Der Wahnsinn

Bisher hat keiner bewertet.

von Wächterin Jolin die Jägerin
Online seit 29. 11. 2000
PDF-Version

Nork der Pfähler, Stammgast in der geflickten Trommel, ist spurlos verschwunden.
Kannst du ihn wiederfinden, bevor der Wirt einen Nervenzusammenbruch bekommt?
Und... was hat es mit seinen Beinamen auf sich?

Dafür vergebene Note: 11

Jolin saß zusammengesunken am Schreibtisch, die Augen halb geöffnet und das Kinn auf die vor ihr verschränkten Arme gestützt.

Es war dunkel und in der Ferne konnte man den Ankh infolge irgendeiner unbekannten Chemikalie aus der Alchimistengilde blubbern hören.

‚Blöde Nachtschicht' der Gedanke kreiste schon seit einiger Zeit durch ihren Kopf. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein Schwall kalter Luft wehte in das ansonsten auch nicht sehr viel wärmere Zimmer.

‚Blöde Luft' dachte sich Jolin. Eine zitternde Gestalt stand in der Tür und Jolin blinzelte um sie besser erkennen zu können. Die Augen des Mannes waren weit aufgerissen und rot unterlaufen, seine Brust hob und senkte sich hektisch und er atmete mit offenem Mund. Die Haare waren verfilzt und standen zu allen Seiten ab. Eine lustige Sammlung Flöhe sprang gut sichtbar auf seinem Kopf herum und Jolin verzog angeekelt das Gesicht.

‚Blöder Mann' dachte sie sich. Der Mann kam keuchend auf sie zu und stütze sich mit seinen Händen auf der Tischplatte auf. Jolin knurrte und schob die dreckigen Wurstfinger mit einem Stock vom Tisch.

"Verschwinde!" knurrte sie.

"Ich…ich habe eine Vermißtmeldung zu melden…äh, ich meine ich melde eine Vermisstenmeldung vermißt…nein, ich meine jemand ist vermißt…"

"Du stinkst jawohl! Mach das du wegkommst!"

"Aber, aber… du bist doch ein Wächter…ich meine Wächterin, du musst mir doch helfen…" "Ich habe in fünf Minuten Dienstschluß, komm danach wieder."

Die Unterlippe des Mannes fing an zu zittern und seine Augen füllten sich immer mehr mit Tränen, dazu kam ein demonstratives Schniefen. Er ging einen Schritt zurück und Tränen liefen ihm über seine Wangen, die helle Streifen auf der schmutzigen Haut zurückließen. Er sank zu Boden und stützte sich mit seinen Händen auf dem Boden auf.

"Kann mir denn Niemand helfen…sniff…büäähhhh…" Jolin verdrehte genervt ihre Augen und stand langsam hinter ihrem Schreibtisch auf.

"Gehst du jetzt freiwillig oder darf ich Gewalt anwenden?" Der Mann schaute sie einfach nur weinerlich an und seine Unterlippe begann wieder gefährlich zu zittern. Jolin verschränkte demonstrativ ihre Arme vor der Brust und der Mann fing wieder wegen dieser haushohen Ungerechtigkeit an zu weinen.

"Du wolltest es nicht anders…"

Jolin ging um den Tisch herum, zog den Mann am Kragen auf ihre Augenhöhe und zerrte ihn dann zur Tür. Sie riss die Tür aggressiv auf und schleuderte den armen Mann direkt vor Daemons Füße, der sie wegen "ungebührlichen Verhaltens" (Er hatte Kaugummis unter die Tische geklebt) von der Nachtschicht ablöste.

Ein Schwall Regentropfen wehten über sie hinweg und sie atmete erleichtert auf, da sie sich nun nicht um den verrückten Alten kümmern musste.

"He, wer ist das denn?" fragte er und sprang zurück als ein Flohvolk versuchte auf ihn überzusiedeln.

"Weis ich auch nicht, aber da ich jetzt Dienstschluss habe wirst du dich wohl oder übel um ihn kümmern müssen." Vergnügt zog sie sich ihre Jacke an, spannte den Schirm auf als sie neben Daemon herging und blieb verduzt stehen.

"Du sag mal, bist du nicht der Wirt der "geflickten Trommel"?" Jolin schnipste mit den Fingern, jetzt wusste sie endlich warum er ihr so bekannt vorgekommen war.

"Du sagst es!" Daemon entfernte sich noch ein paar Schritte als der Wirt aufstand und eine Wolke Flöhe verbreitete. Jolin grinste.

"Jetzt wo das geklärt ist, Daemon, kannst du dich ja voll und ganz seinen Problemen widmen. Ich geh dann mal, Tschüühüs."

"Halt!" Daemon dachte gar nicht daran sich das gefallen zulassen.

"Er ist eindeutig zu dir gekommen, also wirst du dich um ihn kümmern müssen, äh…"
"Jolin die Jägerin"

"Genau, Jolin die Jägerin."

"Nenn mich Jolin"

"Jolin. Er ist eindeutig zu dir gekommen, also wirst du dich um ihn kümmern. Na wird's bald? Ich habe keine Lust eine Flohvölkerwanderung über mich ergehen lassen zu müssen!" Haha, jetzt hatte er es ihr aber gezeigt! Schließlich war er ja ihr Vorgesetzter! Jolin lies die Schultern hängen und ging wütend an Daemon vorbei, zurück in das Wachhaus, doch nicht ohne ihm vorher einen bitterbösen Blick zuzuwerfen.



"Ok, dann erzähl mal, was ist denn dein Problem." Auf der Nase des Wirtes war ein heller Fleck, da wo er sich die Nase geputzt hatte, und weiße Streifen verliefen dort, wo seine Tränen hergelaufen waren.

"Norki ist weg."

"Norki?" Jolin zog die Augenbrauen hoch und blickte fragend zu Daemon der es sich hinter dem Schreibtisch gemütlich gemacht hatte, doch der zuckte nur mit den Schultern und schüttelte mit dem Kopf. Jolin ging im Zimmer auf und ab und wusste so recht nicht was sie tun sollte.

"Nork der Pfähler." erklärte der Wirt schnell.

"Der Pfähler? Was soll das denn heißen?"

"Naja, er hat fürchterlich Angst vor Vampiren und trägt deshalb ständig Holzpfähle mit sich rum, mit denen er sich meistens selbst aufspiest." erklärte Daemon. Jolin versuchte sich ihren Missmut nicht anmerken zu lassen.

"Und wo ist er hin?"

"Weis nicht."

"Weswegen kommst du dann zur Wache?"

"Weis nicht."

"Dann komm morgen wieder."

"Jolin!" erklang der strenge Ruf Daemons. "Kümmre dich um ihn und dann räumst du das Durcheinander auf dem Schreibtisch auf, das du angerichtet hast!"

"Durcheinander? Ich bin ein von Grund auf ordentlicher Mensch."

"Ach ja, dann frage ich mich warum der Tisch plötzlich mit allen möglichen Arten von Zetteln und Papieren und allem möglichen anderen Müll vollgeladen ist. Was ist denn zum Beispiel das," Daemon zog ein Blatt aus einem beachtlichen Papierhaufen hervor und studierte eingehend die Schrift. "Mmmh…mmhmmh… Jolin, lies mir das mal vor." Jolin nahm den Zettel aus Daemons Hand und wurde rot.

"Äh…das ist…äh…ganz unwichtig!" Sie fing an in dem unübersichtlichen Müll herumzuwühlen und zog noch ein paar andere Zettel aus dem Haufen, die sie schnell in ihrer Tasche verschwinden liess.

"Wie findest du dich hier eigentlich noch zurecht?"

"Tja, wir Genies herrschen nun mal über das Chaos." Daemon zog eine Grimasse und ein lautes Donnern erklang und Regen klatschte gegen das Fenster.

"Also noch mal, was ist dein Problem?" Jolin setzte sich auf die Tischplatte und schaute den vielen Flöhen auf dem Kopf des Wirtes zu.

"Norki ist weg."

"Das hast du schon mal gesagt, aber wo ist dein Problem?"

"Häh?"

"Na, ist dieser Norki irgendein Verwandter von dir?"

"Nö."

"Bist du mit Norki verheiratet?"

"Nö."

"Und wo ist das Problem?"

"Er ist weg."

"Wie lange ist er schon weg?"

"Seit gestern Abend."

"Und dann kommst du zu mir gelaufen?"

"Ja…

"Ok…" Jolin zwang sich innerlich zur Ruhe. "Reden wir doch einmal über deine Mutter." Daemon sah von seiner Schreibarbeit auf und betrachtete Jolin mit einem Blick der sagte: Was haben sie denn mit dir gemacht?

"Meine…Mama?" Jolin nickte und sah ihn mit irrem Lächeln für Irre und Kleinkinder an. "Sag nichts schlechtes über meine Mama!"

"Aber das habe ich doch gar nicht. Ich will nur die Abgründe deiner Seele erforschen um dich dann einer Gehirnwäsche zu unterziehen und zu einem meiner Willenlosen Sklaven machen." Daemon begann langsam an Jolins geistlicher Gesundheit zu zweifeln. Der Wirt blickte entsetzt in Jolins Gesicht, die immer noch harmlos, mit einem leichten Anflug des Wahnsinns in ihren Augen lächelte

"Ähm…ich glaube ich habe wohl doch etwas überreagiert, Norki ist sicherlich schon wieder da…äh, auf Wiedersehen!" Daemon sah Jolin erschrocken an und Jolin drehte sich grinsend zu ihm um.

"Siehst du Daemon, so macht man das."

Er sah in ihr Gesicht und war sich nicht ganz sicher ob es wirklich nur gespielt war…



Ende



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung