Dass nicht einmal Narrengilde ein lustiger Haufen ist, weiß in Ankh-Morpork jedes Kind. Und dass für die Gilden der Spaß aufhört, wenn jemand in ihren Jagdgründen wildert, ebenso. Was also, wenn jemand so dumm ist, gleich die Aufmerksamkeit von zweien von Ihnen zu erregen?
Dafür vergebene Note: 12
Ich war auf dem Weg nach Hause. Die Nachtschicht war mal wieder mörderisch gewesen und es hatte mehr als genug Arbeit gegeben. Ich entledigte mich meiner Kittelschürze und wollte sie gerade an den Wandhaken neben der Tür der Sektion hängen, als sie sich knarzend öffnete.
"Guten Morgen Made, gut geschlafen?", grüßte ich meinen Kollegen ohne mich umzudrehen. Diese Woche war er für die Frühschicht eingeteilt.
"Hm...geht so. Hab noch lange gelesen, keine Ahnung, wann ich eigeschlafen bin."
"Hoffentlich war ich nicht zu laut, aber wir haben einige Gesteinsbrocken reinbekommen. Musste erst mal feststellen, ob die von einem Troll stammten."
"Und?"
"Fehlalarm. War nur 'ne Ladung frisches Arbeitsmaterial für Diorits Werkstatt, die sich jemand unter den Nagel reißen wollte. Wusste wohl nicht, was unter der Plane von dem Eselskarren war, als er ihn geklaut hat, dabei hätte ein Blick auf die Ladepapiere gereicht.", gluckste ich.
Ich zog die Schürze auseinander und bewertete den Verschmutzungsgrad. Neben diversen Körperflüssigkeiten, bei denen Blut eine deutliche Hauptrolle zukam, bildeten die staubigen Hinterlassenschaften der letzten Nacht in Form von hellweißem Marmormehl einen interessanten farblichen Kontrast. Eine Nacht würde die Schürze noch zu verwenden sein, dann war es aber Zeit für die Wäscherei.
Herr Made grinste mich an und schüttelte seinen kahlen Kopf.
"William de Morgue und Kannichgut Zwiebel haben ihn erwischt, als er den Krempel im Ankh entsorgen wollte. Sein Gesichtsausdruck muss wirklich sehenswert gewesen sein, als sie ihren Verdacht äußerten, es könnte sich um die...Leichenteile eines Trolls handeln."
Made schnaufte amüsiert.
"Na dann. Wünsche angenehme Ruhe."
Ich hob grüßend die Hand und verließ die Pathologie.
Das Wachhaus wirkte wie ein erwachender Hühnerstall, müde Gestalten übergaben den Dienst an die Frühschicht, berichteten noch in kurzen knappen Worten was vor- oder nicht vorgefallen war, reichten Akten weiter, zogen sich um oder schlurften bereits Richtung Wachetresen um sich auszutragen. Ein kleine Schlange hatte sich inzwischen gebildet und ich reihte mich ein. Zwei Rekruten, Victor Wellenpflüger und Aurelia Wickelbude, taten heute unter der Aufsicht von Goldie Kleinaxt Dienst. Ich kannte sie nicht und ohne ihre Namenschildchen hätte ich nicht einmal gewusst, wer sie überhaupt waren. Ich sah keinen Sinn darin, mir Namen einzuprägen, wenn die Betreffenden nach mehr oder weniger kurzer Zeit das Handtuch warfen und die Wache wieder verließen. Besser für sie, besser für die Wache und besser für mich. Möglicherweise sah ich den einen oder anderen wieder, wenn er sich freiwillig oder auch unfreiwillig für die Gerichtsmedizin entschied. Bis dahin pflegte ich eine höfliche Ignoranz.
Ich trat durch die Eingangstür und stieg die wenigen Stufen hinunter auf das Straßenpflaster. Aus Richtung der Universität huschte eine Ratte mit einem Passagier heran. Ich grüßte Amalarie Mögebier müde und konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. Sie nickte mir zu, sprang vom Rücken ihrer Ratte, kraulte sie noch einmal kurz unter dem Kinn und sprang die Stufen zum Wachhaus hinauf. Schnorzie schnüffelte erst an meinem rechten Bein, wandte sich schüttelnd um und huschte davon.
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Müde stapfte ich über das löchrige Kopfsteinpflaster. Die Worte von Kommandeur Breguyar klangen mir noch in den Ohren: "Wir üben keine
Selbstjustiz! Wir bringen Gesetze zur Anwendung und führen die Schuldigen den Gerichten zu. Nicht mehr und nicht weniger! Wer etwas anderes behauptet...", hatte er den Satz unvollendet gelassen, doch sein Gesicht hatte dabei mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht, was demjenigen blühen mochte. Manchmal musste der Abschaum, mit dem wir es tagtäglich zu tun hatten, hart angefasst werden. Andernfalls würde uns Niemand ernst nehmen. Ein Bild in schwarz-weiß erschien vor meinem geistigen Auge: eine hell blau glühende Linie auf nassem Pflaster, die Rücken von zwei Wächtern, die auf und niedersausenden Arme, die Schlagstöcke in den Händen am Ende dieser Arme und zwei Hände die sich jemand schützend über seinen Kopf hielt, während er am Boden kauerte. Die Schlagstöcke kamen mir komisch vor. Sie schienen zu schrumpfen und dünner und dünner zu werden. Schließlich entpuppten sie sich als zwei lackierte schwarze Essstäbchen, die nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht auf dem Teller lagen. Ich schüttelte meinen Kopf, um diese Hirngespinst aus meinem Schädel zu vertreiben und wach zu werden. Essensbrocken und Reis flogen davon.
Aus einem Impuls heraus hatte ich mich zu einem Frühstücksabstecher in "Li-Fongs Hort der Glückseligkeit" entschieden, einem geradezu winzigen achatischen Imbiss. Er bestand aus nicht mehr, als einer klapprigen Theke und zwei umgedrehten Holzkisten, die als Tische dienten. Und an einem dieser Tischchen war ich soeben mit dem Gesicht im Teller aufgewacht. Das Essen bei Li-Fong unterschied sich recht deutlich von dem, was sonst in dieser Stadt unter dem Oberbegriff Nahrung fiel. Insbesondere deshalb, weil die appetitlich angerichteten Komponenten der Mahlzeiten wirklich frisch und durchaus noch zu identifizieren waren. Vielen war dieser Umstand zu suspekt und viele zogen die süße Unwissenheit bestehend aus totgekochtem Grünzeug und halbverbranntem Fleischverarbeitungsresten vor. Herr Li-Fong hatte es wirkliche nicht leicht und so hatte ich vor einem Monat begonnen, ein wenig die Werbetrommel für seinen kleinen Laden zu rühren. Vor mir bemerkte ich den Teller mit einer Portion "Fünf Helligkaiten des Achatenen Laiches", den ich mir bestellt hatte und einem deutlichen Gesichtsabdruck darin. Verlegen lächelnd reichte mir Frau Li-Fong ein Handtuch und verpackte meine Mahlzeit.
Mit einer Papiertüte in der einen und den zwei Essstäbchen in der anderen Hand stapfte ich die Gasse entlang und betrachtete die Auslagen der Schaufenster. In meinem Kopf drehten sich noch immer die Gedankenfetzen meines wirren Traumes, dessen Sinn mir einfach entglitt. Vor Theodor Ruhguts Bettengeschäft blieb ich stehen. Es war mir immer noch ein Rätsel, wieso andere Spezies, wie Menschen und Zwerge so etwas wie ein Bett zum Ausruhen brauchten. Als Wasserspeier brauchte man so etwas nicht. Man hockte sich neben einen Schornstein und erstarrte einfach. Ich wollte eben weitergehen, als ein dürrer in einem dunkelblauen Samtanzug gekleideter Mann neben mich trat und mir den Weg versperrte. Mit den Essstäbchen im Mund, sah ich zu ihm auf.
"Kann if waf fü'e dif tun?", schmatzte ich leicht irritiert.
Er zupfte ein blassblaues seidenes Taschentuch und tupfte sich Stirn und Nase, als der deutliche Knoblauchgeruch zu ihm drang, den mein Frühstück verstömte.
"Das will ich meinen! Immerhin ist dies bereits der dritte Termin, den unsere Behörde mit der Wache vereinbart hat!", wedelte er vorwurfsvoll mit dem Taschentuch, "Es ist wahrlich allerhöchste Zeit, dass die Ermittlungen in diesem Fall endlich zu einem Ergebnis kommen."
"Ermittlungen...?", echote ich und glotzte ihn nur blöde an.
"Kommandeur Bregyar hat mir einen fähigen Experten versprochen, der in der Lage ist, uns in dieser Sache zu unterstützen und jetzt das!", warf er die Arme in die Luft und drehte sich theatralische wie ein Schauspieler auf der Bühne der Scheibe. Sein Akzent begann mir auf die Nerven zu fallen. Er wirkte künstlich und affektiert.
"Nun, wenn ich schon einmal hier bin...", seufzte ich lahm, "Um was geht es?"
"Meine Legitimation.", er überreichte mir einen Fetzen Papier, der aus einem dünnwandigen Karton geschnitten zu sein schien und an dem derselbe durchdringend süßliche Geruch des schweren Parfums haftete, welches auch er wolkenweise verströmte. Es war bräunlich verfärbt, abgegriffen und speckig durch die vielen Hände, durch die es bereits gegangen war. Die Kanten waren abgestoßen und faserig. In schnörkelig verspielter Schrift stand
Jean Francoise de Faire des Galipettes darauf und darunter '
Matratzentester',
Amt für Bettenwesen und Ruhestätten. Auf der Rückseite prangte das Wappen der Stadt, ein Stempelaufdruck und das etwas verwaschene, aber immer noch klar erkennbare V., die Unterschrift des Patriziers. Ich schaute hoch und blickte in sein Gesicht. Nicht ein Muskel zuckte darin und verriet, ob er nur einfach seine Scherze mit mir trieb oder es ernst meinte.
"Eine heikle und delikate Angelegenheit führt uns hierher.", fuhr er in verschwörerischem Tonfall fort und steckte die Karte wieder in seine eckig ausgebeulte Westentasche.
"Wie ihnen sicherlich bekannt ist, ist die Verwendung von Importfedern als Füllmaterial bei der Ausstattung von Federbetten und Matratzen, mit einer erhöhten Besteuerung belegt. Solche Decken und Matratzen sind daher deutlich teurer, als solche, welche mit Federn und Daunen heimischer Nutzvögel gefüllt sind...", dozierte er weiter, "...und wir haben nunmehr einen sicheren Tipp aus einer vertraulichen Quelle erhalten, dass der Inhaber dieses Geschäfts raffinierten Fälschern zum Opfer gefallen ist. Sie schmuggeln die Federn ausländischer Vogelarten im großen Stil in die Stadt, färben sie um und verkaufen sie als Federn einheimischer Arten weiter. Insbesondere an Herrn Ruhgut hier."
Ich folgte seiner deutenden Hand und fixierte die Federkissen und -betten im Schaufenster.
"Uns ist natürlich daran gelegen, dass die Ermittlungen und insbesondere ihre Untersuchungen diskret durchgeführt werden. Immerhin ist Herr Ruhgut nur ein weiteres unglückliches Opfer."
Er holte eine Taschenuhr an einer langen silbernen Kette hervor und klappte den Deckel auf.
"Und was soll ich tun?", fragte ich ohne den Blick von der Auslage abzuwenden.
Des Galipettes beugte sich zu mir herab und raunte in mein Ohr, "Wir benötigen eine Expertise. Untersuchen sie einige der Federn und stellen sie fest, ob es sich um gefälschtes Material oder tatsächlich um solche Ankh-Morporkianischer Arten handelt."
Mit einer fließenden Bewegung ließ er die Uhr wieder in der Westentasche verschwinden. Ich nickte langsam und streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Das läuten der Türglocke gellt noch heute in meinen Ohren.
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Nicht mal eine Woche später erhielt ich die Quittung. Schon auf den Stufen zum Eingang des Wachegebäudes grinsten mich Wächter an. Andere drehten sich mühsam ihr Prusten unterdrückend weg. Als ich an den Wachetresen kam, um mich einzutragen, zog der Rekrut hastig etwas vom Tisch weg und versteckte es darunter. Feldwebel Feinstich, die die beiden Rekruten bei ihrem Tresendienst kontrollierte, hatte sich abgewandt, als sie mich hereinkommen sah. Ich meinte ihren Rücken unregelmäßig zucken gesehen zu haben und glaube auch, dass sie sich die Faust vor den Mund gepresst hielt. Langsam dämmerte mir, dass mein peinlicher Irrtum oder besser meine abgrundtiefe Dummheit in dieser Sache bekannt geworden war. Ich hatte mich eine halbe Stunde früher als sonst auf den Weg gemacht, weil ich diesmal mein Frühstück in der Wache einnehmen wollte. Niemand achtete auf mich, als ich den Aufenthaltsraum betrat und an einem der Tische Platz nahm. Alle schienen mit einer mir unbekannten Lektüre beschäftigt zu sein. Ein dünnes Heft mit farbigen Umschlag lag nicht weit von mir auf dem Tisch. Ich beugte mich vor und zog es zu mir heran, als sich der Gefreite Zartbitter zu mir umdrehte. Sein Grinsen gefror jäh zu einer Maske des Erkennens und hastig versuchte er das Heftchen wegzuziehen, was ihm jedoch misslang, da es schon außerhalb seiner Reichweite war. Einer nach dem anderen drehte sich um und aus dem allgemeinen Gelächter wurde auf einem ein angestrengt unterdrücktes Gemurmel. Nach und nach schienen sie vom Pflichtgefühl ergriffen zu werden und verließen die Messe. Schließlich war ich mit Korporal Ziegenberger allein im Aufenthaltsraum und wandte meine Aufmerksamkeit dem Heft zu.
SIGILLARIA GAUDII stand in großen Lettern auf der Titelseite. Das sagte mir überhaupt nichts. Es bestand aus billigem Papier und der Gestank der Druckfarben stachen mir regelrecht in die Nase. Ein penetranter Geruch nach Petroleum und weiteren unbekannten Substanzen ließ mich den Atem anhalten. Ich blätterte um und prallte zurück. Gleich mehrere Ikonografien von mir und diesem unmöglichen Kerl mit dem fürchterlichen Akzent waren hier abgebildet. Sprechblasen waren mit jedem von uns verbunden und deuteten an, was derjenige sagte. In reißerischen bunten Buchstaben stand 'Opfer der Woche' über den Bildern.
Ophelia war hinter mich getreten und legte ihre Hand auf meine Schulter.
"Tut mir leid, dass es dich erwischt hat. Diese Typen mit ihrem Spaßmagazin sind mehr als aufdringlich. Es gab schon einige Beschwerden von anderen Opfern. Und der Zeitungskiosk, der vorgestern komplett abgebrannt ist, scheint wohl auf das Konto der Narrengilde zu gehen. Jedenfalls haben die beiden Gefreiten Ptupekh und Steinstiefel auffallend viele weißgesichtige Clowns in der unmittelbaren Nähe beobachtet. Natürlich gibt es dafür keine Beweise. Aber es braucht keinen Gildenexperten, um deren Beteiligung an der Brandstiftung zu erkennen. Was man so hört, sind die Herausgeber dieser Blättchens weder in der Narren- noch in der Graveursgilde Mitglied.", sie schüttelte die Finger der linken Hand, als hätte sie sich die Finger verbrannt, "Kein Wunder, dass Niemand ihre wahre Identität kennt."
Ich wandte zerknirscht meine Aufmerksamkeit wieder den Bildern zu. Etwa ein Dutzend waren nacheinander abgedruckt: Ich allein mit dem Essen in der Hand vor dem Schaufenster stehend, der Typ, wie er mich anspricht und noch eines mit seiner theatralischen Geste. Das nächste zeigte mich, wie ich den Laden betrete, wie ich erst der Verkäuferin und dann Herrn Ruhgut meine Marke unter die Nase halte. Wie es zu einem Streit zwischen Herrn Ruhgut und mir kommt und schließlich ein Kissen, welches wir zwischen uns hin und her gezerrt haben, seinen Inhalt im ganzen Laden verteilt.
"Bist du denn überhaupt nicht misstrauisch geworden?", holte mich Ophelia in die Gegenwart zurück. Ich schüttelte benommen den Kopf.
"Erst, als das mit dem Kissen passiert ist. Da ging mir die Unlogik auf, in dem was mir der Typ da erzählt hat.", ich nickte in Richtung der Bilder, "Was das eigentlich für einen Unsinn war, den er erzählt hat. Und als die Ladenglocke ging, der untersetzte Kerl, der die ganze Zeit still daneben gestanden und währenddessen diese letzten Bilder aufgenommen hat, den Laden verließ und auf den Karren stieg, auf dem schon der andere Typ saß und beide davonrauschten."
Ich deutete auf die entsprechenden Aufnahmen.
"Nein, ich habe es wirklich nicht gemerkt, erst, als es zu spät war..."
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Obergefreiter Amok Laufen saß an einem Tisch im Cafe Ankh und wartete auf seine spezielle Kundschaft. Als Anwerber wurde man mit Anträgen nicht gerade überhäuft und er war froh, diesen potentiellen Informanten geködert zu haben, der schon fast am Haken hing. Er war viel zu früh dran und musste sich die Zeit vertreiben. Zum Glück war ihm auf dem Abort die Times von vorgestern in die Hände gefallen und jetzt machte er sich über das Kreuzworträtsel her.
"Hmmm... Leerer Begriff, neun senkrecht...", tippte er mit dem Bleistiftstummel an seine Lippen, "...beginnt mit einem W..."
"
Worthülse.", sagte amüsiert ein weibliche Stimme und Amok blickte überrascht auf.
"Sacharissa Kratzgut von der Times.", lächelte ihn die junge Dame an, "Ich glaube, wir sind verabredet."
"So viel zum Thema 'Neuer Informant'...", dachte Amok enttäuscht.
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Der spindeldürre Mann mit der Schatulle unter dem rechten Arm putzte sorgfältig seinen Zwicker, bevor er ihn wieder auf die Nase setzte.
"Beta Safran mein Name, sehr erfreut und das ist mein Assistent Notel.", näselte der Dürre und deutete mit einer vagen Geste nach hinten zu einem pummeligen untersetzten Typ mit runden Gesicht.
"Wir kommen in einer wissenschaftlichen Angelegenheit. Dabei folgen wir der Empfehlung von Professor Parafin-Amos..."
"Jochen? Wie geht es dem alten Tunichgut? Habe ihn ja schon eine Ewigkeit nicht gesehen!", blickte der weißbärtige Mann mit dem Haarkranz überrascht auf.
"Er gab uns den dringenden Rat uns hiermit an sie zu wenden, Professor Sparbrot."
Er holte das lackierte Holzkästchen hervor und legte es auf dem Schreibtisch des Professors ab. Er holte einen kleinen silbernen Schlüssel an einer dünnen Kette aus seiner Westentasche und schloss das Kästchen auf. Umständlich fummelte er den Schlüssel und die Kette zurück in die Tasche seiner Brokatweste und klappte den Deckel auf. Darin lag in einem lilafarbenen Samtbett ein länglicher Stein, dessen Enden jeweils abgerundet waren. Kleine Bilder waren auf seiner Oberfläche eingraviert.
"Wir meinen diese Kartusche als Siegel einer unbekannten Adligen identifiziert zu haben. Leider hat uns Professor Parafin-Amos bei der Übersetzung nicht weiterhelfen können, da Hieroglyphen nicht sein Spezialgebiet seien. Er verwies und daher an sie. Wir sind der Auffassung, die Schriftzeichen bezeichnen die Dame als Prinzessin
Tuttifrutti."
"Tuttifrutti?", er lachte amüsiert, "Nein nein, das haben sie sicher nur falsch gelesen. Es wird
Tut'ti'frut'tii ausgesprochen. Es dabei dürfte sich dabei um eine Prinzessin der XXVIII. Dynastie aus Dschelebeby handeln, wenn ich mich nicht irre.", dozierte Professor Sparbrot automatisch. Er huschte an die rückwärtige Regalwand und holte dabei eine Brille mit winzigen runden Gläsern in einem goldenen Rahmen aus der Innentasche seines Jackets. Mit der Brille in der Hand blinzelte er die Buchrücken an. Dann setzte sie schließlich auf die Nase und studierte weiter Titel um Titel. Plötzlich hatte er einen Einfall, hob den Zeigefinger und tippte sich an den Kopf.
"Nein, wie überaus dumm von mir! Ein Buch, wie komme ich denn nur darauf?"
Er wandte sich um, durchquerte den Raum und trat zu einer Schrankwand mit vielen diagonal angeordneten Brettern, in denen dutzende Schriftrollen lagerten. Nach einer kurzen Weile des Suchens zog er unter einem kratzigen Rascheln eine rissige Rolle heraus. Vorsichtig trug er sie zu dem Lesepult, entknotete das seidene Halteband und entrollte das Dokument.
"Nun, die Schreibweise ist nicht zu hundert Prozent konsistent, wenn ich die der Schriftrolle, mit der auf der Kartusche vergleiche. Hmmm...", seine Gesichtszüge erhellten sich und ein Strahlen trat in seine Augen, "Wie überaus sensationell! Die Modernisierung der dschelebebyschen Hieroglyphen muss doch wesentlich früher erfolgt sein, als die Dschelebebylogische Gesellschaft gemeinhin zu akzeptieren bereit ist. Endlich habe ich einen Beweis für meine Theorie! Wie sie stets verlacht und verspottet haben! Das ist nun ein für alle Mal vorbei!"
Das zwei Andere ebenfalls ein Lachen nur schwer zu unterdrücken vermochten, registrierte der erregte Professor gar nicht. Sie konnten ihr Glück gar nicht fassen, dass dieser Jokus solche ungeahnte Ausmaße annahm. Die nächste Ausgabe des
SIGILLARIA GAUDII würde sich verkaufen wie geschnitten Brot. Da waren sie sich einig.
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Ein Klirren hallte durch die Häuserflucht in der Morphischen Straße. Es folgte ein kurzer Moment der Stille, während ein immer heller werdender orangeroter Schein aus den Fenstern eines Ladengeschäftes drang. Nur wenig später erzittern die Wände aller umliegenden Häuser, als die Fenster des betreffenden Ladens nach außen platzten und die Scheiben der Nachbargebäude nach innen gedrückt wurden.
Es dauerte nicht allzulang, bis die Straße voller Menschen war. Die Wache hatte sich ihren Weg bis zum Tatort bahnen müssen. Die Trümmerteile waren dutzende Meter weit geflogen. Holz- und Glassplitter steckten in der gegenüberliegenden Fassade.
Charlie Holm, Kathiopeja und Magane sicherten Spuren am Tatort. Schnell hatten sie die zerbrochene Flasche ausfindig gemacht, von der der Brand ausgegangen war.
"Ein Brandbeschleuniger. Wer könnte ein Interesse daran haben, einen Laden für Feuerwerkskörper anzuzünden? Hatte Herr Boller irgendwelche Feinde?"
"Uns ist da nichts zu Ohren gekommen.", sagte Coccinella Pyrrhula, "Die Bollers stehen in der Gildenhierarchie ziemlich weit oben, da ist es eher unwahrscheinlich, dass die zum Ziel einer Gildenaktivität werden."
Nachdenklich betrachtete Harry die rauchenden Trümmer.
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Lady Rattenklein schabte die rußige Substanz von den Glasscherben, die in den Trümmern gesichert worden war und ließ sie in einen kleinen Tiegel fallen. Sie trug den Tiegel vor sich her zu einer Batterie Reagenzgläser. Mit einem kleinen langstieligen Löffel gab sie jeweils eine kleine Portion in jedes der Gläser und wischte sich die Hände an der Kittelschürze ab.
In eines nach dem anderen ließ sie dann eine kleine Menge destillierten Wassers tropfen bis jeweils das untere Fünftel gefüllt war. Sie griff nach den Spritzen mit den Indikatorflüssigkeiten und hatte bereits nach dem vierten Versuch eine Reaktion.
"Kreide...", murmelte sie halblaut vor sich hin, "Warum überrascht mich das jetzt nicht?"
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"Die Narrengilde also. Mit traumwandlerischer Sicherheit haben sie natürlich das eigentliche Ziel verfehlt und den Laden neben dem Zeitungsgeschäft von Frau Kümmernich erwischt. Wir müssen den Typen eine Falle stellen. Wenn die Narrengilde sie vor uns in die Finger bekommt...", sagte Laiza und ließ Lady Rattenkleins Laborbericht sinken, "Bis jetzt waren sie so schlau, ihre wahre Identität zu verschleiern. Jean Francoise de Faire des Galipettes, Rechop Ervoli, Beta Safran und Notel haben alle etwas gemeinsam: es gibt sie gar nicht. Niemand kennt sie. Und ihre Opfer suchen sie sich ganz gezielt heraus, wie es scheint."
Oberleutnant Pismire wischte sich müde mit der rechten Hand über das Gesicht. "Bislang haben nicht einmal die Informanten, die RUM auf seiner Lohnliste hat, etwas zu Erhellung beitragen können. Die beiden scheinen sich keine Vorstellung davon zu machen, was sie mit ihrem Spaßblatt anrichten. Gestern Abend wurde die Leiche von Professor Justus Sparbrot in die Gerichtsmedizin gebracht. Der Arme hat sich mit einem dschelebebyschen Zeremoniedolch das Leben genommen. Bei dem Auftritt dieses Ervoli vor sechs Wochen gab es anschließend einen Aufruhr, bei dem die Wache nur mit Mühe die Zwerge und Trolle davon abhalten konnte aufeinander loszugehen. Es kostete einen Rekruten zwei Finger der linken Hand und einer zweiter liegt noch immer im Koma."
"Wir könnten wie bei einer
Fischverfolgung vorgehen.", schlug Leutnant Bürstenkinn unvermittelt vor und legte Laiza das Buch vor, in dem er gerade gelesen hatte.
'Geheimtipp Ankh - Fischen im Trüben' stand auf dem Buchdeckel. Ein R. S. Chnapper war der Autor.
"Fischen im Trüben...?", zitierte Laiza ungläubig.
"Nun ja, wir wissen zwar nicht, was die beiden als nächstes planen. Aber wir werden ein paar Köder auswerfen und wenn sie angebissen haben, folgen wir ihnen immer schön in einigem Abstand, lassen ihnen genug Leine, bis sie uns zu ihrem Unterschlupf führen."
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Drei Tage später lag ein recht dicker Aktendeckel auf Laizas Schreibtisch, dessen Inhalt durch eine Kordel gebändigt wurde. Leutnant Bürstenkinn hatte die in Ankh-Morpork ansässigen Vereine, Clubs und Institutionen unter die Lupe genommen und auf ihre Tauglichkeit hin untersucht, wie sehr sie sich als nächstes Opfer der derben Scherze der kommenden
SIGILLARIA GAUDII Ausgabe eignen mochten. Viele der Vereinigungen waren einfach zu unbekannt, um in Frage zu kommen. Andere wiederum offensichtlich zu gut bewacht oder zu gefährlich. Dies schloß somit auch die Assasinengilde oder Lord Vetinari als Ziel aus. Von den übrig gebliebenen Kandidaten gab es drei, die einigen Abstand zum Hauptfeld hatten:
SAUF, jener militante Antifrohsinnverein, den einst Frau Weissglut gegründet hatte. Hier war das Opferpotential am größten, auch wenn es nicht ganz in das Muster des
SIGILLARIA GAUDII passte, da das Thema etwas zu simpel und primitiv wirkte. Dann gab es da noch die exponierte weil überaus bekannte Person von Herrn Schräg. Ein durchaus lohnenswertes Ziel, auch wenn bei ihm die Gefahr einer Schadensersatzklage recht groß war. Und schließlich gab es da noch den 1. Angelsportverein Ankh-Morpork. Seine Gründung war so frisch, dass die Tinte auf dem Vereinsmanifest noch feucht war. Cim war zu der Überzeugung gelangt, dass dies das nächste und wahrscheinlichste Opfer sein würde. Dennoch schlug er die Bildung von drei Gruppen vor: Die erste Gruppe sollte sich um Aufnahme in den Verein SAUF bemühen, um diesen sowohl von Innen, als auch Außen im Auge zu haben. Die zweite Gruppe wurde auf Herrn Schräg angesetzt. Bei ihm blieb jedoch nur die verdeckte Observation. Was auf die Wache zukommen mochte, wenn Herr Schräg hiervon Wind bekam, mochte die Laiza lieber nicht ausmalen.
Die dritte Gruppe schließlich bekam den Angelverein zugeteilt. Aus einem inneren Sehnen heraus, wollte sich Cim um eine Mitgliedschaft bei dem Verein bemühen, da er sich als
Seelenverwandter der Männer dieses edlen Sports betrachtete. Laiza hatte zwar Bedenken, vermochte sich aber seinem Enthusiasmus nicht entgegenstellen und gab nach.
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"Nein, ein
Haudegen ist KEINE spezielle Ausführung einer Fechtwaffe, Euer Lordschaft. Ich fürchte, sie werden für diese Runde leider keine Punkte erhalten, da dieser Begriff hier unpassend ist.", sagte der dürre Schiedsrichter mit einer angedeuteten Verbeugung, "Der Oberbegriff in dieser Runde lautet ein- und beidhändige Handwaffen."
Lord Peucy fühlte sich gedemütigt und musste sich beherrschen, dem Mann nicht die Spielsteine ins Gesicht zu schleudern. Er beherrschte die kalte Wut inzwischen ganz gut, die ihn in Situationen wie diesen immer wieder unvermittelt zu übermannen drohte. Ein livrierter Pfleger kam herein und servierte ein Schnappsgläschen mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit auf einem silbernen Tablett. Lord Peucy stürzte den Inhalt in einem Zug herunter und knallte das Glas aufs Tablett zurück. Nur wenig später erlosch die kalte Wut in ihm und machte einem warmen dämmrigen Gefühl Platz. Einem Gefühl, das die nächsten achtzehn Stunden anhalten und einen ruhigen Schlaf garantieren würde. Und ungestörtes Arbeiten. Der Dürre wandte sich an den Untersetzten, der sich gerade mit einer Hand seiner Livree entledigte, während er mit einem Taschentuch in der anderen dem Sorgenkind des Hauses Peucy den Speichel aus dem Mundwinkel tupfte.
"Wird Zeit für die nächste Ausgabe, mein Freund. Wenn ich bitten darf."
Gemeinsam zogen sie an einem Bücherregal und schwangen es zur Seite. Eine abwärtsführende Treppe wurde dahinter sichtbar und ein penetranter Geruch nach Petroleum strömte von unten herauf.
"Hast du die Anzeigen im Kurier und der Times gesehen? 1. Angelverein Ankh-Morpork sucht Mitglieder.", zitierte er aus dem Gedächtnis und gluckste dabei, "Wäre das nicht etwas für unsere übernächste Ausgabe? Angeln im Ankh! Überleg mal! Diese Gelegenheit sollten wir nicht ungenutzt verstreichen lassen!"
Er grinste, als sie die Treppe hinunter stiegen und einen großes Kellergewölbe betraten, dass mit Kisten, Schränken und Papierstapeln vollgestopft war. In der Mitte des Raums stand ein Monstrum von einer Druckerpresse. Ihr heruntergekommener Zustand hätte einem jeden Zwerg die Tränen in die Augen getrieben.
"Gut gut, du hast mich überzeugt. Die haben es nicht anders verdient.", sagte der Pummelige und blätterte achtlos in einem der letzten Ausgaben des
SIGILLARIA GAUDII, "Was hast du vor?"
Der Dürre riss eine Tür nach der anderen der nächstgelegenen Kleiderschränke auf und durchwühlte ihren Inhalt.
"Hier war doch irgenwo...Mist! Au! Verdammte Nadelsammlung! Ah...hier ist es."
Triumphierend hielt er einen falschen Kinnbart, ein Holzbein und das Ölzeug eines Fischers hoch.
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Ich hockte neben Korporal von Schloss Escrow auf dem Dach des Lagerhauses an den Docks. Zwei rauchende Schornsteine zu unserer Rechten und Linken gaben uns Deckung. In der Morgendämmerung und dem leicht diesigen Wetter, waren wir so gut wie unsichtbar. Zwei Stockwerke tiefer kauerten vier verloren wirkende Männer auf Pollern und umgedrehten Holzkisten. Angelschnüre führten von den Spitzen ihrer Ruten irgendwo in den Ankh. Zwei der Männer hatten bereits eine ansehnliche Menge Mülls neben sich aufgestapelt, die anderen beiden hantierten an den verdrehten Schnüren, die sich ineinander verheddert zu haben schienen. Etwas weiter abseits stand ein fünfter Mann und knotete bereits zum elften Mal eine neue Schnur an seine Angelrute. Carisa starrte auf seinen Mund und bemühte sich abzulesen, was Leutnant Bürstenkinn in seiner Verkleidung als passionierter Angler stumm vor sich hinbrabbelte. Ich stenografierte mit, was Carisa leise flüsternd wiedergab:
"...verdammtermist...dasistschondieelfterollegarn... wennhiernichtbaldwaspassiertkriegeichnocheinenanfall... wiesobeidengötternhabeichmichblossfreiwilliggemeldet...ichhabblossnocheinereserverolle..."
Eine Taube landete neben uns und pickte an mein linkes Bein.
"Psst! Psst...Huitztli!", raunte sie leise und hielt mir hüpfend eines ihrer Beine hin, an dem eine Nachrichtenkapsel befestigt war.
"Ach du bists, Gurrr.", sagte ich leise und befreite ihn von seiner Last. Mein Mitbewohner Gurrr hatte vor kurzem entschieden, freiberuflich als Nachrichtenübermittler tätig zu werden. So konnte er der den interessanten Vorgängen der Wache nahe sein und doch immer noch fern genug, wenn es brenzlig zu werden drohte. Und außerdem gab es jeden Tag so viel zu futtern, wie er mochte.
Ich laß die Nachricht und tippte Carisa auf die Schulter, die ihre Augen nicht von dem Geschehen weiter unten abwandte.
"Ich muss in die Pathologie, zwei neue Fälle sind reingekommen."
Sie nickte kaum merklich. Ich kroch zurück und verschwand im rußigen Qualm.
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Der komische Kauz stand plötzlich am Pier und spuckte in die schwarzbraune breiige Masse, die sich träge vorwärts schob. Argwöhnisch musterte die übrigen Angler neben sich. Sein kurzes und krummes linkes Bein steckte in einem ausgetretenen Gummistiefel, das andere bestand aus Holz und endete in einem Gummifuß. Er steckte sich den Zeigefinger in den Mund und hielt ihn in die Luft, als wolle er prüfen, woher die Briese heute kam.
"Ay...", raunte er leise und nachdenklich in seinen rauschigen Bart, in dem sein Gesicht geradezu ertrank. Schwerfällig hinkte er zu dem Handkarren, den er umständlich bis an die Kaimauer herangekarrt hatte. Als er sich vorwärts bewegte, vollführte er eine Art Eiertanz. Sein gesundes Bein hüpfte nach vorne, dann knickte er die Hüfte ein und schwang das Holzbein weit ausholend herum nach vorn, fand Halt, stieß sich ab und ließ sich erneut wie beim Stockspringen nach vorne fallen, wobei der Gummifuß ein qietschendes Geräusch von sich gab. Mit einem Ruck zog er die Plane vom Karren herunter und die Ladung wurde sichtbar. Verstohlene Blicken wandten sich der Ladefläche zu. Wenn die Hobbyangler so etwas wie Stolz für ihre Ausrüstung empfinden mochten, so verblasste dieser angesichts des Materialaufgebots, dass dieser Alte da aufbot. Der da kam nicht zum Angeln, er zog in eine Schlacht. Und er wollte keine Zweifel daran aufkommen lassen, wer hier als Sieger hervorgehen würde.
Er klopfte die Taschen seine wattierten Jacke ab und fischte einen kleinen Schlüssel an einer langen silbernen Kette heraus. Er entriegelte das Vorhängeschloss am Ende des Karrens und wandt eine lange rostige Kette heraus, die sein Eigentum am Karren gesichert hatte.
Er entlud einige Kisten und Säcke und erreichte ganz unten zwei verkratzte Koffer mit Messingbeschlägen. Er legte sie vorsichtig auf die Kisten und öffnete ihre Verschlüsse. In einem Bett aus lila Samt lag darin eine zerlegte Angelrute. Als er sie herausnahm tanzten Reflektionen des Lichts der aufgehenden Sonne drauf und blendeten die übrigen Mitbewerber. Umsichtig fügte der Alte die Teile zusammen und schraubte sie quälend langsam ineinander. Die anderen starrten nur noch wie gebannt auf das Non-plus-ultra eines Fischfanggerätes. Eines schien es überdeutlich zum Ausdruck zu bringen:
Ihr spielt ganz sicher
nicht in meiner Liga.
Als er mit der Montage fertig war, fuhr er beinahe zärtlich mit seiner schwieliegen Hand den Schaft entlang vom Griff nach vorne und wieder zurück. Erste Speicheltropfen rannen aus neidvoll geöffneten Mündern. Urplötzlich holte er aus und ließ die Gerte in Richtung Ankh schnellen, was ein peitschenartiges Geräusch zur Folge hatte und die übrigen erschreckt zusammenzucken ließ. Sogar der Ankh schien darum bemüht, sich an dieser Stelle schneller durch sein Bett zu wälzen.
"Na dann wollen wir doch mal sehen...", grummelte der Alte halblaut, stützte die Angel gegen einen der Poller und holte einen Klappstuhl aus einer der Kisten. Aus der anderen holte er einen polierten Eimer und einen Käscher, dessen Netz ebenfalls aus einem glänzenden Metall zu bestehen schien. Den Eimer füllte er mit etwas aus dem Ankh, dass nur Nichteingeweihte für Wasser gehalten hätten.
Aus der Kiste förderte er noch einen Klapptisch und eine große Schachtel mit vielen kleinen Fächern zutage. Er stellte die Schachtel auf den Tisch, holte noch einige kleinere Gerätschaften aus der Kiste und hängte sie an Häkchen und Haken, die seitlich an dem Klapptisch angebracht waren. Dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete sein Werk. Schließlich humpelte er um das Ensemble herum und sank ächzend auf den Klappstuhl, der ein bedrohlich knarzendes Geräusch von sich gab. Aus seiner Jackentasche holte er eine Pfeife und einen Tabakbeutel heraus. Nach wenigen Augenblicken paffte er zufrieden vor sich hin und ergriff seine Angel. Als er den Deckel des Kartons aufklappte, wurden die Hälse der Männer länger und länger. Er entnahm eine bunt schillernde Köderfliege und knüpfte sie an das Ende der Angelschnur. Mit einem gekonnten Schwung ließ er den Köder weit hinaus fliegen.
Die übrigen Männer hatten das Angeln inzwischen vollkommen vergessen oder das, was sie bisher dafür gehalten zu haben glaubten.
Einer von Ihnen fasste sich schließlich ein Herz und trat neben den Alten.
"Ein sehr beeindruckendes Gerät hast du da.", begann er stockend. Der Alte starrte weiter auf die Oberfläche des Ankh und schien ihn gar nicht gehört zu haben.
"...Äh...sicherlich nur eines begnadeten Profis wie dir würdig."
Noch immer beachtete der Alte den Angelamateur nicht. Hilflos blickte er mit fragenden Augen zu seinen Kumpels und zuckte leicht mit den Schultern. Die warfen ihm aufmunternde Blicke zu.
"Wie du siehst, sind wir nicht annähernd so erfahren, wie du es offensichtlich bist."
Er deutete auf den Müllhaufen, der inzwischen mannshoch geworden war.
Der Alte schnaubte und schob die Pfeife von einem Mundwinkel in den anderen. Rauch umwölkte seinen Kopf.
"Auf was gehst du?", kam der Mann endlich zur Kernfrage.
Mit einem fragenden Grunzer wandte der Alte sich ihm zu, "Was sachste, Bürschchen? Red' lauter, der alte Sponge hört nich' mehr so gut."
Er hielt eine Hand hinter das Ohr.
"Oh, wir haben und nur gefragt...nun...welche Art Fische du hier fangen möchtest.", wiederholte der Mann laut.
Der Alte lachte bellend und brach in ein Husten aus.
"Auf den seltensten Fisch, der diesen verdammten Fluss je seine Heimat genannt hat, Bürschchen! Den Ankhianischen Silbergoldling natürlich! Den kann man nur hier fangen, wenn überhaupt! Argentauri Ankhiani, mein unwissender Freund. Gehört zu der Familie der metamorphen Fische."
"Argentauri Ankhiani...", wiederholte der Mann stirnrunzelnd, "Nie von dem gehört."
"Hah! Kann ich mir denken!".
Der Alte nickte in Richtung des Müllhaufens.
"Einmal alle zehn Jahre haben die Laichzeit. Dann schwimmen die Biester hunderte von Meilen bis nach Ankh-Morpork. Eigentlich sind die eher unscheinbare Kerlchen mit einer grauen schuppigen Haut. Aber wenn die hierher kommen...", er machte eine dramatische Pause, "Fangen sie an alles zu fressen, was ihnen diese verluchte Stadt in die Quere schiebt. Und dann kommt das Wunder: die wandeln den Dreck um - in Silber und Gold!"
Die letzten Worte hatte er nur leise gesprochen, so dass nur der Mann neben ihm ihn verstehen konnte.
"Wie? Dreck in Gold?", sah ihn der Mann verblüfft und ungläubig an.
"Was denkst denn du, wie ich das da bezahlte habe, he?", blaffte ihn der Alte an.
Ein breites Grinsen stahl sich in das Gesicht des Mannes und die oberste aller morporkianischen Tugenden erstrahlte Hell aus seinen Augenwinkeln - die Gier nach Gold.
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Der Leiche vor mir war die weiße Schminke halb aus dem Gesicht gewischt, so das darunter die fleckige und deutlich ungesunde Haut zum Vorschein gekommen war. Starre Augen blickten in zwei verschiedene Richtungen. Der Clown hatte geschielt. Sein Clownskostüm war im Bauchbereich aufgeschlitzt und voller Blut. Ich drehte mich zu der Rollbahre um, auf der die andere Leiche lag. Das Gesicht dieses Mannes zeigte tiefe Schnitte und erhebliche Quetschungen. Nur die allgemeine Form und Position des Körperteils im Gesamtensemble des Körpers ließ den Schluß zu, dass es sich hier um den Kopf handelte. Ich feuchtete ein Tuch an und wischte vorsichtig über die Überreste dessen, was einmal die Wangen gewesen sein mochten, das trocknende Blut fort. Buchstaben kamen zu Vorschein. 'a la Carte' vermochte ich zu entziffern, das übrige war zu verwischt.
Feldwebel Harmonie kam herein und schaute mir über die Schulter.
"Schon eine Idee?", fragte sie.
"Nun, wenn du eine vage Theorie hören möchtest, Feldwebel...", antwortete ich, ohne von meiner Arbeit aufzublicken.
"Erstmal die Fakten. Dann die Theorien."
"Hmmm, gut.", nickte ich, "Welcher Gilde diese beiden hier angehören, ist wohl offensichtlich."
Laiza nickte stumm.
"Freund Rotnase hier starb, als ihm eine scharfe Klinge den Unterleib aufschlitzte. Die Menge Blut, die am Tatort gefunden wurde, lässt den Schluß zu, dass er verblutet ist."
"Und der andere?"
"Der Kopf eines Menschen hält erstaunlich viel aus. Wenn er allerdings einer Druckerpresse in die Quere kommt, kann es nur einen Sieger geben..."
"Druckerpresse?", ächzte Laiza.
"Nun, anscheinend war er gerade damit beschäftigt eine Menükarte zu drucken. Die Abdrücke in seinem Gesicht sind da eindeutig.", deutete ich auf die gesäuberte Stelle auf der linken Wange. Laiza schüttelte voller Abscheu den Kopf.
"Die rechte Hand des Druckers ist voller Blut abgesehen von der Innenhandfläche. Vermutlich hat er einen Gegenstand in der Hand gehalten, als er starb.
"Einen sehr scharfen Gegenstand...", spann Laiza den Gedanken weiter.
"Ja, dafür hat Herr Rotnase Druckerschwärze an beiden Händen. Die stammt offenbar vom Revers des Druckers. Er scheint die Angewohnheit gehabt zu haben, sich seine farbverschmierten Hände am Revers seines Kittels abzuwischen. Dort habe ich wiederum auch weiße Schminke gefunden, die wohl von den Händen von Herrn Rotnase stammt."
"Die beiden haben also gekämpft? Aber warum und..."
"...worum?", beendete eine fremde Stimme Laizas Frage. Wir fuhren beide herum und sahen einen großgewachsenen schlanken Clown mit einem spitz zulaufenden zweifarbigen Hütchen. Er war in Begleitung von Kommandeur Breguyar und einem kleinen dicklichen Zwerg. Der Zwerg räusperte sich.
"Es gab offensichtlich ein tragisches Missverständniss zwischen Herrn Tausendfreund und Herrn..."
"...Friedsam...", soufflierte Herr Weißgesicht tonlos.
"Die beiden Herren haben mich soeben aufgesucht, um darauf hinzuweisen, dass der Streit, der sich zwischen Herrn Friedsam und Herrn Tausendfreund zugetragen hat, keinen offiziellen Gildenauftrag hat.
Die beiden Vertreter hinter dem Komnmandeur starrten in jeweils verschiedene Richtungen und gaben vor, den triefenden Sarkasmus in Breguyars Stimme nicht zu hören.
"Ah...", sagte ich unbestimmt.
So schnell, wie das Trio aufgetaucht war, verschwand es auch. Als ich wieder aufblickte, war der Türrahmen verwaist.
Ich schaute zu Laiza, die nur die Augen verdrehte.
Ein Schnaufen kam den Gang zur Pathologie entlang und wenig später schleppte Korporal Magane eine Kiste mit Gegenständen herein.
"Das sind Beweisstücke vom Tatort.", ächzte sie.
Ich schaute in die Kiste. Sie enthielt nur wenige Gegenstände. Unter anderem eine Art Spachtel, ein Wischtuch und eine zusammengerollte Zeitschrift.
Aus reiner Höflichkeit nahm ich Magane die Kiste aus den Händen und wurde beinahe zu Boden gerissen. Die Kiste war bleischwer.
"Danke.", sagte sie immer noch nach Atem ringend und verließ leicht schwankend die Sektion.
Laiza zuckte mit den Schultern, "Der übliche Scherz, den die alten Hasen mit den Tatortwächtern in Ausbildung machen. Im Boden und den Seitenwände der Kiste befinden sich Bleiplatten. Man sagt ihnen, dass es notwendig ist, um die Beweisstücke gegen magische Strahlung zu schützen."
Ich erinnerte mich an die Zeit als Rekrut und die ersten Streifen, die ich mit den älteren Kollegen laufen musste. Einge Nachtschichten waren vergangen, als ich per Zufall herausfand, dass ich immer die schwerste Glocke in die Hand gedrückt bekam. Das hörte erst auf, als ich eines Tages demonstrativ nach einer der anderen Glocken gegriffen hatte.
"Huitztli! Hey!"
Laiza fuchtelte mit ihrer Hand vor meinen Augen herum. Ich kehrte überrascht in die Gegenwart zurück.
"Was...?"
"Ich habe dich eben gefragt, ob du auch nur ein Stück von dem glaubst, was wir eben gehört haben?"
Ich schüttelte den Kopf, "Spielt das eine Rolle? Hier scheint es doch mal wieder um Politik zu gehen."
"Was schreibst du jetzt in deinen Bericht?"
"Nun, die jeweilige Todesursache ist ja nicht zu übersehen. Wir wissen ja nicht mit hundert prozentiger Sicherheit, ob es nicht doch eine persönliche Sache zwischen den Beiden war. OK, sie haben sich gestritten, soviel ist klar."
Laiza musterte das schmutzige Tuch, welches mit Druckerschwärze und Schminke bedeckt war. Die Spachtel war scharf geschliffen und blutverkrustet. Ich entrollte die Zeitschrift, deren Seiten zusammengeklebt waren. Laiza hielt die Luft an, als sie den Titel erkannte, der in grellbunten Buchstaben herausstach:
SIGILLARIA GAUDII.
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Unschlüssig schaute Carisa auf das Eingangstor zum Anwesen der Famili Peucy. Erst hatte sie nicht gewusst, wem sie folgen sollte, als der alte Profifischer einen anderen jüngeren dicklichen Kerl getroffen hatte und der den Handkarren übernahm. Der Alte war hinter der Hausecke eine kleinen Sackgasse verschwunden und kurze Zeit später als dürrer schlanker Typ Mitte Dreißig zurückgekehrt. Er hatte seine Verkleidung unter die Plane des Karrens gestopft. Der jüngere hatte dem Typ zwei Ikonografen übergeben und dann den Karren davongeschoben.
Der Typ hatte ein lustiges Liedchen pfeifend seinen Weg bis zum Anwesen der Peucys fortgesetzt und war nun im Haus verschwunden. Er schien offenbar mit dem Anwesen vertraut zu sein, denn er besaß Schlüssel sowohl für das schmiedeeiserne Tor, als auch zur Haustür. Carisa beschloß es genug sein zu lassen und kehrte zu Wache zurück. Es war Zeit, Bericht zu erstatten.
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"Das wird Ärger geben, wenn wir das Anwesen der Peucys durchsuchen wollen. Sie sind einflußreich.", gab Laiza zu bedenken. Sie saß zusammen mit Humph MeckDwarf im Büro von Kommandeur Bregyar.
"Es gibt da zwei Gilden, die sich mit solchen Bedenken nicht aufhalten werden.", raunzte der Abteilungsleiter von DOG.
"Die beiden Gildenvertreter haben mir zwar versichert, der Wache nicht im Weg stehen zu wollen, aber wir können nicht davon ausgehen, dass sie sich an dieses Versprechen halten werden."
Der Kommandeur schickte Blicke in Richtung der beiden Abteilungsleiter und blieb dann bei Laiza hängen.
"Was habt ihr herausgefunden? Wegen dem toten Clown und dem Drucker meine ich."
Laiza straffte die Gestalt. Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet.
"nun, äh...wir glauben, dass sich die beiden in die Haare geraten sind. Wir haben nur Indizien und keinerlei Zeugen. Aber wir glauben das folgender Ablauf der wahrscheinlichste ist: Rotnase, ich meine Herr", sie blickte auf den Bericht, "Friedsam hat die Druckrei aufgesucht und ein Exemplar des
SIGILLARIA GAUDII mitgebracht. Seine Fingerabdrücke und seine Schminke waren darauf. Wir vermuten, dass er dem Drucker, Herrn Tausendfreund, vorwarf, für die Herstellung dieses...Stücks Literatur verantwortlich zu sein. Gesichert scheint zumindest, dass Tausendfreund Friedsam mit dem Taschentuch die Schminke vom Gesicht wischte und das Friedsam Tausendfreund am Kragen packte und auf die Druckerpresse drückte. Er hat wohl den Hebel gezogen, der die Presse auslöste, denn auch dort fanden wir seine Fingerabdrücke. Und Tausendfreund scheint sich mit der Reinigungsspachtel revanchiert zu haben. Jedenfalls kam Rotnase nicht sehr weit. Obergefreiter Pochtli meint, er hat noch höchstens drei bis vier Minuten gelebt, bis er verblutet ist."
Der Kommandeur verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte zur Decke, "Also wieder einmal sitzen wir auf einem Haufen Pulverfässer. Und diese zwei Deppen rennen zwischen ihnen herum und rauchen fröhlich eine Selbstgedrehte nach der anderen."
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Kommandeur Breguyar hatte am Morgen erhöhte Alarmbereitschaft für die gesamte Wache ausgerufen. Sogar die Rekruten wurden auf gemischte Streifen geschickt. Ständig flammten irgendwelche Scharmützel zwischen Clowns und Mitgliedern der Graveursgilde auf, die geschlichtet werden mussten und die Kräfte der Wache an etlichen Punkten banden. Der Kommandeur hatte auch eine ständige Observation des Anwesens von Lord Peucy angeordnet und nun standen sich die Rekruten Lazuli und Hetterson zusammen mit Korporal Nichts und der Obergefreiten Namida die Beine in den Bauch. Nachdem die ersten zwölf Stunden auf ihrem Wachposten ereignislos verstrichen waren, begann sich jene Ungeduld in ihnen zu regen, die Leute befällt, deren Ablösung einfach nicht auftaucht. Als die Uhr des alten Tom laulos acht Uhr Abends verkündete, keuchte ein deutlich mitgenommen aussehender Korporal Kolumbini heran, grüßte schlapp und eröffnete ihnen, dass sie in der nächsten Zeit nicht damit rechnen konnten, ein warmes Bett oder zumindest ein ruhiges Fleckchen aufsuchen zu können.
"Es sind inzwischen zwei dutzend Fälle von Schlägereien und Kämpfen unter den Gildenmitgliedern gemeldet worden.", gähnte er, "Und wenn wir vor Ort kommen, ist die Sache meistens schon vorbei. Alle verhalten sich auffällig unauffällig. Und wenn wir dann anfangen, die Herumlungernden zu befragen, was eigentlich los ist, geht die Keilerei in einer Querstraße weiter und wir rennen dorthin."
Er wischte sich über sein abgehärmtes Gesicht und klopfte seinen Mantel nach seiner Pfeife ab. Dort wo sie sich eigentlich befinden sollte, war jetzt ein großes Loch, statt einer Tasche. Enttäuscht verzog er das Gesicht. Sein langer Mantel war an mehreren Stellen zerrissen und wieß sowohl schmierige weiße Flecken, als auch Spritzer von Druckerschwärze auf. Sogar den ein oder anderen Patscher Sahne schien er abbekommen zu haben.
"Anscheinend seid ihr aber nicht immer auf so friedliche Szenen getroffen, wie?", bemerkte Ayure trocken.
Kolumbini hatte sich gegen die Mauer des dem Anwesen der Peucys gegenüber liegenden Gebäudes gelehnt und die Augen geschlossen. Nach nicht einmal fünf Sekunden war ein leises Schnarchen zu vernehmen.
"Nun, das ist auch eine Antwort."
Müde blickte sich die Gruppe an.
"Was wir jetzt machen?", grollte Lazuli.
"Wir müssen durchhalten, was sollen wir sonst machen...", grummelte Korporal Nichts. Er seufzte und stupste zum fünften Mal den Rekruten Hetterson an, der erneut versuchte im Stehen Augenpflege zu betreiben.
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"Wir werden regelrecht vorgeführt!", schimpfte Oberfeldwebel Dubiata im Büro von Kommandeur Breguyar, "Achtundvierzig...", ein Rekrut hastete herein, drückte ihr eine Notiz in die Hand und eilte wieder fort. Sie blickte kurz auf den Zettel. "Einundfünfzig Prügeleien haben sich inzwischen ereignet und alle scheinen nach dem selben Muster abzulaufen."
"Muster?", fragte der Kommandeur hellhörig geworden.
Lance Korporal Scoglio kam mit einer Tafel der Stadt herein, auf der sehr viele bunte Fähnchen steckten.
"Jedes rote Fähnchen, ist eine Schlägerei zwischen den Gilden.", deutete Rea auf die Tafel. Die Anzahl im Stadtteil von Morpork war deutlich größer, als in dem von Ankh. Aber auch dort steckten etliche Nadeln.
"Hmmm. Gut und was ist mit den blauen und gelben Fähnchen?", fragte Breguyar.
"Die wir genommen haben, als uns ausgingen die roten.", erklang es dumpf hinter der Tafel.
"Ah...nun, das Muster erkennt ein Blinder mit einem Krückstock. Offensichtlich wollen sie unsere Aufmerksamkeit von einem Punkt ablenken: dem Anwesen der Peucys. Wir müssen die Wache dort verstärken."
"Mit wem denn, Sir?", fragte Rea und ein Hauch von Verzweiflung schwang in ihrer Stimme mit, "Wir haben Niemanden mehr in Reserve..."
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Zwei ältere Damen kamen die Allee heruntergewackelt, wobei sie sich sowohl gegenseitig, als auch auf ihre Gehstöcke stützten. Zwischen sich trugen sie einen großen Korb. Als sie die Truppe um Korporal Nichts erreichten, krächzte die eine: "Wir haben gehört, dass es in letzter Zeit sehr gefährlich geworden ist in unserer schönen Stadt."
"Genau, schönen Stadt, gefährlich und so.", echote das andere Mütterchen.
Beide trugen hochgeschlossene schwarze bodenlange Kleider mit einem weißen Spitzenkragen. Graues Haar quoll unter einer ebenfalls schwarzen mit weißer Spitze abgesetzten Häubchen hervor.
"Wir wohnen gleich dort vorn. Und wir wären sehr dankbar, wenn sie ihre Aufmerksamkeit gelegentlich auch nach dort richten könnten."
Sie deutete mit ihrem Stock in die angegebene Richtung.
"Ja, richten.", erklang erneut das Echo.
"Uns ist aufgefallen, dass sie, seit sie hier sind, noch nichts zu Essen oder Trinken bekommen haben. Und da dachten Chlotilde und ich, dass wir sie nicht so ganz ohne eine Stärkung hier stehen lassen können."
Sie zog das Tuch von dem mitgebrachten Korb und ein kollektives Magenknurren setzte ein.
"Geröstete Ratte am Stock.", hauchte Rekrut Hetterson, den der appetitliche Geruch geweckt hatte.
"Das Chondritschnecken seien mit Quarzmehl bestäubt. Woher du wissen?", hüpfte Lazulis Stimmer aufgeregt.
"Es ist auch ein starker Kaffee dabei.", lächelte das erste Mütterchen freundlich, "Seid bitte so nett und bringt uns den Korb wieder vorbei, wenn ihr fertig seid. In unserem Alter ist man leider nicht mehr so gut zu Fuß."
Korporal Nichts salutierte.
"Selbstverständlich die Damen. Seien sie versichert, die Wache wird auch ein offenes Auge für ihr Heim haben."
Die beiden Damen nickten dankbar und wackelten wieder die Straße hinauf. Der alte Tom schlug neun Uhr Abends und die Dämmerung setzte ein.
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Letzten Endes hatten wir also keine Chance gehabt. Die Gilden hatten uns ganz elegant dazu gebracht, uns zu verausgaben. Sie hatten einfach zu viele Mitglieder und wir konnten nicht überall sein. So überrollten uns die Ereignisse. Am frühen Morgen des nächsten Tages brannte das Anwesen der Peucys lichterloh. Rhodry Lord Peucy, der jüngste und einzige verbliebene Erbe der Familie Peucy hatte in sicherem Abstand zum Haus in seinem Rollstuhl leise vor sich hingeschnarcht. Die Reifen- und Fußspuren im Kies hatten deutlich gezeigt, dass ihn jemand aus dem Haus gebracht hatte. An der gegenüberliegenden Grundstücksmauer rüttelten die beiden Hauptmänner MeckDwarf und Llanddcairfyn vier verwirrt dreinblickende Wächter zurück in die Gegenwart. Ein halbleere Kanne Milchkaffee lag umgekippt auf dem Boden und drei Becher lagen in Scherben daneben. Der Rekrut Lazuli hockte mit angezogenen Knien an der Mauer und grinste die Welt im Allgemeinen an.
Dorion Picus schnupperte an der Kaffeelache, tippte mit dem Finger hinein und probierte. Er spuckte aus und verzog angewiedert das Gesicht.
"Salzig. Wahrscheinlich ein Schlafmittel auf Salzbasis. Der bittere Kaffee und die Milch überdecken den Geschmack im ersten Moment."
Dann wischte er mit dem Finger über die halb abgeknabberte Chondritschnecke, die neben Lazuli auf dem Boden lag und rieb das pulvrige Mehl zwischen Damen und Zeigefinger.
"Hmm, mehlige Konsistens, prickelt auf der Haut..."
Er schaute zu MeckDwarf auf.
"Mit Bestimmtheit lässt es sich nur im Labor feststellen, Sir, aber ich glaube, das hier ist Ammoniumchlorid und Radium, sprich: Platte."
MeckDwarfs Gesicht verfinsterte sich und Blitze des Zorns gewitterten in seinen Augen. Er wusste nicht, ob er wütender auf die vier Leichtgläubigen sein sollte, die tatsächlich glaubten, dass irgendjemand in dieser Stadt jemals kostenlos etwas zu verschenken haben würde oder auf die Feiglinge, die offensichtlich vier Angehörige der Wache vergiftet hatten.
Einen weiteren Tag später lagen die verkohlten Überreste zweier Menschen in den Schränken der Pathologie. Man hatte sie im Keller der niedergebrannten Villa gefunden. Selbst durch die geschlossenen Schranktüren war der Gestank nach Petroleum noch wahrzunehmen. Bei dem größeren Skelett der beiden hatte ich eine silberne Kette mit einem kleinen Schlüssel daran gefunden, die sich in das Fleisch gebrannt hatte. Ich erkannte die Kette sofort. Es bestand kein Zweifel, dass es sich um einen der beiden Spaßvögel handelte.
Tut'Wee trippelte mit einem Laborbericht in der Hand herein und hüpfte erst auf die Bleikiste, die immer noch neben dem Seziertisch stand und dann auf den Tisch selbst. Er wedelte mit den Blättern des Berichts und grinste anzüglich.
"Die letzte Mahlzeit ist ihm nicht bekommen, fürchte ich. Hat sich ziemlich daran verschluckt.", grinste die Gnumie und reichte mir den Bericht.
'Anahlühse der Probe aus Corpus Nummero Eins, Halsberaich: Papier, Farbpigmente, Klebstoff, Petroleum.'
"Die haben ihm wohl ein Exemplar seines Heftchens zu schmecken gegeben. Eigentlich Schade, ich fand sie eigentlich ganz amüsant.", lachte er heiser.
Ich bedachte ihn mit einem säuerlichen Blick.
"Und Nummer Zwei erst..."
Ich blickte auf das zweite Blatt 'Anahlühse der Probe aus Corpus Nummero Zwo, Beckengegend: Papier, Farbpigmente, Klebstoff, Petroleum.'
Lady Rattenklein hatte beide Berichte abgezeichnet. Ich fügte die Blätter zu den Akten hinzu, die in Klemmbrettern vor den Türen der Fächer hingen in denen die Leichen lagen.
Ich griff nach dem Eimer mit Seifenlauge und dem Scheuerlappen und begann die Tische abzuwaschen. Ich unterbrach meine Reinigungstätigkeit und schaute Tut'wee an.
"Weißt du, was ich merkwürdig finde?"
Er zuckte mit den Schultern.
"Dass schon drei Reruten bei mir waren und mich gefragt haben, ob ich noch Ausgaben dieses Heftchens habe. Die scheinen inzwischen Sammlerwert zu besitzen..."
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