Glimbal kam gerade zur Tür des Wachhauses in Kröselstraße herein, als ihn irgendetwas vorne an der Stirn traf.
"Au", sagte er mehr erschrocken als verletzt. "Was ist den hier los?"
"Chaos auf dem Markt!", brüllte ihm jemand entgegen.
"Alle diensthabenden Rekruten sollen sofort antreten!", rief Diffy aufgeregt.
"Rekrut Ftur, du befwerft dich doch immer die Aufgaben hier feien fu leicht.
Du übernimmft die Leitung diefef Einfatfef. Ich werde genau darauf achten, wie du dich anftellft", befahl ihm seine Ausbilderin Feldwebel Rogi Feinstich unmissverständlich.
"Zu Befehl, Sö... ähm Ma'am", schluckte Glimbal.
Das konnte lustig werden. Aufgrund seiner Größe
[1] war es für ihn schwer sich Respekt zu verschaffen und jetzt sollte er gleich mit allen Rekruten und einem wütenden Mob fertig werden. Auch wenn die bisherigen Aufgaben etwas zu leicht waren, das überstieg seine Fähigkeiten dann doch.
"Ähm... Leute, Wartet mal kurz", flüsterte er beinahe.
Vergebens. Niemand beachtete ihn.
"Fo wird daf nichtf, Junge. Verfuch'f mal mit etwaf mehr natürlicher Autorität", schlug ihm seine Ausbilderin vor.
"Alle Mann, STILLGESTANDEN! Frauen natürlich auch!", brüllte Glimbal so laut er konnte.
Und tatsächlich. Alle blieben stehen und schauten verwundert, wo denn dieses Gebrüll hergekommen war. Glimbal nutzte die allgemeine Verwirrung.
"Ich bin für den heutigen Einsatz euer Chef. Kann mir jemand sagen was genau los ist?", versuchte er sich einen Überblick zu schaffen.
Die Reaktionen teilten sich nun, da ihn seine Mitrekruten entdeckt hatten. Einige begannen auf ihn zu deuten und lauthals zu lachen, alle anderen redeten wirr durcheinander.
"Still", brüllte Glimbal wiederum und wieder wirkte es.
Bei den meisten jedenfalls.
"Warum sollten wir auf dich hören, du Möchtegern-Zwerg?", meldete sich einer aus der Gruppe der Lacher.
"Weil ihr sonst Strafdienst leisten müsst", sagt Glimbal nicht weiter auf die Provokation eingehend. "Zurück zu Wichtigerem. Also erklär mir jetzt was los ist"
"Auf dem Markt kam es aus noch ungeklärten Gründen zu Handgreiflichkeiten. Wir sollen die Sache bereinigen", erwiderte der Lacher.
"Also dann auf zum Markt!", befahl Glimbal.
Einige Zeit später erreichte die Rekruten den Markt in Reih und Glied, begleitet von Ausbildungsleiterin Feinstich. Die Streit war in vollem Gange. Es war das reinste Chaos. Glimbal hatte keine Ahnung, wo er anfangen sollte. Da kam ihm eine Idde.
"Geh zum Wachhaus am Pseudopolisplatz und fordere Verstärkung an, am besten ein paar S.E.A.L.S.", befahl Glimbal Peter Drobisch, der sich sofort auf den Weg machte.
Als nächstes verteilte er seine Wachmannschaft so gut er könnte über den ganzen Platz, um die streitenden auseinander zu bringen. Er selbst ging mit Feldwebel Feinstich zu einem Käsestand.
"Gute Idee, daf mit der Verftärkung", lobte ihn Rogi.
"Danke, Ma'am", murmelte Glimbal, dann hob er die Stimme. "Im Namen der Stadtwache von Ankh-Morpork, was geht hier vor? Und bitte der Reihe nach."
"Irgendwer hat mit meinem Käse geworfen! Und noch dazu behauptet er stinke", meldete sich die Besitzerin des Standes zu Wort.
"Der Käse stinkt ja auch!", warf ein schlanker hoch gewachsener Mann.
Da machte die Stnadbesitzerin zwei Schritte auf ihn zu und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Er wehrte sich natürlich und schlug zurück. Glimbal musste sofort einschreiten, bevor sich noch jemand verletzte, doch wie, da ihm seine Ausbilderin vorhin noch gesagt hatte, dass er keine Gewalt anwenden dürfe. Er zwängte sich zwischen die streitenden und versuchte sie sanft auseinanderzudrängen.
"Was wollen sie eigentlich sie Zwerg. Mit ihnen hat das gar nichts zu tun. Gehen sie mal lieber wieder auf Verbrecherjagd", verspottete ihn der Mann wegen seines kläglich gescheiterten Versuchs.
"Ich bin kein Zwerg. Und das hat sehr wohl etwas mit mir zu tun. Ich sorge hier für Recht und Ordnung und hier ist eindeutig die Ordnung gestört!", rechtfertigte sich Glimbal.
"Pah, als ob irgendjemand auf einen Zwerg wie sie hören würde. Lassen sie uns in Ruhe!", schaltete sich die Standbesitzerin ein.
"Und die Wache kann mich mal. Das letzte mal als die wirklich für Ordnung gesorgt haben... ja... ähm... da war ich wohl noch nicht geboren!", fügte der Mann hinzu.
Das war nun endgültig zu viel für Glimbal, die beiden hatten ihn und die Wache mehrfach beleidigt. Seine Sicherungen drohten durchzuknallen doch dann würde er die Bedingung mit der Gewaltlosigkeit wohl nicht mehr unbedingt einhalten können. Er musste sich auf etwas schönes konzentrieren
[2]. Er dachte daran wie er an seiner fünften Schule in der Band gespielt hatte. Er war der Bassist einer richtigen Punkt-Band und sie hatten einige Konzerte in der Schulturnhalle. Das Publikum war genial und hatte ihnen zugejubelt
[3]. Etwas besseres hatte Glimbal nie erlebt. Und tatsächlich. Es wirkte er war schon nicht mehr so aufgeregt. Jetzt konnte er wieder klar denken. Da kam ihm eine Idee.
"Na, sehen sie. Jetzt sind sie einer Meinung. Also können ihre Differenzen gar nicht so schlimm gewesen sein. Am besten sie gehen wieder nach Hause und beruhigen sich", versuchte er erneut, die Situation zu entschärfen.
"Und wenn ich mich nicht beruhigen will", antwortete der Mann etwas verunsichert.
"Dann, mein Herr, muss ich sie wohl leider wegen Beamtenbeleidigung, Beleidigung der Wache und Erregung öffentlichen Ärgernisses festnehmen und mit auf die Wache nehmen", erinnerte sich Glimbal an seine Rechte als Wächter.
"Gut... ähm... dann werd ich jetzt denk ich gehen", murmelte der Mann kleinlaut und ging.
Als er ein paar Meter weit weg war, drehte er sich nochmal um und warf ein Stück Käse, das er offensichtlich hatte mitgehen lassen, und traf Glimbal genau an die Stirn. Glimbal wankte ein wenig, fing sich aber gleich wieder und rannte dem Mann hinterher. Jetzt hatte er einen Wächter verletzt, das hieß Gefängnis. Glimbal wurde jedoch schnell klar, dass er keine Chance hatte den Mann einzuholen, da seine Beine viel zu kurz waren
[4].
"Jetzt strengen sie sich mal an", drang an sein linkes Ohr.
Rogi Feinstich hatte aufgeholt und trieb ihn jetzt an.
"Ich schaffe es nicht", keuchte er.
"DOCH", rief seine Ausbilderin zurück.
Und als er sah, dass der Dieb sich anscheinend verlaufen hatte
[5], beschleunigte er seine Schritte nochmal sodass er ihn einholte.
"Sie sind vorläufig festgenommen. Sie haben diwerse Rechte, die ich aber nicht alle kenne und sie begleiten mich erstmal zu einem Verhör mit auf die Wache", sagte Glimbal triumphierend, als er den Dieb in Haft nahm.
"Gute Arbeit", sagte Rogi Feinstich.
"Danke, Ma'am!", freute sich Glimbal über das Lob, auch wenn ihm die Tatsache, dass Rogi ein Igor ist wohl nie ganz geheuer werden würde.
Doch bevor sie den Mann ins Wachhaus bringen konnten, mussten sie noch mal zum Markt zurück um nachzusehen, ob sich alles geklärt hatte.
Auf dem Markt angekommen, stellte Glimabl fest, dass es noch einiges zu klären gab. Das Chaos hatte sich noch nicht beruhigt.
Glimbal ging wieder zu dem Käsestand.
"Erklären sie mir mal warum sich der Streit hier so ausgebreitet hat. Ich meine es ging doch nur um stinkenden Käse", sagte Glimbal.
"Der Käse stinkt nicht. Und zu ihrer Frage: Ich nenne das
Eigendynamik von Marktstreiten. An einem Stand bricht ein Streit aus, bei dem ein Stück gut riechenden Käses geworfen wird, das geht daneben, trifft jemanden am Nebenstand, der wiederum wirft auf den von dem er dachte beworfen worden zu sein und so geht das weiter, bis alle beteiligt sind, kennt man doch aus jedem schlechten Comic.", erklärte ihm die Marktfrau sachlich und nüchtern.
"Wie... Was... Eigendynamik... Ich kapier gar nichts. Woher wissen sie solche Sachen?" murmelte Glimbal völlig überfordert.
"Man wird sehr weise in 20 Jahren auf dem Markt. So viel erlebt man nirgendwo sonst", erwiderte die Käseverkäuferin.
"Aha... und wie bring ich hier jetzt wieder Ruhe rein?" fragte Glimbal.
"Entweder sie warten einfach ab oder sie klären alles einzeln", riet ihm die Frau.
"Okay, danke. Sollte ich mal wieder irgendwelche fragen haben, schau ich mal vorbei", bedankte sich Glimbal.
Einige Stunden später ging alles wieder seinen gewohnten gang. Glimbal war kein Chef mehr, am Markt wurde wieder verkauft und der Käse stank nicht mehr. Der Mann der ihn angegriffen hatte, saß hinter Gittern, und Glimbal hatte jemand gefunden, dem er beinahe jede Frage stellen konnte und er hatte etwas über
Eigendynamik von Streiten gelernt
[1] 1,49 m und er war kein Zwerg, sondern ein Mensch
[2] wie er in der Schule für Problemfälle gelernt hatte
[3] zwar vermutlich eher dem super-süßen Sänger der Band in den alle Mädchen der Schule verliebt waren, auch wenn er nicht singen konnte, so wie der Rest der Band sein jeweiliges Instrument auch nur bedingt beherrscht hatte, aber Glimbal fand es einfach großartig
[4] und zu allem Überfluss hingen ihm seine Haare auch noch ins Gesicht, sodass er nichts sehen konnte
[5] er blickte orientierungslos nach links und rechts
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