Strafarbeit

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von Lance-Korporal Breda Krulock (DOG)
Online seit 01. 02. 2009
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Wer keine Arbeit hat, macht sich welche.

Dafür vergebene Note: 12


Araghast Breguyar saß seit ungefähr sechs Minuten vollkommen regungslos auf seinem Stuhl und hatte beide Hände flach auf die Tischplatte gelegt. Sein Auge funkelte im trüben Licht der kleinen Kammer, als sein ausstoßender Atem auf den brennenden Kerzenstummel traf und wabernde Schatten auf die beiden Frauengesichter warf.
"Bitte sagt mir, dass ihr euch einen üblen Scherz mit mir erlaubt."
Korporal Ophelia Ziegenberger wechselte nervös ihr Standbein. Dies war eindeutig einer dieser Momente, wo sie sich zurück in ihren Job als verdeckte Ermittlerin sehnte. Bei unangenehmen Dingen wie diesen fiel es sicher jedem leicht, anderen den Vortritt zu lassen. Doch der Rotschopf nahm seine Pflicht sehr ernst. Ophelia hob ihre zarte Hand zum Mund und räusperte sich. Rea Dubiata neben ihr schwieg.
"Nun, Sir", begann Ophelia, "als Lilli Baum einen Antrag auf Informationen bezüglich der Schlüsselgilde stellte, bekam sie diese Nachricht als Antwort." Die stellvertretende Abteilungsleiterin deutete auf einen der ordentlich gefalteten Zettel auf Breguyars Schreibtisch. "Auch S.E.A.L.S. hat ähnliche Nachrichten erhalten, wie Oberfeldwebel Dubiata bestätigen wird."
"Sir, bei allem Respekt", mischte sich Rea nun ein, "aber so geht das nicht weiter! Es kann nicht sein, dass wir ..."
Araghast stoppte ihren beginnenden Redefluss durch das simple Heben seiner rechten Hand. Er fand es außerordentlich bemerkenswert, wie viel diese Geste an Bedeutung gewonnen hatte, seit er Kommandeur der Stadtwache geworden war. Es war jetzt weit mehr als nur die Geste zum Ordern eines neuen Getränkes. Es glich einem Machtsymbol. Und er benutzte es gerne und oft.
Nachdem er der Hexe einen prüfenden Blick zugeworfen hatte um sicher zu sein, dass sie ihn richtig verstanden hatte, entfaltete er die Nachrichten. Die Schriftstücke ähnelten sich im Inhalt, nur die Orthographie und Handschriften unterschieden sich.


Liebe(r) Mitwächter(in),
Wegen der unzureichenden Involvierung, Beteiligung sowie Teilhabe, Einweihung und Kooperation der anderen Abteilungen mit der unsrigen legt die Dienststelle zur Observierung von Gildenangelegenheiten bis auf Weiteres die Arbeit nieder. Also die Arbeit, die anfallen würde, wenn der Empfänger dieser Nachricht einen Auftrag an uns richten und eine professionelle Ausführung dessen erwarten würde. Diese Arbeitsniederlegung ist keine Arbeitsverweigerung im eigentlichen Sinne und laut Paragraph 5, Absatz 6, Revision 2, Satz 2 des Arbeitsbeschaffungs- und -erhaltungsgesetzes gildenrechtlich unter Beaufsichtigung der Anwaltsgilde, insbesondere dem verantwortlichen Anwalt Eduard Penn, genehmigt. Die Abteilung ist gewillt, die Arbeit wieder aufzunehmen, wenn für eine Sicherung des Arbeitsplatzes gesorgt und ein ausreichendes Maß an Arbeit für alle Abteilungsmitglieder angeboten wird.
Mit freundlichen Grüßen, die D.O.G.


Ebenso langsam und ordentlich wie die Zettel auseinander gefaltet wurden, legte Araghast sie wieder zusammen. Ein leichtes Zucken umspielte seine Mundwinkel, als er seine Besucher ansah. "Holt mir Llanddcairfyn her. Ich werde mich darum kümmern."

***


Der Lärm war ohrenbetäubend und die heranströmenden Menschenmassen schienen kein Ende zu nehmen. Es war wie bei der Zubereitung einer unansehnlichen Speise: Niemand will es sehen, aber man kann auch nicht wegschauen, und essen wollen es hinterher alle. Zusammen mit der Erfahrung alteingesessener Ankh-Morporkianer, dass es sich in der zweiten Reihe schlechter schauen lässt als in der ersten, erklärte es das emsige Gedrängel und Geschubse der Leute an der Unfallstelle.
Natürlich waren auch die gewinnorientierten Verkäufer vor Ort. Denn Gaffen macht hungrig und bei besonders extremen Unfällen waren die Leute auch besonders hungrig. Mit ihren Bauchläden drängten sie sich durch die Massen und schrien ihre Super-Sonder-Stau-Angebote in dieses und jene Ohr. Eines der Ohren gehörte Glum Steinstiefel. Er balancierte mühevoll auf den Schultern seines Kollegen Helmi Bernstein, um sich einen Überblick zu verschaffen.
"Und?", japste Helmi, "kannst du die S.E.A.L.S. sehen?"
"Ich", schrie Glum. Er testete vor der beeindruckenden Geräuschkulisse verschiedene Lautstärken, um einen Kompromiss zwischen wunden Stimmbändern und Verstanden Werden zu finden. Nach ein paar Versuchen war er zufrieden. "Ich sehe eine kleine, freie Fläche! Dort muss der Unfall passiert sein. Ahhh ..." Er rang um sein Gleichgewicht. "Halt still da unten!"
Die merkwürdige Gestalt, bestehend aus zwei aufeinander gestapelten Zwergen, wankte für einen kurzen Moment, als Helmi von einer sehr rundlichen Frau abprallte, die sich wie ein Eisbrecher einen Weg durch die Menschen bahnte.
"'Tschuldigung, ich geb mein Bestes hier unten", keuchte Helmi unter der Last.
"'Lasst uns streiken!'", murmelte er. "'Lasst uns den anderen zeigen, wie unentbehrlich wir sind!', hat sie gesagt. Und was haben wir jetzt davon? Strafarbeit nennt man so was!" Die letzten Worte hatte Helmi an den Wächter über ihn gerichtet. "Sag mal, Glum. Bei wem sollen wir uns noch mal melden? Ich hab den Namen verge ..."
"Schnell, hinterher!", unterbrach Glum seinen Kollegen aufgeregt und hüpfte auf dessen Schultern auf und ab, während seine Hand auf die Schneise wies, die sich hinter der rundlichen Frau aufgetan hatte. Links und rechts schnappten die Leute nach Luft oder lagen bereits am Boden, je nachdem wie schwer sie getroffen wurden.
"Sie steuert direkt auf den Tatort zu. Los!" Wie bei einem Ausritt nutze der obere Zwerg seine Stiefel und gab seinem zwergischen Pferd die Sporen. Helmi, von dem plötzlichen Schmerz in seinen Rippen überrascht, legte die ersten drei Schritte so schnell zurück, dass Glum erneut ins Wanken geriet und wie wild mit den Armen ruderte.
Nachdem beide Zwerge ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatten, erreichten sie nach kurzem Galopp den Tatort. Die Tatortwächter von S.U.S.I. hatten ganze Arbeit geleistet und den Ort des Geschehens bestmöglich abgegrenzt, jedoch sah man trotz der aufgestellten Blickfänger aus Tüchern und Holz den Eselskarren, der aus seiner Begegnung mit einer Häuserwand schwere Schäden davon getragen hatte.
Die Ladefläche des Karrens glich einem Opferaltar, überall war Blut.
Die Person, der all diese rote Flüssigkeit einmal gehörte, lag in einem schwarzem Leichensack, über den sich Oberleutnant Pismire und Chief-Korporal Feinstich beugten und unterhielten.
Die beiden D.O.G.s gingen, nun jeder für sich, hinüber zu den beiden Vorgesetzten und meldeten sich zum Dienst.
"Fön daff ihr auch fon da feid!" In der Stimme der Igorina schwang Missbilligung mit, als sie den Leichensack über dem Gesicht des Verunglückten zu schnürte und zwei Tatortwächtern das Zeichen zum Abtransport gab. "Der Kommandeur fagte mir, daff ihr den F.E.A.L.F fugeteilt feid." Sie schaute hoch. "Da hinten fteht Kannichgut Fwiebel, er wird euch einweifen. Und jetft geht mir auf dem Weg und macht euch endlich nütflich."
Unzufrieden mit der Situation, dem Toten, der vergeblichen Wiederbelebungsversuche und über ihre eigene Stimmungslage drehte die Sanitäterin den beiden den Rücken zu und begann, ihre Arbeitsutensilien zusammen zu packen.

"Ihr seid also an der Arbeit der S.E.A.L.S interessiert? Sehr schön." Kannichgut nahm das Schreiben des Abteilungsleiters der Dienstelle zur Observierung von Gildenangelegenheiten entgegen und schob es zwischen die voll beschrifteten Blätter seines Notizblocks. Er bedeutete den beiden Neuen, ihm zu folgen.
"Also folgendes", begann der stellvertretende Abteilungsleiter der S.E.A.L.S. "Die Susen haben sich bereits um das Opfer gekümmert und den Unfallort abgesperrt. Das fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich. Unser Job ist es, den Verkehr wieder zum Laufen zu bringen."
"Du", Kannichgut überlegte kurz und schaute dann auf seine Notizen. "Helmi Bernstein?" Er schaute einen der Zwerge an und hoffte, dass er richtig geraten hatte. "Du gehst mit dem Gefreiten William de Morgue. Ihr werdet euch darum kümmern, dass der Unfallkarren schnellstmöglich beiseite geräumt und der Verkehr nicht länger aufgehalten wird. Außerdem will ich einen Bericht über den Ablauf des Unfalles haben, William." Während er sprach, flitzte sein Bleistiftstummel über die abgefledderten Seiten des Notizbuches. Dann nahm der junge Mann den Verkehrsexperten de Morgue zur Seite, während die beiden D.O.G.s sich misstrauisch umschauten.
"Pass bloss auf, dass der Zwerg nichts anfasst, ohne dass du es ihm erlaubst", sagte Kannichgut. "Wir wollen unsere Abteilung doch nicht in einem schlechten Licht dastehen lassen."
William nickte.
Wieder an die D.O.G.s gewandt sprach Kannich diesmal den anderen Zwerg an. "Du kommst mit mir. Wir müssen Informationen über den Unfall an die umliegenden Kreuzungen schicken, damit man sich dort auf die veränderten Verkehrsbedingungen einstellen kann. Dazu müssen wir die Tauben vorbereiten, das erfordert große Vorsicht."
"Aha", machte Glum, als verstünde er.
"Du hast dir hoffentlich einen Lappen mitgebracht?"
"Nein äh ..." Glum wollte Klarheit: "Heißt das, wir werden niemanden verfolgen oder uns die Leiche genauer anschauen?"
Der Kommunikationsexperte wartete einen Moment, um sicher zu gehen, die Pointe nur verpasst zu haben. Vergeblich.
"Ehm, nein. Wir werden niemanden verfolgen. Das ist nicht ... wir kümmern uns darum, dass der Straßenverkehr wieder fließt. Wir werden den zuständigen Abteilungen jedoch unsere Ergebnisse zukommen lassen. Zum Beispiel die Länge des Bremsweges, wenn es einen gab. Diese Information kann zur Auflösung des Falls sehr nützlich sein." Kannichgut hielt inne. "Macht ihr das bei D.O.G. nicht so? Ich meine, mit den anderen Abteilungen kommunizieren und so?"
"Doch, doch!", bestätigte Glum eifrig. "Na klar machen wir das. Immer. Ständig!" Der Zweifel stand seinem Gegenüber deutlich ins Gesicht geschrieben. Ändern konnte er daran jetzt wohl nichts mehr. Er zuckte gedanklich mit den Schultern und hoffte stark, dass seine Kollegen größere Aussichten auf Spaß hatten als er.

***


Dicke Rauchschwaden füllten die Luft des kleinen Labors und machten Harry das Atmen schwer. Die Wucht der Explosion hatte ihn von seinen Füßen gerissen und rückwärts gegen die Reagenzgläser getragen. Ein Dominoeffekt warf nun ein Reagenzglas nach dem anderen um, ließ es zur Tischkante und darüber hinaus kullern und schließlich gen Steinboden fallen, wo es mit sterbendem Klirren zerbrach. Verschieden ätzende Flüssigkeiten vermischten sich am Aufprallort zu einem kräuselnd zischenden Gebräu, das sich langsam in den Stein fraß.
Der Gnom hustete. "Was ...? Warum ...? Wieso ist das grade in die Luft gegangen?", keuchte er und hustete weiter, darum bemüht sein Frühstück zu behalten. Er überlegte, was heftiger brannte: Seine Augen oder seine Lunge. Harry fühlte sich elend.
"Na ja", die Gnomdame nahm einen Lappen in die Hand. "Sowas passiert. Ist nicht weiter wild. Rib passieren solche Sachen noch häufiger als mir. Und das obwohl er gar nicht mehr im Labor arbeitet. Der Kerl fühlte sich ja plötzlich zu Besserem berufen. Blödes Arsch..."
"Ratti!", unterbrach Harry. "Bitte!"
Lady Rattenklein zuckte mit den Schultern und nahm die ausgestreckte Hand ihres Kollegen entgegen um ihm aufzuhelfen. Sie zog ihn hoch und fing seinen, noch immer von Husten gekrümmten Körper auf. Ein Grinsen schob sich auf ihr Gesicht.
"Breda hat mir nie gesagt, dass du so schnuckelig bist!", sagte sie lachend und kniff Harry in die Wange, woraufhin der sich erschrocken losriss. "Mach dir nichts draus", fuhr die Lady unbeirrt fort. "Du wirst dich schon noch an die merkwürdige Luft hier gewöhnen. Glaub mir!" Lachend zog sie den Wächter am Arm. "Wir gehen jetzt mal in die Pathologie, bis sich der Rauch hier ein wenig verzogen hat. Man sieht ja die eigene Hand vor Augen nicht mehr! Wie soll man so sicher mit Chemikalien hantieren? Arbeitsbedingungen sind das hier!"
'Sicher? Pathologie? WIR?', war in Harrys panischem Blick zu lesen, doch Ratti zog den armen Gnom bereits freudig hüpfend hinter sich her.
"Ich find's schön, dass wir mal zusammenarbeiten können. Immer nur mit den Großen rumhängen ist ziemlich anstrengend, findest du nicht auch? Ich bekomm' dann immer tierische Nackenschmerzen vom Hochschauen. Manchmal reiße ich mir auch einen Fingernagel beim Klettern ein. Echt nervig!" Der Lance-Korporal bog rechts ab, den Flur hinunter. "Aber sag mal, Harry? Wo habt ihr denn die arme Breda untergebracht? Auf Streife bei S.E.A.L.S.?"
"Nein, sie ist bei den F.R.O.G.s. Soll dort ein wenig in den Künsten des Nahkampfes angelernt werden." Harry stolperte über etwas, von dem er gar nicht wissen wollte, was es war. Sie betraten die kühlen Räume der Pathologie.
"WAS? Bei den F.R.O.G.S.?", rief Ratti laut lachend und ließ den Oberstabsspieß los. "Breda als Krötenwesen? Das muss ich sehen! Wahrscheinlich rennt sie einfach Alles und Jeden über den Haufen und behauptet dann hinterher, dass es einer von den Rekruten war. Das macht sie immer so!"
Immer noch lachend ging die Gnomdame voraus und begrüßte den Wasserspeier Huitztli Pochtli, der reglos neben einer Bahre stand. Der Gerichtsmediziner hatte sich auf einem stabilen Hocker positioniert, um einen besseren Blick auf den Leichnam zu haben, der vor ihm lag. Skalpell und Säge waren auf einem kleinen, silbernen Tischchen bereitgelegt.
"Na? Noch nicht angefangen?",fragte Ratti.
Der Wasserspeier schüttelte langsam den Kopf, wobei sich die komplette obere Hälfte seine Körpers mit bewegte. "Nein, Lady", antwortete er. "Ich warte auf deine Ergebnisse. Vorher darf ich keinen Schnitt machen. Anordnung vom Oberleutnant Pismire."
"Jaja", sagte Ratti und zog die Mini-Version eines Notizblockes aus ihrem Kittel. Nach kurzem Blättern fand sie ihre Notizen und reichte sie, zu aller Verwunderung, an Harry weiter. "Hier, mach du. Zeig, was du schon alles bei mir gelernt hast!" Mit diesen Worten nahm die kleine Dame neben dem Kopf des Toten auf der Bahre Platz und schaute den Gnomen-Mann erwartungsvoll an. Harry seufzte und hoffte, dass er nichts in die Luft jagen musste.
"Das Pulver, welches in den Taschen des Toten gefunden wurde, ist eindeutig chemischer Herkunft. Die Analysen haben ergeben, dass es sich hierbei um Zusammensetzungen verschiedener Rauschmittel handelt, welche sich nur zum Teil mit den Informationen aus dem Archiv decken. Das bedeutet, dass es sich hier entweder um eine vollkommen neue Droge handelt oder dass das Zeug so dermaßen gestreckt wurde, dass von seiner ursprünglichen Struktur nicht mehr viel übrig war."
Der Wasserspeier griff zum Skalpell. "Demnach ist eine Obduktion unabdingbar?", fragte er, so hoffnungsvoll es ihm als Wasserspeier möglich war.
Lady Rattenklein nickte und bedeutete dem immer noch im Türrahmen stehenden Gnom, sich neben sie zu setzen.
"Leg los!"
Harry hatte den Tisch erklommen und sich neben die Laborantin gesetzt, als der Wasserspeier gerade die Säge zur Hand nahm. Der Terrier wurde kalkweiß.
"So, dann schau'n wir mal", sagte Huitzli.
"Ups!", sagte er nach einer Weile stillen Arbeitens.
Ratti stand auf und wischte sich das Blut vom Kittel, das der Wasserspeier durch eine unachtsame Bewegung mit der Säge als Schwall in ihre Richtung geschickt hatte.
Sie räusperte sich. "Besonderes Augenmerk legen wir auf den nun offenen Brustkorb. Schöner Y-Schnitt übrigens, Huitztli! Die fast abgetrennten Beine interessieren uns erstmal nicht. Auch die große, offene Wunde am Hinterkopf ist zweitrangig. Uns interessiert sein Innenleben. Hmmm ...", machte Ratti und piekste mit ihrem Finger in etwas Weiches. Der Wasserspeier hatte währenddessen sein Werkzeug zur Seite gelegt und entnahm das Organ, in das seine Kollegin gerade gepiekst hatte. Vorsichtig platzierte er es in einer kleinen Schale, direkt vor Harrys Nase.
"Also Harry", fragte Ratti und beäugte das tropfnasse Organ neugierig. "Was fällt dir auf? Ist eigentlich schon fast zu leicht. Das seh' ja sogar ich! Ich meine diese Farbe und Konsistenz. Auch diese Verknorpelungen sind nicht normal. Harry? " Sie wandte sich um. "Harry! Hey, Harry! Halt dich bloß zurück!" Sie hob abwehrend die Hände. "Wehe, du ... Himmel, bist du empfindlich!" Sie seufzte.
Als sie überzeugt war, dass Harrys Frühstück komplett seinen Magen verlassen hatte, zog sie vorsichtig ihren Kittel aus und legte ihn über die Pfütze zu Harrys Füßen. "Das ist nicht gerade nett, Herr Oberstabsspieß!"
"Tschuldigung", krächzte Harry und wischte sich seinen Mund am Ärmel ab. "Ich ... ich fühl mich nicht so."
"Na, dann sollten wir uns besser beeilen", sagte der Wasserspeier und legte ein weiteres Organ, das zischend aufplatzte, in eine andere vorbereitete Schale.
Harry atmete mehrmals tief durch, krampfte die Hände zu Fäusten und sehnte sich zurück in eine Zeit, wo er eindeutig mehr Spaß an seinem Job gehabt hatte.

***


"Ich finde es ja ausgesprochen schmeichelhaft", begann Hatscha al Nasa, wurde jedoch von Lilli Baums wildem Armgefuchtel unterbrochen und aufgefordert zu schweigen. Hatscha seufzte. Seit drei Stunden kauerte sie mit dieser Fr ... mit diesem Baum in einem der Pferdeställe gegenüber einem verdächtigen Gebäude und warteten. Lilli Baum hatte Hatscha als Leih-Auszubildende zugewiesen bekommen und wollte sie nun in die Arbeit einer verdeckten Ermittlerin einführen. Das natürlich möglichst penibel. Die R.U.M.lerin wollte sich schließlich nichts zuschulden kommen lassen und hatte sich bei der Auswahl der Kleidungsstücke allergrößte Mühe gegeben. Genervt zog al Nasa am Kragen ihres kratzigen Wollpullovers. "Hauptgefreite Baum, ich bin mir sicher, da liegt ein Missverständnis vor. Ich bin ausgebildeter Husky, das ist dasselbe wie ..."
"Psssssssscht!" Horatius schaute böse aus seinem Kasten. "Jetzt sei still, du versaust noch alles!"
"Dann erklärt mir wenigstens, warum wir dieses Haus beobachten! Welche Indizien haben wir?"
"Nun", begann der Kastenbesitzer hochnäsig. "Wenn du die Akte gelesen hättest, würdest du wissen, dass es bei dem schweren Karrenunfall vor zwei Tagen äußere Einflüsse gab." Horatius machte eine theatralische Pause. "Der Tote war der Fahrer des Karrens und wurde beim Aufprall auf die Mauer von seinem Sitzbock gerissen. Wie durch ein Wunder hatte er den schweren Sturz überlebt, aber die aufgescheuchten Esel drehten durch und legten den Rückwärtsgang ein. Dummerweise hielt es der Fahrer für klug, zwischen der Wand und seinem Karren stehenzubleiben. Das war die letzte dumme Idee, die er gehabt hat."
Hatscha al Nasa rümpfte die Nase. "Ich habe den Bericht natürlich gelesen. Darin war die Rede von ..."
"... Drogeneinfluss. Richtig!", beendete Horatius den Satz und nickte Lilli zu, die grinsend in die Nacht schaute.
"Das Haus ist also ein ...?"
"... illegaler Drogentreff. Genau! Bist ja doch eine ganz Helle." Horatius hatte an der Unterhaltung sichtlich Spaß. Hatscha hingegen stand kurz vor einer Explosion. "Lilli weiß am besten, wie man sich still verhält, deswegen ist sie auch so gut in ihrem Job. Und deswegen hat sie auch diesen Auftrag bekommen. Ich weiß ja nicht, was ihr Schlittenhunde in eurer Ausbildung lernt. Anscheinend gehört erfolgreiches Ermitteln unter leisen Bedingungen nicht dazu."
"Jetzt pass mal auf, du ..." Hatscha war zu wütend, um die richtigen Worte zu finden. "Du kleiner ... Kastenbewohner! Ich habe eine sehr gute Ausbildung genossen, klar? Sogar Aggressionsbewältigung gehörte dazu!" Als Beweis verstummte sie und atmete ein paar Mal tief ein und aus.
"'Kastenbewohner' ist echt gut, du Hundesitter! Nicht mal ordentliche Beleidigungen lernt ihr Hunde." Horatius kicherte.
"Ich fass es nicht!" Scharf sog Hatscha die Luft ein. "Das wird Folgen haben!"
"Welche denn, du olle mpfmpfmpfff."
Weiter kam der Dämon nicht, denn Lilli hatte ihm die Hand vor den Mund gelegt und ihn so zum Schweigen gebracht. Mit der anderen, freien Hand zog sie einen Stapel Karten aus ihrer Jacke und fand nach kurzer Suche eine ihr passend scheinende.
Entschuldigung!
Hatscha seufzte erneut. Diese ganze Sache ging ihr gehörig gegen den Strich. Sie sollte jetzt daheim bei ihrem Kind sein und sich nicht mit diesem Unsinn herumschlagen.
"Okay", sagte sie stattdessen, "lass uns weiter observieren. Hoffentlich bestätigt sich der Verdacht und wir entdecken etwas Auffälliges. Ich hoffe, wir sind nicht die einzigen, die heute Abend ihren Spaß haben."

Es war weit nach Mitternacht, als sich das ungleiche Pärchen an einer dunklen Gasse positionierte und dort wartete. Korporal Pyronekdan und Lance-Korporal Goldie Kleinaxt waren ermittlungstechnisch unterwegs. Sie hatten hier und da einiges aufgeschnappt, aber den passenden Schlüssel für das zu knackende Schloss hatten sie noch nicht gefunden.
Der Kontakter machte einen gut vorbereiteten Eindruck auf die Zwergin, immerhin schien er eine Menge Leute zu kennen. Aber was waren das für Kontakte? Nur Kranke, vollkommen Irre und der niederste Abschaum, den die Stadt zu bieten hatte. Für Goldie also kein Wunder, dass sie bisher nur sinnlos kreuz und quer durch die ganze Stadt gelaufen waren. Natürlich hatten sie einige interessante Dinge gehört. Von einem Dealer hatten sie zum Beispiel erfahren, dass es da einen neuen Lieferanten aus der Sto-Ebene gab, der Ankh-Morpork mit einer neuen Art von Droge bediente, die angeblich "alles umhaut". Goldie hatte sich nur mühsam beherrschen können, den Bastard nicht sofort an Ort und Stelle mit der Axt einen Kopf kürzer zu machen. Sie dachte an all die harmlosen Kinder und Jugendlichen, die ohne vernünftiges Elternhaus aufwuchsen und extrem anfällig für solche Slogans waren. Nur wenige konnten dem Versprechen eines totalen Rausches und dem Vergessen alles Schlechten widerstehen. Ihr wurde übel bei dem Gedanken, dass sie und der Korporal all die miesen Verbrecher gehen lassen mussten, denen sie in den letzten Stunden Informationen herausgequetscht hatten.
'Aber ohne die richtigen Kontakte ist die Wache hilflos!', hatte Fähnrich Picardo ihr vor langer Zeit einmal gesagt. Er hatte sich sogar die Zeit genommen, der Zwergin zu erklären, welche Konsequenzen es hätte, wenn man alle stillen Kontakte der Wache einsperren würde: 'Die Wache würde dann nicht funktionieren und spätestens nach einer Woche lägen wir informationstechnisch auf dem Trockenen ohne Aussicht auf Besserung.'
Diese Art von Handel, diese Art von Freikaufen vor dem Gesetz hatte Kleinaxt schon damals nicht verstehen wollen. Und sie würde ihre Meinung dazu auch nie ändern.
'Aber alle Verbrecher wären dann hinter Gittern oder bereits hingerichtet!', hatte sie argumentiert, ohne Gehör zu finden. Ihr Gerechtigkeitssinn schien fehl am Platz, fehl in der Wache. Das war der Zwergin in den letzten Monaten mehr und mehr bewusst geworden. Noch scheute sie die logische Entscheidung, die aus ihrer Ansicht folgte: Jemand musste sich ändern. Entweder sie ... oder die Wache. Wenn beide sich nicht änderten, war kein gemeinsamer Weg mehr möglich. Das wusste Goldie inzwischen.
Ein Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit von ihren Gedanken fort. Auch Pyronekdan starrte bereits still in die Richtung, aus der es gekommen war: Ein Schlurfen, das sich kontinuierlich näherte und immer lauter wurde. Im fahlen Schein des Mondes trat ein hagerer Mann aus den dunklen Schatten. Sein Gesicht war eingefallen und hohlwangig und sein Körper schien nicht mehr auf die Befehle seines Gehirns zu reagieren.
"Nnnabend!", nuschelte er.
"Ist der auf Entzug oder warum zittert der so?" Goldie legte den Kopf schief und beäugte den auf sie zu kommenden Mann argwöhnisch.
"Nicht auf irgendeinem Entzug", erwiderte der Korporal. "Es ist der Entzug, Betonung liegt auf der. Es ist der schwerste Entzug, den man sich vorstellen kann. Hab gehört, der lässt einen fast wahnsinnig werden." Pyronekdan zog an seiner Pfeife. "Überlass das Reden mir."
Er wandte sich dem Ankömmling zu und übergab dem Mann einen kleinen, vergilbten Umschlag, der sofort geöffnet wurde. Goldie sah ein paar Dollarscheine in den zittrigen Händen auftauchen und schätzte den Betrag, der gerade seinen Besitzer wechselte, auf gut zwanzig Dollar. Sie fragte sich, ob der Kommandeur für solche Transaktionen eigens eine Kaffeekasse eingerichtet hatte, denn irgendwo her musste das Geld ja kommen. Sie hoffte, dass das Geld nicht selbst aus illegalen Geschäften stammte. Nachdem der Kontaktmann das Geld eingehend überprüft hatte, fing er an zu erzählen. Dafür zogen sich die beiden Männer wieder tiefer in die Schatten zurück.
Goldie behielt die beiden im Blick. Sie bemerkte die extreme Blässe, die fast durchsichtige Haut des Kontaktmanns. Seine Augen waren weit aufgerissen und sein Blick wirkte tatsächlich irre. Die Zwergin konnte sich nicht erklären, welchen Sinn es haben sollte, einen Vampir auf kalten Entzug zu setzen. Für sie waren das tickende Zeitbomben, die die Liga der Enthaltsamkeit da heranzüchtete. Vielleicht hatte auch hier die Wache ihre Finger mit im Spiel. Das passte gut zu dem Bild, das Goldie in den letzten Monaten von ihrem Arbeitgeber aufgebaut hatte. Der Vampir schien von ihren aufgestauten Emotionen nichts mitzubekommen. Er hatte ganz offensichtlich andere Sorgen. So blieb sie mit ihren Aggressionen allein. Sie hoffte, dass es ihren Kollegen besser erging.
'Doch wahrscheinlich', dachte Goldie, 'sitzen die alle in irgendeiner Spelunke und amüsieren sich. Hauptsache Spaß haben, mehr zählt für die doch nicht!'

***


Sie konnte es nicht lassen. Sie hielt sich zugute, dass sie es versucht hatte. Aber es ging einfach nicht.
"Wie kommen deine Freunde damit klar?"
Der Vampir sah sie traurig an. "Äh, weißt du, ich glaube sie äh ... denken ich wäre verrückt, oder so. Äh, ich meine, ich ... ich bin schon anders, also so äh als Zwerg meine ich. Aber äh, dass ich ein Vampir bin, das wollen die meisten nicht verstehen. Sie äh, nennen es einen Spleen..." Braggasch schwieg, runzelte die Stirn und schaute sein Gegenüber mit großen Augen an. "Du verstehst mich aber, oder?"
Lance-Korporal Breda Krulock konnte nur unter allergrößter Beherrschung einen Lachanfall vermeiden und machte ein räusperndes Geräusch, um sich wieder zu beruhigen. Die anderen Wächter im Raum schenkten ihnen keine Beachtung.
"Äh, natürlich verstehe ich dich. Ich kann es sogar sehr gut nachvollziehen!"
"Ehrlich?" Braggasch klang wirklich erleichtert. "Bist die erste die äh, das sagt."
Breda biss sich auf die Unterlippe, so dass ihre spitzen Zähne deutlich zu sehen waren. Sie schaute sich verschwörerisch um. "Soll ich dir ein Geheimnis verraten?"
Die Augen des F.R.O.G. wurden immer größer, als die Vampirin ihm etwas ins Ohr flüsterte.
"Ist das wahr? Äh, ungelogen? Das soll funktionieren?"
"Allerdings", bestätigte Breda und setzte sich kerzengerade und ohne eine Miene zu verziehen auf ihren Stuhl zurück.
Braggasch legte seine Stirn in Falten. "Und äh ... ich weiß nicht. Tut das nicht weh?"
Die Vampirin beugte sich langsam nach vorn und kam mit ihrem Gesicht ganz nah an das ihres neuen Kollegen. Sie zwinkerte.
"Vertrau mir!"
"Ähm ... "
"Stillgestanden!"
Wie vom Blitz getroffen sprang der Zwerg auf die Beine, als Valdimier van Varwald und seine Stellvertreterin Rogi Feinstich den Versammlungsraum der F.R.O.G.s betraten.
"Ah, die Aushilfe ist da", sagte Valdimier an Breda gewandt und kam ihr entgegen. "Wie ich sehe, hast du dich bereits bekannt gemacht, Lance-Korporal. Das ist sehr gut. Es wird dir nützlich sein, die Namen deiner neuen Kollegen zu kennen, wenn wir nachher das verdächtige Objekt stürmen. Unwissenheit hat schon so manchen Wächter ins Grab gebracht."
Der Vampir drehte seiner Artgenossin den Rücken zu und ging schnellen Schrittes zu der kleinen Tafel am Kopfende des Raumes, wo bereits ein Lageplan des Gebäudes zu sehen war. "Dies hier", begann Valdimier, "ist unser Zielobjekt. Die Kollegen von R.U.M. haben es bereits observiert und konnten bestätigen, dass es sich um einen illegalen Treffpunkt für Drogenhändler handelt. Vor fünf Tagen gab es einen schweren Karrenunfall, den der Fahrer unter Drogeneinfluss verursacht hat."
Van Varwald machte eine Pause und nickte dem Chief-Korporal zu, die daraufhin das Wort übernahm.
"Daf Opfer erlag feinen Verletfungen, dennoch wurde bei der Obduktion eine nicht unbeachtliche Menge an Fwermetallen gefunden, welche dem Opfer auf lange Ficht hin die inneren Organe ferftört hätten, befiehungfweife ferftört haben. Die F.U.F.I.f gehen davon auf, daff die Droge mit diefem Metallen geftreckt wurde. Ef befteht alfo eine weitauf gröffere Gefahr von diefen Menfen alf nur die Verbreitung von wahrnehmungfferändernden Ftoffen. Fie verkaufen den Tod." Rogi legte die Akte vor sich auf den Tisch.
"Breda, ich bat dich, vorforglich mal fu recherchieren, ob es bei der Affaffinen-Gilde diefbefüglich einen Eintrag gibt. Haft du waf heraufgefunden?"
Rogi hatte im Vorfeld ein Gespräch mit der Vampirin geführt und sie um eine kurze Einführung in die Arbeit der Assassinengilde vor versammelter Mannschaft gebeten. Breda hatte sofort zugestimmt, denn die Befehle des Kommandeurs war eindeutig gewesen: 'Den Anordnungen der Abteilungsleiter und ihrer Stellvertreter ist Folge zu leisten, ohne Wenn und Aber. Bei Missachtung folgt eine Unterhaltung mit dem zuständigen I.A.-Agenten mit den daraus entstehenden Konsequenzen.' Aus diesem Grund hatte die Vampirin tatsächlich einen kleinen Vortrag vorbereitet.
"Meine Recherchen haben ergeben", begann sie ohne Umschweife, "dass die Assassinen von diesen illegalen Substanzen wissen, den Handel damit aber nicht tolerieren. Laut Aussage eines ehemaligen Gildenmitglieds sind solche Vorfälle äußerst geschäftsschädigend und mindern die Auftragsrate." Sie machte eine kurze Pause. Von einer Auftragsrate hatten ihre Zuhörer bestimmt noch nichts gehört. Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen! "Ihr wisst sicher, dass jeder voll ausgebildete Assassine eine Quote zu erfüllen hat, die sich mit der Dauer seiner Mitgliedschaft erhöht." Breda ließ den Blick kurz schweifen und sah in aufmerksame Gesichter. Das gefiel ihr.
"Bezüglich dieses Falles gibt es keinen Inhumierungsauftrag. Das Opfer hat die Überdosis alleine und aus freien Stücken eingenommen. Die Informationen sprechen dafür, dass das Opfer abhängig war und schon seit mehreren Monaten seine Sucht nicht mehr ausreichend unter Kontrolle hatte. Ja, Gefreiter Zartbitter?"
Der junge F.R.O.G. ließ den Arm sinken. "Welche Informationen genau sprechen dagegen, dass es eine Einwirkung der Gilde gab? Es könnte doch auch ein geheimer Auftrag gewesen sein."
"Eine sehr gute Frage. Dazu müsste ich kurz ausholen. Die Assassinen ..."
Breda Krulock, D.O.G. Dobermann und seit mehreren Jahrzehnten untot, stand vor einer fremden Abteilung und erklärte die gesetzlich erlaubten Inhumierungsmittel der Assassinengilde, die Vorgehensweisen und die Auflagen, die jeder neue Auftrag mit sich brachte. Sie sprach von Ehre, schwarzer Kleidung und das bedrückende Gefühl, das einen im Inneren des Assassinengebäudes überfiel. Breda war in ihrem Element.
Sie hoffte, dass ihre Kollegen in den anderen Abteilungen ebenso viel Spaß hatten wie sie.

***


"Was machen wir hiermit?" Helmi drehte die Rechnung der Anwaltsgilde von einer Seite zur anderen, doch die fett gedruckte Zahl unten rechts wollte sich nicht ändern. Gleichzeitig versuchte er eine bequeme Sitzposition auf der alten Matratze zu finden. Leider war das Matratzenlager nicht für seinen Komfort bekannt und Crunkers war der einzige, den die herausstehenden Spiralen nicht störten. "Können wir das nicht irgendwie als außerordentliche Kosten absetzen? Ich meine, immerhin schien diese Aktion notwendig zu sein. Sowohl für uns, als auch für die anderen."
"Ach, red kein dummes Zeug!" Breda riss dem Zwerg den Zettel aus der Hand. "Wir haben die Gilde beauftragt, also müssen wir auch zahlen. Das ist eine Frage der Ehre. Wir sind Wächter!" Die Vampirin hob ihre Nase in die Höhe, immer noch beflügelt von ihrem Erlebnis bei F.R.O.G. Sie sah ihre Kollegen ernst, von oben herab an, blieb dann aber an Hatscha al Nasas Blick hängen.
"Krieg dich wieder ein, Krulock", sagte sie. "Scheiß auf die Rechnung. Dafür hätten wir alle gekündigt werden können, ist euch das überhaupt klar?" Resigniert stemmte sie ihre Hände in die Hüfte. "Ich weiß gar nicht, wie ich mich zu so etwas Dämlichen überreden lassen konnte. Aber ihr Sägenerven habt ja keine Ruhe gelassen!"
"Sägenerven?" Dalja lachte und zupfte an ihrer roten Blüte im Haar. "Was soll das denn bitteschön sein? Oder tun die bei R.U.M. so reden tun?"
Hatscha schaute verdutzt in die amüsierten Gesichter ihrer Kollegen und brauchte einige Sekunden, um ihren Faux-pas zu bemerken. Sie wurde wütend.
"Ihr ... ihr ... ihr Kinder. Könnt ihr nicht einmal ernst bleiben?"
"Sie hat Recht", mischte Ptupekh sich ein. "Das hätte auch ins Auge gehen können. Wir sollten froh sein, dass wir nur eine Woche Strafarbeit aufgebrummt bekommen haben."
"Also ich hatte Spaß!", warf Breda trotzig ein.
"War ja klar!", rief Harry. "Wenn ich bei der Stürmung eines Hauses und dem Hochgehenlassen einen Drogenringes dabei gewesen wäre, hätte ich auch Spaß gehabt." Mit Entsetzen dachte der Gnom an die furchtbare Zeit mit Ratti im Labor zurück.
"Sag mal, Breda?" Der an der Wand lehnende Korporal Nichts zog eine Augenbraue nach oben. "Ist nicht einer von den Fröschen draufgegangen bei dem Einsatz?"
"Ehm, ja. Indirekt." Die Vampirin wechselte in eine andere Sitzposition. "Mohrtischa Unmagisch hat es nicht geschafft."
"Das ist ja schrecklich!"
"Wir haben erst gar nicht gemerkt, dass sie tot war", fuhr Breda fort, ohne auf den Einwurf zu reagieren. "Eigentlich war ihr Tod recht unspektakulär."
Die Kollegen starrten sie an.
"Und so nutzlos."
"Breda", stieß Arwan empört hervor, "wie kannst du so was sagen?"
Die Angesprochene schaute auf. "Sie ist gestorben, als wir bereits auf dem Heimweg waren. Gestolpert. Über ihre eigene Waffe. Und dann unglücklich aufgekommen. Es war kein Arbeitsunfall. Es war ... Ungeschick."
Stille breitete sich aus, als sich alle das Szenario vorstellten. Wirklich kein heroischer Tod.
"War sie nicht Mutschützin? Mit einer Armbrust aus irgend so einem besonderen Holz?"
"Allerdings. Aus Walnuss."
"Ah", machte Glum, als verstünde er.
"Tja", sagte er schließlich und versuchte die merkwürdige Stimmung durch einen Themenwechsel zu heben. "Das war 'ne ganz schön aufregende Woche, findet ihr nicht?"
"Allerdings!" Die Stellvertreterin stand auf und streckte sich. "Und wir sollten versuchen, aus den Ereignissen bei den anderen Abteilungen etwas zu lernen. Zum Beispiel, dass ich dringend Urlaub brauche."
"Und dass andere Abteilungen ihren Job sehr genau nehmen", sagte Ptupekh.
"Dass die ganz schön viel zu tun haben!", rief Dalja.
"Dass es nicht schlecht ist, wenn wir mal weniger zu tun haben", sagte Arwan.
"Dass es bei D.O.G. immer noch am besten ist!"
Eine kurze Stille entstand, bevor sich die verdutzten Wächter zur Tür drehten, um die Quelle dieser wohlgesprochenen Weisheit zu ermitteln. Im Türrahmen stand Humph MeckDwarf. In seiner Hand ein dickes Schlüsselbund, das er um seine Finger kreisen ließ.
"Schön, dass ich euch alle hier antreffe", sagte er und machte einen Schritt vorwärts. Die Dielen des Boucherie Rouge knartzten unter seinem Gewicht.
"Ich nehme an, ihr wart in der letzten Woche so beschäftigt, dass ihr das Memo nicht bekommen habt." Er machte eine kurze Pause und ließ das Schlüsselbund mit einem Klirren in seine Handfläche fallen. "Ich deute eure fragenden Gesichter als ein 'Nein'. Nun gut." Er stand jetzt mitten im Raum, wo ihn alle gut sehen konnten. "Hauptmann Llanddcairfyn hat seinen Posten als Abteilungsleiter abgegeben und ich habe ihn, erneut, übernommen. Dieses Mal für etwas länger, nur dass ihr euch darauf einstellen könnt." Sein Blick fiel auf Hatscha. "Bitte geh schon mal vor in mein Büro, wir müssen die Formalitäten regeln. Der Rest", er sah die Abteilungsmitglieder ernst an, "macht sich an die Arbeit. So etwas wie letzte Woche will ich hier nicht noch mal erleben. Ich will von jedem von euch einen Bericht haben über seine Ermittlungen in den vergangenen Tagen. Bis morgen Mittag." Er sah in offen stehende Münder. "Was ist? Worauf wartet ihr noch?"
Mit einem gebrummelten "Ja, Sir!" machten sich die Wächter wieder an die Arbeit und das Matratzenlager leerte sich zügig. Humph setzte sich zu Crunkers und kraulte ihn hinter den Ohren. "Na, alter Knabe? Was meinst du?" Crunkers hob neugierig den Kopf. "Haben sie ihre Lektion gelernt?" Er erkannte rhetorische Fragen, wenn er sie hörte. Also legte er seinen Kopf wieder auf die Pfoten und ließ sich weiter kraulen.
Humph nickte, bevor er aufstand, um den Raum zu verlassen. "Ich befürchte, du hast Recht."
Er löschte das Licht und ließ Crunkers in der Dunkelheit zurück.




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Feedback:

Von Huitztli Pochtli

01.03.2009 20:54

Diese Single fand ich etwas mühsam. Sie zog sich ziemlich hin und ich habe die Höhepunkte vermisst. Das Thema Streik in der Wache verspricht wohl auch nicht unbedingt Action pur. Dabei hat sie so gut angefangen. Die Interaktion zwischen den Abteilungen hast du schön beschrieben. In diese Pokalrunde meiner Meinung nach leider die schlechteste Single. Aber wir alle wissen, wie schwer es ist, sich etwas Spannendes und Fesselndes einfallen zu lassen.

Von Lilli Baum

01.03.2009 20:54

Meine Persönliche Nummer eins in der Pokalrunde. Ich finde es sehr bemerkenswert, wie du es geschafft hast, deine Abteilung zusammenarbeiten zu lassen, ohne sie tatsächlich zusammen arbeiten zu lassen. Die Geschichte hatte viele schöne Stellen, und deshalb habe ich sie auch gerne gelesen.Vielleicht ein kleiner Hinweis (der aber bei mir für die Bewertung keine Rolle gespielt hat): Lilli nimmt Horatius eigentlich nicht mit zu verdeckten Ermittlungen. Zu verräterisch ;)

Von Braggasch Goldwart

01.03.2009 20:54

Wow. Mir fällt überhaupt nix negatives ein, was ich zu der Single sagen kann. Schön zu lesen, alles zusammenhängend, und ein intressanter Einfall mitder Gast-DOGs. ^^ Alle sehr persönlich rüber gekommen... Hmm. Wenn man sehr pingelig wäre, würde man sagen, das die Spannung fehlte, aber das hat mich nicht wirklich gestört. Allerdings bist du ein wenig über die Pokalwörter gestolpert, wie ich finde. Trotzdem: hervorragende Arbeit. Achja - was hat sie Braggasch denn geflüstert? :D

Von Glum Steinstiefel

01.03.2009 20:54

Ich glaube das ist es, was jeder DOG insgeheim schon einmal wollte: sich über seinen Arbeitsplatz beklagen! Ich weiß nicht. Diese Geschichte, diese Version, diese Umsetzung immer wieder murmelnd verschluckter Klagen hast du hier verarbeiten können. Diese Story...sie passt zu D.O.G. Sie ist D.O.G.!Sie ist auf skurile Weise jeder von uns (obwohl Glums Persönlichkeit im Dialog nicht ganz richtig getroffen war, aber so etwas, wie die Helmi-Glum-Kombo passt haargenau zu ihm...und oh je, darauf lässt sich der Gute auch immer wieder ein...was machen wir denn da...?). Sie steht für alles, was jeder der DOGs schon einmal ausdrücken wollte. Ehrlich, es mag merkwürdig klingen (und ich kenn dich in live ja nur beschränkt, getroffen haben wir uns noch gar nicht) aber ich hatte zum Ende hin das Gefühl stolz auf dich sein zu müssen. Und das hast du dir verdient!...! (

Von Ophelia Ziegenberger

01.03.2009 21:39

:) Ich habe zwar alle Pokeys gewertet, sie aber aus Zeitmangel nicht mehr ausführlich kritisiert. Bei Deiner Single mache ich eine Ausnahme: Sie war mein absoluter Liebling in dieser Pokalrunde! Im Grunde lag das an einer Kombination der Haupt-"Kritik"-Punkte, die auch Lilli und Glum schon nannten. Zum Einen fand ich es hervorragend gelöst, wie Du deine Kollegen eingebracht und an einem Strang ziehen lassen hast, zum Anderen las die Geschichte sich wirklich typisch wie D.O.G. Und dann noch konsequent der unterschwellige Humor mit den Ansichten der Einzelnen dazu, was sie als spassig empfanden. Top! :)

Von Kanndra

02.03.2009 14:54

Ich schließe mich da Glum, Lilli und Ophelia einfach mal an. Ich fand die Single sehr erfrischend :) .

Von Rea Dubiata

02.03.2009 15:37

Meine persönliche Nummer 1, nicht nur, weil Britta sie so schön vorgelesen hat. ich hab mich wirklich sehr unterhalten gefühlt und der lockere Ton und die schönen Beschreibungen haben mir gefallen. Von mir gabs auch noch mehr Punkte, die ich dir sehr gegönnt hätte. :)

Von Kannichgut Zwiebel

02.03.2009 20:59

Vorlesen ließ sie sich in der Tat sehr gut, was für mich ein klares Qualitätsmerkmal ist. Echt schade, dass es mit nem Ribbon nicht geklappt hat.

Von Breda Krulock

02.03.2009 21:14

[quote="Huitztli Pochtli"].. ich habe die Höhepunkte vermisst. [/quote]

Richtig, es gab keine... die ganze Geschichte war eine, da gab es nichts herauszufiltern und zu suchen ;)


[quote="Huitztli Pochtli"]Das Thema Streik in der Wache verspricht wohl auch nicht unbedingt Action pur.[/quote]

War auch nicht meine Absicht gewesen das Thema zum Topic zu machen. Mir ging es darum, meine Abteilung in ihnen fremden Situationen agieren zu lassen. Nichts weiter.


[quote="Huitztli Pochtli"]Aber wir alle wissen, wie schwer es ist, sich etwas Spannendes und Fesselndes einfallen zu lassen[/quote]

Hm, eigentlich hatte ich keine Probleme mit diese Geschichte. Sie ist genauso geworden wie ich sie haben wollte. Wenn du spektakulaere Faelle, mysteriöse und abstruse Fallloesungen plus Aktion pur erwartest, muss ich dich fuer meine zukuenftigen Singles vorwarnen. Die Welt retten ueberlassen Breda und ich lieber anderen und ich nehme mir die kuenstlerische Freiheit, die Geschichten so zu schreiben, wie ich sie haben will und sie nicht in ein Raster zu quetschen, nur damit ich ein Haeckchen hinter "Spannungsbogen", "Toter", "Mysteriouse Erscheinungen", "Wachetauglich" etc machen kann. Und die positiven Kritiken (Danke Ladies ... & Gents <3) bestaerken mich in meiner Ansicht die Schiene beizubehalten.

Sorry das ich deinen Geschmack nicht getroffen habe, Huitztli. Hoffe du hattest wenigstens ein bisschen Spass beim lesen, und wenn es nur bei "deiner" Szene war :scheinheilig: Mir hats jedenfalls riesen Spass gemacht, sie zu schreiben!


[quote]Echt schade, dass es mit nem Ribbon nicht geklappt hat.[/quote]
Das das deine Schuld ist, muss ich ja eigentlich nicht erwaehnen, oder? :D

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