Jugendliche Bandenkriminaltität ist in Ankh-Morpork Gang und Gebe. Jedoch eskaliert die Rivalität zwischen zwei Jugendbanden so sehr, dass sich S.E.A.L.S. gezwungen sieht, einzugreifen.
Dafür vergebene Note: 12
Rea Dubiata stand hinter ihrem Schreibtisch, die Fingerknöchel auf die Tischplatte gestützt und starrte auf die aufgeschlagenen Unterlagen. Dann hob sie den Blick und richtete ihn auf die drei Szenekenner.
"Vier Beschwerden allein diese Woche", seufzte sie. "Diesmal gingen nicht nur mehrere Scheiben zu Bruch, es wurden auch einige Passanten verletzt"
Der Szenekenner Damien Bleicht starrte nachdenklich ins Leere. Jugendbanden... In dieser Stadt hatte es sie schon immer gegeben. Auch Kämpfe waren nicht ungewöhnlich. Allerdings hatte die Abteilungsleiterin recht. Speziell die Auseinandersetzungen zwischen den Porkers und den Mörsern wurden in letzter Zeit immer häufiger und heftiger. Worum es bei solchen Kleinkriegen ging, war unterschiedlich. Meist ging es bei Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Straßenbanden um Revierfragen, manchmal auch um Kontrolle des Schwarzhandels oder ähnliches. Zumindest von den Mörsern wusste er, dass sie öfters mal mit Diebesgut oder Drogen handelten. Mit den Porkers war er nicht so vertraut, vermutete bei ihnen aber ähnliches. Vielleicht ging es also um geschäftliche Rivalitäten, vielleicht hassten sich die kleinen Mistkerle auch einfach bloß mit leidenschaftlicher Inbrunst. Vermutlich sogar beides. Doch die Gründe die sie für ihre kleinen Partys hatten waren letztendlich irrelevant. Ausschlaggebend war, dass sie ihre Zwistigkeiten, die die meisten Banden in dunklen Gassen austrugen, wo die gutbürgerliche Bevölkerung sie nicht sehen musste, nun in immer öffentlicherem Territorium außerhalb der Schatten verlegten, woraufhin natürlich der Aufschrei des Volkes folgte. Und plötzlich kamen Bürger, die sich nie um Jugendkriminaltät geschert hatten, zur Wache und beschwerten sich über die Zustand auf Morporks Straßen.
Rea Dubiata wirkte jedenfalls ob der Entwicklung sichtlich angespannt. Das Problem war, dass man nie vorraussagen konnte wann oder wo die Porkers und die Mörser das nächste Mal aufeinanderprallen würden. Und selbst wenn die Wache rechtzeitig eintraf, so sah sie meist nur noch ein paar flüchtende Jungs die sich im Nachhinein nur noch schwer identifizieren ließen. Etwas Handfestes nachweisen konnte man den Jugendgang letztendlich nicht. Die Wache hätte zur Stelle sein müssen noch während, der Kampf im Gange war, und das mit ausreichend Leuten. Und selbst dann konnte man nur schwer verhindern dass sich so etwas wiederholen würde. Der größte Erfolg wäre es sicherlich, die Anführer der jeweiligen Banden dingfest zu machen, wenn sie denn einen hatten. Erfahrungsgemäß lösten sich Jugendgruppierungen schnell auf, wenn sich nicht rechtzeitig ein charismatischer Nachfolger fand. Doch von so einem Ergebnis waren sie weit entfernt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie so gut wie nichts in der Hand um das Ausmaß der Krawalle auch nur ansatzweise einzudämmen. Ihre Bemühungen diesbezüglich waren momentan so effektiv wie eine durchgeweichte
Eiswaffel beim Aufhalten von fünf Kugeln Vanille.
Und daher beschloss die Abteilungsleitung anders anzusetzen. Rea sprach sowohl mit sämtlichen Informantenkontanktern, als auch mit den Szenekennern. Alle sollten so viel über die Gruppen in Erfahrung bringen wie sie können.
"Ich habe Ettark im speziellen auf die Porkers angesetzt. Nach eigenen Aussagen verfügt er über einige Informanten, die ihn eventuell näher an sie ran bringen könnten." Sie wandte sich an Damien. "Damien, ich möchte, dass du dich an die Mörser wendest. Du kennst die Jungs, nicht wahr?"
Damien blickte Rea in die Augen. "Das stimmt Madam. Allerdings mag ihr Anführer mich nicht besonders. Ich glaube kaum, dass ich viel ausrichten kann."
Rea seufzte. Das waren ja tolle Aussichten. Dann fasste sie sich und erwiderte: "Das mag sein Damien, doch ob du ihre Sympathien auf deiner Seite hast oder nicht, ausschlaggebend ist erst einmal nur, dass du an sie herankommen kannst, besser als der Rest von uns. Vielleicht kannst du dennoch irgendetwas erreichen, was uns nützen kann. Wir müssen jede Chance nutzen."
Es dauerte eine Weile bis er sie gefunden hatte. Die Mörser hatten nie einen festen Treffpunkt, aber es gab einige Anlaufstellen. Damien fragte sich quer durch die schattenwärtigen Straßen , wo sie sich häufiger herumtrieben. Schließlich fand er sie, nach einer gefühlten Ewigkeit.
Die Mörser. So von weitem betrachtet sahen sie bloß wie ein Haufen jugendlicher Tagediebe aus.
Langsam näherte sich Damien den Jungs. Sie mochten alle so im Alter zwischen 14 und 17 Jahren sein. Ihr Anführer war deutlich sichtbar einer der älteren unter ihnen.
Anführer... Damien wusste aus eigener Erfahrung, dass es in jugendlichen Gruppen dieser Sorte meist keine klar abgesprochenen Hierarchien gab. Das hieß aber noch lange nicht, dass es nicht so etwas wie eine Rangfolge gab. Die entwickelte sich mit der Zeit ganz von allein, ebenso wie die Bande selbst. Irgendwann stellte sich immer heraus dass irgendein Mistkerl ein wenig stärker, klüger oder einfach nur bösartiger war, als der Rest. Oft trafen auch mehrere dieser Optionen gleichzeitig zu. Meistens war es so, dass mindestens Option 1 oder 3 erfüllt sein mussten, um sich über eine ganze Horde in Morpork aufgewachsener Jungen zu erheben. Nur Klugheit allein nützte in den meisten Fällen leider nichts.
Und so war dies wahrscheinlich einer der Gründe, warum der Junge, der ein wenig im Abseits sein Kumpanen kauerte, nicht an der Spitze der Gruppe stand. Lars war sein Name, so glaubte Damien sich zu erinnern. Im Schnelldurchlauf spulte er das wenige was er über ihn wusste in seinem Gedächtnis ab.
Lars Winters. 15 oder 16 Jahre alt. Schlau. Bastelt gerne Schleudern und andere neue Waffen für die Jungs. Scheu im sozialen Kontakt. Hat panische Angst vor... "Was willst
du hier?", wurde er in sein Gedankenlauf unterbrochen.
Ah ja. Der Anführer. War Klugheit definitiv ein Vorteil den auch der junge Cornelius zumindest teilweise sein Eigen nennen konnte, so gaben doch vor allem seine Schnelligkeit, vielmehr jedoch noch seine Verschlagenheit den Ausschlag. Er war nicht einmal unbedingt der Stärkste in der Gruppe, um ihn herum machte Damien durchaus ein paar Kraftpakete aus. Allerdings war er schnell. Er hatte gesehen wie der Bursche während eines Streites blitzschnell hinter seinem Gegenüber war und ihm den Arm schmerzhaft auf den Rücken gedreht hatte, noch bevor dieser aufschreien konnte."Corny die Natter" nannten sie ihn. Wahrscheinlich hatte er sich diesen lächerlichen Spitznamen selbst gegeben.
Inzwischen war auf gleicher Höhe mit der Gruppe, und die Natter blickte ihn verächtlich an.
"Ich freue mich auch dich zu sehen, Cornelius", sagte er trocken. Nicht ohne Genugtuung fiel ihm das kaum sichtbare Zucken im Gesicht des Jungen auf. Corny mochte es nicht, wenn ihn jemand bei seinem richtigen Namen nannte.
"Was
willst du, Bleicht?" Corny gab sich keine Mühe, die Verachtung in seiner Stimme zu verbergen
Damien wusste genau, dass der Junge ihn nicht mochte. Die anderen Jungs begegneten ihm mit Misstrauen, doch in dieser Gegend misstraute sowieso jeder jedem. Eine gewisse Grundparanoia gehörte in diesem Millieu einfach dazu. Doch bei Cornelius lag der Fall anders. Die Art und Weise auf die der Junge ihn ansah... Mochte er ihn auch nicht durchschauen, er vermutete zweifellos dass mit Damien etwas nicht stimmte. Damien hatte genug Vermutungen, die Gründe für Cornys Misstrauen betreffend. Zum Beispiel dass er kaum noch Kontakte zu Leuten unterhielt, die er aus seiner eigenen Zeit als Mitglied jugendlicher Straßenbanden kannte. Zudem war der Dealer Vladimir Markov ein geschätzter Geschäftspartner der Gang gewesen. Kurz vor dessen Festnahme im letzten Jahr hatte sich Damien öfters in seiner Nähe aufgehalten. Ob der Junge ahnte, dass er etwas mit Markovs hastigem Aufbruch aus der Stadt, nachdem er wieder freigelassen wurde, zu tun hatte?
Doch all das waren nur Vermutungen. Paranoia konnte er sich jetzt nicht leisten.
"Ich habe gehört, dass ihr Jungs in Schwierigkeiten seid", setzte Damien an.
Corny kniff die Augen zusammen, während hinter ihm vereinzelte andere Jungs, verstohlen zu Boden oder ins Leere blickten.
"Schwierigkeiten?", wiederholte Cornelius. Der höhnische Unterton war nicht zu überhören. "
Wir sind garantiert nicht diejenigen mit den Schwierigkeiten."
"Nun, dann könntet ihr bald welche bekommen", erwiderte Damien kühl
"Und was soll das heißen?" Cornelius' Blick blieb fest auf die kreideweiße Miene des verdeckten Szenekenners gerichtet.
"Du weißt genau was das heißen soll, Cornelius. Ihr Jungs verhaltet euch in letzter Zeit unvorsichtig. Wenn ihr euch nicht zurückhaltet könnte das gewisse Leute... verärgern."
Corny die Natter lachte verächtlich auf. "Soll das dein armseliger Versuch einer Drohung sein,
Bleichgesicht?"
"Ich drohe euch nicht. Ich beschütze euch. Solltet ihr eure pubertären Aggressionen nicht in den Griff bekommen, wird das Leute auf den Plan rufen, vor denen nicht einmal ich euch beschützen kann."
Jetzt brach nicht nur Corny in Gelächter aus. "Du meinst das wirklich ernst. Du redest wie jemand, der tatsächlich glaubt, er hätte
Einfluss! Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Du läufst in dieser Stadt herum, auf diesen Straßen,
unseren Straßen und tust so, als wärst du die große Nummer. All das bemühte Einschüchterungsgetue, das Herumgeprahle dass deine sogenannten 'Auftraggeber' sauer würden wenn man dies oder jenes in ihrem Revier täte. Dabei ist das alles nur ein Haufen Scheiße den du von dir gibst"
"Willst du deine Aussage tatsächlich auf Wahrheitsgehalt prüfen?" Damien trat näher an den Jungen heran. Seine bleiche Miene blieb wächsern und ausdruckslos, als er sprach: "Ich warne dich jetzt zum letzten Mal, Cornelius. Euch alle. Haltet euch zurück. Haltet euch aus dem Drogenhandel oder weswegen auch immer ihr euch mit den Porkers in den Haaren liegt, zurück. Das nächste Mal, wenn ihr Chaos anrichtet, werden die zuvor erwähnten Leute verärgert sein. Und das werdet ihr nicht mögen. Die Konsequenzen werdet ihr ganz und gar nicht mögen." Inzwischen hatte sich ein Kreis um Damien gebildet der langsam enger wurde. Damien blieb unverändert stehen und starrte weiterhin den Bandenführer an, der sich mit ihm im Zentrum des Kreises befand.
"Worte, Worte, nichts als Worte", höhnte Corny. "Das ist alles was du zu bieten hast. Nun, der große Troll, den du sonst immer im Schlepptau hast, ist diesmal nicht hier, um die Drecksarbeit für dich zu erledigen. Ohne den Felsen bist du nichts. Was hindert uns daran, dich hier und jetzt zu erledigen?"
"Dann tu es", sagte Damien. "Tu es, und sieh was passiert."
Sie starrten sich an. Die Stille surrte und brummte um sie herum. Einige unendliche Augenblicke lang geschah nichts.
Dann sagte die Natter: "Lasst ihn gehen."
Der Kreis löste sich auf. Die Blicke blieben weiter auf Damien gerichtet, der langsam zurücktrat.
"Geh, Bleicht. Du bist eine Witzfigur an der wir uns nicht die Finger schmutzig machen. Treib nur weiter deine kleinen Spielchen. Jeder braucht eine Beschäftigung."
"Ich habe euch gewarnt", sagte Damien, während er sich entfernte. "Ihr solltet darüber nachdenken." Dann war er fort.
Damiens Berichterstattung hatte die Abteilungsleiterin nicht gerade erfreut. Etwas resigniert hatte sie ihn gebeten, weiter dran zu bleiben, was er auch tat. Doch in den folgenden Tage gelang es ihm nicht, ein weiteres Mal Kontakt zu den Mörser aufzunehmen. Gelegentlich sah er einzelne Mitglieder der Gruppe auf den Gassen, die ihm aber konsequent aus dem Weg gingen und ihn misstrauisch beäugten. Von einigen kannte er die Routen, die sie oft auf dem Weg nach Hause benutzten, aber auch diese waren nicht immer zuverlässig, und es hätte ihm kaum etwas genutzt, den Jungs auf dem Nachhauseweg aufzulauern. Es war wie er Rea gesagt hatte. Er hatte nichts, womit er bei ihnen ansetzen konnte.
Ein Lichtblick folgte jedoch, als ihn einige Zeit später ein Memo des Informantenkontakters Ettark erreichte. Er hatte es geschafft, Kontakt zu den Porkers aufzunehmen und könnte eventuell ein Treffen mit ihnen arrangieren. Damien wusste noch nicht wie ihm das weiterhelfen könnte, und warum er bei den Porkers mehr Erfolg haben sollte, als bei den Mörsern, doch es war immerhin Etwas. Er beschloss, erst einmal darüber nachzudenken, bevor er sich auf ein Treffen mit den Porkers einließ.
An diesem Abend saß er in dem Büro, dass er sich mit Ruppert AgLochMoloch teilte, und brütete über den wenigen Unterlagen, die er über die Mörser besaß. Vor ihm lagen mehrere Ikonographenbilder, die er in Laufe der Zeit mit dem Nanodämon aufgenommen hatte. Oft beschattete er einzelne kleinkriminelle Elemente, zeichnete ihre gewohnten Wege und Standorte auf, von denen er meinte, dass sie ihm eventuell noch nützlich sein konnten. Auch ihre diversen Eigenschaften, oft auch hervorgegangen durch den üblichen Straßenklatsch, fanden Einzug in seine Akten. Und so erstellte er mit der zeit Charakterprofile, von denen manche mehr, manche weniger genau waren.
Nun hatte er ebendiese Profile auf dem Schreibtisch ausgebreitet, die er von Mitgliedern der Mörser hatte. Es waren nicht viele. Er grübelte, bis er das das Gefühl hatte sein Kopf würde zu rauchen anfangen. Wen konnte er einsetzen, um Cornelius aus der Reserve zu locken? Und wie konnte er die Porkers in diesem Spiel einsetzen?
Und plötzlich blieb sein blick auf der
Ikonographie eines bestimmten Jungen haften, und ein Plan formte sich vor seinem inneren Auge. Er wusste nicht, ob es ein guter Plan war. Er glaubt sogar, dass es eigentlich ein ziemlich
dummer Plan war. Er war riskant und gefährlich, und auf keinen Fall konnte er ihn der Abteilungsleitung komplett offenlegen. Aber er
könnte funktionieren. Es war ein möglicher Weg, die Jungs aus der Reserve zu locken. Und wer weiß, vielleicht schaffte er es ja sogar aus der Sache heraus ohne dass hinterher unbequeme Fragen gestellt wurden? Er bezweifelte es. Aber das war das Problem mit seinem Job: Er konnte sich Regelbrüchen nicht entziehen. In dunklen Momenten fragte Damien sich, ob er in gewisser Weise nicht sogar süchtig nach solchen Gratwanderungen war.
Er schauderte, und beschloss, nicht darüber nachzudenken. Er
konnte einfach nicht anders, als es zu versuchen. Und so traf er die nötigen Vorkehrungen.
Lars war in den Schatten aufgewachsen. Nachts durch Ankh-Morpork zu laufen machte ihm nichts aus. Er war stets ein ruhiger, schüchterner Junge gewesen, der nie einen Kampf provozierte, aber er war auch ein waschechter Morpork-Straßenköter. Wer ihn unterschätzte, konnte leicht einen Finger verlieren. Das Klappmesser war stets einer seiner besten Freunde gewesen. Ein paar der anderen Jungs hatten ihn schon mit dem Ding reden gehört. Deshalb blieb Lars meistens allein. Nur Corny nahm sich seiner an. Er hatte schnell sein Geschick im Bauen von Steinschleudern und seine Cleverness zu schätzen gelernt.
Nein, trotz seiner verschüchterten Fassade hatte Lars vor fast gar nichts Angst. Er hatte den Tod der eigenen Mutter mit angesehen, welche ihn mit einem prügelnden Stiefvater zurückgelassen hatte. Vor was sollte er also noch Angst haben außer vor...
Er blieb stehen. Aus einer Seitengasse, etwas weiter vorne, erklang ein knurrendes Geräusch. Das... Das konnte nicht sein. Wie erstarrt blieb Lars auf der Stelle. Er konnte nicht weitergehen, konnte nicht an dieser Gasse vorbeigehen, die das Grauen beherbergte...
Etwas bewegte sich hinter ihm. Blitzartig fuhr er herum, die Hand am Griff des Dolches, doch er war nicht schnell genug. Eine weiße Faust schoß ihm entgegen und er nahm nur noch das blitzende Messing des Schlagrings wahr, bevor ein Feuerwerk aus roten Lichtern hinter seinen Augen explodierte. Es knackte und seine Nase bestand nur noch aus feurig rotem Schmerz. Sein Kopf schwang mit der Bewegung von Damiens Faust mit, ebenso wie sein Arm. Blitzschnell schwang dieser zurück, das Messer in der Hand. Damiens Oberkörper schwang zurück und die blitzende Klinge verfehlte ihn nur knapp. Er nutzte den Schwung seines Ausweichmanövers und riss in einer fließenden Bewegung den anderen Arm hoch. Der Schlagstock schlug Lars' Arm nach rechts, mit solcher Wucht dass sich dessen ganzer Oberkörper mitdrehte und der Junge ihm halb den Rücken zuwandte. Damien trat zu, um die Drehung des Jungen zu vollenden und nutzte gleichzeitig den noch bestehenden Schwung seines Schlagarmes aus. Es knirschte unheilvoll, als der Totschläger auf die Schulter des Jungen prallte. Lars Beine knickten unter ihm weg und er prallte auf die Knie. Der Schmerzensschrei ob der angeknacksten Schulter konnte ihm gar nicht erst entweichen, da ihm der sofort folgende Tritt zwischen die Schulterblätter die Luft aus den Lungen presste und ihn vorwärts dem Boden entgegenkippen ließ. Hart prallte seine Stirn auf das Pflaster und er blieb benommen liegen. Doch die Pause blieb ihm nicht vergönnt, sofort wurde er wieder auf die Beine gezerrt, seine kraftlosen ihm auf den Rücken gedreht.
"Du bist gut.", hörte er Bleichts Stimme wie aus weiter Ferne an seinem Ohr. "Wärst du nicht abgelenkt gewesen, hätte ich es nicht geschafft."
Er wurde vorwärts geschoben und seine Beine konnten nicht anders als mitzulaufen. Plötzlich gelangte etwas in sein Bewusstsein, ein Geräusch. Das Knurren, das ihn vor Schreck erstarren hatte lassen, fraß sich nun schneidend und unaufhaltsam in seine Gehörgänge. Er riss die Augen auf und sah, dass Bleicht ihn auf die Gasse aus der das grauenhafte Geräusch erklang zuschob.
"Nein...", krächzte er. Er versuchte sich zu wehren, sich loszureißen, doch es war zwecklos. er fühlte sich, als sein ihm alle Kraft aus dem Körper gesaugt worden. "Nein..." brachte er etwas lauter hervor, als Damien ihn vor sich her in die Gasse stieß. Dass Knurren war nun zu einem ohrenbetäubenden fletschenden Lärm geworden und Lars
sah die Quelle aus der es hervorging.
"
Kynophobie", erklang es an seinem Ohr. "Hundeangst. Eine wirklich schlimme Sache. Du musst das überwinden, Lars."
"Nein... Bitte nicht...", wimmerte der Junge. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er den wildgewordenen Dobermann an, der am Ende der Gasse an einem ins Mauerwerk getriebenem Haken angekettet war und wild an der vollends gespannten Kette zerrte.
"Der alte Fletscher züchtet wirklich wilde Bestien heran", sagte Damien, während er Lars unaufhaltsam näher heranschob. "Es ist eine Schande, Tieren so etwas anzutun."
"Bi- Bitte..."
"Konfrontation ist die beste Möglichkeit die Angst zu überwinden, Lars! Du musst dich ihr stellen!"
"Ich kann nicht!", schrie der Junge, die Augen fest zugekniffen. Er fühlte den schlechten Atem des Tieres in seinem Gesicht, während ihm das ohrenbetäubende Gebell das Trommelfell zu sprengen drohte.
"Augen auf, oder wir bleiben die ganze Nacht hier!", schrie Damien ihn an.
Ruckartig stieß er den Jungen nach vorne. Lars schrie, doch es gab einen erneuten Ruck, als Damien ihn festhielt. Durch die Erschütterung riss er die Augen ganz von alleine auf und sah, dass das fletschende Gesicht des wütenden Hundes nun wenige Zentimeter vor dem seinen war. Nun konnte er nicht einmal mehr schreien, nur noch starren. Das Grauen erfüllte ihn so sehr, dass es eine neue Art von Ruhe in ihm erschuf.
"Gut!", hörte er Bleicht wie aus weiter Ferne. "Und nun ist es wichtig, dass du mir zuhörst, in Ordnung?"
Lars nickte wie in Trance.
"Du musst zu Cornelius gehen und ihm sagen, dass er damit aufhören muss. Ihr müsst euch von Ärger fernhalten und ihn nicht anziehen. Es gibt andere, die sich mit so etwas befassen! Nicht ihr! Wenn er weitermacht wird er es bereuen. Hast du das verstanden? Wirst du ihm das sagen?"
Lars nickte. Er gab keinen Ton von sich.
"Gut! Dann gehen wir jetzt hier weg..." Langsam zog er den Jungen von der Bestie weg. während sie sie sich langsam entfernten, starrte der Junge weiterhin wie gebannt auf den Hund.
"Ich bin nicht in Panik geraten...", murmelte er.
"Was?", erwiderte Damien irritiert.
"Ich... hab keine Angst mehr... irgendwie..."
"Ähm... Gut gemacht. Hab ich doch gesagt." Es war seltsam auf diese Weise mit einem Jungen zu reden, den er eben noch gefoltert hatte. War da etwa Dankbarkeit in seiner Stimme? "Aber nun komm endlich, Junge. Wir müssen hier weg, bevor..."
Er wurde von einem knirschenden Geräusch unterbrochen.
Suboptimal, dachte Damien. Er hatte befürchtet dass das passieren würde. Die Kette war in einem schrecklichen Zustand gewesen. Ein grässliches Geräusch erklang, als die bis zum Bersten gespannte Kette... barst. Bevor Damien reagieren konnte, hatten seine Reflexe schon den Körper übernommen. Er riss den Jungen mit sich, als er sich zur Seite warf. Der tierische Berserker verfehlte sie nur knapp, schoss über sie hinweg und prallte gegen die gegenüberliegende Wand.
So schnell es ihm möglich war taumelte Damien auf die Beine, zerrte den Jungen hoch und aus der Gasse hinaus, während der Hund noch aufzustehen versuchte.
"Komm schon. Lauf!"
Während Damien beschleunigte hörte er hinter sich die charakteristischen Geräusche eines wütenden Hundes, der gerade auf die Beine gekommen war. Der Junge, den er immer noch am Schlafittchen gepackt hatte, war selbst kein schlechter Läufer, hatte aber in Anbetracht seines Zustandes Mühe mitzuhalten.
Inzwischen raste der Köter hinter ihnen her, das wusste Damien. Doch zumindest hatten sie einen kleinen Vorsprung, den das Biest jedoch schnell aufholen würde. Er musste den Jungen aus der Schusslinie schaffen und das Tier irgendwie abhängen. Ein paar Meter geradeaus kreuzte sich die Straße.
"Wir trennen uns!", rief Damien.
Sie erreichten die Kreuzung und Bleicht stieß Lars von sich. Er taumelte in die nach rechts abzweigende Straße, während Damien geradeaus weiterhastete, den Köter auf den Fersen. Lars stolperte einige Schritte vorwärts, bevor er zusammenbrach. Was zur Hölle war das gewesen? Er begriff selber noch nicht so genau, was in den letzten Minuten passiert war, doch irgendwie war es auch egal. Er hatte einer wildgewordenen Bestie direkt in die Augen geblickt und war nicht in Panik ausgebrochen. Diese Erkenntnis überschattete alles, die Schmerzen, die Angst, die Wut übert Bleichts hinterhältigen Angriff... Das alles hatte ein Stück seines Schreckens verloren.
Selig übergab er sich auf das Kopfsteinpflaster.
Damien stöhnte auf vor Schmerz, während er sich langsam an den
Dachgiebel lehnte. Ihm tat jeder Knochen in seinem Körper weh. Das Biest war wirklich schwer abzuhängen gewesen. Nur dem Zufall und unverschämtem Glück verdankte er es, dass er über die Außentreppe eines Hauses eine Feuerleiter erreicht hatte, und über diese das Dach erreicht hatte, auf dem er jetzt saß. Der Köter war ihm bis auf die Treppe gefolgt und verweilte noch eine Weile knurrend dort, bis er irgendwann die Lust verlor und sich aufmachte , irgendwen anders mit seiner Anwesenheit zu beglücken.
Damien stöhnte erneut, diesmal angesichts der nicht gerade rosigen Zukunftsaussichten. Er wusste genau wie Fletscher Hardy reagieren würde, wenn er seine Schergen ausschickte, um seinen Dobermann zurückzuholen und diese ihm berichteten dass das Biest nicht mehr an dem Ort war, an dem sie es angebunden hatten. Mit dem Hundezüchter war nicht gut Kirschen essen. Er schuldete Damien zwar noch einen Gefallen, was der einzige Grund gewesen war, warum er ihm den Hund zur Verfügung gestellt hatte. Doch der Szenekenner wusste, dass die nächste Begegnung mit Hardy verdammt unbequem werden würde. Er beschloss erst einmal nicht daran zu denken. Diese Sache würde ihn früh genug einholen.
Doch ansonsten hatte der erste Teil seines Plans funktioniert. Er hatte nicht sicher sein können, dass Lars heute tatsächlich diesen Weg nahm, auch wenn er das meistens tat. Und er hatte verhindert dass der Köter den Jungen erwischt hatte, den er wahrscheinlich mit einem leckeren
Debrecziner verwechselt hatte. Somit war hoffentlich sichergestellt, dass Cornelius die Nachricht erhielt. Nun konnte er sich mit Ettark in Verbindung setzen und das Treffen mit den Porkers in die Wege leiten. Er ließ den Kopf sinken.
Morgen, dachte er erschöpft. Morgen würde er sich um alles kümmern...
Cornelius war nicht erfreut gewesen, als Lars am nächsten Tag schrecklich zugerichtet vor ihm stand. Richtig wütend gemacht hatte ihn dann der Bericht des Jungen, was genau in der letzten Nacht passiert war. Bleicht musste gewusst haben, dass Lars eine Todesangst vor Hunden hatte. Das war so, seit seine Mutter von einem wildgewordenen Köter angefallen worden und an den Folgen erlegen war. Er wusste nicht wie, aber ohne Zweifel hatte er davon gewusst.
Er wusste was das heißen sollte. Diese Sprache kannte er nur zu gut. Es sollte signalisieren, dass Bleicht ihre Schwächen kannte und diese gegen sie verwenden konnte. Dieser ehrlose Mistkerl hatte sich das schwächste Glied in der Kette herausgepickt, um seine eigene Stärke zu demonstrieren. Etwas Erbärmlicheres konnte Corny sich kaum vorstellen. Und es entflammte seinen Hass und seinen Zorn. Er hatte Bleicht nie leiden können, aber nun stand er auf seiner Abschussliste.
Lars hatte ihm auch Damiens Botschaft überbracht. Er sollte sich von Ärger fernhalten? Der Missgestaltete war derjenige der direkt in den Ärger hineingesprungen war! Er würde noch sehen, was er sich mit seinem Glauben eingebrockt hatte, er könnte ihnen drohen und sie davon abbringen auf ihren eigenen Straßen zu tun was sie für richtig hielten.
Er hatte ein paar seiner Jungs ausgeschickt, um Bleicht ausfindig zu machen. Der Mistkerl zog ständig seine Kreise im Viertel. In letzter Zeit schlich er noch ein bisschen häufiger umher als sonst. Dieses verstärkte Interesse an ihren Aktivitäten, die beharrlichen Versuche sie an ihrem Tagwerk zu hindern... All das musste einen Grund haben und Corny die Natter war entschlossen, diesen herauszufinden. Sie würden ihm folgen, ihn stellen und es schließlich aus ihm herausprügeln, bis sie wussten, was zur Hölle der Kerl für ein Spiel trieb und wer noch versuchte, sie klein zu halten.
Bleicht zu finden war lächerlich einfach gewesen. Für jemanden, der sich dafür rühmte einer der versiertesten Straßengänger von Morpork zu sein, war der Kerl erstaunlich leicht auszumachen. Er spazierte blauäugig durch die Straßen, und schien nicht einmal sonderlich auf seine Deckung bedacht zu sein. Er würde für seine Dummheit bezahlen.
Und so folgten sie ihm mehrere Straßen weit, unauffällig und versiert wie es nur Jungs der Straße vermochten. Vereinzelte seiner Gefährten hatten sich beschwert, warum sie ihn nicht einfach sofort erledigen konnten, statt ihm endlos durch die Stadt zu folgen. Doch die Natter gebot sie zur Geduld. Bleicht hatte ein Ziel. Und er war entschlossen herauszufinden, wer oder was das war.
Inzwischen war er fast da. Damien hoffte, dass sie die über Ettark getroffene Verabredung auch wirklich einhalten würden. Mit den Porkers hatte er bisher kaum etwas zu tun gehabt. Doch Ettark hatte ihr Vetrauen gewonnen und das war schon einmal vielversprechend. Zumindest waren sie ihm (vorerst) nicht so feindlich gesonnen wie die Mörser.
Schließlich erreichte er den vereinbarten Treffpunkt. Noch war niemand hier. Damien seufzte. Er würde wohl eine Weile warten müssen. Trotz der relativen Leere des Platzes
fühlte er sich nicht allein, was bedeutete dass ihn jemand beobachtete. Also waren sie hier. Damien wartete.
Corny und seine Jungs warteten. Sie hatten sich ihm Schutz einer schmalen Gasse versteckt, an Wände und in die Schatten gedrückt. Selbst in einer für eine Beschattungsaktion dieser Art relativ große Gruppe waren die Mörser Meister im auf der Lauer liegen. Sie hatten ihn. Bleicht wartete auf etwas. Auf Jemanden. Gleich würden sie sehen
wer Damien Bleichts vielzitierte Auftraggeber waren. Und im Anschluss an dieses Treffen würden sie ihn sich vornehmen. Er würde sich wünschen, er hätte sich nie in die Angelegenheiten der Natter gemischt. Cornelius unterbrach seine rachsüchtigen Gedanken. Jemand kam.
Jemand kam. Endlich. Damien hatte befürchtet, sie hätten es sich anders überlegt. Doch jetzt war ein Gruppe Jugendlicher aufgetaucht, die zunächst unverwandt in unregelmäßigen Abständen auftauchen, als hätten sie nichts oder nur wenig miteinander zu tun. Schließlich, als sie sich vergewissert hatten, dass sonst keine Passanten unterwegs waren, rotteten sie sich zu einer kleinen Gruppe zusammen und näherten sich ihm. An ihrer Spitze war ein blondgelockter Junge, der um die 16 sein musste. Er stellte einen leicht verschmitzten Gesichtsausdruck zur Schau und hätte wie der typische Lausbub gewirkt, wäre dieser Eindruck nicht durch die lange Narbe zerstört worden, welche sich über seine rechte Gesichtshälfte zog.
Es gab keinen Zweifel dass dieser Junge die Gruppe repräsentierte. Er stellte ein Charisma zur Schau, dass es einem leicht machte zu glauben, dass eine Gruppe frustrierter Jugendlicher auf Morporks Straßen gerne bereit war ihm zu folgen.
Er stellte sich vor Damien auf und nickte ihm zu. "Du bist Bleicht?"
Damien nickte.
Der Bursche grinste. "Ist ja eigentlich auch nicht zu übersehen. Der rotbärtige Glatzkopf meinte, dass du etwas blass bist. Dabei hab' ich allerdings nicht erwartet, dass sie dir sämtliche Farbe aus den Poren gesaugt ham'. Bist'n Vampir, wie?"
Damien verzog keine Miene, während er verneinte. Er hatte schon lange gelernt, sich Kommentare ob der Reaktionen über sein Erscheinungsbild zu sparen.
"Redest nicht drüber, was? Naja, kann mir ja eigentlich auch egal sein..."
"Zum Geschäftlichen", erwiderte Damien kühl. "Ihr habt etwas für mich?"
"Sicher", erwiderte der Blondschopf. Er holte eine kleine Tüte hervor. "Du hast das Geld?"
"Sicher", erwiderte der Bleiche. Er zückte einen Beutel und schüttelte ihn einmal. Metallisches Klimpern erklang. "Sind soviele Leute wirklich nötig?"
"Sie sind meine Absicherung", erwiderte der Junge.
"Verstehe", sagte Damien. "Nun, bevor ich irgendetwas bezahle, will ich die Ware sehen."
Der Junge öffnete den Beutel und hielt ihn dem Bleichen hin. Damien blickte hinein und sog das vom Inhalt des Beutels ausgehende Aroma ein.
"Feinster
Zauberwürzer", sagte der Junge. "Befördert dich glatt ins nächste Multiversum."
Damien nickte. "Ja. Scheint echt zu sein."
"Na dann, wie sieht's aus mit der Bezahlung?"
"Zuerst die Ware.", erwiderte Damien.
"Läuft nicht. Erst Geld, dann Stoff."
Damien zuckte die Achseln. "Na dann, nimm."
Der Junge nahm das Geld entgegen grinste und setzte an ihm den Beutel zu reichen. Doch dann gefror das Grinsen auf seinen Zügen.
Cornelius war außer sich. Die Porkers!
Das war also der Grund gewesen warum Bleicht wollte, dass sie sich von ihnen fernhielten. Sie waren Geschäftspartner gewesen, die ganze Zeit über!
Seine Kumpane beobachteten ihn beunruhigt. Cornys überschäumende Wut gefiel ihnen gar nicht.
"Wir machen sie fertig", knurrte die Natter. "Sie alle. Hier und jetzt. Sie sind dran, ebenso wie Bleicht. Wir werden sie endgültig von der Straße fegen." Er setzte mit der Schleuder an.
Beunruhigt von der neuen Situation und der plötzlich gar nicht mehr so kontrolliertren Art ihres Anführers wandte jemand ein: "Ähm, Corny sollten wir nicht lieber..."
"Nein! Keine Kompromisse mehr! Hier und heute endet es!"
"Wir sind nicht vorberei..."
Doch es war zu spät. Die Natter hatte die Schleuder gespannt und
schoss.
Der Stein kam aus dem Nichts heran, verfehlte den Lockenkopf nur knapp und traf den Jungen neben ihm an der Schläfe. Der Anführer der Porkers sah seinen Gefährten zu Boden gehen, bevor er seinen Blick in die Richtung wandte, aus der der Stein gekommen war.
Cornelius war aus seinem Versteck aufgetaucht und rief irgendwas Unverständliches. Hinter ihm tauchten zögerlich weitere Personen auf. Sofort wurden auf Seiten der Porkers diverse Messer, Schleudern und Schlagstöcke gezogen.
"Was zur Hölle geht hier vor?", fuhr Damien den Anführer der Porkers an.
"Du solltest besser verschwinden", erwiderte dieser. "Dies ist eine... private Angelegenheit."
"Ich will meine Ware!" entrüstete sich der Bleiche.
Und dann begann es. Alles ging plötzlich sehr schnell. Corny war tatsächlich so
dumm sich nur noch von seinem Hass und Zorn leiten zu lassen und rannte genau auf ihn und den Führer der Porkers zu. Den übrigen Mitgliedern der Mörser blieb nichts anders übrig, als ebenfalls anzugreifen, da die Porkers längst selbst zum Angriff übergegangen waren. Damien wäre stolz auf sein Ergebnis gewesen, hätte dies nicht auch bedeutet dass er sich mitten im Schussfeld, zweier aufeinanderprallender Parteien befand. So zog er jedoch den Todschläger, spurtete seitlich weg vom Kopf der Porkers und wehrte den nächstbesten Angreifer mit dem Schlagstock ab.
Das Chaos brach aus. Steine flogen, Fensterscheiben klirrten, Schreie ertönen. Die ganze Szenerie war nur noch ein Gewirr aus umher rennenden Bandenmitgliedern, aufeinanderprallenden Körpern und wild geschwungener Knüppel, Messer und Schleudern.
Dann rief jemand "ZUGRIFF!" und plötzlich mischten sich auch noch Brustharnische, Schwerte und Armbrustbolzen in das Durcheinander. Das Chaos verdichtete sich noch ein bisschen mehr.
Zeit verging, und die Fronten wurden klarer, weil kleiner.
Die Wächter schafften es, immer mehr der Kämpfenden außer Gefecht zu setzen. Straßenkampftechniken sind schön und gut, aber gegen Rüstung und Schwert kann letztendlich auch der versierteste Nahkämpfer nichts ausrichten und die meisten der Bandenmitglieder, sei es auf Seiten der Porkers oder der Mörser, waren zu schlau, als dass sie bereit gewesen wären, nur mit Knüppeln und Steinschleudern bewaffnet die offene Konfrontation gegen Wächter in voller Rüstung und Bewaffnung zu wagen. Diejenigen die es versuchten, würden später liebevolle medizinische Versorgung im Wachhaus erfahren und entspannt ihre Verletzungen im Zellentrakt auskurieren. Die meisten zogen es jedoch vor, das Weite zu suchen. Einigen gelang das auch, anderen wiederum nicht, und so dünnte sich das Kampfgeschehen allmählich aus.
Damien taumelte am Rand des Geschehens umher. Er war nicht allzu schlecht im Straßenkampf, jedoch auch nicht unbedingt scharf darauf sich in Straßenschlachten zu stürzen. Hier war es jedoch notwendig gewesen. Es hatte auch nicht besonders viel Spaß gemacht, einigen Wächtern ausweichen zu müssen, die ihn in seiner Zivilaufmachung nicht sofort als einen der Ihren erkannt hatten. Doch nun war es mehr oder weniger geschafft. Am besten er machte sich einfach schnell aus dem Staub, damit es so aussah, als wäre er vor den Wächtern geflohen und er somit nicht in Verdacht geriet, die Banden an die Wächter verraten zu haben...
"Bleicht!"
Damien fuhr herum.
Cornelius war noch immer auf freiem Fuß und hatte ihn wiedergefunden. Zornerfüllt und ohne die verbliebenen Kämpfenden um sich herum zu beachten, rannte er auf Damien zu. Auf seinem Weg prallte er auf vereinzelte andere Jungen und stieß diese mit den Schultern zur Seite. Alles andere als sein Ziel schien ihm egal zu sein.
Der
Dummkopf, dachte Damien und zog den Schlagstock.
Corny beschleunigte, bis er nahe genug dran war und
sprang. Kurz bevor er sich abstieß riss er das Messer hinter dem gürtel hervor...
Und wurde von einem seitlich herprallendem Körper, der über wesentlich mehr Panzerung und Muskelmasse verfügte, aus der Luft und zu Boden gerissen. Das Messer glitt ihm aus der Hand und schlitterte über das Pflaster. Blitzschnell hatte Ruppert AgLochmoloch dem Anführer der Mörser die Arme auf den Rücken gedreht und ihm Handschellen angelegt. Dann blickte er den Szenekenner an, der verwirrt zurückstarrte, und grinste.
"Äh... Danke", erwiderte Damien, perplex über die plötzliche Wendung der Situation.
Der Tag ging zu Ende...
Rea Dubiata saß in ihrem Büro. Ihr gegenüber saß der Szenekenner.
Die Situation war zufriedenstellender ausgegangen, als die Abteilungsleiterin zu hoffen gewagt hatte, trotz allem. Der Zugriff war relativ glatt verlaufen, sogar obwohl sie neben ihren eigenen Leuten noch einige F.R.O.G.s zur Verfügung gestellt bekommen hatten. Sie hatten einige der Badenmitglieder schnappen können. Der Anführer der Porkers war entkommen, ebenso wie diverse andere Mitglieder beider Gangs.
[1] Dafür hatten sie den Anführer der Mörser, sowie einen guten Bruchteil beider Banden. Wenn sich die Banden auch vielleicht nicht auflösen würden, so hatten sie ihnen doch einen empfindlichen Schlag versetzt und vielleicht würden sie sich in nächster Zeit ein wenig zurückhaltender Verhalten, was Rea als Erfolg wertete. Unter anderem dank der Bemühungen des Informantenkontakters und des Szenekenners, war es ihnen gelungen, den rivalisierenden Gruppen eine Falle zu stellen und sie mitten in einem ihre Scharmützel zu stellen. Diejenigen, die sie erwischt hatten, konnten sich da nicht mehr herauswinden.
Das Einzige was Rea Kopfzerbrechen bereitete, waren die Umstände, unter denen Damien es geschafft hatte, die Mörser zum Treffpunkt mit den Porkers zu locken. Dies war der Grund, warum sie noch diese Unterhaltung mit Hauptgefreiten führte, bevor sie die Sache ad acta legte.
Nach eigenen Aussagen hatte Damien gezielt den Verdacht bei den Porkers geweckt, dass er sie im Auftrag von jemandem beobachtete, jemandem der nicht wollte, dass sie in seinem Territorium wilderten. Daraufhin hätten sie ihn beschattet, um herauszufinden, wer Damien auf sie angesetzt hatte und waren, als sie ihn bei dem arrangierten Drogendeal mit den Porkers beobachtet hatten, zur Annahme gelangt, es wären die Porkers gewesen die ihn auf sie angesetzt hätten.
Dies machte in Reas Augen durchaus Sinn, doch sie hatte gesehen, wie heftig Der Kopf der Mörser auf den Szenekenner reagiert hatte. Irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass er nur aufgrund von Damiens Erklärung einen solch intensiven Hass auf ihn entwickelt hatte. Deshalb hakte sie nach:
"Und du bist sicher, dass es nichts gibt, was du mir noch zu der Sache erzählen könntest?" Sie blickte ihn durchdringen an.
Damiens Miene blieb ausdruckslos. "Madam, ich habe alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt."
Sie blickte ihn durchdringend an. Als der Szenekenner weiterhin keine Miene verzog, seufzte die Abteilungsleiterin. "In Ordnung Damien. Das war alles. Ich danke dir."
Als Damien das Büro verlassen hatte, starrte sie noch eine Weile nachdenklich auf die Tür. Egal was sie auch sonst von ihm halten mochte, der Hauptgefreite
war ein fähiger Szenekenner. Und wahrscheinlich war es für sie besser, nicht zu wissen wie er seinen Job im Detail ausführte. Sie befürchtete dennoch, dass er früher oder später in große Schwierigkeiten geraten würde... Vielleicht gerade deswegen.
[1] Darunter auch Lars Winters, wie Damien festgestellt hatte
Zählt als Patch-Mission.
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