"Aufstehen, aufstehen!", drang eine Krächzen durch den Schlafsaal.
"Oh... Nasgal! Du nerviger Federwisch! Halt verdammt noch mal den Schnabel!", brummte eine verschlafene Stimme.
Ihr Besitzer war ein Zwerg, der sich nun verschlafen in seiner Bettstadt aufrichtete. Norti war sein Name, Norti Rabenpelz. Und ihm schoss in diesem Moment nur ein Gedanke durch den Kopf:
Warum um Himmels Willen hab ich ihm nur das Sprechen beigebracht!Böse funkelnd richtete er sein rechtes Auge, das linke zierte eine Narbe die er sonst unter einer ledernen Klappe verbarg, auf einen weißen Raben der auf einem der Bettpfosten saß und immer noch sein "Aufstehen, aufstehen!" krächzte.
Und da der Vogel keine Anstalten zu machen schien mit dem Gekrächze aufzuhören bis sein
"Ziehvater"[1] endlich aufgestanden war, erhob sich Norti schließlich.
Nachdem er die Morgentoilette erledigt hatte ging er zu einer Kiste und begann sich anzukleiden.
Er zog sich ein gepolstertes Wams über, stieg in seine Hosen und die schweren Stiefel und warf sich dann eine eiserne Weste über die ihm bis an die Hüften reichte. Darüber zog er sich seine rußschwarze Kutte. Er hatte einen sehr ungewöhnlichen Kleidergeschmack für einen Zwerg. Ein mit Taschen versehener Gürtel, welchen er sich um die Hüften und über die Schultern schnallte, ein Paar mit angenieteten Eisenplatten versehene Handschuhe und seine Augenklappe komplettierten seine Garderobe.
Die meisten seiner Mitzwerge bei der Stadtwache konnten nur über ihn schmunzeln, denn er war wirklich einer der seltsamsten Anblicke der sich einem bieten konnte. Vor allem aufgrund des gezwirbelten Schnauzers und des Spitzbart, die er anstatt eines für Zwerge sonst so typischen Vollbartes trug, warfen bei den meisten seiner Kollegen immer noch Fragen auf.
Er schnippte mit den Fingern und Nasgal, der weiße Rabe der ihn um seinen Schlaf gebracht hatte, flatterte auf seine Schulter. Er rückte noch einmal seine Kleidung zurecht und ging dann durch die Tür des Schlafsaals hinaus in den Flur und dann zum Büro seiner Ausbilderin, Goldie Kleinaxt. Sie war eine Zwergin, was sie wie Norti fand auf jeden Fall schon sympathischer machte, wenngleich sie ihm am seinem ersten Tag ein wenig launisch vor kam.
Er klopfte, als er ihr Büro erreichte.
"Herein!" , schallte es durch die Tür.
Norti tat wie befohlen und trat zackig ein.
"Rekrut Norti Rabenpelz meldet sich zur Stelle Mä'm!" , sagte er nachdem er den Raum betreten hatte.
Infolge seiner Zeit als Söldling war ihm die Prozedur des Strammstehen und Salutieren's vor Ranghöheren bereits in Fleisch und Blut übergegangen uns so vollzog er diese Formalität reflexartig. Auch Nasgal hatte dies schon vor Jahren begriffen und saß muksmäuschenstill und ohne die geringste Bewegung auf Norti's Schulter. Erst nachdem ihm Lance-Korporal Kleinaxt den Befehl: "Rühren, Rekrut!" erteilte entspannten sich seine Züge wieder.
"So, Rekrut Rabenpelz, was steht den heut auf dem Ausbildungsplan für sie? Ah, ja. Ich sehe schon: Umgang mit der Armbrust.", sagte sie und wandte sich einigen Akten zu, die auf ihrem Schreibtisch lagen, als sei damit alles wichtige gesagt.
Sie schaute noch einmal auf, als Norti sich nicht rührte und sagte: "Worauf warten sie denn noch! Los, los raus hier, wir sehen uns beim Schießstand."
"Ähm,... Mä'm. Wo finde ich den Schießstand?", fragte er zögerlich.
Sie grinste und gab nur zu Antwort: "Ihre erste Aufgabe Rekrut, finden sie ihn!"
"Ähm,... Mä'm.", setzte Norti noch einmal an.
"Was sind sie immer noch da Rekrut. Was ist denn noch?!", fragte nun Lance-Korporal Kleinaxt gereizter.
"Sie müssen weggetreten sagen.", antwortete Norti und das für ihn so typische breite Grinsen trat auf sein Gesicht.
Sie rollte mit den Augen, seufzte und begann dann lachend ihre Antwort zu formulieren: "Immer nach Vorschrift was Rekrut, was!? Also gut, Weggetreten!"
"Zu Befehl! Mä'm.", sagte er, salutierte und verließ das Büro.
Draußen im Flur viel ihm ein kleiner Widerstand auf, er zog und leise klimpernd fiel ein Metallstift vor seine Füße. Nasgal kächtzte angesichts der Situation laut und erhob sich flatternd von Norti's Schulter.
Alter Feigling! Oh, verdammt, wo ist nur das nächste Fenster!? Ah, da!Er zog eine kleine Kugel,die verdächtig zischte, aus einer seiner Taschen hervor und rannte auf das Fenster zu das er soeben erspäht hatte, im Kopf zählte er leise mit.
1, ...2, ...3, ...4, ...5, uffff!Jemand war um die Ecke gebogen, Norti war gegen ihn geprallt und lag nun rücklings auf dem Boden, das Fenster noch gut vier Schritt entfernt.
Was zum..., wo war ich , 5... oh, nicht gut nur noch Sekunden!"Entschuldigung,... oh, Gefreiter Wurzelbach, Sir! Schnell, machen sie das Feste auf!", rief er seinem Kollegen zu.
Der Gefreite Schlumpi Wurzelbach, den Norti eines Abends im
"Eimer" kennen gelernt hatte, wusste mittlerweile das Rekrut Rabenpelz selten etwas sagte, wenn es nicht wirklich wichtig war und schon gar nicht wenn er dabei gegen das Protokoll verstieß. Also tat er wie geheißen und öffnete das Fenster. Grade rechtzeitig um Norti zu ermöglichen sich von der kleinen Schwarzen Kugel zu trennen. Der Zwerge warf sie aus dem Fenster und alle drei
[2] schauten ihr nach, sie rollte in einen Kanalschacht, kurz darauf rumste es laut und eine kleine Rauchwolke entstieg dem Schacht.
Schlumpi blickte Norti schmunzelnd an: "Na, Rekrut Rabenpelz. Wiedermal ein missglücktes Experiment?"
"Ich bitte vielmals um Verzeihung, Sir. Und nein! Kein Experiment.", sagte er breit grinsend, nur im nächsten Moment gemeinsam mit dem Gefreiten in schallendes Gelächter auszubrechen. Nasgal indes lies sich wieder auf Norti's Schulter nieder.
"Norti, Norti. Du und dein Hang zu Explosivstoffen
[3]! Du jagst uns nochmal alle in die Luft!", prustete er.
"Nun ja, Sir. Besser sie alle als mich und es macht mir die Alchemie doch so viel Spaß!", gab er grinsend Kontra.
"Wenigstens geht keiner von uns als Samariter-Zwerg in die Geschichtsbücher ein!", antwortete der Gefreite süffisant.
Muss er mir das jetzt auch noch unter die Nase reiben!Mittlerweile wusste die ganze Wache das dass das Blei, welches er einem Bauern als Bezahlung für die Reise nach Ankh-Morprok gegeben hatte und bei dem es sich um sein versehentlich verwandeltes Vermögen handelte , wieder seine alte Form angenommen und den Bauern somit, von einer Nacht auf die nächste steinreich gemacht hatte. Wie die Zeitungen in den nächsten Tagen zu berichten hatten. Was Norti aber noch mehr erstaunte, aber vor allem auch ärgerte, der Bauer hatte sich seinen Namen merken können und somit war sein Ruf als geizhalsiger Zwerg vorerst dahin. Ein weiterer Grund warum ihn die Zwerge unter seinen Kollegen oft schief ansahen.
"Großherziger Samariter-Zwerg, verschenkt Vermögen! Norti Rabenpelz beispielloser Gönner!" so lautete die Schlagzeile, das einzig gute war, niemand außer seinen Kollegen auf der Wache interessierte das.
"Ich gebe mich geschlagen, Sir. Aber wären sie wohl in der Lage mir den Weg zum Schießstand zu zeigen? Ich bin ohnehin schon spät dran.", bat der Zwerg nun wieder ernst.
Ein Grinsen das sich mit dem von Norti messen konnte
[4] stahl sich auf Schlumpi's Gesicht als er antwortete: "Ja, Rekrut ich werde sie zum Schießstand bringen. Vielleicht kommen wir dort sogar an wenn sie uns nicht vorher doch noch in die Luft jagen."
"Keine Sorge, Sir. Meine Spielzeuge sind alle gesichert. Oh, bevor ich's vergesse Sir. Sie klagten doch über Probleme mit Schlössern, ich hab mir erlaubt ihnen da etwas zusammen zu basteln.", antwortete Norti mit einem erneuten Grinsen und kramte in seinen Gürteltaschen.
Nach einiger Zeit des suchens holte drei Gegenstände hervor,die aussahen wie Schlüssel-Rohlinge, gab sie dem Gefreiten und sagte:"Das ist meine neuste Kreation, der N.U.S.S. Mark I
[5].Kinderleicht zu handhaben und sehr effektiv! Moment ich demonstriere das mal."
Norti zog einen weiteren N.U.S.S. aus einer seiner Taschen hervor.
"So, aufgepasst. Einfach in das zu öffnende Schloss schieben drehen und ziehen, keine Angst der hintere Teil soll bei diesem Vorgang abgehen. Dann haben Sie zehn Sekunden um Abstand zu nehmen. Nach den zehn Sekunden knallt es ordentlich und das Schloss war einmal. Aber Vorsicht! Die sind noch in der Testphase. Oh nein, nicht schon wieder!", erklärte Norti und stellte dann, mehr belustigt als entsetzt fest, dass er den N.U.S.S. soeben entsichert hatte, was an dem Zischen zu erkennen war, das Norti als zusätzliche Sicherheit in seine Apparaturen einbaute.
Schnell warf er auch diesen Explosivkörper aus dem Fester, das immer noch offen stand. Wieder landete er im Kanalschacht und wieder knallte es, diesmal nur ein wenig leiser. Auch diesmal entstieg eine kleine Rauchschwade dem Schacht.
"Wirklich ein seltsames Hobby von dir. So komm ich bring dich zum Schießstand. Bevor du noch das Wachhaus sprengst.", erklärte Schlumpi seinem Freund, packte ihn an der Schulter und führte ihn auf die Straße.
Norti grinste, ließ sich fortziehen und flüsterte: "Gute Idee! Das Wachhaus zu sprengen wäre nicht besonders schlau und glaub mir ich habe genug Sprengkraft dafür bei mir. Aber psssssst nichts verraten."
Wenn ich's recht bedenke, sogar genug um den ganzen Häuserblock zu Staub zu zermahlen!Sehr zum Erstaunen Schlumpi's erreichten die beiden den Schießstand ohne weitere größere Vorführungen von Norti's Sprengkunst. Nur hier und da verschwand ein kleinerer Knallkörper in einem Kanalschacht. Und nur durch Schlumpi's Ortskenntnis war Norti ausnahmsweise sogar pünktlich, was sogar Frau Kleinaxt überraschte.
"Ah, sehr schön Rekrut. Haben sie ihre erste Aufgabe also erfüllt. Nun gut jetzt zeigen sie doch mal wozu sie im Stande sind. Dort liegen einige Armbrüste, suchen sie sich ein aus und versuchen sie mal die Zielscheibe zu Treffen.", erklärte sie und wies dabei auf einen Tisch.
Norti musste sich auf einen Schemel stellen um den Tisch genauer überblicken zu können. Die erste Armbrust die er sich aussuchte zerfiel in ihre Einzelteile als er sie anhob. Die Zweite jedoch erwies sich als deutlich stabiler. Er trat auf eine Bahn, kniete sich hin, legte an und schoss. Der Bolzen passierte die nur knapp die Zielscheibe und bohrte sich in die dahinter liegende Wand.
Grinsend spannte er die Armbrust von neuem und legte einen weiteren Bolzen ein.
Wieder kniete er sich hin, legte an und schoss. Diesmal jedoch traf er die Scheibe selbst, zwar nicht ins Schwarze aber immerhin.
Ein weiteres mal lud er die Armbrust und schoss, wieder traf er die Scheibe, diesmal allerdings deutlich näher an der Mitte. Mit seinem nächsten Schuss traf er ins Schwarze, was Lance-Korporal Kleinaxt ein ermunterndes Nicken entlockte. Norti wiederholte diese Prozedur wieder und wieder, nachdem er sich eingeschossen hatte verging der Nachmittag wie im Fluge.
Bis Lance-Korporal Kleinaxt am frühen Abend schließlich meinte das er die Zielscheibe für heute genug malträtiert hatte.
[6]"So, Rekrut Rabenpelz weggetreten! Genug für heute.", sagte Frau Kleinaxt.
"Mä'm.", kam es von Norti, der salutierte, und Nasgal, welcher wie immer auf dessen Schulter saß.
Norti machte auf dem Absatz kehrt und eilte schnell vom Platz. An seinem letzten Bolzen hatte eine seiner kleinen Apparaturen befestigt. Welche in diesem Moment , mit einem kleinen Knall, die ohnehin marode Zielscheibe in Sägespäne verwandelte.
Hmm, ... ausbaufähig aber eine immense Verbesserung der Feuerkraft.So schnell ihn seine kurzen Beine trugen und mit seinem überbreiten Grinsen bewaffnet bog er zügig um die nächste Ecke in Richtung
"Eimer". Wo er, den Tag, schließlich mit einigen Gläsern Whisky
[7] und der Gesellschaft seiner Kameraden ausklingen ließ.
[1] Norti fand ihn, als Küken, verlassen in einem Nest und beschloss ihn groß zu ziehen.
[2] Norti, Nasgal und Schlumpi.
[3] Norti besitzt eine große Leidenschaft für Explosionen und Pulwerdampf. Er entwickelt in seiner Freizeit immer neue Sprengvorrichtungen und weist dabei großes Geschick auf.
[4] Und das will was heißen.
[5] Norti's, Universal, Schloss, Schredder.
[6] Diese hatte mittlerweile mehr Ähnlichkeit mit einem Nadelkissen.
[7] Welchem er wie immer Schwarzpulver hinzufügte.
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