Death Metal

Bisher hat keiner bewertet.

von Hauptgefreite Lilli Baum (RUM)
Online seit 01. 02. 2009
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 Außerdem kommen vor: Jack NarratorSebulon, Sohn des SamaxAyure NamidaFrän FrommRomulus von GrauhaarRascaal OhnedurstAmok Laufen

Ein Mord auf offener Bühne bringt RUM mit der zwergischen Jugendkultur in Kontakt.

Dafür vergebene Note: 12

Falsche Nebelschwaden zogen durch den Saal, es war heiß und stickig. Zugleich alles erfüllt von einem ohrenbetäubenden Lärm.
Wie hypnotisiert bewegten sich etliche Dutzend Zwerge ohne Taktgefühl zur Musik. Es stank nach Bier und Schweiß, aber das war egal, das war Schwermetallmusik.

"Blei!", brüllte der Sänger und ließ seine lange, verfilzte Lockenmähne kreisen.
Bubumm, bubumm! ließ der Schlagzeuger seinen Schmiedehammer auf den Ambossen niedergehen.
"Blei!", stimmte das Publikum grölend zu.
"Cadmium!", trumpfte der Sänger auf.
Bubumm, bubumm!
"Cadmium!", wiederholte das Publikum, während sich das Konzert sich dem Höhepunkt zuneigte.
"Kein Gold, Gold, Gold, Gold, Gold!!!", kreischte der Sänger, während von oben langsam ein gewaltiger Amboss von der Decke herabgelassen wurde.
Bubumm! gongte der Schlagzeuger
"Gold, Gold, Gold, Gold, Gold!", donnerte das Publikum, völlig gefangen im Rausch des Konzertes, manche entzündeten sogar Kerzen und winkten enthusiastisch mit ihnen.
Der Gitarrist ließ seine Gitarrensaiten aufjaulen (Bubumm!), während zugleich das Riesenambosstrageseil riss (BUMM!).

Alles wurde augenblicklich still.
"Hui", machte der Sänger: "Ein Glück, dass es keinen erwischt hat." Er drehte sich auf der Stelle um, als ihm jemand die Hand auf die Schulter legte: "Hey! Publikum hat hier nichts zu suchen! Auch wenn ich zugeben muss, dass du ein echt steiles Outfit hast!"
DANKE FÜR DAS KOMPLIMENT. DEINES IST ABER TROTZDEM UM LÄNGEN BESSER.
Modo, Ex-Sänger der Sarkastischen Vier, blickte auf seine eigenen sterblichen Überreste herab und musste zustimmen. Ja, das Outfit war wirklich gut - auch wenn sich oberhalb seines Hemdes jetzt nur noch etwas befand, das große Ähnlichkeit mit einer geknackten Walnuss hatte.


Es war der Morgen nach Modos letztem Auftritt, und der Obergrund[1] war von der Wache abgesperrt worden. Die Garderobenräume neben der Bühne des durchaus beeindruckenden Saals waren zu Vernehmungsräumen erklärt worden, und ein Großteil der Abteilung RUM war damit beschäftigt, Spuren zu sichern und Zeugen zu vernehmen. Während Kolumbini auf der Bühne stand und gerade den Mordamboss zum wiederholten Male umrundete, war Pyronekdan einige Meter entfernt und schaute nach oben in die Beleuchtungsanlage der Bühne, in der Hoffnung, eventuell vorhandene magische Spuren zu entdecken. Der Kommandeur persönlich hatte Romulus damit beauftragt, jeden freien Wächter an diesen eigentlich eher unwichtig wirkenden Fall zu setzen - Gerüchte sprachen von einem Hohen (zumindest relativ gesehen) Tier aus der morporkianischen Zwergengesellschaft, das auf eine schnelle Lösung des Falles gepocht habe.

"Du warst es, gib's zu!", fauchte Jack Narrator, woraufhin sich der Zwerg vor ihm, der Schlagzeuger namens Bong, auf dem Stuhl zusammenkrümmte.
"Ich... ich...", entgegnete er.
Jack schritt einen langen Kreis um den Verdächtigen herum und starrte ihn dabei die ganze Zeit an: "Nun sag es schon. Ein Geständnis wird dein Gewissen erleichtern, du wirst dich" - er beugte sich hinab und hauchte die weiteren Worte ins Ohr des Zwerges - "viel besser fühlen."
Der erschauderte heftig und wich vor Jack so weit zurück, wie es möglich war, ohne den Stuhl zu verlassen: "Ich... war es nicht!"
"Tsk, tsk, tsk!", entgegnete Jack: "Du glaubst doch nicht wirklich, dass du den lieben Onkel Jack anlügen kannst, oder, Herr Bong?"
"Aber...", winselte der Zwerg, "Ich war es wirklich nicht!" Er zog ein Taschentuch aus seiner Kettenhemdtasche und schnäuzte lautstark hinein. "Du bist gemein!", warf er Jack dann noch vor. "Unser Sänger ist tot, und du hast nichts besseres zu tun, als zu behaupten, ich hätte ihn umgebracht!" Tränen der Trauer und Empörung kullerten nun über das Gesicht des Zwerges und verwischten das Makeup, mit dem er seine Augenringe optisch nachgebessert hatte.
Der Püschologe hob eine Augenbraue: "Ich wüsste nicht, dass ich das Du angeboten hätte."
Der Zwerg schluchzte heftiger: "Aber ich duze doch alle meine Onkel!" Er schaute Jack mit einer mitleiderregenden Mischung aus Trauer und Verwirrung an, ehe er erneut demonstrativ in sein Taschentuch schnäuzte. Es hatte weiße Spitzen.
Das verwunderte Jack. Der ganze Zwerg verwunderte ihn. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein richtig harter Kerl; mit seinem verchromten und verschrammten Kettenhemd, mit den Loden, die unter seinem dreifach gehörnten Helm hervorblitzten, der jeder Walküre den Schlaf geraubt hätte, mit dem ganzen schwarzen, halb zerfetzten Lederfirlefanz, den er so trug, und mit dem absurden Künstlernamen.
Im krassen Gegensatz dazu stand sein Verhalten, dass er bisher in Gegenwart des Wächters an den Tag gelegt hatte. Jack konnte natürlich noch nicht jeden einzelnen püschologischen Ausdruck, aber wenn "Weichei" einer war, dann passte er so gut wie ein Ei in den Eierbecher.

"Guten Tag, Herr 'Todeskrähe schläft nie'. Ich werde ihnen jetzt einige Fragen stellen, betreffend des Mordes an ihrem Sänger Modo Kleinhand", eröffnete Frän das Gespräch und packte ihren Notizblock aus.
"Nennen Sie mich ruhig 'Krähe', die lange Form ist nur für Programme und ähnliches. Und unser Sänger hatte übrigens den Künstlernamen 'Vollstrecker'. Wir bemühen uns um ein möglichst anarchisches Image."
"Wie haben Sie ihn denn kennengelernt?", fragte Frän und schaute von ihrem Notizblock auf und den Zwerg vor sich auf dem Stuhl an.
"Naja. Wir hatten ein Casting abgehalten, und da er der einzige war, der damals aufgetaucht ist, bekam er den Job."
"Casting?", fragte Frän.
"Das ist das achatische Wort für 'höchst komplexes Auswahlritual, bei dem sich alle Teilnehmer zum Affen machen, in der Hoffnung groß herauszukommen'."
"Ja, das ist eine wirklich lange Umschreibung."
"Deswegen sagen wir ja Casting." Der Zwerg schlug ein Bein über das andere und lehnte sich zurück. "Sie müssen wissen, dass wir uns damals sehr mit der Materie auseinander gesetzt haben, als wir die Band gegründet hatten. Naja - ich habe mich mit damit auseinander gesetzt. Ich habe mich eher um den verwaltungstechnischen Kram gekümmert, während die anderen das Kreative gemacht haben. Wobei.... Bong hat eigentlich gar nichts beigetragen. Aber er ist ein fantastischer Schlagzeuger!"
"Soso", entgegnete Frän und machte sich einige Notizen. "Sie hatten also keinen Anteil am kreativen Prozess." Sie legte den Kopf schief: "War bestimmt kein schönes Gefühl. Ich meine, da strotzt ein anderer nur so vor tollen Ideen, und man selber kann nur irgendwelche Paragraphen aufzählen..."
Der Zwerg lachte und schüttelte den Kopf: "Nein, so war es nicht. Wir waren alle vom Anfang an gleichwertig. Um ein Beispiel zu nennen, als wir damals den Antrag bei der Musikergilde stellten, damit wir aufgenommen werden, kam die Beschwerde zurück, dass eine 'Musik-mit-Steinen-drin'-Band keineswegs den Rabatt für Quartette in Anspruch nehmen kann. Unser Sänger meinte dann, dass wir keine gewöhnliche 'Musik-mit-Steinen-drin"-Band sind, sondern dass wir Schwermetallmusik spielen. Woraufhin ich noch hinzugefügt hatte, dass das stimmt, da bei unserer Musik kein einziger Stein Bestandteil ist, sondern ausschließlich höchst massive Ambosse. Natürlich hatte die Gilde trotzdem noch versucht, uns Steine in den Weg zu legen, aber auch das haben wir erfolgreich überstanden."
"Inwiefern?"
"Naja, sie hatten behauptet, dass drei Zwerge schon rein numerisch nicht für ein Quartett reichen und dass wir geizigen Säcke gefälligst nicht so ein Tamtam veranstalten sollten, wegen einem halben Dollar im Jahr. Und da ist Ernesto auf die Idee mit dem Erzfeind gekommen."
"Dem was?"
"Er hat erklärt, dass unser viertes Mitglied spiritueller Natur ist - eine Wesenheit, die wir dann spontan 'Erzfeind' getauft haben. Klingt doch cool, oder? Und dann haben wir der Gilde erklärt, wenn sie uns nicht als Quartett anerkennen würden, wäre das religiöse Diskrie... Disk... Benachteiligung. Ich habe ein paar Gesetztestexte rausgesucht, nach denen unsere Band alle Kriterien erfüllt um als Sekte anerkannt zu werden. Und wir haben ihnen die Rechnung für unseren Opferaltar gezeigt."
"Opferaltar?"
"Ja, der große Amboss... der, der Modo erschlagen hat. Das ist unser 'Opferaltar' für den Erzfeind." Der Zwerg schmunzelte ein bisschen. "So sind wir also zu einem Quartett geworden und seitdem nennen wir uns die 'Sarkastischen Vier'. Die Idee kam echt gut an bei unseren Fans."
Frän nickte und machte sich einige Notizen. Wenn man bedachte, wie unreligiös die meisten Zwerge waren, konnte sie es sich gut vorstellen, dass rebellische Teenager-Zwerge Gefallen an einer 'religiösen' Band haben konnten.
Sie blätterte eine Seite zurück, stutzte und sah dann wieder den Zwerg an: "Gibt es eigentlich einen Grund, warum Sie Ihren Sänger erst 'Ernesto' und jetzt 'Modo' nennen?"
Der Zwerg schüttelte den Kopf, wobei sein Bart, bei dem er sich genau in der Mitte eine ein Zoll breite Kerbe rasiert hatte, hin und her schwang: "Tue ich doch gar nicht. Ernesto war unser erster Sänger. Modo trat erst bei, nachdem wir Ernesto rauswerfen mussten."

Genau dreimal klopfte ein Mann gegen die Tür, woraufhin die Blende des Sichtschlitzes beiseite geschoben wurde und zwei Augen ihn auf Bauchhöhe mürrisch anstarrten: "Was ist?"
Der Mann zog etwas aus seiner Tasche und zeigte es dem Zwerg: "Ich bin Obergefreiter Amok Laufen, Stadtwache, Abteilung Raub und unlizenzierter Mord. Wohnt hier Glob Axtschwinger?"
Die Sichtblende wurde zurückgeschoben und Amok konnte hören, wie der Zwerg innnen mit einem Schlüssel hantierte. Dann öffnete sich die Tür. "Folgen Sie mir!", wies ihn der Zwerg an und grummelte dann leise in seinen Bart hinein.
Die beiden durchquerten eine sehr saubere Werkstatt, offensichtlich die Arbeitsstätte des Zwerges, bis sie an eine Tür kamen. Es hing ein Zettel daran, mit der Aufschrift "Privatstollen - Betreten auf eigene Gefahr!". Daneben war ein toter Kanarienvogel gemalt.
Ohne zu klopfen stieß der Zwerg die Tür auf und stampfte in den Raum. Amok bückte sich unter den Türsturz hindurch und folgte ihm.
Drinnen war jeder Millimeter der Wand mit Postern der Sarkastischen Vier zugekleistert, überall lagen Hemden herum (mal in schwarz, mal aus Ketten) und halbvolle Bartgeltuben[2] lauerten auf unvorsichtige Besucher.
Auf dem Bett hüpfte ein Zwerg herum und spielte hemmungslos auf seiner Luftgitarre: "Demm demm demm, de de dedemm, demm demm demm, dedemm!"
"Glob!", keifte Amoks Führer. "Was hast du jetzt schon wieder angestellt?!"
Der Angesprochene wurde sich nun seines Besuchs bewusst und stammelte: "Nichts, Vati, ehrlich!"
Glods Vater griff beherzt nach oben nach dem Ohr seines Sohnes und zog ihn vom Bett herunter. "Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht auf dem Bett herumspringen sollst?!" Dann deutete er auf den gebückt stehenden Amok: "Schau dir das an! Sogar einer von der Stadtwache ist hier! Du musst etwas ausgefressen haben!"
Amok zog eine Liste aus seiner Tasche und sah darauf. "Bist du Glod Axtschwinger? Mitglied Nummer 86 im Sarkastische-Vier-Fanclub? Ich ermittle wegen dem Mord an Modo Kleinhand."
"Das bin ich... aber... aber... Der Vollstrecker ist tot?" Der Zwergenjüngling lief so weiß an wie Kreide. "Nein, nein, das kann nicht sein, das ist doch nur ein schlechter Scherz, oder?"
Amok schüttelte den Kopf.
Da drehte sich Glob zu seinen Vater um: "Und du hast gesagt, ich werde ihn noch oft genug sehen können! Ich... ich... ich hasse dich!! Du hast mich nie verstanden!" Heulend und schluchzend warf er sich auf sein Bett.
Herr Axtschwinger räusperte sich: "Ich habe ihm Hausarrest erteilt, weil ich gehofft habe, dass dann endlich wieder ein bisschen Verstand zurück in seine Birne findet und er nicht mehr nur ständig an diese unsägliche Schwermetallmusik denkt."
"Dann war er also nicht bei dem fraglichen Konzert", sagte Amok und machte sich eine entsprechende Notiz auf seine Liste. "Trotzdem würde ich gerne die Fingerabdrücke von Ihnen und Ihrem Sohn aufnehmen."
"Meine auch?"
"Ja, jeder, der irgendwie mit dem Fall zu tun haben könnte. Und wenn auch nur deshalb, weil er den Musikgeschmack seines Kindes nicht billigt."
Einige Zeit später verließ Amok wieder das Haus und rieb sich seinen schmerzenden Rücken. Solche niedrigen Decken gehörten eindeutig verboten.

"Sör?!", meldete sich ein staubiger Septimus und salutierte übereifrig: "Ich glaube ich habe da unten etwas gefunden, Sör! Das sollten Sie sich ansehen, Sör!" Der kleine Gnom war vor Aufregung ganz hibbelig.
"Ist gut, Septimus", erwiderte Romulus und wandte sich an Ophelia: "Es wäre nett, wenn du eine Weile ein Auge auf alles haben könntest."
"Natürlich", erwiderte der Korporal, woraufhin Romulus Septimus durch das enge Loch, das sie am hinteren Teil der Bühne entdeckt hatten folgte, um sich die Sache mit eigenen Augen anzusehen. Ophelia wartete eine gute Minute ab, ehe sie sich umdrehte, die am Boden liegende Kleidung aufhob und sie fein säuberlich zusammenlegte.
"Hey, Sie!", keifte eine Stimme hinter ihr, gerade als sie fertig geworden war und alles in einem ordentlichen Stapel auf der Bühne abgelegt hatte. Ophelia drehte sich um und sah einen Zwerg. "Ja, bitte?"
Der Zwerg, der mit jeder einzelnen Pore das zu verkörpern schien, gegen das die jugendlichen Zwerge rebellierten[3], musterte Ophelia von oben nach unten mit abschätzenden Blick. "Sie haben hier das Sagen, oder?"
Die stellvertretende Abteilungsleiterin nickte: "Ja, unser Abteilungsleiter ist gerade... beschäftigt."
Der Zwerg ließ seinen Blick schweifen und starrte dann dem Korporal direkt in die Augen. "Ich wollte mich selbst davon überzeugen, ob sie im Mordfall meines Sohnes ordentlich ermitteln", schnaubte er und schüttelte den Kopf. "Anscheinend ja nicht."
Ophelia schnappte nach Luft. "Bitte äußern Sie sich nicht in einer solchen Weise über unsere Arbeit! Wie sind Sie überhaupt hier herein gekommen? Wir haben doch extra eine Wache aufgestellt."
"Ich bin Mibel Kleinhand. Der Vater von Modo Kleinhand und zufällig auch Oberhaupt der Feinmechanikergilde."
Ophelia unterdrückte ein entnervtes Stöhnen. Der hatte gerade noch gefehlt.
"Ich möchte, dass der Mord an meinem Kind bald aufgeklärt wird. Allein die Vorstellung, dass der Mörder immer noch frei herumläuft, erfüllt mich mit Scham und Wut. Also geben Sie sich gefälligst Mühe, oder ich bin gezwungen, jemanden Professionelles zu engagieren."
Ophelia stemmte sich erbost die Arme in die Seite: "Sie wollen uns doch nicht etwa damit drohen, dass sie uns inhumieren lassen werden, wenn wir nicht so ermitteln, wie Sie es sich einbilden?!"
"Ich dachte da eher an freiberufliche Ermittler, an Privatdetektive."
"Denen werden wir auch ganz bestimmt Zugang zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen geben und mit Freuden die bisherigen Beweise hinterher werfen!", entgegnete Ophelia augenrollend.
"Natürlich werden Sie das", entgegnete Mibel. "Andernfalls werden sämtliche Feinmechaniker der Stadt ihre Schraubschlüssel niederlegen. Meine Gilde war niemals auffällig gewesen, wir haben uns immer selbst um unsere eigenen Belange gekümmert. Aber auch, wenn wir nicht sehr bekannt sind, wird die Stadt es sich nicht leisten können, auf uns zu verzichten. Sie ahnen wahrscheinlich nicht einmal im Traum, wo überall heutzutage feinmechanische Bauteile benötigt werden. Und unsere Arbeit kann man nicht eben so erlernen. Jeder von uns hat Jahre damit verbracht, sein Handwerk zu perfektionieren."
"Genauso wie beim Ermitteln!", entgegnete Ophelia triumphierend. "Das ist eine Sache, die mindestens genau viel Geschick erfordert! Und kann auch nicht einfach mal eben so gemacht werden. Wir sind Profis, und nicht jeder Laie kann beurteilen, was für einen logistischen und ermittlerischen Aufwand es bedeutet, einen Mord unter diesen Umständen aufzuklären!"

"Hallo, ich bin's wieder. Habe den nächsten Schwung fertig. Hat mich ganz schön Nerven gekostet, einer hat mich eine Stunde lang nicht gehen lassen, weil er mir unbedingt erzählen musste, wie toll doch sein großes Idol gewesen war und dass er viel zu früh sterben musste", sagte Mimosa, als sie R(a)UM sieben betrat.
Normalerweise der Besprechungsraum ihrer Abteilung, war er zu einer Art Einsatzzentrale umgewandelt worden. Es waren die meisten Gerätedämonen, die der Wache zur Verfügung standen, anwesend und arbeiteten überraschend emsig, während Lilli Baum gerade kleine Butterbrote schmierte. Mimosa begab sich zu ihr, und machte einen großen Schritt über die Rohrpostdämonen hinweg, die gerade zu dritt eine Akte von einem Ende des Raumes zum anderen brachten, wo schon ein ziemlicher Stapel lag.
Mimosa reichte einige Blätter an Lilli weiter, die ihr zunickte und dann auf einen kleinen Tisch im Schatten der Tür deutete, den sie beim Hineingehen gar nicht bemerkt hatte. Darauf stand der Kaffeeautomat mit Lillis Kaffeedämonen, direkt neben einer größeren Anzahl von Tassen. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee wehte appetitlich zur Obergefreiten herüber.
"Oh ja, genau das richtige!", rief die verdeckte Ermittlerin und holte sich einen dampfenden Becher bei Paul ab. Dann setzte sie sich auf einen der Stühle im Raum.
Lilli war unterdessen mit ihrer Tätigkeit fertig geworden. Sie wischte sich die Hände an einem Taschentuch ab, nahm das Mimosas Papiere in die Hand und brachte sie zu einem Tisch, auf dem ein kleines Schild mit Aufschrift "Auswertung" stand und wo einige Dämonen erwartungsvoll zu ihr hinüber schauten. Lilli reichte nacheinander jedem der Dämonen einen der Fingerabdruckbögen und einer bekam die Liste. Dann wurden sie alle ganz still und begannen emsig zu schreiben.
Von einem Stadtplan voller Nadeln, der mit einigen Schnüren noch in so etwas wie Planquadrate unterteilt worden war, standen einige Ikonographiekästen, alle offensichtlich ebenfalls mit Dämonen besetzt. Gerade öffnete sich eine der Kastenluken und einer der Zeichner krähte fröhlich: "Bin fertig!"
Augenblicke später, geschah das auch bei den anderen Ikonographieapparaturen, auch wenn die Maler etwas weniger enthusiastisch klangen.
Lilli begab sich zu dem Tisch und holte den Teller mit den Butterbroten und stellte ihn vor die Dämonen ab, die flugs aus ihren Arbeitsräumen kletterten, und sich um die besten Stücke balgten. Die Hauptgefreite schenkte dem wenig Beachtung, sondern nahm sich alle Ikonographien, und begab sich zu einer Station mit einem Schildchen mit dem Wort "Vorbereitung". Dort nahm sie einige schon fertig präperierte Listen mit Fingerabdruckbögen und heftete an jeden von ihnen einen der kleinen Stadtplanausschnitte. Günther, der eine kleine Schärpe mit Aufschrift "Chäff" trug, salutierte und sagte: "Wir haben auch schon die nächsten Routen fertig, du musst sie nur noch abfotographieren lassen, während wir uns an die nächsten planen!"
Lilli nickte, legte die nun komplett fertigen Bögen auf ihren vorherigen Sitzplatz, nahm von ihrem S.p.r.e.c.h.-Dämon eine grob untergliederte Liste mit Adressen entgegen und begann die Nadeln auf dem Stadtplan umzustecken.
Mimosa leerte unterdessen ihren Kaffeebecher und erhob sich: "Nun, ich glaube, ich sollte mal langsam wieder los. Der Fanclub hat 108 Mitglieder, bis wir die alle abgeklappert haben, brauchen wir noch ein bisschen." Lilli eilte zu ihrem Platz, suchte einen der Bearbeitungssätze heraus und drückte ihn Mimosa in die Hand.
"Oh, diesmal geht es in die Fleischerallee. Ich wusste gar nicht, dass dort Zwerge leben." Sie packte die Unterlagen ein und hob die Hand zu einem kurzen Abschiedsgruß. "Ich bin dann mal weg. Viel Glück noch mit den ganzen Dämonen! Ich würde wahnsinnig werden, wenn ich mich ständig mit denen herumplagen müsste."
Lilli zuckte mit den Schultern und begab sich wieder zum Stadtplan.
"Wir haben einen kleinen Deal", sagte Paul und zwinkerte Mimosa zu, als sie die Tür durchquerte. "Sie näht jeden von uns eine kleine Uniform, wenn wir brav sind. Dann werden wir vielleicht endlich mal als das Rückgrat der Stadtwache anerkannt, das wir schließlich sind!"

"Eure tolle Professionalität sieht man", lachte Herr Kleinhand bitter und deutete auf verschiedene Stellen im Raum: "Dort vorne haben wir einen Zauberer, der anscheinend nichts besseres zu tun hat, als Pfeife zu rauchen, der Ermittler dort drüben starrt schon seit einer Weile untätig die Tatwaffe an, und aus irgendeinen Grund läuft hier ein räudiger Köter frei herum!"
Ophelia erwiderte nichts, sondern hielt die Hand vor Mibels Augen.
"Was soll das?", keifte der Zwerg und Romulus erwiderte:
"Ich bin kein Hund."
Dann schloss er seinen Hosenstall.
Der Zwerg blinzelte verdutzt, dann fasste er sich wieder. "Ach so, Sie müssen also der Abteilungsleiter sein. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie gefälligst endlich mal anfangen würden zu ermitteln, als irgendwelchen tierischen Trieben nachzugehen."
Romulus bedachte Mibel nur mit einem kühlen Blick. "Das tun wir bereits. Wir haben soeben unter der Bühne... einige Schalen von Walnüssen entdeckt. Das könnte eine entscheidende Spur sein. Außerdem überprüfen sämtliche nicht im Augenblick anwesenden Mitglieder der Abteilung alle Mitglieder der Fanclubs der Sarkastischen Vier und sämtliche Leute, die uns als Konzertbesucher genannt wurden. Der Mord geschah in Anwesenheit vieler Leute, da ist es schwer, eine konkrete Spur zu finden. Außerdem hat der Mörder das Seil nur angeschnitten, gerade genug, so dass der Amboss noch einige Minuten hing, eher er fiel. Und als ihn der Hausmeister erwischte, knallte er ihn brutal mit dem Kopf gegen die Bühnenkante. Die Stelle ist immer noch voller Blut. Ich kann Sie gerne zur Seitenbühne bringen, falls Sie es sich genauer besehen wollen."
Der Zwerg schüttelte den Kopf.
"Wir haben es mit einem kaltblütigen und grausamen Mörder zu tun, der vor nichts zurückschreckt. Sie können uns ruhig vertrauen."
"Sir?", meldete sich hinter ihm Ayure zu Wort, wurde aber von Jack unterbrochen, der ebenfalls hinter ihm stand, ebenso wie Frän und die zwei verhörten Zwerge, die jeweils von beiden abwechselnd verhört worden waren.
"Wieso kommt eigentlich niemand auf die Idee, dass er der Täter sein könnte?"
Empört schnappte Mibel nach Luft: "Was fällt Ihnen ein! So eine dermaßen hervorgeholte und unverschämte Lüge!"
Jack schüttelte den Kopf. "Wieso nicht? Wir haben hier das angesehene Gildenoberhaupt, dessen einziger Sprössling nichts Besseres zu tun hat als einem Lebensstil zu frönen, den ein anständiger Zwerg unter keinen Umständen gut heißen kann. Ein Taugenichts! Ein Tunichtgut! Was liegt da näher, als sich dieses Problems zu erledigen?"
"Das ist tatsächlich etwas dran", sagte Ophelia und schüttelte langsam den Kopf, weil ihr das doch so ungeheuerlich vorkam.
"Ähm, da gibt es etwas...", sagte Ayure.
"Sie sind der Mörder, ist doch ganz klar! Sie sind doch nur so hinter dieser Sache hinterher, weil sie den wahren Täter vertuschen wollen, weil Sie glauben, uns auf eine falsche Fährte führen zu können!"
Mibel bebte vor Zorn: "Noch nie hat mich jemand so dermaßen beleidigt! Sie wollen mir wirklich ernsthaft unterstellen, dass ich meinen eigenen Sohn umgebracht haben soll?!"
"Sie sind doch gar nicht der Vater!", brachte Ayure jetzt endlich heraus und alle schauten sie an. "Ich habe sämtliche Aufzeichnungen studiert, die und auch nur eine kleine Spur liefern könnten. Und in der Registrierung der Musikergilde stand drin, dass sein Vater vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen war[4]!"
Mibel senkte den Kopf, ballte die Fäuste und erwiderte dann leise, während er puterrot anlief: "Ich bin sein Vater. Nur eben der andere Vater."
Jack schaute verwirrt: "Was?"
Frän schüttelte den Kopf. "Die meisten Zwerge laufen nicht durch die Gegend und erzählen jedem, ob sie.... Berge haben. Das ist ganz normal für einen Zwerg, dass er sagt, er sei ein Mann."
Jack zuckte mit den Schultern: "Ändert aber absolut nichts an der Situation. Ob das nun Modos Vater oder seine Mutter" - Mibel zog hörbar die Luft ein - "ist, spielt keine Rolle. Ihr Sprössling war verdorben. Also musste er weg."
Die Wächter hörten Schritte auf der Bühne, als Kolumbini zur Kante trat, und sich eine Pfeife entzündete. Dann erklärte er: "Herr Kleinhand war es nicht. Ich habe eine Anfrage an die Assassinengilde geschickt, ob vielleicht ein Attentat vorlag, und nur die Quittung irgendwie abhanden gekommen war, und da gaben sie mir das hier."
Er zog zwei Zettel aus seiner Tasche und reichte sie an Ophelia, die ihm am nächsten stand.
"Inhumierungsauftrag", las sie laut vor, dann sah sie unwillkürlich zum Schlagzeuger und zum Gitarristen und wurde kirschrot.
"Hey!", beschwerte sich Krähe. "Das kann doch nicht wahr sein?!"
"Was denn?", fragte Bong.
"Jaja", entgegnete Mibel. "Ich werde morgen den Auftrag annullieren lassen, ist jetzt eh Geldverschwendung! Mein Sohn ist tot, dabei habe ich mir immer nur gewünscht, dass er einen anständigen Beruf ergreift, einen liebevollen Ehemann findet und genauso glücklich wird, wie ich es war, ehe mein Mann gestorben ist! Bevor dieser Unfall geschah, war Modo noch ganz normal!" Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Hemdtasche und schnäuzte hinein. Ophelia griff ihren Arm und führt sie sanft, aber bestimmt nach draußen. "Keine Sorge", versicherte sie der Zwergin, "wir werden unser Bestes geben, um den Fall zu lösen!"

"Hey!", rief ein Zwerg, als der Korporal Mibel eben verabschiedet hatte. "Der da will mich nicht reinlassen!" Er deutete auf Thask, der Wache stand und ihn mit einem 'Ich tue nur, was man mir gesagt hat'-Blick bedachte.
Die Wächterin schaute sich den Zwerg genauer an: Er hatte einen grauen, zu einem irrsinnig dichten Gestrüpp verfilzten Bart, trug ansonsten die üblichen dreißig Schichten Kleidung und ein übergroßes Geschirrtuch, dass er sich wie eine Schürze vor den Bauch gebunden hatte. Er starrte sie sehr misstrauisch an, als würde ihm ihre Gegenwart alles andere als behagen. Und er hatte einen dicken Verband um den Kopf.
Nun fiel es Ophelia wieder ein: "Du musst der Hausmeister sein, der niedergeschlagen wurde. Schön, dass du dich wieder erholt hast. Nun, wenn du nur eben an deine Sachen musst, dann kannst du gerne wieder hinein."
"Danke", knirschte der Zwerg zwischen zusammengebissenen Zähnen und schlüpfte in den Obergrund hinein, möglichst viel Abstand zu Ophelia wahrend.

Schnell lief er an den Wächtern bei der Bühne vorbei, die die Ergebnisse des Verhöres besprachen, wo er auf Bong und Krähe traf und sofort förmlich zur Salzsäule erstarrte. Die beiden hatten sich in einer ruhigeren Ecke hingesetzt, weil die Wächter ihnen noch nicht erlaubt hatten zu gehen und sich die Zeit mit ein wenig Komposition vertrieben.
"Was hältst du von 'Alles ist scheiße, denn alles geht nur um Gold, Gold, Gold, Gold, Gold!'? Oder doch lieber 'Gold - ich brauche es nicht! Gold - ich will es nicht!'?", fragte Krähe und kaute auf seinen Schreibstift herum.
Bong hatte die Augen geschlossen und lächelte breite: "Gold", murmelte er verträumt: "Ein Schlag auf den kleinen Amboss, ich will es nicht - mittel, groß, mittel, klein..."
"Ihr... ihr... ihr seid ja!", stotterte Bob, der Hausmeister, und fiel auf die Knie.
"Was ist denn?", fragte Krähe und drehte sich zu ihm.
"Hallo!", fügte Bong hinzu.
Bob schien binnen Augenblicken förmlich aufzublühen. "Ich bin eurer größter Fan! Ich habe jedes eurer Konzerte gesehen! Ich wollte immer so sein wie ihr, deswegen bin ich sogar Hausmeister geworden, so wie Ernesto, bevor er mit euch seine Band gegründet hat!"
"Ui, du hast unsere offizielle Band-Biographie gelesen?", fragte Krähe und freute sich, denn das war die "Sarkastische Vier"-Devotionalie mit der größten Gewinnspanne.
"Ja, natürlich, natürlich! Kann ich... kann ich... kann ich vielleicht ein Autogramm haben?"
"Klar!", erwiderte Krähe gut gelaunt.
"Okay, dann hole ich ganz ganz ganz schnell mein Autogrammbuch!", quiekte der Hausmeisterzwerg und lief noch einige Meter weiter, wo er die Tapetentür zu seinem Domizil öffnete und erschrocken zurückprallte.

Pyronekdan war milde überrascht, als ein Zwerg mit einem ziemlich umfangreichen Kopfverband an ihm vorüber flitzte. Er beschloss - da er bisher eh nichts im Gebälk hatte entdecken können und sich deshalb auch ein wenig überflüssig vorkam - mal zu sehen, was der Kleine vorhatte. Gemütlich schlenderte er dem Zwerg hinterher und schaute ihm über die Schulter, als er schon eine gute halbe Minute in sein Zimmerchen gestarrt hatte.
Drinnen lag alles kreuz und quer durcheinander, eine Putzflasche war umgekippt.
"Oh", sagte Pyronekdan. "Das war bestimmt jemand von den Tatortwächtern, als sie nach der Tatwaffe gesucht haben. Könnte Kathi gewesen sein."
"Eine Frau?", fragte der Zwerg.
"Klar", erwiderte Pyronekdan und zündete sich ein frisches Pfeifchen an. "In der Wache legen wir großen Wert auf Gleichberechtigung."
Der Zwerg legte seinen Kopf erst auf die eine Seite und dann auf die andere. "Ich... muss.... aufräumen...", stellte er schließlich fest und begab sich dann in sein Kämmerchen.
Pyronekdan starrte eine Weile auf die Tapetentür, die sich vor ihm geschlossen hatte und wandte sich dann wieder zu gehen. Er konnte ja mal in Erfahrung bringen wie der bisherige Stand der Dinge war, statt den armen Hausmeister zu belästigen, der durch den Angriff auf sich schon genug geschädigt worden war. Er hatte es eh schon schwer genug, da er ja nicht nur putzen, sondern auch noch als Bühnentechniker arbeiten musste. Ihm ging es ja ganz ähnlich mit der Doppelbelastung Wächter und Zauberer. Die Leute sollten solche selbstlosen Menschen wie ihn viel mehr würdigen.

"Bitte lassen Sie mich hinein!", bettelte der Zwerg, doch eisern schüttelte Thask den Kopf: "Nein. Ich habe Anweisung, keine Groupies oder ähnliches in den Saal hineinzulassen."
"Ach, bitte, bitte, bitte, bitte!", bettelte der Zwerg und schenkte dem Zombie einen Blick, der ihn an kleine knuffige Hundewelpen erinnerte.
"Nein", entgegnete Thask.
"Aber ich bin kein Groupie!", behauptete der Zwerg, woraufhin ihn sich der Gefreite genauer besah. Er war wesentlich sauberer als die anderen Zwerge, die er heute schon hatte abwimmeln müssen, sein Bart war zu kleinen Zöpfchen geflochten und seine Haare waren zwar etwas zu kurz, aber ordentlich gekämmt, seine Axt frisch poliert und kein bisschen verrostet.
"Hm...", entgegnete der Zombie langsam. "Du siehst wirklich nicht aus wie einer..."
"Danke!", quiekte der Zwerg und schlängelte sich an ihm vorbei in den Obergrund.
Thask schaute einen Moment lang verdutzt hinterher, blieb dann aber an Ort und Stelle, als gleich eine ganze Gruppe Zwerge angetrottet kam und lautstark Einlass verlangte.

"Huhu, Ernesto!", rief Bong und winkte ihm fröhlich zu, während der quer durch den Saal zu seinen zwei Kumpanen lief.
Nach Luft ringend, blieb Ernie stehen, dann japste er: "Als ich es gehört habe, bin ich sofort hierher geeilt! Stimmt es wirklich? Das ist ja furchtbar!"
"Ja", entgegnete Krähe: "Man hat Vollstrecker ermordet."
Ernie schüttelte den Kopf. "Ich kann es einfach nicht glauben."
"Tu doch nicht so!", zischte Krähe. "Dir kommt es doch bestimmt bestens gelegen, dass Vollstrecker jetzt weg vom Fenster ist! Hoffst wohl, dass wir dich wieder als unseren Sänger aufnehmen! Aber solange du deine Einstellung nicht änderst, dann kannst du das so was von vergessen."
"Das würden wir doch gerne etwas genauer erklärt haben", meinte Romulus, der hinter den Zwergen aufgetaucht war: "Ihr drei...", er warf auf einen kurzen Blick auf Bong, "zwei werdet jetzt mit mir in den Raum dort vorne gehen, wo ihr unseren Püschologen ein paar Fragen beantworten werdet.
"Tschühüss!", winkte ihnen Bong hinterher. "Bis später!"

Rascaals Blick durchbohrte den Zwerg vor ihm förmlich: "Weißt du, warum man dich hierher gebracht hat?"
"Ich... ich habe nichts getan!", nuschelte der Zwerg völlig verängstigt. "Wirklich nicht!"
"Deshalb haben wir auch deine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe gefunden. Sind die etwa von alleine auf den Amboss gekrochen?"
"Nein, ich gebe es ja zu, ich habe ihn angefasst, aber mit dem Mord habe ich nichts zu tun, wirklich, wirklich nicht, großes Zwergenehrenwort!"
"Dann sage mir, warum du den Amboss angefasst hast!"
Der Zwerg schien ein wenig in sich zusammenzuschrumpfen: "Naja, ich fand die Band schon immer total cool, und meine Freunde auch, und da haben wir mal gewettet, dass keiner sich traut, den Opferaltar anzufassen. Der ist nämlich voll mystisch und so, da durfte keiner ran, und bei jedem Konzert schlug der Bong genau einmal mit einem ganz kleinen Hammer drauf, woraufhin der Amboss ewig zu virbrieren schien... Und das nur, um den Erzfeind zu huldigen."
"Erzfeind? Erkläre mir das genauer!"
"Naja, das ist das vierte Mitglied der Band. Eigentlich weiß keiner so genau, was er ist. Aber es geht ja das Gerücht um, dass es eine Gottheit sein soll, die einem richtig heißen Zwergen ähnelt mit einem enormen Bart und gewaltigen... äh..."
Ras hob nur eine Augenbraue. Der Zwerg verstummte wieder und rutschte unruhig hin und her.
"Weiter, erzähl!", trieb ihn Ras an.
"Naja... am Tag vor dem Konzert, da hatte ich mich nachts in den Obergrund geschlichen. Ich dachte, da klappt es ganz sicher! Aber der Hausmeister hat mich erwischt. Der scheint ja irgendwie in der Wand zu wohnen. Naja, ich wollte natürlich abhauen, aber er hat mich abgefangen und mich angeschrien, was ich hier will, was das alles soll und so. Naja... da habe ich gestanden, dass ich wenigstens einmal den Amboss berühren wollte, um meine Freunde zu beeindrucken. Und zugegeben, dass ich es mir mittlerwele ganz anders überlegt habe und gar nicht mehr wollte, aber da hat er nur gelacht, und den Amboss extra runtergelassen und mich richtiggehend gedrängt ihn anzufassen, dabei wollte ich eigentlich gar nicht mehr, aber es war dunkel und unheimlich und ich wollte keinen Ärger und einfach nur nach Hause."
Der Vampir nahm einen Zettel aus seiner Schublade und begann zu schreiben.

Sebulon presste sein Ohr gegen die Tür zu Rascaals Büro, aber nichts.
Verärgert stellte er sich wieder in Pose. So eine Gemeinheit! Nur, weil er gerade mal ein ganz frischer Obergefreiter war, durfte er nicht selbst seine Püschologischen Kenntnisse demonstrieren, sondern musste das Verhör einem erfahrenen Wächter überlassen. Dabei war Ras gar nicht so toll, und die Behauptung. dass er der beste Verhörer der Wache war, war bestimmt nur Kriecherei. Eigentlich ähnelte er mehr einem blöden Sägenerven[5].
Dabei hatte er sich soo auf das Verhören gefreut, als er davon gehört hatte, dass es eine Übereinstimmung mit dem unbekannten Fingerabdruck auf dem Amboss gab! Und nun durfte er blöd herumstehen. Von wegen abteilungsinterne Zusammenarbeit...
Die Tür schwang auf und der Vampir trat aus dem Zimmer. Er reichte Sebulon einen Zettel: "Bring das zu Romulus, es wird ihn interessieren."

"Natürlich haben wir ihn rausgeschmissen. Er hat Dinge gemacht, die sich einfach nicht mit unserer Philosophie vereinbaren ließen. Ernie hat sich so einer seltsamen, abartigen Sache hingegeben", erklärte Krähe und warf Ernie einen abschätzenden Seitenblick zu.
"Du übertreibst maßlos!", entgegnete dieser und verschränkte die Arme: "Ist doch nur nein kleiner harmloser Spleen..."
"Stop!", unterbrach Frän beide und stemmte sich die Arme in die Seite: "Es wäre nett, wenn Sie beide endlich das Gezeter einstellen könnten, und zur Sache kämen: Wieso hat Ernesto -"
"Sie können mich ruhig Ernie nennen, das ist mein richtiger Name."
"- Ernie die Band verlassen?"
"Weil er ein widerliches und perverses Hobby hat!", rief Krähe.
Frän söhnte genervt: "Ernie, sagen Sie es mir."
Der Zwerg errötete heftig und starrte auf den Boden, dann nuschelte er etwas in seinen Bart.
"Ich habe kein Wort verstanden", stellte Romulus fest.
"Nun rede schon, Bürschchen!", forderte Jack: "Oder willst du, dass ich zu härteren Mitteln greife?!"
"Ich... stelle.... Blumenarrangements her...", gestand Ernie schließlich und senkte beschämt den Kopf.
"Das ist alles?", fragte Ophelia verdutzt.
"Jawohl, genau!", erwiderte Krähe: "Wir preisen Tod und Verdammnis, ein völlig neues Leben bar jeglicher Fesseln und Vernunft, und er hat nichts besseres zu tun, als Rosen und Tulpen hübsch in Vasen zu arrangieren!"
"Ich binde normalerweise auch noch kleine Schleifchen um sie herum", fügte Ernie schüchtern hinzu.

Bob räumte alles auf, legte alles punktgenau dahin, wo es hingehörte, wischte penibel jedes Tröpfchen Putzmittel weg. Dann überprüfte er, ob noch alles da war. Er schaute in die Kiste mit den Fundsachen, in seine Sockenschublade und auch in das kleine Schränkchen, in dem er die stärkeren Putzmittel aufbewahrte. Seine Mama hatte es ihm beigebracht, dass man ordentlich sein musste, auf sehr schmerzhafte und einprägsame Weise. Aber nun gab es sie nicht mehr, nun war sie tot. Aber falls sie doch wieder kommen würde, dann würde er ihr einen ganz besonderen Empfang bereiten.
Als er die üblichen Orte überprüft hatte, hebelte Bob noch das lose Dielenbrett mit dem Stiel seines Lieblingslöffels in die Höhe. Ja, alles in Ordnung, sein größter Schatz, die Armbrust, war immer noch da. Aber wo war eigentlich sein Messer?
Nein! Sie hatten sein Messer mitgenommen! Das war bestimmt... diese Kathi, von der der Zauberer geredet hatte, die in sein Zimmer eingebrochen war! Na warte, das würde sie büßen! Er holte die Armbrust aus dem Loch und wollte eben die Tür aufstoßen, da kam die Erinnerung zurückgeschlichen.
Nein. Sein Messer war immer noch da. Er hatte es... in der Nacht... genau... als er die Sache getan hatte, die gleichzeitig so richtig und so falsch gewesen war. So falsch, dass er sich - unwillkürlich tastete er nach dem Kopfverband - dafür bestrafen musste. Aber die Richtigkeit überwog. Bob legte die Armbrust auf den Strohsack, auf dem er normalerweise schlief und verließ das Zimmer.
Dann schloss er sorgfältig seine Tür hinter sich und ging gemessenen Schrittes zur Bühne. Er warf einen kleinen Seitenblick auf die eigentlichen Bretter, die die Welt bedeuteten. Überall Kratzer. Da würde er mit einigen Walnüssen drübergehen müssen, um die wieder raus zu bekommen. War bestimmt eines dieser Weiber mit ihren Stilettos darüber gewatschelt.

Bong fühlte sich irgendwie einsam. Die Wächter waren alle in das kleine Zimmer gegangen, selbst der mit dem spitzen Hut, und nun war er ganz alleine. Eigentlich hatte er ja ein paar neue Schwermetalllieder komponieren sollen, aber alles was ihm einfiel, waren brilliante Ambosssolos, und die waren viel weniger beeindruckend, wenn es nicht noch ein wenig andere Musik drum herum gab.
Dann öffnete sich wieder die Wand und der nette Hausmeister kam heraus. Hatte der sich nicht ein Autogramm von ihm gewünscht? Aber statt ihm sein Autogrammbuch wie versprochen zu geben, ging er einfach mit verkniffenem Gesichtsausdruck an ihm vorbei und in Richtung der Seitenbühne.
Bong zögerte ein paar Augenblicke. Ob er es vergessen hatte? Bestimmt! Am besten er erinnerte ihn wieder daran, dann würde er sich mit Sicherheit so sehr freuen, wie zu dem Zeitpunkt, als er auf ihn und Krähe gestoßen war.

"Es passt doch perfekt zusammen", stellte Jack fest. "Klein-Ernie ist sauer, weil er aus einem lächerlichen Grund aus der Band geworfen wurde und hat dafür gesorgt, die einzige Person, die ihm als Sänger das Wasser reichen konnte, zu eliminieren, um wieder zurück zu können. Du warst früher oft hier aufgetreten, Ernie, du kanntest dich hier aus. Ich kann mir gut vorstellen, dass du in der Lage gewesen wärst, die Sache durchzuziehen. Auch geistig! Deine Kollegen wären dazu nicht in der Lage gewesen, dazu sind die nicht kreativ genug."
Die anderen Wächter nickten zustimmend zu der Theorie, auch Krähe.
Ernie sah auf den Boden: "Aber ich war es nicht, wirklich!"
"Los, jetzt gib es schon zu, wir haben noch andere Sachen zu tun!", zischte Jack und machte eine ungeduldige Handbewegung.
"Aber... aber ich wollte doch auch selbst aus der Band austreten!", schluchzte Ernie mit einem Male.
"Das glaubst du doch selbst nicht, jetzt gesteh schon, aber flott, zackzack!"
"Nein! Ich sage jetzt gar nichts mehr! Meine Worte werden eh nur ständig verdreht und so uminterpretiert, dass es passt!"
Es klopfte an der Tür.

"Chef?", fragte Sebulon und steckte den Kopf in den Raum hinein: "Ich habe hier eine Nachricht von Ras, wegen dem Verhör."
"Verhör? Was für ein Verhör?"
"Na, die Order lautete doch, wenn wir eine Übereinstimmung mit dem Fingerabdruck haben, dann sollen wir diejenige Person unverzüglich festnehmen und verhören lassen. Von Ras. Statt vom zwar dienstjüngsten, aber dennoch frisch beförderten, aufstrebenden, jungen Obergefreiten, der-"
"Gib her", unterbrach ihn Romulus. "Und dann kehrst du ins Wachehaus zurück und informierst Ras, dass ich die Nachricht erhalten habe."
Sebulon salutierte eher lustlos und machte sich wieder vom Acker.
Der Abteilungsleiter faltete den Zettel auseinander und las ihn dann. Er runzelte die Stirn und machte einen Schritt zur Tür: "Sebulon!"
Der Obergefreite war schon weg.
"Mist", murmelte Romulus.
"Was ist denn?", fragte Ophelia.
"Der Hausmeister. Ras schreibt, dass wir den mal verhören sollen, der Verdächtige hat ausgesagt, dass der Hausmeister ihn dazu gedrängt hätte, den Amboss anzufassen... Aber nun, da Sebulon schon weg ist, muss jemand anderes zu Rogi und sich darum kümmern. Freiwillige?"
"Der Hausmeister ist doch hier!", entgegnete Ophelia.
"So ein kleiner mit einem Bart wie eine Badematte?", fragte Pyronekdan, woraufhin Romulus nickte. "Ja, dann habe ich ihn auch gesehen. Der hat sich in seine Besenkammer verzogen."
Der Chef strich sich mit einer Hand über das Kinn: "Nun gut, dann werde ich ihn mal holen, der Rest bleibt hier und verhört weiter. Wobei... Jack, du kommst mit, kann nicht schaden."
"Bis später!", verabschiedete Kolumbini, der es sich auf einen Stuhl gemütlich gemacht hatte, seinen Freund. Bisher hatte er sich mit eigenen Aussagen zurückgehalten. Er beobachtete, um dann später eine hieb- und stichfeste Aussage machen zu können.

Alle hatten ihn vergessen. Es war leicht, ihn zu übersehen, aber das war ja auch seine große Stärke als verdeckter Ermittler. Septimus lag auf der Lauer, genau so, wie es ihn Romulus befohlen hatte, weil er so eine dumpfe Ahnung hatte, als er ihm zeigte, was er unter der Bühne gefunden hatte.

Bob zog an einem der Bretter am Bühnenrand, im Schutze der Seitenbühne und schaffte es ohne allzu großen Aufwand, es vertikal nach oben zu ziehen. Dann griff er in den Spalt und holte sein Messer heraus. Freudig presste er es an sich. Kein Weibsbild hatte es ihm gestohlen, keines von diesen gefühlskalten, herzlosen Wesen, die gar nicht in der Lage waren, sich in andere hineinzuversetzen.
"Hallo?", fragte eine Stimme hinter ihm. "Herr Hausmeister?"
Bob fuhr herum. Hinter ihm zeichnete sich die Silhouette eines Zwerges ab. Erschrocken ließ er sein Messer fallen, wich zurück, doch dann gewann doch der Kampfinstinkt, und er stürzte sich auf den Angreifer. Schnell hatte er ihn überwältigt und mit ein paar kräftigen Faustschlägen ins Reich der Träume geschickt. Triumphierend lachte er auf doch dann erkannte er, wen er niedergeschlagen hatte. Seine Miene sackte in sich zusammen.

Septimus schlich sich aus seinem Versteck. Er musste zum Chef, sofort! Aber vorher... musste er an diesen wahnsinnigen Irren vorbei. Der Gnom wartete auf eine passende Gelegenheit, aber es wollte sich einfach keine ergeben.

Bong! Dabei war er doch Teil der Sarkastischen Vier, seiner großen Vorbilder! Was hatte er nur getan, was hatte er nur getan? Bobs Gedanken rasten. Was sollte er nur tun? Er musste ihn wegschaffen, ihn in Sicherheit bringen, ehe ihn eine dieser Wacheharpyen in ihre Klauen bekam, oder einer der Männer, die ja anscheind allesamt den Verstand verloren haben mussten. Er würde Bong retten und ihn gesund pflegen. Genau. Und dann... dann würde er auch noch Krähe retten und Ernesto, denn Ernesto war sein großes Idol, Ernesto war der wichtigste. Und dann würden sie eine neue Band gründen, die Sakastischen Fünf, und das Leben würde fortan nur noch gut verlaufen!

"Er ist nicht hier", stellte Romulus fest und ließ seinen Blick ein zweites Mal über die Kammer schweifen.
Jack hob die Armbrust auf: "Die war vorher noch nicht hier. Außerdem hätte SuSi bestimmt keine Waffe einfach herumliegen lassen."

"Nun Ernie, verraten Sie mir vielleicht, warum Sie auch einen Grund hatten, die Band zu verlassen? Keine Angst, Sie können ganz frei reden, ich werde Sie nicht beschimpfen wie Jack, ich habe nicht einen Großteil meiner Wachekarriere mit Leichen verbracht." Frän zwinkerte Ernie schelmisch zu und hoffte, dass das reichte, um etwas mehr aus den Zwerg vor ihr herauszubekommen.
Ernie schnäuzte sich wieder in sein Taschentuch.
"Keine Angst", bestätigte Ophelia: "Wir beißen nicht, wir sind ganz lieb."
"Ich bin sogar Mitglied einer Tierschutzorganisation, oder so!", fügte Ayure hinzu.
"Immer nur raus damit!", meinte Kolumbini gönnerhaft.
"Ja genau!", sagt Pyronekdan und zündete sich eine Pfeife an.
"Jetzt bin ich aber auch gespannt", schloss Krähe.
"Ich...", sagte Ernie und sah zu Boden. Er knibbelte mit seinen Fingern und sagte dann ganz leise: "Naja, ich war, kurz bevor meine Bandkollegen meinen Spleen herausgefunden hatten, beim Arzt gewesen, weil mir ständig schlecht wurde..."
"Bist du etwa krank, Ernesto?", fragte Krähe, nun Sorge in der Stimme.
Ernie schüttelte langsam den Kopf. "Nein... nicht direkt. Der Arzt hatte mich auf Entzug gesetzt, gesagt, dass ich kein Bier mehr schlabbern darf, und da mir dadurch der innere Ausgleich gefehlt hat, hatte ich mich etwas mehr in mein Hobby vertieft." Er hielt einen Moment lang inner: "Und hör endlich auf mich ständig Ernesto zu nennen. Mein richtiger Name ist Ernie, Goldlieb."
"Dann bist du also todkrank?!", mutmaßte Krähe, der es tunlichst vermied, auf seinen wahren Namen zu reagieren.
"Ich bin nicht krank!"
"Was denn dann?"
"ICH BIN SCHWANGER, DU IDIOT!"

Romulus schüttelte den Kopf. "Verdammt... verdammt, verdammt. Nun gut, Jack, nimm du die Armbrust mit, lauf zu Thask und frag ihn, ob er das Gebäude verlassen hat. Ich schaue nach, ob er sich bei der Seitenbühne verkrochen hat."
"Wird erledigt, Chef!"
Beide verließen den Raum und machten sich im Eilschritt, aber dennoch möglichst leise, auf den Weg zu ihren jeweiligen Zielen.

Bob erstarrte. Das war Ernestos Stimme gewesen! Aber... nein, das konnte nicht sein... Schwanger? Das hieß ja... nein, nein, nein! Ernesto konnte keine Frau sein, Ernesto war doch sein großes Vorbild, sein Idol! Er hätte alles für Ernesto getan, er hatte sogar gemordet, damit er in die Band zurückkonnte! Entsetzt schüttelte Bob den Kopf. Er hatte so etwas schlimmes wegen einer Frau getan, einer perfiden Giftschlange.
Aber wenigstens hatte es keinen Unschuldigen erwischt, der Verachter hatte ja auch zur anderen Sorte Zwerg gehört. Davon hatte er sich selbst überzeugt, als er ihm nachgeschlichen war und festgestellt hatte, dass er sich für eine bestimmte Tätigkeit immer hinsetzte! Selbst wenn es dabei nur plätscherte! Das war ein untrüglicher Beweis gewesen.
Er würde sich nicht von diesem Weibsbild unterkriegen lassen, das ihn so arglistig getäuscht hatte!

Romulus spähte um die Ecke in das Dunkel des Vorhangs. Dort hinten bewegte sich jemand.
"Hausmeister Bob, bist du hier? Hier spricht der Feldwebel Romulus von Grauhaar. Ich würde mich gerne ein bisschen mit dir unterhalten."
Septimus wusste nicht ein noch aus. Wenn er Romulus warnte, würde er den Typen direkt zu sich lenken. Was sollte er nur tun, was sollte er nur tun?
Dann sah er mit Entsetzen zu, wie alles in absoluter Zeitlupe geschah. Bob hatte sich gut versteckt und trat jetzt hinter Romulus. Der Feldwebel bermerkte ihn aber, und drehte sich blitzschnell zu ihm um. Und Bob stach zu.
"Mörder!", kreischte Septimus: "Du Mörder, Mörder, Mörder!"
Wutentbrannt stürzte sich der Gnom auf den Zwerg, bedachte sein Schienbein mit dutzenden von kleinen Fausthieben und schrie wie am Spieß.
Der Zwerg packte ihn und schüttelte den Gnom heftig: "Sei still du kleiner... Sei einfach still!"
Die Geräusche von Schritten ertönten draußen.
Na toll, die Ratte hatte seine Kumpanen angelockt. Er musste weg hier, ganz schnell, wenn welche auf die Bühne kamen und durch den Seiteneingang, dann war er umzingelt. Nein, er musste diese Geier im Auge behalten!
Den Gnom fest gepackt, die Klinge an ihn gedrückt, nahm der Hausmeister die Stufen, die ihm vom eigentlichen Bühnenniveau trennten, stürmte hinauf und nach draußen in den Saal. Unten standen sie schon, starrten ihn an, sogar Ernesto, dieses falsche Biest!
Augenblicke später sauste ein Armbrustbolzen an ihm vorbei, verfehlte ihn nur knapp, traf den Amboss, der einen langen, durchdringenden Klang von sich gab. Jack war nicht erfahren genug, im Laufen zu schießen und gleichzeitig zu treffen.
Der Zwerg wich zurück, dass Messer fest an der Kehle des Gnoms "Kommt mir nicht zu nahe!", kreischte er: "Oder ich werde ihn abstechen! Ich habe keine Skrupel!"
Septimus wimmerte leise, doch der Hausmeister reagierte absolut nicht darauf.
"Ganz ruhig", sagte Frän und machte mit erhobenen Händen einen Schritt auf ihn zu.
"Weg, weg!", zischte der Zwerg und stieß sein Messer in ihre Richtung, um es dann wieder sofort gegen Septimus Kehle zu drücken. Das Messer ritzte die Haut des verdeckten Ermittlers an, so dass ein dünner Streifen Blut seinen Hals hinunter lief.
Frän blieb stehen. "Beruhige dich! Du willst doch nicht etwas tun, was du später fürchterlich bereuen wirst!"
"Bereuen, ich?!" Die Stimme des Hausmeisters überschlug sich: "Habe ich etwa die Band ruiniert? NEIN! Die haben alles versaut! Sie hatten es gewagt, eine... eine... einen weiblichen Zwerg als Sänger... Und jetzt auch noch... Ernesto, wie, wie... konntest du nur?!"
Der Zwerg wich weiter zurück, bis er mit dem Rücken gegen den Amboss stieß. Erschrocken machte er einen kleinen Satz nach vorn.
Krähe sah aus den Augenwinkeln etwas bei der Seitenbühne liegen. Was das etwa Bong?
"Bob!", sagte Ernie in einem festen, bestimmten Tonfall. "Lass den Gnom gehen!"
"Du warst mein Vorbild!", heulte Septimus' Geiselnehmer auf. "Ich wollte immer so sein wie du! Ein taffer Zwerg, von allen bewundert und geliebt! Ein Zwerg, der sich von niemanden etwas sagen lässt, ein Zwerg, der niemals vor anderen im Staub kriecht!" Bob begann sich zu schütteln. "Aber du bist nur ein verlogener Arsch, jawohl! Du bist keineswegs besser als Modo! Du hast den Tod verdient, genauso wie sie!" Bob machte einige Schritte auf Ernie zu, immer noch die Klinge fest gegen Septimus' Hals gepresst. Der Gnom bemühte sich, möglichst wenig zu atmen, zu groß war die Angst, sich selbst aufzuschlitzen.
"Keine Bewegung!", rief Jack und zielte mit der nun wieder einsatzbereiten Armbrust auf den Zwerg: "Wenn du auch nur einen falschen Finger krümmst, werde ich es dir sofort zurückzahlen! Lass Septimus los! Und dann legst du dich flach auf den Boden!"
Erneut wich Bob zurück, seine Miene zu einer grotesken Mischung aus Angst, Verwirrung und unbändigen Zorn verzerrt.
Als er mit dem Fuß wieder gegen den Amboss stieß, schaltete er schnell. Schneller, als die Wächter es ihm zugetraut hätten, brachte er sich hinter dem schweren Eisenblock in Deckung.
Die ganze Zeit folgte ihm die Spitze von Jacks Armbrust, und auch wenn man ihn es ihm nicht ansah, fluchte er doch innerlich, als der Übeltäter sich aus seinem Schussfeld bewegte.
"Bob!", sagte Ernie nun wieder mit leiser Stimme. "Du hast behauptet, ich sei dein Vorbild. Ich bin nicht so, wie du denkst. Ich habe einfach immer nur getan, was mir richtig erschien. Ich widmete mich der Musik, als mein Leben leer und wertlos schien, und nun werde ich mich meiner Familie widmen, denn sie kann mir geben, was die Musik nicht schafft. Du hängst nur einem falschen Bild nach, einer Seifenblase, und nun kommst du nicht damit zurecht, weil dir genau das klar geworden ist. Sei kein Idiot, Bob, sein ein taffer Zwerg, wie du es schon immer sein wolltest, und stell dich deinen Taten! Ein echtes Leben zählt doch viel, viel mehr als jedes Image!"
"SEI STILL!!!", brüllte Bob und schoss hinter dem Amboss in die Höhe. "DAS IST DOCH BLOSSES WEIBERGELABER!!"
Jack drückte ab.
Der Bolzen sirrte durch die Luft, um sich dann, wenige Zentimeter über Septimus Kopf in Bob zu bohren. Doch nichts geschah. Der Zwerg begann laut und hämisch zu gackern.
"Da wunderst du dich, was?! Du hast wohl meinen Bart unterschätzt!"
Er drückte Septimus auf den Amboss, der Gnom strampelte und zappelte und biss in Bobs Hand.
"Jack, tu doch was!", kreischte Ophelia.
Der Gerichtsmediziner friemelte an der Armbrust herum, um endlich einen neuen Bolzen in die Abschussvorrichtung zu zwängen. "Ich tu doch was ich kann! Scheißding! Geh endlich verdammt noch mal rein!"
Bob hob ungerührt sein Messer. "Oh, das sieht Weibsbildern ähnlich, arme unschuldige Zwerge hinters Licht zu führen. Alles war nur Show, von Anfang an, bis hin zum Opferaltar. Die Träume von euren Fans sind euch ja auch völlig egal! Die Sarkastischen Vier hat es nie gegeben! Nichts war jemals echt! Ihr Lügner, ihr Betrüger! Aber ich werde euch zeigen, wie man es richtig macht!"
Septimus schloss die Augen, als der Zwerg mit der Klinge ausholte. Das war also sein Leben gewesen. Er bereute nichts. Außer vielleicht, dass nichts mit Ratti geworden war.

Bong öffnete die seinen. Krähe war zwar über ihn gebeugt, schaute aber nun in Richtung der Bühne und des Hauptgeschehens.
"Ist das etwa...?", fragte er.
"Ja", war die Antwort.

Der Amboss begann heftig zu vibrieren. Wie von einer unsichtbaren Macht gehalten, verharrte Bob in seiner Position und seine Mimik sackte ihn sich zusammen, er war ein reines Bild der Angst. Graue, leuchtende Schlieren verdichteten sich vor ihm, über dem Opferaltar und Septimus.
Bob schaffte es, dein Bann über sich zu brechen und wich in Panik zurück, doch die Wand hinter ihm versperrte ihn den Weg.
Als der erste Fuß den Boden berührte, klang es, als würden hundert Ambosse gleichzeitig angeschlagen. Und als es der zweite tat, war es so laut, dass völlige Stille sämtliche Geräusche fraß.
"ICH bin echt", donnerte die lautlose Stimme durch den Saal, ehe der dumpfe Aufprall einer gewaltigen Keule eben jene Lautlosigkeit brach.

"Der Erzfeind!", hauchte Krähe.
"Soviel zu der Behauptung, wir hätten ihn uns nur ausgedacht", murmelte Bong.
Der Gitarrist half ihm hoch, und beide verließen die Seitenbühne und begaben sich wieder zu den Wächtern.
"Was war das?", fragte Frän fassungslos und sah in die Richtung des bewusstlos zusammengesackten Hausmeisters. "Wo kam der Troll her? Wohin ist er verschwunden?"
"Das war der Erzfeind", sagte Ernie und schüttelte den Kopf: "Unser... Das vierte Mitglied der Band. Auch wenn ich erstaunt bin, eigentlich gibt es ihn doch gar nicht!"
"Ein Gott", stellte Pyronekdan fest. "Ganz klar. Ihr habt ihn angebetet und durch den Glauben eurer Fans wurde er real. Aber natürlich bin ich kein Experte für solche Sachen." Er entzündete seine Pfeife und zog daran.
"Septimus!", entfuhr es Ophelia und schnell kletterte sie auf die Bühne und rauschte in Richtung des Opferaltars. Der Gnom war gerade im Begriff sich aufzurichten und hielt sich die Hand an den schmerzenden Hals. Die stellvertretende Abteilungsleiterin atmete hörbar auf.
Doch Septimus, immer noch etwas verängstigt, piepste: "Der Chef! Er hat ihn erwischt, und der Puls ist weg, und... und..."
"So schnell kriegt man mich nicht klein", knurrte Romulus, der nun durch den Zugang der Seitenbühne kam. Das Blut war noch nicht getrocknet, dass Hemd vollkommen zerfetzt, aber die klaffende Wunde hatte sich beinahe schon wieder vollständig geschlossen. "Nehmt den Kerl endlich fest und dann ab ins Wachhaus mit ihm. Bevor ich auf die Idee komme, etwas Aggressionsbewältigung an ihm zu üben."
[1]  Der Obergrund ist ein zwergischer Untergrundclub, in dem sich pubertierende 50-jährige in gepflegter Atmosphäre betrinken und Schwermetallmusik hören können.

[2] Nur echt mit dem Schleim von mindestens 50 Krötenwesen! (Kann Spuren von Nüssen enthalten.)

[3] Harte Arbeit, Sparsamkeit, und ordentliche Bartpflege

[4] Solche Informationen wurden manchmal gezielt an die Presse weitergeleitet, um der Karriere eines angehenden Stars noch ein wenig auf die Sprünge zu helfen

[5] Eine Nervensäge bringt andere zur Weißglut, indem sie diese nervt. Ein Sägenerv bringt andere zur Weißglut, weil diese ihn nerven.[6]

[6] Hat sich eigentlich schon jemand für dieses.... ähm... prachtvolle Pokalwort bedankt?




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Feedback:

Von Huitztli Pochtli

01.03.2009 20:54

Die Single hat mir recht gut gefallen. Allein den Anfang mit der Zwergenband mit Steinen drin, die Rock'n'Roll typisch gegen Konventionen verstößt und nicht nur Gold besingt, fand ich sehr lustig.Ob das so 100%ig regelgerecht ist, dass der Polalbegriff Nr. 2 nicht im Haupttext, sondern in der Fußnote steht, kann ich nicht sagen. Ich denke, es ist OK.

Von Braggasch Goldwart

01.03.2009 20:54

Ein schönes Kindermärchen. Recht gut geschrieben, ein toller Plot, und teilweise richtig schöne Witze - aber leider teilweise auch kindische. Ich als Zwerg finde es sehr schade, dass die meisten Zwerge in der Geschichte wie fünfjährige anmuten. Aber die Abteilung ist vollständig - und darüber hinaus - vorgekommen und, soweit ich das sagen kann, gut charakterisiert worden.

Von Kamillus Schimmlersohn

01.03.2009 20:54

Eine wunderschöne Geschichte.Ich habe mich hingesetzt, ich habe angefangen zu lesen und plötzlich waren zehn Minuten verschwunden.^^Meine Verehrung!

Von Lilli Baum

03.03.2009 09:37

Huitzli: Kamillus hatte auch eine Pokalwortfußnote ;)

Und mir hat niemand gesagt, dass ich es abändern muss, also wird es wohl doch regelkonform gewesen sein; man hat ja bei einem Formverstoß fünf Tage Zeit, die Pokalsingle zu bearbeiten. Und da Fußnoten zum Gesamtlimit von 9000 Wörtern dazu zählen, sind sie meines Erachtens auch voll und ganz Teil einer Pokalsingle.



Zu Braggasch: Eigentlich hatte ich mir Mühe gegeben, alle Zwerge individuell einen Charakter zu geben und sie auch glaubwürdig auf die Wächter und die ganze Situation reagieren zu lassen, ob sie dabei kindisch sind, darauf hatte ich nicht geachtet. In den Plot und die Situation hätte ein regulärer Zwerg auch gar nicht hineingepasst. Am ehesten würde Mibel noch als normaler Zwerg durchgehen, aber da sein Sohn gestorben ist, und ihn die Wächter auch noch als sie erkannt haben, hat er eben entsprechend emotional reagiert.

Aber vielleicht sind das auch nur meine Ausreden um zu vertuschen, dass ich persönlich es mag, wenn Gestalten etwas alberne Charakterzüge haben. Bin eben etwas kindisch. O:-)





Wenn ich es so recht überlege, bin ich etwas erstaunt, dass sich niemand über das Motiv von Bob dem Hausmeister beschwert hat. Normalerweise wird Wahnsinn als Motiv doch nicht so gerne gesehen. :mata:

Von Magane

03.03.2009 12:04

Zumindest wird Wahnsinn als Motiv sonst immer kritisiert...



Pfui! Ein wahnsinniger Täter, wie konntest du nur.



Von mir gibt [i]das[/i] keine Punktabzüge, solange man nicht jede Single einen hat.

Von Lilli Baum

03.03.2009 16:36

Naja, zumindest habe ich begründet wieso er wahnsinnig war O:-)

Von Romulus von Grauhaar

04.03.2009 12:10

[quote="Forendämon"]Ob das so 100%ig regelgerecht ist, dass der Polalbegriff Nr. 2 nicht im Haupttext, sondern in der Fußnote steht, kann ich nicht sagen. Ich denke, es ist OK.[/quote]

Definitiv. Laut Anleitung.
[quote]Alle sieben Pokalwörter müssen enthalten sein. Sie müssen mit den HTML-Befehlen <u><b>Pokalwort</b></u> gekennzeichnet sein.[/quote]

Da steht nicht, ob sie im Haupttext, in einer Fußnote oder sonstwo stehen müssen, nur DASS sie enthalten und entsprechend gekennzeichnet sein müssen. Also alles regelkonform ;)

Von Valdimier van Varwald

04.03.2009 15:55

[quote="Lilli Baum"]Naja, zumindest habe ich begründet wieso er wahnsinnig war O:-)[/quote]

Den puren Wahnsinn kann man nicht begründen MUHAHAHAHA

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