Die Rohrpost - finden, schrauben, drucken

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von Hauptgefreiter Braggasch Goldwart (FROG)
Online seit 31. 05. 2009
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 Außerdem kommen vor: Glum SteinstiefelSebulon, Sohn des SamaxAraghast BreguyarBjorn Bjornson

"Dieser Stift hat sich bewegt. Was lernen wir daraus? Nichts kann von sich aus existieren!" "Und was ist mit Gott?" "Der hat schon immer existiert." - mein alter Religionslehrer zum Thema Schöpfung, nachdem er einen Bleistift quer durch den Klassenraum geworfen hat. Toller Mann.

Dafür vergebene Note: 12

Vorsicht, der nachfolgende Text könnte Schleichwerbung enthalten!


Braggasch saß im Schneidersitz an seinem neuen Lieblingsort, dem Lagerhaus voller Müll, welches für ihn ein Paradies auf Erden darstellte - wenn Zwerge an ein Paradies glauben würden. [1]
Umständlich fischte er Gegenstände aus einem der großen Haufen, die den Hallenboden bedeckten, besah sie, reinigte sie ausgiebig und legte sie in Grüppchen zusammen. Viele dieser sortierten Ansammlungen nahmen bereits den wenigen Platz um ihn herum ein. Die ganz besonderen Stücke brachte er vorsichtig zu seinem Spezialkasten, der aus einer alten Schublade bestand. Mitunter hatte er schon eine dreiundachtziger Mutter gefunden, die so gar nicht mehr produziert wurde, ebenso wie den Sechseckwinkeldreher, der verboten wurde, nachdem sich das Oberhaupt der Uhrmachergilde damit vier Finger gebrochen hatte - und zwar als er ihn aus der Verpackung holte.
Sicher würde der Zwerg noch Jahre benötigen, um auf diese Art alles Verwertbare im Lagerhaus zu sichten, abgesehen davon, dass Goldwart bereits einen abgebrochenen, rostigen Nagel als verwertbar empfand, doch das machte ihm nichts aus. Er verbrachte gerne jede freie Minute, die er erübrigen konnte, an diesem Ort und staunte über Dinge, die normale Bürger höchstens dann interessant gefunden hätten, wenn sie sich schmerzhaft in die Fußsohle bohren würden.
Fröhlich pfeifend griff der Obergefreite abermals in den Haufen, ertastete einen rechteckigen Klotz und zog ihn - unter erheblicher Anstrengung, denn das Ding schien sich verkeilt zu haben - aus dem übrigen Gerümpel. Verwundert betrachtete er das erstaunlich schwere, kleine Quadrat. Blei..., ging es ihm durch den Kopf. Einen offensichtlichen Nutzen schien es nicht zu erfüllen, wenn man mal von der Verwendung als Gegengewicht absah. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Braggasch die Ausbuchtung in Form eines 'G's.
Der Zwerg nahm den Helm ab und kratzte sich nachdenklich am schütteren Haaransatz. Dann legte er das Ding beiseite und grapschte abermals tief in den Berg hinein, an jener Stelle, wo er es herausgezogen hatte. Nicht weit entfernt vom ersten Fundort entdeckten seine tastenden Finger einen weiteren Würfel. Ein seltsamen Symbol ragte dieses mal daraus hervor: Es sah aus wie zwei leicht schräge Pluszeichen, die man versetzt übereinander gelegt hatte.
Greifen. Tasten. Der nächste Bleiklotz zeigte eindeutig ein 'O' oder eine Null.
Goldwart legte die drei Gegenstände nebeneinander. Abgesehen von den Ausbuchtungen schienen sie identisch zu sein.
Die mentalen Zahnräder des Spähers knirschten, ruckten - und verkeilten sich. Ein Lächeln breitete sich langsam auf dem Gesicht des Zwergs aus, als er erkannte, was er da vor sich hatte.

*

"Gürtel!"
Der Angesprochene hob verwundert den Blick von seinem Bier. In der Tür der Zwergenkneipe stand ein zerzauster, aufgeregter und vor allem schmutziger Braggasch. Einer der Ärmel war tief eingerissen und vom Lederzeug schienen sich mehrere Schnallen gelöst zu haben. Sebulon sah Glum Steinstiefel und Bjorn Bjornson, die mit ihm am Tisch saßen, kurz fragend an, aber in ihren Gesichtern spiegelte sich, wahrscheinlich ebenso wie in seinem, ängstliche Faszination, was dieser Auftritt bedeuten mochte.
"Mené meinte, äh, das du hier wärst... äh... Glum, Bjorn! Sehr gut, das ihr, äh, auch da seid!"
Stiefel hob abschätzend eine Augenbraue. "Gut für uns oder für dich?"
"Sehr gut für uns, äh, alle!"
"Da bin ich aber mal gespannt..."
Mit einem tiefen Seufzer stand Samax Sohn auf und drückte den vibrierenden Späher auf einen noch freien Stuhl. "Ganz ruhig, Gol... Brag. Zuerst bestellen wir dir ein Bier und dann erzählst du uns - in aller Ruhe - was passiert ist."
"Oh, äh, nein Gürtel, kein Bier, nur eine Tasse... äh... heißes Wasser."
Sebulons geübte Püschologenmiene blieb unbewegt, als er erwiderte: "Klar, Brag. Bjorn, wärst du so freundlich...?"
"'Türlich.", murmelte der Rechtsexperte grinsend und machte sich auf zum Tresen.
"Also, was gibt es?"
Goldwart wischte sich abwesend einen Rostkrümel aus dem Augenwinkel, als er antwortete: "Ich, äh, habe es großartiges gefunden!"
Die beiden Zwerge warteten geduldig, dass er weitersprach, doch er schaute nur überrascht auf den Krümel an seiner Fingerspitze.
"Ja?", brummte Glum schließlich.
"Was? Oh! Äh! Ja!" Braggasch schnippte den Rost fort und richtete sich auf. "Es ist großartig! Platz für sechshundertdreißig Lettern, pneumatische Bewegungsachse, kugelgelagerte Massivmetallrollen, eine Bedienungskonsole nach gestaffelter Hexameterkontinuität, sechsfach gefaltete Stahlzahnräder..."
Der alte Moloss beugte sich über den Tisch zu Sebulon. "Hast du auch nur den Hauch eines Schimmers, von was der da redet?"
Doch der Püschologe hab nur Stille mahnend die Hand. Er hatte die Augen geschlossen und sein Mund formte stetig die Worte nach, die sein Freund vor sich hinbrabbelte, während sein Gehirn arbeitete. In einer Redepause von Burkhards Sohn hoben sich die Lider wieder und er fragte: "Eine Druckerpresse?"
Braggasch strahlte. "Ist das nicht, äh, wundervoll?"
"Was ist wundervoll?", fragte Bjornson, der gerade mit einer dampfenden Tasse zu den anderen Zwergen hinzustieß. Statt zu antworten, kramte Goldwart in einer seiner Gürteltaschen herum und förderte ein kleines Päckchen zutage.
"Druckerpresse.", grummelte Glum, während er angewidert zusah, wie der Späher einige Streifen Papier auseinander faltete, und eine blasse, leicht ins rosa tendierende, klebrige Masse zum Vorschein kam. Vorsichtig brach er einen Teil davon ab und ließ ihn in die Tasse plumpsen.
Sebulon räusperte sich vorsichtig. "Brag?"
"Ja?"
"Was ist das?"
Verwundert sah Braggasch seinen Freund an. "Mein Blutersatz.", antwortete er, als sei es das verständlichste der Welt.
"Aha."
Samax Sohn schloss resignierend die Augen, doch für Bjorn war diese Geschichte neu. "Warum Blutersatz, Braggasch. Bist du krank?"
"Im, äh, Gegenteil. Ich bin weit über jede Art von, äh, Krankheit hinaus."
Der grünäugige Zwerg strich sich nachdenklich durch den Bart, bevor er antwortete: "Das verstehe ich nicht wirklich."
Verträumt blickte Goldwart an dem Rechtsexperten vorbei und raunte: "Äh... ich bin ein Vampir."
"Ach." Unsicher sah Bjornson zu Sebulon. Der zuckte nur mit den Schultern.
"Aber das ist jetzt auch, äh, unwichtig. Äh... Es geht um die Presse. Ich brauche eure, äh, Hilfe, um sie zur, äh, Wache zu bringen."
"Und was machen wir auf der Wache mit dem Teil?"
Glums Frage warf den blonden Zwerg völlig aus der Bahn. "Na... äh... ja... Ich dachte, äh, man könnte vielleicht... oder, äh..."
"Ja?"
"So eine Druckerpresse kann doch, äh, jeder gebrauchen!"
"Wirklich?"
"Äh... Ja?"
"Ich fürchte nicht, Brag.", mischte sich der Püschologe ein. "Was willst du denn damit anstellen? Flugzettel drucken, auf denen steht: 'Bitte seid brav, liebe Bürger, damit wir weniger Arbeit haben.'?"
Braggasch senkte beschämt den Kopf. "Du, äh, scheinst nicht zu glauben, das so was funktioniert..."
"Ganz richtig."
"Wie wäre es, wenn du erst einmal Bregs danach fragst.", schlug Bjorn vor.
Burkhards Sohn schrak zusammen. "D...den Ko...ko...kommandeur?"
"Warum nicht? Wenn einer weiß, ob wir eine Druckerpresse in der Wache gebrauchen können, dann er."
Stiefel gab dem, noch immer stehenden, Zwerg einen Klaps auf dein Arm. "Er soll den Kommandeur wegen einer solche Kleinigkeit stören? Ich glaube, der hat wirklich genug zu tun."
"Ja, aber dann lässt er uns damit in Ruhe.", zischte Bjornson.
"Oh." Nachdenklich legte der alte Zwerg den Kopf zur Seite. "Ich finde, das ist eine großartige Idee, Braggasch."
"Äh... äh... wirklich?", murmelte der Späher.
"Es kann zumindest nicht schaden.", räumte Sebulon ein.
Mit zitternden Händen hob der Obergefreite den ekelhaften, blassrosanen Tee an die Lippen.

*

Es klopfte. Mit einem Seufzer legte Araghast die Flasche zurück in die Schublade und kramte ein paar Papiere hervor, über die er sich geschäftig beugte, bevor er murmelte: "Ja?"
Das Klopfen wiederholte sich.
Der Kommandeur hob ein wenig die Stimme. "Herein!"
Klopfen.
Entnervt sah Bregs zur Tür. "Ich sagte: Herein!"
Klopfen.
Araghast Breguyar stemmte sich hoch und ging gemessenen Schrittes zum Eingang seines Büros, während sich das Pochen in regelmäßigen Abständen wiederholte. Einen Moment wartete er, bis das Klopfen kurz bevor stand, dann riss er die Tür auf und schnauzte: "Was bei allen Höllen willst du... Obergefreiter?"
Braggasch, die rechte Hand erhoben, erstarrt, kurz bevor seine Faust das Holz der Tür erneut berührte, und sah ängstlich zum Kommandeur auf.
"Na?"
Der Zwerg schien versucht, sich in seiner Kleidung zu verstecken, während er gleichzeitig bemüht war, Haltung anzunehmen. Begleitet wurde dieser Vorgang von stetigem Zittern.
Bregs püschologischer Verstand meldete, dass hier ein anderes Vorgehen angebracht war. Müde rieb er sich die Augenklappe. "Du kannst den Arm runter nehmen, Obergefreiter."
"Be-ba-be-ba-be-braggasch."
"Was?"
Der Späher salutierte verzweifelt. "Braggasch Goldwart, Sör!"
Die Erinnerung an ein Gespräch mit Kanndra zog durch das Hirn des Kommandeurs. Er lächelte. "Schon gut, Obergefreiter. Nimm jetzt bitte den Arm runter und komm rein."
Bregs zog den verdatterten Sohn Burkhards in sein Büro und drückte ihn auf einen Stuhl. "Kann ich dir etwas anbieten? Einen Tee oder so? Nein? Nun gut. Was willst du?"
Braggasch befeuchtete seine Lippen. "Äh... Kann, äh, will die Wache... äh... Braucht die Wache eine, äh, Presse?"
Araghast blinzelte. "Nuuun, unsere neue Köchin hätte gegen eine neue Knoblauchpresse sicher nichts einzuwenden... Aber das fällt nicht in meinen Aufgabenbereich und raubt mir somit wichtige Zeit, Obergefreiter."
"Äh, nein, Sör. Ich... äh... meine eine Druckerpresse."
Breguyard lehnte sich interessiert in seinen Sessel zurück. "Ach ja?"
"Ja, äh." Verzweifelt suchte Goldwart nach Worten. "Ich habe eine, äh, gefunden."
"So richtig mit Rädern und Rollen und Buchstaben und so?"
Der Späher blinzelte. "Ja... mit, äh, allem, was auch... äh... normalerweise dran wäre, Sör."
"Das erinnert mich an die gute alte Zeit, als wir bei Stubbs&Rollich eine eigene Zeitung verlegen ließen..." Der Kommandeur maß seinen Gegenüber von oben bis unten, dann stützte er seine Hände auf der Tischplatte ab und schob die Nase bis kurz vor Braggaschs Gesicht. "Ich habe eine großartige Aufgabe für dich, Obergefreiter!"


*

"Wie konnten wir uns nur zu so etwas überreden lassen?", stöhnte Bjorn und wäre beinahe unter dem Gewicht der Rolle zusammen gebrochen.
"Pass auf!", glummte Brum [2] "Wir haben's ja gleich geschafft."
"Aber im Hof stehen noch drei davon!"
"Red nicht, sondern zieh."
Mit Mühe und Not schafften es die beiden Zwerge über den Treppenabsatz, legten die schwere Metallrolle in den Flur und lehnten sich hingebungsvoll schnaufend an die Wand.
"Warum hat der Kommandeur ihm denn auch einen Raum im dritten Stock gegeben? War im Keller nichts mehr frei?", moserte Bjornson.
"Vielleicht ein Witz? Außerdem sind hier die Klackertürme und Taubenschläge... Und sei froh, dass Braggasch den Gefängniswagen für den Transport von dem seltsamen Lagerhaus hier her bekommen hat. Das wäre eine Schlepperei gewesen!"
Die knarrenden Treppenstufen meldeten einen neuen Träger an. "Steht hier nicht so herum, ihr Vier... nein, Moment... Zwei! Unten wartet noch eine ganze Menge Zeug.", schnaufte Sebulon und stellte eine Kiste neben die Rolle, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen.
"Du hast gut reden!", schniefte Bjorn. "Immerhin trägst du nur einen kleinen Karton."
Samax Sohn zog eine Augenbraue in die Höhe. "Erstens ist dies ein Holzkasten.", entgegnete er gespielt gestelzt. "Und zweitens ist er bis oben hin mit Blei gefüllt. Ich frage mich ernsthaft, warum man kein leichteres Metall für die Druckblöcke nimmt..."
"Um uns zu ärgern."
"Ganz richtig, Stiefel.", grinste der Rechtsexperte unter den Dreien. "Was mich eher interessiert, ist, was die Wache überhaupt mit einer Zeitung will."
Sebulon zuckte mit den Schultern. "Soweit ich Brag verstanden habe, ist das so eine Noss-tall-gieh Sache."
"Wo steckt der eigentlich?" Glum rieb sich über den Nacken. "Er könnte ruhig sein eigenes Zeug mitschleppen!"
Der Rum-Püschologe lachte. "Brag? Der könnte nicht mehr als zwei Schrauben auf einmal tragen. Außerdem wollte er Papier und Tinte besorgen. Was der Kommandeur ihm auch immer gesagt hat, der Arme ist völlig aus dem Häuschen, hetzt herum und so. Ich fürchte, wenn die Sache hier nach hinten losgeht, bekommt er einen Nervenzusammenbruch..."
Bjorn nickte und fuhr sich durch den Bart. "Was will er da eigentlich reinschreiben?"
"Keine Ahnung. Braggasch-Zeug eben... wahrscheinlich die neusten technischen Errungenschaften oder so."
"Mit anderen Worten: Es wird furchtbar öde.", warf Stiefel ein.
Die drei Zwerge sahen sich an.
"Tja.", kommentierte Sebulon.
"Wie dem auch sei. Lasst uns das Zeug hier endlich in den... in welchen Raum müssen wir eigentlich?"
"Dreihundertzehn, glaube ich."

*

Die kleine Messingglocke schellte, als Braggasch durch die Tür trat. Schuldbewusst zuckte er zusammen. Er befand sich in einem Laden für Druckmaterialien - zumindest stand das draußen über der Tür. Doch jener Hinweis war auch das einzige, was die Räumlichkeiten als Geschäft auszeichneten. Es glich mehr einer kleinen Fabrikhalle.
Die Wände waren vollgestellt mit Regalen, auf denen schwere Papierballen ruhten. Schneid- Druck- und Stanzmaschinen standen in Reih und Glied in der Mitte des Raums und große Tonnen mit kryptischen Bezeichnungen aus Zahlenkolonnen lagerten scheinbar wahllos dazwischen.
"Einen schunderwöhnen - wunderschönen, meine ich natürlich - guten Tag!" dröhnte eine Stimme aus den Tiefen der Halle und wenig später baute sich ein großer, fetter Mann vor Goldwart auf. "Es freut mich einen Angehörigen der wohl fleißigsten Hesenweiten - Wesenheiten - von Ankh-Morpork in meinem dichten Geschäft - Entschuldigung, schlichten Geschäft - begrüßen zu können! Kann ich ihnen helfen?"
"Äh..." Der Zwerg sah ehrfürchtig zu der Naturgewalt hinauf. "Äh... ja? Sie sind, äh...?"
"Ich bin derjenige, dessen Name auf dieses Geschäft stiert - will meinen: Dessen Name dieses Geschäft ziert."
Braggasch schluckte. "Also sind sie, äh, Herr Rollich?"
"Nein, mein Name ist Stubbs. Stefan Stubbs, zu ihren Diensten."
"Äh... na gut. Der Kommandeur der Stadtwache, äh, hat sie erwähnt. Sie, äh, verkaufen auch Tinte und Papier?" Burkhards Sohn deutete auf die Regale.
Stubbs nickte, was einigen seiner Kinne eine Eigenbewegung einbrachte. "Wir spucken und treten an."
"Äh... Bitte?"
"Verzeihung. Wir drucken und bieten an. Aber wie nett vom Kommandeur, dass er sich an uns erinnert. Folgen sie mir bitte."
Leicht konfus trabte Braggasch hinter dem Ladenbesitzer her, sorgsam die technischen Spielzeuge rings umher betrachtend. Der Anblick einer besonders großen und furchteinflößenden Apparatur ließ ihn stoppen. Im Großen und ganzen hatte er Schrankform, an einer Seite ragten Ständer mit Holztafel heraus und die Vorderseite zierte eine kleine Klappe und ein Schlitzt.
"Was ist, äh, das da? Es scheint keinen, äh, wirklichen Antrieb zu haben..."
Stubbs lächelte. "Vom Fach, wie? Ja, sie haben recht, dies ist keine schematische - ich meine, mechanische - Einheit, wie der Rest. Hier ist Wagie am Merk."
"Äh... Wagie?"
"Magie am Werk. Dies ist ein Graveurautomat. Für die Bilder in unserer Zeichnung. Ein sehr zuverlässiger Kobold bedient ihn. Eifriger kleiner Kerl. Man schiebt vorne einfach die Ikonographie ein und wählt die Größe der Latte - Platte. Früher beschäftigten wir natürlich Graveure, doch die wurden immer gieriger. Man findet einfach kein gutes Porzellan mehr."
Ohne den Blick von der Maschine zu wenden, hakte der Zwerg nach: "Meißelten sie auf, äh, Keramikplatten?"
"Was? Wieso?"
"Äh... sie sagten etwas von, äh, Porzellan."
"Oh? Ich meinte man findet kein gutes Personal mehr. Gehen wir weiter? Herr?"
Goldwarts Augen hatten einen feuchten Schimmer bekommen. "Wie viel kostet das?"
Stefan schüttelte betrübt den Kopf. "Ich glaube nicht, dass sie das wissen möchten. Lassen sie uns doch zuerst das notwendige klären - was genau sie kaufen möchten und wozu. Wir haben meinen Reibfisch - Schreibtisch - fast erreicht. Welche finanziellen Mittel stellt ihnen die Wache denn zu Verfügung?"
Der Wächter kehrte augenblicklich in die Realität zurück. "Finanzielle, äh, Mittel?"
Stubbs stockte, grinste dann aber breit. "Beinahe hätten sie mich gehabt!"
"Äh... ja?"
"Dem armen Stefan so einen Schrecken einzujagen! Na, kommen sie, stellen wir zusammen, was sie rauchen - Entschuldigung, ich meine natürlich brauchen."

*

Mit ermutigendem zischen kündete die Destille das Nahen der ersten Tropfen Flüssigkeit an. Mit der Intuition eines Kenners wartete Ruppert noch einige Sekunden, bis er das kleine Ventil aufdrehte und die Flasche darunter platzierte. Langsam, golden schimmernd und fast zähflüssig tropfte der Whisky in das bereitgestellte Gefäß. Der Geruch nach starkem Alkohol erfüllte den Raum und lies ag LochMoloch das Wasser im Munde zusammen laufen, als es leise an der Schuppentür klopfte.
Leicht verärgert überließ der Hauptgefreite den Destillierprozess sich selbst und wandte sich dem Störenfried zu, der sich, nachdem die Tür geöffnet worden war, als hellblonder Angehöriger der Wache, genauer gesagt mit Frog-Abzeichen, herausstellte.
"He... du bist... Broggosch, oder?"
"Äh... Braggasch."
"Ja, stimmt.", nachdenklich fuhr sich der große Mann durch den roten Bart. "Du bist doch öfters mit Mené unterwegs, oder?"
Statt einer Antwort nickte Goldwart nur schüchtern.
"Na, dann, komm rein. Ich habe hier etwas, das einem Zwerg... du warst doch Zwerg, oder? Gut. Es wird dir sicher gefallen." Ruppert trat beiseite, um seinen Besuch einzulassen.
Braggaschs Augen fingen, ob der Wolke aus Hochprozentigem, sofort an zu tränen - doch der ehemalige Hochländer schien das nicht zu bemerken. Stolz deutete er zur Flasche, auf deren Boden sich mittlerweile eine dünner Film Whisky gebildet hatte.
"Mein neuster Versuch. Dieses Mal habe ich die Gerste ein wenig länger keimen lassen. Du bist der erste, der ihn probieren darf!"
Burkhards Sohn betrachtete die aufwendige Destillierapparatur ehrfürchtig, antwortete jedoch leichthin. "Oh, äh, ich trinke eigentlich nie Alkohol. Ich bin ein, äh, Vampir, weißt du?"
Ruppert ag LochMoloch verzog angewidert das Gesicht. "Papperlapapp. Auch Vampire trinken.", stellte er fest, drückte Braggasch einen kleinen Tonbecher in die Hand, füllte ihn und einen für sich knapp mit dem Neugebrannten und brachte die Flasche schnell wieder unter das tropfende Ventil.
"Auf die Erfindung von Pferdefutter!", tönte der Llamedoser und kippte das Getränk hinunter. "Herrlich!"
Goldwart schnupperte, nippte - und keuchte. Wie flüssiges Feuer floss der Whisky seine Kehle hinunter und lies den Geschmack von Kohlemeilern zurück. "Äh... äh... lecker...", brachte er zwischen mehreren Hustern hervor.
"Nich' wahr?", freudestrahlend betrachtete Ruppert den Kleineren. "Sag mal, warum bist du eigentlich hier?"
"Äh..." Der Zwerg bedachte den kaum angerührten Whisky in seiner Hand mit einem Blick und war sich fast sicher, diesen höhnisch kichern zu hören. "Menélaos meinte, das ich dich, äh, hier finde."
"Tatsächlich? Und wozu finden?"
"Äh... er hat dich empfohlen. Er meinte, du kennst, äh, Leute."
Langsam kam sich Ruppert veralbert vor. "Schon möglich."
"Die, äh, Sache ist die: Ich brauche Geld."
Ah, darauf läuft es also hinaus... "Nun, ich glaube nicht, das ich dir viel leihen kann."
"Äh... neinnein." Braggasch zwirbelte verzweifelt seinen Bart, er wusste einfach nicht, wie er es ausdrücken sollte. "Ich brauche viel Geld."
"Tja... dann..."
"Für die Wachezeitung.", unterbrach Goldwart seinen Gegenüber.
"Was für eine Wachezeitung?"
Braggasch erklärte es ihm.
Und dann erklärte er es ihm noch einmal, da Ruppert vor lauter Lachen kaum etwas verstanden hatte.
"Und du meinst wirklich, die Leute zahlen was dafür, dass ihre Geschäfte in unserer Zeitung genannt werden?"
"Menélaos meinte, äh, in der Times und, äh, im Kurier funktioniert das..."
Ag LochMoloch kratzte sich am Kopf. "Ja, schon, aber..."
"Bitte! Du kennst doch, äh, die Leute, du kannst sie bestimmt überzeugen... äh... der Kommandeur baut auf, äh, mich und ich... ich baue auf dich!"
Der menschliche Hauptgefreite sah die Verzweiflung in den Augen des Kleinen und gab sich geschlagen. "Auch wenn ich nicht glaube, dass Bregs die Sache so wichtig ist... und selbst wenn! Aber bei meinen Großvater, die Sache ist so verrückt, das sie mir gefällt!"
Braggasch strahlte. "Danke!"
"Ich werde dir diene Anzeigen besorgen - und dafür so viel Geld, dass du dir das Papier und den anderen Schnickschnack kaufen kannst! Komm, darauf trinken wir noch einen!"
"Äh..." Aber jeder Einwand kam zu spät, schon war der Becher des Spähers wieder bis zum Rand gefüllt.

*

Sebulon fand einen ächzenden Braggasch in dessen neuen Büro und Druckraum für die Zeitung. Er saß auf einer der Kisten und hielt sich den Schädel, in der Hoffnung dass die Welt dann aufhören würde um ihn zu rotieren.
"Goldi?"
"Hmpf?"
"Alles in Ordnung bei dir?"
Die Antwort war ein Nuscheln durch die Handflächen, welches der Püschologe kaum verstehen konnte. "Ght mr gt."
"Was?"
Goldwart hob den Blick. Seine Augen brauchten einen Moment um den Freund zu fixieren. "Ich, äh, sagte: Es geht mir gut."
Trotz des eindeutigen Drogeneinflusses klang seine Stimme erstaunlich klar. Sebulon beließ es dabei. "Bjorn, Glum und ich haben darüber diskutiert, was du in diese Zeitung eigentlich hineinschreiben wolltest. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir dir helfen werden."
"Äh... Ach?"
"Ist ja nicht zu vermeiden.", seufzte Stiefel, der gerade durch die Tür trat. "Wir wollen, dass eine ordentliche Zwergenarbeit draus wird. Hast du dir schon mal deine Berichte angesehen? Eine Zeitung? Als ob du da keine Hilfe bräuchtest."
Bjorn folgte ihm auf den Fersen. "Und ob.", bestätigte er. "Je mehr Schreiber, desto interessanter wird es, verstehst du?"
"Äh..."
"Wir haben das schon ausdiskutiert.", fuhr Bjornson fort. "Ich höre mich mal ein bisschen bei den Stadtangelegenheiten um..."
"... Glum wird den wirtschaftlichen Teil übernehmen und ich sehe mal, ob ich nicht etwas gutes über die neuste Technik sagen kann - denn, sei mir bitte nicht böse, wenn du das schreibst, versteht das niemand. Na ja. Vielleicht der Entwickler.", hakte Sebulon ein.
Braggasch sah vom einen zum anderen. Ein Lächeln schlich sich langsam auf sein Gesicht. "Das, äh, klingt gut. Es fehlt noch etwas... äh... aber das ist für den Anfang, äh..." Das Lächeln wuchs in die Breite und wurde zu einem ausgewachsenen Grinsen. "Ja, das wird gut! Ha! He, äh, Leute! Wir machen eine Wachezeitung!"
Während Samax Sohn amüsiert in die Runde zwinkerte, legte Glum den Kopf schief und kniff nachdenklich die Augen zusammen.
"Wir nennen sie, äh... hmmm... Klacker und bringen sie... äh... pro Quartal raus!", brabbelte der Späher weiter.
Wortlos zog der Älteste unter ihnen seinen Notizblock und einen Stift hervor.
Goldwart war jetzt richtig in Fahrt. "Da kommen dann Zusammenfassungen rein, äh..."
Blei kratzte über Papier. Sebulon und der Rechtsexperte sahen Glum neugierig über die Schulter. Burkhards Jüngster schien das nicht zu merken.
"...und Anzeigen und, äh, eine Kolumne auch!"
Bjorn konnte sich ein kurzes Auflachen nicht verkneifen, als er sah, was Stiefels Stift erschuf.
"Ich mache den, äh... ja - den Chefredakteur und ihr die Autoren, äh, und los geht es!"
"In PDF?", murmelte Glum trocken.
Das warf Braggasch ziemlich aus der Bahn. "Äh... was?"
"Persönlich Drolligen Formulierungen. Egal." Der alte Zwerg schien, während er sprach, ganz auf sein Notizbuch konzentriert zu sein. "Du hast gesagt, es fehlt noch etwas..."
"Äh... ja?"
Das Kratzen des Zeichnens hörte auf, Glum drehte sein Büchlein um, so das Goldwart es sehen konnte. "So was zum Beispiel?"
Der Blonde betrachtete die sechs kleinen, schnell gezeichneten Bildchen. "Ja! Ja, das ist... wie, äh, nennst du es?"
"Hm...", meldete sich Sebulon zu Wort. "Es ist komisch... wie wäre es mit Ko-Mik?"
Sie sahen sich an. Sie nickten.

*

Es war spät. Rattern, Rumsen, Knacken und Fluchen drangen aus Raum 310.
Als Araghast Breguyar die Tür öffnete, sah er seinen neu ernannten Redakteur auf dem Boden sitzen. Um ihn herum ein großer Ring der verschiedensten Federn, Räder, Schrauben, Stangen Werkzeuge und weniger genau zu identifizierenden Dinge. Schmunzelnd lehnte sich der Kommandeur an den Türrahmen, seine Kaffeetasse in der Hand, und beobachtete das geräuschvolle Arbeiten Braggaschs.
Erst Minuten später bemerkte dieser die Anwesenheit des Offiziers an seinem genussvollen Schlürfen während einer minimalen Schaffenspause. Goldwart zuckte fürchterlich zusammen - was den Kolben, den er gerade zusammengesetzt hatte, dazu veranlasste, wieder auseinander zu springen - und drehte sich ruckartig um.
"Lass dich nicht stören.", bemerkte Bregs trocken. "Ich wollte nur sehen, was du zu so später Stunde noch treibst."
"Äh..."
Der Mann winkte ab und trat in den Raum um sich einen möglichen Sitzplatz zu suchen. "Wie ich sehe, kommst du gut voran?"
"Oh. Äh. Es wird, äh, gut, denke ich.", murmelte Braggasch wage. "Darf ich dich fragen, warum, äh, du noch hier bist?"
"Das Übliche. Schreibarbeit." Müde rieb sich Araghast den Nasenrücken. "Wie ich das hasse..."
Der Zwerg suchte ebenfalls eine gemütlichere Position. Sinnierend fuhr er sich mit der Hand durch den Bart. "Mit einer Tippmaschine wäre es wahrscheinlich weniger anstrengend..."
"Einer was?"
"Äh... eine Idee, die mir beim Bauen der Druckerpresse, äh, gekommen ist. Man nimmt kleinere Druckklötze und schweißt die auf mechanische Arme, die sich beim betätigen einer Taste auslösen... Allerdings müsste man natürlich einen Stoff verwenden, der die Tinte lange frisch hält, sonst müsste man dauernd nachfüllen..."
Die Augenbrauen des Kommandeurs wanderten misstrauisch zusammen. "Ja. Schön. Vielleicht komme ich darauf zurück." Nachdenklich drehte er seine Tasse zwischen den Händen. "Sagt dir der Name Serpentina Schnüffel etwas?"
"Äh... nein. Wieso?"
"Nicht?" Bregs war ehrlich erstaunt. "Nun, dann nehme ich an, du wirst sie kennen lernen. Sie hat mich im Auftrag der Rohrpost interfjuht."
"Inter...äh..."
"Ein Gespräch mit mir geführt."
Braggasch blinzelte verwirrt. "Und was, äh, ist eine Rohrpost?"
"Sie behauptete, das es die Wachezeitung ist.", antwortete sein Gegenüber amüsiert.
"Ich dachte wir wollten sie, äh, Klacker nenne?"
Araghast verdrehte die Augen. "Das weißt du besser als ich."
"Äh... aber, äh, Rohrpost ist gut... vielleicht sogar, äh, besser..."
"Deine Entscheidung. Nun zu etwas anderem:" Der Kommandeur lies eine bedeutungsvolle Pause. "Man hat mir gesagt, du hättest ein langes und zeitraubendes Gespräch mit einem unserer Van-Thom-Bild-Dämonen geführt? Er konnte sich daraufhin kaum noch auf seine Arbeit konzentrieren."
Goldwart duckte sich wie unter einem Hieb. "Das, äh, tut mir leid...", quäkte er kummervoll. "Ich wollte nur etwas... äh... nachbauen, was ich gesehen hatte. Aber ohne Dämon geht es nicht... Äh, ich wollte nur wissen, ob er auch schnitzen oder gravieren kann."
"Äußerst gravierend. Wozu?"
"Um, äh, Bilder in der Zeitung erscheinen zu lassen."
Streng sah Bregs den Kleineren an. "Gut. Du darfst ihn dir einmal pro Monat ausleihen, aber ansonsten lässt du ihn das machen, wofür er da ist, klar?"
"Äh... ja, Sör."
"Gut." Der piratenähnliche Mann erhob sich. "Na, dann: Weitermachen, Hauptgefreiter."
Braggasch nickte ergeben, dann stockte er. "Äh... Hau... Hauptgefreiter?", hauchte er dem schon fast aus dem Zimmer getretenen Araghast hinterher.
"Ja.", lächelte dieser. "Ich finde, eine gute Arbeit sollte belohnt werden und so wie es aussieht, hast du alles unter Kontrolle."
Der Späher wäre an dem Herzschlag fast gestorben.
Aber nur fast.
Doch zur Feier des Tages gönnte er sich eine Zwanzigminutenpause.
Vielleicht hat er sogar etwas gegessen.

*

"Beeindruckend!"
Braggasch schreckte hoch. Seine rot umränderten Augen versuchten, ihm ein klares Bild zu verschaffen, während er sich fragte, warum sein ganzer Körper schmerzte.
"Du musst Hauptgefreiter Braggasch Burkhardssohn Goldwart sein, richtig?"
Es klirrte leise, als der Zwerg sich mühsam aufrichtete.
"Ich stelle es mir sehr ungemütlich vor, auf einem Metallhaufen zu übernachten, aber dein Volk ist da ja etwas abgehärteter, habe ich gehört."
Mehrere Schrauben, die sich während des Schlafs in die Haut des Spähers gebohrt hatten, fielen ab und hinterließen tiefe Druckstellen.
"Äh... wer...?"
"Oh, wie unhöflich von mir! Mein Name ist Serpentina Schnüffel. Ich bin nur vorbei gekommen, um dir meinen Beitrag zur Rohrpost zu übergeben, da habe ich dieses tolle... Ding gesehen!"
"Äh..."
"Ich nehme an, es ist das, was die Zeitung drucken wird, richtig?", brabbelte die Frau weiter. "Wirklich beeindruckend."
Goldwart schaffte es, sich auf die Knie zu erheben. "Äh..."
"Richtig, mein Beitrag. Hier. Ein frisches Interview mit eurem Kommandeur."
"Äh..."
Sein Besuch lachte hell. "Mach dir um die Bezahlung keine Sorgen, das klären wir später."
"Aber, äh..."
"Nun muss ich aber wirklich los. Viel Spass noch!"
Endlich schaffte Braggasch es, aufzustehen und sich umzuschauen - doch alles, was er noch erkennen konnte, war ein Rücken, der durch die Tür verschwand. "Äh... warte..." Eigentlich wollte der Zwerg hinterher stürmen, doch der geschundene Körper verweigerte seinen Dienst. Wieder zu Boden sinkend entschied Burkhards Sohn, dass er diese Frau sicher früh genug wiedersehen würde.
Fast widerstrebend zog er die Blätter vom Kasten, die Serpentina wohl dort abgelegt haben musste. Nun, sie hatte nicht gelogen, es war eine recht ausführliche Befragung...
"Brag?"
Der Angesprochene erkannte das Gesicht seines Freundes Menélaos Schmelz in der Tür.
"Äh... ja?"
"Bei meiner Hefe, du siehst nicht gut aus!"
Braggasch massierte sich geistesabwesend die tauben Arme. "Ja, ich, äh, fühle mich auch nicht besonders gut..."
"Ich habe leider nicht viel Zeit, eigentlich sollte ich schon auf Streife sein." Ein wenig hektisch sah der Kondichemiker sich um. "Aber ich musste dir das hier geben." Ein weiterer Zettel wurde dem Späher in die Hand gedrückt. "Sebulon hat mir von der Zeitung erzählt, und ich dachte mir... hmmm... na ja, schau es dir einfach an und sag mir dann, ob du's gebrauchen kannst, ja?" Ein schüchternes Lächeln, der sanfte Duft nach Pfefferminzhimbeerbonbons und schon war der SEAL wieder aus dem Raum verschwunden.
In der Hoffnung dass sein Gehirn das momentane Chaos schon irgendwie würde besiegen können, las Goldwart den neusten Bericht. Ein Backrezept? Meine Güte...
Kleinkinderlachen ertönte.
Braggasch schloss die Augen und wünschte sich, dass die Welt - doch bitte endlich - zur Realität zurückfinden würde. Sein Körper beklagte sich über die unangenehme Nachtruhe, Leute, die er teilweise nicht einmal kannte, überhäuften ihn mit Texten, sein Magen knurrte, die Druckerpresse wartete groß und schweigend auf ihre Fertigstellung, er hatte einen leichten Kater und nur die Götter wussten, was dieses neuerliche Geräusch zu bedeuten hätte.
Kanndra betrat Dreihunderundzehn, ihren Sohn Julian auf dem Arm, der fröhlich an ihren Ohrläppchen zog.
"Hallo mein ehemaliger Auszubildender, ich dachte mir ich schaue - meine Güte du siehst..."
"Nicht, äh, gut aus. Ich weiß, Mäm.", unterbrach Burkhards Sohn sie. "Das hat mir, äh, Mené schon... äh..."
Die junge Mutter verzog, ob des kaum gebesserten Sprachfehlers, unwillig das Gesicht. Allerdings entschied sie, dass Braggasch momentan wohl andere Probleme hatte.
"Nun... du hast wahrscheinlich alle Hände voll zu tun, aber glaub mir, das ist nur in der Anfangszeit so, das wird bald besser."
Der Zwerg nickte kummervoll. Wenn das doch nur wahr wäre!
"Herzlichen Glückwunsch zur Beförderung, übrigens."
"Äh... danke."
"Falls du gerade einen Moment Zeit hast - mir ist eine Idee gekommen."
"Hast du auch, äh, etwas geschrieben, Mäm?"
"Wie kommst du darauf?"
Der frische Hauptgefreite lachte trocken. "Weil, äh, momentan anscheinend jeder etwas für die, äh, Rohrpost schreibt."
"Rohrpost?"
"Die Zeitung."
"Oh." Kanndra brauchte ihren Sohn in eine angenehmere Position, was dieser mit einem Glucksen kommentierte. "Ein schöner Name."
Braggasch sah sie abwartend an.
Der Fähnrich zog eine Augenbraue hoch. "Ja. Gut. Ich habe etwas geschrieben. Wenn du es nicht möchtest, dann brauchst du das ja nur zu sagen!"
Beschwichtigend hob ihr ehemaliger Azubi beide Hände. "Tut mir, äh, leid, Mäm. Ich bin nur etwas überarbeitet... äh... was hast du für mich?"
"Nun..." Zögerlich zog sie ein paar zerknitterte Zettelchen aus der Tasche. "Ich habe mir mal Gedanken darüber gemacht, was ist, wenn Julian etwas älter ist und ich arbeite. Vielleicht kann ich ihn mitnehmen, aber er braucht trotzdem etwas, um sich zu beschäftigen. Also habe ich mich jetzt, solange ich noch mehr Freizeit habe, hingesetzt und einige Rätsel entworfen. Ich finde... so was würde auch gut in eine Zeitung hineinpassen." Kanndra reichte sie ihm.
Burkhards Sohn blickte darauf hinab. "Nun, äh, natürlich... wir haben immerhin ja auch Anzeigen, äh, Rezepte und Interfjuhs."
"Interfjuhs?"
"Du, äh, wirst es sehen, Mäm..."
Nachdenklich streichelte die Mutter über Julians Köpfchen. "Meinst du, du könntest auch..."
"Äh... ja?"
"Es ist nur so eine Idee..."
"Ja?"
"Wenn es keinen Aufwand macht..."
"Bitte, äh, sag es mir!"
"Eine Geburtenanzeige für meinen Sohn...?"
Braggasch stutze. "Aber ja! Äh... natürlich!"
"Wirklich?"
"Das ist absolut, äh, kein Problem."
Kanndra strahlte. "Danke dir. Ich werde dich jetzt weiterarbeiten lassen."
"Ja. Danke. Mäm. Äh..."
Goldwart war wieder alleine in dem Raum.
Gedankenverloren blickte er auf den kleinen Haufen an Blättern und Zetteln in seiner Hand. Wenn man schon Geburtsanzeigen abdruckte, dann vielleicht auch Todesanzeigen? Beförderungsanzeigen? Anzeigeanzeigen?
Er seufzte.
Das würde arbeitsintensiver werden, als er gedacht hatte.

*

Drei Tage später.
Zufrieden legte Braggasch den Schraubenschlüssel zur Seite und betrachtete sein Werk. Gute Dreiviertel des Raumes wurden nun von der riesigen Druckerpresse eingenommen, die kompliziert und schweigend in seiner Mitte thronte.
Der Zwerg lies seine Halswirbel knacken. Die letzten Tage hatte er, abgesehen von kurzen Ess- und Schlafpausen und den Momenten, in denen ihm weitere Schriftstücke eingereicht worden waren sowie die Tinten- und Papierlieferung angekommen war, pausenlos an seinem Glanzstück gearbeitet. Dementsprechend roch er auch.
Schlagartig fragte Goldwart sich, ob er wohl während dieser Zeit Dienst gehabt hatte... Aber der Kommandeur wusste ja bescheid...
Apropos Kommandeur. Wie schon häufiger griff Braggasch nach dem Briefumschlag, der während einer seiner Schlafphasen unter der Tür durchgeschoben worden war. Er enthielt einen recht pikanten Text über Püschos und ein sehr seltsames Photo von Araghast, auf dem er - nicht nur wegen des starren Blicks des Glasauges - beängstigend wahnsinnig aussah.
Seid Erhalt dieser Botschaft plagte sich der Späher mit dem Gedanken, ob er das Entsprechende abdrucken oder stillschweigend verschwinden lassen sollte.
Jetzt konnte er die Entscheidung nicht weiter hinauszögern.
Er zog eine Münze hervor und schnippte sie in die Luft.
Kopf, es kommt rein... und Zahl...
Braggasch fing den Cent und klatschte ihn auf den linken Handrücken. Dann betrachtete er das Ergebnis eine Weile. "Na, äh, schön..."

*

Ein Stampfen und Schaben erfüllte das nächtliche Wachhaus.
Am nächsten Tag lag, auf bestimmte Art gefaltet, ein Stapel frisch gedruckter Zeitungen unter dem Titel: 'Stadtwache Ankh-Morpork, Die Rohrpost, Nachrichten, Ausgabe Nr. 1 / 2009' in einer Ecke der Kantine.

*

"Was sagst du dazu?"
"Ganz OK, denke ich."
"Joah, is' in Ordnung."
"Ich hätte mir einen etwas peppigeren Artikel gewünscht..."
"Zum Beispiel über die letzte Mission, ihr wisst schon, die-"
"Aber da war er doch gar nich' dabei, oder?"
"Stimmt."
"Vielleicht sollten wir auch was dafür schreiben?"
"Hab' zumindest gehört, dass jeder was einreichen darf."
"Dann steht wenigstens auch das drin, was mich interessiert."
Sie lachten und gingen ihrer Arbeit nach.
[1] Siehe dazu die Coop-Mission -Offlerzilla- von Jargon Schneidgut und Braggasch Goldwart

[2] Verzeihung... der musste einfach sein...




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Feedback:

Von Valdimier van Varwald

07.06.2009 19:41

Eine sehr coole Geschichte. Es gibt zwar keinen wirklich Fall und einen Patch hast du dir meiner Meinung nach damit auch nicht verdient, aber ich denke jetzt einfach mal, dass das deine volle Absicht war. An deinem Schreibstil gibt es nichts zu meckern. Gut zu lesen und du hast eine Menge lustige Einfälle mit hinein gebracht. Man darf gespannt sein was in Zukunft noch von dir zu erwarten ist. Auf jeden Fall Ribbon tauglich.

Von Breda Krulock

07.06.2009 19:41

Trotz der zahlreichen Zwerge und dem nicht vorhandenen Fall eine sehr schöne Single. Du schreibst sehr gut und flüssig, ließ sich schön lesen das Ganze - auch wenn mich persönlich die Thematik der Geschichte nicht wirklich mitgerissen hat. Wegen diesen Faktoren leider nur kurz vorm Ribbon, was bei der nächsten Single, die einen Fall enthält und auch mal (fast) nicht nur Zwerge handeln lässt, definitiv anders sein könnte. ;)

Von Glum Steinstiefel

07.06.2009 19:41

Nun, ich habe sie ja schon in deiner Spielwiese gelesen und im Prinzip alles dazu gesagt ; )Du hast einen Witz in deinen Geschichten, den ich auch einmal hatte, der sich nur in letzter Zeit in eine Psycho-Analyse verwandelt hat IxDe

Von Valdimier van Varwald

08.06.2009 09:41

Ich muss auch mal Fragen, wie es denn nun um die Zeitung steht? Gibt es schon ein Exemplar? Gefunden hab ich nichts.

Von Braggasch Goldwart

08.06.2009 15:49

1. Stimmt einen Patch wollt ich dafür nicht. Ich hoffe auch mal, das das logisch war. ;)

2. Die Zeitung existiert - aber leider momentan erst einmal nur im Unterforum für die Wachezeitung. Genauer gesagt war die Zeitung selber sogar um einiges früher fertig als die single dazu. Doch Rogi prgraminiert fleißig herum und ich denke, bald gibt es das gute Stück auch "offiziell" ^^

Von Glum Steinstiefel

08.06.2009 20:06

[quote="Forendämon"]Trotz der zahlreichen Zwerge...[/quote]

:mata:

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