Asche 1999Wie Puderzucker fiel der Schnee auf die ohnehin schon weiße Landschaft von Überwald.
In Witzmitz, einem randwärtigen Gebiet des Landes, standen die Tannen und Laubbäume dicht und hoch, so dass die letzen Sonnenstrahlen des Tages den Boden nicht mehr erreichten.
Aber nicht nur die Sonnenstrahlen waren etwas, dass Witzmitz nur schwer erreichte. Auch der Götterglaube gehörte dazu, natürlich war den Bewohnern dieses Landstriches Götter wie Om oder Io wohlbekannt, doch einem eingefleischten Witzmitzer störte dies kaum, er hielt sich lieber an alten Bräuchen, Riten, Dämonen
[1] und Aberglauben fest.
Phillip Harmonie entzündete eine frische Gewitterkerze
[2] und lies seinen Blick über den kleinen Tisch gleiten.
"Das Thud Spiel muss zurück an Theodor ... wem gehörte bloß dieses Buch ..." Phillip kratzte sich gedankenverloren am Kinn, während er auf den Roman
Wer stirbt schon gerne unter Kiefern blickte.
"
... im Haus herrumtanze und so tat, als hüpfe err langsam durrch Korrnfelder währrend err unentwegt plötzlich in Gelächterr ausbrrach, meinte err, err könne es sogarr errtrrag-."
"
Laiza, hör auf, ich muss nachdenken." Er drehte sich gar nicht erst um, sondern starrte weiterhin auf das ausgeliehene Buch vor ihm.
Seine Zwillingsschwester hatte das Buch, aus dem sie laut vorgelesen hatte, sinken gelassen.
Er wusste genau, was sie gerade für eine Schnute zog. Aber das interessierte Phillip nicht im Geringsten, wenn sie unbedingt in den Ferien Morporkianisch lernen wollte, dann sollte sie es gefälligst dort machen wo sie ihn nicht störte.
"Hast du schon alles Geliehene zurückgegeben?" Er trommelte mit den Fingern auf den Roman und hörte hinter sich ein trotziges Luftholen.
"
Natürlich, ich mach das nicht auf dem letzten Drücker, so wie
du."
"Musst du nicht noch irgendwas anderes erledigen vor den Raunächten?" blaffte er sie über die Schulter hinweg an.
Sie streckte ihm die Zunge heraus und verließ das Zimmer, die Tür fiel laut ins Schloss.
Asche 2007Schnee fiel schon seit Stunden auf die Scheibe nieder.
Die große Wahoonie am Runden Meer kleidete sich in einem freundlichen weißen Kleid, das ihre unschönen Stellen gekonnt verdeckte. Überall in den Häusern brannten vermehrt Kerzen vor sich hin und die Bewohner schmückten ihre Wohnstätten mit Tannenzweigen und bunten Glaskugeln.
Sogar im Wachhaus am Pseudopolisplatz hatte die festliche Stimmung versucht Einzug zu erhalten und hatte dies in Form von Mistelzweigen über den Türen und Tannenzweigen in diversen Vasen geschafft. Wer das Gebäude betrat sollte sich richtig auf das kommende Schneevaterfest freuen.
Doch als Ruppert von Himmelfleck an diesem kalten und dunklen Morgen das Gebäude betrat und den Schnee von seinem Mantel klopfte war ihm gar nicht feierlich zu Mute.
Die Rekruten Asalea Wissewas und Mada Dunkelhain hatten gemeinsam die Morgenschicht am Tresen im Hauptwachhaus. Doch statt geduldig am Tresen auf die Ankunft von Frau Willichnicht zu warten, standen sich die beiden Frauen mitten in der Halle gegenüber und funkelten sich giftig an.
Zwischen den beiden Rekrutinnen stand Oberfeldwebel Sillybos. Er strich sich über den langen grauen Bart, während seine Augen zwischen den Frauen hin und her huschten.
Der Werwolf erfasste die Situation in der Empfangshalle und beobachtete, wie sein Vorgesetzter versuchte die Stimme zu erheben, allerdings immer wieder sofort von einer der Frauen unterbrochen wurde.
"Gib's doch einfach zu!" motzte Asalea Wissewas und zeigte mit einem Finger auf ihr Gegenüber.
Ein tiefer Seufzer entwich Sillybos.
Irgendetwas ging hier schon seit Tagen nicht mit rechten Dingen zu. Immerhin stand das Schneevaterfest vor der Tür und die Leute sollten sich erfreuen, stattdessen herrschte wieder einmal dicke Luft im Wachhaus. Er sah die zwei jungen Rekrutinnen, die die Morgenschicht hatten, abwechselnd an und hoffte nur, dass sie sich nicht gegenseitig die Augen auskratzten. Wie war er bloß zwischen die Fronten geraten? Eigentlich hatte er nur ein paar Kekse zu seinem frischen Tee haben wollen. Sein Blick fiel auf den Keksteller, und er schnalzte resigniert mit der Zunge, bevor sein Blick auf Ruppert fiel.
"Hauptgefreiter!" Der Abteilungsleiter lächelte und fühlte sich von dem Werwolf errettet. Ruppert räusperte sich vernehmlich und trat hinter den Tresen.
"Sie hat die Kekse alle aufgegessen!", zickte Asalea Wissewas erneut, die nun ebenfalls den Hauptgefreiten bemerkte und ihre Anklage wiederholte.
Ach ja die Kekse, ging es Sillybos durch den Kopf,
ob sie wohl geschmeckt hatten?"Ich denke nicht, dass sie das gemacht hat", schaltete sich Sillybos wieder ein, wurde allerdings weiterhin von den beiden Frauen ignoriert.
"Wie soll ich denn bitte schön einen ganzen Keksteller leer essen!", versuchte sich Mada zu verteidigen und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
"Guck dich doch mal an!", meinte Asalea und piekste ihrer Mitrekrutin in die Fettrollen.
"Hey lass das! Kann doch nicht jeder so ein magersüchtiges Frettchen sein wie du!", attackierte Mada.
"Nun ist aber gut, meine Lieben", versuchte Sillybos noch einmal zu beschwichtigen und hob unterstützend beide Hände.
Die zwei Frauen streckten sich gegenseitig die Zunge raus und drehten sich die Rücken zu.
"Das ist ja fürchterlich", wisperte der Oberfeldwebel dem Werwolf zu.
Ruppert, der das Streitobjekt Keksteller auf dem Schreibtisch hinter dem Wachetresen untersuchte und die Überreste als Schokoladenkekse identifiziert hatte drehte sich um, als es neben ihm zischte.
Eine dicke rote Kerze, die auf einem goldenen sternförmigen Teller auf dem Schreibtisch stand, war ausgegangen, obwohl sich kein Lüftchen bewegte. Der Werwolf seufzte und sah sich um, so etwas passierte seit einigen Tagen immer wieder, ebenso verschwanden Dinge ganz spurlos. Generell herrschte momentan im Wachhaus mehr Zwist als es sonst der Fall war.
"Vielleicht sollte jemand neue Kekse holen", schlug der Werwolf vor.
"Die waren selbstgebacken!", entgegnete Asalea schnippisch ohne sich umzudrehen.
Im oberen Stockwerk polterte es.
"Und was ist nun?", fragte Ruppert seinen Vorgesetzten. Beide sahen gespannt zur Treppe hinüber. Das Poltern von Stiefeln wurde lauter und Laiza erschien auf der Treppe. In aller Eile trat sich der frischgebackene Feldwebel auf einen ihrer Unterröcke und wäre beinahe die letzten Stufen herunter geflogen. Arm rudernd und mit hoch rotem Kopf kam sie am Ende der Treppe zum stehen.
Ruppert konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Hektisch blickte sie sich um, doch anscheinend sah sie nicht das was sie zu sehen erhoffte.
Der feine Duft von Weihrauch kitzelte in Rupperts Nase und seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er seine Vorgesetze ganz genau musterte.
"Guten Morgen, Feldwebel", grüßte Sillybos und winkte seine Stellvertreterin zu sich heran. Wenn er sie dazu bekam sich um diese Streitgeschichte zu kümmern konnte er in sein Büro schleichen und das neue Zimtbadeextrakt ausprobieren. Diese Idee trieb ihm ein Lächeln ins Gesicht.
Laiza sah sich im großen Eingangsbereich unsicher um, während sie auf Sillybos zukam.
"Du kümmerst dich darum.", sagte der Oberfeldwebel erfreut.
"Was? Worum?", seine Stellvertreterin runzelte verwirrt die Stirn, "Ich hab keine Zeit, ich muss diesen Kobold suchen!"
"Tut?", entgegnete Sillybos fragend.
"
Nein, er ist eine Gnumie, schon vergessen?" Ein unfreundlicher Ton schwang in ihrer Stimmer mit, "Ich meine den Kobold, der hier für Unruhe sorgt."
"Aber Laiza, da ist doch kein Kobold dran schuld", der Philosoph lächelte, und dachte an seinen schneevaterlichen Badezusatz, "Bald steht das Schneevaterfest vor der Tür, die meisten sind gereizt und sehnen sich einfach nur noch nach ihrem wohlverdienten Urlaub. Da kommt es nun mal zu kleinen Auseinandersetzungen."
Laiza schüttelte den Kopf und Ruppert brummte:
"Was für einen Kobold meinst du?"
"Er hat mir meine Haare angezündet", antwortete Laiza missbilligend und hielt eine Haarsträhne hin, die angeschmort war.
"Bist du sicher?", entgegnete der Werwolf skeptisch und beobachtete wie seine Vorgesetzte wütend wurde.
"Natürlich ...! Halt mich nicht für blöd, Ruppert", sie streckte den Rücken durch, "Ich hol mir jetzt so einen Taubenkäfig und fange diesen Kobold!"
Die Okkultismusexpertin drehte sich um und stapfte die Treppe wieder hoch.
"Wovon redet sie da bloß?", fragte Sillybos nach. Der Hauptgefreite stützte sich auf den Tresen und grinste.
"Ich glaub ich hab da eine Vorahnung um was es geht... und ihr Beiden", Ruppert sah die zwei Rekrutinnen auffordernd an, "Ihr macht jetzt wieder in Ruhe euren Dienst, es waren immerhin nur Kekse."
Ruppert strich sich mit der linken Hand über seine Wange. Die Bartstoppeln verursachten ein kratzendes Geräusch und er machte sich eine gedankliche Notiz sich wieder einmal zu rasieren.
In der rechten Hand hielt er ein Buch im grünen Ledereinband, das seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.
Er hatte es aus Laizas Bücherregal genommen und es trug den verheißungsvollen Titel
Glauben und (Ver)Zweifeln - Übersinnliches in Überwald von Gregor Hummbuck.
Mit dem Buch, auf Seite dreihundertsechsundsechzig aufgeschlagen, begab sich der Hauptgefreite in die Kantine. Lautes Scheppern und überwaldianische Flüche wiesen ihn darauf hin, dass seine Vorgesetzte genau dort zu finden sei. Die Kantinendamen hatten sich in den kalten Hof verzogen, um sich eine Zigarette zu genehmigen und die saure Milch weg zuschütten.
Saure Milch; schon von weitem biss der Geruch förmlich in seine Nase.
Saure Milch tauchte auch in dem Text auf, den Ruppert gerade durch las und einige andere Dinge wurden zur Sprache gebracht, die ihn zum schmunzeln brachten.
In der Kantine roch es nicht nur nach Saurer Milch, sondern auch noch nach altem Fett und abgestandenen Putzwasser.
Vor einem Schrank in dem eigentlich die Töpfe aufbewahrt wurden hockte Laiza, mit dem Oberkörper im Schrank verschwunden.
Der Hauptgefreite runzelte die Stirn. Was er sah erinnerte ihn stark an die Verwicklungen um verzauberte Schilder, die am Anfang des Jahres in der Abteilung Suchen und Sichern herum gegangen waren. Damals hatte Laiza ihren Kopf zu tief in eine Truhe gesteckt und war letztendlich bei Oberfeldwebel Sillybos im Aktenschrank ausgekommen
[3].
Verrückte Sache..., dachte der Werwolf zurück und schüttelte den Kopf. Er umrundete die Töpfe, die anscheinend hastig aus dem Schrank geräumt worden waren und blieb hinter seiner Vorgesetzten stehen.
"Was treibst du da eigentlich?" Rupperts Stimme klang ruhig und er hoffte, dass sie sich nicht vorwurfsvoll anhörte.
Die junge Frau erschrak auf Grund der plötzlichen Ansprach, stieß sich den Kopf und sank förmlich aus dem Küchenschrank heraus.
"Schließ die Tür!", rief Laiza und rieb sich die Stelle am Hinterkopf, an der langsam eine Beule heranwuchs.
Ihr ehemaliger Auszubildender rührte sich keinen Millimeter. Er beobachtete, wie ihr Blick hastig etwas verfolgte, das er selbst nicht sehen konnte, und ihre Gesichtzüge einen enttäuschten Ausdruck annahmen, als das Etwas aus ihrem Sichtbereich verschwand.
"Du hast es entkommen lassen", klagte Laiza ihn an und lehnte sich gegen den Küchenschrank. Der Boden klebte unter ihren Händen und so faltete sie sie angewidert in ihrem Schoß.
Ruppert, lehnte an die Arbeitsfläche und warf einen Blick in das Buch
Glauben und (Ver)Zweifeln - Übersinnliches in Überwald und seufzte.
Sie kamen aus demselben Land der Scheibenwelt, Überwald, und doch lagen Welten zwischen ihnen. Ruppert war sich sicher, dass es nicht nur daran lag, dass er aus einem adligen Werwolfsclan kam und sie nur eine einfache Bürgerin war.
Sie schien ihn zu ignorieren und starrte gedankenverloren ins Leere.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", brach der Werwolf nach einigen Augenblicken die Stille.
Laiza drehte langsam den Kopf und sah zu ihm auf, ihre blauen Augen waren kaum mehr als Schlitze: "Wer weiß wo er jetzt steckt ... sie sind flink und können sich überall verstecken ..."
Ruppert klopfte sich mit dem Buchrücken ans Kinn während er über den Feldwebel nachdachte.
Er brummte und stieß sich von der Arbeitsfläche ab: "Was hältst du von einer heißen Tasse Tee oben im Büro?"
Er hielt ihr die Hand hin. Die Okkultismusexpertin grummelte missmutig und kam ohne seine Hilfe auf die Beine. Sie klopfte ein wenig Staub von ihrem Rock und rückte ihr Mieder zurecht.
"Von mir aus", antwortete Laiza knapp ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Frauen, dachte Ruppert und folgte ihr aus der Kantine heraus.
Die Tür schloss sich hinter Oberfeldwebel Sillybos.
Ruppert sah den alten Philosophen lange und schweigend an, bis Sillybos sich endlich dazu entschloss sich auf dem Besucherstuhl vor Laizas Schreibtisch zu setzen. Er drehte ihn zuvor so, dass er keinem der beiden Okkultismusexperten den Rücken zuwandte.
"Ähm ...", er sah sich kurz im Büro um, "wo ist eigentlich Cim?"
"Urlaub...", antwortete Laiza tonlos und rührte ihren Tee um. Die Teeblätter wirbelten in dem immer dunkler werdenden heißen Wasser herum, "Du hast seinen Antrag unterschrieben."
"Ja, ich erinnere mich ...", der Philosoph räusperte sich und vermied den Blickkontakt mit dem Hauptgefreiten.
Ruppert schmunzelte in seinen roten Bart und ordnete einige Papiere auf seinem Schreibtisch.
Immer wieder das gleiche..., dachte der Werwolf sich,
Dabei weiß jeder bei SuSi, dass Silly für den Abteilungsleiter nicht gemacht ist."Was war das denn vorhin für eine Aktion, Laiza?" Der Philosoph strich sich über seinen Bart und hoffte, er klinge diplomatisch.
"Eine gescheiterte Festnahme", sie starrte ihren Tee an.
"Eine Festnahme?", hakte Sillybos nach, "wen wolltest du denn Festnehmen?"
"Na den Kobold."
Der Abteilungsleiter erinnerte sich an das kurze Gespräch im Foyer der Stadtwache, fragend blickte er zu Ruppert herüber, der darauf hin ein Buch auf schlug.
"Überwald ist ein Land des Aberglaubens und der Mythen."
Der Philosoph nickte weise. Von vielen Mythen hatte er schon gehört, er selbst glaubte allerdings nur an das
Rutschelsche Teestövchen.
"Die meisten glauben nicht an Götter, aber an gewisse andere Dinge", fuhr Ruppert fort.
"Raunächte", unterbrach ihn Laiza wirsch, "Dreizehn Stück insgesamt. Sie beginnen in der Nacht vom ersten auf den zweiten Dezember."
"Und wofür sind sie da?", erkundigte sich der Oberfeldwebel.
"Für die Seelen der Verstorbenen, Geistervertreibung, allgemeine Prognosen für das kommende Jahr", antwortete Laiza und trank von ihrem Tee.
Sillybos nickte, war sich der ganzen Sache aber immer noch nicht sicher: "Und was hat das mit Kobolden zu tun?"
Von Rupperts Schreibtisch hörte man ein glucksen und der Werwolf reichte seinem Abteilungsleiter das Buch entgegen.
Über eine Doppelseite erstreckte sich eine Zeichnung, die die Scheibenwelt zeigte. Sillybos stutze:
"Hier fehlen die Elefanten", stellte er fest, "Was ist das da in der Mitte?"
"Ein Baum", antwortete Ruppert leicht amüsiert, "einige Legenden behaupten, die Welt stehe nicht auf vier Elefanten, sondern auf einem riesengroßen Baum, der aus dem Panzer Groß A'Tuins wächst."
"Das ist doch vollkommener Schwachsinn", ließ sich der Philosoph hinreißen, er räusperte sich, "Ich meine, die Wahrheit sieht ja ganz anders aus."
"Es ist halt ein Mythos, an dem man früher geglaubt hat", warf Laiza ein und drehte die Tasse auf dem Tisch, wobei ein nerviges klapperndes Geräusch entstand.
"Du scheinst anscheinend immer noch dran zu glauben."
"Ich hab sie gesehen, Ruppert", entgegnete die Überwaldianerin und fixierte Ruppert mit einem grimmigen Blick.
Sillybos hakte nach: "Was hast du gesehen?"
"Die Kobolde!", antwortete seine Stellvertreterin gereizt,
dem muss man alles mehrmals sagen!Der dicke Mann sah den Werwolf fragend an, der sich darauf hin nach dem Buch streckte und eine Seite weiter blätterte.
Sillybos sah nun den dicken Baumstamm des Baumes aus der Nähe und er erkannte den Panzer der großen Sternenschildkröte. Eine riesengroße Säge steckte im Baum, der die Welt trug und zahllose kleine Geschöpfe türmten sich auf um diese Säge zu bewegen.
"Die Kobolde verbringen das ganze Jahr damit, den Baum der die Welt trägt zu fällen, mit dem einzigen Gedanken die Scheibenwelt zu zerstören", erklärte Ruppert, woraufhin Sillybos fragend den Finger hob: "Ja?"
"Woher haben sie
so eine große Säge?"
"Das spielt jetzt nicht wirklich eine Rolle", warf Laiza ein und schenkte sich Tee nach.
"Das denke ich aber schon...", setzte der Philosoph an.
"Rede weiter, Ruppert."
"Gut ... im Dezember eines jeden Jahres kommen diese Biester hoch auf die Scheibenwelt, obwohl sie den Baum fast gefällt haben. Denn es gefällt ihnen nicht, dass sich die Bewohner so freuen. Sie richten Schabernack an um diese festlichen Zeiten zu stören."
"Was immer noch nicht erklärt, woher sie solch eine Säge haben", hakte Sillybos.
"Es ist unsinnig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen", meinte Ruppert, "es ist nur eine Legende."
Der Oberfeldwebel brummte in seinen Bart und Ruppert sprach weiter: "Wenn die feierliche Zeit vorbei ist, gehen die Kobolde wieder zurück zu dem Baum. Allerdings müssen sie feststellen, dass die Wunde des Baumes wieder verheilt ist und sie von vorne beginnen müssen."
"Was für ein Teufelskreislauf."
Laiza hatte das Gefühl einen sarkastischen Unterton in der Aussage von Sillybos zu hören.
"Einer ist im Wachhaus", flüsterte Laiza, "wegen ihm geht hier alles drunter und drüber."
"Es hört sich für mich so an, als wäre es nur eine temporäre Angelegenheit, wieso machst du dir so große Gedanken? Es geht wieder vorbei und ein weiteres Mal wird die Scheibenwelt davor bewahrt in den Kosmos zu stürzen."
Laiza verzichtete auf eine Antwort und verschränkte lediglich ihre Arme vor der Brust.
Sillybos schlug das Buch zu und legte es auf Rupperts Schreibtisch: "Ich werde jetzt gehen, noch ein paar Akten lesen."
Er erhob sich und sah Ruppert mit einem
Hab-bitte-ein-Auge-auf-sie-Blick an, bevor er auf die Tür zuging.
"Wir müssen noch regeln, wer am Schneevaterfest die Bereitschaft übernimmt", wandte er sich noch einmal an Laiza.
"Das mach ich", bot sie sich an, vorauf hin er nickte und die Tür öffnete.
Etwas Kleines huschte über den Gang und Laiza schrie auf: "Da war er!"
Sie sprang auf, ihr Stuhl fiel nach hintern und schlug laut auf dem Boden auf. Laiza drängelte sich an dem verblüfft Oberfeldwebel vorbei auf den Flur. Ehe Sillybos etwas sagen konnte, war auch Ruppert hinter seinem Schreibtisch hervor gekommen und auf dem Gang verschwunden.
Sie erweckte in ihm den Eindruck eines wild gewordenen achatenen Yaks und er folgte ihr im hohen Tempo die Treppe hinunter. An der letzten Treppe hatte er sie beinah eingeholt.
Im Foyer war es kalt und Wind wurde durch die offene Tür hineingeweht, in der Olga-Maria Inös und Kathiopeja standen.
Verdutzt beobachteten die Rekruten, wie der Feldwebel an ihnen vorbei sauste und zu Boden stürzte.
Die Gefreite Inös lies einen erschrockenen Laut von sich hören, als ihre Vorgesetzte vor ihren Füßen am Boden lag.
"Ich hab ihn!", japste Laiza außer Atem und fasziniert kam Ruppert hinter ihr zum stehen.
Irgendetwas zappelte unter der jungen Frau.
"Kühl!", entfuhr es ihm, obwohl er nichts sehen konnte, "Wo ist der Taubenkäfig?"
"Im Büro...", meinte Laiza und wand sich auf dem Boden.
Der Hauptgefreite sah sich nach einem verwendbaren Behälter um.
"Aaaua!", schrie Laiza auf und setzte sich auf.
Für einen kurzen Moment sah Ruppert etwas Rotpelziges in der Eingangstür verschwinden. Erstaunt starrte er auf die immer noch offene Tür.
"Was ist denn hier passiert?" fragte Kathiopeja und lies die Tür ins Schloss fallen.
"Es hat mich gebissen ...", grummelte Laiza und nuckelte an ihrem Finger.
"Wenn du verletzt bist, solltest du zu Jack gehen", schlug Ruppert vor, der sich wieder gefangen hatte.
Laiza blickte ihn entsetzt an:
"Bin ich den des Wahnsinns, ich geh doch zu keinem verdammten Pathologen!"
"Was sollte er schon tun, außer dich für tot zu erklären", lächelte Ruppert und half seiner Vorgesetzten vom Boden auf.
Die Klatschianerin verschränkte die Arme vor der Brust und wiederholte ihre Frage.
"Misch dich nicht überall ein, Hauptgefreite, habt ihr nicht noch irgendwelche Berichte zu schreiben?" entgegnete Laiza, mit in der Hüfte gestemmten Armen.
Deutlich beleidigt wandte sich die Tatortwächterin in Ausbildung zur Treppe. Olga zuckte resigniert mit der Schulter, schob ihre Brille zurück auf die Nasenwurzel und trottete der Hauptgefreiten hinterher.
"Und was willst du jetzt tun, Laiza?"
"Ich werde dieses Mi-", begann sie, doch der Werwolf unterbrach sie:
"Vielleicht ist es besser, wenn du das vergisst, es ist nur eine Legende."
Laiza deutete auf die Eingangstür, aus der das Etwas verschwunden war: "Du hast es doch gesehen."
"Vielleicht, aber ich gehe nicht davon aus, dass du eine Chance hast es zu fangen, zumal es jetzt aus dem Wachhaus zurück ist", er lächelte sie aufmunternd an, "Ich bin oben im Büro und schreibe die ausstehenden Berichte."
Auch er wandte sich der Treppe zu und Laiza drehte sich noch einmal kurz zur Tür, bevor sie ihm folgte.
"Pass nur auf, nächstes Jahr sehen wir uns wieder."
[1] Einige böse Stimmen behaupten das Götter nichts anderes seien. Wo sie mit Quexa Sfdgl nicht ganz Unrecht haben. Quexa begann als Aushilfsquäler in einer der neun Höllen des tezumanischen Gottes Quezovercoatl. Nachdem Quezovercoatl totgetreten wurde, nutzte Quexa seine Chance und erstand beim göttlichen Resteverkauf eine kleine Insel drehwärts von Viericks. Dort besetzte er einen kleinen Vulkan und wurde schon bald von den Inselbewohnern als Gott des Feuers verehrt.
[2] Die Gewitterkerze ist eine schwarz durchgefärbte Kerze. Dem Glauben nach sollte sie das Haus vor einem Gewitter schützen. Insbesondere im bayrischen Raum war diese ein verbreiteter Aberglaube bis ins 20. Jahrhundert hinein.
[3] Nachzulesen in der außer Konkurrenz Mission
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