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Als ob Laiza nicht schon genug Arbeit mit der neuen Stelle als Abteilungsleiterin hätte, kommt plötzlich auch noch ein seltsamer Fall hinzu.
Dafür vergebene Note: 11
Ick 2008 - das Jahr der Knolle - Vor dem Kommandeursrücktritt
"Mysteriös", murmelte Ettark Bergig und ließ das blutverschmierte Messer in einen abgewetzten Lederbeutel verschwinden. Der Obergefreite drehte sich zu einem hageren jungen Spund um, der kraftlos auf dem dreckigen Boden saß:
"Er hat meine Verlobte belästigt..." murmelte dieser, bevor er sich zur Seite beugte und sich übergab.
Der Lance-Korporal Passdochauf trat einen Schritt vom jungen Mann zurück. Bekleckerte Schuhe waren nicht gerade das, was sie jetzt haben wollte.
"Das ist noch lang kein Verbrechen. Aber betrunken mit einem Messer herum zu fuchteln schon viel ehr", sie sah den Obergefreiten an und deutete dann auf eine weitere Person am Tatort: "Ihn sollten wir ebenfalls mit zur Wache nehmen."
Die Kommunikationsexpertin deutete auf einen Hünen von einem Mann, der sie mit einem erstaunten Blick ansah:
"Wieso denn das? Wieso sollte ich mit zur Wache kommen? Ich bin hier das Opfer."
"Ja, genau, und deshalb müssen Sie untersucht werden."
"Ich bin nicht verletzt, alles ist okay, steckt diesen Schwachkopf in eine Ausnüchterungszelle und die Sache ist vergessen."
"Er wollte Sie erstechen", entgegnete der Informantenkontakter. "Das Messer ist blutig, also benötigt das Labor eine Probe Ihres Blutes."
"Aber ich bin doch gar nicht verletzt!" beharrte der Hüne, doch die Wächter ließen sich nicht von ihrer Meinung abbringen.
~~~~~
"Das ist mir doch egal! Wer ist hier denn der Pathologe?" Tut'Wee sah auffordert aus dem Aktenschrankfach 'T - U' heraus.
"Solange er nicht tot ist, fällt er nicht in deinen Aufgabenbereich", entgegnete Laiza und nippte an ihrem dampfenden Tee.
"Tot ist eine Auslegungssache", erwiderte Tut seiner ehemaligen Auszubildenden knapp, "Du kümmerst dich doch um den Fall?"
Laiza sah den kleinen Feldwebel mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an.
"Naja, mit der Abteilungsleitung hast du natürlich viel um die Ohren und im Grunde existiert die Sektion Okkultismusexperte im Moment überhaupt nicht", meinte die Gnumie, "Ruppert ist geflogen, aber wenn du mich fragst, war er sowieso nicht ..."
"Das spielt ja jetzt keine Rolle", unterbrach ihn Laiza.
"Ja ... na ja und Cim ist Mal wieder spurlos verschwunden."
"Danke, dass du mir die personelle Problematik der Abteilung noch einmal vor Augen führst. Möchtest du noch etwas zu den Laboranten oder Tatortwächtern sagen?"
Tut grinste unter seinen Bandagen: "Aber nein, ich meine nur, dass dies hier wirklich ein Fall für eine Okkultismusexpertin ist."
"Das mag wohl sein, aber ich muss Magane noch in die Arbeiten als Stellvertreterin einarbeiten, aber in der Anfangsphase der neuen Ausbildung will ich sie nicht zu sehr ablenken. Und ich muss einige andere Dinge in Ordnung bringen, das Büro von Sillybos zum Beispiel." Die Überwaldianerin, verzog bei dem Gedanken an das eigentliche Abteilungsleiterbüro das Gesicht.
"Wieso macht er das nicht selbst?"
"Sehr lustig, er hat sich schon nicht um die feuchten Wände bemüht, als er noch in dem Zimmer war."
"Aber du solltest dich nicht nur um Papierkram kümmern", entgegnete Tut.
"Jaja...", meinte Laiza und starrte in ihre Teetasse.
Die Gnumie stand auf und kletterte aus dem Aktenschrank.
"Du wirst schon dahinter kommen, was passiert ist", Tut schien sich imaginäre Ärmel hoch zu schieben und lächelte erfreut, "Ich werde diesem Typen erstmal Blut abnehmen."
Tut verschwand durch die Gnomentür.
~~~~~
Viele Öllampen an den Wänden beleuchteten das Laboratorium im ersten Stock. Ein Luftzug vom einzigen Fenster des Raumes wirbelte die seltsamen Gerüche auf, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten.
"Ich weiß ja nicht, er hätte sich wirklich nicht so anstellen sollen", klagte die Gnumie.
"Ich glaub es war der ätzende Geruch", antwortete Lady Rattenklein von einem der Labortische aus, neben ihr saß Dorion Picus.
"Oder die Leichen, die du da drüben gestapelt hast", fügte Jack hinzu und lehnte sich lässig gegen einen Labortisch. "Die meisten Menschen können mit solch einem Anblick einfach nicht umgehen, ihre püs..."
"Jack, bitte bewahre uns vor diesem püschologischen Gerede, hier geht's um Forensik, mein Freund", unterbrach Tut ihn.
Der Gerichtmediziner verzog keine Miene, hielt aber den Mund.
"Ich glaube ehr", begann die Gnumie wieder, "dass er einfach nur furchtbare Angst vor der Nadel hatte und deshalb 'Tu mir nicht weh! Bitte tu mir nicht weh!' geschrieen hat, wie ein kleines Kind!"
"Meinst du er hat sich wehgetan, als er mit der Stirn auf den Tisch geknallt ist?" erkundigte sich Dorion beim Feldwebel.
"Egal, ich bezweifle, dass irgendetwas beschädigt wurde."
"Und wieso hast du ihm überhaupt Blut abgenommen? Damit kann ich eh nichts beweisen", hakte die Lady nach.
Tut'Wee schien unter seinen Binden zu Grinsen und legte die Gnomenspritze beiseite. "Reine Schikane. Wann hast du herausgefunden von welcher Spezies das Blut auf dem Dolch stammt?" Er sprang vom Rücken des bewusstlosen Hünen herunter.
"Die Knurblich-Attacke war negativ, genauso das Anziehungsverfahren", die Gnomin warf einen Blick auf eine kleine Petrischale, "Das Katzenbringersche Nachweisverfahren trocknet noch."
"Kein Gnom, kein Zwerg", deutete Tut die Aussagen seiner ehemaligen Ausbilderin.
Er sprang auf die Arbeitsplatte und betrachtete die Petrischale auf der der Wernap-Streifen zum trocknen lag. Die braune Farbe, die der Streifen während des Trocknens langsam annahm deutete darauf hin, dass auch dieser Test negativ ausfallen würde.
"Wohl auch kein Werwolf."
~~~~~
Magane schmiss ihren Umhang über den leeren Schreibtisch, der vor wenigen Wochen noch Ruppert von Himmelfleck gehört hatte und setzte sich.
Laiza sah kurz auf, befasste sich aber umgehend wieder mit der Lektüre der Fallakte des blutigen Dolches, die inzwischen um einen Verhörbericht reicher war.
"Die Einführung in meine Ausbildung war gut, danke der Nachfrage."
"Wie bitte?" fragte Laiza ohne ihre Stellvertreterin eines Blickes zu würdigen.
"Du scheinst beschäftigt zu sein, kann ich dir behilflich sein?", fragte Magane nach und reckte neugierig den Hals.
Laiza schlug mit einem Bleistift auf die Akte, während sie nachdenklich in die Luft starrte.
"Behilflich sein ... Ein Betrunkener greift an und verfehlt und ... verfehlt nicht... was hat das zu bedeuten?"
"Wie bitte?" Magane blinzelte den Feldwebel irritiert an, "Du sprichst in Rätseln, Laiza."
"Ja...", Laiza klappte die Akte zu, "Deine Ausbildung, genau, alles okay?"
"Bis auf die Grundsatzdiskussionen mit dem Ikonographiedämon und das Olga-Maria wohl nicht sehr glücklich über ihre Position als Ausbilderin ist, ist soweit alles okay."
"Ich hoffe, deine Prüfung lässt nicht allzu lange auf sich warten", Laiza dachte an Hauptgefreite Kathiopeja, die jetzt schon eine geraume Zeit in ihrer Ausbildung feststeckte.
"Dass hoffe ich auch, übrigens wird demnächst eine Bewerbung ins Haus flattern."
Laiza horchte auf: "Das klingt ja gut, wir können noch weitere Laboranten und Tatortwächter gebrauchen."
Magane kaute auf ihrer Unterlippe herum: "Naja, dass sieht wohl er schlecht aus. Weißt du, Nimh ad Orbh, meine Rekrutin, strebt da ehr einen anderen Bereich an."
Die Abteilungsleiterin lehnte sich mit ausdrucksloser Miene in ihrem Stuhl zurück und ließ den Blick durch das Büro streifen.
Das Okkultismusexpertenbüro im zweiten Stock des Hauptwachhauses war ihr in den letzten drei Jahren ans Herz gewachsen. Ein Grund weshalb sie trotz ihrer neuen Stellung innerhalb der Abteilung nicht ins Abteilungsleiterbüro umgezogen war.
Die übrigen Gründe lagen klar auf der Hand: Sillybos ehemaliges Büro miefte nach verschiedenen Badezusätzen, das Klima war durchweg feucht und als einige Abteilungsmitglieder mit vereinten Kräften den Badezuber aus dem Raum entfernt hatten, stellten sie fest, dass der darunter liegende Boden angefangen hatte zu schimmeln.
Der Kommandeur war darüber gar nicht begeistert und hatte Laiza die Genehmigung erteilt vorerst im Okkultismusexpertenbüro zu bleiben.
"Sie will doch nicht Okkultismusexpertin werden?!" platzte es aus ihr heraus und ihr ungehaltener Ton war kaum zu überhören.
"Naja, offiziell haben wir keinen Okkultismusexperten mehr."
"Ich bin Okkultismusexpertin."
"Du bist Abteilungsleiterin."
Laiza stand auf und schmiss Magane die Fallakte auf den Schreibtisch.
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"Vielleicht war es ein Vampir, der sich danach verwandelt und davon geflogen ist", äußerte sich Jack.
Die Gnumie schüttelte den Kopf: "Ich bezweifle, dass ein Vampir mit einer solchen Verletzung fliegen kann."
"Das kommt drauf an, wo er erwischt wurde", argumentierte der Jack.
"Aber irgendjemand hätte den Vampir doch sehen müssen? Aber ich werde Sicherheitshalber noch einen Test mit dem Van-Hälschen Pulver machen", meinte Ratti.
"Wieso war dieser Verlobte überhaupt betrunken?"
Tut'Wee sah Dorion an und zuckte mit den Schultern: "Keine Ahnung, aber ich hoffe, dass jemand von SEALS mal die Verlobte befragt hat. Die sollte wohl in unmittelbarer Nähe gewesen sein."
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"Nein, sagte ich doch schon", die junge Frau blickte auf den zerkratzten Tisch hinab, "Ich hab mich schon gestern von Jan getrennt, außerdem waren wir nie verlobt."
"Und dieser Berd Toost?" hakte Magane nach, während sie sich Notizen in die Fallakte machte, die Laiza ihr gegeben hatte. Eigentlich hätte sie das Verfassen von Tatortberichten lernen sollen, aber sie hatte Laizas Geste so ausgelegt, wie es ihr gerade passte. Ihre Abteilungsleiterin konnte Hilfe gut gebrauchen und auf Verhöre verstand sich der Korporal im Gegensatz zu Tatortberichten.
"Ich hab ihn erst heute kennen gelernt. Ich war mit meiner besten Freundin was Essen, er hat die ganze Zeit zu mir herüber gestarrt. Wer hätte den Ahnen können, dass Jan betrunken hereingestürmt kommt und ein Messer zieht?"
"Hat er Herrn Toost getroffen?"
"Nein, er hat ihn um ein gutes Stück verfehlt. Deshalb versteh ich ja gar nicht, dass hier so ein Aufstand gemacht wird."
"Es handelt sich immerhin um einen gewalttätigen Übergriff", machte Magane noch einmal klar.
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Den Kopf auf die linke Hand gestützt starrte Laiza auf ihr Hexenbrett aus Mahagoni herunter und verfolgte im Schein mehrerer Kerzen die elfenbeinfarbenen Linien mit dem rechten Zeigefinger. Sie ergaben Buchstaben und Zahlen, doch keinen Sinn.
Schon so lange ergaben sie keinen Sinn...
Das kleine Dreieck, das ebenfalls aus Mahagoni gefertigt war und in der Mitte ein rundes Loch trug, lag reglos in der Mitte des Bretts.
Sie entspannte die Arme, schloss erneut die Augen und versuchte sich in Trance zuversetzen. Ein Knarren ließ sie allerdings Augenblicklich hochschrecken.
"Rib, was tust du hier!" Sie blinzelte gegen das Licht an, das durch den Spalt von den Lampen im Flur hereinfiel.
"Hey, du stellst dich an, als hätte ich dich beim Baden gestört!"
Die Gnumie blieb vor einem Schutzkreis aus rotem Sand stehen und drückte ihren Finger in das weiche Wachs einer Kerze.
"Lass das, die sind teuer."
Er versuchte das violette Wachs von seiner bandagierten Fingerkuppe zu kratzen.
"Du hast das 'Bitte nicht stören Schild' an der Türklinge vergessen, sonst wäre ich niiie hereingekommen. Sag mal wieso benutzt du dass nicht immer? Hier brauchst du schließlich nichts abdunkeln..."
Normalerweise hatte Laiza im Büro des stellvertretenden Abteilungsleiters ihre uneingeschränkte Ruhe gehabt. Solange Magane ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen hatte sollte sie das Büro nicht benutzen. Doch irgendwann war Tut'Wee dahinter gekommen, dass sie sich zwischenzeitlich hier versteckte.
Laiza sah ihn abschätzend an, aber ihr fiel nichts ein, dass sie ihm hätte entgegen werfen können. Die Gnumie ging vor ihr auf und ab:
"Dass passt alles nicht. Wie du da sitzt, im Schneidersitz mitten in einem Kreis aus Sand und Kerzen... Es fehlen noch die Räucherstäbchen", ergänzte er sarkastisch.
"Hör auf", sagte sie leise und machte Anstalten aufzustehen, worauf der Oberfeldwebel nur eine seiner kleinen Hände hob.
"Bleib ruhig sitzen. Ich bin es leid, weißt du das?"
Sie neigte den Kopf zur Seite und schwieg.
"Du bist keine Hexe und auch wenn dass was du tust anscheinend ... funktioniert, du hast es nicht unter Kontrolle", die Rubine fixierten die junge Frau, "Sie sind immer um dich herum, du hörst sie säuseln und murmeln. Momentan hältst du das vielleicht aus. Aber es wird dich verrückt machen."
"Du verstehst das nicht..." platze es aus Laiza hervor.
"Es ist mir bewusst, dass dieser Job nicht spurlos an einem vorbei gehen kann. Aber er soll dich auch nicht kaputt machen."
Laiza schüttelte ganz langsam den Kopf und sah ihn mit großen traurigen Augen an.
"Du verstehst das nicht", wiederholte sie.
"Was verstehe ich nicht? Wieso du das tust? Dann sag es mir."
"Ich suche jemanden", antwortete sie und sah auf ihre Hände herunter.
"Laiza, du solltest aufhören im Vergangenen zu suchen", mit der Hand verwischte er den Schutzkreis.
Sie ließ laut die Luft aus ihren Lungen entweiche. Mit herunterhängenden Schulter sah sie ihn an und wurde geschäftlich: "Was kann ich für dich tun?"
"Ich wollte dir den aktuellen Stand mitteilen."
"Aber du hast ihn nicht seziert, oder?"
"Nein, er war ja noch nicht tot, aber falls er an inneren Verletzungen sterben sollte..."
"Wie ist denn der aktuelle Stand?" unterbrach ihn Laiza.
"Vielleicht solltest du mit ins Labor kommen und es dir mit eigenen Augen ansehen."
~~~~~
"Und Niemand hat sie sauber gemacht?"
Lady Rattenklein nickte: "Nein, ich habe Proben für die verschiedenen Tests genommen, sofort als die Waffe eintraf. Sie blieb dann erstmal wieder im Beutel."
"Und dann wollten wir noch einen letzen Test machen", meinte Dorion Picus, "aber da war sie auch schon blitzblank. Und wir waren die ganze Zeit hier im Raum, ehrlich."
Tut hatte sich auf die Kante der Arbeitsplatte gesetzt und ließ die Beine baumeln:
"Also wenn du mich fragst, verschwundenes Blut gehört wirklich in den Bereich des Okkultismusexperten."
Ungläubig blickte die Abteilungsleiterin auf das Messer: "Das kann doch nicht sein."
"Was für eine Erklärung hast du denn?" wollte die Gnumie wissen und Laiza hatte das Gefühl ihr ehemaliger Ausbilder würde sich amüsieren.
"Bestimmt kam es zu einer ungewollten Reaktion zwischen dem Blut und irgendwelchen Reststoffen. Wo bewahrt ihr das Van-Hälschen Pulver auf?"
Lady Rattenklein schüttelte auf Grund der unausgesprochenen Kritik gereizt den Kopf: "Mein Arbeitsplatz ist sauber, Laiza, hier war keine Substanz, die das hätte tun können. Zudem steht das Pulver gut verschlossen dort drüben im Schrank."
"Und wir haben es schon seit Wochen nicht mehr benutzen müssen", warf Dorion ein.
In Gedanken versunken lief Laiza im Laboratorium auf und ab, murmelte leise vor sich hin und ignorierte die erwartungsvollen Blicke ihrer Abteilungsmitglieder.
"Ich bin unten bei den Zellen", unterbrach sie irgendwann ihr im Kreis gehen und verschwand aus dem Raum.
~~~~~
Wie immer, wenn Laiza in den Keller herabstieg, drang aus irgendeiner Zelle ein Mitleidserregendes Wimmern.
Heute gehörte es zu Jan Kraamacher. Er hing wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf der Pritsche, die fast den gesamten Platz in Zelle Nummer Drei einnahm. Ein Zinneimer für die nötigen Bedürfnisse und ein wackliger Hocker vervollständigten die Einrichtung. Der Geruch von Erbrochenen mischte sich zu der ohne hin kaum zu ertragenden Geruchswelt und der Feldwebel versuchte flach durch den Mund zu atmen, nach dem sie ein anfängliches Würgen unterdrückt hatte.
"Herr Kraamacher?"
Ein Stöhnen erklang, dann kam Bewegung in die Masse auf der Pritsche. Die Haare standen ihm in alle Richtungen ab und auf seiner Wange hatten sich die Konturen des Bettrahmens abgezeichnet. Dunkle Flecken auf seinem Oberteil wiesen darauf hin, dass er es nicht rechtzeitig zum Eimer geschafft hatte, als er sich übergeben musste.
Laiza verzog angewidert dass Gesicht.
"Ich muss mit Ihnen reden."
"Man hat scho mit mir geredet..."
"Schön für die Seals Wächter."
"Wer au immer ... würd gern schlafen ..."
"Erzählen sie mir bitte einmal genau was vorgefallen ist, als sie ihn angegriffen haben."
"Zu viel Alkho-hool, hab kaum was gesehn, alls verschwmm und ", er röchelte, "doppelt."
"Und obwohl sie eigentlich nicht in der Lage waren Ihn wirklich anzugreifen, haben Sie es getan?"
"Ich dacht, einer von Beiden musch es sein ... und los gingsch. Und ihhch hab getroffn!"
Er blickte sie mit großen Augen an.
"Sind sie sich sicher?"
"Natülich, hat sisch gekrümmt und mich verdutscht angeschaut. Aber als ich das Mescher gezogen hatte und nach hinten getaumelt bin, war ... alles wieder normal."
"Normal?"
"Mir war nur noch schwummrisch und so, anschonsten war alls okay."
"Okay ... nicht mehr Doppelt gesehen?"
Er schüttelte den Kopf.
"Mh, danke", meinte Laiza und beeilte sich an die frische Luft zu gelangen.
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Auf der obersten Stufe der Kellertreppe saß ein weißer Kater und begrüßte Laiza mit einem schnurrenden Laut.
"Sampo", sagte sie und hob den zierlichen Kater hoch, der ihr sogleich Kopfchen gab, "du bist mal nicht durchs Rohrpostsystem gekommen."
Statt nach Würstchenfett roch das Fell des Tieres nach Stroh und Pferdestall.
"Komm wir besuchen Rea", meinte sie leise zu dem Kater und ging zum Büro der SEALS Abteilungsleiterin herüber.
Rea Dubiata sah von ihrem Schreibtisch auf, als sich auf ihr 'Herein' die Tür öffnete. Sampo begrüßte sie ausgiebig mit einem Mauzen und sprang aus Laizas Armen.
"Was ..." entfuhr es Rea und blickte auf eine Stelle neben Laiza. Für wenige Augenblicke hatte sie dort etwas blau Schimmerndes gesehen. In Gedanken korrigierte sie sich: nicht Etwas, sondern Jemanden. Ein alter Mann, mit einer wahnsinnigen Knollennase und einem Mund wie zwei Striche.
Sie musste entsetzt auf diese Stelle in ihrem Büro gestarrt haben, denn Laiza war besorgt an den Schreibtisch herangetreten und hatte zu ihr gesprochen.
"Was?"
"Alles okay, fragte ich", Laiza setzte sich auf den freien Stuhl vor dem Schreibtisch und Sampo sprang über ihren Schoß nach oben, um auch den Oberfeldwebel mit Köpfchen zu begrüßen.
Rea schüttelte sich. Was sie da erblickt hatte war bestimmt nur ein Streich ihrer Sinne gewesen. Und falls doch nicht? Aber auch diesen Gedanken schob sie bei Seite, dass spielte jetzt keine Rolle, sagte sie sich.
"Ja, alles okay ... na Sampo, du lässt dich auch mal wieder blicken..."
Sie streichelte das Tier, woraufhin er einen Buckel machte und leise schnurrte.
"Was führt dich denn her, Laiza?"
"Ein seltsamer Fall und Kopfschmerzen", antwortete der Feldwebel und beobachtete den glücklichen Kater.
"So", Rea öffnete eine ihrer Schubladen und holte eine kleine Flasche hervor, "Achatenisches Minzeöl. Es hilft, wenn man es auf die Stirn massiert."
Sie beobachtete, wie die Überwaldianerin die Flasche nahm und ein paar Tropfen auf ihre Finger goss, sofort verbreitete sich ein angenehmer Minzeduft, dann fragte sie: "Was für einen seltsamen Fall?"
"Bis vor kurzem hatte ich einen blutigen Dolch und ein Opfer ohne Verletzung. Das war schon seltsam, aber jetzt ist das Blut vom Dolch verschwunden."
"Vielleicht hat sich jemand am Beweismaterial zu schaffen gemacht."
Laiza hatte die Augen geschlossen und massierte das Minzeöl auf ihre Stirn: "Nein, mehrere Wächter waren die ganze Zeit über bei dem Beweisstück gewesen."
"Es geht um den Fall, den Bergig und Passdochauf hereingebracht haben, oder?"
"Genau ..."
"Du hast eine Idee was es sein könnte, aber du bist dir selbst unschlüssig ob es überhaupt sein könnte", interpretierte Rea das Verhalten ihrer Kollegin.
"Du hast es erfasst ... weißt du Rea, da wo ich aufgewachsen bin glaubt man an alte Bräuche und Riten, aber nicht daran, dass für allen möglichen Mist irgendwelche Götter verantwortlich ist, hier in Ankh-Morpork sieht das natürlich ganz anders aus."
Rea hatte inzwischen aufgehört Sampo zu streicheln und hatte stattdessen den Bericht vom Obergefreiten Bergig herangezogen, während sich der Kater beleidigt in einer Ecke des Schreibtisches zusammen gerollt hatte.
"Du meinst also, dass dieser Kraamacher einen Gott angegriffen hat?", aus ihrer Stimme klang Ungläubigkeit.
Laiza lies die Hände sinken: "Alle Bluttests sind negativ ausgefallen und dieser Toost ist definitiv nicht verletzt. Was wäre als deine Erklärung?"
Rea schwieg, wohl wissend, dass sie Laiza zwar nicht zustimmen wollte, aber auch keine bessere Antwort parat hatte, stattdessen fragte sie nach einer Pause: "Und was für ein Gott sollte das sein?"
"Irgendeiner, der etwas mit Alkohol zu tun hat. Ich dachte ich werde einen Besuch in den Tempeln machen, um näheres zu erfahren."
"Sind die Kopfschmerzen besser geworden?" wechselte Rea das Thema.
"Ja, aber ich stinke fürchterlich."
"Ach quatsch", kicherte die SEALS Abteilungsleiterin, "für Ankh-Morpork ist das eine willkommene Abwechslung."
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"Hast du kein eigenes Büro?" fragte Laiza, als sie mit Sampo auf der Schulter das Okkultismusexperten Büro betrat.
Korporal Magane saß wieder an Ruppert von Himmelflecks ehemaligem Schreibtisch und hatte die Füße hoch gelegt, während sie in einem Buch las.
"Doch, dass solltest du doch wissen", meinte die angehende Tatortwächterin ohne von ihrem Buch auf zu blicken, "Was stinkt hier so?"
Von Sampo kam ein klagendes Miauen.
"Ich weiß nicht was du meinst ..."
"Riechst du das nicht?", Magane hatte das Buch sinken lassen und schnüffelte in der Luft: "Sag mal bist du das?"
"Und was machst du dann hier?" überging die Abteilungsleiterin barsch die Frage und ließ sich auf ihren Stuhl fallen.
"Du bist es .... Hier ist es ruhiger, zumindest so lange du nicht hier bist."
"Oh, verzeih die Störung."
"Erstens: Ich war so nett und hab die Dame verhört, die Auslöser des ganzen Blutmesser-ohne-Verletzen-Fall ist, liegt auf deinem Tisch. Zweitens: spaziert Tut hier durch die Gegend als wüsste er genau was Sache ist und drittens, wieso verdammt raschelt deine blöde Pflanze?"
Laiza sah von der aufgeschlagenen Fallakte zu ihrer wiewunderländischen Fleischfressendenpflanze hinüber.
"Rascheln? Wieso sollte sie das tun? Was Rib betrifft ... ich habe da eine Vermutung und wahrscheinlich hat er diese ebenfalls. Aber erst muss ich eingrenzen und bestätigen."
Sie griff nach einem Bogen Papier und einer Schreibfeder und machte ein Schreiben für die Kröselstraße fertig. Danach lies sie ihren Blick über ihr Bücherregal schweifen und griff dann nach einem dicken Wälzer.
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"Also, wenn du mich fragst, sie fand den Auftrag auch seltsam", meinte Patrick Zartbitter, als er mit seinem Mitrekruten vor dem Wachhaus Kröselstraße stand.
Ruppert ag LochMoloch blickte die Straße hoch und herunter, bevor er auf Patrick sah.
"Aber der Auftrag kam vom Pseudopolisplatz, also sollte er zumindest nicht sinnlos sein. Dort drüben ist die nächste Kneipe. Vielleicht sollten wir direkt dort anfangen."
"Und du meinst, dass wir eine Antwort auf die Frage bekommen werden? Oh schau mal, der da scheint betrunken zu sein", meinte Patrick und deutete auf einen jungen Mann, der langsam auf sie zugeschlurft kam.
In der einen Hand hielt er eine Flasche, die er sich immer wieder für einen kurzen Schluck an die Lippen führte.
"Dann mal los", meinte Ruppert und trat dem Mann entgegen. "Entschuldigen Sie, der Herr."
Einige Meter vor ihnen blieb der Angesprochene misstrauisch stehen.
"Wasn?" rief er und gestikulierte mit den Armen.
"Wir hätten da eine Frage", begann Patrick.
"Häh?"
"Sehen sie Doppelt?" fragte Ruppert.
"Natürlisch! Zwei Deppen in U-unifoorm!"
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Ihr kam es wie eine halbe Ewigkeit vor, die seit dem Verschicken des Auftrages vergangen war. Sie hatte in der zwischen Zeit die restlichen feuchten Akten aus dem eigentlichen Abteilungsleiterbüro herausgeholt und in ihrem ganzen Büro zum trocknen verteilt. Danach hatte sie die letzten Abteilungsberichte gelesen, während die Unmengen Papier, verschiedenste Badeduftnoten ausdünsteten. Gerade als sie sich entschlossen hatte ihren gereizten Sinnen eine Auszeit in der Kantine zu gönnen, ging die Rohrpostklappe in der gegenüberliegenden Wand auf und eine mit Fettflecken übersäte Papierrolle wurde in den Postkorb darunter geworfen. Schläfenreibend erhob Laiza sich und nahm die Nachricht.
Ein leichtes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie den Inhalt überflog, sie riss die Tür auf und eilte in die Pathologie.
"Wir gehen jetzt in den Tempel", platzte sie hervor und unterbrach Huitztli Pochtli in einem Vortrag, den er gerade an Tut richtete.
"Eiter und... Äh", brach der Wasserspeier ab und verstummte.
"Tut mir leid, Obergefreiter."
"Kein Problem, Mä'äm. Ich werde die Sezierung alleine vornehmen, wird sicher noch ein interessanter Leichnam eintreffen", meinte er und begann seine Instrumentarien bereit zu legen.
"Du willst mit mir in den Tempel? In welchen denn?" fragte Tut und kletterte auf ihre Schulter.
"Ich bin mir nicht ganz sicher, aber du kennst dich doch mit Gottheiten aus, immerhin warst du selber mal einer und hast zudem lange an einem Tempel gewohnt."
"Das ist wohl wahr. Suchst du jemanden bestimmtes?"
Sie verließen gemeinsam die Pathologie und den ersten Stock des Wachhauses.
"Ja."
"Du meinst also, dass der Kerl eine Gottheit angegriffen hat?"
Laiza lies das Gefühl nicht los, dass der Oberfeldwebel aus einem einzigen Grinsen bestand. Diese verfluchten Bandagen! Nicht nur in Momenten wie diesen wünschte sie sich den alten Rib wieder.
Sie seufzte: "Theoretisch hätte es auch ein Geist sein können, aber dann hätten wir bestimmt kein echtes Blut gehabt."
"Und du meinst, dass das bei Gottheiten anders ist?"
"Nein, ja ... nun, vielleicht suche ich ja keinen Gott sondern eine Anthropomorphe Personifizierungen."
"Ah", machte Tut nur.
"Ich bin nur noch nicht auf ihren oder seinen Namen gekommen. Zwei Dinge sind Gewiss: Es hat definitiv etwas mit Alkohol zu tun und es ist ganz sicher nicht Gallig, der o Gott des Katzenjammers. Den die Betrunkenen haben immer noch einen verdammten Kater."
"Hast du kein schlaues Büchlein, dass du Fragen kannst?"
"Doch ... aber die behandeln auch nur Gallig..." gab Laiza zu. Es konnte ja auch nicht alles in Büchern stehen!
"Dann lenk deine Schritte mal zum Tempel der Geringen Götter."
~~~~~
Sie war nicht davon ausgegangen, wirkliche eine Antwort auf ihre Fragen im Tempel der Geringen Götter zu erhalten. Aber trotzdem musste sie sich eingestehen, dass sie ziemlich enttäuscht war, als sie ohne irgendwelche hilfreichen Informationen mit Tut zum Wachhaus zurückkehrte. Sie hatte Zeit verschwendet und war keinen Schritt weiter gekommen. Dabei hatte sie gedacht, dass der Oberfeldwebel irgendetwas wusste, dass er Laiza nicht so einfach preisgeben wollte, aber auch da hatte sie sich in ihrem ehemaligen Ausbilder geirrt.
Jetzt saß er auf einem Gnomenhocker neben der wiewunderländischen Fleischfressenden Pflanze, die zu dieser Jahreszeit in einem hellen blau Blüte. Einer der Kelche hatte sich zu ihm herunter geneigt und saugte an seinem Bandagierten Kopf.
"Das ist eine tolle Massage", unterbrach Tut die Stille im Büro. "Aber wenn sie mich frisst ..."
"... dann wird sie das wohl nicht überleben..."
Der Oberfeldwebel nickte und die Pflanze raschelte auf Grund der Bewegung: "Lass uns in den Eimer gehen, ein bisschen saufen bringt uns sicher auf den richtigen Weg."
"Wir haben Dienst ..."
"Dann gehen wir halt in eine andere Kneipe. Sich vollaufen zu lassen ist immer eine gute Wahl."
Tut gluckste: "Entschuldigung... Das ist wirklich nicht sehr effektiv."
Laiza setzte sich wieder an den Tisch und blickte auf den Krug Bier herunter: "Ich kann doch nichts dafür, dass ich laufend zum Abort muss, Bier treibt so fürchterlich, und ich habe auch keine große Lust mein ganzes Geld zu vertrinken."
"Sparst du etwa für ein neues Hexenbrett?"
Sie blickte ihn mit säuerlichen Blick an und schürzte die Lippen: "Das muss ich mir von dir nicht bieten lassen."
"Ich bin ranghöher als du", argumentierte er belustigt.
"Sehr witzig, ich werde jetzt nach Hause gehen..." entgegnete sie und stand vom Tisch auf.
"Weißt du was, komm morgen früh in die Pathologie ..."
~~~~~
Jack Narrator und Huitztli Pochtli hatten die Köpfe zusammen gesteckt, auf einen kleinen Tisch zwischen ihnen, auf dem normalerweise das Sezierbesteck lag stand Tut'Wee. Die drei tuschelten mit einander und von Jack erklang ab und an ein gehässiges Kichern.
"Und du bist dir der Mischung wirklich sicher?" fragte Huitztli ein weiteres Mal besorgt nach. "Natürlich, ganz sicher! In Klatsch werden damit Kamel Bullen betäubt ...", die Gnumie hob beschwichtigend die Hände, "Keine Angst, mit der Mischung schafft man das nicht mehr."
"Ne, reicht nur noch für ne einfache Kuh", witzelte Jack.
"Ich weiß nicht ... dass ist doch wirklich keine gute Idee", äußerte sich der Wasserspeier ein weiteres Mal.
"Mach dir mal keine Sorgen..."
Als die Tür schwungvoll geöffnet wurden traten Jack und Huitztli aus einander und Tut winkte der eintretenden Laiza zu.
"Guten Morgen, Chefin, gut geschlafen?"
"Geht so", sie schloss die Tür hinter sich, "Guten Morgen ... also Rib, weshalb sollte ich hier hinkommen?"
"Deswegen", meinte er und hielt ihr einen kleinen Flakon mit einer durchscheinenden grünen Flüssigkeit entgegen. Eis hatte sich am Fuß des Gefäßes gesammelt und Laiza vermutete, dass es im Eisschrank verstaut gewesen war.
Sie nahm den Behälter entgegen und besah ihn von allen Seiten. Er war klein und enthielt höchstens einen kleinen Schluck Flüssigkeit.
"Die Farbe ist wahnsinnig ekelhaft."
"Trink es."
"Wie bitte? Was ist das?"
"Trink es", wiederholte Tut auffordernd.
"Was ist grün!"
"Na und? Spinat ist auch grün."
"Das ist wohl kaum ein überzeugendes Argument", baffte sie ihn an und sah zu Jack herüber, der seine Mundzüge hinter einer Handgeste verbarg.
"Ich möchte dir helfen, den Fall zu lösen."
"In dem du mich vergiftest oder was?" meinte sie und zog den Korken aus dem Flakon. Ein beißender Geruch strömte heraus und sie hielt es weit von sich.
"Es stinkt wie es aussieht: Ekelig!"
"Trink!" forderten Jack und Tut sie gleichzeitig auf.
Nach kurzem Zögern, zuckte die Okkultismusexpertin mit den Schultern und setze das Flakon an die Lippen. Wie in Zeitlupe bahnte die Flüssigkeit sich den Weg in ihren Rachen. Es brannte fürchterlich.
Das Glas zersprang auf dem Boden der Pathologie, als sie entsetzt die Hand an den Mund hob.
"Oh Mann ist mir schlecht."
Dann fiel sie in Ohnmacht.
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Die Tür der Pathologie wurde geöffnet und Sillybos trat herein.
"Ich wollte mich erkundigen ob ... oh meine Güte was ist passiert!" Der Philosoph ließ die Fallakte los, die er in der Hand hielt und war mit einem weiteren Schritt an der Bahre, die fast die ganze Pathologie ausfüllte.
Entsetzt blickte er auf Laiza herunter, die mit blassem Gesicht auf der Bahre lag.
"Keine Angst, sie ist nicht tot", meinte Jack beschwichtigend.
"Was ist mit ihr?"
"Sie hat nur was falsches zu sich genommen", meinte Tut.
Der Feldwebel regte sich auf der Bahre und stöhnte.
"Du willst den Bericht abholen ...", meinte Huitztli an Sillybos gewandt, "Eigentlich ist er fertig, aber Laiza hat sich eben darüber erbrochen. Ähm ... ich werde ihn noch mal schreiben und dir dann rein reichen."
Sillybos ignorierte den Wasserspeier und tätschelte Laiza die Hand, als diese versucht sich aufzurichten.
Sie nuschelte etwas, dass sich anhörte wie 'alles dreht sich', aber niemand fragte genauer nach. Als sie endlich auf der Kante der Bahre saß starrte sie lange Zeit auf einen leeren Punkt neben dem Eisschrank.
"Hat sie irgendetwas aus der Kantine zu sich genommen?"
"Oh ja, die heutige Suppe ist gar nicht zu empfehlen", meinte Tut, "Irgendwer sollte die Wächterschaft warnen. Ich fand ja schon immer, dass diese Piepenstengel furchtbar kocht."
"Ich werde mich sofort drum kümmern", meinte Sillybos, bedachte Laiza noch einmal mit einem mitleidsvollen Blick und verließ dann die Pathologie.
"Du sagtest, du wärst dich der Mischung sicher", stellte Hutztli die Gnumie zur Rede.
"Was hast du denn, sie lebt doch noch."
"Es war aber sicherlich nicht notwenig..."
"Hört auf zu streiten", grummelte Jack. "Wie gehts dir Laiza?"
Die Abteilungsleiterin blinzelte und wandte sich von ihrem Punkt an der Wand ab, um den Pathologen anzusehen.
"Du bist ... einzeln ..."
"Ja das liegt daran, dass ich nicht schnell genug bin."
Laiza drehte sich zur Seite und sah einen jungen Mann an der Tür zum Leichenaufzug stehen. Er war groß und hager und braune Locken fielen ihm ins Milchkaffeefarbene Gesicht. Gierig zog er an einer Zigarette und hielt sich die rechte Seite.
"Wer bist du denn?"
"Ich bin Jack", antwortete Jack und sah seine Vorgesetzte besorgt an.
Der Unbekannte blickte von Jack zu Laiza, zog noch einmal an seiner Zigarette, bevor er sie in einen Topf mit Resten der letzten Sezierung schmiss.
"Paul Duplo ..."
"Ich mach mir doch ein wenig sorgen", meinte Jack zu den anderen beiden Gerichtsmedizinern.
"Du bist verletzt", stellte Laiza nüchtern fest.
"Ja, aber nicht so der Rede wert. Es tut mir leid, dass du so viel Arbeit durch diesen kleinen Unfall bekommen hast."
"Mit wem spricht sie?" fragte Huitztli und fixierte die Tür des Aufzuges.
"Das wird ein interessanter Bericht, den ich schreiben muss", murmelte Laiza benommen.
"Habt ihr nicht so eine tolle 'Ungelöste Fälle' Ablage?"
"Mhh... ja schon ...", überlegte Laiza.
"Dann ist das ja kein großes Problem. Meine Wunde wird schon wieder weg gehen und dann kann ich meine Arbeit wieder richtig machen."
"Sehr schön."
Die Welt drehte sich und ihr wurde abermals übel.Zählt als Patch-Mission.
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