Streidt unter Geschwistern

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von Gefreiter Glum Steinstiefel (DOG)
Online seit 01. 10. 2008
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 Außerdem kommen vor: Daemon LlanddcairfynHelmi BernsteinGoldie KleinaxtPtupekh

Streit gibt es überall. Auch in den vornehmsten Familien. Alle Streitereien haben auch ihre Auswirkungen, manche davon eben nicht gerade positiv...

Ein Streit zwischen wahren Freunden, wahren Liebenden bedeutet gar nichts. Gefährlich sind nur Streitigkeiten zwischen Menschen, die einander nicht ganz verstehen.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

Dafür vergebene Note: 10

[1]



Mo, 15.Gruni. 19.31 Uhr.


"Bitte hier her, bitte hier her. Ein Exklusivbericht bitte."
"Schnell, stell den Ikonographen..."
"...recht freundlich..."
"...zu sehen sein?"
"Hier her!"
"Auf ein Wort?"

Verschwommen nahm Ian Streidt die Rufe war, das Blitzlichtgewitter und den Regenfluss, während ihn die Stadtwächter mit einer Bahre durch die dichte Menschenmenge trugen, ihn dabei von den Ikonographen abschirmten. Ein Schleier hing vor seinen Augen und er merkte, wie flach er atmete. Er hustete. Sofort sprang ein Wächter zu ihm und fragte ihn, ob es ihm gut gehen würde, doch Ian röchelte nur.
"...erwarten Ihre Berichte..."
Es tat einen dumpfen Aufschlag, als ein stämmiger Polizist einen enthusiastischen Reporter zurückstieß und ihm den Ikonographen entriss. Blut rann an Ians Schläfen hinunter, von seiner linken Hand, die tiefe Einstiche aufwies und seinem linken Bein. Er war auf der linken Seite halb verstümmelt.
Jemand rief lauthals, die Menge solle weichen, man brauche dringend einen Igor namens Bogi oder etwas ähnliches, so genau konnte er es nicht mehr verstehen.
Ian schwebte in einer Wolke der Stille, durch die nur vereinzelt die Rufe von außen drangen, von dort, wo ein Dutzend Wächter sich nur sehr langsam mit einem Schwerverletzten durch die Mengen drängen konnte, doch beharrlich dem Patrizierpalast immer näher kam.
"...nur einen Kommentar..."
"Schieß!"

Ian riss die Augen auf und stürzte von der Bahre, spuckte Blut. Um ihn herum Aufschreie und Blitze, der Regen peitschte auf ihn, seine Augenlieder flatterten, doch die Wächter taten noch immer alles, um ihn abzuschirmen. Sie breiteten ihre Mäntel aus, umringten ihn, doch einer von ihnen ließ sich ablenken, nur für einen Sekundenbruchteil, da fiel ein Blitz und ein Reporter jubelte.
Ian spürte, wie man ihn unter den Armen hochhob, ihn versuchte zurück auf die Bahre zu legen, während die Welt um ihn herum zur ewigen Nacht wurde. In einem letzten Augenflattern erkannte er einen Reporter mit Halbglatze, der jubelnd einen Sofortbild-Ikonographen hochhielt und in der anderen mit etwas herumwedelte - Eine Ikonographie.
Er hatte das Bild seines Lebens.

Mo, 15.Gruni. 18.14 Uhr.


" 'Am Freitag, dem 12. Gruni findet im Mondteichweg um genau zwei Uhr der Mord an Helena Streidt statt. Freunde und Bekannte sind herzlich eingeladen.' Zunächst hielt ich das für einen schlechten Scherz. Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als der Gefreite Bernstein in Ihrem Zimmer die Zyankalikapsel fand.", bemerkte Daemon Llanddcairfyn und legte den Einsatzbericht der Operation "Villa Streidt" beiseite. Der Patrizier saß auf einem erhöhten Richterpodium, Kommandeur Araghast Breguyar und Daemon selbst je zu seiner Seite. Im Gerichtssaal des Patrizierpalastes war kein Laut mehr zu hören, als man die weiteren Ausführungen des Hauptmannes abwartete.
"Wie wohl bekannt ist, gaben die Streidts jedes Jahr ihren berühmten Wohltätigkeitsempfang zur Unterstützung der Waisenkinder. Und wie jedes Jahr war er ein voller Erfolg. Und er lockte wegen eben dieses Spruchbandes, dessen Wortlaut ich soeben formulierte, noch mehr Leute an. Und tatsächlich: Um zwei Uhr, zwei Minuten und sechsundzwanzig Sekunden starb Helena Streidt."
Die Geschworenen, die DOGs und die Mitglieder der Anwaltsgilde, sowie etliche Zeugen begannen miteinander zu flüstern, bis Vetinari irgendetwas halblaut sagte, was niemand verstand; daraufhin kehrte wieder angespannte Ruhe ein.
Hinter der Anklagebank saßen die übrigen derer von Streidt, sowie ihr Familienanwalt.
Daemon schlug den Bericht wieder auf und warf dem Angeklagten einen viel sagenden Blick zu, der quasi die ganze Situation enthielt: 'Wir haben dich eh schon. Gesteh gleich und du kommst nicht auch noch wegen Falschaussage dran. Denn vor Gericht kann alles gegen dich verwendet werden und glaub mir: es wird alles gegen dich verwendet werden. Mach dich ganz klein vor Scham, versuch nur, dich von deinem Anwalt heraushauen zu lassen, es wird nicht klappen, den von Rechts wegen braucht man vor allem Recht, um von seinem Recht Gebrauch machen zu können.'
"Ich verlese nun den Bericht des 12. Gruni..."

Fr, 12.Gruni. 13.40 Uhr.


Wir sehen den Innenhof einer Villa. Die Wände sind weiß, ebenso, wie die Säulen, die das Terrassendach halten, das den Hof einschließt. Lampions sind trotz des hellen, wunderschönen Tages mit dem hellblauen Himmel, angezündet worden und spiegeln sich im Wasser des kleinen Springbrunnens in der Hofmitte. Um ihn herum hatte man ein Bankettbuffet aufgebaut, in der warmen Brise wehten Zierstoffbahnen und Tischdecken. Helena Streidt umklammerte mit ihrer Hand die ihres Bruders Ian und holte tief Luft. Sie blickte Ian tief in die Augen und er erwiderte den Blick.
"Madam."
Sie drehte sich um und erblickte Chief-Korporal Hatscha al Nasa, die in einer Kellneruniform steckte. "Kein Grund zur Sorge, wie?", lächelte Helena gequält.
Hatscha musterte sie besorgt. Ein wenig bleich sah sie schon aus.
"Nun...ich bin mir sicher, dass wir alles bedacht haben. Wir haben das Essen überprüft, die Bediensteten unter Aufsicht ins Wachhaus gestellt, die Gäste werden von mehreren offiziellen Wächtern vor dem Eintritt untersucht, die Villa haben wir ebenfalls von Kopf bis Fuß untersucht und alle Waffen, Schürhacken und ähnliche Dinge entfernt. Die oberen Stockwerke sind abgesperrt und drei Schützen befinden sich auf den Dächern. Sämtliche anwesenden Bediensteten sind Ermittler der Stadtwache, von den Köchen einmal abgesehen. Keine Sorge, Frau Streidt, ich bin mir sicher, dass alles gut gehen wird, sofern Sie oder Ihre anderen Verwandten uns nichts verschwiegen haben. Im Grunde bleibt dem - Verzeihung bitte - Mörder nur noch sehr wenig Raum für Kreativität."
"Dafür ist immer Raum.", bemerkte Ian streng. Seine Nerven waren derart angespannt, dass sein Kopf bereits ganz rot war.
"Das hier...", sagt Hatscha und schnippste, woraufhin ein Wächter neben sie trat: "...ist der Gefreite Ptupekh. Er wird Ihnen nicht mehr von der Seite weichen. Da er bereits seit geraumer Zeit nicht mehr ganz so...quicklebendig ist, denke ich, dass er im Notfall auch mit Handgreiflichkeiten gut zurecht kommen müsste."
"Dieser Empfang bedeutet mir sehr viel, Korporal.", sagte Helena und trat hinaus in den Hof.
Ptupekh folgte ihr.

Goldie, Helmi und Glum trugen gemeinsam einen großen Kessel Brühe aus der Küche zum Bufett. Die SUSI ließen in der Küche alles frisch zubereiten und überwachten jeden Handgriff. Gnom Harry beobachtete die Zwerge, während er, mit grauer Farbe bemalt, als Brunnenfigur im Wasser saß und verdrießlich das Bufett im Auge behielt. Es war zwölf vor zwei und die Gäste amüsierten sich prächtig, obwohl einige von ihnen recht nervös schienen und Helena, die sich mit dem Rest ihrer Familie an einen der vielen großen Tische setzte, immer wieder Blicke zuwarfen. Unauffällig gab Goldie Breda und Arwan ein Zeichen, die sich zum Zeichen des Verstehens am Hals kratzten; es war das allgemein ausgemachte Signal.
"Denkst du, wir finden noch Bröckchen in der Suppe?", fragte Glum.
"Ich denke, wir haben genug gesalzen.", erwiderte Goldie.
Patrick und Hatscha boten den Besuchern Häppchen an, und versuchten dabei sich einen möglichst guten Überblick über verdächtige Verhaltensweisen zu verschaffen. Arwan und Breda hielten sich nun ganz bewusst bei den Streidts auf, die alle um die Anwesenheit der Ermittler wussten. Da waren die Familienoberhäupter Verenia und Russel, deren Kinder Ian und seine Schäferhündin Sherry, der unter dem Tisch lag, Helena und Robin, dessen Frau Elisa und ihre gemeinsame Tochter Marla.
"Russel Streidt sieht etwas nervös aus, nicht?"
"Wer kann es ihm verübeln, Helmi?", sagte Goldie und mischte sich mit einer Aufschnittplatte unter die Leute. Glum gab Schizzel einige Zeichen, der ebenfalls in der Nähe der 'Streidt-Tafel' stand. Dieser kratzte sich am Hals.
"Ist gut.", sagte Glum. "Schizzel hat ein Auge auf ihn."

Ptupekh stand ohne Uniform neben Helena. Er sollte sozusagen die Aufmerksamkeit eventueller Mörder auf sich ziehen. Doch nun fiel ihm etwas ins Auge.
"Nicht!", rief er zwischen den Mullbinden heraus. Niemand wagte eine weitere Bewegung; sie hielten alle im Essen inne. Arwan, Breda und Schizzel hielten die Menge im Blick und bewegten sich in Tischnähe weiterhin mit Käseplatten und Getränketabletten zwischen den Menschen umher und versuchten sie augenblicklich von Ptupekhs Ruf abzulenken. Es waren noch sieben Minuten bis zwei Uhr.
"Verzeihung bitte.", sagte die Mumie. "Ich dachte, ich sähe etwas."
Verenia schluckte und legte die Hand an ihren Hals.
"Das ist hier ja gemeingefährlich." Sie sah zu Helena. "Bitte sei doch vernünftig und sag die Sache ab. Lass dich in Sicherheit bringen, Schatz."
Helena verneinte.
"Dafür bedeutet mir die Sache hier zu viel, Mutter."
"Außerdem,...", sagte Ptupekh zu Verenia: "...bestünde die Gefahr, dass der Mörder daraufhin das weite sucht und es später noch einmal probiert. So hart es auch sein mag, aber Sie müssen das durchstehen, Ma'am. Ansonsten wäre Miss Helena auch weiterhin gefährdet."
Elisa lies sich von Robin in den Arm nehmen, doch die vergnügte Marla konnte mit ihren fünf Jahren noch nicht richtig verstehen, was da vor sich ging und so spielte sie zu Russels Missmut mit Sherry unter dem Tisch, die versuchte ihre Eiswaffel anzuschlecken, sobald sie in Reichweite kam.
"Vielleicht ist es nicht gut, dass wir alle hier sitzen.", bemerkte er säuerlich. "Nachher trifft es noch einen von uns."
"Russel!", zischte Elisa giftig und riss sich plötzlich von Robin los. "So was von ignorant!"
"Nein, lass ihn nur.", sagte Helena. "Er hat ja Recht."

Sie saßen am Tisch und aßen nervös.
Es war noch eine Minute bis zwei. Die Stimmung war angespannt, es wurde kaum noch geredet, sowohl unter den Gästen, als auch unter den Streidts. Die Sekunden wurden förmlich gezählt und sämtliche DOGs hatten sich in Tischnähe verteilt, die FROGs auf den Dächern waren schussbereit.
...14...15...16...
"Oh, bitte, ich kann das jetzt nicht mehr verantworten.", fuhr Elisa hoch. "Verschwinden wir!"
"Selbst wenn wir das jetzt noch täten, Madam, würde der Mörder nicht mehr zögern, sie auch vor zwei zu..."
"Das ist scheißegal! Hoffnung besteht immer!"
...25...26...27...28...
Helena krallte sich an ihrem Stuhl fest, sah sich halb panisch um, alle wurden unruhig.
'Das kann doch wohl alles nur ein Scherz sein!', dachte Patrick und spähte über die Menge. 'Das Ganze ist schon so aberwitzig, dass es nur noch unwahr sein kann.'
...45...46...47...
Sherry bellte und Marla kicherte.
...59...60...
Nichts.
Alle hatten den Atem angehalten.
Sie warteten noch ganze zwei Minuten länger.
Dann atmeten sie alle erleichtert aus.
Ptupekh klopfte Helena auf die Schulter.
"Ist es...was...", stammelte diese verwirrt.
"Anscheinend hat der Mörder sich doch nicht getraut, Miss Streidt.", entgegnete Hatscha, die nun neben sie trat. "Ich gratuliere zu ihrem Mut."
Helena fasste sich an die Stirn. Die Leute fingen an zu flüstern, was ein wahres Zischkonzert hervor rief. Sie ließ zittrig den Atem entweichen und nahm bebend eine Wurst von ihrem Teller auf.
"Nervennahrung.", kicherte sie irre klingend und biss hinein.
"Und das war es jetzt wirklich?", wagte Ian halblaut in die Runde zu fragen.
Es knackte.
Und Helena riss die Augen auf.

Mo, 15.Gruni. 18.22 Uhr.


"...befand sich laut dem Ergebnis des SUSI-Untersuchungsprotokolls in Helena Streidts Debrecziner eine Zyankalikapsel.", schloss Daemon den Bericht. "Bis hierher noch Fragen? Es ist der Originalbericht."
Der Anwalt hatte sich während der Vorlesung eifrig Notizen gemacht und nun trat er nach vorne.
"Ich bitte ums Wort, eure Lordschaft."
"Stattgegeben.", sagte Vetinari und ließ sich von Daemon den Bericht aushändigen.
'Unglaublich!', schnaufte Araghast innerlich, 'Er fängt schon wieder an zu lesen, anstatt sich um das Geschehen direkt vor seiner Nase zu kümmern.'
Er war ohnehin schlecht auf den Patrizier zu sprechen. Ginge es nach ihm, dann befände sich Robin Streidt bereits in der tiefsten aller Gruben.
Der Anwalt nahm die Brille ab und putzte die Gläser, während er anfing, wie auswendig gelernt zu reden.
"Verehrte Anwesende: Der Besitz von Zyankalikapseln bedeutet nicht automatisch eine Befürwortung das Ableben Miss Helenas gegenüber. Den wie bei so vielen Drogen ist auch der Besitz von diversen Giften und anderen schädlichen Substanzen nicht ungesetzlich, sondern lediglich der Konsum." Er setzte sich die Brille auf und blinzelte Araghasts verächtlichem Blick geschickt entgegen. "Dass der Tod Miss Streidts durch Zyankalikonsum erfolgte ist nun deutlich genug erwiesen worden, doch wer, verehrte Geschworenen, wer beweist, dass es tatsächlich mein Klient war, der sie in ihrer Wurst platzierte?"
"Ungefähr zwei Dutzend Zeugen von hunderten von Gästen, die beobachten konnten, wie sich Mister Streidt mit einem Fressteller für Miss Helena durch die Menge drängelte.", bemerkte Daemon.
"Aber es waren lediglich Zeugen."
Der Anwalt drehte sich den vollen Rängen zu.
"Hat jemand der hier, sowie zur Tatzeit Anwesenden beobachten können, wie mein Klient angeblich besagte Kapsel in die Wurst steckte?"
Gemurmel.
"Das ist doch absurd!", meldete sich Robin von der Anklagebank und erhob sich empört. "Wie stellt sich das Gericht bitte die Sachlage vor? Wie soll ich denn bitteschön die Kapsel vor den Augen von etlichen Stadtwächtern und rund vierhundert Gästen in den Debrecziner gedrückt haben? Bin ich Zauberer?"
"Bitte setzen Sie sich, Mister Streidt.", sagte Vetinari und schenkte dem Geschehen mit einem Seitenblick Aufmerksamkeit.
"War es nicht so, dass man unschuldig ist, bis die Schuld bewiesen ist?", rief Robin nun lauter. Sein Kopf war rot angelaufen, während der Berichtverlesung und sein Kragen war verschwitzt. "Wieso sollten Zeugen demonstrativ beweisen müssen, dass der Angeklagte etwas Belastendes gemacht hat? Da könnte man den Spieß auch wieder umdrehen, sozusagen, und nach dem Motto 'Du hast es nicht gesehen, deshalb interessiert es dich auch nicht und kann daher nicht bewiesen werden' verfahren."
"Das wäre dann in gewissem Maße die praktische Anwendung meiner Philosophie, verallgemeinert natürlich.", erwiderte Vetinari und brachte mit dieser Antwort Robin vollkommen aus dem Konzept.
"Nein, nein, nein. Lassen Sie mich die Frage anders formulieren, hohes Gericht.", fuhr der Anwalt schnell dazwischen. "Ich meine es eher so: Kann meinem Klienten überhaupt irgendwer etwas beweisen?"
Ein triumphierendes Lächeln umstrahlte seine Lippen.
"Ich fürchte, das werden wir erst noch genauer herausfinden müssen.", antwortete Vetinari. "Ihre Erklärung, Mister Streidt?"
Robin, der stehen geblieben war, setzte sich nun. "Es ist wahr, dass ich Helena ihr Essen brachte, jawohl. Dass die Wurst präpariert worden war, wusste ich nicht."
"Zu welcher Zeit, brachten Sie das Essen?"
"Um kurz vor zwei, ich würde sagen, dass es vielleicht drei Minuten davor war."
"Danke. Ich denke, wir fahren nun mit der nächsten Befragung fort, wir werden Sie später noch einmal anhören. Misses Verenia Streidt bitte. Würden Sie wohl bitte mit Mister Streidt den Platz wechseln? Wo ist ihr Mann?"
Verenia setzte die kleine Marla von ihrem Schoß, die gemütlich eingeschlafen war, mit einem Stofftier in der Hand und betupfte sich die Augen mit einem schwarzen Spitzentaschentuch. Alle Streidts trugen schwarz. Sie schniefte, während sie sich setzte.
"Russel und Ian wollten nachkommen, wenn sie die Formalitäten wegen...wegen...dem Begräbnis erledigt haben."
"Mein Beileid wegen ihrer Schwiegertochter. Das Fehlen kommt ihnen nicht sehr zugute. Sollten sie nicht innerhalb der Verhandlung erscheinen, muss ich den Kommandeur bitten, sie zwangsweise inhaftieren zu lassen. Nochmals mein Beileid wegen Miss Helena und Misses Elisa, Madam."
Robin schüttelte den Kopf und sah auf den Boden.
"Schwören Sie...", sagte Vetinari: "...die Wahrheit zu sagen und nichts, als die Wahrheit, so wahr ihnen ihr Gott helfen möge?"
"Ich bevorzuge lieber die Wahrheit zu sagen und das was ich wirklich denke, als etwas mit Dingen zu umschreiben, die ich nicht so meine."
"Sie müssen nichts sagen, was sie selbst belasten würde, Misses Streidt."
"Bitte um Sprecherlaubnis.", sagte Araghast.
"Stattgegeben."
"Es wäre dem Gericht allerdings eine große Hilfe."
"Einspruch!", rief der Anwalt und durchbrach mit der Schnelligkeit dieser Forderung garantiert die ein oder andere Schallmauer.
"Stattgegeben. Bitte sehr." Vetinari wandte sich wieder dem Bericht zu und überließ Daemon die Verhandlung.

Fr, 12.Gruni. 17.03 Uhr.


Verenia Streidt schluchzte in den Armen ihres Mannes. Russel hielt sie fest, sein Blick war eisern. Auch Robin und Elisa hielten sich in den Armen, nur Ian hockte neben Sherry und starrte in das Feuer des großen Kamins. Marla war auf ihrem Zimmer und wurde von einem der Wächter betreut.
Die Türe des stickigen, weil überhitzten Raumes wurde von zwei Polizisten flankiert, die sich große Mühe gaben, niemandem in die Augen zu sehen und wenn sie es doch taten, lag ein entschuldigender Blick darin. Es klopfte und ein wenig erleichtert, dass er etwas zu tun bekam, öffnete der linke Wächter.
Chief-Korporal Hatscha al Nasa trat ein, mit ihr Coccinella, Dalja, sowie Patrick und Goldie.
Alle Streidts blickten sie fragend an.
"Nun...", sagte Hatscha beklemmt und sichtlich unwohl: "...wie es aussieht, sind wir zu einem Ergebnis gekommen. Es wird ihnen nicht gefallen."
Verenia hickste und betupfte sich die Augen, Sherry brummte.
"Es tut mir Leid, Misses und Mister Streidt, aber ihr Sohn Robin ist hiermit verhaftet. Er wird des Mordes bezichtigt."
Coccinella und Dalja stellten sich neben Robin und entzogen ihn Elisa, die wie geschockt dastand und Ian anstarrte, der aus der Hocke zu ihr aufsah. Robin selber ließ sich verwirrt von ihr lösen und Handschellen anlegen.
Elisa legte den Kopf schief und etwas flackerte in ihren Augen, während Ian den Mund leicht öffnete. Er wollte etwas sagen, aber Russels tiefe Stimme meldete sich just in diesem Moment: "Das wollen wir doch einmal sehen. Sie werden meinen Sohn nicht mit nehmen! Was haben Sie für Beweise? Es könnte doch jeder für den Mord verantwortlich sein."
Verenia warf sich auf das rote Sofa und begann nun erst recht zu schluchzen.
Goldie sah Russel in die Augen.
"Jeder der heutigen Gäste steht genauso unter Verdacht. Derzeit werden sie allesamt verhört. Teils auf dem Grundstück, teils in unserem Hauptwachhaus. Aber was in diesem Moment einzig und allein zählt ist: Ihr Sohn ist nach Befund der Mörder an ihrer Tochter."
Hatscha zog etwas Kleines aus ihrer Uniform, die sie nun wieder trug.
"Diese Zyankalikapsel fanden wir in Mister Robins Zimmer.", sagte sie. "Damit dürfte auch klar sein, dass jeder von Ihnen genauso verdächtig ist."
"Wie können Sie sich erdreisten...", fuhr Russel auf und stampfte dabei mit seinem Gehstock auf, doch die inzwischen äußerst gestresste Goldie packte ihn am Jackett.
"Hören Sie: Ich könnte Ihnen jetzt noch X-Argumente für und gegen einen möglichen Verdacht geben, genauso wie Sie mir denke ich, aber es läuft auf nichts hinaus. Und ich bin noch ehrlicher: In der Regel ist uns egal, wer warum ermordet wurde. Für uns ist das nur Arbeit, aber der Verlust ist Ihrer!" Sie ließ ihn los und strich das Jackett glatt. "Entschuldigung."
Russel waren die Worte im Hals stecken geblieben.
Hinter ihm sah Elisa Ian immer noch an und beide schüttelten den Kopf, sie mit leichter Panik in den Augen, er abwehrend.
"Wie konnten Sie das überhaupt zulassen?", keifte Verenia und stieß ihren Mann beinahe beiseite. "Wie konnten Sie nur den Mord auf die Probe stellen? Wie konnten Sie das Risiko überhaupt eingehen?"
"Sie waren einverstanden damit.", erwiderte Hatscha nüchtern. Und bevor Verenia endgültig die Beherrschung verlor fügte sie noch hinzu: "Bitte warten Sie ab. Im Augenblick mag Ihnen alles sehr hart vorkommen, aber wir müssen uns erst einmal auf das Wesentliche einstellen. Bitte, Mister Robin."
"Das hast du nicht!", hauchte Elisa, ohne, dass es jemand verstehen konnte.

Mo, 15.Gruni. 18.29 Uhr.


"Was mich noch interessierten würde, Misses Streidt...", fuhr Daemon fort. "...ist, ob Sie noch einen dritten Sohn hatten?"
Verenia schluckte und sah zu ihrem Anwalt.
"Meine Klientin möchte zum Ausdruck bringen, dass in der offiziellen Ver..."
"Nein, bitte, Mister Händel.", unterbrach Daemon ohne ihn anzusehen: "Ich möchte diese Aussage von Misses Streidt persönlich hören."
Sie atmete tief ein. "N...ich weiß es nicht. Nicht in dem Sinne. Wir haben Helena...adoptiert."
Anwalt Händel zeigte eine bittere Miene und putzte ärgerlich seine Brille.
"Ist das eine relevante Frage, Hauptmann?"
"Ich denke wohl. Ich habe hier...", sagte Daemon und hob einen Umschlag: "...einen kleinen Brief aus dem Nachttisch Miss Helenas. Würden Sie ihn bitte laut vorlesen, Mister Händel?"
"Einspruch!"
"Abgelehnt.", erwiderte Vetinari und beugte sich vor. "Mir fällt nichts ein, was dagegen sprechen würde. Ihnen etwa?"
Araghast verschränkte ernsthaft verärgert die Arme. Wahrscheinlich hatte Vetinari den Fall inzwischen nebenbei gelöst. Wie ein Kreuzworträtsel, während er den Bericht abermals gelesen hatte.
"Ich verlese also nun den Brief.", antwortete Händel und es klang, wie eine Beschwerde: "Na? Wie geht's? Immer noch zu gut? Das kann ich ändern! Aber man hilft sich doch unter Geschwistern, nicht wahr? Deine "neuen" Brüder sind auch dran, wenn sie dir helfen wollen....Die Behauptung eines angeblichen dritten Bruders ist eine spekulative Annahme, euer Ehren. Der Brief legt lediglich den Schluss nahe, jedoch keine eindeutigen Beweise."
"Es war ja auch bisher bloß eine Frage.", sagte Daemon und nahm den Brief wieder entgegen. "Aber es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass der Verfasser des Spruchbandes mit der Ankündung zum Mord, welches die Streidt-Villa zierte und der Verfasser des Briefes ein und dieselbe Person sind. Außerdem ist, verehrte Geschworene, das Wort 'neue' mit Anführungszeichen hervorgehoben worden."
Vetinari blickte Verenia an. "Dennoch wäre es möglich, dass ein Bruder existiert?"
"Jawohl...das heißt...ja.", bestätigte sie unsicher.
"Danke, Misses Streidt."
Araghast winkte einen Wächter herbei, sagte ihm etwas und erhob sich, als der Wächter loseilte. "Der Gefreite Bjornson wird sich um das Erscheinen von Russel und Ian Streidt kümmern. Bis dahin denke ich, wird die Verhandlung ruhen müssen..."
"Das denke ich nicht!", erwiderte Robin.
"Ach?"
"Mir wurde eine zweite Anhörung versprochen, wenn alle anwesenden Hauptzeugen vernommen worden sind. Es sind alle vernommen worden."
Herr Händel fuhr auf. "Alle belastenden und entlastenden Umstände sind mit gleicher Sorgfalt zu prüfen, wie das Gericht wohl weiß. Und eine weitere Vernehmung dient diesem Zweck."
"Später, Mister Streidt.", sagte Vetinari. "Zuvor hören wir noch die Aussage des an diesem Abend zuständigen Ermittlungsteams. Diese soll ein gewisser Harry abgeben." Suchend blickte er sich um. "Ist er anwesend?"
"Ja."
"Bitte könnten Sie ihren Standpunkt verdeutlichen?"
"Ich habe doch noch gar nichts gesagt."
"Ich meine, wo Sie sich zurzeit befinden."
"Zu diesem Zeitpunkt genau vor dem Richtpult, euer Lordschaft."
"Bitte setzten Sie sich auf die Anklagebank...Oberstabsspieß."
"Natürlich."
"Ich erhebe Einspruch auf die Verfahrensweise.", plärrte der Anwalt.
"Wie bereits viel zu oft, Herr Händel.", warf Daemon ein. "Du hast das Wort, Harry."
"Harry, Oberstabsspieß, Dienstnummer 090679-K-060999, Abteilung für Gilden-Observation."
"Ist in Ordnung. Bitte weiter."
"Gut. Am Abend der Tat waren sämtliche Mitglieder meiner Abteilung bei dem Empfang im Mondteichweg anwesend, das sind derzeit vierzehn, ohne den Hauptmann, sowie zwanzig weitere Wächter aus den übrigen Abteilungen. Die Besucher, es waren genau vierhundertdreiundzwanzig, wurden vor dem Empfang gründlichst kontrolliert, sowie danach, als sie unter Aufsicht vernommen und zum Teil mit Gefangenentransportern zum Wachhaus am Pseudopolisplatz gebracht wurden, ebenfalls zu Vernehmungszwecken. Es gab Dachschützen, Wachen in sämtlichen Stockwerken, die bis auf das Erdgeschoss alle abgesperrt waren, sowie in der Küche. Das angelieferte Essen wurde kontrolliert und unter Aufsicht von den Köchen des Hauses zubereitet. Von jedem der Köche haben wir Referenzen und Lebensläufe angefordert, und diese bestätigen lassen."
"Diese hier.", sagte Daemon und reichte sie Vetinari, der sie einsah.
"Mitarbeiter unserer Laborabteilung haben sämtliche Gewürze, Saucchen, Mehltüten und so weiter untersucht, nirgends gab es etwas zu melden. Alle Angestellten außer den Köchen waren ausschließlich Wacheangehörige."
"Wie haben die Gäste sich nach dem Mord verhalten?", fragte Daemon.
"Die Hälfte der Leute hat ganz einfach nur ihr "Beileid" kundgetan, um sich selbst sagen zu können etwas getan zu haben, um so ihr Gewissen zu beruhigen. Ob man sich damit selbst anlügt muss jeder für sich entscheiden."
"Hm." Vetinari reichte Händel eine dünne Mappe. "Inwiefern wurden die Referenzen bestätigt?"
"Wir suchten alte Arbeitgeber auf, befragten Verwandte und sogar Läden, in denen die Köche in den letzten Jahren regelmäßig ihre Zutaten zu kaufen pflegten."
"Dann dürfte doch auch inzwischen herausgefunden worden sein, dass der Koch namens Timothy Huck ein Adoptivkind ist?"
Ein Raunen fuhr durch den Saal und Anwalt Händel strahlte.
"Ruhe!" Er schlug mit dem Hammer auf das Pult. "Was war an dem Abend Ihre Aufgabe, Oberstabsspieß?", sagte er, als es wieder ruhig war.
"Ich befand ich mich in meiner Eigenschaft als Ermittler auf dem Springbrunnen des Hofes und beobachtete das Bufett. Alles verlief reibungslos."
"Ausnahmslos?"
"Jawohl."
"Was war mit den Streidts?"
"Mister Robin und Mister Ian waren am Bufett, um für die anderen Essen zu holen. Im Falle von Mister Robin auch einer der Köche, der neue Würste aus der Küche brachte. Er verteilte auf Mister Robins Wunsch hin Essen auf diverse Teller. Der Gefreite Spitzschuh kontrollierte in der Rolle eines Kellners den Vorgang."
"Es ist doch sehr wahrscheinlich, dass der Koch, der die Teller befüllte dieser Timothy Huck war, habe ich Recht?", fragte Händel.
"Ja. Haben Sie.", sagte Harry. "Er steht, wie auch alle anderen der Köche unter Beobachtung. Allerdings durften die Köche und bislang vernommenen Gäste das Wachhaus wieder verlassen. Immerhin sind sie zwar verdächtigt, jedoch nicht beschuldigt."
"Misses Verenia. Wie war der ursprüngliche Name Miss Helenas?"
Verenia krächzte. "...H-Huck..."
Araghast erhob sich.
"Holen wir ihn also her!"

Mo, 15.Gruni. 18.47 Uhr.


Patrick, Helmi und Humph standen vor "Milie's Mietpension" in der Affenstraße.
Der noch vor kurzem amtierende Abteilungsleiter der DOG nickte Patrick zu. "Also Korporal: Standardplan. Du am Fenster, Helmi geht nach vorne, während ich nach hinten gehe. Bereit?"
"Sör, ist das nicht etwas zu umständlich? Immerhin reden wir hier von einem Koch. Einem mickrigen Koch. Helmi hier ist kaum kleiner."
"Das hat nichts zu sagen Korporal!", erwiderte Helmi giftig.
"Sag ich ja.", gab Patrick grinsend zurück.
Es gehörte dazu. Ein wenig Necken vor dem Einsatz war Programm, um die Motivation zu steigern.
Humph schlich sich zur Hintertür, während Patrick unter dem Fenster wartete. Das war nämlich so: Einer ging immer vor, um dem Zielsubjekt offiziell mitzuteilen, dass es nun verhaftet war. Danach plauderte es ein wenig drum herum, versuchte also Zeit zu schinden, und unterdessen zum Fenster zu kommen, wo es einen wartenden Wächter sah. Darauf folgte eine Flucht, meistens durch die Hintertür, wo es dann in Empfang genommen wurde. In zweiundneunzig Prozent der Haftfälle funktionierte der Plan.
Helmi klopfte an die Türe der Pension, doch niemand öffnete. Er klopfte wiederholt, doch es tat sich nichts. Er gab Patrick ein Zeichen, damit dieser durchs Fenster spähte, doch er konnte nur Dunkelheit erkennen.
Sie trafen sich wieder vor der Türe.
"So ein derart simpler Plan. Er dauert normal bloß zwei Minuten und jetzt soll er scheitern, weil das Subjekt nicht daheim ist?", empörte sich Humph.
Patrick trat zurück und versuchte durch die oberen Fenster zu sehen, doch es war alles dunkel.
"Normal ist das nicht unser Dschob, Sör!", beklagte er sich.
Ein Schatten fiel auf das Pflaster.

Mo, 15.Gruni. 19.03 Uhr.


"Wir fahren mit der Verhandlung fort. Bitte setzen sie sich.", verkündete der Patrizier und klopfte mit einem kleinen Hammer auf das Pult. Ein kurzes Rattern ertönte im Saal, als Drumknott Einstellungen an der 'Wenn-man-tippt-erscheinen-Buchstaben-Maschine', dem neuen Schreibgerät für die Berichtsprotokolle, vornahm.
"Nun, ich denke...ja bitte?"
Hatscha hatte dem Kommandeur gerade ins Ohr geflüstert und nun stand dieser ungebeten auf. "Miss Verenia, Mister Robin: Mein Chief-Korporal ließ mich gerade wissen, dass Sie noch gar kein Beerdingungsinstitut mit diesem Fall beauftragt haben. Mich würde dann doch schon interessieren, mit was Ihre Familienangehörigen derzeit eigentlich beschäftigt sind."
"Einspruch!"
"Abgelehnt, Herr Händel. Dem Antrag des Kommandeurs wird zugestimmt."
"Welcher Antrag denn? Wo sind die Beweise für diese Anschuldigung?"
"Nun?"
"Ich habe den Gefreiten Bjornson angewiesen auch dies zu überprüfen.", sagte Hatscha. "Es gibt sieben Beerdingungsinstitutionen in der Stadt. Keine hat einen Auftrag erhalten."
"Sie glauben doch nicht etwa...", rief Verenia gelöst und fuhr hoch: ",...dass mein Mann und mein Sohn Ian jetzt des Mordes schuldig sein könnten?" Von diesem Aufschrei fuhr die kleine Marla erschrocken hoch.
"Noch nicht!", sagte Araghast süffisant.
Händel schnappte nach Luft. "Das ist verbale Aggression! Ich muss auf eine Verwarnung bestehen!"
"Nein, Herr Händel, das ist Sarkasmus und der ist nicht sträflich. Eine Verwarnung erhält der Kommandeur trotzdem wegen Provokation. Bitte beantworten Sie die Frage, die der Kommandeur soeben formulierte."
Robin schnappte nach Luft. "Ich weiß es nicht.", sagte er. "Ich weiß nicht, was sie machen, aber niemand von uns ist schuldig! Die Logik muss doch schon sagen, dass ich keine Kapsel in eine Wurst reinkriege, ohne sie selber gebraten zu haben."
"Das behauptet hier auch niemand mehr.", sagte Vetinari. "Deshalb vernehmen wir nun auch den nächsten Zeugen. Herr Timothy Huck bitte."
Zwei Palastwächter, gefolgt von Humph betraten den Gerichtssaal und führten in ihrer Mitte einen in Handschellen gelegten Mann vor den Augen der Geschworenen herein.
Er hatte rote kurze Haare, eine markante Nase und ziemlich hohle Wangen. Mitesser zierten seine Stirn und er trug einen abgetragenen braunen Mantel.
"Hohes Gericht:...", begann Humph: "...der Angeklagte war zunächst nicht zuhause anzutreffen, doch als er meine Mitarbeiter und mich erspähte, ergriff er sofort die Flucht. Ich bitte darum, dies für die Verhandlung als relevant zu betrachten, da bei der Verfolgungsjagd Korporal Nichts einen Einschnitt an der linken Wange erlitt."
"Danke sehr, Hauptmann. Herr Huck: Bitte nehmen Sie auf der Anklagebank Platz."
Das war eine Aufforderung des Patriziers an die Wächter, ihm die Handschellen abzunehmen und ihn auf die Bank zu setzen. Es war tatsächlich eine Bank.
"Ich will einen Anwalt haben!", sagte Timothy und verschränkte die Arme.
'Purer obligatorischer Trotz.', dachte Araghast. 'Er weiß, dass er schon verloren hat, aber er spielt einen auf Ist-nicht-nachweisbar!.'
"Hätten Sie kooperiert, dann würde Ihnen einer zustehen, da Sie jedoch die Flucht vorzogen, kann ich keinen Anwalt erlauben."
Vetinari übergab das Verhandlungsrecht an Daemon.
Dieser fuhr fort.
"Herr Huck. Bitte erklären Sie uns Ihre Anwesenheit am Nachmittag des zwölften Gruni im Mondteichweg."
Timothy blickte sich unsicher um.
"Na, ich hatte da einen Dschob angenommen. Als Koch. Über die Zeitarbeitsagentur 'Arbeit ohne Limit'. Da bin ich schon seit Jahren."
"Ach? Ist das so?" Araghast meldete sich zu Wort.
Verenias Blicke bohrten sich in Timothys Rücken.
"Ja. Was dagegen?"
"Wird sich noch herausstellen. Also? Was waren Ihre Aufgaben an diesem Abend?"
Timothy räusperte sich: "Nun, ich habe die Lieferungen von den Wächtern, die sie kontrollierten entgegen genommen. Anschließend habe ich sie gekocht. Ebenfalls unter Aufsicht, wie Sie bereits wissen dürften."
"Hm.", bemerkte Daemon und starrte in den Einsatzbericht. Er starrte noch ungefähr eine weitere Minute.
"Herr Huck...sagen Sie mal...", begann er und verließ sein niedriges Podium, näherte sich der Anklagebank: "...und seien Sie bitte ehrlich: Sind sie schuldig am Ableben Miss Helenas?"
Timothy blinzelte.
Und ein Blitz zuckte durch die hohen Fenster des Saales über Daemons Gesicht.

So, 17.Gruni. 00.29 Uhr.


Als der Blitz verschwand zählte sie bis sieben, dann rollte der Donner.
Elisa Streidt wandte sich von den hohen Korridorfenstern ab. Die ganze Zeit lang stand, trotz des strömenden Regens ein Wächter vor dem, unter dem Fenster liegenden Hauseingang.
Die Villa Streidt lag still im Mondteichweg; außer dem Pochen und Klopfen des Gewitters war nichts zu hören. Sherry gähnte neben Elisa.
"Hey. Was machst du denn hier, hm?" Sie kraulte die Schäferhündin hinter den Ohren. "Willst du uns beschützen, hm?"
Sherry gähnte wieder und winselte leise. Anscheinend machte ihr das Donnern Angst.
"Na komm..."
Etwas wehte am Fenster vorbei. Eine der Tischdecken aus dem noch immer im Hof stehenden Bankett.
"Sherry..."
Jemand pfeifte.
"Sherry, hier her."
Ian trat in den Flur und blieb erschrocken stehen.
Unwillkürlich hatte Elisa ihr Nachthemd höher gezogen und presste die verschränkten Arme um ihre Oberweite.
"Elisa. Du solltest..."
"Nein. Kein Wort. Sei still!"
Sie sahen sich an.
Dann entfuhr es ihr.
"Mörder."
Ian schluckte und trat an eines der Fenster.
Der Stuck an der Decke war dem Rahmen der Fenster nachempfunden. Er zeigte im Kreis angeordnete Gesichter, doch eines fiel immer wieder auf. Das eines alten Mannes, mit finster blickenden Augen. Das Gesicht des Erbauers dieser Villa - Howart Streidt.
Solche Verzierungen befanden sich auch an den Griffen der Fenster.
"Ich habe Helena nicht umgebracht, Elisa."
"Oh, das willst du jetzt wohl leugnen, ja?"
"Ja!"
Ian wirbelte herum und fasste Elisa an den Schultern, deren Augen sich erschrocken weiteten.
"Du weißt, dass ich dich liebe. Ich würde niemandem ein Haar krümmern, der dir etwas bedeutet."
"Und doch hast du es getan."
Sie riss sich los, doch er langte nach ihrer Taille; das Nachthemd verrutschte und offenbarte beinahe, was es verbergen sollte. Sherry jaulte, als es erneut blitzte.
"Du bist ja so schön, El..."
"Nein, sag es nicht! Sag es bitte nicht!"
Sie ließ den Kopf sinken und drehte sich zu ihm um.
"Also gut.", sagte sie laut und aggressiv: "Beweise mir, dass dich keine Schuld trifft und Robin unschuldig ist."
"Was?" Ian fuhr sich durch die Haare und ignorierte Sherrys Winseln beim nächsten Donnern.
"Du weißt, was ich meine!", zischte Elisa: "Du hattest keine Chance. Ich war ja schon vergeben. Du bist krank, Ian. KRANK! Du liebst mich so sehr, dass du Robin einen Mord in die Schuhe schieben wolltest, nur um ihn fern von mir zu wissen."
Ians Augen weiteten sich.
"Alles klar. Dann hast du ja freie Bahn, was? Du hast dir gedacht: Die Elisa die wendet sich von dem Mörder ab und dann mache ich mich an sie ran. Dann werden wir glücklich, haben zwei Kinder und einen Hund, ganz egal, was aus dem blöden Bruderherz hätte werden können, bevor sie ihn gehängt haben, ja? Ist es nicht so? SAG WAS...Hhhh...!"
Elisas Wange errötete an der Stelle, an der Ians flache Hand sie getroffen hatte.
Er starrte sie aus Augenschlitzen heraus an.
"Sag so etwas nie wieder! Nie wieder!"
"Was sonst? Willst du mich dann auch beseitigen?"
"HÖR ZU!", schrie Ian nun und ballte bebend die Fäuste. "Es war alleine Robin, ganz alleine Robin, der Helena umgebracht hat. Er hat ihr den Teller gebracht. Kurz vor zwei Uhr. Es passt zusammen."
"Oh klar tut es das, so wie du es sagst. Aber du hast auch am Bufett die Teller für uns geholt. Zur selben Zeit."
"Aber Robin hat mit ihrem Bruder gesprochen!"
"Das...d..." Elisa erbleichte.
Der Regen trommelte in Strömen gegen die Scheiben. Er rann daran hinunter und prasselte auf den Hut des Wächters draußen auf der Straße, der dem Regen in den Himmel entgegen starrte.
"Der Bruder...das kann nicht sein. Nicht nach all den Jahren! Ian, das kann nicht sein! Das ist...du willst doch nur..."
"Elisa. Akzeptiere es. Er war dort. Er war einer der Köche. Ich habe ihn sofort erkannt."
Elisa ließ sich an der Wand hinunter und ließ sich von Sherry das Gesicht ablecken.
"Ich war es wirklich nicht! Bitte: Du musst mir glauben! Irgendetwas ist da gelaufen. Und ja, ich liebe dich. Mehr, als alles andere. Aber ich würde dir niemanden wegnehmen, den du liebst. Selbst, wenn es dein Mann ist."
Er hockte sich vor sie.
Jäh zuckte ein weiterer Blitz durch den Korridor und beleuchtete einen großen Mann mit Gehstock und Morgenmantel. Sherry knurrte und sträubte das Fell.
"So ist das also."
Ian sprang auf.
"Vater!", sagte er trocken.
Russel Streidt deutete mit seinem Gehstock auf die Schäferhündin.
"Ruf die da zurück."
"Sherry. Ruhig! Bei Fuß!"
Die Hündin knurrte noch immer leise, doch sie lief gehorsam an die Seite ihres Herrchens.
"Ian..." Russel schüttelte den Kopf. "Niemals hätte ich gedacht, dass du so weit gehen würdest. Mein eigener Sohn."
"Es war Robin. Und ihr Bruder. Das hast du doch gehört."
"Wenn du das wusstest, warum hast du die beiden nicht aufgehalten, als du ihn erkannt hast?"
Elisa sah ihren Schwager an.
"Also doch...", wisperte sie und sah zu Russel. "Jetzt, wo er es sagt...du bist ein Mörder, Ian. Egal, wie man es hinstellt. Hättest du gleich etwas getan, oder diesen...Wächtern Bescheid gesagt...Helena würde jetzt noch leben!"
Sie stand auf, lief den Gang hinunter. Ian starrte hasserfüllt in die Augen seines Vaters, der ebenso hasserfüllt zurückstarrte. Eine Tür fiel ins Schloss.
"Weißt du, Sohn, das Leben ist mannigfaltig. Wir nehmen die Welt nicht richtig war. Wir reagieren auf sie, aber egal wie, es ist immer verkehrt."
"Du warst schon immer groß darin, von oben herab zu reden. Und vergiss das mit dem Sohn! Denn du vergisst etwas: Hättest du damals bei der Adoption nicht nur ein Mädchen haben wollen und auch den Bruder genommen, wäre Helena auch noch am Leben."
Russels Blick wurde finster, anstatt hasserfüllt.
"Ja so könnte man argumentieren, wobei das gerade eher ein schlechter Versuch ist den Ball wieder weiter zu spielen, was man endlos so betreiben könnte. Es ist deine Schuld, Ian. Und dafür wirst du noch bezahlen!"
Sherry knurrte drohend und Russel wich zurück. Der Ausdruck auf seinem Gesicht wechselte zu Panik. Ian grinste überlegen.
"Ja...das ist so eine Sache mit der Kynophobie, nicht war? Sie kann...bedrückend sein."
"Für heute Nach ist genug gesagt worden!"
"Ja...das ist es wohl. Gute Nacht, Vater."

Der Wächter vor dem Hauseingang starrte noch immer dem Regen entgegen.
Er sah, wie sich ein Wasserspeier mit Wächterhelm von einem Sims abstieß und an einer Fensterreihe vorbei flog. Die steinernen Schwingen ließen ihn in die Nacht gleiten.

Mo, 15.Gruni. 19.04 Uhr.


"...Ich...weiß nicht..."
"Was gibt es da nicht zu wissen...? Sind Sie schuldig, Herr Huck? Sagen Sie ja oder nein."
"..."
Timothy ließ den Kopf sinken.
Verenia krallte sich an ihren Stuhllehnen fest.
"...ja..."
Daemon lächelte versöhnlich. "Danke, Herr Huck. Und warum sind Sie schuldig? Hat es mit einer Zyankalikapsel zu tun?"
Die Anwesenden raunten. Das war überhaupt der einzige Sinn von Geschworenen und Gerichtszeugen: Sie waren zum Raunen und tuscheln da.
"...ja..."
"Und dann haben wohl auch Sie diesen Brief hier geschrieben?"
Daemon hielt den Brief aus Helenas Nachttisch hoch.
"...ja..."
"Warum verraten Sie uns das eigentlich?"
Der Saal hielt den Atem an, Vetinari zog die für ihn typische Augebraue hoch, Araghast spitzte die Lippen, Händel knabberte nervös am Gestell seiner Brille.
"Habe ich nicht ohnehin schon verloren, Hauptmann? Ich bin geflüchtet, habe diesen Korporal Nichts mit einer Klinge angegriffen, ich habe dem da...", und er deutete hinter sich auf Robin: "...einen Fressteller gegeben."
'Purer obligatorischer Trotz.', dachte Araghast. 'Hat wohl doch nicht lange gehalten.'
"Wie dem auch sei: Sie ist tot. Das ist alles, was ich wollte. Was nun geschieht ist unrelevant. Sie hat mich damals in dem Waisenhaus alleine gelassen. Das hatte ich ihr niemals vergessen...und dieser ganzen...ekelhaften Familie...dieser ganze Unsinn mit der Wohltätigkeit...purer Egoismus um sich selbst sagen zu können, man kümmert sich um uns Waisen..."
"So etwas zu sagen...", brauste Verenia zitternd auf. Sie presste die Finger so fest in die Armlehnen, dass ihre Fingerknöchel weiß anliefen. "Das ist arrogant, das ist Heuchelei, das ist...du..."
"Das ist mein Standpunkt und wenn ich so etwas persönlich als Heuchelei empfinde, dann ist das meine Meinung, ob es die Anderen so empfinden kann ich nicht sagen und behaupte es auch nicht. Wenn sie es dann wiederum als Beleidigung empfinden ist das eine andere Sache über die sich reden lässt, falls die Aussage missverstanden wurde." Timothys Mund verzog sich zu einem beinahe dämonischen Lächeln. "Und außerdem, Mutti, abgesehen davon, dass Schwesterchen noch leben würde, wenn du mich damals adoptiert hättest, solltest du deinem Sohn danken, der mir freundlicherweise behilflich war..."
Robin legte den Kopf schief.
"Ich denke...", erwiderte Vetinari: "...es ist nun Zeit für Mister Streidts zweite Anhörung. Bitte kommen Sie nach vorne. Herr Huck, bitte setzen Sie sich dort drüben auf den separaten Stuhl."
Araghast hätte schwören können, dass der Stuhl, sechs Meter von denen der Streidts entfernt vor einigen Sekunden noch nicht da gestanden hatte.
"Ach, eins noch, hohes Gericht.", wandte Daemon ein und deutete auf einige Schnitte an Timothys Hals und Hände. "Woher stammen diese Wunden, Herr Huck?"
"Sie vergessen die Verfolgungsjagd, Hauptmann."
Daemon blickte fragend zu Humph, der neben Hatscha in den Geschworenenreihen Platz genommen hatte, doch dieser schüttelte den Kopf.
"Es war dunkel, Daemon. Ich bin mir nicht sicher, ob er diese Wunden schon vorher hatte..."

Mo, 15.Gruni. 19.12 Uhr.


"Alles klar, Leute: Ruppert kommt mit mir zur Vordertür, Sara, Michael, ihr beide geht durch den Hintereingang in den Hof und sucht dort. Jeder, der Streidt heißt darf verhaftet werden."
Sie marschierten im Eiltempo durch die Teekuchenstraße und bogen nun in den Mondteichweg ein.
"Bjornson."
Rupperts ausgestreckter Arm deutete auf die Streidt-Villa am Ende der Straße.
Bjorn kniff die Augen zusammen.

Mo, 15.Gruni. 19.05 Uhr.


Robin nahm auf der Anklagebank Platz.
Daemon sah in an.
"Also.", sagte er. "Was hat es mit der Anspielung Herrn Hucks auf Sie auf sich, hm?"
"Woher soll ich das wissen?", gab der Angeklagte augenblicklich zurück.
"Auch gut."
Daemon zuckte mit den Schultern und griff nach dem Einsatzbericht, entnahm ihm eine dünne SUSI-Klemmmappe.
"Ich bitte Sie, Herr Huck, ihre Antwort auf meine Frage, Ihre Schuldigkeit betreffend sinngemäß zu wiederholen."
"Hm?", murmelte dieser. Ein leichter Ansatz eines Lächelns umspielte immer noch seinen Mund, während er auf Robin starrte. "Äh...ich präparierte die Wurst mit einer Zyankalikapsel?!"
"Jawohl. Und Sie Mister Streidt kennen also Herrn Huck nicht?"
"Nein."
"Ach so. Na dann passt ja alles."
Anwalt Händel sah die Sache anders.
"Hauptmann, bitte erklären Sie diese Aussage."
"Ich habe nichts anderes vor, als das."
Daemon schlug die Mappe auf, überflog sie kurz, reichte sie Händel und kratzte sich an der Nase bevor er begann: "Wussten Sie, verehrte Geschworenen, dass sich im Debrecziner zwar eine Zyankalikapsel befand, die Todesursache jedoch durch Curare erfolgte?"
Wieder raunten die Anwesenden. Vetinaris Hüsteln setzte dem ein Ende.
"Bitte weiter, Hauptmann."
"Zu diesem Ergebnis kam letztendlich unser Untersuchungslabor, bei Untersuchung des Leichnams. Zwar verursacht Curare bloß mehr oder minder heftige Muskellähmungen, doch es kommt auf die Dosierung des Giftes an. Zum Tode führt letzten Endes ein Atemstillstand durch Lähmung der Atemmuskulatur. Ein Grund, weshalb wir diese Tatsache erst vor einigen Stunden aufklären konnten. Es war die ähnliche Todesursache. Ansonsten hätten wir, Herr Huck, Sie bereits Freitagabend inhaftieren lassen."
Timothy zuckte mit den Schultern.
"Ach, ähm, Hauptmann..." Händel schob sich seine Brille auf die Nasenspitze: "...falls dies eine Anspielung darauf sein sollte, dass mein Mandant für schuldig befunden wird mittels Gift den Mord begangen zu haben, mache ich Sie darauf aufmerksam, dass, als mir der Einsatzbericht ausgehändigt wurde, der entsprechende Untersuchungsbericht nicht vorlag."
"Stimmt. Den Bericht hatte ich zuvor entnommen."
Händel grinste süffisant. "Ein-spruch!"
"Abgelehnt!", erwiderte Vetinari. "Die Herausgabe polizeilicher Geheimakten ist nicht verpflichtend sondern obliegt der Entscheidung entsprechender Dienstgrade."
"Mag sein, aber sie sind verhandlungsrelevant!"
"Nun.", meldete sich Arghast zu Wort: "Bislang noch nicht. Erst jetzt durch den Einfall des Hauptmannes. Zuvor behandelte der Fall lediglich die Zyankalikapsel, Herr Händel."
Die Mundwinkel des Anwaltes sanken auf zwanzig nach acht.
"Curare ist weißes, zudem geruchloses Pulver. Wie es trotz der Kontrollen auf die Wurst gelangen konnte ist mir dennoch schleierhaft.", fuhr Daemon fort. "Allerdings stelle ich nun folgende These auf: Herr Huck war als Koch beschäftigt, hat die Wurst irgendwie trotz der Kontrollen präparieren können. Laut Mister Robins Aussage besorgte er ungefähr drei Minuten vor zwei Uhr einen Fressteller für Miss Helena. Er bekam von dem Koch, den er nicht als den Bruder seiner Adoptivschwester erkannt hatte den entsprechend präparierten Teller, ohne von der Kapsel zu wissen. Der Gefreite Schizzel und der Oberstabsspieß Harry konnten natürlich auch nicht mehr sehen, als das, was auf dem Teller lag. Nun könnte, bitte beachten Sie das bitte Herr Händel, könnte Mister Robin ein nicht kontrolliertes Gewürz auf die Wurst gestreut haben. Eines, das er an diesem Abend in der Jacken- oder Hosentasche mit sich führte. Nehmen wir zum Beispiel...Curare."
Robin sog Luft ein und schüttelte den Kopf. Er setzte an, etwas zu sagen, wurde jedoch von Daemon unterbrochen. "Einen Moment bitte noch, Mister Streidt. Eine Sache hätte ich da noch." Er räusperte sich. "Etwas, dass ich weder entnommen habe, noch im Bericht steht: Offenbar hatte Mister Ian Mister Huck am Freitag als Miss Helenas Bruder identifizieren können."
"Eine ungeheuerliche Annahme. Bitte um Begründung", zeterte Händel gereizt. Er war eindeutig dabei, seinen Fall zu verlieren.
"Keine Annahme. Eine nachweisbare Tatsache. Die Gefreite von Schloss Escrow observierte in der Nacht auf Sonntag die Villa Streidt, Herr Anwalt. Sie belauschte ein nächtliches Gespräch zwischen Mister Ian, Misses Elisa und Mister Russel. Womöglich ist dies auch der Grund für ihr Fehlen, aber das sehen wir gleich noch, sobald der Gefreite Bjornson wieder zurück ist. Allerdings erklärt sich durch dieses Gespräch Misses Elisas Tod. Der Grund, weshalb sie sich unter dem Dachgiebel des Hauses erhängt hat. Sie verdächtigte anscheinend Mister Ian, den Mord begangen zu haben. Können Sie sich, Mister Robin erklären, weshalb das so war?"
Robin schluckte und ignorierte das dezente Zwinkern Händels.
"Ja.", sagte er. "Das kann ich."
Händel himmelte und schlug die Hände gegen die Schenkel.
"Mein Bruder Ian liebte meine Frau Elisa. Doch dies beruhte nicht auf Gegenseitigkeit. Ich glaube, ich kannte...Elisa...gut genug, um zu glauben, was sie sich gedacht hat. Ich könnte mir vorstellen, dass sie zu dem Schluss kam, Ian hätte mir den Mord in die Schuhe schieben wollen, damit er freie Bahn hätte."
"Entspricht das ihrer Auffassung?"
"Nein. Ich kenne meinen Bruder immerhin fast fünfunddreißig Jahre. Er ist zwar hitzig und handelt oft unüberlegt, aber er hätte niemals Elisas Glück zerstören wollen...oder können."
Verenia schloss die Augen und unterdrückte neuerliches Weinen.
"Also halten Sie ihren Bruder für unschuldig?"
"Ja."
"Gut. Nun zu meiner Vermutung: Ich glaube, Sie haben das Curare über die Wurst gestreut, bevor sie sie ihrer Adoptivschwester zu Essen gaben. Sie hielt das Pulver für Gewürz."
Daemon lief nun zu seiner Höchstform auf.
"Und tatsächlich: Wir fanden bei einer erneuten Untersuchung heute Mittag unter dem, laut Anordnung noch nicht abgeräumten Bufett einen verzierten Salzstreuer, der noch immer die Reste von Curare-Pulver enthielt."
Er langte unter sein kleines Podium und holte einen gläsernen Streuer hervor. Der Rand war mit goldenen Schnörkeln verziert, der ebenfalls goldene Schraubdeckel war der Blüte einer Rose nachempfunden.
"Der Zauberwürzer!"
Eine helle piepsige Stimme ertönte.
Alle Augen richteten sich auf die kleine Marla.
Mit ihr hatte niemand gerechnet. Selbst Daemon wirkte nun ein wenig aus dem Konzept gebracht.
"Äh...bitte?"
Da stand die kleine Marla, fünf Jahre alt, mit einem Teddybären unter dem linken Arm, in einem rosafarbenen Kleid mit blauen Schleifchen, und zeigte mit der Rechten auf den Gegenstand in Daemons Händen.
"Da ist die Zauberblume drauf. Mein Papa hat das zu mir gemeint. Dann hat er mir immer erzählt, die Blume macht andere goldene Blumen, wenn man damit Salz und so streut. Dann hat man immer Gold im Bauch." Sie lachte vergnügt. "Aber da is gar kein Salz nich drinne. Der hat nämlich gemacht, dass die Tante He-Helena umfällt. Da war ja nur Meeeehl drinne. Darum hat der nich geklappt. Und wenn die Mama nich mehr auf dem Dachboden schläft, dann zeige ich ihr den...dann mach ich goldene Blumen damit..."
Daemon sah sie freundlich an.
"Und wer hat mit dem Mehl gestreut, meine Kleine?"
"Bin ja gar nich klein. Bin ja größer, als der da."
Mit einem Babyspeck-Finger deutete sie auf Harry, dem man einen Miniaturstuhl auf das Podium von Bregs gestellt hatte. Dieser brummelte vor sich hin.
"Das hat der Papa gemacht. Das hab ich unter dem Tisch gesehen. Da waren sooo viele Leute auf dem Fest..."
Der ganze Saal starrte sie an.
"Was is denn...?"

Mo, 15.Gruni. 18.04 Uhr.


Wir sehen einen Salon mit hoher Decke, verziert mit dem Howart-Stuck.
Die Wände sind gesäumt von Bibliotheksregalen, an der lang gestreckten Stirnseite des Zimmers prasselt ein Feuer im großen Kamin.
"Warum hat das, was Menschen zu sehen glauben, oft wenig mit der Realität zu tun?"
Ein Schatten verharrte.
"Warum passieren...Dinge, die unseren Verstand verdrehen? Nehmen wir die Welt wohl doch nicht richtig wahr? Wir sehen die Welt um uns herum; was wir nicht verstehen, wird von unserer Phantasie erfüllt. Können wir wirklich klar denken, oder funktionieren wir letzten Endes nur nach unseren eigenen Gedanken, die uns nicht anleiten, sondern verleiten?"
Russel Streidt atmete schwer, als er sich aus dem schweren Ohrensessel erhob und sich auf seinen Gehstock stützte. Er schnaufte ein wenig von der Hitze, immerhin saß er hier bereits seit geraumer Zeit und starrte in die Flammen. Der Zeitpunkt, an dem seine Augen begonnen hatten zu schmerzen war längst überschritten; er hatte es einfach ignoriert.
'Sehen wir der Tatsache ins Auge: Wir müssen es einfach so hinnehmen. Eine andere Erklärung gibt es nicht für deine Untätigkeit Ian."
Der Schatten bewegte sich unmerklich, als Russel ein Fenster öffnete.
Er drehte sich vom Fenster weg und sah in den Raum hinein, versuchte mit zusammen gekniffenen Augen etwas zu erkennen. "Und nun frage ich mich schlussendlich: Welcher Gedanke hat dich verleitet, Ian?"
Ian trat ebenso weit in den Raum hinein, dass der Schein des Feuers ihn ausreichend beleuchten konnte.
"Es ist meines Erachtens nach jedermanns eigene Sache, wie man sich verhält, und ob unechte Moral besser ist als keine. Jeder vertritt eine andere Auffassung, und da von dir das Relevanteste schon gesagt wurde, wiederhole ich das nicht noch einmal, Russel."
Ian wandte sich wieder ab und trat in den Schatten zurück, während Russel sich wieder zum Kamin drehte; er stocherte mit seinem Gehstock im Feuer herum.
"Du nimmst dir zu viel heraus. Deswegen bist du auch hier: Du glaubst, dass ich Schuld an Elisas Entscheidung bin. Moral ist eine Tugend, Ian."
"Es obliegt dir nicht zu bestimmen ob Elisas Antwort verletzend oder beleidigend ist, da du dies nicht für andere einschätzen kannst, höchstens für dich selbst. So was nennt man dann Anmaßung und das ist keine Tugend."
Russel Streidt lächelte.
"Die Tatsache das es nur am Rande interessiert lässt sich für mich anhand suboptimaler Konsequenzen über dieses Thema erschliessen, da nicht mehr viel geschehen wird. Immerhin ist sie nun tot. Was also willst du hier?"
"Du redest immer so von oben herab, Vater...welche Arroganz! Welches Versagen. Das alles wäre niemals geschehen, hättest du damals nur dein Herz erweichen können für Helenas Bruder. Hättest du ihn nur adoptiert!"
Ein Schemen flog durch das offene Fenster und Russel würgte. Etwas prallte gegen ihn und er wankte röchelnd mit aufgerissenen Augen. Ian stieß einen Namen aus, als er die Gestalt erkannte, die das Oberhaupt der Streidts in den Kamin stieß.

Mo, 15.Gruni. 19.18 Uhr.


Die Tür des Gerichtssaales sprang auf.
Bjorn Bjornson kam herein gepoltert.
"Euer Lordschaft...Lord Vetinari. Wir haben es nicht mehr ändern können, Sör." Er schnappte nach Luft. "Mister Russel Streidt ist tot. Er ist verbrannt und Mister Ian Streidt liegt im Sterben."
Stille trat ein.
Lediglich Drumknotts Tippen war noch zu vernehmen.
"Jemand ist durch ein offenes Fenster in die Streidt-Villa eingedrungen und hat dort Feuer gelegt. Auch die Leiche einer Hündin konnten wir dabei aus dem Feuer retten. Der Mob hat sich bereits im Mondteichweg versammelt und die Reporter waren auch schon dort. Sie haben uns bis hierher verfolgt und versammeln sich nun vor dem Palast, Herr. Wir bringen derzeit Mister Ian hierher, dafür haben wir einen Umweg gewählt, Herr."
Die Stille endete, als von draußen das Raunen einer großen Menschenmenge hörbar wurde und vereinzelte Blitze aufleuchteten. Es waren nicht die Blitze des Gewitters.
Vetinari massierte sich die Schläfen und schloss die Augen.
Die Wächter, die gerade Robin und Timothy abführen wollten blickten fragend zu ihren Vorgesetzten.
Humph sprang auf.
"Eine Hundeleiche sagst du?"
Er trat vor Timothy, der versuchte sich aus dem Griff seiner Wächter zu befreien.
"Zeigen Sie Ihre Hände, Mr. Huck!"
Er packte sie und drehte sie mit den Handschellen um, dass Timothy die Tränen in den Augen standen.
"Meine Damen und Herren Geschworenen, hohes Gericht, Herr Händel: Jetzt ist die Verbindung klar: Hundebisse und Ruß unter den Fingernägeln!"
Er wandte sich dem gesamten Saal zu.
"Herr Huck ist eindeutig des Mordes, des versuchten Mordes und der Brandstiftung überführt. Ebenso Mister Robin des Mordes an Miss Helena."
Es dauerte einige Minuten, bis abermals Ruhe einkehrte.
Vetinari blickte zu Daemon und Araghast, auch zu Herrn Händel, die wie auf den Schlips getreten dreinschauten.
Dann verkündete er: "Meine Damen und Herren Geschworenen: Wir erwarten ihr Urteil."

Di, 16.Gruni. 06.00 Uhr.


Das Bild des verstümmelten Ian sorgte für viel Aufregung.
Für was auch sonst?
Die Zeitungen verkauften sich beinahe von selbst. Ob nun Magazine, Klatschblätter oder seriöse Zeitungen: Jede hatte die Berichte ihrer Reporter abgedruckt.
Eine Ausgabe der Times landete auch in den Zellen des Patrizierpalastes.
Die Titelseite zeigte oben links das Bild des versterbenden Ian und rechts unten das eines Reporters mit Halbglatze, der einen Daumen nach oben hielt.
Die große Überschrift lautete: "Streidt unter Geschwistern"
Robin fand auch noch Jahre danach in seiner Zelle nichts Witziges daran.
Und auch Timothy, als man den Fall nach sechs Wochen für endgültig abgeschlossen erklärt hatte, überlegte noch während man ihm die Schlinge um den Hals legte, über den tieferen Sinn dieser Worte.

Vor etwa dreißig Jahren...


"Aber, Herr Großmut...?"
"Du musst nicht traurig sein, mein Junge."
Ein kleines Kind, etwa sieben Jahre alt sah aus wässrigen Augen zu dem großen, älteren Mann auf. Ein blauer Plüsch-Elephant klemmte unter seinem Arm.
"Bald schon wirst du deine Schwester wieder sehen..."
Sie blickten aus dem Fenster nach draußen auf die Straße unter ihnen, wo ein junges Ehepaar mit ihren beiden Söhnen seine Schwester weg brachten.
"...irgendwann..."
Der Junge stand auf einem Stuhl, der gefährlich kippelte, als er einen Namen schrie, doch sie hörte es nicht.
"...Vielleicht will sie gar nicht, Herr Großmut..."
"Ach was..."
Er strich dem Jungen durch sein rotes Haar und klopfe ihm auf die Schulter.
"...der Mann war böse...er hat mich gar nich gemocht..."
"Ach, Timothy...ihr werdet euch wieder treffen! Ganz bestimmt!"
Die Sonne ging unter und bildete einen rötlichen Schein über den Dächern Ankh-Morporks.
Der Junge wischte sich eine Träne aus den Augen und presste die Zähne zusammen, bis es knackte. Herr Großmut strich ihm über die Wange.
"Man sieht sich immer zweimal im Leben..."



[1]  Die Pokalsingle ist in unterschiedliche Zeitszenen unterteilt. Wer mit den Zeitwechseln Probleme haben sollte, der kann selbstverständlich auch nach der zeitlichen Reihenfolge lesen. Diese sieht dann wie folgt aus:

- Fr,12.Gruni 13.40 Uhr
- Fr,12.Gruni 17.03 Uhr

- So,14.Gruni 00.29 Uhr

- Mo,15.Gruni 18.04 Uhr
- Mo,15.Gruni 18.14 Uhr
- Mo,15.Gruni 18.22 Uhr
- Mo,15.Gruni 18.29 Uhr
- Mo,15.Gruni 18.47 Uhr
- Mo,15.Gruni 19.03 Uhr
- Mo,15.Gruni 19.04 Uhr
- Mo,15.Gruni 19.05 Uhr
- Mo,15.Gruni 19.12 Uhr
- Mo,15.Gruni 19.18 Uhr
- Mo,15.Gruni 19.31 Uhr

- Di,16.Gruni 06.00 Uhr

- Vor etwa 30 Jahren...

So. Das war mal wieder ein Vorwort a lá Stiefel.
Viel Spaß beim Lesen :)





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Feedback:

Von Huitztli Pochtli

01.11.2008 13:58

Eine gut geschriebene Geschichte.Leider habe ich im späteren Verlauf etwas den Überblick verloren, was aber eher an meiner Konzentration gelegen haben dürfte. Trotzdem konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Single etwas zu abrupt endete.

Von Laiza Harmonie

01.11.2008 13:58

Auf einer Bahre liegen übrigens nur Tote ;-) Du vergisst bei deiner Datumsangabe vollkommen den Oktotag, zudem hast du dich bei den Zeitangaben sowas von verhauen... Z.b.: um 19.12 sind Ruppert und Bjorn vor der Streidt Villa, um 19.18 haben beide schon die Villa erkundet, Ian transport angeleiert und sind zum Patrizierpalast geeilt und platzen in die Verhandlung.Plötzlich ist diese Elisa tot - was ich quasi neben bei am Mo 15.Gruni erfahren hab, obwohl sie am So 17. Gruni noch quicklebendig war ... .Äh???Zudem kann man sich meines Erachtens gar nicht unter dem Dachgiebel aufhängen, da ein Dachgiebel eine Wand bezeichnet und nicht den Bereich unter dem Dach...Aber Harry als Brunnenfigur gefiel mir ^^

Von Jack Narrator

01.11.2008 13:58

Hi und Ho,warum hat Robin seine Schwester umgebracht? warum ist ein drittel der Stadtwache bei dem Fest? Ich glaube Bregs würde da jemanden höchstpersönlich erklären das es kein Buffet gibt.Kein Wächter, oder Angestellter hat sich am Buffet nachher zuschaffen gemacht? Da hätte man das mit dem Gift schöner anbringen können.Bei dem Curare hättest du nen Vermerk machen sollen.Für Personen könntest du auch Synonyme verwenden, damit nicht ständig der Name erscheint. Das ist für den Leser einfach angenehmer.

Von Kathiopeja

01.11.2008 13:58

Also vom Prinzip her eine hübsche Idee. Aber ein paar Fragen drängen sich schon auf.Warum bringt Robin Helena um? Der Grund wird in der Single nicht geklärt.Warum bringt Elisa sich um?Und warum bringt Timothy seine Schwester um und nicht deren neue Familie? Sie kann doch nicht wirklich viel dafür, von wem sie adoptiert wird. Außerdem fand ich einige Wortwiederholungen störend. Es ist sehr schön, dass du viel beschreiben möchtest. Nur bitte gib darauf Acht, dass du nicht zu viele Informationen in einen Satz quetschst. Ich bin auf ein paar Kastensätze gestoßen, die zwar grammatikalisch okay waren, aber vom Klang her einfach "hässlich".Im Großen und Ganzen hat mir das Abteilungsleben etwas gefehlt. Es wurden zwar eine Menge DOG erwähnt, aber das Hauptaugenmerk lag doch auf der Gerichtsverhandlung.Die Mehrheit der Worte war aber in meinen Augen gut eingebracht.

Von Glum Steinstiefel

01.11.2008 15:42

Hu...ja, ne?

Also:

Es fällt mir verdammt schwer kurze Geschichten zu schreiben, in meinen Augen sind 9000 Wörter bereits eine kurze Geschichte. Außerdem hätte ich den Fall gerne besser ausgebaut, davon einmal abgesehen, dass ich wahrscheinlich alle Details so sehr im Kopf hatte, dass ich einfach verschlampt habe, sie mit einzubauen, weil es mir eben gar nicht erst aufgefallen ist. Was die Zeiten anging, da war ich im Nachhinein auch selbst noch am Rätseln. Ein paar Sachen haben nicht gepasst, das ist klar, ich musste auch ein Stück Verhandlung und zwei weitere Streidt-Szenen, sowie eine Ermittlungsszene der DOG herausnehmen, was wieder einmal tödlich enden musste.

Aber nun zu den Fragen:

1.) Robin hat Helena umgebracht, weil...nun, weil er es nicht wusste. Immerhin hat ihm Timothy ja eine präparierte Mahlzeit gegeben, die er dann wiederrum Helena gab. Also ich finde, dass diese Tatsache durchaus im Text erklärt wird (mehrfach sogar).

2.) Und je nun, das Buffet...ich brauchte einen Grund, die Wurst mit in die Story einzubringen...denn gleich nach der Eiswaffel, war der Debrecziner ein Wort, bei dem ich mir echt nicht weiterzuhelfen wusste. ( Übrigens entstand der ganze Fall überhaupt erst dadurch, dass ich mir eine Krakauer gekauft hatte und sie knackte, als ich hineinbiss :wink: )

3.) Den Curarevermerk gab es zwar zunächst, aber auch diesen kürzte ich anschließend wieder heraus, da ich die benötigten Eigenschaften bereits im Text verständlich erwähnt hatte.

4.) Was die Synonyme angeht: Es war nicht leicht, für eine Familie, die nun einmal komplett Streidt heißt und ansonsten dem Leser zu unbekannt ist, geeignete Umschreibungen zu geben. Außerdem, auch wenn es nicht gerade schön ist, hilft die direkte Namensbennenung in einem solch verdrehten Fall dem Verständnis auf die Sprünge. Ansonsten habt ihr ja vollkommen recht - ich kann Wiederholungen selber nicht leiden

5.) Warum Timothy seine Schwester umbringt? Na, er ist eben ein Püschopat. Was soll man da sagen? Sowas kennt man bestimmt auch aus diversen Filmen, auch, wenn mir spontan keiner einfällt.

6.) Nun, verdrehte Sätze fließen einfach aus mir heraus, in der Tat rede ich auch oftmals in langen, verdrehten Sätzen. Ich bemühe mich immer, dies in meinen Storys zu vermeiden; es fiel mir entsprechend gar nicht auf, im Nachhinein übrigens immer noch nicht.

7.) Natürlich kommt es auch auf das Abteilungsleben an, vielleicht jedoch eher als Richtlinie, denn als absolute Bedingung einer Pokalsingle. So lässt sich jedenfalls aus einigen der diesjährigen Pokeys schließen...insgesamt vermisse ich dort auch öfters das Einbringen der Abteilungen *hüstel*, was natürlich keine Entschuldigung meinerseits sein soll.

8.) Auf einer Bahre liegen nur Tote? Und was ist mit den Krankenwagen und Notdiensten?

9.) Oktotag? Ist der im Gruni? Den Gruni habe ich übrigens gewählt, weil er der mir einzige bekannte Scheibenweltmonat ist...natürlich soll auch dies keine Entschuldigung sein.

10.) Elisa hat sich erhängt, weil sie mit dem kalten Vorgehen der Familie, zumindest glaubt sie, dass es kalt wäre, nicht klar kommt...ursprünglich gab es auch eine Szene, in der sie von Timothy indirekt bedroht wurde.



Es tut mir Leid, dass so viele Fragen offen geblieben sind, ebenso, wie Ungereimtheiten, aber als ich den ersten Gerichtsabschnitt schrieb, war mir bereits klar, dass es so enden würde. Verhandlungen sind eben schwer. :roll:

Es ist schade, dass ich dieses Jahr den DOG-Schnitt gedrückt habe, aber Aufgeben werde ich nicht. Es tut mir trotzdem leid DOGs :(

Von Hatscha al Nasa

02.11.2008 22:15

[offtopic] Es braucht dir nicht Leid zu tun, Glum, im Gegenteil, die DOG ist dir sehr dankbar, dass wir überhaupt einen Schreiber im Oktober hatten. Eine Chance auf den Pokal hatten wir dieses Jahr doch spätestens nach August eh nicht mehr, wo wir gar keine Geschichte eingereicht hatten. Von daher: Danke für's Schreiben, es war wirklich eine nette Geschichte! [/offtopic]



Zur Single: Was ich nicht so ganz kapiert hatte, war, wieso die DOG diesen Fall bekommen hatte ;-) War für mich nicht unbedingt ein DOG-Fall. Aber ok.

Von Glum Steinstiefel

02.11.2008 22:41

Weil ich ursprünglich den Timothy aus der Bäckergilde nehmen wollte, aber dann habe ich das im Schreibfluss irgendwo unter den Teppich gekehrt...

Von Kannichgut Zwiebel

03.11.2008 08:10

[quote="Glum Steinstiefel"]5.) Warum Timothy seine Schwester umbringt? Na, er ist eben ein Püschopat. Was soll man da sagen? Sowas kennt man bestimmt auch aus diversen Filmen, auch, wenn mir spontan keiner einfällt.[/quote]Auch ein Psychopath hat in der Regel ein Motiv. Möglicherweise ist das für andere nicht nachvollziehbar. Es gibt aber einen kleinen, eingeschworenen Kreis von Leuten, die sich rühmen, selbst die Motive von Psychopathen deuten zu können. Die nennt man in unserer Wache liebevoll Püschologen. ;)


[quote="Glum Steinstiefel"]Hu...ja, ne?

8.) Auf einer Bahre liegen nur Tote? Und was ist mit den Krankenwagen und Notdiensten?[/quote]Krankenwagen und Notdienste benutzen in der Regel Tragen, glaub ich. Ich bin allerdings grad nicht sicher, ob's auch tragbare Tragbahren gibt ...


[quote="Glum Steinstiefel"]
9.) Oktotag? Ist der im Gruni?[/quote]Oktotage gibt's in jedem Monat, sogar in jeder Woche. Eine Scheibenwelt-Woche hat acht Tage. Der achte ist eben der Oktotag.


[quote="Glum Steinstiefel"]Es ist schade, dass ich dieses Jahr den DOG-Schnitt gedrückt habe, aber Aufgeben werde ich nicht. Es tut mir trotzdem leid DOGs[/quote]Wenn du dich für den Pokal anmeldest und dann keine Geschichte ablieferst, [i]dass[/i] sollte dir Leid tun. Wenn die Geschichte dir Leid tut, hättest du sie nicht einreichen sollen, wenn nicht, dann brauchst du dich auch nicht dafür zu entschuldigen. 8)

Von Laiza Harmonie

03.11.2008 08:37

[quote="Kannichgut Zwiebel"]
[quote="Glum Steinstiefel"]Hu...ja, ne?

8.) Auf einer Bahre liegen nur Tote? Und was ist mit den Krankenwagen und Notdiensten?[/quote]Krankenwagen und Notdienste benutzen in der Regel Tragen, glaub ich. Ich bin allerdings grad nicht sicher, ob's auch tragbare Tragbahren gibt ...
[/quote]

Zwar können die Tragen auch manchmal als Tragbahren bezeichnet werden ... aber glaub mir Glum meine Eltern kommen beide aus der Medizin und haben mir schon von klein auf eingebläut "Das heißt Trage! Auf Bahren liegen nur Tote." ^^

Von Glum Steinstiefel

03.11.2008 21:04

Je nun...die olle Bahre bzw. Trage...Himmel, es ist ein Missverstaendnis.

Und das mit der Pueschopatenerklaerung - dafuer brauchte ich deutlich mehr an Zusatzworten, als es der gemeine Pokalrahmen zulaesst. Bin ja ohnehin nach wie vor fuer eine Erhoehung auf 11000 Worte... :roll:

Von Ophelia Ziegenberger

08.11.2008 11:16

So, es ist Wochenende und ich komme endlich mal wieder dazu, meinen Kram abzuarbeiten. Unter anderem wollte ich doch noch meine Kritik hinterher schieben, denn gelesen habe ich deine Single auf jeden Fall. Relativ unstrukturiert und auch nicht lange formuliert: Die Einstiegsszene fand ich sehr gut gewählt. Diesen typischen Auswuchs von Sensationsjournalismus hatte ich schnell lebhaft vor Augen beim Lesen. Danach wurde der Plot für mich schnell verwirrend. Ich meinte alle Nase lang etwas überlesen zu haben oder über eine schwer einzugrenzende Logiklücke zu stolpern, ohne sie benennen zu können. Einige der Punkte wurden hier schon angesprochen, weswegen ich mir das spare. Die Plotidee mit den getrennt aufgewachsenen Waisen und deren daraus resultierenden Gefühle und Handlungen war vielversprechend. Das "fehlende" Motiv der männlichen Waise dagegen störte auch mich ungemein - einen Mord in einer Geschichte als Werk eines Psychopaten abzutun und sich so vor dem Ausarbeiten der Beweggründe und tieferen Hintergründe zu drücken, ist meiner Meinung nach ein absolutes No-Go!

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