Kollegin an. Was war das für eine Stadt? Sicher, Ankh-Morpork war als Spielplatz ebenfalls denkbar ungeeignet, denn erwachsen zu werden bedeutete dort auch zwei oder drei Bandenkriege zu überleben ... "Aber das sind doch echte Leute, die nicht mehr auftauchen! Jemand ist doch mit ihnen verwandt, befreundet, jemand wird doch für sie arbeiten oder sie zumindest irgendwie kennen - wie können sie einfach so verschwinden?"
"Naja, es gibt Leute, die man schneller vergisst, als andere ..."
Die Logik leuchtete ihrer vampirischen Erziehung gegen ihren Willen ein: Man musste es nur geschickt anstellen. Verschwundene Kinder fielen zwar auf, aber es gab hundert Gründe, was ihnen zugestoßen sein konnte. Alte Leute starben ohnehin irgendwann. Ging jemand allein in den Wald, war er leichte Beute. Und Waisenkinder, Bettler, Pantomimen, sie vermisste auch in der Stadt kaum jemand. "Lass gut sein", seufzte die Vampirin und strich sich die Uniform glat. "Ich kann es mir schon denken."
Die Domovin wischte sich eine Träne aus dem Auge und nickte.
"Darum bist du der Wache beigetreten?"
"Ja."
"Und dort waren alle in der alten Riege korrupt", stellte Mina fest.
Pavla kramte ein Taschentuch hervor und schneuzte sich. "Außer Wenzel, aber den hat man letztes Jahr zur Schweihnachtszeit verschwinden lassen."
"Letztes Jahr?"
"Ja."
"Du kommst gut mit den Klackern klar, oder? Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, einen gefälschten Hilfegesuch über sie zu schicken, der unauffällig und zugleich dringlich genug klingt."
Erneut nickte die junge Wächterin.
"Und das Blatt, das ich gefunden habe?"
"Damit habe ich nichts zu tun", sagte Pavla, "das muss Strkov verlegt haben."
Die Vampirin fuhr sich durchs Haar. "Ich weiß nicht, ob ich das glauben kann. Ich weiß nicht einmal, auf welcher Seite vom Gesetz du stehst. Wäre ich ein Rechtsexperte wie Jargon, würde mir diese Situation echte Kopfschmerzen bereiten." Sie lächelte ihre Kollegin an. "Aber was in dem Restaurant passiert, ist einfach falsch. Wir werden uns darum kümmern, verlass dich drauf."

Als es schon dunkel war, trafen Mina und Pavla an der Narodní Třída 117 ein. Das Gebäude wirkte schon von vorn langgestreckt, dafür jedoch nicht sonderlich hoch: Unten der Eingang mit dem Geschäft, oben vermutlich Wohnräume für die Familie. Die Scheiben waren nicht geputzt, die Tür wirkte dem vorletzten Jahrhundert entnommen, vom Titel "Vzkřišenkovní Obchod" war nur noch "Vzk" und "Obchod" zu lesen. Und doch war auch hier die Fassade des Hauses mit Statuetten geschmückt, mit Friesen ornamentiert, in sanftem ockerton gestrichen und strahlte die Würde des Alters aus.
Sie öffneten die unverschlossene Fronttür, betraten einen Laden für Stoffe, der nur noch zu einem Drittel mit Waren bestückt war, nickten einem dunkelhäutigen älteren Mann zu, der auf einem Stuhl an der Ladentheke saß, rauchte und Zeitung las, und gingen auf die Seitentür zu.
"Hledáme modré růže", sagte Pavla und klopfte an.
Eine hohe Männerstimme antwortete auf der anderen Seite: "Jsou náhodou na Skřítek?"
Die Wächterin wurde rot. "Otevři, Vlček!"
"Samozřejmě, jen počkej ...", kicherte es, drei Riegel klickten und die Tür schwang nach innen auf. Der stoppelbärtige Wächter namens Vlk grinste sie an und machte eine einladende Geste. "Challo", begrüßte er Mina.
Die Halle, die fast fünfzig Meter lang sein mochte, war gefüllt mit Stoffballen, Tischen, Arbeitsgeräten, Stühlen und dergleichen. Zur Linken fiel gedimmt Licht durch die ungeputzten Fenster, zur Rechten schoben Marek und Jarmila Tische zu einer Konferenzecke zusammen, in der fernen Ecke des Raumes führte eine Wendeltreppe aufwärts.
"Willkommen im Familienbetrieb", sagte Pavla. "Als meine Eltern noch gelebt haben, war hier großer Betrieb, jetzt ist die Manufaktur meins und schon bald werden hier Wächter wieder echter Arbeit nachgehen." Sie lächelte. "Betten sind oben, leg dich ruhig etwas hin. Morgen früh ist noch genug Zeit, um zu reden."
Bei der Erwähnung von Betten merkte Mina, wie müde sie eigentlich war. Die letzten Stunden hatten sie angestrengt und ständig Domoven in ihrer Sprache wispern zu hören, ging auf die Nerven. Dankbar nahm sie an, wünschte den Wächtern eine gute Nacht und zog sich in die privaten Gemächer zurück.

Die Nacht war lang und erholsam. Als Mina erwachte, fühlte sie sich so ausgeruht, wie seit einem ganzen Jahr nicht mehr.
Der Duft von frisch gebackenem Brot lockte sie in die Küche, in der es geschäftig rumpelte.
"Guten Morgen", grüßte Pavla und goss sich einen Tee ein. "Bereit für ein domovisches Frühstück?"
Dankbar nickte die Vampirin und setzte sich. Schweigend aßen sie Kümmelbrot mit Kräuterquark und Konfitüre. Als sie genug und die Küche wieder aufgeräumt hatten, stiegen sie die Treppe nach unten.
Die Fabrikhalle schien rötlich zu leuchten. Sie wirkte im morgendlichen Licht deutlich gemütlicher als am Abend zuvor; fast schon einladend. Als die beiden Frauen die Halle durchschritten, merkte Mina, dass bereits geschäftig im neu entstandenen Konferenzbereich diskutiert wurde. Sie zählte sieben Wächter, die sich über verschiedenen Skizzen und Plänen gebeugt auf domovisch unterhielten. Die Arme verschränkt und einander anstarrend standen Glum und Sebulon daneben, in stummem Groll.
Wie ein Monument für die Sturheit der Zwerge, fand Mina. "Was ist denn mit den beiden?", fragte sie ihre Begleiterin.
Seufzend erwiderte Pavla: "Der junge Zwerg hat sich gewehrt, als wir ihn aus dem Zellentrakt schleusen wollten. Er hatte wohl Halluzinationen. Der andere Zwerg musste ihm ein Beruhigungsmittel geben, damit die Operation nicht entdeckt würde. Nach dem, was ich gehört habe, war es ziemlich knapp."
"Ich verstehe, warum Glum wütend ist. Aber warum auch Sebulon ...?"
Die Domovin grinste kurz, dann sagte sie: "Der alte Zwerg hat in der Runde herumerzählt, dass der junge im Schlaf geredet hat. Er soll wohl immer wieder den Namen 'Braggasch' geflüstert haben." Sie konnte Mina nicht ansehen, was in ihrem Inneren vor sich ging, also zuckte sie mit den Schultern und grüßte die Anwesenden mit einem freundlichen aber bestimmten: "Dobré ráno."
Die meisten Wächter erwiderten den Gruß und scharten sich um die beiden neu Dazugestoßenen, lediglich Glum und Sebulon blieben unverändert stehen.
"Es gibt viel zu tun", stellte Pavla auf Morporkisch fest. "Das Lehká Hlava handelt mit Organen. Du, du und du", sie zeigte auf drei Wächter, "ihr verbreitet die Neuigkeit unauffällig in der Wache und seht zu, ob nicht einige Wächter der Wahrheit nachspüren wollen. Wir drei", sie deutete auf Jarmila, Vlk und sich selbst, "kümmern uns um Vorräte und Ausstattung für diesen Raum."
"Kann ich ein Plakat malen?", fragte Roskovecová.
"Meinetwegen. Ihr drei anderen arbeitet einen Plan aus, wo man Leute postieren sollte, damit uns niemand aus dem Restaurant entwischt, und was wir sonst noch bedenken sollten. Fragen? Keine? Gut, dann an die Arbeit!"

"Alles klar", sagte Jargon und betrat zur Mittagszeit das provisorische Einsatzzentrum der domovisch-morporkischen Freundschaft. Er sah das Banner und hob die Augenbrauen. "oh, und das ist ein interessanter Titel dafür, dass wir keinerlei Sendebrief für diese Unternehmung haben." Jarmila Roskovecová sah schüchtern zu Boden. Offensichtlich hatte sie es gemalt. "Es ist, nunja, sehr farbenfroh", versuchte er ein Kompliment für den wüsten Gebrauch aller Farben des sichtbaren Spektrums auf derart wenig Fläche. "Wirkt ... fröhlich. Irgendwie." Es schien Jarmila zu reichen, sie hob ihren Kopf zuversichtlich - und in diesem Moment wurde ihm wieder bewusst, weshalb er eigentlich nervös war. Seine Hände zitterten aufgeregt, als er zur neu beschafften Pinnwand ging, sechs seiner vielen Zettel aus der Uniformtasche kramte, entknitterte und anpinnte. "Das schöne daran, was wir vorhaben, ist: Es gibt eine legale Basis. Wir sind legitim, Kollegen."
Jemand übersetzte und Applaus brandete auf. Wie viele Wächter standen da? Zwanzig vielleicht, er konnte es nicht sagen, sie füllten seine ganze Wahrnehmung. Schneidgut grinste breit. Er liebte es, wenn er Recht hatte. Und langsam wurde er richtig gut darin, sich durch Gesetzestexte zu wühlen.
Die Kollegen umringten neugierig die angepinnten Seiten. Mina war die erste, die zufrieden nickte. "Gute Arbeit, Jargon", sagte sie und legte die Hand auf seine Schulter.
Dieser Tag konnte nicht mehr besser werden, befand er, drehte die Augen in Richtung der Schädeldecke und verabschiedete sich grinsend in eine euphorische Ohnmacht.
Die vampirischen Reflexe setzten rechtzeitig ein. Sie fing seinen Sturz ab, trug ihn zu einigen Stühlen auf der anderen Seite des Raumes und legte ihn vorsichtig ab.
"Ein Problem haben wir trotzdem", meinte Samax' Sohn, der noch immer die Gesetzestexte und ihre Übersetzung studierte.
"Ach, nur eins?", brummte Glum. "Jeder Einzelne außerhalb dieses Raumes ist ein echtes Problem, wenn du mich fragst ..."
Ungerührt fuhr Sebulon fort: "Wenn ich das hier richtig verstehe, brauchen wir ein explizites und unterschriebenes Dokument, das uns diesen Sondereinsatz genehmigt."
Mina hob eine Augenbraue. "Und warum, Herr Zwerg? Tut die Wache etwa etwas Illegales, wenn sie gegen Verbrecher vorgeht?"
"Frau Vampirin", parierte der Püschologe sachlich, "auch in diesem Land braucht man zuweilen einen offiziellen Durchsuchungsbefehl. Haben wir das?"
Wenzel, der rauchend auf dem Tisch saß und sich bisher zurückgehalten hatte, räusperte sich nun. "Ist es vor dem Gesetz offiziell, wenn der Komandér der Wache es unterschreibt?"

Mina von Nachtschatten lag neben Pavla Vzkřišenková auf dem flachen Dach gegenüber von der Rückseite des Restaurants. In fünf Minuten sollte es losgehen. Rund um das Gebäude waren Wächter postiert, jeder mit einer spezifischen Aufgabe. Wenzel würde ein Zeichen geben, wenn es losginge.
Ungläubig schaute sie die Armbrust in ihrer Hand an. Wäre Jargon nicht noch bewusstlos gewesen, als sie aufbrachen, hätte sie gern diesen Posten an ihn abgegeben. Als SEALS-Mitglied war er hierfür sicher besser vorbereitet. "Ich habe länger nicht mehr auf Entfernung kämpfen müssen. Seit der GRUND-Ausbildung vielleicht drei oder vier mal ..."
"Das verlernt man nicht", munterte die Kollegin sie auf. "Sobald jemand auf dich schießt, erinnert sich dein Körper ganz sicher daran, wie du eine Waffe hältst." Nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: "Oder wie man ordentlich wegläuft."
Ungläubig schielte die Ermittlerin zu ihrer Kollegin. "Irre ich mich oder gibt es keinen echten Fluchtweg von hier oben?"
Pavla zuckte mit den Schultern. "Für mich vielleicht nicht, aber du bist ein upír, du kannst ja ..."
"Nein, kann ich nicht."
"Kannst du nicht?"
"Du hast mich gehört." Mina kniff die Augen zusammen. "Da unten tut sich etwas."
Wächter marschierten auf das Restaurant zu. Dem Anblick nach hätte es sich um Ankh-Morporker Jungrekruten handeln können, so ungleichmäßig und holpernd war die Reihe der acht Wächter. Doch bei näherem Hinsehen konnte man die Bärte und Bäuche erkennen, vornean die scharfe Nase von Strkov. Die ganze Reihe trampelte mit gezogenen Waffen und in wattierten Rüstungen direkt ins Schussfeld der wartenden Schützen.
"Was tun die denn hier?", flüsterte Mina.
Pavla begann zu schwitzen. "Exerzieren? Was weiß ich denn?! Sie müssen einen Tipp bekommen haben, dass wir etwas planen ..."
Die Reihe der Domovier kam stolpernd und rempelnd vor Hintertür zum Stehen und bezog rund um den kommissarischen Komandér Stellung. Dann begann Strkov laut zu sprechen.
"Was sagt er?", flüsterte Mina.
Pavla legte den Kopf schief. "Dass er Wenzel sprechen will."
Aus dem Schatten der Häuserwand unter ihnen trat Sebulon vor, auf seiner Schulter saß der Gnom und rauchte. Es sah von oben aus, als würde die Schulter ein wenig glühen und dampfen. Der klare Bass Wenzels ertönte.
"Er sagt, sie sollen aufgeben, wir wären in der Überzahl."
Unten öffnete sich die Hintertür und ein beleibter Mann mit Brille und blutiger Schürze kam lamentierend auf die Riege der alten Wächter zu.
"Das muss der Chefkoch sein", vermutete Pavla abfällig, "er will, dass die Wächter verschwinden, es käme bald eine Lieferung und man hätte eine Abmachung."
Erneut hallte Wenzels Stimme durch die Gasse. Die Verteidiger des Restaurants ließen ungläubig die Waffen hängen.
"Er ist stolz auf Strkov?", hauchte die Domovin. "Das muss Ironie sein."
Strkov begann farbenfroh zu fluchen. Der Chefkoch setzte zu einer erneuten Bitte an, doch Strkov versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
"Er dreht durch", murmelte Mina. Sie spürte, wie ihr Körper sich an die GRUND-Zeit erinnerte, wie die Hände sich ruhig um die Armbrust legten, wie sie halb bewusst Windstärke und Windrichtung prüfte.
Der Kommandeur der Wache sprach tönend: "Odpouštím ti."
Strkov lachte. Er schüttelte den Kopf, drehte sich um, ignorierte den Bolzen, der sein Bein nur knapp verfehlte und sich in den Boden bohrte, griff sich den Chefkoch und verschwand mit ihm in die Sicherheit des Restaurantinneren.
Die Wächter der domovisch-morporkischen Freundschaft waren nicht weniger verwirrt, als die Reihe von Strkovs Leuten. Auch Pavla sah Mina überrascht an. "Was jetzt?", flüsterte sie.
"Wir warten", erwiderte die Vampirin, die Augen auf die Wächterreihe unter ihnen, während sie in aller Eile die Armbrust erneut lud. Innerlich fluchte sie. Warum hatte Strkov gelacht? Er hatte wider Erwarten sehr ruhig und überlegt gewirkt. Das war kein Mann des leichtfertigen Lachens. Überhaupt passte die Vorstellung von Humor nicht recht zu dem steifen, egozentrischen Domoven. Das Lachen hatte den Anklang von gepfählten Gegnern nach einer Schlacht ...
Minas Augen wurden groß. Was, wenn das eine Falle war? Offensichtlich hatte Wenzel einen ähnlichen Gedanken, denn er begann harsche Befehle zu bellen. Noch bevor Pavla übersetzt hatte, war Mina samt geladener Armbrust aufgesprungen. Gemeinsam hechteten sie von der Rückseite des Daches auf das Nachbarhaus - und keinen Moment zu früh. Die Druckwelle der Explosion schob sie die letzten dreißig Zentimeter über den Abgrund. Rutschend und abrollend kamen sie auf dem Gebäude an. Ein rascher Blick bestärkte den Eindruck, dass von ihrem Observationspunkt wenig übrig war.
Fachlich war das eine präzise Sprengung gewesen - nur jenes Haus hatte gelitten, das ideal für Scharfschützen in exakt dieser Situation gewesen war. Kleinteilig regneten die Reste des Daches auf die beiden kauernden Wächter nieder.
"Dieser Mistkerl", knurrte Mina und erhob sich mühsam. Ihre Beine taten ihr weh aber hier ging es um mehr als ihr eigenes Wohl.
-RUMMS- machte es erneut und das Dach unter ihnen vibrierte leicht. Eine weitere Explosion, aber keine Schmerzensschreie. Zeit genug, um das Restaurant zu evakuieren?
Eilig sah sie sich um. Dort, die Dachluke. "Komm!", rief sie Pavla zu, öffnete die Luke und machte sich an den rasanten Abstieg.

Die Straße hinter dem Restaurant Lehká Hlava dampfte. Die Wächter erholten sich noch von dem Schock, einige hatten Schürfwunden, kaum einen hatte es schlimmer erwischt.
"Wir dachten schon", begann Sebulon erleichtert, als er seine Kollegin sah, doch dann besann er sich der Situation. "Strkovs Leute sind ihm hinein gefolgt."
"Das hier draußen war eine Falle", stellte Mina fest, "also werden sie da drin ebenfalls auf alles vorbereitet sein. Wie viele Leute können mit uns beiden kommen?"
"Marek, Vlk und ich", meinte der Zwerg. "Glum hat einiges abbekommen, ist allerdings schon wieder auf den Beinen und überwacht die Vorderfront des Restaurants. Wenzel hingegen ist noch ohnmächtig. Allerdings würde ich empfehlen, dass Marek hier bleibt. Er ist ranghöher als die anderen und kann im Zweifelsfall Befehle geben, falls ..."
Sie nickten einander zu und Pavla gab Marek und Vlk die Anweisungen auf domovisch weiter.
Der stoppelbärtige Wächter straffte seine Figur und zog das Schwert. Er schien zwar nicht sonderlich groß, doch sein Gesicht strahlte eine heitere Angriffslust aus, der man ansehen konnte, dass der Namen "Wolf" berechtigt war.
"Wenn ihr noch etwas tun wollt, dann tut es jetzt."
Der Domove grinste. Seine Lippen formten Worte, die mit Blutdurst und Standhaftigkeit zu tun haben mochten, sprach sie jedoch nicht aus. "Jsem hotov", knurrte er, die Hände fest um das Schwert gekrallt.
"Aye", nickte Sebulon und zog seine Axt.
Mina nahm das Schwert von Marek in die Linke, hob die Armbrust und lächelte mit spitzen Vampirzähnen.
"Pujdeme!", befahl Pavla und die vier Wächter stürmten in das Restaurant.

Es war seltsam, ganz ohne Widerstand die ersten zwei Zimmer durchqueren zu können: Vlk vorneweg, Sebulon den Rücken deckend, Mina mit der Armbrust spähend, Pavla rückwärts einen Hinterhalt erwartend. Kochtöpfe brodelten auf dem Feuer, blutige Fleischklopfer lagen unabgewischt auf Arbeitsflächen, es roch nach Gewürzen und nur sehr wenig nach Kadavern.
"Wo stecken die nur?", flüsterte Sebulon.
Minas Gedanken wanderten. Angenommen, sie würde ein solches Restaurant eröffnen. Wie würde sie es bauen? Was hier geschah, war ganz klar jenseits der Grenzen der Legalität, also brauchte sie einen zweiten Ausgang, als Lieferanteneingang. Aber wie würde man so einen Fall planen, wie diesen? Man brauchte einen Dritten ...
"Gibt es eine Kanalisation unter Przlan?", fragte sie Pavla, doch im Grunde kannte sie die Antwort schon.
"Ja, eine ziemlich umfangreiche sogar. Tatsächlich gibt es in der letzten Zeit Pläne, das unterirdische Abwassernetz umzubauen, um den Verkehr auf der Stadt nach unten zu verlagern. Ich selbst glaube, das wird keiner wollen, schon allein der Gestank! - Warum fragst du das gerade jetzt?"
Die Vampirin blieb an der Schwingtür zum hinteren Restaurantbereich stehen und ließ die Waffen sinken. "Sie sind weg. Es gibt einen Fluchtweg, an den wir nicht gedacht haben." Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie Vlk die Tür öffnete, noch immer scharf auf einen Kampf.
"Aber daran haben wir gedacht", konterte Pavla. "Sechs unserer Leute überwachen den Untergrund."
"Warum sind wir dann allein im ganzen Gebäude?"
"Aaah!", machte Jargon und parierte mit zitternden Händen eine Attacke des Domoven.
"STOP!", rief Pavla und sprang Schneidgut zu Hilfe. Gerade rechtzeitig, denn die nächste Attacke wäre mit Wucht auf seinen Schädel niedergegangen, hätte Pavla nicht Vlks Arm zurückgehalten.
Sebulon konnte nicht anders. Er lachte. "Was machst du denn hier, Jargon?"
"Also, naja, ich habe an der Front Glum getroffen. Er sagte, hier drin wäre die Hölle los, also wollte ich euch unterstützen." Verlegen drehte er das Schwert in seiner Hand. "Aber es ist niemand da. Kein einziger Gast im hinteren Speisesaal."
Die Worte ließen Mina aufhorchen. "Ist denn der vordere Speisesaal gefüllt?"
"Nicht mehr", erklärte Jargon, "als ich ankam, evakuierten unsere Wächter gerade den vorderen Bereich. Der Untergrund-Trupp hat wohl eine direkte Order des Kommandeurs erhalten, den Posten zu verlassen und das Restaurant zu evakuieren."
"Der Kommandeur ist ohnmächtig!", fuhr ihn Pavla an.
"Der andere nicht", erinnerte Sebulon die Domovin. Bitter nickte sie. Sie waren so kurz davor gewesen, diesem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten. Nun war Strkov wortwörtlich untergetaucht und man würde nicht nachverfolgen können, wer zur Kundschaft gehört hatte.
Jargon sah Pavla fragend an. "Und was nun?"
Sie zuckte die Schulter. "Wir schicken unsere Spurensicherung her, die soll den Rest machen. Und dann misten wir die Wache aus, damit dort wieder dem Gesetz gedient wird. Es gibt viel zu tun."
Die Wächter steckten die Waffen weg und verließen das Restaurant.

Mit dem Rasseln von Schwertern auf Schilden begrüßten die Rekruten der domovischen Wache ihre Kollegen. Manche humpelten auf das Empfangskommitee zu, andere wurden gestützt. Wenzel saß auf der Schulter von Pavla und winkte mit seinen kleinen Armen. Man konnte ihm die Anstrengung ansehen, die es ihn kostete, bei Bewusstsein zu bleiben, doch er war der Kommandeur der Wache. Er konnte heute keine Schwäche mehr zeigen, wenn er eine verfrühte Rückkehr Strkovs vermeiden wollte.
Sein volltönender Bass hallte von den Häuserwänden wieder, als er die Befreiung der Wache ausrief. Jubel brandete auf.
"Ende gut, alles gut, was?", meinte Jargon zu Mina, während sie beide winkend auf das Wachegebäude zuschritten.
Sie zuckte mit den Schultern. "Der Organdiebstahl wird weiter gehen. Verbrecher lernen aus ihren Fehlern schneller, als wir aus unseren."
"Wie wahr", brummte Glum. "Zur nächsten Sondersitzung bei unserem eigenen Kommandeur werde ich mich krank melden."
Sebulon klopfte lachend dem zwergischen Kollegen auf die Schulter. "Weißt du, Steinstiefel, wärst du nicht mit auf diese Reise gekommen, dann säße ich noch immer in den Zellen dieser Wache."
Der Moloss ließ Luft zur Nase herausschnauben. "Ich bin dafür verantwortlich, dass der Agent nach Ankh-Morpork zurückkehrt. Der Kommandeur wird mich hassen." Einen Moment lang dachte er darüber nach, dann grinste er. "Der Kommandeur wird mich hassen", flüsterte er leise und mit einer gewissen Befriedigung.

Die Wächter machten kurz im Lazarett der Wache halt, wo sie von einem freundlichen Wächter aus dem Wiewunderland behandelt wurden, der sie zwar nicht verstand aber sich wenigstens mit Schmerz stillenden Salben auskannte.
Als das Nötigste verarztet und verbunden war, rumpelte es auf der Straße. Die Wächter im Lazarett drängten sich zum Fenster, und verfolgten ungläubig, wie Stiefel über ihnen aus dem Fenster auf die Straße geworfen wurden.
"Andere Länder, andere Sitten", kommentierte Mina, als den Stiefeln der erste Schreibtisch folgte und unter tosendem Applaus von domovischen Wächtern splitternd auf das Pflaster krachte. "Symbolische Defenestration. Was man im Ausland nicht alles erlebt ..."
Glum grinste in sich hinein und murmelte: "Zu schade, dass die korrupten Wächter reißaus genommen haben."
Nachdem der letzte Schreibtischstuhl gefallen und das Jubeln abgeklungen war, entschieden sich die Wächter, zu Bett zu gehen.

Der Speisesaal war am nächsten Tag völlig überfüllt. Auf einem Tisch stand Pavla Vzkřišenková, und auf ihrer Schulter saß Wenzel, viele Blätter in der Hand, von denen er die Rede ablas.
Er war so vorausschauend gewesen, den Ankh-Morporkern eine grobe Zusammenfassung zu geben: Die Wache würde den regulären Betrieb wieder aufnehmen, Strkov und seine korrupte Riege wären von nun an geächtet, den Austauschwächtern könne kaum genug gedankt werden, et cetera. Jargon klebte an den winzigen Lippen des Gnoms und versuchte hier und da ein Wort zu verstehen.
Dann wurden die beteiligten Wächter zum Kommandeur zitiert, schüttelten ihm die kleine Hand.
"Mal ehrlich", winkte Sebulon ab, "das hätte jeder von uns gekonnt."
Als hätte dieser Satz Wenzel an etwas erinnert, setzte der Gnom ein weiteres Mal zu einer Rede an.
"Worüber spricht er?", fragte Mina Jargon so unauffällig wie möglich, denn sie standen noch immer im Epizentrum der Aufmerksamkeit.
Der deutete jedoch nur auf Pavla, die mit hochrotem Kopf auf dem Tisch stand und den Blick in die unbestimmte Ferne gerichtet hatte. Als die versammelten Wächter zu jubeln und zu klatschen begannen, vermutete er: "Ich glaube, sie wird gerade befördert. Oder sie heiraten. Hast du zufällig ein Wörterbuch zur Hand?"

Als sich der Saal leerte, schüttelte Pavla den Ankh-Morporkern noch einmal persönlich die Hand.
"Na, Frau Korporal?", grinste Sebulon. "Wie fühlt es sich an, für Heldentaten befördert zu werden?"
Die Domovin seufzte. "Ich mochte eigentlich die Unverbindlichkeit des Untergebenen. Befehle geben liegt mir nicht, finde ich."
"Macht verdirbt auch auf Dauer den Charakter", meinte Mina und schüttelte Pavla ebenfalls die Hand.
"Wie ... wie geht es Jarmila?", fragte Jargon zögerlich. "Ich habe sie heute noch nicht gesehen."
"Sie ist in der Manufaktur und räumt mit ein paar anderen auf. Sie hat sich freiwillig dafür gemeldet. Ich glaube, ihr ist dieses Lobgehabe genauso peinlich wie mir."
Die Vampirin schmunzelte und murmelte: "Und dabei wäre ohne dein Zutun keine Unterstützung gekommen."
"Wenn es dir nichts ausmacht", setzte Jargon nach, "würde ich dich gern in die Einsatzzentrale begleiten." Er suchte nach den richtigen Worten. "Ich würde ihr gern Lebwohl sagen."
Steinstiefel lachte leise. "So nennt man das also heute", meinte er zu sich.

Das Schiff in die Heimat war für den Abend gebucht, die Taschen gepackt und da es erst Mittag war, entschieden die drei übrigen Ankh-Morporker Wächter, je für sich die Stadt noch ein wenig zu erkunden. Mina ging durch die Gassen, beobachtete die Menschen, sah Kindern bei domovischen Spielen zu und fand, dass alles sehr ähnlich war, wie daheim. Ehefrauen jagten mit Nudelhölzern auf offener Straße hinter Ehemännern her, Betrunkene torkelten aus den gut gefüllten Bars, von Pferden gezogene Karren rumpelten über die Straßen, es gab zwar deutlich weniger Vertreter nichtmenschlicher Spezien, doch hier und da kamen ihr Gesichter bekannt vor. Sie kaufte etwas, das nach fruchtigem Hühnchen schmeckte und wie eine Bratwurst aussah, von jemandem, der ein bisschen wie Schnapper aussah[7] und nach billigem Rasierwasser roch.
In einer unscheinbaren aber hochfrequentierten Seitengasse waren Kunstateliers aneinandergereiht. Was hier als Kunst ausgestellt wurde, gefiehl ihr jedoch kein Stück: Die Motive waren unrealistisch, verzerrt, schienen lieblos auf die Leinwand geworfen, hatten kitschige Farben, wirkten in gewisser Weise bedrückend und abstoßend. Unglückliche Katzen mit zu langen Hälsen, ein Maulwurf mit Latzhose, vom Himmel fallende Bücher, Putten mit Sichelhänden, giftgrüne Landschaften, ein breit grinsender Clown mit wahnsinnig geweiteten Augen, ...
Sie schüttelte den Kopf. Ein Glück, dass der Zwergenagent vorgehabt hatte, die lokalen Backstuben zu besuchen. Hier hätte er nur neuen Stoff für Wahnvorstellungen und Alpträume finden können.
Ein kleiner Laden am Ende der Gasse weckte dann doch ihr Interesse. Antike Möbel, alte Bilder und Bücher aus der Zeit der alten Republik waren zum Verkauf angeboten. Hier tickte eine alte Kuckucksuhr, dort war Geschirr aus der Zeit ihrer Eltern in einem Schrank ausgestellt. Die Klingel ging schellend, als sie das Haus betrat und sie hatte das Gefühl, in eine nach Herbstlaub durftende Wolke aus Staub und Ehrwürdigkeit zu steigen.
"Hallo? Ist hier jemand?"
Ein bleicher, langer Kerl mit dunklen, schulterlangen Haaren und markantem Kinn trat aus dem Hinterzimmer. Er nickte zur Begrüßung. "Sie kommen aus Ankh-Morpork?", fragte er mit recht sauberem Akzent.
"Ja. Ich bin nur auf Durchreise und habe gerade ihren Laden gefunden." Sie strich mit der Fingerspitze über lederne Bucheinbände. "Sind Sie der Besitzer?"
Das breite Lächeln des Ladeninhabers offenbarte spitze Eckzähne. "Ja."
"Ach was", meinte Mina überrascht. "Ich dachte, ich wäre der einzige Vampir in der ganzen Baronie."
"Ich freue mich ebenfalls." Er kämpfte sichtlich mit den Vokabeln der Sprache, die er anscheinend schon länger nicht benutzt hatte. "Darf ich Ihnen einen ... Tee anbieten?"
"Nein, danke. Ich kann nicht lang bleiben, mein Schiff fährt bald."
"Einen Keks vielleicht, für den Weg?"
Sie nickte und der Vampir verschwand wieder in dem Hinterzimmer, was ihr die Gelegenheit gab, sich ausgiebig die Buchtitel anzuschauen. Konnte sie vielleicht etwas hiervon für spätere Ermittlungen nutzen? Viele konnte sie lesen; da gab es Stammbaumsammlungen, Romane, Ratgeber für die gute Hausfrau, Gebetsbüchlein, esotherisches Zeug mit Namen wie 'Necronomicon' und 'die Zanthu-Tafeln', Bildbände zur Kunstgeschichte ... da war kaum etwas für sie dabei. Vielleicht das hier: 'Kostümgeschichte'? Sie schlug das Buch auf und blickte enttäuscht auf Clownskostüme und deren Erläuterungen. Zugeklappt, verstaut. Oh, 'Die Kunst der Tarnung' klang nicht schlecht. Und was verbarg sich hinter dem Titel 'überzeugen lernen in dreißig Tagen'?
Ein schlichtes kleines Buch mit dem Titel 'vom Krieg' von Karl Rauschebart fing ihre Aufmerksamkeit. Sie schlug es auf, überblätterte die Einleitung und starrte dann auf die dritte Seite. Das erste Kapitel war folgendermaßen überschrieben: "Vom Rückzug. Wie man Krieg führt, wenn alle Stricke reißen." Sie wollte den Band gerade zurückstellen, als der Ladeninhaber zurückkam und sagte: "Vom Krieg? Sie interessieren sich für püschologische Fachliteratur?"
Sie schüttelte den Kopf. "Ich nicht - aber ein Kollege von mir."
Er lächelte. Bedeutungsvoll stellte er die Teetasse ab, hob die Hände und zeigte ihr seine schlanken Finger. "Die Hände wissen schon, was Sie wollen. Richtig, Hände?" Er begann die Hand kreisförmig in der Luft zu bewegen. "Sie interessieren sich für ... für ..."
Sie konnte sich ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen. Ob er diese Show wohl bei jedem Gast abzog?
Er schloss die Augen, tappte zwei Schritte auf sie zu, einen seitwärts, kam balancierend zum stehen, beugte sich vor und griff mit geschlossenen Augen ein Buch aus dem Regal. Ohne sich wieder zu erheben reichte er es ihr.
"Püschologia dess Vampyr", las Mina verwundert den Titel vor.
Ihr Gastgeber schlug die Augen auf, richtete sich auf und blickte ebenfalls etwas überrascht auf das Buch. "Ach, ich dachte, das hätte ich bereits verkauft. Aber die Hände hatten mal wieder Recht, das wird Sie interessieren." Er nahm ihr das Buch aus der Hand und öffnete die hintere Umschlagseite. "Hier, lesen Sie über den Autor ..."
"Abraham Abrahamssohn (846-909 AM), erfahrener Vampirjäger und Familienvater, berichtet über die ewigen Gesetze der vampyrischen Püsche ... ein Mensch? Ernsthaft?"
Er nickte.
Sie blätterte durch das Buch. Es war detailliert - aber konnte ein Mensch je verstehen, was es wirklich hieß, ein Vampir zu sein? Sie schloss das Buch wieder, reichte es ihm und sah ihr Gegenüber entschuldigend an. "Das hier könnte mich tatsächlich interessieren, wenn Sie Ankh-Morpork-Dollar akzeptieren würden ..."
Der Vampir lachte und reichte Mina eine Büchse mit verschiedenen Keksen, aus der sie sich einen schlichten nahm und dankbar aß. "Ich bin in der Stadt ein gefragter Händler für antikvita, weil ich die Zeit erlebt habe, in der all dies hier modern war. Behalten Sie es einfach." Er lächelte und griff das Buch vom Krieg aus dem Regal und reichte ihr beide wieder. "Hier, auf Kosten des Hauses."
"Das kann ich nicht annehmen ..."
Er schüttelte den Kopf. "Müssen Sie auch nicht. Aber mich besuchen kommen müssen Sie, wenn es sie das nächste Mal in diese einsame Baronie verschlägt. Ein Vampir ist nicht gern allein."
Sie lächelte und konnte nicht anders als die Bücher aus seiner Hand entgegenzunehmen. "Danke, ..."
"Moritz", sagte der Antiquar, zog eine Visitenkarte aus der Tasche und steckte sie zwischen die soeben verschenkten Bücher in Minas Händen. "Da steht die Adresse drauf, damit Sie sie nicht vergessen."
Die Wächterin nickte. "Das werde ich nicht. Es kann allerdings eine Weile dauern ..."
"Ich kann warten. Sie müssen ein Schiff erwischen, ...?"
"Mina." Sie reichte ihm die freie Hand und er gab ihr einen höflichen Handkuss. "Vielen Dank für die Bücher, Moritz."
"Šťastnou cestu." Er hielt ihr die Tür offen.
Einen Moment lang überlegte sie, wie sie sich würdig bedanken konnte, doch dann nickte sie nur noch einmal und ging, vielleicht ein wenig schneller als geplant, hinaus. Ohne sich noch einmal umzusehen verließ sie die Gasse und ließ ihre Füße den Weg zum Hafen finden.
Da hatte sie etwas zum Nachdenken. Und etwas zum Lesen obendrein. Hoffentlich hatte er jetzt kein schlechtes Bild von ihr ...

Die Rückfahrt verlief geselliger als der Hinweg. Glum öffnete sich weit genug, um stundenlang von alten Zeiten zu schwärmen (auch wenn er zugab, dass das Bier heute weitaus besser schmeckte als in der Zeit seiner Pubertät), Jargon zeichnete ein ziemlich gelungenes Portrait von Mina, man übte zur großen Erheiterung der Mannschaft domovische Trinklieder und machte Scherze über den nun-nicht-mehr-Kommandeur Przlans. Das Schiff machte gute Fahrt und schon nach zwei Tagen erreichten sie den Flusslauf des Ankh.
Als sie nur noch etwa eine Stunde von Ankh-Morpork entfernt waren, nahm Mina Sebulon beiseite. "Du hast gesagt, dass das jeder von uns hätte schaffen können", sagte sie. "Findest du nicht, dass wir schon eine ziemlich passende Auswahl waren? Unser Rechtsexperte hat die Voraussetzungen für den Einsatz geprüft, ich habe ermittelt, du hast Wenzel Püschosachen ins Ohr geflüstert, um Strkov in die Enge zu treiben, ..."
Der Püschologe hob den Zeigefinger. "Ich habe den Kommandeur nur getragen. Was er sagte, sagte er auf eigene Verantwortung und aus eigener Erfahrung. Ich wäre das ganze anders und viel subtiler angegangen. Ja, du hast ermittelt, aber das wäre Kannichgut Zwiebel oder Ruppert Ag Lochmoloch ebenfalls möglich gewesen. Hätten wir einen Späher wie den Korporal Goldwart dabeigehabt, wären unsere Möglichkeiten ganz andere gewesen. Was hätte ich gegeben, um einen Troll dabeizuhaben, als wir das Restaurant stürmen wollten?"
"Willst du sagen, dass wir nur mit viel Glück Erfolg hatten?"
Sebulon sah über die schwankende Reling des Schiffes auf das Wasser hinab und überlegte kurz, wieviel mehr Mageninhalt er den Fischen anvertrauen wollte. "Ich will sagen, dass ich viel Potential in den Wächtern unserer Wache sehe. Wir greifen viel zu selten darauf zurück."
Mina nickte. Septimus wäre beispielsweise in den Ermittlungen viel subtiler gewesen - schon allein der Größe wegen - und Lilli hätte vielleicht domovische Bäume als Zeugen heranziehen können. "Eins noch", sagte sie, "bevor wir ankommen. Ich habe ein Buch gefunden, das dir gefallen könnte ..."

Jargon konnte seinen Seesack nicht alleine heben, als sie von Bord gingen. Er war mit Mitbringseln der vier Wächter gefüllt: Touristische Tassen, domovische Literatur, Schlüsselanhänger in Bierkrug-Form, Postkarten, echtes domovisches Zwergenbrot, einige Dosen Przlaner Bier, und noch vielfältig weiterer Schnickschnack.
Sebulon packte mit an. "Hmm, leichter, als es aussieht."
"Äh", machte es.
"Braggasch!", rief Sebulon, ließ den Seesack viel zu knapp neben Jargons Fuß fallen und sprang seinem Freund um den Hals, was diesem ein weiteres 'Äh' entlockte, bevor er die Arme um den Püschologen schloss. "Ich hab dir so viel zu erzählen! Es war beeindruckend! Erschreckend! Und das Bier!"
"Äh ... Willkommen ... zurück ...", brachte Burkhards Sohn zwischen heftigen Umarmungen hervor.
Den Arm um den blondgelockten Zwerg legend sagte Samax' Sohn: "Geht ruhig schon vor, Braggasch und ich bringen die Andenken ins Wachehaus."
"Da sag ich nicht nein", brummte Glum, "ich habe genug Papierkram zu erledigen." Er schüttelte den Kollegen, drehte sich um, hielt dann jedoch inne und sagte: "Es hat Spaß gemacht. Aber lasst euch das ja nicht zu Kopf steigen."
Mina konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Wir werden das nicht zur Gewohnheit werden lassen." Dann verabschiedete sie sich ebenfalls und ließ Schneidgut mit den beiden ungleichen Zwergen zurück, die gerade begannen, Meinungen über den in Przlan geplanten Ausbau der Kanalisation zum Nahverkehrsnetz auszutauschen.

"Hey", grüßte Mina ihre beiden Kollegen freundlich, noch bevor sie das Büro betreten hatte. "Ich habe für euch ..." Sie setzte einen Schritt hinein und blieb verblüfft stehen. Eine Kreidelinie trennte das Büro in die Bereiche von 'Chaos' und 'anderes Chaos'. Ihr eigener Schreibtisch war zum Flugzettel-Landeplatz mutiert. Ayures Arbeitsplatz hingegen war nunmehr unter alten Akten verborgen. "... - Was ist denn hier passiert?"
"Oh, hallo Mina", meinte Fynn, zog einen Arm aus der Verschränkung und winkte. "Lange nicht gesehen."
"Wo ist Septimus?", fragte sie. Ihr Blick wanderte zum Fenster, dessen Scheibe angeschlagen war, als hätte jemand aus Wut etwas dagegengeworfen.
"Im Einsatz. Er ermittelt. Hat es nicht erwarten können, Abstand zu mir zu kriegen, seit unser Büro klar aufgeteilt ist."
Sie seufzte. Manchmal war es wirklich wie mit Kindern. Sie legte die kleine Tasche mit den Mitbringseln neben sich auf den Boden, räufelte ihre Ärmel hoch und klatschte in die Hände. "Dann ist es jetzt an uns beiden, hier etwas aufzuräumen, Fynn ..."
[1] Man wusste ja nie, hatte sie immer gesagt und geduldig die großen Stoffreste miteinander vernäht. Sie hatte an ihrem Mann Maß genommen, der zwar die gleiche Schuhgröße wie Jargon gehabt hatte, jedoch zwei Meter sieben groß war und Schultern von der Sorte, mit der man einen störrischen Troll aus der Bar schieben konnte. Jargon hatte nie versucht, das tatsächliche Potential des Seesacks auszunutzen. Wie hätte er eine solche Masse auch tragen sollen?

[2] Was zur Folge hatte, dass die Mannschaft viele phantasievolle Morporkianische Beleidigungen zum ersten Mal in ihrem Leben zu hören bekam.

[3] So ähnlich geht das übrigens auch Shakespeare mit einem anderen Land: "Bohemia, a desert country, close to the sea." Vergleiche A Winter's Tale, Act 3, Scene 3.

[4] "Steck den Finger durch den Hals." Ein weiteres Beispiel dafür, dass nicht alle grammatikalisch korrekten Sätze für die Praxis relevant sind - es sei denn, man kennt Sadisten, die ... - aber lassen wir das.

[5] Jargon bestellte im Gegensatz zu den domovischen Wächtern kein Bier, sondern nur Tee, auch wenn er viel von dem Abenteuer des domovischen Bieres gelesen hatte: Jedesmal schmeckt angeblich die gleiche Sorte Bier anders und nur selten besser.

[6] Tatsächlich freute sich der Dämon. So hatte er den Rest des Abends dienstfrei. Selbstverständlich ließ er niemanden diese Einstellung wissen, den er genausogut auch anfauchen konnte.

[7] Allerdings war das Gesicht von Mohou-bohové-potrestat-mě-šnapéřkov etwas länglicher und er hatte Koteletten im Gesicht.




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Feedback:

Von Aglaranna

07.10.2011

Die Geschichte ist sehr kurzweilig und lässt sich wunderbar lesen.
Der Fremdspracheneinsatz gefällt mir sehr gut und trägt wunderbar zum Ambiente bei.
Die Spannung bleibt nahezu bis zum Ende erhalten.
Sehr schön finde ich auch die kleinen Wendungen, die die Geschichte durchziehen.

Von Braggasch Goldwart

03.10.2011

Großartig! Ich habe ja die letzten Enstehungsschritte der Geschichte miterlebt und muss sagen: eine der besten, die jeh aus deiner Feder geflossen sind. Der Plot ist stimmig, wenn auch gegen Ende hin ein wenig übermütig aufgelöst. Die Domogravier sind super, besonders die Spiele mit der Sprache und die übrigen Wächter und vor allem mina kommen hevrorragend rüber! Sowohl Humor als auch Spannung sind zu großen Teilen vorhanden. Glückwunsch! :)

Von Cim Bürstenkinn

02.10.2011

Ich stehe auf Wachegeschichten ausserhalb AM.
Das Tschechisch hast Du schon fast übertrieben ;)
Ježišmaríe ist wohl eher eine zentral-Europäische Verballhornung :)
Die anderen Wächter waren sehr gut dargestellt!

Von Lilli Baum

08.10.2011

Du verstehst es wirklich gut, Situationen und Personen zu beschreiben. Außerdem mag ich diese kleinen Teasertext vor dem eigentlichen Beginn der Geschichte, da der - zack! -auf der Stelle unheimlich viel Spannung erzeugt. Bin jetzt nur zweigespalten ob nicht noch ein bisschen Fokus auf eines der Opfer interessant gewesen wäre... Das hat aber meine Note nicht beeinflusst.
Auf jeden Fall bleibt mir nur noch zu sagen: Weiter so!

Edit: Nachdem ich die Geschichte ein bisschen hab sacken lassen, wird mir erst klar, wie irrelevant der Kannibalismus für die Geschichte war. Man könnte ihn mit relativ wenig Aufwand gegen ein anderes Verbrechen austauschen (z.B. Zwangsprostitution) und an der Geschichte würde sich nichts grundlegend ändern, die Motivationen (und auch alle anderen Plotaspekte) würden alle noch genauso funktionieren. Nur als Feststellung, keine Wertung. Meines Erachtens ein exzellentes Beispiel für einen MacGuffin (wenn man den Begriff "Objekt" ein bisschen dehnt). :daumenhoch:

Von Mina von Nachtschatten

08.10.2011

Im Domovien essen sie Leute? Soso...
Auf jeden Fall eine Geschichte, die ich gerne und auch mit dem ein oder anderen Grinsen gelesen habe. Die Single hatte viele schöne Momente und zum Beispiel das "Literatursortiment" am Ende habe ich mir nach deiner Anfrage auf der Wichtelwiese ziemlich exakt so vorgestellt. Dass es dann wiederum auch ein wenig makaber wurde, na gut, aber da hast du noch ein Maß getroffen, welches zur Handlungsatmosphäre passte. Die Flucht des Bösewichts und das damit relativ offene Ende lässt Raum für Kommendes – womit ich auch direkt bei einem der größten Pluspunkte der Single wäre: Du hast ein interessantes Figurenpersonal eingeführt, auf das es sich durchaus lohnt, irgendwann noch einmal zurückzukommen - ich persönlich mochte vorallem den Gnomenkommandeur. Auch, dass du dich gegen einen bereits auf der Scheibenwelt existierenden Handlungsort entschieden hast, gefiel mir gut - mit einer etwas genaueren Lagebeschreibung wäre es sogar sehr gut gewesen.
Stellenweise fand ich die Geschichte allerdings etwas verwirrend und hatte den Eindruck, dass die Handlung ein wenig "springt"; speziell ab dem Mittelteil war für mich nicht immer alles vollkommen nachvollziehbar. Es kam das Gefühl auf, als hättest du erst eine etwas andere Single geplant, diese dann nochmal verworfen, aber dennoch Teile beibehalten, die jetzt lose Enden bilden (z.B. die Wenzel-Akte) bzw. sich eben nicht mehr ganz nahtlos einfügen. Letzteres kann ich nicht einmal an einem konkreten Beispiel festmachen ... auch wenn ein zweites Lesen in dem Punkt definitiv weitergeholfen hat.
Stilistisch sind mir für deine Verhältnisse recht viele Wortwiederholungen aufgefallen und auch rechtschreibtechnisch gab es da ein paar Sachen - aber ich schätze, das lag an der zum Ende hin knapp gewordenen Zeit?
Zu guter Letzt jetzt noch ein paar Worte in punkto Charakter: Bis auf ein paar Kleinigkeiten hast du Mina wirklich passend dargestellt - ein wenig melancholischer als sonst, doch das fand ich eigentlich auch mal ganz hübsch. An anderen Stellen warst du dann wieder so punktgenau - ich hätt's nicht anders gemacht.
Alles in allem eine gelungene Wichtelgeschichte, Herr Zwerg - das Wichtelkind dankt!

Von Araghast Breguyar

08.10.2011 23:06

Ich hatte viel Spaß beim Lesen der Geschichte. Manche Stellen wirkten etwas hektisch auf mich und hätten meiner Meinung nach eine ausführlichere Formulierung verdient, aber im Großen und Ganzen eine solide Geschichte mit schönen NSCs, die die Handlung erheblich belebt haben. Ich bin ja ein großer Fan von ausgearbeiteten NSC-Charakteren, die mehr sind als nur Täter oder Opfer. Und insgeheim habe ich immer darauf gewartet, dass einer der Wächter um Pavla sich doch als Maulwurf des kommissarischen Kommandeurs entpuppt. Bregs wird auf jeden Fall die Beziehungen zur Wache von Domovien aufrecht erhalten :) Grinsen musste ich an der Stelle, als Bregs sich freut, eine Ausrede gefunden zu haben, IA erstmal für einige Zeit los zu sein. Und tschechisch scheint wirklich eine interessante Sprache zu sein. Kurzdrum, eine der wenigen Geschichten, wo meine eigene Wertung höher ausgefallen ist als das letztendliche Ergebnis.

Von Lilli Baum

09.10.2011 00:32

[quote]Grinsen musste ich an der Stelle, als Bregs sich freut, eine Ausrede gefunden zu haben, IA erstmal für einige Zeit los zu sein.[/quote]

Ich musste an der Stelle laut lachen, an der Glum feststellt, dass Bregs ihn hassen wird, weil wegen ihn der Agent wieder kommt. :D

Von Araghast Breguyar

09.10.2011 01:45

[quote="Lilli Baum"][quote]Grinsen musste ich an der Stelle, als Bregs sich freut, eine Ausrede gefunden zu haben, IA erstmal für einige Zeit los zu sein.[/quote]

Ich musste an der Stelle laut lachen, an der Glum feststellt, dass Bregs ihn hassen wird, weil wegen ihn der Agent wieder kommt. :D[/quote]

Ja, da musste ich auch lachen.

Insgesamt habe ich der Geschichte einfach an-gelesen, dass Sebu seit der letzten Geschichte schreibtechnisch wirklich Fortschritte gemacht hat. Mit den letzten Geschichten konnte ich persönlich nicht so viel anfangen, deshalb hat Domovien mich wirklich positiv überrascht.

Von Lilli Baum

09.10.2011 02:53

Mich hat ja die Geschichte ein wenig an Braggaschs Werke erinnert, was ich gut fand, denn ich mag seinen Schreibstil sehr. Wahrscheinlich hat da was positiv bei ihrer letzten Coop abgefärbt :)

Von Sebulon, Sohn des Samax

09.10.2011 11:04

@Alle: Danke! Ich merke, wie mich positiv gestimmtes Feedback total aufbaut. (Nachdem ich eine Woche lang innerlich gezittert hab, wie ihr die Geschichte aufnehmt ...)



@Mina: Gern geschehen. ^^

Braggasch hat übrigens schon angekündigt, dass er vor hat, Domovien und seine Charaktäre zu benutzen. Die nächste Entwicklung in der Richtung wird also vmtl. von ihm kommen.

Mit der Lagebeschreibung hab ich mich bewusst etwas zurückgehalten, weil ich keine eigene Scheibenwelt-Karte besitze. Instinktiv würde ich das Land ins oktarine Grasland legen, weil mir da relativ wenig Länder zu sein scheinen.

(Übrigens ist das Lehká Hlava ein großartiges vegetarisches Restaurant in Prag. *schwärm*)

Ja, ursprünglich hatte ich die Geschichte etwas anders geplant. Beim Schreiben hab ich viele Szenen weggeschmissen, die in ein terroristisch-kriegszustandiges Szenario gepasst hätten ... dass ich da Brüche nicht gut geglättet bekommen habe, ist ärgerlich - aber irgendwann hab ich sie nimmer gesehen ...

Die Zeit war nicht knapp, es haben 2,7 Leute über die Single gelesen. *wirft Lilli schmunzelnd einen Blick zu* Lilli hat mich Donnerstag gebeten, sie eher online zu stellen, weil sie ja im Prinzip fertig war. Und Freitag früh hatte ich mündliche Prüfung, ich hab also nicht nochmal raufgeschaut sondern ihr die Berechtigung gegeben mit der Bitte, dass sie auch nochmal drüberliest, um Fehler zu minimieren.



@Lilli: Stimmt, das Grundproblem in Domovien wirkt in der Geschichte 'austauschbar'. Da werd ich zukünftig größeres Augenmerk drauf legen.



@Braggasch: Du bist dran. ;)



@Bregs: Ich fühl mich total geehrt. Danke!



Danke nochmal für alles, was rückgemeldet wurde. Wird im Herzen bewegt.

Und: Herzlichen Dank an Jargon und Glum für die kreativen Rückmeldungen im Vorfeld!

Von Romulus von Grauhaar

09.10.2011 13:00

Kurz auch von mir Feedback: Ich kann mich da nur dem Rest anschließen, klasse Single, imho bisher deine beste bisher. Ich freue mich auf weitere tolle Geschichten von dir :) Meiner Meinung nach hätte die Geschichte auf jeden Fall einen Ribbon verdient gehabt...

Von Sebulon, Sohn des Samax

09.10.2011 13:08

[quote="Romulus"]Kurz auch von mir Feedback: Ich kann mich da nur dem Rest anschließen, klasse Single, imho bisher deine beste bisher. Ich freue mich auf weitere tolle Geschichten von dir :) Meiner Meinung nach hätte die Geschichte auf jeden Fall einen Ribbon verdient gehabt...[/quote]
*kichert* Die nächste Single kommt bestimmt. *begibt sich gutgelaunt in die Schreibposition*

Wobei ... jetzt sind erstmal Langzeit-Coop-Projekte dran. Und vorher noch ne Hausarbeit ... na, dann muss der Ribbon wohl noch ne Weile warten ... :D

Von Magane

09.10.2011 18:09

[quote="Sebulon"]Wobei ... jetzt sind erstmal Langzeit-Coop-Projekte dran. Und vorher noch ne Hausarbeit ... na, dann muss der Ribbon wohl noch ne Weile warten ... :D[/quote]
Ich freu mich schon auf Post ^^



Also, mich hat der Fremdspracheneinsatz ein bissel genervt, war ein bisschen zu viel, vorallem weils keine Sprache ist die mir schon mal über den Weg gelaufen ist. Aber ich mach sowas selbst und deswegen mach das ruhig weiter ;)

Ein schöner Einsatz außerhalb Ankh-Morporks, interessante Lösung des Zuständigkeitsproblems, wenn auch rechtlich etwas fragwürdig.

Von Ophelia Ziegenberger

12.10.2011 17:12

:) Sehr schöne Geschichte! Besonders gut gefallen haben mir die ausgearbeiteten Charaktere, die detailierten Szenenbeschreibungen und die natürlich zu lesenden Dialoge. Man merkte der Geschichte an, dass Du ihr genügend Aufmerksamkeit und Zeit zum Reifen gegeben hast. Bitte gerne weiter so! :)

Von Braggasch Goldwart

03.11.2011 19:54

Tjaa... da ich die Fortsetzung wohl machen muss nach diesem Aufruf ( :P ) kannst du dich ja schonmal hinsetzen und mir ne schöne Zusammenfassung aller Charaktäre und wichtiger Punkte in Stadt und land geben - dazu nen Tschechisch-Wörterbuch! :D

Von Sebulon, Sohn des Samax

04.11.2011 09:44

[quote="Braggasch Goldwart"]Tjaa... da ich die Fortsetzung wohl machen muss nach diesem Aufruf ( :P ) kannst du dich ja schonmal hinsetzen und mir ne schöne Zusammenfassung aller Charaktäre und wichtiger Punkte in Stadt und land geben - dazu nen Tschechisch-Wörterbuch! :D[/quote]
Och, Brags, wir machen das einfach wie gehabt: Du stellst mir jede Menge Detailfragen und ich geb dir nen Link, wo du's nachlesen kannst. ;)

(Klar, ich steh an deiner Seite. Always have, always will.)

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