Schwert, Mantel, Liebe u.ä.

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von Wächter Kamillus Schimmlersohn (GRUND)
Online seit 14. 11. 2007
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Für Rekruten (erste Mission):
Auf dem heutigen Ausbildungsplan steht "Umgang mit dem Schwert". Mit Schwertern konntest du noch nie umgehen. Überzeuge deinen Ausbilder, dass du dich in dieser Übung mit anderen Methoden behaupten kannst!

Dafür vergebene Note: 11

Eine Stadt. Ein Ort. Eine Kloake, intelligent wie eine fleischfressende Pflanze. Und genauso gefährlich. Es war ein denkbar schlechter Ort stellte sie fest. Aber es blieb keine Zeit mehr. SIE waren gefährlich nah und sie musste das DING loswerden. Nur für jetzt. Es ist nicht für lange. Es ist sicherer so. Ihre Gedanken rasten als sie, auf ihre eigene Weise, die Strassen durchquerte. Dort war ein ausgezeichnetes Versteck! Schnell, schnell! Die große Uhr schlug sechs Mal. Ein Hahnenschrei erschallte und die Sonne gab sie widerwillig Preis, wie ein Geizhals der nur ungern eine Münze hervorholt um eine Schuld zu bezahlen. SIE waren dort.


Zur gleichen Zeit schlief Kamillus Schimmlersohn noch den Schlaf der schweren Trinker und Koma-Patienten. Glum hatte seine Beziehungen spielen lassen(er hatte gejammert und lamentiert, bis Rogi kleinbei gegeben hatte) und da der Schlafsaal in der Wache sowieso überbelegt war, war Kamillus eine Ein-Zimmer-mit-Feuerstelle-und-ein-Klo-im-Hof-Wohnung am Rande der Schatten zugewiesen worden. Sie genügte ihm da er, a) ein Zwerg und b) recht genügsam war. Doch sein Schlaf wurde plötzlich durch ein dissonantes Klingeln gestört, das von einem kleinen Dämon verursacht wurde, der hingebungsvoll auf einen winzigen Bronze-Gong einhämmerte. "Aufstehen! Aufstehen!", schrie er aus vollem Hals. "Morgenstund hat,...ähm", Stille folgte als der Gnom nach einem passenden Begriff suchte. Er war nur ein Gelegenheitskauf aus einem billigen Zauberladen, an dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift: "Unglaublicche Dähmonen aus dem värnen Achatänen Raich. (Graift zu solange sie...da sind)." Entsprechend gering war sein Wortschatz. Der Dämon gab resigniert auf und kehrte in den Wecker zurück, der ihm als Heimstatt diente. Nicht zuletzt weil ihn ein Wurfmesser nur knapp verfehlte. Der Werfer, Kamillus höchstselbst, wartete noch einen Augenblick bis sein persönliches Universum ihn als Mittelpunkt anerkannte und aufhörte sich zu drehen, dann richtete Er seinen Oberkörper langsam auf, da er befürchtete, ihm würde sonst der Kopf vom Hals fallen. Was war geschehen? Was war geschehen? Was war geschehen?. Er versuchte seinen inneren Fokus auf die vergangene Nacht zu richten, stellte mit einer gewissen Erleichterung fest dass es ihm nicht gelang und wollte gerade über den schrecklichen Schmerz in seinem Kopf philosophieren, als der peinliche Teil seiner Erinnerung eine Tür in seinem Kopf öffnete und ein fröhliches: "Guten Morgen, du Saufkopp!", in die Runde schrie. Er hatte doch nicht wirklich...? Verfluchter Glum!! Nun, es mochte unfair sein dass er seinen Kollegen so verunglimpfte, jedoch war Glum irgendwie auch Schuld an seinem Dilemma. Was musste Glum auch seine Beförderung derartig ausgiebig feiern? Und warum hatte er so viel Met eingekauft? Warum mussten auf jeder Feier die Glum ausrichtete gutaussehende Frauen anwesend sein?! Kamillus versuchte krampfhaft die Erinnerung in ein anderes Format zu zwingen aber den Großteil seines Kopfes nahm ein Bild ein auf dem er, sturzbetrunken und lallend, allen Anwesenden Frauen seine ewige Treue und Potenz schwor um anschließend, wankend wie ein Bonsai im Sturm, die Taverne zu verlassen, von einer Brücke in/auf den Ankh zu fallen und krabbelnderweise das Ufer zu erreichen und sich in einen Briefkasten zu übergeben. Gegen diese Erkenntnis war diejenige, dass er zu spät zum Dienst kommen würde vergleichsweise harmlos. Trotzdem erhob er sich unter stöhnen und wankte durch den Teil seiner Wohnung der ihm als Werkstatt diente. Er musste aufpassen sich nicht an den unzähligen, blanken Klingen zu schneiden, die überall herumlagen. All die Waffen, die er in mühevoller Handarbeit geschmiedet, gefaltet und brüniert hatte schienen ihm heute weniger Trost zu spenden als sonst. Er fand seine Hose über einem Ständer mit mehreren achatenen Krummschwertern verschiedener Länge, die er fast perfekt geschmiedet hatte. Ein Hemd fand sich auf seinem Amboss. Doch das Wams war unrettbar verloren. Erbrochenes und Ankh- nun, Wasser, bedeckten es über und über. Kamillus Herz beschleunigte sich und ungeachtet des gewaltigen Katers und des Selbstekels den er empfand fühlte er eine Art kindlicher Aufregung. Dies bedeutete... Er konnte den MANTEL tragen. Er holte ihn aus der Truhe unter seinem Bett. Es war ein Mantel aus schwarzem Leder, der an einer Person mit weniger Schultern geflattert hätte. Doch Kamillus sah gut damit aus. Er überprüfte sein Spiegelbild in der Klinge einer großen Hellebarde. Er fühlte sich verwegen, unangreifbar, gefährlich. Dies war die Magie des MANTELs: Man trug ihn und wurde Selbstbewusst. Es war die Art von Magie wie sie auch von einem neuen Schwert ausgeht, das fertig poliert und geschärft in der Hand liegt. Das Schwert stärkte den Arm, doch der Mantel stärkte den Geist, machte ihn scharf und wachsam weil man den MANTEL nicht enttäuschen wollte! Zur Sicherheit steckte Kamillus in jeden Ärmel zwei Wurfmesser. Ebenso verfuhr er mit den Stiefeln und den langen Schößen des MANTELs. Nun fühlte er sich gewappnet für den neuen Tag. Dieses Bild wurde nur ein wenig dadurch getrübt, dass Er einen Augenblick später zum Waschbecken rannte um sich zu übergeben.


Feldwebel Rogi Feinstich war nicht erfreut. Sie war sogar fast...nein, sie war ungehalten. Für die Leute die sie kannten hieß das: Sie war bereit zu schreien, zu fluchen und Befehle zu erteilen. Aber nichts dergleichen war eine Option. Seit mittlerweile drei Tagen war sie nur im Einsatz um Berichte über vereitelte Einbrüche und Geschwindigkeitsunterschreitungen (Die Ochsenkarren Ankh Morporks waren so elend langsam, dass die Zeit das Interesse an ihnen verloren zu haben schien. Daher war es für einen Wächter nicht ungewöhnlich einen Karrenführer sagen zu hören: "Das sollen zwei Meilen gewesen sein!? Es waren mindestens vier!") zu lesen während dort draußen ganz andere Fälle zu lösen waren. Man munkelte über Mord. Er war in den Strassen zu riechen. Sie trat an das kleine Fenster ihres Büros und sah mit einem Seufzer über die Stadt. Diese verdammten Gelben Drachen.
Niemand wusste genau, wann der Orden des Gelben Drachens Ankh Morpork betreten hatte. Was man wusste war, dass er eine kriminelle Organisation aus dem Achatenen Reich war die ihr Wirkungsgebiet ausweiten wollte indem sie die Lieblingstaktiken populärer Verbrecherorganisationen anwandte: Erpressung, Einschüchterung, Beamtenbestechung und (gelegentlich) Mord. Doch da Ankh Morpork über eine gut funktionierende Diebesgilde verfügte die sich ungern von (widerwillig) zahlender Kundschaft trennte war man nach ausgiebigen Bandenkriegen zu einer Einigung gekommen: Der Orden des Gelben Drachens wurde als eine Art besondere Abteilung in der Diebesgilde angesehen, der zwar größtenteils eigenständig operierte, sich jedoch aus vertraglich abgesicherten Gebieten heraushielt, und eine Art Steuer an die Diebesgilde entrichtete. Es war nur ein Kompromiss und man war mehr schlecht als recht damit gefahren weil die einzige Alternative ein weiterer bandeninterner Krieg war. Erschwerend kam hinzu, dass viele der Anführer des Ordens sowie politische als auch freundschaftliche Beziehungen zum Adel des Achatenen Reichs unterhielten. Eine politisch hochbrisante Situation. Und nun wo sich alles langsam zu beruhigen schien war Zehn Unbändige Aale, der Anführer des Ordens spurlos verschwunden. Man sagte ihm Verbindungen bis ganz nach oben in die Adelshierarchie nach und man sprach von Hochverrat seitens der Diebesgilde. Ein Pulverfass. Ein Funke...Ein Gelber Drache der einem Dieb auf den Fuß trat...Dies war mehr als eine Gildenangelegenheit dies war Politik. Rogi war angespannt und gereizt, wie jeder, der in Zeiten der Unsicherheit eine Uniform tragen muss.
Rogis Laune war also in denkbar schlechter Stimmung. Sie war im Grunde ihres Herzens eine freundliche Person die leider normalerweise unter einer Lawine aus Stress begraben war. Nun, da es nichts zu tun gab, hatte diese Person sich befreit und sah eine Wüste aus weiter Asche auf der nichts war außer Langeweile und Warten. Warten, dass etwas schiefging.
Nun etwas blieb zu tun. Die Einarbeitung der neuesten Rekruten. Rogi war wie gesagt ungehalten! Sie wusste sie würde dies später bereuen aber sie braucht ein Ventil.
"Rekrut Schimmlerfohn! Angetreten!", rief sie in den Gang. Keine Antwort folgte. Rogi besann sich und versuchte bis zehn zu zählen. Bei fünf gab sie auf. "Rekru...Gefreiter FteinFtiefel!!! Angetreten!!!" Nur Sekunden vergingen bis der Gefreite, Glum Steinstiefel, den Gang durchquert hatte und schnaufend versuchte Haltung anzunehmen. An anderen Tagen hätte Rogi nachsichtig gewartet bis Glum zu Atem kam. Sie hätte ihn einige Male durchatmen lassen um anschließend ihre Information zu erfragen. An anderen Tagen hätte sie vielleicht auch mit Kamillus Nachsicht geübt. Wie gesagt: An anderen Tagen. "Wo ift diefer Schimmlerfohn abgeblieben! Er ift nicht fum Dienst erfienen.", fragte sie Glum, der noch immer hingebungsvoll schnaufte. " Er hätte fon vor dreifig Minuten hier fein follen. Dreifig, Gefreiter! Und erfähl mir nicht, du wüffteft nicht wo er fteckt!"
"Nun ja...", Glums Gesicht brachte Schuldbewusstsein zum Ausdruck." DU weißt sicherlich, Mäm, dass Ich gestern meine Beförderung gefeiert habe und...äh...nun...die Feier...dehnte sich ein wenig aus..."
"Dehnte fich ein wenig auf? Erfähl mir nichtf Gefreiter! Fogar ich weif, daff deine Feiern einen legendären Ruf geniefen."
"Ich übernehme die volle Verantwortung für Kamillus's Fehltritt.", sagte Glum tapfer, während sein Blick auf die Wand hinter Rogi gerichtet blieb. Rogi seufzte. "Daf du einen Kollegen fütfen willst ehrt dich, aber daf kann ich nicht dulden. Er wird fich vor Mir verantworten müffen. Fag ihm, er foll hochkommen wenn...fallf er noch eintrifft."
"Ja, Mäm!", sagte Glum nicht ganz unglücklich. Solch eine Aktion hätte ihn seine Beförderung kosten können.
"Ach, übrigenf, Gefreiter...", Glum drehte sich noch einmal um.
"Hauptmann MeckDwarf hat deinen Antrag auf Urlaub und deine Teilnahme hier, alf behelffmäßiger Aufbilder, in Hinblick auf deinen Wunff einmal bei G.R.U.N.D. fu arbeiten, bewilligt. Lanff-Korporal Kleinackft wird dich bei deinem erften Kurfuf begleiten. Und ich glaube ich weif auch fon welche Art von FTRAFE den jungen Fimmlerfohn erwartet.", sagte Rogi lächelnd.
Kamillus war nicht zu beneiden, dachte Glum, als er das Büro wieder verließ und in Richtung Umkleide ging. Es war nicht leicht für den Jungen gewesen. Es war Glum zu verdanken, dass der schüchterne und gebildete Kamillus einen Platz in der Wache erhalten hatte. Er war in Ankh Morpork angekommen, mit nichts außer einem Rucksack und seinen Werkzeugen...und den Waffen. Sie waren sein Steckenpferd, sein Hobby und seine Art sich einer Welt zu stellen, die kein Interesse an jungen Zwergen hatte die sich anders verhielten als der Normalzwerg. Er hatte den Rekrutentest erst im dritten Anlauf geschafft und nun hatte er es sich wahrscheinlich mit Rogi verscherzt. Eine stolze Summe für nur zwei Wochen in der Wache. Dabei war Kamillus niemals darauf aus einen Streit vom Zaun zu brechen, obwohl er wie ein Klingenbesetztes Stachelschwein durch die Straßen lief. Er brauchte einfach einen Bezugspunkt und der war nun Mal das tragen und fertigen verschiedener Waffen. Und er war ein guter Schmied. Er hatte Glum einen hervorragenden Dolch zur Beförderung geschenkt, der einem achatischen Krummschwert in Miniaturform entsprach. Er war sogar in eine Holzscheide gekleidet. Und der Griff war mit Rochenhaut überzogen und mit Baumwolle umwickelt. Kamillus erzählte ihm später, er habe die Klinge auf dem Amboss mehrere Male gefaltet, was ihr eine flexible Struktur gab. Nein, der Junge war nicht unfähig oder dumm. Sein Problem war, dass die Welt ihm einfach ein paar Nummern zu groß zu sein schien. Glum dachte mit innerem Schaudern zurück an die vergangene Nacht. Er hatte noch nie jemanden so entschlossen und gleichzeitig so freudlos trinken sehen. Es hatte so ausgesehen als wäre Kamillus entschlossen einen Blick auf die Hölle zu werfen. Von unten! Und dann die Sache in der Taverne...der Junge war zu einsam. Er seufzte und ging weiter. Es würde schon werden.

Kamillus machte einen Umweg über den Breiten Weg, um ein Frühstück zu ergattern. Obwohl ihm der Sinn eher nach einem Eimer und einer dunklen Ecke in der er sich zusammenrollen konnte stand. Aber das ging nicht. Er trug den MANTEL. Nichts konnte ihm etwas anhaben! Sein Kopf wusste Bescheid aber sein Magen hatte andere Vorstellungen. Aber er riss sich zusammen. Als er in die Kröselstraße einbog konnte er sogar fast wieder gehen ohne zu wackeln. Als er die Tür öffnete nahm der Lärmpegel merklich ab. Jeder Wächter warf einen kurzen Blick auf ihn, um ihn dann, planvoll und mitleidig, zu ignorieren. Kamillus war seinen Kollegen dankbar dafür. Er ging in die Umkleide und legte widerstrebend den MANTEL ab um seine Wächteruniform anzuziehen. "Es war ein guter Sprung, Kami." Kamillus kannte die Stimme. Trotzdem drehte er sich nicht um. "Keine Späße heute Glum. Ich bin froh wenn ich bis zur Mittagspause durchhalte."
"Wenn du sie noch erlebst Kleiner. Rogi ist sauer." Kamillus stöhnte. "Du sollst in ihr Büro kommen. Und ich würde dir empfehlen einen weniger zerknitterten Eindruck zu machen. Diese Sache mit Zehn Unbändige Aale geht ihr an die Nieren."
"Welche?" Kamillus rang sich ein Grinsen ab. Auch Glum musste schmunzeln wurde aber sofort wieder ernst. "Du weißt was ich meine. Es steht mit ihrer Laune nicht zum Besten. Wir sitzen schon zu lange auf unseren Hintern, während da draußen die Hölle loszubrechen droht."
Kamillus hielt in seinen Bemühungen, den Kater zu bekämpfen inne und wandte sich Glum zu. "Warum, bist du eigentlich immer noch hier? Deine Grundausbildung ist beendet. Du musst nicht in der Kröselstraße Dienst schieben." Glum grinste. "Ich bin auch nicht mehr lange hier. Ich habe drei Tage Urlaub genommen. Ich konnte doch nicht verantworten, dass du hier absackst. Jemand muss auf dich aufpassen. Und um der Frage mit den Befehlen zuvorzukommen: Ich muss, wenn ich später bei G.R.U.N.D. arbeiten will, ein wenig Erfahrung im Hinblick auf die Ausbildung neuer Rekruten sammeln. Da ich nun Urlaub habe, kann ich das ja jetzt machen bevor ich mit dem Dienst bei D.O.G. anfange und nicht mehr dazu komme. Ich muss so was üben da ich nun einen hohen Rang bekleide." Auch Kamillus grinste jetzt. "Da wird doch nicht etwa jemand hochnäsig, oder? Gefreiter?"
"Jetzt beweg aber deinen Hintern, Rekrut!", sagte Glum in gespielt strengem Tonfall. Sie schüttelten sich lächelnd die Hände und Kamillus machte sich auf den Weg zu seiner großartigen Standpauke.

"Pfuff, Rekrut! Daf ift etwaf, waf wir hier nicht gebrauchen können." Kamillus hatte in Rogis Büro mehr oder weniger Haltung angenommen. Er wandte den alten Trick an den Glum ihm verraten hatte und konzentrierte sich auf die Wand hinter Rogis Schreibtisch...,was seine Kopfschmerzen nur noch intensiver werden ließ. Hinzu kam erschwerend, dass er Rogi schon unter normalen Umständen nur eingeschränkt verstand. In diesem Moment hinkte er der aktuellen Konversation etwas hinterher. "Du mufft dich ein wenig am Riemen reifen, fonft bringst du ef in der Wache fu nichtf! Waf hättest du heute für eine Aufbildung fu abfolvieren?" Kamillus musste einen Augenblick warten bis sich all die Fs in seinem Kopf in Ss und Schs verwandelten aber er salutierte dann, wie er hoffte, zackig und sagte: " Mäm, Armbrustschießen, Mäm!"
" Ift daf fo, Rekrut?" Ein für sie untypischer Anflug von Bosheit ließ Rogi eine folgenschwere Entscheidung treffen. "Ich glaube dir dürfte ein Kurfuf im Schwertkampf etwaf mehr fusagen." Kamillus musste sich sehr zusammenreißen um nicht zu protestieren oder eine freche Antwort zu geben.
Schwertkampf! Ausgerechnet! Warum nicht gleich Umgang mit dem Langbogen...ohne Trittleiter?
Aber er hielt sich aufrecht und erwiderte nichts. Es wäre doch nur Gift von seinen Lippen getropft.
" Ich möchte gar keinen Hehl auf der Tatfache machen, daff ich dief als Diftfiplinarmafnahme anfehe. Vielleicht wird ein Nachmittag im Umgang mit dem Fwert dich lehren pünktlicher fu fein." Da Rogi normalerweise wirklich eine recht umgängliche Person war, fügte sie hinzu:
" Wie du ficherlich weift, hat der Gefreite Fteinftiefel vor bei unf etwaf Erfahrung in der Rekruten-Aufbildung fu fammeln. Er wird heute deine Gruppe leiten."
Also ging Kamillus wie betäubt in Richtung des Schwertkampfübungsplatzes.

Sie bewegte sich durch die Straßen.
Dies war eine knappe Sache gewesen. SIE waren ihr dicht auf den Fersen gewesen.
Aber:
Wie konnte sie nur so leichtsinnig sein das DING aus der Hand zu geben?!
So viel hing davon ab!
Sie musste zurück, trotz ihrer Verletzungen!
Es stand zu viel auf dem Spiel.


Kamillus trottete in Richtung des Übungsplatzes.
Es lief nicht gut.
Es lief sogar ausgesprochen schlecht!
Ihm war so viel widerfahren, dass er dachte es wäre nun genug.
Rogi...
Seine Familie, die ihn einfach verstoßen hatte, als wäre er ein ehrloses Stück Dreck.
Dass ihn niemand wirklich mochte. Außer Glum und der zählte nicht wirklich, denn sie sahen sich zu selten. Und da Glum jetzt für D.O.G. arbeitete, würden diese Kontakte gewiss auf ein Minimum beschränkt.
Er würde ihn nicht mehr sehen außer bei seltenen Gelegenheiten, wie Geburtstagen und, ganz selten, vielleicht an Silvester.
Kamillus wußte es nicht, doch Glum hatte, unbewußt, die Rolle seiner Familie übernommen. Kamillus, der nichts anderes wollte, als seine wahre Familie zu sehen und der, Nacht für Nacht, wach lag und seinem Zuhause nachtrauerte, sah einer Zukunft entgegen, die ALLES für ihn bereithielt.
Und das ängstigte ihn.
Es ängstigte ihn, dass er bald vielleicht ein Säufer wurde, der jede Nacht mit einer Flasche billigem Whisky verbrachte, um die Schatten zu vertreiben, die sein Leben überdeckten.
Es ängstigte ihn, ohne Freunde und Familie, ein Leben lang in dieser Kloake zu vegetieren.
Es ängstigte ihn, dass er wahrscheinlich nie die Liebe erfahren würde!
Seine Kopfschmerzen waren immer noch bestialisch.
Er war so in dunkle Gedanken versunken, dass er fast gegen den alten Uhrturm geprallt wäre, der den Übungsplatz überschattete.
Ärgerlich über seine Unaufmerksamkeit, betrat er den Platz, auf dem sich schon die Rekruten Lazuli, Rabenpelz, Kixe und Kleinkolben eingefunden hatten.
Kamillus kannte sie alle nur beim Namen. Vom Grüßen im Gang. Aus der Umkleide (Die Rekrutinnen Lazuli und Kixe natürlich nicht! *ahem* )
Sie waren eben nur Kollegen.
Eine Art Brown'sche Bewegung hatte dafür gesorgt, dass die Rekruten drei Gruppen gebildet hatten, die mit einem gewissen Abstand zueinander standen.
Kleinkolben war allen auf subtile Weise unheimlich, da seine Erscheinung düster und er selbst recht schweigsam war.
Ihn umgab zudem eine Aura von Gefahr, wie ein unaufdringliches Parfum.
Er stand lässig auf der einen Seite des Platzes.
Auf der anderen ragte die Rekrutin Lazuli auf, wie ein blauer Eisberg.
Sie schien recht ungehalten über die Anwesenheit eines Zwerges in ihrer Umgebung. Und um Kixe und Kleinkolben zu meiden brauchte man keine Entschuldigung.
Was nun Kixe und Rabenpelz betraf...die beiden standen in der Mitte des Platzes. Erstere recht unbekümmert, Letzterer ein wenig nervös, da Kixe's Anwesenheit eine Athmosphäre schuf wie sie nur von einem Kettenraucher in einer Dynamit-Fabrik verursacht wird:
Man wünschte sich plötzlich, mindestens doppelt so viele Augen zu haben.
Es hatte mit Kixe's Vergangenheit in der Alchimistengilde zu tun.
Sie sprengte andauernd irgend etwas in die Luft. Unabsichtlich natürlich aber niemand steht gerne in der Nähe einer Person, die mit PLÄTZCHEN ein Klo sprengen kann.
Folglich hatte sie wenig Freunde.
Nur Kamillus mochte sie. er mochte jeden, der im Umgang mit anderen Leuten ähnliche Probleme hatte wie er selbst.
"Morgen, Kixe!", rief er ihr zu und erntete dafür eines ihrer seltenen Lächeln.
"Morgen Kami!"
Sie WAR nett.
Nur anders als die anderen.
Deshalb schien Rabenpelz beinahe erleichtert, Kamillus zu sehen.
Er kam, fast etwas zu hastig, auf Kamillus zu um ihn zu begrüßen.
"Morgen, Kami."
Kamillus musste sich schon sehr zusammenreißen, um nicht das Gesicht zu verziehen. Die Verniedlichungsform seines Namens kam den Leuten Zu leicht über die Lippen.
"Morgen, Norti."
"Mein Gott! Diese Kixe macht mich fertig!" Norti hatte die Stimme gesenkt.
"Vorhin hat sie mir einen Keks angeboten. Er GLÜHTE!
Ich weiß nicht womit sie die backt aber ich wette sie sind in mehreren Ländern illegal."
Er rollte das Auge um einen humorösen Effekt zu erzielen...ohne Erfolg.
Kamillus fühlte sich trotzdem verpflichtet zu lächeln.
"Wo ist dein Rabe...äh...Nasgal?", fragte er um das Thema zu wechseln.
Norti's Stirn umwölkte sich.
"Ich weiß nicht. Bis wir hierher kamen war alles wie immer aber dann hat er plötzlich angefangen wie wild zu krächzen und ist weggeflogen. So verhält er sich sonst nur, wenn Essbares in der Nähe ist."
Norti und sein Rabe, Nasgal, unterhielten eine Beziehung, die Kamillus für sowohl bizarr als auch ungesund hielt.
Es KONNTE nicht hygienisch sein, mit einem Aasfresser unter einem Dach zu leben.
"Er wird schon zurückkommen.", sagte Kamillus mit weniger Selbstsicherheit als er fühlte.
"Ja...", Norti schien sich selbst erst davon überzeugen zu müssen aber als es ihm gelungen war, war er wieder der Spassvogel als den Kamillus ihn kannte. "Sucht sich wahrscheinlich ein spätes Frühstück."
Kamillus stellte mit Überraschung fest, dass er Norti mochte.
Der Zwerg hatte etwas unerschütterliches, dass Ihm selbst fehlte.
Norti schien jeden Tag mit einem herausfordernden Grinsen zu beginnen.
Ein Grinsen, dass sagte:
"Ich sehe dich, Welt. Kannst du es mit mir aufnehmen?"
Kamillus wollte gerade eine Bemerkung zum Verbleib des Raben machen als Glum und Goldie Kleinaxt den Platz betraten.
"Guten Morgen, Rekruten", sagte er. Lance-Korporal Kleinaxt nickte einen Gruß in die Runde.
"Feldwebel Feinstich hat mich gebeten, heute eure Ausbildung zu übernehmen.",sagte Glum.
"Ihr werdet heute den Umgang mit dem Schwert trainieren."
Schlagartig sah Kamillus sich wieder mit dem Ernst des Lebens konfrontiert.
Es war keinesfalls so, dass er Waffen allgemein ablehnte...seine Wohnung hätte jeden Quartiermeister in entzücken versetzt.
Nein, er fand nur, dass Waffen zum drohen gedacht waren, nicht um sie zu verwenden.
Waffen sagten etwas aus. Und zwar deutlich!
Sie sagten: "Wage nicht mir zu nahe zu kommen! Du wirst es bereuen!"
Eine Waffe gab Selbstvertrauen. Sie half einem, Konflikte zu umgehen, die man ohne sie durch Gewalt hätte lösen müssen.
Außerdem fand er Schwerter einfach zu plump.
Sie waren zu groß und zu schwer zu verbergen.
Sie lagen zu schwer in der Hand und wenn man sie einmal geworfen hatte, so war man einem bewaffneten Angreifer gegenüber wehrlos.
Er bevorzugte Wurfmesser.
Sie waren klein, praktisch und billig herzustellen.
Alles in Kamillus sträubte sich dagegen, eines der Schwerter aus dem Gestell im Trainingsraum zu nehmen um damit zu trainieren.
Aber es war notwendig.
Sie alle mussten sich eines der Schwerter ergreifen und Glum auf den Platz folgen, wo einige Übungspuppen aufgestellt worden waren.(Kixe bekam ein besonders kurzes und die Rekrutin Lazuli brauchte mehrere Versuche um eines zu ergreifen. Blim Kleinkolben betrachtete seines mit Verachtung um es dann gekonnt auf Länge, Schärfe und Balance zu prüfen. Norti nahm es entgegen wie einen Stock und Kamillus ließ seines vor Unwillen beinahe fallen.)
"Dies ist das Kurzschwert.", dozierte Glum.
"Eines eurer wichtigsten Utensilien in der Wache. Es ist eure letzte Absicherung gegen eventuelle Angreifer. Vergesst nie:
Das Schwert ist DIE LETZTE Alternative zu rhetorischer Kriegsfürung!"
Das wird mir nicht schwer fallen, dachte Kamillus verächtlich.
"Ein Wächter nutzt niemals das Schwert, wenn es eine Alternative gibt! Jetzt möchte Ich, dass ihr mir zeigt wie ihr euch gegen einen eventuellen Angreifer verteidigt. Geht davon aus: Er ist B.U.G."
"Wie bitte?", fragte Kixe.
"Bewaffnet Und Gefährlich.", übersetzte Glum.
"Jetzt verteidigt euch. MARSCH!"
Kamillus sah wie Glum immer wieder leicht verkrampft zu Lance-Korporal Kleinaxt hinüberlinste.
Dieser Job geht ihm nahe, stellte Kamillus fest.
Er versucht alles gut zu machen und deshalb wird alles schief gehen. Es ist ein Naturgesetz!
Kixe machte den Anfang.
Mit einem unartikulierten Kampfschrei stürzte sie sich auf die Trainings-Puppe.
Aufgrund ihrer geringen Größe und da sie mit Vorliebe zustach, ließen ihre Bemühungen ausnahmslos alle männlichen Teilnehmer des Kursus mitleidsvoll aufstöhnen...so etwas wünschte man nicht einmal einer Puppe, (die ja offensichtlich männlich war).
Glum unterbrach sie und ließ die Rekrutin Lazuli nach vorne treten.
Beim dritten Versuch verlor sie die Beherrschung und setzte ihre gewaltige steinerne Handtasche ein...was die Gruppe zwang eine andere Puppe zu verwenden. Niemand fühlt sich von Sägespänen und Holzabfall bedroht.
Norti, der als nächster dran war, machte seine Sache recht gut wurde jedoch von Glum, der sich von dem Job allmählich überfordert fühlte, sanft getadelt.
"Nun, Rekrut Rabenpelz, dies war durchaus eine wirkungsvolle Demonstration...jedoch sollte der Angreifer danach noch in der Lage sein zu gehen...versuch, die Knie dranzulassen..."
"Der Kerl hätte mir den Schädel gespalten.", stellte Norti fest.
"Lieber seine Knie als mein Schädel!"
Was Rekrut Kleinkolben mit der Puppe anstellte...
Es sei nur erwähnt, dass Kamillus eine völlig neue Puppe zugewiesen bekam.
Das machte es natürlich nicht besser.
Kamillus, der sein Schwert seit Beginn des Kursus gehalten hatte als wäre es gerade einem Backofen entnommen worden(an zwei Fingern und weit vom Körper weg), sah sich mit sechs Fuß Holz und Sägespänen konfrontiert.
Nun, wenn die anderen auf die Waffen ihrer Wahl zurückgreifen konnten...
Kamillus hatte den Großteil seiner Messer im MANTEL zurückgelassen, doch in dieser Beziehung war er recht einfallsreich.
Seine Finger tasteten an geheimen Stellen seines Körpers nach den Messern, förderten zwei davon zutage und schickten sie zielgerichtet auf die Reise.
Das eine traf ein "Bein" der Puppe während das andere ihr den Helm vom Kopf fegte um bis zum Schaft zwischen zwei Mauersteine zu fahren.
Diese Demonstration entlockte den Anwesenden verschiedene Ausdrücke der Bewunderung.
Sogar Lance-Korporal Kleinaxt nickte ihm zu und, was Kamillus besonders mit Stolz erfüllte: Sogar aus Rekrut Kleinkolbens Maske drang ein anerkennender Pfiff.
Nur Glum war ein wenig pikiert, da er die Kontrolle beinahe vollends zu verlieren drohte.
"Nun...äh ja...Rekrut...eine schöne Demonstration deiner Zielsichereit...aber dies ist immer noch ein SCHWERT-Kursus..."
Nun meldete sich Goldie Kleinaxt das erste Mal an diesem Vormittag zu Wort.
"Jetzt sei mal kein Spielverderber, Gefreiter.", sagte sie zu Glum.
"Der Junge Schimmlersohn hat den Konflikt beendet, ohne sein Leben oder das des Angreifers zu gefährden...nun ja, mehr oder weniger."
"Äh...Lance-Korporal Kleinaxt, Mäm...", ließ sich Kamillus vernehmen.
"Wenn ich ihn hätte gefährden wollen so wäre er nicht mal dazu gekommen eine Waffe zu ziehen."
Goldie warf einen Blick in das Gesicht des Zwergs vor ihr.
Sie sah nur ehrliche Selbsteinschätzung.
(Nun...und bläulichen Bartschatten, dunkle Ringe unter den Augen und die restlichen kleinen Anzeichen die auf einen schweren Kater hindeuteten...aber das nur am Rande.)
Trotzdem...der Junge war etwas ZU Selbstbewußt.
Goldie entschloss sich,Kamillus eine Lektion zu erteilen.
Es konnte gefährlich werden wenn ein Wächter im Straßenkampf zu viel von sich hielt.
Jemand, der glaubte auf den Straßen dieser Stadt als Wächter überleben zu können ohne Blessuren davonzutragen, wurde zu einer Gefahr.
Nicht nur für sich selbst sondern auch für seine Kollegen.
Es würde zwar demütigend für ihn sein, wenn sie ihn jetzt vor versammelter Mannschaft abkanzelte aber besser er erfuhr hier und jetzt seine Grenzen als draußen mit dem Rücken zur Wand.
"Nuuun...Rekrut...", sagte sie.
Jeder der sie kannte, hätte in diesen zwei Worten das Luftholen vor einem Sturm erkannt.
"Du glaubst, in der Lage zu sein, einen Angreifer allein durch diese...MÄTZCHEN aufhalten zu können?"
Zur großen Überraschung aller Anwesenden erwiderte Kamillus ihre Frage mit einem deutlichen:
"Nein, Lance-Korporal Kleinaxt, Mä'äm!"
Dies brachte Goldie ein wenig aus dem Konzept.
"Was...was meinst du mit >Nein< ?", fragte sie.
"Nun...Ich besitze zusätzliche Kenntnisse im Bewaffneten Kampf mit der Hellebarde, dem Knüppel, dem achatischen Dolch-an-der-Kette-mit-einer-Kugel-am-ende und einigen anderen Waffen.
Aber ich muss, zu meiner Schande gestehen, dass ich Waffen sehr ungern BENUTZE.
Ich bin Meister in der Kampfkunst des K'zhadah'r muen, des unbewaffneten Kampfes von Zwerg-zu-Zwerg, Zwerg-zu-Mensch und Zwerg-zu-Troll.
Mein Meister wahr Horatius Scheusohn, Sohn des gleichnamigen Grag's, der diese Kunst entwickelte."
Goldie war, als habe sie im Rinnstein einen Klumpen Gold gefunden.
HORATIO SCHEUSOHN?!
Das hieß...der Junge hatte die erstklassigste Ausbildung genossen, die man einem Krieger angedeihen lassen konnte.
Wenn Scheusohn, Scheusohn!, ihm einen Meistertitel verliehen hatte, so war Er das wahrhaftig.
Er schien darin jedoch keinesfalls einen Anlass zum Stolz zu sehen, sondern eher ein peinliches Übel.
So wie es fast jedem Prominenten peinlich ist, in der Straßenbahn um ein Autogramm gebeten zu werden.
Kamillus, so merkte Goldie, hatte das Selbstvertrauen eines Weizenkeimbrötchens.
Sein Gesicht brachte Verlegenheit und die verzweifelte Hoffnung dass dies alles bald vorüber war zum Ausdruck.
"Geh dir deine Waffen zurückholen, Rekrut.", sagte Goldie mit einem unhörbaren Seufzer.
"Du erlaubst, dass ich diesen Kurs weiterführe, Gefreiter?", sagte sie zu Glum.
Es war keine Frage.
Glum quittierte ihre Frage mit einem resignierten Achselzucken.
"Bis jetzt lief es nicht schlecht", fügte sie leiser hinzu.
"Dir fehlt nur etwas Übung, Glum."
Der Angesprochene nickte tapfer.
"Ihr habt heute alle gezeigt wie man sich wirkungsvoll verteidigen kann", wandte Goldie sich wieder an die Gruppe.
"Aber lasst euch sagen, dass das was ihr heute gezeigt habt in KEINSTER Weise unter Notwehr zu verbuchen war."
"Äh, Lance-Korporal?"
"Ihr habt den Gegner zwar aufgehalten aber um welchen Preis?!"
"Ahem! Lance-Korporal?"
"Im STRAßENKAMPF, dort DRAUßEN..."
"Lance-Korporal!"
Entnervt wandte sich Goldie dem verlegenen Kamillus zu, der zur Puppe gegangen war, um sich sein Wurfmesser wiederzuholen.
"Was IST den, Kamillus?"
"Ich dachte nur...sind kleine schwarze Kugeln ein Bestandtteil JEDER Ausbildungspuppe?"
"Was?"
Goldie ging zu Kamillus hinüber der neben der Puppe stand.
"Wo?", fragte sie.
"Man sieht es nicht auf den ersten Blick aber wenn man etwas tiefer hineingreift..."
Kamillus griff in den Sack, der den hinteren Teil der Puppe bildete und förderte eine schwarze Kugel von etwa zwanzig Zentimetern Durchmesser zutage, die aus schwarzer Pappe zu bestehen schien.
Goldie hatte das ungute Gefühl, dass die Kugel atmete.
"Gib mal her", sagte sie, nahm die Kugel entgegen und stellte zu ihrem Missfallen fest, dass sie recht hatte:
Aus der Kugel war ein gleichmäßiges Schnauben zu hören.
Die Rekruten hatten einen Kreis um sie gebildet.
Schlichte Neugier verhinderte das aufkommen ethnischer Diskriminierung.
"Was ist das?", fragte Kixe.
"So was hab ich noch nie gesehen. Und ich hab schon einiges seltsame gesehen in der Alchimistengilde."
"Vielleicht ein Apparat um die Sonne zu zähmen es ist",
ließ sich Lapis Lazuli vernehmen.
"Ja könnte sein. Das würde die schwarze Farbe erklären. Scheint lichtundurchlässig zu sein.", meinte Norti.
"Ich hab mal sowas ähnliches auf dem Dach einer Zaubererwerkstatt gesehen.
Fing die Sonnenstrahlen ein und lenkte ihre Kraft in das Labor des Zauberers, der dann irgendwas komisches damit anstellte."
"Was du hattest zu suchen auf dem Dach eines Zauberers?", fragte Lapis irritiert.
"Auch die Kamine von Zauberern müssen gereinigt werden. Und der Kerl hat gut gezahlt. Obwohl..." Norti streifte Kixe mit einem giftigen Seitenblick.
"In der Alchimistengilde hätte ich weitaus mehr verdient fällt mir gerade auf. Aber die hatte zu diesem Zeitpunkt keine Kamine...und kein Dach!"
Kixe fuhr auf.
"Jaja! Schieb nur alles auf mich! Du musstest dir zu der Zeit wenigstens keine neuen Eltern suchen!"
"Stimmt! Meine Eltern habe ich nämlich nie kennengelernt! Ich kannte nur den alten Kerl bei dem Ich aufgewachsen bin und der war so neben der Spur, dass er auf alles schoss was irgendwie nach Rabe aussah! Selbst auf rabenförmige Steine!"
"Ich es nicht mögen wenn Kixe angeschrieen werden!", grollte Lapis, deren Mutterinstinkt sich langsam Bahn brach.
"Ach, ja!? Dann komm nur her du!"
Goldie Kleinaxt hatte die Rekruten eine Weile beobachtet und fassungslos mitangesehen wie die Situation eskalierte.
Sie hatte nichts gegen ein wenig offenen Meinungsaustausch aber dies ging zu weit.
Sie holte tief Luft.
"SEIDENDLICHSTILL!!!"
Betretene Stille folgte.
Die jäh endete als eine junge Frau den Platz betrat.
Das hieß: Sie wankte eher.
Mehrere Wunden waren in ihrem Körper deutlich zu erkennen.
Große Löcher klafften im Stoff ihres einfachen, zweiteiligen Anzugs aus schwarzer Baumwolle.
Ihre mandelförmigen Augen wiesen sie als Bewohnerin des achatenenen Reiches aus.
Trotz ihrer schweren Verletzungen hielt sie sich einigermaßen Aufrecht.
Ihre Augen suchten unverwandt den Platz ab, fixierten die Übungspuppe vor der sich die Gruppe eingefunden hatte und verharrten schließlich auf der schwarzen Kugel die Kamillus nun wieder in Händen hielt.
Dieser fixierte seinerseits die junge Frau...die plötzlich hecktisch und abgehackt auf achatisch zu sprechen begann, wobei sie immer weiter auf die Gruppe zutaumelte, die immer noch schockiert über den Anblick unbeweglich zusammen stand.
"Was sagt sie?", ließ Glum sich vernehmen.
"Versteh kein Wort.", gab Goldie zu.
"Wir sollen das Ding nicht fallen lassen.", übersetzte Blim Kleinkolben automatisch.
Als er irritierte Blicke Seitens seiner Kollegen erntete zuckte er die Achseln und meinte:
"Was habt ihr erwartet? Dass man in der Assassinengilde nur lernt, Leute unter zuhilfenahme von Taschentüchern und Bindfäden zu inhumieren?
Die Abende waren oft recht langweilig und die Assassinengilde hat eine der größten Bibliotheken ganz Ankh-Morporks die auch Schriften ausländischer...Kollegen enthält."
Seine Kollegen erwachten durch diesen unerwarteten Vortrag des schweigsamen Blim aus ihrer Starre und eilten zu der verletzten Frau.
"Was sagt sie jetzt Blim?", fragte Goldie die, die junge Frau mit Glum's Hilfe, mehr trug als stützte.
"Sie fantasiert. Sie spricht andauernd von IHNEN und davon dass das DING nicht in falsche Hände geraten darf...
Das Geschwafel einer Fieberkranken, wenn du mich fragst..."
"Nicht ganz so fieberkrank wie du vielleicht glaubst.", sagte Norti dumpf.
"Wieso das?"
"Daaghrhg...!", mehr brachte Norti nicht heraus.
Er deutete nur mit schreckgeweitetem Auge in die Gegend wobei er sich langsam um die eigene Achse drehte.
Der Übungsplatz war von einer Mauer umgeben, die normale Schaulustige abschrecken sollte.
Sie war vier Meter hoch und außen glattgeschmirgelt und POLIERT.
Trotzdem hockten etwa vierzig schwarz gekleidete, drahtige Gestalten darauf, die hinter mit Emaille-Lack bemalten Masken in den Hof spähten.
Ihre Haltung brachte eine stille Drohung zum Ausdruck.
Sie schien zu sagen:"Wenn wir wollten, könnten wir euch töten ohne hinzusehen.
Ihr seid, um genau zu sein, schon seit mindestens dreißig Minuten tot und wenn ihr Glück habt, dann entscheiden wir, dass ihr das noch eine Weile nicht bemerkt.
Und WIR wissen, dass ihr das wisst.
Wisst IHR es auch oder sollen wir eurem Gedächtnis auf die Sprünge helfen?
Entscheidet schnell, wir suchen schon nach unseren Waffen!"
Es war eine sehr beredte Haltung.
Trotz dieser offensichtlichen Drohung bemühte Goldie ihren besten Kasernenhofton um:
"KREIS BILDEN!!! ABERZACKICH!!!", zu brüllen.
Die Rekruten kamen dieser Aufforderung fluchend und stolpernd nach.
Bis auf Kamillus.
"Beweg deinen Hintern, Rekrut!!", brüllte Goldie
Kamillus blieb einfach dort stehen, wo er war, die Augen immer noch auf die Frau gerichtet.


Kamillus schwebte.
Er wußte nicht genau was passierte, war aber entschlossen es herauszufinden.
Er fühlte sich, wie eine Mücke im Schein eines Flutlichts, in dessen Zentrum das Gesicht der Frau brannte.
Für diesen Moment, wusste er, war er geboren, war wahrscheinlich die Welt geschaffen worden.
Seine Kopfschmerzen waren wie nie gewesen, der Stein in seinem Magen war ein Schwarm Schmetterlinge, der seine Adern flutete und ihn fliegen ließ.
Sein Herz tanzte in seinem Gefängnis als wolle es die Rippen sprengen um hinauszufliegen; der Sonne entgegen, die IHR lächelndes Gesicht war.
Der Rest seines Körpers war wie totes Holz, ohne Gefühl und er wußte gar nicht ob es nicht besser so war.
Ja, Kamillus verliebte sich gerade.
Nicht unsterblich, denn nichts ist unsterblich, nicht mal der Tod, doch er war so nahe daran, dass der Unterschied keine Rolle mehr spielte.
Die Tatsache, dass Goldie irgendwas rief, drang wie durch dicke Watte zu ihm durch.
Wie durch Wasser bewegte er sich auf SIE zu.
Trotz ihrer Verletzungen hatte man SIE einfach stehen gelassen.

"Wieso hat Niemand daran gedacht, die Verletzte in Sicherheit zu bringen?!", schrie Goldie fassungslos.
"Es war nicht MEINE Schuld.", ereiferte sich Norti Rabenpelz.
"Wenn Lapis mir nicht im Weg gestanden hätte..."
"Gar nicht wissen warum Schuld ich sein sollen..."
"Jemand ist mir auf den Fuß getreten...!"
"Es sind nur Rekruten.", musste Goldie sich immer wieder in Erinnerung rufen."Sie können nichts dafür."
"In Ordnung! Ruhe!", sagte sie möglichst beherrscht.
"Versuchen wir, den Kreis zu bewegen. LANGSAM! Wer jetzt verloren geht, dem können wir nicht mehr helfen!
MARSCH!"

Immer noch, schwamm Kamillus zu seiner Angebeteten.
Die Tatsache, dass er von mehreren schwarz gekleideten Personen beobachtet wurde streifte sein Bewusstsein nur am Rande.
Was zurzeit seinen ganzen metalen Kosmos füllte, waren vergleichsweise banale Fragen, um die sich nun jedoch seine Welt zu drehen schien.
Sah er gut aus?
Hatte er Mundgeruch?
Wäre es nicht besser gewesen den Brustharnisch zu polieren?
Manche Frauen mochten Männer in Rüstung...
Hatte er sich ordentlich rasiert?
Und am wichtigsten:
WAS sollte er sagen, wenn er diesen Korridor aus Licht durchschwommen und sie erreicht hatte?
Wie ich sehe hast du einige Probleme...,Nein!
Bist du öfter hier? Nein! Nein!
Seit dem ersten Male als ich dich gesehen habe, fühle ich eine unwiderstehliche Anziehung von dir ausgehen.
Du bist die Sonne an meinem Himmel, das Gold in meinem Stollen!
Ich wünsche mir nicht mehr, als den Boden zu verehren auf dem deine Füße wundervolle Spuren hinterlassen wie in einem Zen-Garten im Himmel!
Auf diese Art will ich meine Tage verbringen, nicht schlafen, noch essen bis mein Leben ein Ende nimmt!
NEIN! NEIN! NEIN!.
Er war ja nicht Casanunda!
Da wäre es ja noch besser er käme nackt!


"Was macht er da Glum?!", fragte Goldie aufgebracht, während sie versuchte, alle Seiten des Platzes gleichzeitig im Auge zu behalten.
Der Angesprochene zuckte nur die Achseln.
Nach einigen Anfangsschwierigkeiten, hatte die Gruppe sich auf eine Marschrichtung geeinigt.
Die Tatsache, dass die Mitglieder der Gruppe versuchten, gleichzeitig in Alle Richtungen zu sehen, entstand eine Kreiselbewegung, die den Kreis wie einen Planeten vorwärts trieb.
"Er versucht, glaube ich die äh...Verletzte zu sichern..",
vermutete Glum unsicher.
"Ich würde mir mehr Sorgen um uns machen.
Wer sind diese Kerle überhaupt?"
"Assassinen.", sagte Blim mit ruhiger Stimme.
"Was macht dich so sicher?"
"Sie tragen Alle schwarz.
Und ich sehe das jeder von ihnen mindestens drei Waffen am Körper trägt.
Außerdem...erkenne ich Assassinen, wenn ich welche sehe.
Aber etwas ist...komisch."
"Was meinst du?"
Der Kreisel drehte sich ein Stück weiter in Richtung Kamillus.
"Die meisten Assassinen sind wie...wie Löwen in der Savanne:
Sie sind unangreifbar weil ihre Ausstrahlung so mächtig ist.
Diese Assassinen sind anders..."
"Was meinst du damit?", wiederholte Glum.
"Um bei dem Beispiel mit der Savanne zu bleiben...wenn normale Assassinen Löwen sind, dann sind diese hier Schakale.
Ich spüre, dass sie uns angreifen würden, nur um der Beute willen, die wir sein könnten.
Sie scheinen auf etwas zu warten."
Glum schluckte trocken.
"Vorsicht, da passiert etwas!", rief Kixe.
Einer der Assassinen war von der Mauer gesprungen und baute sich nun lässig vor Kamillus auf, der nun aus einer Trance zu erwachen schien.
Als direkte Folge auf die Erkenntnis, wer da vor ihm stand, versuchte Kamillus in Kampfstellung zu gehen.
Es war ein automatischer Reflex, antrainiert durch ewige Wiederholungen unter der Hand eines strengen Meisters.
Es hätte auch durchaus eindrucksvoll ausgesehen, wenn Kamillus nicht immer noch die schwarze Kugel in Händen gehalten hätte...
Und wenn der Assassine ihm nicht einen wuchtigen Tritt vor die Brust versetzt hätte, der ihn quer über den Platz kugeln ließ wie einen zwergenförmigen Ball.
Überraschenderweise ließ Kamillus die Kugel dabei nicht los, blieb jedoch benommen sitzen.
Der Assassine indessen, ging lässig auf Kamillus zu wahrscheinlich um ihm den Rest zu geben.
Goldie musste sich beherrschen um den Kreis nicht auseinander brechen zu lassen.
"He du!", schrie sie dem Assassinen zu.
"Als Lance-Korporal der Stadtwache von Ankh und Morpork befehle ich dir von dem Wächter wegzugehen!
Du und deine Kumpanen werden uns einiges zu erklären haben!"
Der Assassine blieb tatsächlich stehen.
"Oh verflucht...! Rekrut Kleinkolben?"
"Mä'äm?"
"Übersetz' das ins Achatische. Und droh ruhig noch etwas mehr!"
Als Blim sich anschickte die Befehle auf Achatisch zu wiederholen, ertönte eine leise, angenehme und durch und durch kultivierte Stimme vom Eingang des Platzes her.
"Ich denke dies wird nicht nötig sein, Lance-Korporal!"
Die Stimme triefte vor Arroganz.
Ihr folgte ein kleiner, ordentlicher Mann achatischer Herkunft in einer teuren Seidenschärpe in dem Jeder, der seine Brötchen auf der Straße verdiente, Das Abbild eines Bürokraten erkannt hätte.
"Und Du bist...", fragte Goldie.
Ihre Geduld wurde ein weiteres Mal auf eine harte Probe gestellt, als der Mann nicht gleich antwortete sondern, provokant, erst den Platz betrachtete, dann den Uhrturm, dann seine Fingernägel und Goldie anschließend herablassend, antwortete.
"Mein Name ist Drei Lispelnde Blätter.
Ich bin Sekretär,", er betonte das Wort besonders stark," der achatischen Abteilung der Diebesgilde.
Ich bin hier um diese...", er machte eine Kunstpause,"diese Verräterin zu ergreifen!"
Er deutete anklagend auf die junge Frau.
"Sie hat Gildeneigentum entwendet."
Goldie kochte.
"Und du meinst dies gibt dir das Recht, einfach einen Übungsplatz der Wache zu umstellen wie ein Rattenloch, ja!?"
"Oh, ja ganz recht. Dies ist eine Gildenangelegenheit.
Wir sind berechtigt kleinere Verbrechen eigenständig, gildenintern zu lösen.
Keine Große Sache.
Wie ich sehe hat sich die Wache bereits an der Suche nach dem Gegenstand beteiligt."
Drei Lispelnde Blätter fixierte Kamillus, der noch immer benommen auf dem Boden saß.
"Wenn ich nun um unser Eigentum bitten dürfte...?"
Er streckte die Hand aus um Kamillus die Kugel zu entwenden.
Vom einen Moment zum anderen sah Drei Lispelnde Blätter sich einem Berg aus blauem Eis, einem Zwerg, einem bedrohlichen Menschen, noch zwei Zwergen und einem Plätzchen gegenüber.
"Ich glaube du darfst nicht.", meinte Kamillus durch zusammengebissene Zähne.
Die Bewegungen der Assassinen auf den Mauern ringsum waren Goldie nicht entgangen.
"Und ich rate dir ausserdem, deine Leibwächter zurückzupfeifen.", fügte sie hinzu.
"Ich bin nicht so dumm wie ich aussehe!", sagte Kamillus
"Sobald das Verbrechen aus der Gilde heraus in die Stadt getragen wird, sind Wir...das heißt die Wache zuständig."
Er erntete einen ermutigenden Blick von Goldie.
"Folglich...wird die...junge Frau uns begleiten, ebenso wie dieser Gegenstand.
Und...ach ja, der junge Mann der mich getreten hat", sein Blick durchsuchte die Menge.
"Er wird ebenfalls mit uns kommen wegen...wegen..."
"Tätlichen Angriffs auf einen Wächter", soufflierte Glum leise.
"...Tätlichen Angriffs auf einen Wächter."
"Dies könnt ihr nicht tun."
Für jemand der gerade mit einem von Kixes Plätzchen bedroht wurde, war der Gilden-Sekretär erstaunlich gefasst.
"Natürlich können wir das!", stellte Goldie richtig.
"Wir müssen sogar...wo kämen wir hin, wenn die Gilden und die Wache keine freundschaftliche Beziehung unterhielten?"
Sie lächelte falsch.
"Unter guten Freunden muss man Zugeständnisse machen.", meinte Drei Lispelnde Blätter mit einem ebenso falschen Lächeln.
"Ganz im Vertrauen..."
Er beugte sich zu Goldie hinüber.
"Ich wäre sogar nur mit dem Gegenstand zufrieden den jener durchaus fähige Wächter dort in Händen hält. Oder wollen wir diese Sache mithilfe meiner Bediensteten klären?"
Sein Lächeln schloss nun auch Kamillus ein, der das erste Mal in seinem Leben gegen den Impuls ankämpfen musste jemanden niederzuschlagen.
Dies war ein Kuhhandel!
Goldie würde doch nicht...
"Nun, gut..."
Kamillus sah, wie Abscheu in Goldies Gesicht, nur schlecht verhohlen, aufblitzte.
Aber es war notwendig, sah auch er ein.
Die achatene Delegation hatte eindeutig die Oberhand.
Dies war Politik.
"Rekrut, gib dem Sekretär das Objekt."
Widerstrebend reichte er die Kugel langsam dem Sekretär herüber.
Als die junge Frau, die seit einer Weile nur noch still dagesessen hatte, sah was er zu tun gedachte, fing sie an, zu schreien und zu lamentieren und überhaupt einen ziemlichen Lärm zu veranstalten .
Sie zog alle Blicke auf sich.
So, dass keiner der Anwesenden Nasgal, den Raben von Norti Rabenpelz bemerkte, der im Sturzflug auf den Platz zuschoss, Kamillus die Kugel aus der Hand pflückte und in Richtung Unsichtbare Universität davonflog.
Verwirrung kam.
Dicht gefolgt von Panik.
Drei Lispelnde Blätter konnte den Platz gar nicht schnell genug verlassen.
Die Assassinen ebensowenig.
Zurück blieben, acht Wächter und eine wunderschöne Frau.
Es war Kixe, die schliesslich aussprach was (fast) alle dachten:
"Und wer gibt jetzt Rogi bescheit?"

Die Gruppe kehrte im Laufschritt (wobei Lapis Lazuli die Frau trug.)
in das Wachhaus in der Kröselstraße zurück.
"Dafür wird dieses Bürokratenaas büßen!", fluchte Goldie.
"Mit der Aussage der jungen Frau kriegen wir ihn dran! Der sieht eine Weile kein Tageslicht mehr wenn wir es geschickt anstellen!"
"Seht mal da hinten!", sagte Glum als sie in die Kröselstraße einbogen.
Er zeigte auf die Gestalt eines Zwerges, die mit hohem Tempo auf das Wachhaus zurannte.
Goldie hielt den Rekruten, Gumbo Fröhn, am Ärmel zurück als er vorbeilief.
"Was ist hier eigentlich los, Rekrut!", fragte sie.
"Äh...weißt du es noch nicht Lance-Korporal?", sagte Gumbo, der versuchte aus vollem Lauf direkt strammzustehen.
"Man hat Zehn Unbändige Aale, den Anführer aus dem Orden des Gelben Drachens gefunden!"
Goldie ahnte schlimmes und fragte trotzdem.
"Ganz?"
"Äh...fast..."
"Dachte ich mir. Wo und wann?"
Verflucht!
"Unten an den Docks. Ich habe es gerade erst erfahren und wollte es so schnell wie möglich weitererzählen..."
"In Ordnung, Rekrut."
Goldie straffte die Gestalt.
"Wir gehen hinein und dort erzählst du langsam was passiert ist."
Wie Gumbo dem versammelten Wachhaus berichtete, war der Gildenanführer etwa zu der Zeit gefunden worden, als die Schwertkampftruppe das Training begann.
Ein Lagerarbeiter hatte ihn gefunden wie er Stromabwärts trieb.
Durch die Clan-Tätowierungen auf seiner Haut, hatte man ihn identifizieren können.
Der Todeszeitpunkt war auf von S.U.S.I. vor etwa zwanzig Stunden geschätzt worden.
Die gesamte D.O.G.-Abteilung stand Kopf wegen dieses Fundes (Glum sah zu Rogi und diese entschuldigte ihn mit einem Kopfnicken, woraufhin er schleunigst losging um sich nützlich zu machen) denn der "verfluchte Mistkerl! Entschuldigung, Feldwebel!", hatte mächtige Freunde an der Spitze des Staates, die gar nicht erfreut sein würden ihren Spießgesellen in einer Holzkiste nach Hause schaffen zu können...einer kleinen Kiste (der Ankh nahm sich was er kriegen konnte).
Dies war eine Katastrophe.

Noch schlimmer war für Kamillus, dass er den Nachmittag mit der, bei allen Service-Kräften verhassten, Aufgabe den Bericht zu schreiben verbringen musste und die Junge Frau nicht mehr zu sehen bekam.
Sie hatte vorübergehend den Schlafsaal okkupiert, bis eine standesgemäßere Bleibe für sie gefunden worden war.
Dies sorgte dafür, dass hastig Spinde verschlossen und Betten gemacht wurden und peinliche Utensilien, wie Zahnbürsten und ungewaschene Unterhosen vollkommen verschwanden.
Ausnahmslos ALLE Rekruten waren übereingekommen, die Nacht aushäusig zu verbringen.
Die Frau war vernommen, versorgt und in Schutzhaft genommen worden um einen weiteren Angriff seitens des Ordens auszuschließen.
Jedoch schwieg sie verstockt und war zu keiner Aussage zu bewegen obwohl sie exzellentes morporkianisch sprach.
Nicht mal ihre Personalien konnten die Beamten von R.U.M. ihr abpreßen.
Nur ihren Namen.
Nun lag sie schlafend im Bett eines Rekruten, der den alten Trick, wie man beim Strohhalmeziehen schummelte nicht kannte.
Es machte Kamillus wahnsinnig, dass er nicht zu ihr konnte!
Doch als er mit dem Schreiben des Berichts fertig war, war es bereits dunkel und Rogi wiess ihm entschlossen die Tür.
"Kommt gar nicht in Frage, Rekrut! Fie hat fon genug durchgemacht für einen Tag findeft du nicht?"
"Aber..."
"Kein Aber Rekrut!
Geh nach Hause und schlaf eine Runde.
Die Feugin Eine Gleifende Libelle braucht Ruhe und davon nicht fu knapp!
Niemand nütft ef wenn fie nicht gegen Drei Lifpelnde Blätter auffagen kann weil fie todmüde ift, oder?"
Damit schob sie ihn kurzerhand aus der Tür.
Sie machte sich nicht mal die Mühe sie ganz zu schließen, so als wäre er ein Hund, dem man nur mal seine Grenzen zeigen musste.
Eine Gleißende Libelle...
Er dachte den ganzen Heimweg an nichts anderes.
Zuhause betrachtete er lange die Flasche, die auf seinem Tisch stand.
Er entschloss sich, die Nacht weniger einsam zu machen.

Rogi hatte sich entschlossen, die Nacht über wach zu bleiben, einige Berichte aufzuarbeiten und nebenbei ein Auge auf die Zeugin zu haben.
Als sie kurz aufstand um sich die Beine zu vertreten, merkte sie, dass etwas nicht stimmte.
Es war zu still im Wachhaus.
Die Wächter im Bereitschaftsdienst hätten zu hören sein müssen.
Hatte sie gerade Schritte gehört?
Rogis Hand verharrte über ihrem Schwert...und griff dann in ihre Schreibtischschublade um dort ein Skalpell zu ergreifen.
Wer unbefugt in ein Wachhaus eindrang, wusste worauf er sich einließ.
Leise ging sie aus ihrem Büro heraus, rannte geduckt bis zur Ecke des Ausbilderbüros und lugte um die Ecke.
Die Tür zum Schlafsaal war offen.
Verdammt!!
Rogi schlich leise bis zur Tür und sah hinein.
Die Zeugin, Eine Gleißende Libelle war fort.
Jetzt bemerkte Rogi auch den Haufen aus Kleidern neben dem Bett der einen der Wächter darstellte.
Ein Bluterguss zierte seine Stirn und er atmete flach.
Rogi lief zu ihm hin, um eventuell Erste Hilfe zu leisten...und bemerkte gleich darauf, wie dumm das war.
Auf einen energischen Schritt in ihrem Rücken, folgte ein leises Ächzen das von Anspannung stammte und ein lautes "Klong!" an ihrem Hinterkopf.
Dann wurde alles dunkel.
Eine Gleißende Libelle ließ den Schirmständer fallen, drehte sich um und floh in die Nacht hinaus.
Sie durfte die Sache jetzt nicht enden lassen!
Aber sie brauchte Hilfe.
Ihr Weg führte zu einer ganz bestimmten Wohnung am Rande der Schatten.

Kamillus war zu diesem Zeitpunkt in elegische Stimmung verfallen.
Er saß in seinem Zuhause in einem alten, verschlissenen Sessel, der bei einer Entrümpelung der älteren Wachenbüro's für ihn abgefallen war, die Flasche neben sich.
Er hatte die Flasche zu gut einem Viertel geleert und war in der Stimmung, die jeder Trinker fürchtet:
Zu nüchtern um fröhlich zu sein, zu betrunken um aufzuhören.
In diesem Zustand stiegen in der gewaltigen Brühe, die sein Geist war, einzelne Erinnerungsfragmente auf wie Gemüsestücke.
Er sah sich selbst, wie er von Rogi zusammengefaltet wurde.
Er sah sich wie ein Idiot auf dem Platz stehen, dann wie der Assassine ihn quer über den Platz trat.
Ihm fehlte sogar die Energie um wütend zu werden.
Der MANTEL hing über der Hellebarde, in der er am Morgen sein Spiegelbild betrachtet hatte.
Selbst Er schien ihn mit Verachtung anzusehen.
"Schau mich nicht so an!", sagte Kamillus verdrießlich.
"Ich kann nichts dafür, dass die Welt ein Problem mit mir hat."
Der Mantel brachte zum Ausdruck, eine andere Ansicht zu vertreten.
"Ach, lass mich doch in ruhe!"
Kamillus verließ die Wohnung um einem zutiefst menschlichen Bedürfnis nachzugehen und den Abort aufzusuchen.
Dunkle Gedanken kreisten dabei in seinem Kopf.
Seine mentale Einkehr wurde jäh unterbrochen als er ein Messer an einer ganz bestimmten Stelle spürte...
(Es ist natürlich von der Kehle die Rede!)
"Du bewegst dich am besten überhaupt nicht, wenn du nicht wert darauf legst, demnächst durch einen Gartenschlauch zu essen!", zischte eine Stimme nah an seinem Ohr.
Kamillus musste sich nicht umdrehen um sie zu erkennen.
"Eine Gleißende Libelle!?"
"Leise du Vollidiot!", zischte die Zeugin.
"Aber...warum...? Weshalb...?"
Es viel Kamillus schwer, die Stimme zu senken.
Allein der Gedanke an die Anwesenheit der Frau hinter ihm, er spürte ihren Körper deutlich an seinem, ließ sein Herz einen nervösen Rumba tanzen.
"Ich werde dir alles erklären. Aber zuerst werden wir deine Wohnung aufsuchen... und zwar Leise und unauffällig!"
Sie bewegten sich die Treppe hinauf wobei Eine Gleißende Libelle sich äußerst unvorteilhaft vornüber beugen musste um das Messer weiterhin an Kamillus's Kehle zu behalten.
Selbiger befand sich in einer Zwickmühle:
Er war hin und hergerissen zwischen Entsetzen und der sexuellen Anziehungskraft seiner Geiselnehmerin.
Was will sie von mir! dachte er immer wieder.
Ich habe nichts, was sich zu stehlen lohnt und bin nicht wichtig genug um eine gute Geisel abzugeben.
Als sie zu seiner Wohnung kamen schnappte Eine Gleißende Libelle hörbar nach Luft.
Nun gut...etwas lohnte sich doch zu stehlen...
Ohne sie anzusehen, wusste Kamillus, dass sie den ungläubigen Blick jetzt über das Sammelsurium verschiedener Waffen schweifen ließ.
Um die peinliche Stille zu überbrücken stellte er einfach die erste Frage, die ihm in den Sinn kam.
"Äh...woher wusstest du wo ich wohne?"
"Hm?", Eine Gleißende Libelle schien aus einem Traum zu erwachen.
"Oh, das war nicht schwierig. Ich habe in die Mitgliederkartei der Wache gesehen nachdem ich die Wächter beseitig..."
Verdammt!
"Du hast WAS?!"
"Es gab keinen anderen Weg!"
Ihre Stimme klang jetzt wieder hart und unnahbar.
Sie war wieder ganz professionelle Geiselnehmerin.
"Setz dich auf den Stuhl dort.", befahl sie und Kamillus gehorchte.
"Lass deine Hände da, wo ich sie sehen kann", schärfte sie ihm ein.
"Und was deine Kollegen angeht...denen geht es den Umständen entsprechend. Sie werden ein kleines Nickerchen machen und dann aufwachen. Nur bei dem Feldwebel musste ich härter zulangen. Sie scheint einen Schädel aus Stahl zu haben."
"Dies entspricht der Wahrheit.", murmelte Kamillus, entsetzt darüber was Eine Gleißende Libelle getan hatte.
"Tatsächlich? Na ja, egal. Ich wollte dir erzählen warum ich hier bin und was es mit all dem auf sich hat."
"Warum Ich?! Du hättest alles den Mitarbeitern von S.U.S.I. erzählen können!
Dann hätten wir nicht diesen gewaltigen Ärger am Hals!!"
"Lass mich meine Geschichte erzählen. Danach kannst du Fragen stellen und lamentieren."
Und so begann sie...

Zehn Unbändige Aale war kein Heiliger gewesen.
Diese Tatsache war auch Kamillus bekannt, doch das wahre Ausmaß seiner Missetaten wurde ihm erst in jener Nacht klar.
Er hatte so ziemlich alle Arten von illegalem Broterwerb ausgeübt die man sich vorstellen konnte.
Von Schmuggel, über Versicherungsbetrug bis zu schwerer Körperverletzung mit Todesfolge war alles dabei was ein Schwerverbrecher sich wünschen konnte.
Doch sein größter Coup war der Menschenhandel.
Er ließ ganze Schiffsladungen von Menschen aus dem Achatenen Reich nach Ankh-Morpork schaffen...gegen einen horrenden Preis den sich die Meisten nicht leisten konnten.
Da sie jedoch unbedingt nach Ankh-Morpork wollten traten sie in eine Art Leibeigenschaft ein, in der sie ihre Reise abarbeiteten.
Diese Idee hatte ihn innerhalb von wenigen Monaten an die Spitze des
Ordens aufgesteigen lassen...was einige Leute extremst verärgerte.
Ihnen verdankte er seinen jetzigen Aufenthalt in einer Kühlkammer.
Eine Gleißend Libelle hatte sich selbst unter diesen Sklaven befunden und sich folglich geschworen, den Kampf gegen den Orden aufzunehmen.
Zurzeit arbeitete sie als Fotografin und Reporterin für die Times.
"Und", sagte Eine Gleißende Libelle am Ende ihres Vortrags. "ich bin in der Lage, den Schleier zu lüften!"
Kamillus hatte den ganzen Tag damit verbracht, von einem Schlamassel in den anderen zu geraten, hatte immer noch Kopfschmerzen und hätte als Erster zugegeben, dass er normalerweise nicht der Hellste war.
Aber auch Ihm vielen die Löcher in Libelle's Theorie auf.
"Aber warum zur Hölle hast du das nicht den Anderen erzählt?
Sie hätten dir helfen können. Warum Ich? Ich bin nicht wichtig genug.
Von meinem eklatanten Mangel an Fähigkeiten einmal abgesehen."
"Aber du bist als Einziger verfügbar. Die Wache kann hier nichts unternehmen. Es geht um Gildeneigentum.
Ich brauche jemanden wie dich.
Einen Einzelkämpfer, der in der Lage ist mir bei der Suche nach diesem Gegenstand zu helfen, den ihr heute Morgen abgeben musstet und den sich dieser Rabe geschnappt hat. Ich brauche einen einsamen Helden."
"Und ich habe gemerkt wie du mich angesehen hast., fügte sie in der privaten Welt ihres Kopfes hinzu.
"Du würdest mir sogar in einen Schmelzofen folgen, wenn ich dich darum bäte."
Kamillus war gegen seinen Willen geschmeichelt.
"Aber was müssen wir tun? Und was hat es mit dieser Kugel auf sich?"
"Nun... sie ist der Schlüssel zur Erkenntnis..."
Mehr brachte sie nicht heraus bevor die Welt explodierte.


Rogi Feinstich kam langsam zu sich.
Sie erinnerte sich an nichts, außer dem hohlen Geräusch als der Schirmständer die Stahlplatte in ihrem Kopf traf.
Sie hatte sich überrumpeln lassen, doch jetzt war sie wach.
Und sie war verdammt wütend.
Bald registrierte sie das Chaos um sie herum.
Goldie Kleinaxt, die spät noch einmal zurückgekommen war, weil sie ein Buch in ihrem Schreibtisch gesucht hatte, hatte sie auf dem Boden im Schlafsaal gefunden und sofort alle in Bereitschaft versetzt.
Mit der Konsequenz, dass die Rekruten, viele noch im Halbschlaf und schlampig gekleidet nun herumstanden und schnatterten.
"Fämtliche Rekruten werden nun den Faal verlaffen und fich mit etwaf finnvollem befäftigen.", sagte Rogi undeutlich.
"Nur Lanffkorporal Kleinakft bleibt und erftattet Bericht."
Als alle gegangen waren, trat Goldie an das Bett heran und beugte sich(mithilfe einer Leiter die freundlicherweise daneben aufgestellt worden war) über Rogi.
"Du hast einen schweren Schlag eingesteckt und die Zeugin Eine Gleißende Libelle ist verschwunden, Feldwebel."
"Erfähl mir etwaf waf ich noch nicht weif Goldie.", sagte Rogi giftig.
"Die Rekruten Gladwisch und Truark sind professionell ausgeschaltet worden und schlafen nun neben dir."
Rogi stöhnte.
"Fie wollten mich nicht töten aber wufften nicht wie hart fie fuflagen mufften.
Die Frage ift: Waf wollen fie fon der Feugin?"
Goldie zuckte beredt die Achseln.
"Ich weiß dass nur der Orden des Gelben Drachens damit zu tun haben kann.
Er hat sie schon heut Mittag angegriffen."
"Ich glaube wir follten dem Orden einen Befuch abftatten.
Fuch dir eine Truppe auf Rekruten fufammen."
"Aber das ist Aufgabe der D.O.G.", wagte Goldie zu bemerken.
"Dann fende eine Klackernachricht an Hauptmann MeckDwarff und bitte ihn um Unterstütfung.
Wir brauchen jede Hilfe die wir bekommen können."
Rogi stand schwankend und stöhnend auf und holte ihre restlichen Skalpelle
aus dem Schreibtisch.
Dies war persönlich geworden.


Zur gleichen Zeit erwachte auch Kamillus in den Trümmern seiner Wohnung.
Er versuchte festzustellen ob sich seine Körperteile noch am ihnen angestammten Platz befanden.
Die erste Bestandsaufnahme ergab:
Barthaar: angesengt. Kleiner Finger der Linken Hand: vermisst.
Knochen: schmerzend. Stiefel: brennend!
Er stand ungelenk auf und begann das Feuer auszutreten.
Danach begann er, wie es unter Leuten, die einen schweren Schock erlitten haben üblich ist, belanglosere Aufgaben zu verrichten.
Er buddelte im Schutt und förderte einzelne Gegenstände zutage (Den MANTEL, ein Dutzend Wurfmesser, ein paar Waffen, seinen Amboss, ein paar Stücke angesengte Kleidung), verband seine Hand notdürftig, griff sich einen lädierten Besen und begann zu fegen.
So stand er eine Weile, den Besen monoton schwingend wie ein Golem, die Augen blicklos in die Ferne gerichtet, während sein Selbst versuchte Anschluss an die Realität zu finden.
Dann, nach etwa zwanzig Minuten, kehrte das Gefühl in seine Augen zurück.
Er hob den Kopf und schien sich an etwas zu erinnern.
Dann begann er zu schreien.
Danach ging es ihm besser.
Er bemerkte nun das Libelle verschwunden war.
Er kramte panisch in seinen Erinnerungen.
Er sah die Explosion (vermutlich eine alchimistische Bombe; die Luft roch schwach nach Pulver Nummer 1) und dann wie eine schwarz gekleidete Gestalt den leblosen Körper Libelle's durch das Loch in der Mauer trug.
Seltsam, nun da es nichts mehr gab was ihn bremste, da er aufgerüttelt war, schien sein Hirn besser zu funktionieren.
Trauer schien ein natürlicher Katalysator zu sein.
Erinnerung kreiste durch sein Gehirn und er begann zu kombinieren.
Ein hochgestellter Krimineller wird ermordet...
Am selben Tag wird eine junge Frau vom Orden angegriffen, die später behauptete den Mord aufklären zu können...
Dieselbe Frau wird vor dem Orden gerettet, schlägt ihre Beschützer jedoch nieder und sucht sich einen naiven Krieger, der bereit ist ihr überallhin zu folgen...
"Sie muss von dem Mord gewusst und auch einen Beweis erbracht haben.", kombinierte Kamillus mit ungewöhnlich scharfem Verstand.
"Aber sie sagte, sie wisse nicht wer es war, sie könne es nur beweisen wenn ich ihr hülfe. Also hat sie es nicht gesehen, sondern ein Dokument davon angelegt. Die Kugel! In ihr muss das Geheimnis verborgen sein. Aber was ist darin? Was?!"
Seine Grübelei wurde jäh durch ein dumpfes Bimmeln unterbrochen, das am anderen Ende des Raumes erscholl.
Kamillus ging hinüber und grub eine Weile im Schutt bis er seinen Wecker freigelegt hatte.
Das Gehäuse war verbogen und zusammengepresst worden doch der Dämon der darin wohnte war noch immer am Leben.
"Mein Gott, war das schrecklich da unten!", quäkte er schrill. "Danke für's Ausgraben! Ich hoffe das passiert jetzt nicht öfters!"
Seine Stimme brachte verhohlene Klage zum Ausdruck.
"Nein, nein! Das war ein einmaliges Erlebnis."
Kamillus konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
"Na dann ist es ja gut!", sagte der Dämon. "Ich hasse die Dunkelheit! Unser Volk ist nicht für die Dunkelheit geschaffen, weißt du."
Kamillus versuchte das Geschwätz des Dämons, so gut es ging, zu ignorieren doch es war verdammt schwierig.
Er erinnerte sich an den Nachmittag auf dem Übungsplatz.
Was hatte Norti doch gleich gesagt?
"... würde die schwarze Farbe erklären. Scheint lichtundurchlässig zu sein."
Aber was bedeutete das nun wieder?
"Wenn ich im Dunklen hätte arbeiten wollen, wäre ich in einen Ikonographen gezogen!", sagte der Dämon und spuckte aus.
"Sei doch mal still verdammt!", rief Kamillus.
"Ich versuche mich hier zu konzentrieren! Es interessiert mich kein Stück, ob du nicht im Dunklen arbeiten kannst!"
Eine Weile schwiegen sie, dann sagte Kamillus verlegen:
"Warum eigentlich nicht?"
"Hm?"
"Warum bist du kein Ikonographen-Dämon geworden?"
"Weil ich nie mit der Dunkelheit klargekommen bin.", erwiderte der Kobold noch etwas eingeschnappt.
"Ist Dunkelheit für diesen Beruf denn erforderlich?"
"Natürlich! Die Bilder können nur im dunklen gemalt werden weil Okto-Zellulose so instabil ist.
Ein Sonnenstrahl und das Bild verbrennt."
Kamillus dachte noch eine Weile versonnen über diesen Fakt nach bis er ihn langweilte und machte sich dann daran seine "Wohnung" zu entrümpeln.
Bis ihm plötzlich ein Einfall kam.
"Wir sollen das Ding nicht fallen lassen."
"Sag mal...", wandte er sich noch einmal an den Dämon.
"Ist es egal in welchem Behältnis der Dämon sitzt?"
"Eigentlich schon aber...He! Komm zurück!"
Aber Kamillus war schon die Treppe hinunter und beschleunigte noch immer in Richtung Diebesgilde.


Rogi Feinstich war wütend, wie selten zuvor.
Sie, Goldie, Glum Steinstiefel, der von Hauptmann MeckDwarf abgestellt worden war und die Truppe Rekruten bestehend aus Blim, Norti, Lapis und Kixe hatten vor dem Haupteingang der Diebesgilde(Unterabteilung Ausland) Stellung bezogen.
Rogi hatte einige Risiken in Bezug auf die nahe Zukunft einkalkuliert, doch Sechs Gefräßige Wiesel gehörte nicht dazu.
Selbiger war an jenem Abend zufälligerweise mit dem Pförtnerdienst betraut worden und vertrat folgende Ansicht bezüglich seiner Pflichten:
Wer Einlass begehrte war potentiell verdächtig und durfte folglich nicht eingelassen werden.
"Ich fage dir Folgendef:", wiederholte Rogi ein weiteres Mal mit erzwungener Geduld.
"Wir find Angehörige der Ftadtwache von Ankh-Morpork und alf Folche begehren wir Einlaff!"
"Wer sagt mir, dass ihr nicht irgendwelche Strauchdiebe seid, die Wächteruniform gestohlen haben und nun versuchen, durch einen Trick die Gilde zu berauben?", erwiderte Sechs Gefräßige Wiesel, während er sich in aller Seelenruhe eine Zigarette drehte.
"Fiehft du diefe Dienftmarke? Fie weift mich alf Feldwebel Rogi Feinftich auf!"
"Du könntest sie mitsamt der Uniform gestohlen haben.", sagte Sechs Gefräßige Wiesel gleichgültig.
"Du willft unf alfo nicht hineinlaffen?", erkundigte sich Rogi innerlich brodelnd.
"So sieht's aus!"
"Nun gut. Rekrutin Kikfe, vortreten! Öffne deine Handtasche!"
Leise Geräusche ließen darauf schließen, dass jemand näher an das Tor herantrat.
Darauf folgend vernahm Sechs Gefräßige Wiesel leise kratzende Geräusche, und wispernde Stimmen an der Tür.
"Bist du sicher, dass du SO viel davon nehmen solltest, Feldwebel?"
"Natürlich! Fweifelft du an meiner Kompetenf?!"
"Nein, nein...aber..."
"Kein Aber, Goldie! Gib mir noch mehr davon Kikfe."
"Ich glaube auch, dass du weniger davon auf einen Haufen packen solltest wenn du mich fragst, Feldwebel."
"Aber dich FRAGT niemand Kikfe!"

Dann erschien Rogi's Gesich wieder vor dem kleinen Guckfenster in der Pforte.
"Dief ift die Letfte Gelegenheit für dich unf einfulaffen."
"Welchen Teil von 'Nein!' hast du nicht verstanden?", fragte Sechs Gefräßige Wiesel gehässig.
"Na gut. Wie du willft.
Aber Ich würde von der Tür weggehen."
Das war alles was sie sagte.
Es folgten hastige Schritte.
Sechs Gefräßige Wiesel blieb gerade noch genug Zeit ein paar Schritte zu machen, bevor eine riesige Menge von Kixe's Keksen vor der Tür detonierte und nur eine Wolke aus Sägespänen zurückließ.
Die Druckwelle schleuderte ihn einige Meter weit, verletzte ihn jedoch nicht.
Er sah verschwommen wie sich Rogi über ihn beugte und ihm ihre Dienstmarke vor's Gesicht hielt.
"Ich denke, dief genügt um unfere Fugehörigkeit fur Wache fu beweifen.", sagte sie laut und deutlich um das Klingeln in den Ohren des Pförtners zu übertönen.
Dann ging die Gruppe, in Richtung Gildengebäude.



Kamillus erreichte die Diebesgilde kurz nachdem ihr Tor in die Luft geflogen war und sah gerade noch eine Wächteruniform im Tor verschwinden.
Wächter waren hier.
Das war gut.
Sie konnten ihm helfen den Entführer zu töten.
Aber eines nach dem Anderen.
Erst musste er ihn finden.
Er hatte das Gefühl als dächte der MANTEL, den er nun trug, für ihn.
Sein Geist kochte und darauf kam es an.
Trauer in Wut verwandeln!
Schmerz in Hass!
Vielleicht war es besser wenn er die Wächter mied.
Sie würden ihn bremsen.
Er entschloss sich, den Weg über die Dächer zu nehmen.
Zwei Wächter fielen seinen Fäusten zum Opfer.
Durch ein offenes Dachfenster gelangte er auf den Dachboden der Gilde und eine verschlossene Tür bot ihm nicht mehr Widerstand als ein Papierfächer.
Es hieß nun, den Entführer zu finden.
Er hastete durch die Flure der Gilde, nicht mehr als ein Schatten unter Schatten.
Er brach eine weitere Tür auf und fand sich in einer Kammer mit vier Wächtern wieder.
Sie schienen gerade einen Schichtwechsel hinter sich zu haben, denn ein Feuer schwelte im Kamin und ein Päckchen Karten lag auf dem Tisch.
Einen Moment sahen sie ihn ungläubig an, wie eine Katze, die in einen Hundezwinger steigt.
Diese Verwirrung, so wußte Kamillus, galt es auszunutzen.
Der erste Wächter leistete keinen Widerstand, sank einfach ohnmächtig in sich zusammen als Kamillus einen bestimmten Punkt an seinem Oberschenkel traf.
Die nächsten beiden hatten ihre Waffen ergriffen aber nicht gezogen.
Gut.
Kamillus trat einem von ihnen vor das Knie sodass ein hörbares Knirschen erklang und empfing ihn mit einem Fausthieb als er einbrach.
Die beiden Anderen hatten ihre Waffen, achatische Krummschwerter, gezogen und warteten auf eine Gelegenheit zum Angriff.
Kamillus hörte die Stimme des MANTELS die immer wieder schrie:
"Töte Sie! Sie verdienen es nicht anders! Sie sind Tiere! Vernichte Sie! Du kannst es, ich weiß es! TÖTE SIE!"
Der erste Wächter entschloß sich einen Ausfall zu wagen und stieß zu.
Kamillus reagierte instinktiv, wich aus benutzte ein Knie des Mannes wie eine Trittleiter und rammte ihm das eigene Knie ans Kinn.
Der Mann fiel wie ein Baum hintenüber.
Betont lässig, klopfte Kamillus Staub vom MANTEL und zog wie beiläufig ein Messer.
Ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen als er sich dem verbleibenden Wächter zuwandte.
Dieser ließ angstvoll seine Waffe fallen.
"Ich ergebe mich!", stammelte er in gebrochenem morporkianisch.
"Vielleicht nutzt dir das sogar etwas.", sagte Kamillus, dessen Lippen immer noch das Lächeln zierte.
Er trat näher an den Mann heran zog ihn am Kragen herunter und setzte ihm das Messer an die Kehle.
"Wo. Ist. Drei Lispelnde Blätter!? ANTWORTE!!"
Das Lied des MANTELS, sang in Kamillus Kopf.
"Er ist im Roten Zimmer!", jammerte der Wächter.
Kamillus packte das Messer fester, bereit zuzustechen.
"Er wird für den Tod meiner Liebsten büßen.", wisperte er wie zu sich selbst.
"Bitte um Verzeihung.", wagte der Wächter zu sagen.
"Die junge Dame ist wohlauf! Wir haben ihr nichts getan außer sie zu verarzten!"
Raserei fiel wie Trunkenheit von Kamillus ab.
"Sie ist am Leben?"
Seine Stimme schien wie durch Watte zu ihm zu dringen.
Er besann sich und sah sich nun wie zum ersten Mal in dem Zimmer um.
Dann wandte er sich dem, extremst jungen, Wächter zu, sah in ein Gesicht ohne Schuld.
Zur falschen Zeit am falschen Ort...
Ein Gesicht hinter dem wahrscheinlich eigene Probleme versteckt waren, eigene Erfolge, vielleicht ein Mädchen das auf ihn wartete.
Nicht nur ein Wächter...ein MENSCH!
Plötzlich fühlte Kamillus sich alt.
Er hätte beinahe...
Mit unglaublicher Willenskraft zog er den Mantel aus, legte mit ihm all seine Sorgen und Ängste ab und warf ihn ins Feuer.
Er meinte einen Schrei zu hören verdrängte ihn jedoch.
Er fühlte, dass eine schwere Last von ihm abgefallen war.
Er sah den Wächter an.
"Wie heißt du, mein Junge?"
"Zwei Birkenstämme, Herr."
"Gut. Bitte führe mich zu Ihr, ja?"
Der Wächter wagte nicht zu widersprechen.
"Ach...und gibt es hier einen Klackerturm?"
"J..ja."
"Dort gehen wir kurz vorbei, ja?"
"Du trägst das Messer, Herr.", sagte der Wächter resigniert.
So gingen sie los.


"Du hättest vorsichtiger mit dem 'Sprengstoff' sein sollen, Feldwebel."
Goldie's Stimme brachte nur leisen Vorwurf zum Ausdruck.
"Ich habe ihn gewarnt, oder nicht?"
"Du hättest einfach einen Golem anfordern können, der die Tür offiziell geöffnet hätte!"
"Daf hätte fu lange gedauert! Begreift du daf nicht!? Ef wäre fu fpät geworden bis er hierer gefunden hätte. Irgendwo hier drin muff eine Feugin verfteckt fein.
Ich wage gar nicht, mir auffumalen waf fie in diefem Moment mit ihr anftellen."
Sie bogen um eine Ecke und sahen sich einer Gruppe Wächter gegenüber, die in Richtung des explodierten Tores eilte.
Angesichts der vielen Wächter waren die Männer zuerst überrascht, gingen jedoch automatisch in Angriffsstellung.
Auch Rogi zögerte nicht.
"Rekrutin Lazuli?"
"Mä'äm?"
"Bitte geh vorauf und forg dafür, daff diefe Herren unferen Weg nicht behindern."
"In Ordung, Mä'äm.", grollte Lapis.
Sie bewegte sich mit der Effizienz einer Kontinentalverschiebung und so wichen die Wächter zurück und ließen die Gruppe passieren.
"Warte mal kurz!", sagte Goldie, trat vor und fragte einen der Wächter:
"Wohin müssen wir um Drei Lispelnde Blätter zu finden?"
Der Wächter, der sich durch einen Zwerg nicht halb so bedroht fühlte wie durch einen Troll, wagte es zu grinsen.
Er gab eine schnelle Antwort auf Achatisch und warf Bewunderung heischende Blicke auf seine Kollegen.
"Was hat er gesagt, Blim?", fragte Goldie ohne den Blick von dem Wächter zu nehmen.
Blim antwortete nicht gleich.
"Raus damit, Rekrut!"
"Er sagte er müsse einem Rasenschmuck nicht gehorchen, Lance-Korporal.", sagte Blim mit sichtlichem Unbehagen.
Goldie stand einen Augenblick stocksteif, dann entspannte sie sich.
"Ist das so? Dann möchte ich, dass du ihm mitteilst:
Sollte er uns nicht umgehend den Weg zu Drei Lispelnde Blätter zeigen, so werde ich Mittel und Wege finden um ihn lebenslang ins Loch zu stecken."
Blim konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen, als er übersetzte.
Unsicherheit breitete sich auf dem Gesicht des Wächters aus und er beschied, dass er dieses Problem nicht allein lösen konnte.
So nahmen die Wächter, die der Gruppe haushoch überlegen waren, die Rekruten in die Mitte und führten sie unter wachsamen Blicken durch das Gebäude.
Sie waren auf dem Weg.


Auch Kamillus lief durch die Gilde, geführt von Zwei Birkenstämme.
Er fühlte sich geradezu unverschämt gut, so als sei er aus einem Alb-Traum erwacht.
Zwei Birkenstämme schloss eine Tür auf und...
Eine Zelle. Eine Pritsche, ein Tisch, ein vergittertes Fenster.
Sie war leer.
Sie mussten sie schon fortgebracht haben!
"Bring mich zu Drei Lispelnde Blätter."
"Ich sollte jetzt eigentlich zum Tor.", wagte Zwei Birkenstämme verzweifelt einzuwenden. "Die Explosion hat sicher alle Wächter dorthin gezogen."
"Genau deswegen werden wir dem Gildensekretär jetzt einen Besuch abstatten. Ich möchte ungestört mit ihm plaudern. Außerdem glaube ich, die junge Frau dort zu finden."
"Aber..."
"Muss ich dich daran erinnern Wer hier das Messer hat?"
"Nein!",sagte Zwei Birkenstämme hastig.
"Wenn ich dich dann bitten dürfte?"
Der Wächter ging vor.


Die erste Impression die Rogi vom Roten Zimmer hatte war...Platz!
Der Raum war nach der alten Taktik der Feindeseinschüchterung erbaut worden.
Er wirkte so groß, dass die meisten Eindringlinge, von der Macht seiner Erbauer beeindruckt, erstarrten.
Rogi zeigte sich unbeeindruckt, vor allem weil sie am einen Ende des Saals Drei Lispelnde Blätter erkannte, der auf einem hohen Stuhl Platz genommen hatte.
Er wirkte nonchalant, war ganz Gastgeber der späten und unerwarteten Besuch empfängt.
"Feldwebel Feinstich!", aus seiner Stimme triff Überheblichkeit, wie dicker Sirup.
"Wie schön, dass du so spät abends vorbeischaust. Und Lance-Korporal Kleinaxt! Welch unerwartetes Vergnügen."
Nun, bemerkte die Rogi Eine Gleißende Libelle, die mit gefesselten Händen und Füßen, neben dem Sekretär saß.
"Was führt euch so spät noch hierher?", fragte Drei Lispelnde Blätter mit überheblichem Grinsen.
"Daf weift du ganf genau!", Rogi's Geduld war eine Bogensehne, auf der ein Geigenbogen strich.
"Wir find hier weil eine Feugin auf unferem Wachhauf verfwunden ift und weil du heute Morgen ebendiefe Feugin angegriffen und eine Gruppe Rekruten bedroht haft."
"Es war notwendig. Sie stahl Gildeneigentum von hohem Wert und folglich war das Strafmaß angemessen. Was die Rekruten angeht...ich habe sie nicht bedroht. Nur zum Ausdruck gebracht...gewisse Schritte einzuleiten."
"Er hat leider recht Rogi.", flüsterte Goldie leise.
"Wir können ihm nichts Nachweisen."
"Ach und was das Eindringen ins Wachhaus angeht...keiner meiner Männer ist dorthin gegangen.
Deine Zeugin kam von selbst zu uns."
Drei Lispelnde Blätter war aufgestanden und ging nun auf und ab, wie jemand der sein Besitztum abschreitet.
"Du siehst also, Feldwebel: Du hast nichts in der Hand."
Er trat an Rogi heran und gab den Wächtern ein Zeichen, die sofort bedrohlich näher rückten.
"Ich möchte dich nun bitten das Gildengelände zu verlassen.
Vielleicht werde ich Milde walten lassen und in meinem Brief an Kommandeur Ohnedurst, nur deine Suspendierung verlangen."
"Du hast Zehn Unbändige Aale umgebracht!"
Die Stimme kam von der Tür her; wirkte entschlossen und gleichzeitigt bestrebt, niemanden zu stören.
Alle Köpfe drehten sich synchron in Richtung Tür.
Dort stand Kamillus, neben ihm ein verstörter Wächter, der im Augenblick wohl lieber an hundert anderen Orten gewesen wäre.
Auch Drei Lispelnde Blätter verlor für einen Augenblick die Fassung, wurde aber sofort wieder der überhebliche Bürokrat wie vorher.
"Der junge Herr Schimmlersohn! Wie kommst du auf diese irrige Annahme?"
"Ich habe eine weile überlegt und kann dir sogar einen Beweis liefern, der sich gewaschen hat.
Aber der Reihe nach:
Gestern hast du Zehn Unbändige Aale unter einem Vorwand zu den Docks bestellt und ihn dort, wahrscheinlich mithilfe einiger deiner Spießgesellen umgebracht.
Es sollte eine unauffällige Sache werden, doch ihr wurdet durch ein Arrangement von Libelle beobachtet.
Als sie den Beweis abholen wollte, lief sie deinen Männern in die Arme konnte jedoch mit dem Gegenstand entkommen. Sie lief los und versteckte ihn auf dem Schwertkampfübungsplatz um ihn später abzuholen wurde jedoch von deinen Männern angegriffen, schwer verletzt und konnte nur mit knapper Not entkommen. Also versuchte sie den Gegenstand wieder an sich zu bringen.
Dabei kam ihr und uns Norti's Rabe in die quere. Anschließend floh sie aus dem Wachhaus um sich bei mir Unterstützung zu holen."
Kamillus versuchte, nicht auf Rogi zu achten, die ungläubig zur verlegen blickenden Libelle stierte.
"Dann habt ihr meine Wohnung gesprengt um sie endgültig zu beseitigen und als auch das nichts half, habt ihr sie ins Gildenhaus gebracht um sie als Druckmittel zu verwenden und über den Beweis zu befragen."
"Und wo ist dieser Beweis, bitte?", schnappte der Gildensekretär.
Er hatte jetzt jegliche Freundlichkeit eingebüßt. "Er wird jeden Moment ankommen. Ich habe eine Klackernachricht zum Wachhaus in der Kröselstraße geschickt und ihnen gesagt, was sie zu tun haben."
In diesem Moment trat, wie auf's Stichwort, der Rekrut Gumbo Fröhn in das Zimmer und salutierte.
"Wir haben das Viech gefunden wie du gesagt hast Kami.", sagte er ausser Atem.
"Aber es war 'ne Heidenarbeit!"
"Danke Gumbo."
Gumbo überreichte Kamillus einen Sack der sich in dessen Hand wand und zappelte.
Als Kamillus ihn öffnete, flatterte Nasgal der Rabe heraus und nahm auf der Schulter des dankbaren Norti Platz.
"Er ist bis ganz auf den Kunstturm hinaufgeflogen!", beschwerte Gumbo sich weiter.
"Nur mit Alice Katers Hilfe konnten wir ihn schließlich finden."
"Er hat das Ding doch nicht beschädigt oder?"
"Nein nein! Es ist unversehrt."
"Danke Gumbo, ihr habt was gut bei mir. Ihr alle."
Gumbo nickte, salutierte in Richtung Rogi und ging zu seinen Kollegen.
Kamillus zog nun die Kugel, die sie am Morgen auf dem Platz gefunden hatten, aus dem Sack.
"Was ist das?" ließ Glum sich vernehmen.
"Es ist ein Ikonograph.", sagte Kamillus.
"Zumindest ist es das selbe Funktionsprinzip. In der Kugel sitzt ein Dämon. Die Kugel selbst ist lichtundurchlässig, bis auf ein kleines Fenster, durch das der Dämon sieht, was er malt.
Der Dämon selbst ist stumm sodass er nichts verraten kann, eine Erfindung von Libelle.
Nasgal hat übrigens wahrscheinlich den Dämon im inneren bemerkt und versucht, ihn zu verspeisen.
Man kann diese Kugel überall anbringen und der Dämon malt dann was er sieht.
Später holt man die Kugel zurück und entwickelt das Bild in einem dunklen Raum, wie ein normales Bild.
Ich wette, ich weiß, was auf diesem zu sehen sein wird."
Alle Blicke richteten sich nun auf Drei Lispelnde Blätter, der sich während des Vortrags immer weiter von der Gruppe zu entfernen versucht hatte.
Nun, zog er plötzlich ein Messer aus den Falten seines Gewandes und stürzte mit hasserfüllter Miene auf Eine Gleißende Libelle zu.
Die Wächter bewegten sich schnell, jedoch keiner so schnell wie Kamillus, dessen Hand seit Beginn seines Vortrags ein Wurfmesser gefunden hatte.
Ziehen und Werfen war eins.
Mit einem Schrei stürzte der Gilden-Sekretär zu Boden und umklammerte seinen Oberschenkel.
Lapis ging zu ihm und hob ihn am langen Arm auf.
Die Gilden-Wächter erhoben keinen Einspruch.
Alle standen ein wenig betroffen in der Gegend herum, bis Rogi zu dem lamentierenden Sekretär ging und ihm mit seinem Gewand einen Pressverband anlegte.
"Ihr versteht nicht! Er war vollkommen wahnsinnig! Er musste sterben!", schrie der Sekretär.
Hoffnung flackerte in seinem Gesicht, als er sich verschwörerisch zu Rogi hinüberbeugte und sagte:
"Ist dies wirklich die Feindschaft des Ordens wert Feldwebel?
Ein Mörder gefunden, eine ganze Organisation entfesselt?"
Rogi richtete sich auf; taxierte den Mann und sagte:
"Der Orden ift unfer geringftef Problem. Er wird mit dir enden."
"Es wird andere geben, wie mich!"
"Ich weiff. Aber ef wird auch andere geben wie fie.", sagte Rogi lächelnd und deutete auf die Rekruten, die einen glücklichen Kamillus umringten.
"Und folange können Leute wie du nicht gewinnen.
Rekrutin Lazuli, führ den Mann ab."
Lapis salutierte und ging davon, den Sekretär in der steinernen Faust.
"Und was dich angeht, Frau Libelle...guter Schlag."
Die zwei Frauen lächelten sich an.


Einige Tage später, kam Kamillus spät an seiner ehemaligen Wohnung vorbei.
Er hatte lange gearbeitet und war rechtschaffen müde.
Er erinnerte sich zurück.
Das Bild war entwickelt worden und der Orden des Gelben Drachen in der Auflösung begriffen.
Er selbst war, nachdem er die Sachen aus seiner Wohnung geborgen hatte, die noch zu retten gewesen waren, in das Wachhaus an der Kröselstraße eingezogen.
Aber er suchte den Ort gern auf um sich zu betrinken, aus dem einfachen Grund, dass mit der Aufregung um den Fall, auch Libelle aus seinem Leben verschwunden war.
Sie war einfach eines Tages verschwunden und nicht wieder aufgetaucht.
Er war nicht schlecht überrascht als ihm aus einem Hauseingang Glum entgegenkam, der wie ein Honigkuchen-Pferd grinste.
"N'abend Kami."
"Guten Abend Glum."
"Reichlich spät um durch die Schatten zu spazieren oder?"
"Ich hänge nur ein paar alten Erinnerungen nach", sagte Kamillus trübsinnig.
"Es geht um Libelle nicht wahr?"
"Ist es so offensichtlich?", fragte Kamillus bitter.
"Ja."
"Oh"
"Na ja, will dich nicht aufhalten.", sagte Glum, aus dessen Gesicht immer noch nicht das Grinsen gewichen war.
Sie verabschiedeten sich mit Handschlag und Kamillus stieg die Treppe hinauf.
Glum's Grinsen erschien ihm extremst rätselhaft...bis er die Tür öffnete und sie sah.
Sie stand an dem großen Loch, dass die Bombe gerissen hatte und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln als er die Tür öffnete.
"Das träume ich bloß!", beharrte sein Verstand.
"Sie ist nicht hier!"
Nun...er hatte seinem Verstand sowieso nie sonderlich getraut.
Später drehte sich eine ganze Welt für ihn.


Glum Steinstiefel stand noch eine Weile an die Mauer des Hauses gelehnt und paffte seine Pfeife.
Seine stille Einkehr wurde plötzlich durch eine volle Flasche Schnaps gestört, die durch das Loch in der Hausfront flog und auf dem Boden zerschellte.
Mit einem Lächeln ging Glum in die Nacht hinaus.



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Feedback:

Von Schlumpi Wurzelbach

21.11.2007 12:44

</b><br><br>Very well! Aber die Ninjas find ich etwas klischeehaft.....<br><br><b>

Von Ruppert von Himmelfleck

21.11.2007 12:44

</b><br><br>Zunächst einmal würde ich sagen: Für eine GRUND-Ausbildungssingle ist die Geschichte zu lang und das eigentliche Thema ist zwar angesprochen, aber nicht ausreichend behandelt worden. Deshalb meine ich: Thema verfehlt.<br>Was mit gefallen hat ist, dass viele Kollegen mit in die Handlung aufgenommen wurden und nicht nur Statisten waren. Du scheinst auch einiges von Kamillus Steckenpferd, dem Waffenschmieden zu ver-stehen, oder irre ich mich da? <br><br>Würde ich alles, was ich mir notiert habe hier unterbringen, würde es den Rahmen einer Kritik in die-sem Forum sprengen. Ich beschränke mich daher auf ein paar pauschale Bemerkungen.<br>Der Kampf gegen einen kriminellen Orden ist sicherlich nichts, was die Stadtwache Rekruten überlassen würde. Rekruten sind immerhin unausgebildete Neulinge. Rogi würde gewaltigen Ärger bekommen, wenn sie das täte. <br>Was mich sehr irritiert hat war ein Zwerg, der offenbar auf Menschenfrauen steht. Interspezies-kontakte, na gut, wenn es sein muss. Bei Casanunda fand ich es ja ganz witzig, bei Kamillus ir-gendwie nicht.<br>Als die Wächter die Tür aufsprengen, lässt Du andere Wächter als Deine Figur etwas illegales ma-chen, nämlich sich gewaltsam Einlass in die Gilde zu verschaffen. Das finde ich nicht in Ordnung. Aber da Deine Ausbilder das haben durchgehen lassen, sind sie wohl mit ihrer Rolle einverstan-den. Und warum hat der Troll die Tür nicht eingeschlagen? <br>Warum schlägt Kamillus zwei Wächter nieder (ich habe natürlich erst an zwei Kollegen gedacht) um auf das Dach zu kommen? Rennt er das Treppenhaus hoch, schwingt sich auf das Dach und rennt dann durch ein anderes Dachfenster wieder nach unten? Da habe ich offenbar den Faden verloren.<br>Zum Schluss noch die Frage ob Du tatsächlich glaubst, das sich so eine kriminelle Vereinigung einfach deshalb auflöst, weil zwei Chefköpfe verschwinden?<br><br>Und noch zwei formale Dinge:<br>Die Rechtschreibung war soweit OK, nur bei der Groß- und Kleinschreibung hapert es etwas. <br>Mich hat es sehr irritiert, dass in wörtlicher Rede immer wieder Absätze kommen, einfach nur um einzelne Sätze zu trennen. Das stört sehr beim Lesefluss.<br><br>Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich vor einem Problem stehe diese Geschichte zu be-werten. Wenn ich rein formal bewerte, dann kommt sie schlechter weg als sie es verdienen würde. Sie ist gut und flüssig zu lesen, sie passt aber in meinen Augen noch nicht ganz in "unsere" Stadtwache. Ich denke aber, dass Du das im Laufe der Zeit schon mitbekommst was das heißt, wenn Du mehr und mehr die Geschichten der Kolleginnen und Kollegen liest. <br><br><br><b>

Von Stefan Mann

21.11.2007 12:44

</b><br><br>Sehr gut geschrieben. Nur zwei Sachen haben mich ein wenig gestört. Einmal die Fußnoten im Text. Wenn etwas nicht direkt zur Story gehört hemmt das zumindest für mich etwas den Lesefluss, vor allem wenn es mitten im Satz steht.<br>Zweitens die Benutzung des Wortes "Wächter" während der Situationen in der Diebesgilde. Ich musste in paar mal überlegen was für Wächter gemeint waren und einmal war ich im ersten Augenblick der Überzeugun Kamillus hätte zwei Stadtwächter niedergeschlagen.

Von Glum Steinstiefel

21.11.2007 12:44

</b><br><br>Eine, wie ich finde insgesamt ziemlich gelungene Rekrutensingle. Die eigentliche Ausbildung wurde dann doch nicht in ihrem Sinne beendet, aber dafür ist der Fall gelungen. Die großzügige Auslegung meinerseits finde ich nett, aber ich weiss nicht, was DOG mit der Gilde zu hat, wenn kein Einsatz gefordert ist und die Rekruten sich selber mit den Assasinen anlegen. Ein wenig zu theatralisch und teilweise zu...naja, "perfekt", aber wie gesagt- durchaus gelungen. Alles andere habe ich dir ja schon gesagt...<br><br><b>

Von Araghast Breguyar

21.11.2007 15:56

Erstmal Respekt für diese Mission! Endlich mal wieder eine GRUND-Single die aus mehr als nur einer oder zwei Szenen besteht die mal eben die Vorlage abhandeln und gut ists. Zwar kann ich der inhaltlichen Kritik von Ruppert in den meisten Punkten zustimmen, aber he, du fängst hier ja gerade erst an und lernst unsere Wache Stück für Stück immer besser kennen. Ich habe auch ein paar Missionen gebraucht um mich wirklich 'einzuspielen'.

Also, weiter so!

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