Verfärbt

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von Gefreite Mina von Nachtschatten (RUM)
Online seit 02. 03. 2008
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 Außerdem kommt vor: Septimus Ebel

Eine kleine Geschichte über das "blau sein" und "rot sehen".

Dafür vergebene Note: 11

Schwere Dämpfe stiegen aus den Kesseln auf und hüllten den Raum in einen Nebel, der es einem beinahe unmöglich machte, mehr als einige Meter weit zu sehen, egal ob man besonders gute Augen hatte oder nicht. Flüssigkeit zischte und brodelte. Gestalten eilten geschäftig zwischen den Behältern umher, rührten mit langen Holzstäben darin oder warfen Objekte verschiedener Größe und Farbe hinein. Die passende Geräuschkulisse zu solch einer Szenerie wäre wohl am ehesten ein bedeutungsvolles Schweigen gewesen, nur durchbrochen von Klängen, die auf Arbeitseifer schließen ließen. Aber auf derartige dramaturgische Feinheiten schien hier niemand Wert zu legen: Stimmen schwirrten hin und her, um den neusten Klatsch und Tratsch von einem Bottich zum nächsten und darüber hinaus zu transportieren. Wenn man genug Geduld und gute Ohren hatte, konnte man hier nur durchs Zuhören auf den neuesten Stand kommen, zumindest was die mannigfaltigen unbestätigten Informationen anging, welche in der Bevölkerung kursierten. Und ein guter Teil dieses Geredes nahm sogar erst hier seinen Ursprung, wurde erdacht, erlogen, aus Vermutungen und Getratsche zusammengesetzt - um dann in die Welt hinausgetragen zu werden, als Nahrung für leichtgläubige Gemüter. So konnte man in der Tat angesichts des allgegenwärtigen Dampfes in diesem Raum von einer manifestierten "Gerüchteküche" sprechen.
Das einzige Thema, welches hier nicht zur Sprache kam, war die Arbeit selbst, wozu auch: Jeder wusste genau, was er zu tun hatte. Und wenn das einmal nicht der Fall sein sollte, so reichte eine hastig in den Raum gerufene Frage an die hier tätige Allgemeinheit, um die gewünschte Auskunft zu erhalten und sich dann wieder wesentlich interessanterem Gesprächsstoff mit der Person am Nachbarbottich widmen zu können. Spezialisten gab es hier nicht, im Grunde musste jeder alles wissen und können - was allerdings auch nicht weiter schwer war. Und diesem Umstand war es auch zu verdanken, dass beinahe täglich neue Arbeiter eingestellt wurden, während andere ihre Tätigkeit hier beendeten, jeden Tag herrschte ein reges Kommen und Gehen. So fiel eine zusätzliche Person an den Kesseln und hölzernen Wannen gar nicht weiter auf.
Sie hatte sich selten so unwohl gefühlt. Zum einen lag das an der Arbeitskleidung: Übertrieben viel Stoff, welcher sich zu einem unförmigen Etwas von blassblauer Farbe zusammenfügte, das nur mit viel gutem Willen als Schürze oder Kittel bezeichnet werden konnte. Dazu kam das weiße Kopftuch, das unter dem Kinn zusammengebunden nicht viel mehr als das Gesicht freiließ. Als ob es hier drin nicht schon warm genug gewesen wäre! Zum anderen war da dieser penetrante Geruch nach Farbe, der etwa der Hälfte der Bottiche entströmte. Dass sich in den restlichen Kesseln nur heißes Wasser befand, machte die Sache auch nicht viel besser. Der Wasch- und Färberaum ließ wenig Platz für frische Luft und noch weniger Bewegungsfreiheit, alle Nase lang drängelten sich dicke, miteinander tuschelnde Frauen mit Wäschebergen in den Armen an ihr vorbei, um diese der roten, grünen oder auch gelben Farbe anzuvertrauen. Es war in der Tat eine Frauenwelt, welche sich hier drin offenbarte - der durchschnittliche Mann wäre wohl vor dem omnipräsenten Geflüster, der allgemeinen Gier nach Halbwahrheiten, sowie dem Drang, alles sofort an jeden weitererzählen und ausdiskutieren zu müssen, geflohen, sicherlich nicht ohne eine letzte entnervte Bemerkung zum Thema "Waschweiber" auf den Lippen. Zumindest war ihr hier drin noch kein einziger begegnet. Bis auf einen. Ja, das einzige männliche Wesen, welches sich wohl in den letzten Jahren hier aufgehalten hatte, befand sich zu ihren Füßen und versuchte krampfhaft, sich durch eine winzige Öffnung in einen ungenutzten, etwas zu gut abgedeckten und versiegelten Bottich zu zwängen.
"Kannst du etwas erkennen?", murmelte sie, während sie einer vorbeikommenden Wäscherin ein freundliches Lächeln schenkte und noch ein Stückchen weiter nach rechts trat, um ihren Kollegen am Boden bestmöglich zu verdecken - ohne auf ihn zu treten.
"Nein!", kam die ärgerliche Antwort, "Hier drin ist es dunkel wie, wie ... in einem verschlossenen Fass."
"Ach, ehrlich? Was du nicht sagst!"
Ein unterdrücktes Fluchen war die Antwort, dann erklang ein leises "Glompf" und die Stimme von unten, nun gedämpft durch das Holz, befahl: "Streichhölzer!"
Es war kein Kunststück, die Schachtel mit eben jenen unauffällig fallen zu lassen; etwas kniffliger erwies es sich allerdings, sie mit dem Fuß in die richtige Position zu manövrieren. Denn sich zu bücken konnte man nicht riskieren: Wenn hier etwas auf dem Boden lag und aufgehoben werden musste, so war es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein schmutziges Wäschestück oder eines, das vorher sauber gewesen war und nun nach dem Bodenkontakt erneut gewaschen werden musste. Dann waren gleich zwei oder drei Wäscherinnen zur Stelle, entweder, um zu helfen, oder um diesen Vorgang mit Argusaugen zu überwachen. Wer etwas schmutzig machte war auch dafür verantwortlich, dass die Angelegenheit wieder in Ordnung kam, es sei denn, er legte Wert darauf umgehend hinausgeworfen zu werden, basta! Dilettantismus konnte und wollte man sich hier nicht leisten. Und das nicht nur aus Qualitäts- und somit Gründen der Konkurrenzfähigkeit: Der Besitzer von "Farblichs Stofffärberei" stand schon seit einiger Zeit unter Verdacht, in nicht ganz saubere Geschäfte verwickelt zu sein. Angeblich sollte er Raubgut einer Bande unlizensierter Diebe bei sich zwischenlagern, bis es ohne Risiko an die Hehler weiterverkauft werden konnte. Die Stadtwache Ankh-Morpork war nach einiger Zeit immerhin soweit in ihren Ermittlungen vorangeschritten, dass die mutmaßlichen Diebe festgenommen werden konnten, nur fehlten noch die letzten Beweise in Form der entwendeten Güter. Und genau aus diesem Grund war beschlossen worden, zwei Ermittler verdeckt in der Färberei einzuschleusen, um nach den vermissten Gegenständen zu fahnden.
Es gab in der Tat Einsätze, welche ein wesentlich höheres Risiko bargen und mehr an Nerven und Kräften zerrten als der gegenwärtige, aber nach einigen Tagen in dieser sprichwörtlichen Dampfhöhle hatten Mina von Nachtschatten und Septimus Ebel die Nase gestrichen voll von Farbe, Wäsche und allem, was damit zu tun hatte. Und das sowohl im übertragenen als auch im wahrsten Sinne des Wortes: Den ganz speziellen Geruch, welchen dieser Ort verströmte, bekam man nur schwer aus der Kleidung; selbst Haut und Haar schien er anzuhaften. Doch wenn sie Glück hatten, würde der heutige Tag ihr letzter hier sein und es schien auch ganz danach auszusehen, denn nun ertönte aus dem Bottich ein erstauntes Pfeifen.
"Na, das nenne ich doch mal einen Volltreffer", erklang Septimus Stimme aus dem Kessel. Es klirrte leise. "Wetten, das ist der Kerzenleuchter, mit dem die alte Dame niedergeschlagen wurde?! Und hier, hier haben wir auch das Familiensilber. Und den Schmuck. Und hier ... was, eine Pelzstola??? Wie kann man nur! Verbrecher! Ein armes, unschuldiges Tier nur für ihre Luxusgüter einfach abzuschlachten!"
Mina verdrehte innerlich die Augen. Jetzt ging das schon wieder los!
"Septimus ..."
"Ungeheuerlich! Haben die Menschen denn überhaupt kein Gewissen?"
"Septimus!"
"Und dann auch noch ein Lancre-Weißohrfuchs! Die stehen kurz vor dem Aussterben. Wir sollten den Besitzer gleich mit verhaften!"
"Septimus!!!" Mina trat mit dem Fuß gegen den Bottich, um den Gnom in die Realität zurückzuholen. Wenn man ihn ließ, konnten derart inbrünstig gehaltene Proteste stundenlang dauern. Aber jetzt war eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Der Behälter schwankte nur leicht, dennoch folgte eine ärgerliche Reaktion.
"Was soll das denn, was machst du da?!", schimpfte der Obergefreite.
"Es ist gleich Dienstschluss und wenn wir hier nicht eingeschlossen werden wollen, sollten wir jetzt gehen." Die Vampirin ließ ihren Blick durch den Raum schweifen - zumindest über das, was von ihm zu sehen war. Tatsächlich schienen die meisten Arbeiterinnen schon gegangen zu sein, es war angenehm ruhig geworden und nur hier und da rührte noch jemand die letzten Stoffbahnen des heutigen Tages durch die farbigen Laugen.
Erneut klimperte es sacht und Septimus erschien in der Öffnung am Fuß des Bottichs. Unter Ächzen quetschte er sich nach draußen, eine lange goldenen Halskette mit einem perlenbesetzten Medaillon hinter sich herziehend.
"Beweismaterial", erwiderte er auf den fragenden Blick seiner Kollegin.
"Das sehe ich. Ich habe mich nur gefragt, wie wir das ungesehen hier herausbringen wollen. Es ist ja nicht gerade ein unauffälliges Stück."
Normalerweise wäre es ein Leichtes gewesen, die Kette in einer der zahlreichen Falten der Arbeitskleidung zu verbergen. Das Problem bestand aber darin, dass man diese in der Färberei zurücklassen musste bevor man das Gebäude verließ. Und das Schmuckstück nur dort unterzubringen, um es dann wieder hervorzuholen und in eine andere Tasche zu stecken, war doch ziemlich riskant, zumal man sich nie ganz sicher sein konnte, dabei nicht von neugierigen Wäscherinnenaugen beobachtet zu werden.
"Ein Ohrring hätte auch gereicht", bemerkte die verdeckte Ermittlerin daher kritisch.
Septimus warf ihr einen missmutigen Blick zu.
"Das nächste Mal kriechst du da rein", meckerte er.
Aber Mina war mit ihren Gedanken schon beim nächsten Schritt. Gleich zu Beginn des Einsatzes hatten sie sich gründlich im Wasch- und Färberaum umgesehen, wobei der Obergefreite die Entdeckung gemacht hatte, dass das Gewirr an Balken, welches sich unter dem Dach erstreckte, eine hervorragende Alternative zur Fortbewegung auf dem Erdboden darstellte - vorausgesetzt man war klein genug diese nutzen zu können. Und da die in regelmäßigen Abständen eingelassenen Dachluken stets einen Spalt offen standen, damit der Dampf entweichen konnte, bot sich gleichzeitig ein gnomengerechter Ein- und Ausstieg.
"Du wirst klettern müssen", meinte die Vampirin daher vorsichtig.
"Jaaa, und?"
"Da du nicht allein dort hochkommst ..." Sie wusste, welches Verhalten ihr Kollege gleich an den Tag legen würde und die umgehende Bestätigung dieses Verdachts ließ Mina unwillkürlich schmunzeln. Sie kannte den Gnom mittlerweile gut genug.
Septimus verdrehte theatralisch die Augen, warf die Arme schicksalsergeben gen Himmel und seufzte ernüchtert.
"Dann wirst du mich eben hochheben müssen!", murrte er.
Die Erfahrung hatte gezeigt, dass man besser daran tat, ihn immer selbst diesen Vorschlag machen zu lassen, wenn man nicht mit Nachdruck und einer gewissen Schärfe in der Stimme darauf hingewiesen werden wollte, dass er eigentlich sehr gut allein mit solchen Dingen fertig werden konnte, aber wenn man unbedingt darauf bestand, würde er sich ausnahmsweise und zugunsten der Ermittlungen eben doch einmal... Er konnte es einfach nicht ausstehen und empfand solch eine Behandlung, besonders wenn sie ungefragt erfolgte, als äußerst entwürdigend.
Daher verzichtete Mina auf jeden weiteren Kommentar und beförderte den Gnom samt Kette auf eine Höhe, von der aus er bequem den ersten Balken erreichen konnte. Flink begann er sich seinen Weg durch die nebeligen Höhen zu bahnen.
Aufmerksam verfolgte Mina seinen Marsch unter der, zugegeben recht niedrigen, Decke des Gebäudes, während sie unten in etwa die selbe Route nahm, wobei einige Umwege aufgrund im Weg stehender Regale, Kessel oder Wäscheberge unvermeidbar waren.
Es passierte, als er fast eines der Dachfenster erreicht hatte. Septimus hatte ein gutes Tempo vorgelegt, die Halskette fest an sich gedrückt, als er sich plötzlich in dieser verhedderte, ins Straucheln geriet und unter erschrockenem Quieken abstürzte. Er fiel - direkt in eine Wanne mit dunkelblauem Färbemittel. Wild prustend und um sich schlagend tauchte er nur Sekunden später wieder auf, orientierte sich kurz und begann mühsam auf den Rand des Bottichs zu zu schwimmen. Mina ergriff rasch einen der herumstehenden hölzernen Rührstäbe, um den Gnom aus dem Bottich zu fischen. Da diese Arbeitsgeräte an ihrem Ende in einer Art schmalem Paddel ausliefen, erwies sich das glücklicherweise als nicht allzu schwierig und kurz darauf hockte Septimus japsend auf dem Stab - das Ende der Kette noch immer in der Hand. Mina ließ die vor Schreck angehaltene Luft zwischen den Zähnen entweichen. Den Göttern sei Dank hatte sich kein Kessel mit kochendem Wasser unter dem Gnom befunden! Nicht auszudenken, was ... Nein, darüber wollte sie jetzt ganz gewiss nicht nachdenken! Also konzentrierte sie sich darauf ihren nunmehr von Kopf bis Fuß blauen Kollegen zum Rand des Bottichs zu bugsieren, ohne dass er wieder in eben diesen hineinfiel.
Bis auf ein farbliches Problem hätte das Ganze also keine weiteren negativen Auswirkungen gehabt, wenn nicht in genau diesem Moment eine der letzten Wäscherinnen aus dem Dunst aufgetaucht und zielsicher auf sie zugesteuert wäre. Zunächst warf die Frau ihnen nur einen raschen Blick zu und eilte vorbei, erstarrte dann aber mitten in der Bewegung und drehte sich langsam um. Septimus wiederum wählte genau diesen Augenblick, um sich aufzurichten und stand nun triefend auf dem Rand des Bottichs, während die Farbe in Strömen an ihm herablief. Die Wäscherin schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund, ließ einen erstickten Schrei hören und taumelte nach hinten, wobei sie gegen ein schwer beladenes Regal stieß, welches wiederum durch den Aufprall stark ins Wanken geriet. Und da es von der ihnen abgewandten Seite durch eine Mauer ausrangierter Holzwannen gestützt wurde, blieb ihm schließlich nur eine Fallrichtung - nach vorn. Stoffbahnen polterten zu Boden, über dem Klang von brechendem Holz tönte das Geräusch zersplitternder Keramik, erzeugt von Tonschüsseln, in welche man von den Bottichen abgeschöpfte Farbschlacke gefüllt hatte, die sich nun großzügig über den Boden verteilte. Der bordeauxrote Inhalt einer besonders großen Schale, welche ganz oben auf dem Regal gestanden hatte, schwappte noch im Fall einer Flutwelle gleich über und ergoss sich in einem satten Schwall über den Kopf der unten stehenden Vampirin, welche verzweifelt bemüht war, der kurz vor der Hysterie stehenden Frau die kleine blaue Erscheinung zu erklären. Es war nur ein schwacher Trost, dass die Schale selbst sie knapp verfehlte. Die Wäscherin kreischte ein letztes Mal und hastete davon. Dann herrschte Ruhe, abgesehen vom scheppernden Geräusch einer davon rollenden Schüssel, die wie durch ein Wunder heil geblieben war.
Den vormals so sauberen Boden bedeckte nun ein buntes Potpourri aus allen möglichen Farben, die immer noch ineinander liefen und dem Ganzen von Sekunde zu Sekunde ein neues Aussehen gaben. Bestimmt gab es irgendwo auf der Scheibenwelt jemanden, der dies als moderne Kunst bezeichnet, den Bereich absperren lassen und ihn der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hätte - natürlich nur gegen Zahlung eines zünftigen Eintrittsgeldes. Aber dieser jemand hieß ganz bestimmt nicht Herr Farblich... Ein roter und ein blauer Wächter sahen sich an und kamen stumm zu der Übereinkunft, dass es nun wirklich an der Zeit war, den Ort des Geschehens so leise und vor allem so schnell wie möglich zu verlassen. Hastig machten sich Mina und Septimus auf den Weg zum Ausgang des Gebäudes, bunte Fußspuren hinterlassend und kurz darauf auch das Brüllen des Besitzers der Färberei im Nacken, was sich ungemein beflügelnd auswirkte. Sie verschwendeten keinen Gedanken an einen möglichen Aufenthalt, auch dann nicht, als ihnen endlich kühle Abendluft ins Gesicht wehte, nur Mina blieb kurz stehen um die verhasste Arbeitskleidung dem Straßengraben anzuvertrauen. Dann gaben die beiden verdeckten Ermittler Fersengeld und eilten durch die halbdunklen Straßen Ankh-Morporks dem Wachhaus am Pseudopolisplatz zu.


***


Wortkarg hatten sie ihrem Abteilungsleiter Romulus von Grauhaar die gefundene Halskette übergeben, in der Hoffnung sich so rasch wie möglich in ihr Büro zurückziehen zu können.
Aber der Werwolf hatte sie zunächst eine Weile verwundert betrachtet und dann auf eine Erklärung bestanden.
"So, Stofffarbe also", meinte er schließlich, als die beiden RUM Mitarbeiter ihren knappen Bericht beendet hatten und konnte sich ein Grinsen nicht länger verkneifen. "Ich nehme an, daher sind auch die erwähnten Reinigungsversuche fehlgeschlagen?"
Tatsächlich war dies das Erste gewesen, was Mina und Septimus versucht hatten, als sie im Wachhaus angekommen waren, aber die Farbe hatte sich als äußerst widerstandsfähig gegen Wasser und Seife erwiesen. Viel war nicht zu machen gewesen.
"Nun gut, bringt das alles noch in eine schriftliche Form und dann könnt ihr Feierabend machen." Er tippte auf das Schmuckstück auf seinem Schreibtisch. "Um Farblich kümmern wir uns morgen. Wegtreten!"
Septimus und Mina salutierten hastig und waren schon beinahe aus dem Büro hinaus, als Romulus noch hinzufügte: "Ach und Obergefreiter: Die ganze Sache ist natürlich kein Anlass, um morgen blau zu machen, verstanden?"
Mit einem sehr gequält wirkendem Lächeln nickte Septimus und als die Tür sich schließlich hinter ihnen geschlossen hatte, ertönte auf ihrer anderen Seite ein herzliches Lachen.
Mit gesenktem Kopf machten sich die Vampirin und der Gnom auf den Weg zum Büro RUM 2.
"Warum blau?", maulte Septimus leise vor sich hin, "Hätte es nicht wenigstens grün sein können? Grün wie das Gras, wie das Laub der Bäume, damit hätte ich mich wenigstens noch identifizieren können. Aber so bin ich nichts weiter als eine gnomenförmige Blaubeere!"
"Was soll ich denn sagen?", erwiderte Mina, "Ich sehe aus, als hätte ich gerade jemanden ermordet. Und wenn man das auch noch im Zusammenhang mit der Spezies sieht ... als ob ich mich nicht hätte zusammenreißen können."
Man sollte annehmen, dass auf dem kurzen Stück Gang zwischen dem Büro des Abteilungsleiters und dem eigenen nicht mehr allzu viel passieren kann. Aber ein erbarmungsloses Schicksal wollte es, dass ausgerechnet in diesem Augenblick Chief-Korporal Valdimier van Varwald den Raum des stellvertretenden FROG-Abteilungsleiters verließ.
Für einen Moment der Verblüffung blieb er mitten im Gang stehen, doch dann stahl sich ein spöttisches Grinsen auf sein Gesicht.
"Wie schön, dass sich endlich einmal jemand bemüht, etwas Farbe ins Wachhaus zu bringen!", rief er.
Septimus war drauf und dran sich zu einer entsprechenden Erwiderung hinreißen zu lassen, aber Mina drängte ihn entschlossen weiter vorwärts.
"Einfach weitergehen, nicht beachten und vor allem nicht provozieren lassen", raunte sie ihm zu.
Der Chief-Korporal ließ es sich jedoch nicht nehmen, Mina und Septimus noch vor den Treppen einzuholen, um noch ein amüsiertes "Kein Grund, rot zu werden!" hinzuzufügen. Damit verschwand er hinunter ins Erdgeschoss.
Dann endlich erreichten die beiden verdeckten Ermittler RUM 2, das Ende der Peinlichkeiten, den sicheren Hafen, welchen sie auf jeden Fall erst dann wieder verlassen würden, wenn sich ganz bestimmt kein weiterer Wächter mehr im Gebäude befand. Hier würden sie vorerst ihre Ruhe haben - soweit die Theorie. Welche genau in dem Moment in sich zusammenfiel, als ein gedämpftes Kichern im hinteren Teil des Raumes ertönte.
Ayure Namida saß kerzengerade hinter ihrem Schreibtisch und starrte ihnen belustigt entgegen, hatte aber den Anstand, sie zumindest kommentarlos ihre eigenen Arbeitsplätze erreichen zu lassen. Dann aber platzte es aus ihr heraus.
"Meine Güte, was habt ihr denn gemacht?", gluckste sie.
"Frag. Besser. Nicht."
"Und sag einfach auch nichts dazu, in Ordnung!?"
Während der nächsten halben Stunde durchschnitten immer wieder Geräusche den Raum, die sowohl ein Husten, als auch ein Prusten hätten sein können. Dann ein Knall und Ayures hochroter Kopf tauchte nur langsam wieder unter der Tischplatte hervor auf. Sie war nun eindeutig außer Atem und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
"Entschuldigung, aber das ist einfach zu komisch", lachte sie.
Vier Augen sandten geradezu mörderische Blicke in ihre Richtung und veranlassten Ayure, ihren Stuhl schnell wieder aufzustellen, die Umhängetasche zu greifen und sich zur Tür zu begeben. Mit der Klinke in der Hand wandte sie sich noch einmal ihren Kollegen zu.
"Schaut mich doch nicht so an", meinte sie versöhnlich, "Und egal was passiert sein mag: Ihr scheint ja immerhin noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein."


Zählt als Patch-Mission.



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Feedback:

Von Laiza Harmonie

09.03.2008 12:48

Ein gelungene kleine Szene aus dem Leben eines verdeckten Ermittlers. Meiner Meinung lebt sie von deinem Erzählstil, der mir sehr gut gefällt. Ich finde, dass solche kurzen Missionen, in denen ausnahmsweise nicht die Welt gerettet wird, viel zu selten sind. Dabei sind es doch die Alltagssituationen, die dass Wacheleben und/oder den Wächter erst greifbar machen. Deshalb gabs von mir einen Zusatzpunkt!Aber lass dich trotzallem nicht von langen Singles abhalten ;-)

Von Ophelia Ziegenberger

09.03.2008 12:48

Eine nette kleine Kurzgeschichte. Die Handlung ist knackig und solide, logisch - aber halt auch absolut voraussehbar, wodurch keinerlei Spannung aufgebaut werden konnte. Besonders schön fand ich an deiner Single, dass Mina und Septi in Aktion vorkamen, zwei sympathische Charaktere, die eben nicht allzu häufig durch das Sichtfeld des Lesers huschen.

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