Der Kommandeur kommt

Bisher hat keiner bewertet.

von Oberfeldwebel Sillybos (SUSI)
Online seit 08. 01. 2008
PDF-Version

Rascaal Ohnedurst zu Gast bei Sillybos. Eine Single für Ras als Dank für seine langjährige Tätigkeit als Kommandeur der Stadtwache.

Für diese Mission wurde keine Note vergeben.

Das Wohnzimmer in Sillybos' Fass. In der Mitte steht ein hölzerner Tisch. An der Wand stehen ein Regal und ein Schrank. Ein Durchgang führt zur Küche. Links ist die Eingangstür, rechts geht es zu den weiteren Räumen. Auftritt Hegelkant.

HEGELKANT: Der Kommandeur kommt...

SILLYBOS: (off.) Hegelkant, denkst du an das gute Geschirr?

HEGELKANT: ...und nichts ist fertig.

SILLYBOS: (off.) Pass auf, dass das Essen nicht überkocht!

HEGELKANT: Der Kommandeur kommt, der Kommandeur kommt, der Kommandeur kommt...

SILLYBOS: (off.) Oder kalt wird!

HEGELKANT: ... und nichts ist fertig.

Auftritt Sillybos mit zwei Büchern unter dem Arm.

SILLYBOS: Hegelkant, ich werde gleich mein Bad nehmen. Du bereitest alles vor, ja? Es muss alles perfekt sein.

HEGELKANT: Ja, Herr.

SILLYBOS: Hast du auch saubergemacht?

HEGELKANT: Ja, Herr. Ich habe das Wohnzimmer geputzt und Staub gewischt.

SILLYBOS: Gut. (legt die Bücher auf den Tisch.) Räum das noch weg. Ich gehe jetzt baden.

HEGELKANT: (seufzt.) Ja, Herr.

Sillybos ab. Hegelkant nimmt die Bücher und geht zum Regal.

HEGELKANT: Tisch abräumen, Tischdecke holen, Servietten aufdecken (stellt die Bücher hinein.), Gläser hinstellen, Besteck aufdecken, zwischendurch noch mal den Braten beträufeln (geht zum Schrank und holt eine Tischdecke hervor.), den Salat fertig machen, die Kartoffeln aufsetzen, (breitet die Tischdecke auf dem Tisch aus.), das Gemüse dünsten, Soße andicken (holt zwei Stoffservietten aus dem Schrank und legt sie auf den Tisch.), beim Anziehen helfen (geht kurz in die Küche und kommt kurz darauf wieder.), alles in die Schüsseln geben, (holt zwei Rotweingläser aus dem Schrank, prüft eins kritisch, poliert noch mal nach, und stellt sie auf den Tisch.) den Nachtisch - meine Spezialität, Klatschianische Vanillecreme mit Früchten - zubereiten... (holt zwei Suppenlöffel, zwei Messer, zwei Gabeln und zwei Nachtischlöffel aus dem Schrank und verteilt sie ebenfalls an den Plätzen.)

SILLYBOS: (off.) Heureka!

HEGELKANT: (ruft.) Am Haken hinter der Tür, Herr! (geht in die Küche.)

SILLYBOS: (off.) Hegelkant, wo ist denn mein gutes Hemd?

HEGELKANT: (off.) Das ist noch in der Wäsche, Herr!

Kurzes Schweigen.

SILLYBOS: (off.) Und meine gute Hose?

HEGELKANT: (kommt aus der Küche.) Da ist doch der Knopf abgesprungen! (zu sich.) Nichts ist fertig...

Kurzes Schweigen. Hegelkant faltet die Servietten kunstvoll und stellt sie auf den Tisch.

HEGELKANT: Ich nähe ihn gleich an, Herr!

Auftritt Sillybos in Hemd und Unterhose.

SILLYBOS: (knöpft sich das Hemd zu.) Passen die Servietten auch zu der Tischdecke?

HEGELKANT: Zu einer weißen Tischdecke passt eigentlich jede Farbe, Herr.

SILLYBOS: Passen die Servietten auch zu meinem Hemd?

HEGELKANT: Bestimmt, Herr. (geht ab.)

Sillybos schaut die Faltung der Servietten interessiert an und faltet eine neugierig auseinander. Beim Versuch, die erneut zu falten scheitert er. Er legt sie flach auf den Platz zurück. Hegelkant kommt zurück mit einer Hose und Nähzeug.

HEGELKANT: Lasst nur, Herr, ich mach das schon mit den Servietten.

Hegelkant setzt sich und näht den Knopf an.

SILLYBOS: Was macht das Essen?

HEGELKANT: Es kocht, Herr.

SILLYBOS: Aber es ist noch nicht fertig?

HEGELKANT: Wenn es schon fertig wäre, würde es kalt werden.

SILLYBOS: Jaja...

Kurzes Schweigen.

SILLYBOS: Haben wir genug Wein? Ich meine, von dem Guten.

HEGELKANT: Ich habe eine Kiste besorgt.

SILLYBOS: Naja, so viel werden wir wohl nicht trinken. Und wenn, dann wird er danach nicht merken, wenn wir auf den billigen umsteigen.

HEGELKANT: (steht auf.) So, Herr, der Knopf ist angenäht.

SILLYBOS: Gut. (nimmt die Hose und zwängt sich rein.)

HEGELKANT: Ich muss nun nach dem Essen schauen.

Hegelkant geht in die Küche.

SILLYBOS: In Ephebe ist es alte Tradition der Tyrannen, kurz vor Ende ihres Dienstes noch viele Wohltaten zu begehen, denn schließlich sollte einem daran gelegen sein, sich mit dem nächsten Tyrannen möglichst gut zu stellen, und da man schließlich nicht weiß, wer als nächstes Tyrann sein wird, versucht man, möglichst viele Schüsse abzugeben, um die Trefferwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Der Kommandeur wird bald abtreten, und auch wenn ich mich nicht für seine Nachfolge beworben habe, lässt er sich vielleicht doch noch von der einen oder anderen Wohltat - vielleicht eine Beförderung? - überzeugen. Zumindest werde ich heute Abend versuchen herauszufinden, wie meine Chancen dafür stehen. Wichtig ist nur, dass alles fertig ist, bis der Kommandeur kommt...

Es klopft.

SILLYBOS: Es klopft! Hegelkant, er ist eine halbe Stunde zu früh! Was tun wir bloß, was tun wir bloß?

HEGELKANT: (kommt aus der Küche.)Wir könnten ihn hereinlassen.

SILLYBOS: Natürlich. Du machst das. Der Sklave öffnet die Tür und ruft dann seinen Herrn. Ich warte in der Küche. (will in die Küche gehen.) Nein, in der Bibliothek. (will in die Bibliothek gehen.) Nein, ich brauche auch noch Schuhe. Ins Schlafzimmer.

Sillybos ab. Hegelkant öffnet die Tür. Auftritt Kannichgut Zwiebel und Goldie Kleinaxt.

KANNICHGUT: Servus, Sklave. Ist der Oberfeldwebel auch zuhause?

HEGELKANT: (überrascht.) Oh... ja natürlich. (ruft nach hinten.) Herr, es sind Lance-Korporal Zwiebel und Hauptgefreite Kleinaxt!

Auftritt Sillybos (in Schuhen).

SILLYBOS: Ihr? Was macht ihr denn hier?

KANNICHGUT: Wir haben gerade Streife und dachten uns, wir machen einen kleinen Schlenker hier vorbei...

GOLDIE: ... wo doch heute der Kommandeur kommt...

KANNICHGUT: ... und schauen mal, ob auch alles fertig ist.

SILLYBOS: Aber natürlich ist alles fertig. Nicht wahr, Hegelkant?

HEGELKANT: Nun, um ehrlich zu sein...

SILLYBOS: (nachdrücklich.) Nicht wahr, Hegelkant?

HEGELKANT: Oh, ähm, ja. Der Kommandeur kommt, und alles ist fertig.

GOLDIE: Alles saubergemacht?

SILLYBOS: Geputzt und Staub gewischt.

KANNICHGUT: Das gute Geschirr gedeckt?

SILLYBOS: Selbstverständlich.

GOLDIE: Rote Bete gekocht?

Kurzes Schweigen.

SILLYBOS: Rote... Bete?

GOLDIE: Ja sicher, des Kommandeurs Leibgericht

KANNICHGUT: Das... wusstest du doch, Sillybos, oder?

SILLYBOS: Äh, natürlich... Nun, ihr müsst nun sicher weiter... Dienst ist Dienst.

Goldie und Kannichgut treten aus der Tür.

GOLDIE: Wohin jetzt?

KANNICHGUT: Zum Forum Vigiliae und dann zurück zum Wachehaus.

GOLDIE: Die Sonne steht tief. Sie blendet. (zwinkert.)

KANNICHGUT: (setzt sich eine Sonnenbrille auf.) Ja, wir sind schon spät dran.

GOLDIE: Einen schönen Abend noch, Oberfeldwebel.

KANNICHGUT: Ja, und viel Erfolg.

SILLYBOS: Danke, und bis morgen.

Sillybos schließt die Tür hinter ihnen.

HEGELKANT: Und jetzt, Herr?

SILLYBOS: Wir haben keine Rote Bete im Haus, oder?

HEGELKANT: Nein, Herr. Ihr mögt ja keine.

SILLYBOS: Und jetzt noch welche besorgen?

HEGELKANT: Würde zu lange dauern, Herr.

SILLYBOS: Wir brauchen Rote Bete, Hegelkant. Es nützt nichts.

Es klopft.

SILLYBOS: Wenn es der Kommandeur ist, müssen wir eben improvisieren.

Sillybos öffnet. Auftritt Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin-Schnapper.

SCHNAPPER: Rote Bete! Rote Bete!

SILLYBOS: Ich nehme zehn Pfund!

HEGELKANT: Zehn Pfund? Herr, davon könnten wir uns wochenlang ernähren!

SILLYBOS: Solange es für heute Abend reicht, ist es mir recht.

SCHNAPPER: Zehn Pfund Rote Bete, macht sechs Dollar dreißig.

SILLYBOS: Sehr gut.

HEGELKANT: Herr, das ist doch viel zu teuer!

SCHNAPPER: Und damit treibe ich mich selbst in den Ruin!

SILLYBOS: Siehst du Hegelkant, der Verkäufer macht sogar Verlust dabei. Es ist ein gutes Angebot.

HEGELKANT: Aber Herr...

SILLYBOS: Such schon mal ein paar Rezepte raus, Hegelkant. Ich regle das hier.

HEGELKANT: Ja, Herr. (geht ab.)

SCHNAPPER: (holt einen Sack mit Rote-Bete-Knollen hervor.) So, bitte sehr. Zehn Pfund röteste Bete zum Vorzugspreis.

SILLYBOS: (bezahlt.) Und hier ist das Geld.

SCHNAPPER: Danke, es war mir ein Vergnügen, und auf Wiedersehen!

Schnapper ab.

SILLYBOS: (trägt den Sack in die Küche.) Hegelkant, hast du ein paar Rezepte gefunden?

Hegelkant kommt zurück mit einem Buch.

HEGELKANT: Ja, Herr, hier ist ein altes vegetarisches Kochbuch mit ein paar Rote-Bete-Gerichten.

SILLYBOS: Gut. Dann suche eine Suppe, ein Hauptgericht und einen Nachtisch raus.

HEGELKANT: Wie wäre es mit dieser Rote-Bete-Suppe? (reicht Sillybos das Buch.) Das würde ich hinkriegen.

SILLYBOS: Das klingt doch gut. Fang schon mal mit der Suppe an, ich suche derweil die anderen Rezepte aus.

HEGELKANT: Ja, Herr. (geht in die Küche.)

SILLYBOS: (blättert in dem Rezeptbuch.) Wo sind denn hier die Hauptspeisen... ah hier. Das sieht doch... - nein, da sind Bohnen drin, das geht natürlich nicht. Marinierter Rotkohl? Nein... Rote-Bete-Reis? Was, fünfundvierzig Minuten Garzeit? Gefüllte Rote Bete brauchen auch so lange... Ah, ein Salat. Hm... (ruft zur Küche.) Hegelkant, haben wir noch Äpfel und gehackte Mandeln?

HEGELKANT: (off.) Ja, Herr.

SILLYBOS: Gut, dann nehmen wir das. Hegelkant, es gibt einen Rote-Bete-Äpfel-Salat als Hauptgericht.

HEGELKANT: (kommt aus der Küche.) In Ordnung, Herr. Die Suppe war zum Glück nicht allzu schwierig, sie kocht bereits. Ich muss sie nur nachher noch abschmecken.

SILLYBOS: reicht Hegelkant das Buch.) Gut. Und für den Nachtisch... hm... naja, da kannst du ja noch was Schönes raussuchen. Hauptsache, es schmeckt dem Kommandeur.

HEGELKANT: Was mache ich eigentlich mit dem Braten und den anderen Speisen? Sie sind so gut gelungen...

SILLYBOS: Wenn sie dem Kommandeur nicht schmecken, können wir sie ihm nicht auftischen.

HEGELKANT: Aber vielleicht schmecken sie ihm ja.

SILLYBOS: Aber vielleicht auch nicht. Das Risiko dürfen wir nicht eingehen. Du kannst den Braten und all das in der Küche essen, während der Kommandeur und ich die Rote-Bete-Sachen essen.

HEGELKANT: (mit kurzem Lächeln.) Einverstanden, Herr.

Hegelkant geht wieder in die Küche. Sillybos schaut zum Tisch. Ihm fallen die ungleich gefalteteten Servietten auf. Er nimmt die flache Serviette und versucht, sie entsprechend der anderen zu falten.

Es klopft.

SILLYBOS: Das wird er sein. Hegelkant, mach auf! Nein, warte, koche weiter das Essen, das ist wichtiger. Ich mach schon auf.

Sillybos legt die Serviette wieder hin, nimmt die andere, faltet sie auseinander und legt sie ebenfalls flach hin. Dann öffnet er die Tür. Auftritt Rascaal Ohnedurst.

SILLYBOS: Kommandeur Ohnedurst, ich heiße dich herzlich Willkommen in meinem bescheidenen Fass.

RASCAAL: Da wir nicht im Dienst sind, verzichten wir auf das Salutieren. (schüttelt Sillybos die Hand.) Ich bedanke mich für die Einladung, Sillybos. Wobei mir der Anlass noch nicht ganz klar ist. (zieht den Mantel aus.)

SILLYBOS: (nimmt den Mantel.) Och, ich dachte mir nur, ein kurzer Austausch zwischen einem Abteilungsleiter und seinem Vorgesetzten könne nicht schaden. In Führungspositionen sind Informationen und Wissen doch das wertvollste Gut.

RASCAAL: Das sehe ich genauso. (schaut sich um.) Hübsch eingerichtet hast du es hier. Sogar mit Teppichboden.

SILLYBOS: Danke. Wir hatten sogar mal ein echtes Tigerfell, aber Hegelkant ist immer darüber gestolpert.

RASCAAL: Apropos - Ist dein Sklave gar nicht zu Hause?

SILLYBOS: Doch, allerdings kümmert sich Hegelkant um das Essen. Im Hause Sillybos wird dem Gast noch vom Gastgeber höchstpersönlich der Mantel abgenommen. (hängt den Mantel auf.) Und naja, ich dachte mir, dass man einen solchen Austausch ja auch bei einem netten Abendessen abhalten könnte... und somit das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.

RASCAAL: Nichts dagegen einzuwenden.

SILLYBOS: Setzen wir uns doch.

Sie nehmen Platz.

RASCAAL: Darf ich fragen, was es zu essen gibt? Oder ist das eine Überraschung?

SILLYBOS: Es ist eine Überraschung... um ehrlich zu sein, weiß ich es selbst noch nicht. Hegelkant macht ein Geheimnis draus, musst du wissen.

RASCAAL: Ah ja.

SILLYBOS: Nur soviel sei verraten... Ich sah, wie Hegelkant speziell Rote-Bete-Rezepte raussuchte.

RASCAAL: (lacht.) Ach, tatsächlich.

Auftritt Hegelkant mit einer Flasche Wein.

RASCAAL: Sag bloß, ihr habt auch Rote-Bete-Wein?

SILLYBOS: Rot ja, Bete nein. (lacht.)

HEGELKANT: (präsentiert den Wein.) Ephebianische Ideenrebe, Frühlese, aus dem Jahr zweitausend.

SILLYBOS: Ein sehr guter Jahrgang.

RASCAAL: Danke sehr.

Hegelkant schenkt ein.

SILLYBOS: Du kannst dann auch gleich den ersten Gang bringen, Hegelkant.

HEGELKANT: Ja, Herr. (geht wieder in die Küche.)

RASCAAL: (kostet den Wein.) Mh, ein hervorragender Tropfen.

SILLYBOS: Ich beziehe ihn von einem Weinhändler, der ihn direkt aus Ephebe per Schiff importiert, zum Einkaufspreis. Eines der ersten Dinge, die ich in Ankh-Morpork lernte, ist, dass Beziehungen und Verhandlungsgeschick hier wichtig sind.

RASCAAL: Das ist in der Tat richtig. Und man lernt, sich darauf einzustellen.

SILLYBOS: Oh ja, ich meinte nur, dass es eine neue Erfahrung für mich war.

Hegelkant kommt mit zwei Suppentassen.

HEGELKANT: Als Vorspeise eine herzhafte Rote-Bete-Suppe. (stellt die Suppentassen auf den Tisch.)

SILLYBOS: Ganz frisch zubereitet. Guten Appetit.

RASCAAL: Ebenso. Es riecht hervorragend.

Rascaal isst die Suppe. Sillybos schlürft wenige Löffel.

SILLYBOS: Schmeckt gut, nicht wahr?

RASCAAL: Ausgezeichnet. Aber dein Appetit scheint sich in Grenzen zu halten.

SILLYBOS: Ich... lasse noch etwas Platz für das Hauptgericht. (ruft zur Küche.) Hegelkant!

Auftritt Hegelkant.

HEGELKANT: (etwas kauend.) Ja, Herr?

SILLYBOS: Du kannst nun abräumen und den Hauptgang servieren.

HEGELKANT: (noch immer kauend.) Sehr wohl, Herr. (nimmt die Suppentassen.)

SILLYBOS: (beiseite zu Hegelkant.) Und mach bei meiner Portion etwas weniger. Das macht wohl keinen guten Eindruck, wenn ich soviel übrig lasse.

HEGELKANT: (beiseite zu Sillybos.) Soll ich euch auch etwas von dem Braten auf den Teller tun? Er ist mir heute besonders gut gelungen.

SILLYBOS: (beiseite zu Hegelkant.) Nein. Er würde Verdacht schöpfen, dass dieses Essen nur zweite Wahl ist.

HEGELKANT: Wie ihr meint, Herr.

Hegelkant ab.

RASCAAL: Ist etwas nicht in Ordnung, Oberfeldwebel?

SILLYBOS: Alles bestens. Hegelkant wird gleich den Hauptgang servieren.

RASCAAL: Ich bin gespannt.

SILLYBOS: Das darfst du auch, es wird bestimmt hervorragend schmecken.

Auftritt Hegelkant mit zwei Tellern.

HEGELKANT: Ein Rote-Bete-Salat mit Äpfeln und Mandeln. Alles sehr frisch zubereitet. (stellt Rascaal und Sillybos einen vollen bzw. einen halbvollen Teller hin.)

RASCAAL: Oh. Gab es nicht genug rote Bete?

SILLYBOS: Ganz im Gegenteil. Ich habe veranlasst, dass du als Ehrengast die doppelte Portion bekommst.

HEGELKANT: Habt ihr schon meine Rundum-Schürze bemerkt, Herr Kommandeur? Ich habe sie selbst entworfen.

SILLYBOS: Hegelkant!

RASCAAL: Man muss auch seinen Untergebenen ihre Freuden und Freiräume in ihrem jeweiligen Bereich gönnen, Oberfeldwebel. (zu Hegelkant.) Eine gute und nützliche Idee, Hegelkant.

HEGELKANT: Ich nenne sie den Küchenrock.

RASCAAL: (nickt anerkennend.) Gefällt mir, der Küchenrock.

SILLYBOS: (nachdrücklich.) Danke, Hegelkant.

Hegelkant ab. Rascaal und Sillybos essen.

RASCAAL: Sag mal, Sillybos, unabhängig von der derzeitigen Lage in den Abteilungen, wie stellst du dir deine weitere Zukunft bei der Wache vor?

SILLYBOS: Warum fragst du?

RASCAAL: Nur aus Interesse.

SILLYBOS: Nun ja, es steht mir wohl nicht zu, große Wünsche zu äußern. Ich werde das tun, wofür ich gebraucht werde und wo ich mich am besten einbringen kann.

RASCAAL: Du könntest dir also - zum Beispiel - auch vorstellen, Offizier zu werden?

SILLYBOS: (wird hellhörig.) Sicher. Noch etwas Wein?

RASCAAL: (hält sein Glas hin.) Und könntest du dir auch vorstellen, wieder als normaler Wächter in einer Abteilung zu arbeiten?

SILLYBOS: (hält beim Einschenken inne.) Du meinst, nicht als Abteilungsleiter?

RASCAAL: Ja. Falls du dich so am besten einbringen kannst.

SILLYBOS: (schenkt langsam ein.) Ähm, natürlich. Was immer für das Wohl der Wache am besten ist.

RASCAAL: Gut, das freut mich.

SILLYBOS: Wobei ich glaube, dass ich als Offizier der Wache sicher mehr nützen würde.

RASCAAL: (trinkt.) Ein sehr guter Wein.

Sie essen wortlos weiter. Sillybos legt nach ein paar Bissen die Gabel auf den Teller und tupft sich den Mund ab.

RASCAAL: Du bist schon satt?

SILLYBOS: Ich versuche ohnehin, ein wenig abzunehmen. Da esse ich lieber etwas weniger.

RASCAAL: Ich glaube nicht, dass du von dem Salat zunimmst.

SILLYBOS: Ich gehe da auf Nummer sicher.

RASCAAL: Sport würde dir sicher auch helfen.

SILLYBOS: Ja, das werde ich sicherlich auch machen. Bei Gelegenheit, irgendwann.

RASCAAL: (hat aufgegessen und legt das Besteck auf den Teller.) Das solltest du. Wenn du Offizier werden willst, sowieso.

SILLYBOS: (ruft zur Küche.) Hegelkant, du kannst abdecken!

Auftritt Hegelkant.

SILLYBOS: Es gibt noch einen Nachtisch.

HEGELKANT: Ähm, der Nachtisch... braucht noch ein paar Minuten.

RASCAAL: Ist etwas nicht in Ordnung?

SILLYBOS: Aber nein! Was soll schon nicht in Ordnung sein? Es ist alles prima.

RASCAAL: Wie du sicherlich auch weißt, Sillybos, ist Perfektionismus in Ankh-Morpork fehl am Platz.

SILLYBOS: Ähm, sicher, das sehe ich genauso.

RASCAAL: Hauptsache, es läuft. Man muss nur - was schwierig genug ist - dafür sorgen, dass es auch weiterhin läuft.

HEGELKANT: Ähm, der Nachtisch kommt sofort.

RASCAAL: Dein Sklave lernt schnell, Sillybos.

Hegelkant ab.

SILLYBOS: Vielleicht sollte ich ihm kurz zur Hand gehen...

RASCAAL: Wenn du glaubst, dass du besser kochen kannst als er...?

SILLYBOS: Das nicht. Aber vielleicht braucht er gerade etwas Führung.

RASCAAL: Mir scheint er sehr selbstständig und zielorientiert zu arbeiten.

SILLYBOS: Das ist er auch. Natürlich. Er hat sich sehr gut entwickelt, seit er mein Sklave geworden ist.

RASCAAL: Ja, gar keine Frage.

Auftritt Hegelkant mit zwei kleinen Glasschüsseln.

HEGELKANT: So, bitte sehr. Klatschianische Vanillecreme mit Früchten. (serviert den Nachtisch.)

SILLYBOS: (schaut irritiert zu Hegelkant.) Hegelkant, du solltest doch...

HEGELKANT: Lässt sich auf Wunsch auch mit Rote-Bete-Saft verfeinern. (stellt ein kleines Kännchen Rote-Bete-Saft auf den Tisch.)

RASCAAL: Das sieht sehr lecker aus.

Hegelkant ab. Rascaal beginnt zu essen.

SILLYBOS: Nimmst du gar keinen Saft dazu?

RASCAAL: Ich glaube, der Rote-Bete-Saft würde den feinen, süßen Geschmack zerstören.

SILLYBOS: Es ist Hegelkants eigene Kreation.

RASCAAL: Schmeckt wirklich ausgezeichnet.

Sillybos isst ebenfalls.

SILLYBOS: Nochmal zurück zu dem Thema vorhin... Glaubst du, dass ich ein guter Offizier wäre?

RASCAAL: (überlegt kurz.) Sillybos, du bist ein Mann des Wortes.

SILLYBOS: Ja...

RASCAAL: Aber als Offizier muss man ein Mann der Tat sein.

SILLYBOS: Kann man nicht beides sein? Kann man nicht den Worten Taten folgen lassen?

RASCAAL: Man kann. Warum tust du es nicht?

SILLYBOS: Ich tue es nicht?

RASCAAL: Du sagst, Informationen seien wichtig, aber du weißt nicht, was es heute zu essen gibt. Du sagst, dass Verhandlungsgeschick wichtig ist, aber dennoch lässt du dich von Schnapper über den Tisch ziehen.

SILLYBOS: Du weißt das?

RASCAAL: Ich habe Schnapper einen Tipp gegeben, dass er hier möglicherweise ein gutes Geschäft mit Rote-Bete-Knollen machen könnte.

SILLYBOS: Oh.

RASCAAL: Gleich nachdem ich Goldie und Kannichgut beauftragte, dir mitzuteilen, dass ich gerne Rote Bete mag. Ich ahnte nämlich, dass du das nicht weißt.

SILLYBOS: Naja, ich habe es ja noch rechtzeitig herausgefunden.

RASCAAL: Mir schmeckt das Essen hervorragend, aber dir offensichtlich überhaupt nicht. Ich habe mich gewundert, dass du Hegelkant etwas kochen lässt, das du selbst gar nicht magst.

SILLYBOS: Ein Zeichen der Gastfreundschaft.

RASCAAL: Oder ein Zeichen von Unterwürfigkeit?

SILLYBOS: Keineswegs.

RASCAAL: Was hätte es denn sonst gegeben?

SILLYBOS: Braten. Hegelkant isst ihn in der Küche.

RASCAAL: Gut für ihn.

SILLYBOS: Apropos Hegelkant. Wir sprachen darüber, wie selbstständig und zielstrebig er arbeitet.

RASCAAL: Ja.

SILLYBOS: Ist das nicht ein Hinweis, dass ich eine gute Führungskraft bin?

RASCAAL: Sillybos, es gibt gute Führungskräfte und gute Untergebene. Nur weil jemand ein guter Abteilungsleiter ist, bedeutet das nicht automatisch, dass die Abteilungsmitglieder auch gute Untergebene sind.

SILLYBOS: Verstehe.

RASCAAL: Und wenn man gute Untergebene hat, macht das einen noch lange nicht zu einem guten Vorgesetzten.

Sillybos nickt wortlos.

RASCAAL: Hegelkant ist ein guter Untergebener. Auch in der Wache haben wir viele gute Untergebene. Die ganzen Unteroffiziere und Mannschaften, die auf den Straßen und in den Büros die ganze Drecksarbeit machen. Sie sind ebenso wichtig wie die Führungskräfte. Ohne sie wäre die Wache gar nichts.

SILLYBOS: Aber warum verdienen Offiziere dann ein Vielfaches?

RASCAAL: Das, mein lieber Sillybos, ist eine ganz andere Frage, die wir hier nicht diskutieren wollen.

SILLYBOS: Es geht um Verantwortung, nehme ich an.

RASCAAL: Unter anderem.

Sie essen auf.

RASCAAL: (legt den Löffel beiseite.) Ich glaube, dass du später mal ein guter Spieß sein wirst, Sillybos.

SILLYBOS: Danke, Kommandeur. (ruft zur Küche.) Hegelkant, du kannst abräumen.

Auftritt Hegelkant. Er nimmt die Glasteller und geht in die Küche.

RASCAAL: So, mein lieber Sillybos. Ich möchte mich nun verabschieden.

SILLYBOS: Ich hoffe, es war ein schöner Abend für dich, Kommandeur.

RASCAAL: Ich habe ihn sehr genossen, vielen Dank.

SILLYBOS: Das freut mich. (ruft.) Hegelkant, holst du den Mantel?

Hegelkant kommt aus der Küche und holt Rascaals Mantel.

RASCAAL: Danke.

Hegelkant hilft Rascaal in den Mantel.

RASCAAL: Danke, Hegelkant, auch für das sehr gute Essen. Es hat sehr gut geschmeckt.

HEGELKANT: Vielen Dank, Herr Kommandeur.

Sillybos öffnet die Tür.

RASCAAL: Wir sehen uns morgen bei der Wache.

Sie reichen sich die Hand.

SILLYBOS: Pünktlich zum Dienstbeginn.

RASCAAL: Wünsche noch einen schönen Abend.

Rascaal ab.

SILLYBOS: Tja...

HEGELKANT: Ich habe in der Küche nicht viel mitbekommen, Herr. Brachte der Abend den gewünschten Erfolg?

SILLYBOS: Nun, er hat mich... nachdenklich gemacht.

HEGELKANT: Inwiefern?

SILLYBOS: Ich denke, ich werde von meinem Abteilungsleiterposten zurücktreten.

HEGELKANT: Oh. Ist das weise, Herr?

SILLYBOS: Ich bin ein Mann des Wortes, mein werter Sklave. Anscheinend kein Mann der Tat.

HEGELKANT: Aber sind Worte nicht wichtiger als Taten?

SILLYBOS: Leider besteht die Wache nicht nur aus Philosophen, Hegelkant.

HEGELKANT: Leider nicht, Herr.

SILLYBOS: Es sind schwere Zeiten für Philosophen, Hegelkant. Wir wissen, wie wir die Welt besser machen können, aber wir können es nicht umsetzen.

HEGELKANT: Weil die Welt nicht aus Philosophen besteht?

SILLYBOS: Weil Philosophen keine Taten folgen lassen.

HEGELKANT: Ich verstehe.

Kurzes Schweigen.

SILLYBOS: Ist noch was vom Braten da? Ich habe einen Bärenhunger.

Vorhang.

ENDE



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung