Es muss nicht immer Harfe sein

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von Wächter Ruppert ag LochMoloch (GRUND)
Online seit 24. 01. 2008
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Für Rekruten (erste Mission):
Heute steht der Umgang mit den Bürgern der Stadt auf dem Ausbildungsplan! Zusammen mit einem anderen Rekruten wird es deine Aufgabe sein einen kleinen Tatort vor den neugierigen Bürgern zu schützen, damit die Tatortwächter von SuSi in Ruhe ihre Arbeit verrichten können. Wie das wohl ausgeht?

Dafür vergebene Note: 11

Für Rekruten (erste Mission):
Heute steht der Umgang mit den Bürgern der Stadt auf dem Ausbildungsplan! Zusammen mit einem anderen Rekruten wird es deine Aufgabe sein einen kleinen Tatort vor den neugierigen Bürgern zu schützen, damit die Tatortwächter von SuSi in Ruhe ihre Arbeit verrichten können. Wie das wohl ausgeht?

"In Llamedos regnet es immer.
Das hat Großvater immer gesagt als er noch lebte. Dann hat er gelacht. Denn LochMoloch gehört zwar zu Llamedos, aber unsere Vorfahren waren so schlau sich auf einem Berg niederzulassen, so hoch, dass er meistens über die Wolken ragt. Natürlich hat das auch Nachteile. Zum Beispiel ist es bei uns auch im Sommer meistens recht kühl. Und Ziegenmilch schmeckt auch nicht wirklich gut. Weshalb wir den Whisky erfunden haben. Ich weiss, es gibt viele, die das für sich in Anspruch nehmen. Aber wir in LochMoloch haben ihn wirklich erfunden. Allerdings ziehen wir es vor ihn selbst zu trinken und deshalb kennt kaum einer unseren Whisky. Er ist der beste auf der ganzen Scheibenwelt. Ganz sicher. Ich bin weit herumgekommen und glaube mir, ich weiss wovon ich rede. Die Schweinepisse, die sie im Wiewunderland brauen, buäh, das üble Zeug aus Klatsch, brrr und die braune Pampe hier in Ankh-Morpork, na ja, ihr wisst es eben nicht besser.
Mein Vater ist Hubert ag LochMoloch, unser Clansführer. Manche sagen auch Häuptling zu ihm und manche Leute nennen ihn König. Vor allem die, die ihm etwas verkaufen wollen. Schmeichlerische Tiefländer allesamt. Mein ältester Bruder, Calfredyn, wird eines Tages sein Nachfolger werden.
Ich bin der achte Sohn.
Mein Name ist Ruppert.
Ruppert ag LochMoloch.
Ich bin von Zuhause weg gegangen weil es für mich dort keine Zukunft gegeben hätte. Gut, ich hätte Soldat, vielleicht sogar ein Offizier werden können, aber einer meiner älteren Brüder hätte mir immer Befehle erteilt. Ich hätte die Ställe und die Brennerei leiten können, aber mal ehrlich - wen reizt das schon? Also habe ich zu meinem Vater gesagt: 'Lass mich ziehen und gib mir deinen Segen.'
Ja, er ist ein toller Mann, mein Vater. Er hat genau gewusst was in mir vorging. Also hat er mich mit dem Segen der Götter versehen losgeschickt.
Das war vor zwei Jahren. Zweiundzwanzig Jahre alt war ich, da habe ich meine Heimat verlassen. Mit nichts bei mir als meinem Schwert und ein paar Kleinigkeiten.[1]
Ich habe viel gesehen in diesen zwei Jahren. Ich habe die Wunder Djelibebys geschaut, die steilen Klippen Lancres erklommen und im Wiewunderland Balgrogs gejagt. Ich saß Nase an Nase mit schaurigen Hexen und habe im Kartenspiel gegen sie fast meine Seele verloren[2].
Vor zwei Wochen kam ich nach Ankh-Morpork. Na ja, mein Geldbeutel ist in den vergangenen zwei Jahren etwas schmal geworden. Also suche ich Arbeit. Und ich habe das Plakat gesehen."
Am Tresen im Wachhaus am Pseudopolisplatz saß eine rothaarige Wächterin und starrte den jungen Mann an, der vor ihr stand und soeben seine Lebensgeschichte beendet hatte. Mechanisch griff sie in eine kleine Pappschachtel und schob sich eine Praline in den Mund.
"Dumusch..." Sie schluckte die Schokolade herunter. "Du musst hier diesen Bogen ausfüllen", sagte sie und schob ihm ein Formular hin. Während er schrieb musterte sie ihn. Vor ihr stand ein rothaariger, gut gebauter Mann mit einer Hakennase und einem kurzen Vollbart. Als er hereinkam hatte sie gesehen, dass er einen karierten Rock trug, dazu ein weißes Hemd und über dem eine dunkelgrüne Weste. Sie hatte gegrinst und sich gedacht, dass sie noch nie einen Mann mit Rock gesehen hatte. Mit Roben und langen Gewändern ja, aber mit einem Rock? Auf ihre Frage was er wünsche, hatte er begonnen ihr lang und breit zu erzählen wer er war und woher er kam. Auf die Idee, dass er ein neuer Kollege sein wollte wäre sie nicht gekommen. Nicht zuletzt deshalb, weil er so verdammt gut aussah.
Er nahm den Fragebogen entgegen und lächelte sie an. "So, nun weißt du wer ich bin. Und wie ist dein Name?"
"Ich heiße Miriel, Miriel Gerfurt", antwortete sie und bemerkte zu ihrem Entsetzen, dass sie errötete.
"Schön, Miriel, und wie geht es nun weiter?" Er lächelte sie an.
"Füll diesen Bogen aus und geh dann in das Wachhaus in der Kröselstraße. Aber sei vorsichtig, das befindet sich mitten in den Schatten. Dort meldest du dich bei Feldwebel Feinstich oder bei Lance-Korporal Kleinaxt."
Ruppert nahm das Formular an sich und nickte. "Dann sehen wir uns bestimmt bald wieder", meinte er und nickte ihr zu.
"Ja, bestimmt", murmelte sie und schob sich eine weitere Praline in den Mund.

Ruppert betrat das Wachhaus in der Kröselstraße und fragte sich unwillkürlich warum hier alles in schwarz gehalten war. Er stand in der Eingangshalle und sah sich um. Hinter einem großen Tresen stand ein Wächter.
"Entschuldigung", begann er als der ihn ansahen. "Ich suche Feldwebel Feinstich oder Korporal Kleinaxt."
Der Wächter trug seltsamerweise auch im Raum seinen Helm und hatte Tuch vor dem Gesicht befestigt, das Ruppert an die D'Regs in Klatsch erinnerte, und sagte mit staubtrockener Stimme: "Der Lance-Korporal ist nicht da, aber der Feldwebel sollte in seinem Büro sein. Gleich die zweite Tür auf der rechten Seite."
Ruppert dankte und klopfte an die bezeichnete Tür.
"Herein!"
Ruppert trat ein und starrte die ... Person hinter dem Schreibtisch an.
"Ähm ..:"
"Wie kann ich dir helfen, Bürger?", fragte die Igorina ungeduldig.
"Ich ... ich, ähm ...", Ruppert reichte ihr wortlos den ausgefüllten Bewerbungsbogen.
Sie überflog ihn und meinte dann: "Kannft du auch reden, Ruppert?"
"Ja, Feldwebel, Entschuldigung."
"Du haft noch nie einen Igor gefehen?"
"Nein, ich habe gehört, dass ..., nein, noch nie."
"Na, dann gewöhne dich mal fnell an diefen Anblick. Du freibft hier, daff du Foldat warft und mit dem Fwert umgehen kannft. Waf für ein Fwert?"
"Mit einem Langschwert."
"Alf Dienftwaffe haben wir hier Kurffwerter. Kannft du damit auch umgehen?"
"Ich habe ein paar Mal damit geübt, aber beherrschen tue ich es nicht."
"Wie fieht es mit Bogen oder Armbruft aus?"
"Ich bin ein passabler Bogenschütze. Eine Armbrust habe ich nie in der Hand gehabt."
"Nun gut. Du willft Wächter werden. Daf heift, du wirft eine Aufbildung hier machen. Danach ftehen dir die Abteilungen der Wache offen. Wenn du bereit bift, dann kannft du gleich hier den Eid ablegen."
Sie holte einen Zettel heraus, stand auf und las Ruppert den Eid vor, den er Satz für Satz wiederholte.
"Gut. Du gehörft nun fu unf. Ich werde felber deine Aufbildung übernehmen. Fie beginnt morgen früh um fieben Uhr. Haft du eine Wohnung?"
"Ja, in der Nähe des Verrätertors."
"Gut. Fei pünktlich. Und gewöhne dir an deine Vorgefetften mit Sir oder Mä'am anfureden. Verftanden?"
"Ja."
"Ja waf?"
Ruppert stutzte und sagte dann "Verstanden, Mä'am!"
"Gut. Laff dir von dem wachhabenden Rekruten erklären wo du deine Uniform herbekommft. Morgen früh erwarte ich dich korrekt gekleidet um punkt fieben am Wachetresen."


Das alles war vor vier Wochen geschehen. Ruppert hatte sich in der Zwischenzeit in seinem Rekrutenleben eingerichtet und seine Kollegen kennen gelernt. Es waren sehr merkwürdige Personen darunter. Aber auch sehr nette. Vor allem viele sehr nette Kolleginnen. Er hatte etwas Probleme mit den Zwergen. Im Hochland von Llamedos hatte er kaum jemals einen gesehen und auch auf seinen Reisen waren sie ihm nur selten begegnet. Hier gab es zwergische Wächter und er fand es sehr schwer sie einzuschätzen. Wahrscheinlich lag es an den Bärten. [3]

Nach dem Ende einer Tresenschicht, die er mit Miriel Gerfurt zusammen geteilt hatte, lud er sie noch auf einen Drink in den Eimer ein.
"Ich komme gerne mit, Ruppert. Aber ich trinke keinen Alkohol."
Ruppert hob die Augenbrauen. "Warum denn nicht? Das ist doch gesund."
"Gesund? Na, ich weiss nicht."
"Mein Großvater hat sein Leben lang jeden Tag einen viertel Liter Whisky, sein Lebenswässerchen, getrunken. Und er ist fast neunzig Jahre alt geworden. Und er wäre noch älter geworden, wenn ihn nicht ein eifersüchtiger Ehemann erschossen hätte."
"Jetzt erzähl keine Märchen, Ruppert!", lachte Miriel. "Mit neunzig Jahren! Also wirklich."
"Nein, das ist wahr. Der Kerl hat ihn über vierzig Jahre lang verfolgt und dann ..."
Ruppert begann eine seiner weit ausholenden Erzählungen und erklärte Miriel auf dem Weg zum Eimer nicht nur die vielen Vorzüge des llamedonischen Hochlandwhiskys sondern erzählte auch von den heldenhaften Abenteuern seines Großvaters.
"... und lag unter dem Bett und kam nicht mehr raus, weil der Ehemann ein Koloss war von drei Zentnern und sich das Bett so durchdrückte, dass es meinen armen Großvater fast plattdrückte. Und als er dann auch noch zärtliche Gefühle für seine Frau bekam, also dieses Auf und Ab ..."
Miriel musste bei dieser Vorstellung schallend lachen und die beiden betraten gutgelaunt die Wächterstammkneipe.
Alle Tische waren besetzt. "Komm, wir setzen uns zu Norti an den Tisch", sagte Miriel, die zwei freie Stühle erspäht hatte. Norti, der in seiner üblichen Kutte da saß, grinste die beiden an als sie an seinem Tisch standen und deutete auf die Stühle. "Setzt euch."
Ruppert sah in neugierig an.
"Du bist Ruppert, nicht wahr? Freut mich dich endlich mal kennen zu lernen."
"Ja, ich freue mich auch. Bisher habe ich dich ja nur ein paar Mal im Vorbeigehen gesehen."
"Sag mal, du bist doch aus Llamedos, oder? Dann schwingst du doch bestimmt auch die Harfe?"
Ruppert grinste verlegen. "Ja, schon, ein wenig. Aber eigentlich ist mir der Dudelsack lieber."
"Mann, hey, das ist ja prima, ich spiele die Violine. Da müssen wir unbedingt mal zusammen spielen."
Miriel lachte. "Dudelsack und Geige? Das möchte ich hören. Da hörst du doch nichts von Norti wenn Ruppert loslegt."
"Ach, das muss nicht sein, ich kann auch leise spielen."
"Mir wäre ein Duett mit der Harfe auch lieber. Das klingt besser."
"Ich hab aber keine. Ich kann nur spielen. Aber ich besitze keine, weil, ach weißt du, das ist so: Wir aus dem Hochland, also diese Barden und Druiden, also die Flachländer. Alles Weicheier. Und sie blasen die Harfe, Mann. Das ist nichts für einen echten Kerl aus dem Hochland."
"Pff!", machte Miriel. "Echte Kerle, wenn ich das schon höre. Und ausserdem, mein echtes Kerlchen, du behauptest, dass du trotzdem spielst. Wie denn das?"
"Ja, das war so. Ich habe mal eine Zeit in einem Wirtshaus gearbeitet. Unten im Flachland. Und da kam jeden Abend ein Barde und hat aufgespielt. Irgendwie haben wir uns angefreundet und er hat mir gezeigt wie man spielt. Ich war damals noch jung, so an die fünfzehn, und scheinbar war ich auch begabt. Aber als ich dann nach Hause kam haben sie mich alle ausgelacht." Er seufzte. "Eigentlich spiele ich ganz gern auf der Harfe, aber wisst ihr, es nervt halt, wenn man ständig ausgelacht wird."
Norti nickte trübe. Er kannte das auch.
"Wisst ihr was", rief Miriel, "Ihr holt eure Instrumente und spielt einfach mal was."
"Was denn, hier im Eimer?", riefen Norti und Ruppert wie aus einem Mund.
"Ja, warum denn nicht?"
Die beiden Musiker sahen sich an und begannen zu grinsen.
"OK, ich bin in einer halben Stunde wieder da. Aber ich habe nur den Dudelsack."
"Ach egal, irgendwann besorgen wir dir eine Harfe."

Natürlich dauerte es länger aber nach einer guten Stunde waren Llamedône und Zwerg wieder zurück und legten ihre Schätze auf den Tisch. Norti nahm den Dudelsack und mit einem leisen Fiepen strich die letzte Luft durch die Pfeifen.
"Der ist kleiner als ich gedacht habe", sagte er.
"Kein Wunder, das ist ja auch das Modell für geschlossene Räume. Ich habe noch einen richtigen Hochländer, wenn ich den hier spiele, dann wackeln die Gläser auf den Tischen.[4]"
Ruppert strich über die Saiten der Violine und ein leises Sirren erklang.
"Ich habe noch nie so ein Instrument in der Hand gehabt. Kennst du das Lied Wunderbare Gnade?"
"Nein, nie gehört. Kennst du die Knallpulverpolka?"
"Nö. Was ist das denn?"
"Hmmmm!"
"Hmmmm!"
Miriel sah die beiden an. "Was ist mit Molly Mehlon?"
"Och nöö, diesen alten ...", nörgelte Norti.
"Warum nicht?", unterbrach Ruppert. "Komm, lass' es uns einfach versuchen."
Widerstrebend stand Norti auf und klemmte die Violine unter das Kinn.
Ruppert blies den Luftsack auf und die Brummer ließen ein leises Wimmern hören.
Norti begann leise das Lied anzuspielen. Ruppert hörte aufmerksam zu und auch einige Wächter an den anderen Tischen merkten auf und stießen einander an.
Dann flüsterte Miriel: "Eins, zwei und drei!" und die beiden Musiker begannen nun das alte Immergrünlied, emporgewachsen aus den fruchtbaren Straßen des Hafenviertels, zu spielen.
Im Eimer wurde es zwar nicht richtig still, aber die meisten Wächter unterbrachen ihre Gespräche und hörten den beiden zu.
Als das Lied fertig war klatschte Miriel begeistert in die Hände. "Hey, das hat toll geklungen. Spielt's noch mal. Und ich singe mit."
Norti grinste und nickte Ruppert zu. Dann fingen sie wieder an.
Zuerst sang nur Miriel, dann fielen andere Wächter ein und zum Schluß sangen die meisten Wächter begeistert mit:

In Ankh-Morporks Mauern, wo die Mädchen versauern,
Da fiel mein Blick gleich auf die Molly Mehlon.
Wie sie schob die Barkasse,
Von dem Ankh in die Gasse
Und rief Herzmuscheln und Miesmuscheln, lebendig, OHO!
Lebendig, OHO! Lebendig, OHO!
Und rief Herzmuscheln und Miesmuscheln, lebendig, OHO!

Sie handelte auch mit Schlickflunder, das war auch kein Wunder,
Denn so hatten es auch schon die Eltern getan.
Auch sie schoben die Barkasse,
Von dem Ankh in die Gasse
Und riefen Herzmuscheln und Miesmuscheln, lebendig, OHO!
Lebendig, OHO! Lebendig, OHO!
Und riefen Herzmuscheln und Miesmuscheln, lebendig, OHO!

Sie bekam dann die Ankh-Pest, und die gab ihr den Rest,
Denn das war das Ende von Molly Mehlon
Doch ihr Geist schiebt die Barkasse,
Von dem Ankh in die Gasse
Und ruft Herzmuscheln und Miesmuscheln, lebendig, OHO!
Lebendig, OHO! Lebendig, OHO!
Und ruft Herzmuscheln und Miesmuscheln, lebendig, OHO!
[5]

Es wurde noch ein sehr langer Abend ...


"Guten Morgen Rekruten!" Mit diesem Gruß betrat Lance Korporal Kleinaxt am nächsten Tag die Kantine in der Kröselstraße.
Mehr oder weniger laut und begeistert grüßte die hoffnungsvolle Zukunft der Wache ihre Ausbilderin zurück. Einigen sah man die lange Nacht im Eimer deutlich an.
"Wir haben eine Anforderung von SUSI erhalten. Zwei Rekruten sollen einen Tatort absichern, damit die Tatortwächter in Ruhe ihrem Dienst nachkommen können. Ihr werdet dabei nicht nur Erfahrungen im Umgang mit neugierigen Bürgern machen sondern auch etwas über den Beruf des Tatortwächters lernen. Vielleicht gibt es ja jemanden, der sich überlegt nach seiner Ausbildung Tatortwächter zu werden. Deshalb frage ich ausnahmsweise einmal nach Freiwilligen."
Die Rekruten sahen einander an. Ruppert flüsterte Miriel zu "Gspusi bei SUSI."
Miriel kicherte. Auch sie hatte die Gerüchte über die Liebelei einer Gerichtsmediziners mit einer Tatortwächterin gehört.
Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass Kleinaxt ihn gerade zufällig im Blick hatte.
"Würdest du das bitte wiederholen, LochMoloch."
Ruppert stand langsam auf und wurde rot. "Ich meinte nur, dass, ähm ..."
"Ja?"
"Dass ... dass ... ja, die Tatortwächter ja auch Spurensicherer sind. Spusi eben. Ja, Spusi bei SUSI. Find ich ganz irre spannend. Ich melde mich freiwillig, Mä'am."
Der Lance-Korporal blickte ihn finster an. Das Zucken der Mundwinkel wurde vom Bart verborgen.
"Na gut. Sonst noch ein Freiwilliger?"
Keiner meldete sich.
"Na gut, Rekrut Zartbitter. Du kannst auch ein wenig Stadtluft vertragen. Macht euch sofort auf in die Teekuchenstraße, Hausnumer 242 im Hinterhof. Meldet euch dort bei der Hauptgefreiten Kathiopeja."
Ruppert und Patrick, der langsam von seinem Stuhl aufstand, salutierten und nickten sich zu.

Draußen war es neblig. Die Art von dichtem Nebel, bei dem geschäftstüchtige Menschen wie Herr Schnapper Würfel aus der Luft schneiden und diese dann tiefgekühlt [6] als Eiswürfel verkaufen [7]. Tastend und schimpfend suchten die beiden Rekruten ihren Weg durch den Nebel und gelangten endlich zu ihrem Einsatzort.
"Hier muss es sein", sagte Patrick. "Na endlich."
"Dann lass' uns mal diese Kathiopeja suchen."
Die beiden betraten den Hinterhof und sahen eine Wächterin in einem langen Kapuzenmantel vor zwei Frauen stehen. Vor ihr war durch bunte Bänder ein kleiner Bereich vor einer Tür abgetrennt.
"Nein, ihr werdet nicht hineingehen und eure Wäsche abholen. Wie oft soll ich das noch sagen?"
Sie sah die beiden Rekruten und rief erfreut aus: "Na endlich seid ihr da! Bitte sorgt dafür, dass niemand hinter die Absperrung tritt."
Die beiden traten zu der Hauptgefreiten. "Hallo, ich bin Patrick Zartbitter und das ist Ruppert ag LochMoloch."
Kathiopeja zuckte leicht zusammen. "Ruppert was?", fragte sie mit leiser Stimme.
"Ruppert ag LochMoloch. Ich komme aus Llamedos und ..."
"Schon gut, ich habe nur ..:" Sie seufzte. "Hast du schon mal was von Ruppert von Himmelfleck gehört?"
"Der Werwolf, der einen Mann ermordet hat, rausgeschmissen wurde und sich dann heimlich verdrückt hat?", fragte Ruppert forsch.
Kathi wirbelte zu ihm herum. "Sag das NIE wieder!", brüllte sie ihn an. "Ruppi ist weder ein Mörder noch hat er sich verdrückt! Hast du das verstanden?"
"Ja, aber ..."
"Kein aber! Macht euch gefälligst an die Arbeit!"
Ruppert sah in die blitzenden Augen der hübschen silberhaarigen Frau und seufzte.
Kathiopeja kochte vor Zorn. 'Dieser dahergelaufene Rekrut, der wird mich noch kennen lernen. Ruppi so zu beleidigen. Na wart's ab, Bürschelchen ..:'

"Ach, bitte schön, Herr Wächter, darf ich mal vorbei!" Eine alte Frau wollte sich an Ruppert vorbei schieben.
"Äh ... Nein, das geht jetzt nicht. Dort wurde ein Verbrechen verübt. Du darfst da jetzt nicht rein."
"Aber, Herr Wächter, da hängt doch meine Wäsche drin."
"Das macht nichts, wir passen schon drauf auf."
Jetzt wurde die Frau böse. "Stadtwächter! Ihr seid doch Diebesgesindel alle miteinander. Ich will sofort meine Wäsche!"
Die andere, wesentlich jüngere Frau fiel ein. "Ich will auch da rein. Ich brauche auch sofort meine Wäsche."
Ruppert sah erstaunt auf die beiden. Dann dämmerte ihm, dass es sich bei dem Tatort um eine Waschküche handeln musste.
"Nein, tut mir leid. Später vielleicht."
Die junge Frau lächelte ihn an. "Ich brauche die Sachen aber. Für meinen Beruf. Kannst du sie mir nicht vielleicht holen? Ich heiße Doreen." Sie schob sich ganz nah an ihn heran und ... schnurrte.
"Aäääähhääää? Ich .. will mal sehen. Was, was brauchst du denn?"
"Meine Sachen hängen ganz hinten rechts."
"Und meine vorne links. Die kannst du auch gleich mitbringen", keifte die alte Frau.
Patrick hatte das Ganze grinsend beobachtet und stellte sich jetzt neben Ruppert. "Schau halt mal nach. Vielleicht kannst du ja die Sachen haben."
Ruppert nickte dankbar und ging zur Tür. Es ging eine Treppe hinunter. Im Keller war es düster obwohl mehrere Laternen brannten. Neben Kathiopeja war eine weitere junge Tatortwächterin dabei den Raum sorgsam zu untersuchen. Ruppert blieb in der Tür stehen und räusperte sich. Die beiden Tatortwächterinnen sahen sich um.
"Hallo", sagte die Unbekannte freundlich. "Ich bin..."
"Was willst du denn hier?", unterbrach Kathiopeja ihre Kollegin. "Du sollst doch draußen aufpassen, dass uns hier niemand stört. Ist das deine Art einen direkten Befehl zu befolgen?"
Ruppert schluckte und kam sich auf einmal sehr klein und dumm vor. Und er saß irgendwie zwischen zwei Stühlen, besser gesagt zwischen einer schnurrenden und einer schnaubenden Frau.
Die andere Wächterin, eine Gefreite, sah Kathi durch ihre Brille erstaunt an, sagte aber nichts und machte sich wieder an ihre Arbeit.
"Da sind zwei Frauen, die sagen ... die meinen ... die darum bitten, meine ich, dass ..." Er sah die Hauptgefreite hilflos an, die seinen Blick kalt erwiderte.
"Was wollen denn die Frauen, die sagen und meinen und bitten?"
"Sie möchten gerne ihre ... Sachen haben, die hier aufgehängt sind." Er deutete vage in Richtung einiger aufgehängter Kleidungsstücke, die an Leinen hingen, die von Wand zu Wand gespannt waren. Dann sah er was hinten rechts hing und wurde knallrot.
Kathiopeja folgte seinem Blick und schüttelte den Kopf. "Aha, du hast dich von der Näherin um den Finger wickeln lassen." Sie deutete auf kleine Nichtigkeiten aus Seide, Satin und Spitze, die von der Leine hingen. "Tsstsstss, was soll aus dir mal werden, Rekrut?"
"Ääääähhäääää ...."
"Und jetzt verschwinde hier. Solange der Tatort nicht genau untersucht wurde wird hier nichts weggenommen. Sag das deiner Freundin."
"Aber sie ist doch gar nicht ...."
"Du darfst gehen." Kathi drehte ihm den Rücken zu und Ruppert schlich wie der sprichwörtlich begossene Pudel aus dem Keller heraus.
Als er draußen war drehte sich die Gefreite zu ihrer Kollegin um. "Sag mal, Kathi, was sollte das denn gerade. Du hast den armen Kerl ja sowas von runtergeputzt. Was hat er denn verbrochen außer, dass er versucht hat nett zu den Anwohnern zu sein."
"Er hat mich vorhin geärgert, Olga. Er hat gesagt, dass ..." Sie seufzte. "Vielleicht habe ich überreagiert. Was soll's? Er ist ein Rekrut und sollte es gewohnt sein herumgeschubst zu werden."
"Aber er sieht doch eigentlich ganz nett aus."
"Ja und? Der Zeitungsjunge aus der Drachenkotstraße sah auch ganz nett aus. Und was hat er seinen Kunden angetan?" [7a]
Olga zuckte nur mit den Schultern und die beiden machten sich wieder an ihre Arbeit.

Ruppert straffte die Schultern als er wieder ins Freie trat. Dieser Kathiopeja würde er es zeigen. So eine blöde Ziege.
Die beiden Frauen sahen ihn erwartungsvoll an.
"Es tut mir Leid, Bürgerinnen von Ankh-Morpork. Aber eure Wäsche könnte ein wichtiges Indiz in einem Verbrechen sein. Leider kann ..."
Weiter kam er nicht, denn die alte Frau begann aufgeregt zu schreien: "Mein Wäsche ein Indiz! So eine Frechheit! Meine Wäsche ist anständige Wäsche. Immer sauber gestopft und gewaschen. Nicht so was wie von der da" - sie zeigte auf Doreen - "Die hat bestimmt indizierte Wäsche. Aber meine Wäsche ist in Ordnung!"
Nun wurde sie ihrerseits von der anderen Frau unterbrochen. "Was hast du denn eine Ahnung von Wäsche? Aus deinem ... Schlüpfer ... könnte man Dessuhs für das ganze Bougerie Rouge schneidern. Wenn er nicht aus steinhartem Panzerstoff bestehen würde. Hier, schau dir das an, DAS ist Wäsche." Sie hob ihren Rock und ließ glitzernde Stofffäden blitzen [9]. Mehr als diese Fäden und ein kleines Seidenläppchen trug sie nicht unter dem Rock. Patrick und Ruppert schauten angestrengt in die andere Richtung - und verknoteten ihre Augen beinahe dabei trotzdem auf die interessante Modenschau zu gucken.
"Das nennst DU Wäsche?", schrie die andere Frau und hob nun ihrerseits den Rock. Knielange Unterhosen aus gestärktem weißes Leinen kamen zum Vorschein. Diesmal schauten die beiden Rekruten tatsächlich woanders hin und versuchten das flüchtig Gesehene zu verdrängen. [10]
Jetzt versuchte Patrick die Wogen zu glätten. "Aber meine Damen. Ich bitte euch. Indizien sind doch nichts Unanständiges. Es könnte nur eben sein, dass der Verbrecher die ...", er stockte kurz "... Indizien berührt hat und ..."
Weiter kam er nicht. "Ein Verbrecher hat meine Wäsche berührt. Igitt, das ist ja unhügünisch. Jetzt muss ich sie noch einmal waschen. Was tut die Wache eigentlich? Wenn unschuldigen Frauen an die Wäsche gegriffen wird?"
Doreen grinste frech die alte Frau an: "Ich bin das gewohnt", woraufhin diese erst einmal empört schwieg.
In diesem Moment kamen die beiden Tatortwächterinnen aus dem Keller. Die Gefreite Inös sah aus als könnte sie sich vor Lachen kaum halten und Hauptgefreite Kathiopeja machte ein extrem wütendes Gesicht.
"So, die Damen, sie können jetzt in die Waschküche gehen und ihre Klamotten abholen."
" Toll! Das ging aber schnell. Was war denn eigentlich los?", wollte Patrick wissen.
"Pah! Der Hausbesitzer ist auf die Wache gekommen und hat uns was vorgejammert, dass da unten jemand ermordet worden ist. Es sei alles voller Blut."
Olga begann zu kichern. "Von wegen Blut. Es war ..."
Sie begann schallend zu lachen. "Jemand hat ..."
Jetzt musste auch Kathi grinsen und beendete Olgas Satz: "Jemand hat seine Unterwäsche dunkelrot gefärbt und zum Trocknen aufgehängt. Gleich vorne links. Und die Farbe ist herausgetropft und hat sich auf dem Boden gesammelt weil der Gulli verstopft war."
Die alte Frau schnappte laut nach Luft und begann sich vorsichtig zurück zu ziehen.
Olga hatte damit begonnen das Absperrband aufzuwickeln und in ihren Koffer zu verstauen. Kathiopeja winkte die beiden Rekruten zu sich. "So, ihr könnt uns noch helfen unsere S.T.Au.Bs zum Wachhaus zu tragen. Dann marschiert ihr zurück zur Kröselstraße und berichtet eurer Ausbilderin was ihr hier erlebt habt."
Sie musterte Doreen, die ganz nah bei Ruppert stand und grinste ihn an. "Aber vielleicht solltest du ihr nicht alles erzählen."
Währen er noch mit knallrotem Kopf dastand drehte sich die Hauptgefreite um und verschwand im Nebel.

[1] Unter anderem ein paar Goldmünzen und einer sehr großen Flasche Whisky

[2] Hier übertreibt Ruppert ein wenig, es ging lediglich um einen Einsatz von zwei Cent. Und er hat sie verloren.

[3] Nein, es war nicht das Problem, dass er Zwerge und Zwerginnen nicht unterscheiden konnte!

[4] Was natürlich an der konischen Bohrung der Spielpfeife liegt.

[5] Sehr frei übersetzt nach "Cockles and Mussels" von James Yorkston

[6] Herr Schnapper hat eine Nische im Zukunftsschweinelager gemietet

[7] Marke Tautropfen - garantiert Ankh-frei

[7a] Das wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Aber vielleicht verrät Kathi es uns irgendwann einmal.

[9] Man bedenke dabei auch den dichten Nebel!

[10] In einem der Bewegten-Bilder aus dem Wie-Wunder-Land hätten jetzt vermutlich die beiden Frauen einen Can-Can getanzt. Leider spielte das ganze in Ankh-Morpork.




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Feedback:

Von Daemon Llanddcairfyn

01.02.2008 19:22

Melde Dich bitte in den kommenden tagen in meinem Büro, um Dir die wesentlichen Unterschiede zwischen Schottland und Wales zu erklären ;o)



- Daemon Llanddcairfyn ap Myrddin

Von Ettark Bergig

01.02.2008 19:39

Meinst du mit Büro den Besenschrank Dae? :mata:

Von Ruppert ag LochMoloch

03.02.2008 14:17

Schottland? Wales? Was mögen das für Tiere sein? :scheinheilig:

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