formicidae Teil 1 oder Von Ameisen und Zwergen

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von Gefreiter Huitztli Pochtli (SUSI)
Online seit 26. 04. 2007
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Häuser und Zwerge stecken voller Überraschungen. Die einen, wenn sie Einstürzen und die anderen, wenn sie in der Gerichtsmedizin landen.

Dafür vergebene Note: 11

Ein herrlicher Frühlingstag in Ankh-Morpork. Nun gut, zumindest in Ankh. Morpork dagegen hatte einfach das Pech, zur olfaktorisch falschen Seite zu gehören. Sie erlebten das so typische Geruchskolorit einer Stadt, deren Einwohner von Kohlfeldern eingeschlossen lebten und sich nicht anders als durch die Vernichtung des Gegners durch tägliche Resorption zu helfen wussten. Was vom Tage übrig blieb, landete im Ankh und erinnerte seine Bewohner ständig daran, wo sie eigentlich lebten.
Der Regen der Nacht hatte zur Dämmerung hin aufgehört und einer Art feinem Sprühregen Platz gemacht, welcher dann fast unmerklich in Nebel übergegangen war. Die steigende Sonnenscheibe vertrieb schließlich auch diesen.

* * *


Haudrauf Schimmelsud betrachtete sein kleines, aber feines Anwesen seines kleinen Gehöfts in der Sto-Ebene, keine vierzig Meilen von Ankh-Morpork entfernt. Noch vor einem Monat hatte es seiner extrem abergläubischen Schwester gehört, aber eine saftige Intrige seiner Frau, an welcher er nicht ganz unbeteiligt war, hatten die Vermögensverhältnisse geändert. Es war beiden mit Hilfe einer falschen Wahrsagerin gelungen, die Schwester davon zu überzeugen, dass auf ihrem Land ein Fluch läge und daraufhin hatte sie es ihrem Bruder praktisch für ein Butterbrot überlassen.

Er betrat den Stall, in dem die Ernte des letzten Monats gelagert wurde, als dieser durch die leichte Erschütterung der sich schließenden Tür über ihm zusammenbrach. Wenn zwölf Tonnen besten Kohls von nicht mehr als einer mehlartigen Substanz statt robustem Tannenholze getragen werden, geben auch sie ob der gleichgültigen Behandlung beleidigt der Schwerkraft nach und fallen nach unten. Und zwar alle auf einmal.
Schimmelsud mochte Kohl und galt als guter Esser, aber das war auch selbst für ihn zu viel.
Kurze Zeit später lösten sich die weicheren Bestandteile seines Körpers auf und nur die Knochen blieben zurück. Haudrauf betrachtete dies nun von einer höheren Warte aus und wunderte sich über den persönlichen Mangel an Anteilnahme an dem soeben Geschehenen.
"Und da sagt man immer, Kohl sei gesund.", bemerkte Haudrauf verwundert.
Eine trockene Stimme, in der die Unendlichkeit des Alls mitschwang, antwortete: "DIE GESUNDHEITSFÖRDERNDE WIRKUNG VON KOHL WIRD WIRKLICH ÜBERSCHÄTZT."

* * *


Der Kampf tobte in der Flinken Gasse. Hunderte gingen mit unerbittlicher gnadenloser Härte aufeinander los und jeder versuchte schneller zu sein, als sein Gegner.
Die Roten waren siegesgewohnt an die Sache herangegangen und hatten erwartet die Blauschwarzen innerhalb weniger Minuten vom Erdboden zu tilgen. Doch hier trafen sie zum ersten Mal in ihrem kurzen nun endenden Leben auf einen Gegner, der etwas ganz Neues und Unbekanntes einsetzte: künstliche Waffen.
Die unmittelbaren Nachbarn des Geschehens indes hatten davon rein gar nichts mitbekommen.

* * *


Lord Vetinari blickte auf den Stapel Berichte, die an diesem Tag frisch hereingekommen war. Das übliche Hauen und Stechen zwischen den Gilden, Beschwerden verschiedener Interessengruppen, angefangen von der Priesterschaft des Blinden Io bis hin zur - wieder einmal - Vereinigung gegen die Diskriminierung von Siliziumleben. Diverse Anzeigen durch die Stadtwache, die für eine Anklageerhebung seiner Gegenzeichnung bedurften und ein mehrseitiger Bericht, auf dessen rotem Deckblatt die Worte ACHTUNG - SOFORT WEITERLEITEN prangten. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er durch sehr überzeugende Argumente[1] darauf hingewiesen, die roten Deckblätter nur dann zu verwenden, wenn es wirklich notwendig war. Er seufzte unhörbar und blätterte um. Kahlfraß auf den Kohlfeldern in einer Linie oder besser Schneise zwischen Ankh-Morpork und Lancre. Dieser beschränkte sich jedoch nicht auf Rot-, Grün- und Spitzkohl. Oh nein, auch der Rosenkohl, Lord Vetinaris heimliche Leidenschaft, war betroffen. Zudem waren innerhalb dieses Korridors diverse Farmgebäude aus unerklärlichen Gründen zusammengebrochen. Lord Vetinari machte eine geistige Aktennotiz, die eine Beförderung des überaus aufmerksamen Berichterstatters in Betracht zog.

* * *


Olga Maria Inös stand kopfschüttelnd vor dem Trümmerhaufen, der kurze Zeit zuvor noch als Haus hatte gelten dürfen, auch wenn anderenorts selbst der ärmste Bauer nicht mal sein Vieh dort untergebracht haben würde. Berge von Schutt, Gerümpel, Lehmbrocken und darin vermischt ein paar verstreute Möbel kündeten allein davon, dass dies einmal die Heimstatt von Menschen gewesen war.
Die aus dem Palast des Patriziers angeforderten Bluthunde, hatten glücklicherweise keine Leichen finden können. Es schien sich hier tatsächlich niemand aufgehalten zu haben. Als Schnupfgrass, der Hundeführer der Palastwache den Rückweg antrat, stieß sein Hund Wurster auf eine Spur, der er schnüffelnd folgte. In der nächsten Seitengasse, die zudem eine Sackgasse war, fand er schließlich ein Baby und dessen Großmutter schlummernd vor.
Nachdenklich kratze sich der Hundeführer am Kopf.
Man hatte Großmutter Siseline Faltkoffer schlussendlich doch wecken können und zu dem Trümmerhaufen geführt.
Mit ihrem Enkelkind auf dem Arm stand sie erschüttert vor den Resten ihres Heims, aus dem hier und da noch Staubwolken quollen. Wie sie aus dem Haus in die Seitengasse gelangt war, konnte sie sich nicht erklären. Das könne nur ein guter Geist gewesen sein, war sie sich sicher. In der Tat waren es mehrere Hundert guter Geister gewesen.

Olga Maria Inös trat zu Johan Schaaf.
"OK, wir sind hier fertig. Ich muss jetzt noch meinen Bericht zu der Sache hier fertig machen und das dürfte ein sehr merkwürdiger Bericht werden, da bin ich sicher."
"Kommst du nachher noch mit auf einen Schluck im Eimer?"
"Oh, ich glaube nicht. Ich bin einfach zu erledigt, morgen vielleicht, OK?"
Olga Maria Inös nickte und sie machten sich beide auf ihren Weg zurück zur Wache.

* * *


Huitztli Pochtli putzte nun schon zum dritten Mal die Reagenzgläser auf dem Regal, bemüht einen guten Eindruck zu hinterlassen. Seit Tagen hatte er keine richtige Aufgabe übertragen bekommen. Seiner Aufmerksamkeit entzog sich jedoch, dass ihm bei diesem Vorgesetzten das Reinigen von Arbeitsmaterialien allein nicht weiterhelfen würde.

"Wenn du so weiterputzt, wirst du die Gläser noch durchwienern! Die sind Scheißteuer!" schnauzte Jack Narrator. Wieder einmal.
Huitztli Pochtli beendete den Reinigungsvorgang und suchte erfolglos nach einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit. Die Sektion war blitzsauber, nich ein Stäubchen war zu sehen. Die deprimierende Situation ließ seine Schultern noch tiefer hängen. Ein Häufchen Elend in Stein.

* * *


Olga Maria Inös betrat müden Schrittes das Labor des Wachhauses am Pseudopolisplatz und wedelte mit den Proben in der linken Hand.
"Ich habe hier ein paar Proben von einem Hauseinsturz in der Flinken Gasse."
"Wenn ich mich nicht irre, sind die Häuser dort ohnehin nicht besonders in Schuss.", sagte Lady Rattenklein ohne von dem Experiment aufzublicken, welches gerade in dem Kolben vor sich ging, "Was also ist denn so besonderes daran?"
"Nun, ich wollte nur auf Nummer sicher gehen und..."
"...da dachtest du, bring doch einfach mal ein bischen Arbeit mit ins Labor, die haben doch sicher nichts zu tun heute.", beendete die Lady mit triefendem Sarkasmus den Satz und warf Olga Maria Inös dabei einen ironischen Blick zu.
"Nein, das ist es nicht.", Olga Maria Inös verdrehte innerlich die Augen und antwortete betont ruhig: "Nein, die beiden nach eigenen Angaben im Haus befindlichen Personen wurden in einer nahen Seitengasse schlafend aufgefunden. Sie haben keinen Schaden genommen, können sich jedoch nicht erinnern, wie sie dorthin gelangten. Ich denke, wir sollten dem Rätsel auf den Grund gehen, meinst du nicht auch?"
"Hmm, das klingt in der Tat etwas seltsam. OK, lass die Proben hier, ich sehe sie mir später mal an.
Olga Maria Inös legte den Umschlag mit den Mörtel und Holzbrocken auf den Labortisch und verließ den Raum.

* * *


Zum wiederholten Male ließ Huitztli Pochtli seinen Blick über die Einrichtung in der Gerichtsmedizin gleiten. So sehr er auch suchte, konnte er keine andere geeignete Beschäftigung ausmachen, die seine Zeit vertrieben hätte.
Die eintretende Olga Maria Inös lenkte ihn ab. Schnell war die mysteriöse Hauseinsturzgeschichte erzählt und beide stellte Vermutungen an, was die Ursache für den Einsturz und die sagenhafte Rettung der Großmutter und des Babys sein mochte.
"Vielleicht hatten die Götter ihre Hand im Spiel. Die sollen doch immer mal wieder den einfachen Menschen auf der Erde helfen und so."
"Ich will ja nichts ausschließen, aber ich glaube nicht, dass sich eine solche Erklärung gut in unserem Bericht machen würde. Vielleicht schlafwandelt die Oma ja und hat instinktiv sozusagen, ihr Enkelkind gerettet.", meinte Olga Maria.
"Aber wieso legt die sich dann in einer Seitenstraße zum Schlafen auf den Boden?"
"Keine Ahnung...", zuckte Olga Maria Inös mit den Schultern, "Möglicherweise gibt es einen geheimnisvollen Retter oder so. Wie dem auch sei, ich gehe jetzt meinen Bericht schreiben."
Huitztli nickte Olga Maria Inös zu und wandte sich wieder dem Regal mit den Reagenzgläsern zu, als ihm eine Idee kam.

Die Hauptgefreite Lady Rattenklein war nach wie vor mit der Untersuchung des Kolbeninhalts beschäftigt, als Huitztli das Labor betrat.
"Na, nichts zu tun?", fragte Lady Rattenklein ohne aufzublicken.
"Och, na ja. Momentan habe ich wirklich mehr Freizeit als mir lieb ist."
"Wenn du Arbeit suchst: Da vorn auf dem Tisch liegt eine Probe, die du untersuchen kannst. Lass dir das aber von Jack genehmigen. Nicht das es nachher heißt, ich würde der Gerichtsmedizin Laborarbeit aufhalsen."
Erfreut und mit etwas bangem Herzen kehrte Huitztli in die Sektion zurück. Jetzt galt es nur noch, Lance-Korporal Narrator dazu zu bewegen, ihm die Erlaubnis für diese Untersuchung zu erteilen.
Als er den Obduktionsraum wieder betrat, traf er auf Oberfeldwebel Sillybos.
"Ah, Gefreiter Pochtli, schon eingelebt, wie? Nun, zumindest kann ich mich nicht erinnern, diesen Raum jemals so sauber gesehen zu haben. Hattest du dich nicht als Gerichtsmediziner beworben? Bei dem Gespräch vor ein paar Wochen war meiner Erinnerung zufolge nicht von einer Stelle für eine Reinigungskraft die Rede."
Dabei wischte Sillybos wie beiläufig mit quietschendem Zeigefinger über den polierten Metalltisch.
Huitztli wollte auf keinen Fall eingestehen, dass er bislang zwar ein paar Obduktion hatte beiwohnen dürfen, nicht jedoch selbst hatte Hand anlegen können.
"Ich hatte eigentlich gerade vor, mit der Untersuchung dieser Proben zu beginnen, Sir. Ich wollte eben noch zu Lance-Korporal Narrator, mir die Genehmigung..."
"Fang schon mal an. Ich muss ohnehin zum Lance-Korporal, da kann ich das gleich mit ihm regeln."
"Gut, Sir."

* * *


Kommandeur Ohnedurst blickte vier Stunden später auf einen Obduktionsbericht aus der Gerichtsmedizin. Der untersuchte Verblichene schien ein tragender Dachbalken gewesen zu sein und noch merkwürdiger war die Tatsache, dass der Berichtende ein Gerichtsmediziner in Ausbildung namens Hüzzli oder so den Bericht unterzeichnet hatte. Wieso in der Götter Namen hatte dieser Wächter das Formular für Obduktionen benutzt? Und warum war es nicht von Lance-Korporal Jack Narrator gegengezeichnet? Wenn er etwas noch weniger schätzte, als Inkompetenz, war es das Übergehen eines direkten Vorgesetzten. Auch wenn dieser Vorgesetzte Jack Narrator war. Nun...eigentlich verdiente der Berichtende, er blinzelte - Hüzzli - vielleicht noch eine Chance. OK, zwei Chancen. Er schrieb ein Rohrpost-Memo mit der unverzüglichen Aufforderung bei ihm vorzusprechen und diesen merkwürdigen Bericht zu erklären.

* * *


Huitztli Pochtli kletterte nach Feierabend auf das Dach der Molkerei von Blöömsche & Söhne zu seinem Verschlag hoch.
Seit er dort oben eingezogen war, hatte sich die Qualität der Molkereiprodukte des Hauses erheblich gesteigert. Die Leute wussten es zu schätzen, dass Neuerdings die typisch Ankh-Morporkischen Beigaben wie Taubenfedern oder Schlimmeres nicht mehr enthalten waren. Im Gegenzug dazu ließ ihn Herr Blöömsche gegen eine äußerst geringe Miete auf seinem Dach wohnen. Geschäft ist Geschäft.
Die Tauben stoben in panischer Angst davon, als sie des Wasserspeiers ansichtig wurden. Noch hatten Sie nicht begriffen, dass ihre Existenz eigentlich in keinster Weise bedroht war. Aber über Generationen in Fleisch und Blut übergegangene Instinkte hatten ihnen eingeschärft, dass eine steinerne, gedrungene und in der Regel nackte Gestalt Tod und Verderben bedeuteten. Also suchten Sie sich lieber ein anderes Dach.

Der Dachbalken vom Hauseinsturz ging Huitztli nicht aus dem Kopf. Als er ihn aus dem Tuch auswickelte, in welchem ihn Olga Maria Inös transportiert hatte, war er förmlich von allein zerfallen. Unter der Lupe hatte er eine Menge Holzmehl gesehen und Einzelteile von einer zunächst unbekannten Spezies, die sich nach einiger Recherche als eine Art Termiten herausstellte - nicht gerade sein Spezialgebiet. OK, Termiten hatten offensichtlich den tragenden Balken des Hauses perforiert, was wiederum zum Einsturz des Hauses geführt hatte. Doch, warum waren Oma und Enkelkind unter mysteriösen Umständen nicht im Haus umgekommen, sondern von einer "höheren Macht" offenbar gerettet worden? Und was oder wer hatte die Termiten schließlich in ihre Einzelteile zerlegt? Und dann dieser teilweise brennend scharfe Geruch. Als Huitztli Pochtli aus Unachtsamkeit mit dem Zeigefinger der rechten Hand gedankenverloren an seine Lippen getippt hatte, nahm er ein deutliches Prickeln wahr. Er hatte daraufhin im Labor einen Test gemacht und das Ergebnis hatte förmlich die Skala gesprengt. Als Wasserspeier und somit Angehöriger der Siliziumlebensformen, hatte er wirklich Glück gehabt. Jeder anderen auf Kohlenstoff basierten Spezies hätte es mit großer Wahrscheinlichkeit die Lippen weggeätzt.

* * *


Huitztli Pochtli fühlte sich deutlich unwohl in Gegenwart des Kommandanten. Das wurde jedoch abgemildert durch die Tatsache, dass auch Oberfeldwebel Sillybos anwesend war.
Er hatte vor dem Schreibtisch von Rascaal Ohnedurst Haltung angenommen, gegrüßt und wartete nun auf eine einleitende Bemerkung.

"Was bei den Göttern ist das, Gefreiter?"
Damit legte der Kommandant betont vorsichtig den Untersuchungsbericht von Huitztli vor ihn hin.
"Mein...Bericht...Herr."
"Nun, ich kann lesen, weißt du? Aber, korrigiere mich, sollte ich mich irren, werden Holzbalken inzwischen zu den Lebewesen gezählt?"
"Nein Sir, sie irren sich nicht. Genaugenommen handelt es sich um ehemals lebendiges Material..."
Huitztlis Stimme verklang gequält.
"Ich fürchte du wirst mich schon aufklären müssen, wie die Pathologie dazu kommt, ihre Zeit mit dem obduzieren von Baumaterial zu verschwenden. Auch wenn es sich um vormals lebendiges Material gehandelt hat. Oder haben die Eltern des Baumes, aus dem er stammt, etwa Anzeige wegen Mordes erstattet?"
"Nein, Herr. Ich wollte mich nur nützlich machen und...", stammelte Huitztli immer leiser werdend.
Sillybos neigte sich an Ohnedursts Ohr und flüsterte leise. Er nickte, zeigte aber sonst keine mimische Reaktion.
"Also, wenn es schon keine Obduktion war, dann solltest du auch das richtige Formular verwenden. Was hast du herausgefunden? Aus deinem Bericht bin ich nicht so recht schlau geworden..."
Erleichterung keimte in Huitztli auf.
"Wie du schon bemerkt hast, Herr, bestanden die Proben aus Holzmehl, zudem Mörtel, Ziegelbrocken, Ankh-Schlamm, Papierfetzen, Sand. Aus der Form der Holzreste schloss ich, dass es sich um einen Teil des tragenden Firstbalkens handelt. Aus Tannenholz. Der Mörtel, die Ziegelbrocken und der Ankh-Schlamm sind schlichtweg Bestandteile des Mauerwerks. Das Papier wurde entweder zum Abdichten von Ritzen im Mauerwerk oder als Tapete benutzt. Im Holzmehl fand ich hunderte Körper eine Art Ameise. Und ich fand eine nicht klassifizierbare extrem ätzende Substanz."
"Von Ameise habe ich hier nichts gelesen, Gefreiter. Hier steht 'Termiten'. Das erinnert eher ein wenig an einen alchmistischen Sprengstoff. Also, was denn nun?"
"Eigentlich beides, Termiten und Ameisen, Herr. Ich habe den einen Insektenforscher in Ankh-Morpork aufgesucht, Professor Pierre Toit. Er hat mir gesagt, es handele sich scheinbar um eine Schimäre, das ist eine Mischung aus zwei Tieren. Das Aussehen entspricht dem von Termiten, zumindest, was deren Körperbau angeht. Die Farbe und die von mir gefundene Substanz sprechen für Ameisen. Man könnte sie auch als Termeisen bezeichnen, zumindest schlug das Professor Toit vor."
"Und was ist mit dieser geheimnisvollen Substanz, die dir offensichtlich so wichtig ist, Gefreiter?"
Huitztli berichtete von seinem prickelnden Erlebnis und wies auf eine Verfärbung seiner Unterlippe hin.
"Nun, ich konnte sie nicht analysieren. Dafür reichen meine Kenntnisse nicht aus. Ich habe aber bei der Ruine noch etliche Tiere finden können und sie in einem Glaskolben mit Alkohol gesammelt. Ich machte einen Versuch mit einem frischen Stück Holz, indem ich etwas von dem Ameisen-Alkohol-Gemisch darauf tropfte und das ist das Ergebnis."
Huitztli holte ein etwa zehn Zentimeter langes Stück einer Zaunlatte aus Tannenholz hervor und legte sie auf den Schreibtisch des Kommandanten. Darauf tropfte er den Inhalt einer vollen Pipette der Substanz. Die Stelle schäumte beinahe fast sofort auf, ein deutlich dunkel werdender verkohlender Fleck wurde sichtbar und ein leichtes Rauchfähnchen kräuselte sich darüber. Das Ereignis wurde von einem deutlich wahrnehmbaren Zischen und Rauschen begleitet. Einige wenige Augenblicke später hatte sich die Substanz auch durch die Tischplatte gefressen und tropfte auf den Holzfußboden, wo sie ihr Werk der Zerstörung weiter fortsetzte. Betreten und peinlich berührt blickte Huitztli vom Fleck auf dem Boden zum Kommandanten hoch. Beinahe gleichzeitig sprangen alle drei zur Tür und liefen die Treppe nach unten zu den Büros von RUM, die sich unterhalb des Büros des Kommandanten befanden.
Die Obergefreite Ilona Istnichtgut Feldacker blickte soeben verwirrt auf ihr perforiertes Sandwich, dessen Rinde das einzige war, was von der ehemals schmackhaften Mittagsmahlzeit kündete. Glücklicherweise hatte der von ihr benutzte Porzellanteller das Fortschreiten weiterer Zerstörungsarbeit verhindert.

* * *


Vier Tage nach diesem Ereignis brach das Ladengeschäft der Gebrüder Humerlich und Hummerlich zusammen und begrub zwei Angestellte unter sich. Von ihren Körpern waren nur die blanken Knochen übrig geblieben.
Die in dieser Sache vom Patrizier einbestellten Vertreter der Architektengilde hatten alle Mühe, seiner Lordschaft glaubhaft zu machen, dass die Gebäude nicht aufgrund eines baulichen Mangels zusammengefallen waren. Wenn schon, dann eher wegen eines Mangels an Pflege und dafür hafteten sie nun wirklich nicht.

* * *


Einer Eingebung folgend, begab sich Huitztli zu Laiza Harmonie. Er war sich nicht sicher, ob sie Dienst hatte, doch das dezent wahrnehmbare oktarine Schimmern aus dem Aufenthaltsraum, erfüllte seine Hoffnung.
Er salutierte vor dem Chief-Korporal und räusperte sich, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Laiza blickte aus einer dicken Schwarte auf, hinter der sie fast vollständig verschwunden war. Die Lettern "MaHgische Rituale der Spitzhornbärge" von einer Fräulein Ohrwurm prangten auf dem Einband zusammen mit einigen offensichtlich magischen Symbolen. Huitztli sagte das überhaupt nichts.
Laizas etwas abwesender Blick glitt von der entfernten Sphäre zurück zur Scheibenwelt und nahm Huitztli war.
"Was kann ich für dich tun, Gefreiter?", fragte sie.
"Ich arbeite da an einem Fall und würde gerne in Erfahrung bringen, ob eventuell Magie im Spiel ist."
"Um was geht es bei diesem Fall?"
Huitztli berichtete ihr ausführlich von dem Hauseinsturz und seinen Untersuchungsergebnissen.
Laiza überlegte kurt und warf dabei ihr Stirn in Falten.
"Ich denke nicht, dass Magie hierbei eine Rolle gespielt hat. Bist du sicher, dass die Oma nicht nur einfach schlafgewandelt ist?"
"Laut ihrer eigenen Aussage tut sie das nicht. Ihre Nachbarn und auch ihr Sohn haben mir das bestätigt."
"Ich kann nachher bei dir vorbeikommen und die Proben mit dem Okkult-O-Meter untersuchen. Vielleicht gibt es ja eine magische Resonanz, aber ich bin sicher, dass es nur die hier übliche magische Hintergrundstrahlung anzeigen wird."

* * *


Jack Narrator stand am Tisch und betrachtete das Innere der Leiche einer Zwergin. Für Außenstehende ließ die Kälte die Einrichtung des Raumes noch schauderhafter erscheinen. Jack indes kümmerte das wenig und den Leichen war es egal. Zumindest den Leichen, die sich mit Meinungsäußerungen irgendwelcher Art zurückhielten.
Ein Y-förmiger Schnitt verlief über den Brustkorb der Toten. Die dadurch entstandenen Hautlappen waren zurückgeklappt und gaben den Blick auf den darunter liegenden Brustkorb frei. Jack hatte die Betrachtung von Einritzungen an diversen Rippenknochen abgeschlossen, setzte die Säge zum Öffnen des Brustkorbs an, entfernte die Knochen im Brustbereich und betrachtete das darunter liegende Gewebe.
"Dachte ich's mir doch...", murmelte er halblaut vor sich hin, während hauchzarte Dunstschlieren aus dem Körper aufstiegen.
"Was dachtest du? Drück dich bitte genauer aus!", quäkte es aus dem kleinen Kästchen, welches an einer Schnur über dem Sektionstisch hing.
"Halt die Klappe, du warst nicht gemeint!", raunzte Jack und gab dem Kästchen einen Klaps, so dass es zu schaukeln anfing.
"Hey!", kreischte der Dämon, "Ist ja schon gut! Hab's kapiert, Meister!", auch wenn das 'Meister' eher weniger respektvoll betont wurde.
"Na also."
"Aber auf zwei Sachen sollten wir uns einigen."
"Ach, und das wäre?"
"Erstens: du musst 'Notiere' sagen, damit ich weiß, ob ich das Gesagte auch aufschreiben soll."
"Und was ist Zweitens?", fragte Jack genervt und nicht wirklich interessiert.
"Kein Gekloppe mehr gegen das Gehäuse, wenn du das Untersuchungsergebnis nicht durch mein Gekotze verfälscht haben willst."
Jack schnaubte. Diese neue Dämonengeneration schien aufsässiger zu sein, als die vorangegangene. Seit dem Streik schien alles nur noch schlimmer geworden zu sein und er beschloss, mit Oberfeldwebel Sillybos darüber zu reden.

Huitztli Pochtli betrat den Raum und blieb unschlüssig in der Tür stehen, als er sah, dass dein direkter Vorgesetzter dort anwesend war. Noch immer verspürte er eine gewisse Befangenheit im Beisein seines Chefs.
"Rein oder raus, Gefreiter?"
Huitztlis zögernder Blick hob nicht gerade Jacks Stimmung.
"Mach die Tür zu, von Innen oder Außen, aber: mach sie ZU!"
Die letzte Aufforderung, gaben Huitztli den Impuls und er schloss die Tür.
"Wird Zeit deiner Patologieausbildung etwas Dampf zu machen, Gefreiter. Komm her und sag mir, was du siehst.", forderte in Jack auf.
Huitztli trat an den Tisch und betrachtete den leblosen Körper.
"Mann, jetzt lassen sie schon Frischlinge ran!", quäkte es verächtlich aus dem Dict-D-mon, doch Jacks vorzuckende Hand ließ den Dämon mit einem Quieken zurückzucken. Ein leises "Schulligung..." hauchte es aus dem Frontgitter.
Jack lächelte befriedigt.

Nervös stand Huitztli vor der Leiche und schluckte. Eine Art Euphorie ergriff ihn. Endlich! Nicht nur zusehen! Er knetete seine zitternden Hände.
"Nun...?", fragte Jack in gespielter Ungeduld.
"Ein Zwerg...", stieß Huitztli stotternd hervor und schlug sich im selben Moment im Geiste mit der flachen Hand gegen die Stirn.
"Oh, welch profunde Erkenntnis. Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Woran hast du es erkannt? Am Bart, dem Helm oder am Kettenhemd?"
Huitztli Pochtli neigte beschämt den Kopf nach unten und blickte Jack aus dem Augenwinkel an.
"Nicht das Offensichtliche, Mann! Uns interessiert, was nicht für jeden sofort erkennbar ist. Also...", er wies mit der offenen Hand auf den geöffneten Körper.
Huitztli räusperte sich und versuchte sich zu konzentrieren.
"Nun, das Gesicht des Opfers weist Hämatome auf. Des weiteren", Huitztli klappte die Hautlappen vor und zurück, "befinden sich Stichwunden im..."
Ein laut betontes Räuspern erklang aus dem Dict-D-mon Gehäuse.
"NOTIERE!", brüllte Jack und ließ Huitztli Pochtli erschrocken zusammen fahren, während sich der Dämon aufgrund des erheblichen Schalldrucks an den winzigen Gitterstäben seines Gelasses festhalten musste, um nicht an die hintere Wand geschleudert zu werden.

"...äh...also... Es befinden sich Stichwunden im oberen Brustbereich, im Gewebe darunter sind jedoch keine Einblutungen zu erkennen. Die Zwergin muss zum Zeitpunkt der Beibringung dieser Stichwunden also bereits tot gewesen sein."
Huitztli war zu dem Behälter getreten, in den Jack die herausgetrennten Brustknochen der Zwergin gelegt hatte.
"Die Rippenknochen zeigen Schnittmarken eines doppelschneidigen scharfkantigen Gegenstands. Der Breite des Gegenstands und der Eindringtiefe nach zu urteilen, können wir von einer dolchartigen Waffe ausgehen."
Jack blätterte im Tatort-Bericht.
"Das Protokoll der Kollegen nennt die Zwergenkneipe 'Zur Goldader' als Fundort. Dem Zustand des Tatorts zufolge und nach der Aussage des Wirtes, starb das Opfer bei einer heftigen Schlägerei. Eine beinahe Alltäglichkeit in diesem Laden."
Jack blickte von seinem Klemmbrett auf und blickte ins Leere, während er konzentriert nachdachte. Das Röcheln im Rohrpostsystem unterbrach seine Gedanken. Ihm folgten ein Scheppern, ein hoher spitzer Schrei und ein dumpfes Aufpochen, welches von einem schmerzerfüllten "Uff!" begleitet wurde.

Der Dict-D-mon lugte hämisch grinsend aus seinem Zuhause und sah zur Rohrpostklappe. Huitztli Pochtli war dabei, die Kapsel mit der Nachricht zu entnehmen, was wegen des darauf liegenden bewusstlosen Rohrpostdämons nicht gerade leicht war, weil er sich immer noch an der Kapsel festgekrallt hielt.
"Man sagt es ihm immer wieder: Lass die Kapsel rechtzeitig los, wenn du die Biegung nach unten in den Obduktionssaal erreichst! Aber was kann man schon von diesen NGD's[2] groß erwarten. Von wegen 'Neue vereinfachte Beschwörungsformel'!
Bei unsereinem haben sie sich noch richtig Mühe gegeben!", sagte der Dict-D-mon pikiert, während er das Gesicht zu einer Fluppe verzog und mit dem Kopf hin und her wackelte.
Jacks verkniffener Mund und das Blitzen in seinen Augen ließen ihn jedoch verstummen.

"In ihrem Blut war kein Alkohol, sagt das Labor. Wie lange war sie in der Kneipe?", fragte Huitztli, als er vom einseitigen Bericht aufsah.
"Der Wirt hat ausgesagt, dass sie über vier Stunden dort war."
Huitztli ergriff eine große Spritze mit einem weit dimensionierten Schlauch statt einer Nadel an dessen Spitze. Mit einem Skalpell öffnete er den Magen am an der Eintrittsstelle der Speiseröhre und schob den Schlauch hinein. Langsam füllte sich die Spritze mit dem Mageninhalt, als Huitztli vorsichtig daran zog.
Er ließ den Inhalt in ein großes Glas laufen und schnupperte vorsichtig daran.
"Das ist dunkles Bier, würde ich sagen."
"'Goldzwergs Guter Tropfen', meiner Meinung nach, sagte Jack.
"Sie hat also Bier getrunken, aber nicht mehr verdaut.", kommentierte er weiter.
Huitztli betrachtete das Gesicht der Toten. Das struppige Aussehen des Bartes wirkte irgendwie aufgesetzt, weil er an sich ordentlich gestutzt war. Huitztli nahm einen Metallkamm und fuhr damit auf der einen Seite durch den Bart. Das Ergebnis war ein offenkundig gepflegter Fall von zwergisch-weiblicher Gesichtsbehaarung.
Ein Glitzern erregte Huitztlis Aufmerksamkeit und er hob den Bart an. Am Hals der Toten wurden deutliche Strangmarken und eine Goldkette mit einem herzförmigen Medaillon sichtbar. Huitztli löste die Kette und öffnete das Medaillon.
"Hat die Mutter rotblonde Haare? Oder vielleicht eine der Schwestern?"
"Wir haben die Tote bisher nicht identifizieren können. Der Wirt kannte sie auch nicht, das sagte er zumindest. Und andere Verwandte sind hier bisher nicht aufgetaucht."
"Nun, wer ist dann das?", antwortete Huitztli und zeigte Jack das Innere des Medaillons.
Eine junge Zwergin, ohne Zweifel weiblich, der Art und Weise nach zu urteilen, wie sie ihren rotblonden Bart und die Haare trug. Keinen Helm, jedoch dezentes Make-up, besonders um die Augen. Nach Zwergenmaßstäben war das schon geradezu ein Affront.
Mit Blick auf die Strangmarken sagte Huitztli, "Ich denke, wir können Ersticken infolge Erwürgens als Todesursache annehmen. Darauf weisen auch die Petechien in ihren Augen hin." Er hob dabei ein Augenlied an und wies auf die winzigen, aber zahlreichen Blutergüsse im Weiß des Augapfels.
Jacks Interesse war jetzt deutlich entfacht, was er nach außen hin aber nicht zeigte und er wies auf Blutergüsse auf der Nase.
"Was hältst du davon?"
"Jemand hat die Nase der Zwergin zugedrückt. Zusammen mit den Blutergüssen in ihren Mundwinkeln,", Huitztli bezeichnete die entsprechenden Stellen, die Jack wegen des Bartes noch gar nicht entdeckt hatte, "möchte ich meinen, dass sie gegen ihren Willen, gezwungen wurde, das Bier zu trinken."

"Gut, versuch jetzt bitte einen Gesamtkontext herzustellen.", forderte Jack Huitztli auf und blickte ihn erwartungsvoll an.
Huitztli schloss die Augen, atmete tief durch und öffnete die Augen wieder.
"Das Opfer wurde gezwungen, eine größere Menge dunkles Bier zu trinken, indem man sie schlug und ihr die Nase solange zuhielt, bis die den Mund öffnen musste. Danach wurde sie erwürgt und ihr postmortal Stichwunden zugefügt, damit es nach einem Kampf aussieht. Die Geschichte mit der Kneipenschlägerei erscheint mir unglaubwürdig und dürfte ein Ablenkungsmanöver sein. Die Kollegen sollten noch mal mit dem Wirt reden."

Jack brummte zustimmend. Möglich, das der Neue mehr auf dem Kasten hatte, als nur Gläser zu polieren.
"OK, schreib deinen Bericht und leg ihn mir dann vor, wenn du hier fertig bist."
Jack drehte sich um und verließ den Raum. Huitztli nickte und machte sich an die Arbeit. Die entnommenen Leichenteile mussten zurückgelegt und der Körper wieder zugenäht werden. Innerlich fiel eine Last von ihm ab. Das erste Mal war gar nicht so schlecht gelaufen - hoffte er.

* * *


Am darauffolgenden Tag fand Huitztli auf dem Tisch das Laborergebnis der Untersuchung der unbekannten Substanz vor, die das Holzstück neulich im Büro des Kommandanten - und nicht nur dieses - hatte verkohlen lassen.
Die chemische Zusammensetzung war überaus komplex und die Substanz äußerst aggressiv. Sie bestand im Wesentlichen aus einer Art Ameisensäure.
Das waren nicht wirklich neue Erkenntnisse und half Huitztli nicht weiter.

Der Test mit dem Thaum-O-meter hatten das von Laiza Harmonie prophezeite Ergebnis gezeigt. Die ganz normale magische Hintergrundstrahlung, keine thaumischen Spitzen oder Strahlungsreste.

Er erstatte Jack Narrator Bericht und holte sich die Genehmigung, weitere Untersuchungen in der Hauseinsturzsache durchführen zu dürfen.

* * *


Zwei Stunden später nahm Huitztli am Ort des neuerlichen Gebäudeeinsturzes weitere Proben. Wieder fand er die aggressive Substanz, diesmal aber keine Insektenkörper.
In der Probe des ersten Einsturzes hatte es jede Menge davon gegeben, bei dieser hier nicht. Er beschloss, die erste Probe noch einmal genau zu untersuchen.

Im Labor von Lady Rattenklein borgte er sich das Mikroskop aus und legte die Insektenkörper darunter. Die 'Leichen' der termitenartigen Exemplare wiesen Verletzungen ihres Chitinpanzers auf, wie sie von scharfen Klingen verursacht wurden. Glatt abgetrennte Fühler und Beine. In mehreren Körpern schienen sogar so etwas wie Miniatur Armbrustbolzen zu stecken.
Er suchte weiter und fand schließlich sogar eine der Waffen, einem Schwert nicht unähnlich auch wenn der Griff offensichtlich nicht für eine Hand nach menschlichem Vorbild konzipiert war.
Die wenigen Blauschwarzen hingegen waren entweder zerquetscht worden oder durch die unbekannte Substanz teilweise geschmolzen. Technik gegen Chemie also.
Das versprach wirklich noch sehr interessant zu werden. Huitztli beschloss weiter zu forschen, ehe er seinem Vorgesetzten erneut Bericht erstattete. Er verspürte keine große Lust, in irgendein verborgenes Karrierefettnäpfchen zu treten.

* * *


Auf dem Gang traf Huitztli auf Lance-Korporal Magane. Er salutierte.
Bei ihr stand eine junge Zwergin. Huitztli erkannte sie als die in dem Medaillon dargestellte Person. Nach Zwergennorm war sie wohl sehr attraktiv, jedenfalls, wenn man die Blicke von Rekrut Bjorn Bjornson interpretierte, dessen Klasse zu einer Übung in die Wache am Pseudopolisplatz gekommen war.
Magane nickte Huitztli freundlich zu und er wollte schon an ihr vorbei gehen, als er seiner Neugier nachgab.
"Äh...Lance-Korporal, ich wollte mich nach dem Fortschritt in der Sache der ...äh...erkundigen.", sein auf die junge Zwergin gerichteter Blick sprach dabei Bände.
"Ja..., die Vermutung aus der Gerichtsmedizin war wohl nicht unbegründet. Lass uns nachher darüber reden, OK?"
"Natürlich, Lance-Korporal.", antwortete Huitztli und salutierte erneut.

Später traf er Magane alleine im Büro von RUM an. Die Ermittlungsakte des Falles lag oben auf einem Stapel mit weiteren Fällen.
"Ah, hallo Huitztli. In dem Fall hat sich einiges ergeben. Der Wirt hat nach einigem Druck zugegeben, dass er für seine Aussage bezahlt worden ist. Er kann nicht wirklich sagen, wie lange das Opfer tatsächlich in der Kneipe gewesen ist. Bier hat es auf jeden Fall nicht bei ihm bestellt."
"Wer war die junge Zwergin, die vorhin bei dir war?"
"Sie hat darum gebeten, das Opfer sehen zu dürfen. Der Name der Toten sei Knurs Felshacker und sie sei ihre Cousine. Irgendwie kam mir das komisch vor. Ich habe ihr gesagt, dass nur die Familienmitglieder dazu berechtigt sind."
"Ihre Cousine? OK, ich kenne die Beziehungen und Verhältnisse bei Zwergen und Menschen, die sie untereinander pflegen, noch nicht so genau. Aber ich hatte angenommen, dass Vater und Mutter die ersten sein würden..."
"Das siehst du richtig. Aber, da wir ja bisher nicht wussten, wie das Opfer überhaupt hieß, konnten wir auch niemanden benachrichtigen."
"Ja...logisch.", antwortete Huitztli erneut etwas betreten, "Ob sie vielleicht alleine hier in Ankh-Morpork gelebt hat? Das ist ja bei so einigen Zwergen so."
"Nun, genaueres wissen wir erst, wenn wir die Zwergensprecher der einzelnen Clans befragt haben."

* * *


Huitztli Pochtli ging die 'Cousine' der Toten nicht aus dem Sinn. Ohne sich darüber recht bewusst zu sein, trippelte er durch die Straße und Gassen und blieb vor dem Schaufenster eines kleinen Ladengeschäftes stehen. 'Mode für die moderne Zwergin' stand in genieteten metallenen Buchstaben über dem Laden. Das Innere war dunkel und unbeleuchtet, die Tür verschlossen. Er realisierte erst jetzt, dass dies die Anschrift war, die die 'Cousine' angegeben hatte.

Huitztli betrachtete die Auslage: Lederstiefel mit unverschämt hohen Metallabsätzen, dreifarbig gemusterte Kettenhemden, die aus dem Einheitsrostrot heraus stachen, wie Lachi der Narr aus einer Gruppe Assassinen. Helme mit kunstvoll verzierten Hörnern darauf. Bei genauerem Hinsehen erkannte man, das Blümchenmuster hineingraviert waren. Das wich eindeutig von dem üblichen Dresscode von Zwergen ab, da war sich Huitztli auch trotz mangelnder Kenntnis der Eigenheiten dieser Spezies sicher. Huitztli legte die Hände gegen das Glas der Tür und spähte ins Innere.
Ein vielleicht gerade Mal fünfjähriger Dreikäsehoch, der sich bemühte, betont lässig an der gegenüberliegenden Wand zu lehnen, krähte laut: "Für 'nen Vierteldollar verrate ich dir vielleicht, dass der Laden erst Spätabends aufmacht." Im selben Moment ließ sein Blick erkennen, dass der Junge seinen taktischen Fehler erkannt hatte. Tränen traten in seine Augen und er brach in ein Schluchzen und Jammern aus, wobei das meiste davon sein schon recht schmutziger Ärmel abbekam. Verärgert und wütend mit den Füßen bei jedem Schritt aufstampfend stapfte er in den nächsten Hauseingang und verschwand.

"Wird noch ma'n schlimmes Ende nehmen, wenn Minty da nich aufpasst. Ihr Jimmy versucht ständig, es den großen Jungs nachzumachen.", raspelte eine kratzige Stimme über Huitztlis Kopf.
Der alte bucklige Mann, zu dem diese Stimme gehörte, lehnte auf einem mottenzerfressenen Kissen auf der Fensterbank und kaute eine Zigarre im linken Mundwinkel.
"Den Bogen hat er jedenfalls noch nicht raus.", antwortete Huitztli nach oben.
Der Alte lachte, was sich anhörte, als würde eine heisere Promenadenmischung bellen.
"Du willst in den Laden? Siehst gar nich aus wie'n Zwerg und schon gar nich wie einer von der ganz besonderen Zwergensorte."
"Ganz besondere Zwergensorte? Meinst du damit weibliche Zwerge?"
Der Alte nickte, was einen leichten Schneefall aus Asche und Haarschuppen hervorrief.
"Das Fräulein Felshacker macht nie vor Sonnenuntergang auf. Der Kundschaft scheints wohl zu hell zu sein am Tach. Musst also später noch'ma kommen."
Huitztli nickte dem Alten zu und trippelte zurück ins Wachhaus.

* * *


Lady Rattenklein stand in der Tür zum Labor, als Huitztli die Lederschürze überstreifend an ihr vorbeikam. Er grüßte ordentlich und sie nickte.
"Die Hauptgefreite Kathiopeja hat diese Waffe auf dem Boden in der Kneipe entdeckt. Die Blutflecken darauf stammen eindeutig von einem Zwerg."
Sie hielt einen Dolch hoch, an dessen Klinge dunkelrote Flecken zu erkennen waren. Ein Anhänger mit der Beweismittelnummer und dem Wappen der Wache baumelte am Griff.
An der Stelle der Parierstange, an der der Griff in die Klinge überging, prangte ein zwergisches Grubenwappen. Nicht, dass Huitztli es gekannt hätte, aber es gab einen deutlichen Hinweis auf den Besitzer.

* * *


Kommandant Ohnedurst schaute sich die Aktendeckel der Berichte des Tages an. Neben SEALS und RUM, hatte auch SUSI zwei Berichte eingereicht. Einem Impuls folgend ergriff der Kommandant den ersten SUSI Bericht. Lady Rattenklein hatte Drogen untersucht, die von dem Obergefreiten Yogi Schulterbreit und dem Gefreiten Oldas von den SEALS bei ein paar zwielichtigen Trollen gefunden hatten. Der Kommandant ergriff den SEALS Bericht und blätterte ihn langsam durch. Die beiden Trolle schienen noch halbe Kiesel zu sein. Ob sie nur unerfahrene Neu-Dealer oder selbst Junkies von Platte waren, ließ sich nicht sagen. Jedenfalls hatte man Sie unweit der Fähranlegestelle angetroffen, als sie versuchten, das Kopfsteinpflaster abzulecken. Es war nicht sehr schwer gewesen, sie in Gewahrsam zu nehmen. Dort befanden Sie sich noch immer.

Der Kommandant ergriff den zweiten SUSI Bericht. Die Obduktion einer Zwergenleiche. Der Gefreite Huitztli Pochtli hatte sie unter Aufsicht von Lance Korporal Narrator durchgeführt. Unwillkürlich wanderte sein Blick zu dem schwärzlich umrandeten Loch in der Mitte der Vorderkante seines Schreibtisches. Untot oder nicht, er schauderte bei dem Gedanken daran, wie schmerzhaft die Rekonvaleszenz für einen Vampir sein mochte, der mit so einem Teufelszeug ungewollt in Berührung kam.
Dieses Mal hatte alles seine Richtigkeit. Die Formulare waren vollständig ausgefüllt und sowohl vom Gefreiten, als auch vom Lance-Korporal unterschrieben. Eine Notiz im Bericht informierte ihn, dass das SEALS Protokoll noch vervollständigt und später nachgereicht würde. Rascaal setzte sein Kürzel unter den Bericht und legte ihn ins Ausgangskörbchen.

* * *


"Das das Wappen des Goldgießer Clans aus Überwald ist. Das sein einer der reichsten und mächtigsten Familien dort. Viele Tiefener oder zumindest Traditionalisten. Sie eigentlich ablehnen die Stadt", sagte Scoglio und machte eine herumreichende Handbewegung, die Ankh-Morpork im Allgemeinen bezeichnete.
Huitztli nickte verstehend, bedankte sich und kehrte mir dem Dolch in den Obduktionssaal zurück. Jetzt musste er nur noch die Länge der Klinge mit der Eindringtiefe und Breite mit den Einschnitten in den Rippenknochen vergleichen.

Eine halbe Stunde später erstattete er seinem Vorgesetzten Bericht. Die Klinge hatte tatsächlich genau gepasst. Es war also zwar nicht die Mordwaffe, aber zweifelsohne waren damit die Stichwunden zugefügt worden. Er dachte daran, Jack darum zu bitten, die junge Zwergin in ihrem Laden zu befragen, überlegte es sich dann aber anders. Ermittlungen dieser Art waren nicht seine Aufgabe und Jack hätte es ihm sicherlich verboten. Er entschied sich stattdessen dafür, von Scoglios Informationen zu berichten und dass er diese Info an Mangane weitergeben würde. Jack nickte und wandte sich wieder seiner Beschäftigung zu.

* * *


Oberfeldwebel Sillybos genoss das Auskämmen seines wallenden Bartes durch seinen Sklaven Hegelkant, als es an der Tür zu seinem Büro klopfte.
"Herein."
Huitztli Pochtli öffnete die Tür und trat ein. Nachdem er Haltung angenommen und gegrüßt hatte, blickte er etwas unschlüssig in Richtung des Philosophen. Dann fiel sein Blick auf den Schreibtisch des Leiters der Abteilung SUSI und er erkannte den Bericht, den er abgefasst und eingereicht hatte. In seinem Hals bildete sich ein Kloß.
"Ah, Gefreiter Pochtli. Wie hast du dich eingelebt?"
"Nun...ich weiß nicht...gut denke ich.", stotterte Huitztli heiser.
"Was ist eigentlich mit dem Hauseinsturz? Hat das was mit dieser Zwergen-Sache zu tun?"
"Nein, Sir, nicht das geringste, so wie es scheint."
"Mach nicht zu viele Sachen auf einmal, Gefreiter, sonst verliert man leicht den Überblick, wenn man noch unerfahren ist. Lieber immer erst einen Fall abschließen, bevor man sich dem nächsten widmet."
"Ich werde es versuchen, Sir."
"Nun gut, dann will ich dich nicht länger von deinen Pflichten abhalten. Einen erfolgreichen Tag noch, Gefreiter."
Huitztli salutierte und verließ das Büro.

* * *


Ein vielstimmiges panisches Quieken ertönte aus dem Lagerschuppen von Bändels Esselskarrenfabrik. Dem Quieken schloss sich eine Horde angsterfüllter Ratten an, die so schnell wie möglich dem Schuppen zu entkommen suchten.
Davon unbeeindruckt lieferten sich im Inneren die Blauschwarzen und die Roten erneut ein Gefecht. Die Blauschwarzen hatten die Ausbreitung der Roten im Ladengeschäft von Humerlich und Hummerlich nicht vorhergesehen und aus diesem Umstand gelernt. Sie hatten die ganze Stadt mit einem Netzwerk an Kundschaftern und Wachposten versehen, welches ihrer schnellen Eingreiftruppe eine stark verkürzte Reaktionszeit bescherte. Und diese kam den Roten nun gewaltig in die Quere.

Dem Taktik-Rat war klar, dass auch die Roten sich über kurz oder lang an die neue Situation gewöhnt haben würden. Es blieb also nichts anderes übrig, er musste ihre Majestät berichten. Er hoffte nur, sie in gehobener Stimmung anzutreffen.

* * *


Magane wusste nicht, warum sie sich hatte breit schlagen lassen, aber Huitztli hatte einen so bittenden Hundeblick aufgesetzt, dass sie schließlich seinem Wunsch entsprochen hatte und er als 'Beobachter' bei der Befragung der Zwergin dabei sein durfte.

"Misch dich nicht ein! Die Fragen stelle ich! Und wenn mich hinterher einer fragt, haben wir uns nur zufällig hier getroffen, ist das klar?"
Huitztli hatte glücklich genickt und nahm sich fest vor, nur die Rolle des stillen Beobachters zu spielen.

Magane konfrontierte die Zwergin mit dem Wappen auf dem Dolch.
"Fräulein Felshacker, das ist doch ihr Name nicht wahr? Die Tote ist nicht mit ihnen verwandt. Das wissen wir inzwischen.", wagte sich Magane in unbekanntes Terrain vor und traf doch ins Schwarze.
Die Zwergin sah betrübt zu Boden. Ihre Schultern bebten und ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Lautstark schnäuzte sie in ein Taschentuch.
"Ja, sie hieß nicht Felshacker, auch wenn sie es gerne getan hätte. Ihr Name war Knurs Goldgießer. Wir haben uns vor einem halben Jahr in Überwald bei einer Familienfeier kennengelernt. Am Anfang waren wir nur gute Freundinnen, aber irgendwann haben wir füreinander mehr empfunden...und jetzt...jetzt ist sie tot."
Das folgende herzzerreißende Wehklagen machte ein weiteres Gespräch zunächst einmal unmöglich. Nach etwas mehr als zwanzig Minuten hatte sie sich wieder soweit gefangen, das sie unter gelegentlichem Aufschluchzen fortfahren konnte.
"Ich bin sicher, dass ihr Stiefvater dahinter steckt. Er will den Tiefenern imponieren. Aber die meisten betrachten ihn als Emporkömmling."

* * *


Magane erstattete am nächsten Morgen bei Feldwebel Romulus von Grauhaar Bericht.
"Die Umstände des Todes der Toten Zwergin, die gefundene Waffe und die Aussage der...äh..."
"Lebensgefährtin.", soufflierte Romulus.
"...Lebensgefährtin, lassen auf ein Drama innerhalb der Familie schließen. Die Zwergensprecher der größten Clans haben übereinstimmend ausgesagt, dass die Angehörigen der Goldgießerfamilie nicht in Ankh-Morpork leben. Sie haben bereits per Klacker Nachricht nach Überwald geschickt und wir wissen, dass die Eltern der Toten auf dem Weg hierher sind."
"Du hast von einem 'Drama innerhalb der Familie' gesprochen. Was meinst du damit?"
"Die 'Lebensgefährtin' deutete an, dass sie und die Getötete so etwas wie eine Liebesbeziehung hatten. Wie du weißt, ist nach Ansicht der meisten Zwerge, die Zurschaustellung der Weiblichkeit schon eine Beleidigung ihrer Traditionen. Diese wollten nicht nur ihre Weiblichkeit zeigen, sondern auch noch durch besondere Modeartikel in aller Öffentlichkeit demonstrativ zu Schau stellen. Knurs Goldgießer hat hier allerdings unter falschem Namen gelebt. Sie nannte sich Knurs Felshacker. Der Anschein sollte erweckt werden, die beiden seien Cousinen."
"Und sie vermutet, dass der Stiefvater von Fräulein Goldgießer hinter dem Mord steckt?"
"Ja."
"Gib den Torwachen bescheid. Ich will sofort darüber informiert werden, wenn die Eltern Ankh-Morpork erreichen."

* * *


Huitztli trottete nach einem langen arbeitsreichen Tag durch den Regen zu seiner Molkerei zurück. Dampf wallte auf, als die Regentropfen die aufgeheizten Pflastersteine trafen. Sein Weg führte ihn am Tatort, der Zwergenkneipe 'Zur Goldader' vorbei.
Er betrachtete die rußige Fassade und die winzigen Dreckstarrenden Fenster in Bodenhöhe. Neben der niedrigen Eingangstür hing ein kleines rechteckiges Schild, dessen Aufschrift wegen der dicken Patina kaum zu erkennen war. Huitztli griff in seinen Beutel, den er am Gürtel befestigt hatte und holte ein Taschentuch hervor. Er hielt es unter den Wasserstrahl einer undichten Dachtraufe und rieb dann über das Schild. Seine ausdauernden Reinigungsbemühungen in der Sektion machten sich nun auch hier bezahlt und langsam kamen die Buchstaben wieder zu Vorschein. V G E R.
Er rieb weiter und legte die gesamte Aufschrift frei:

Velsbeisser Goldgießer
Inhaber

* * *


Romulus von Grauhaar betrachte die beiden Zwerge, die vor seinem Schreibtisch auf den Stühlen saßen. Ihre Füße baumelten über dem Boden.
"Ich bedauere, Ihnen keine angemessenere Sitzgelegenheit bieten zu können. Bitte sehen sie uns das nach."
Der Zwerg ergriff das Wort. "Es heißt, unsere Tochter sei hier in ihrer Stadt zu Tode gekommen. Was können sie uns darüber sagen?"
Romulus überlegte und wählte dann seine Taktik mit Bedacht, bevor er antwortete. Es war augenfällig, dass der Vater sehr dominant auftrat. Seine Frau jedoch die eigentliche Autorität ausstrahlte und das, ohne darauf extra hinweisen zu müssen. Ihr Charisma war bereits zu spüren gewesen, als sie durch die Tür getreten waren.
"Sie wurde in einer Zwergenkneipe erstochen aufgefunden, in der sie sich über einen längeren Zeitraum aufgehalten hatte, um ein paar Bier zu trinken. Jedenfalls haben das die Untersuchungen ergeben. Eine Schlägerei brach aus, in deren Verlauf sie umkam. Von den Tätern fehlt jede Spur."
Romulus war das kurze erstaunte Blinzeln der Mutter aufgefallen, als er das Trinken erwähnt hatte. Er fuhr fort.
"Wir haben diese Waffe am Tatort gefunden." Er legte den blutbefleckten Dolch auf den Tisch vor die Zwerge hin. Diesmal war es der Vater, dessen Augen deutlich dessen Verblüffung und, so war sie Romulus sicher, auch ein wenig Furcht hatten erkenne lassen. Die Mutter wiederum sagte nichts, sondern wandte mit einer ehrfurchtgebietenden Langsamkeit den Kopf zu ihrem Mann um und sah ihn an.
"Uns ist mitgeteilt worden, dass ihre Familie hauptsächlich in Überwald ansässig ist. Es leben keine Verwandten hier in Ankh-Morpork?"
"Keine. Wir würden lieber bei einem Grubenunglück verschüttet, als hier zu leben.", schnaubte der Vater verächtlich.
"Ist Goldgießer ein verbreiteter Name in Überwald?"
"Unser Name ist nur in unsere Familie verbreitet. Es gibt keine Goldgießers, die nicht mit uns verwandt wären. Wenn sie nicht mit uns verwand sind, heißen Sie nicht Goldgießer!"
"Der Inhaber der Kneipe 'Zur Goldader' heißt übrigens Velsbeisser Goldgießer. Wir haben inzwischen herausgefunden, dass Inhaber und Wirt ein und dieselbe Person sind."
Die Mutter stand unvermittelt auf und ergriff den Dolch auf dem Schreibtisch. Dem übermenschlich schnellen Reaktionsvermögen von Romulus war es zu verdanken, dass sie ihn nicht zwischen der dritten und vierten Rippe ihres Mannes versenken konnte.

* * *


Betont unbeugsam stand der alte Zwerg in der Mitte der Zelle. In die Zelle daneben hatte Romulus den Onkel sperren lassen.
Frän Fromm stand bei der schweigsamen Mutter der ermordeten Zwergin. Frän befürchtete, sie stünde unter Schock.
Durch den Nebel aus Schmerz und Trauer nahm Sie die tröstenden Worte von Frän kaum wahr. Langsam trat sie zur Zelle ihres Mannes, und zischte "Gruakkh khaz nzag!"
Ihr Mann erbleichte, was trotz des Bartes deutlich zu erkennen war.
"Was hat sie gesagt?", fragte Magane Frän.
Ein Schulterzucken war die Antwort.
Magane seuzfte, "Wo ist ein Zwergenkollege, wenn man ihn braucht?"

Die Mutter der Zwergin kehrte zu ihnen zurück.
"Ich habe ihm gesagt, dass er durch seine Tat die Familienschürfrechte verlieren wird, da er das Grubenrecht gebrochen hat. Er hat durch unsere Heirat in eine der reichsten Familien von Überwald eingeheiratet und seit dem stets die Nähe zu den Tiefenern gesucht. Jetzt wird er wieder der armselige Buddler werden, der er war, als ich ihn kennenlernte."
Sie wandte sich ab und verließ den Keller. Oben beim Wachetresen traf Sie auf die Lebensgefährtin ihrer Tochter. Zunächst zögerte sie, doch dann trat sie auf sie zu und hakte sich bei ihr unter.
"Erzähle mir von meiner Tochter...", hörte Magane noch, als beide zusammen das Wachhaus verließen.


[1] Diese Argumente hielten für denjenigen, der die roten Deckblätter über Gebühr verwendete, Beförderungen zu besonders delikaten neu geschaffenen Positionen innerhalb der Palastmauern bereit. Als glücklich konnten sich solche die Karriereleiter Hinaufgefallenen schätzen, die nach kurzer Behandlung feststellten, dass es doch möglich war, mit der Zunge den Ellenbogen zu erreichen. Andere hatten weniger Glück und verbrachten einen recht kurzen Arbeitstag als Reinigungskraft der Skorpiongrube.

[2] Next Generation Demon




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Feedback:

Von Sillybos

08.05.2007 12:24

</b><br><br>In meinen Augen eine gelungene Single. Ich mag deinen kompakten Stil und die vielen Wendungen, die du eingebaut hast. Und die Star-Trek-Anspielungen fand ich köstlich. ;-)<br>Wie ich dir ja auch schon per Mail mitteilte, hätte ich die Behandlung eines Falles pro Single besser gefunden, aber das ist natürlich Ansichtssache.<br>Dein nächster Schritt könnte sein, den Plot detaillierter zu planen und die Struktur der Geschichte im Auge zu behalten. Wenn du das noch besser hinkriegst, wird's <i>richtig</i> gut. <br>Du hast viele schöne Ideen, ich bin gespannt auf Teil 2. :-)

Von Ophelia Ziegenberger

08.05.2007 12:24

</b><br><br>Eine schöne Ausbildungssingle. Sie ließ sich gut lesen und leicht mitverfolgen. Die Ausbildungsspezifischen Passagen waren glaubwürdig fomuliert. Sowohl deine Kollegen, als auch dein Hauptcharakter sind von Dir so beschrieben worden, dass sie weder übertrieben wirken, noch langweilig oder flach - eben mehr "echt". Mich hätte jetzt natürlich noch brennend interessiert, ob die Königin von ihrem Untergebenen in gehobener Stimmung angetroffen wurde. ;)<br><br><b>

Von Kannichgut Zwiebel

08.05.2007 12:24

</b><br><br>Ich fand schön, dass du allgemeines Wachegeschehen in deine Geschichte hast einfließen lassen, zeigtest du damit doch, dass sie nicht in lutftleerem Raum, sondern in "unserer" Stadtwache spielt.<br><br>Sehr irritiert haben mich die Leerzeilen innerhalb des Dialoges Huitzli-Jack. An anderen Stellen hast du ebenfalls Leerzeilen als Absatz verwendet. Bitte nächstes Mal Leerzeilen nur verwenden, wenn ein Szenenwechsel vorliegt.<br><br>Teil 1 hin oder her: Das "Ende" kommt viel zu plötzlich. Die Handlungen der Mutter der Toten konnte ich nicht annähernd nachvollziehen. Da hätte ich mir ein paar mehr Details gewünscht.<br><br>Ansonsten eine schöne Geschichte. Ich hoffe nun natürlich, dass die beiden Fälle in Zusammenhang stehen. Weiter so!<br><br><b>

Von Ettark Bergig

08.05.2007 12:24

</b><br><br>Hmm zwei geschichten in einer... und die meiner Meinung spannendere ist noch nicht fertig... so nen mist ;)<br>Ich freu mich schon auf den zweiten teil<br>Die Geschichte war meiner Meinung sehr gut strukturiert, auch wenn ich manchmal einige Zeilen brauchte, um zu wissen welcher Fall jetzt gerade bearbeitet wird.<br>Wirklich negatives ist mir nicht aufgefallen :)<br><br><b>

Von Huitztli Pochtli

08.05.2007 12:51

Vielen lieben Dank für euer gute Benotung. Das zeigt mir, dass ich doch auf dem richtigen Weg bin!



@Ettark & Kannich: Wer sagt denn, dass die Story mit Mutter Zwerg schon zuende ist... :D



@Kannich: Ja, das mit den Leerzeilen ist so nicht OK, im zweiten Teil werde mich mich bemühen, das nicht mehr zu machen.



@Ophelia: Ich hoffe, das mit der gehobenen Stimmung richtig hinzubekommen. Königinnen sind ja sowas von launisch...



@Silly: Freut mich, dass die Anspielung erkannt wurde, aber bei der zweiten scheine ich nicht deutlich genug geworden zu sein. *kopfkratz*

Von Kannichgut Zwiebel

08.05.2007 14:26

[quote="Huitztli Pochtli"]@Silly: Freut mich, dass die Anspielung erkannt wurde, aber bei der zweiten scheine ich nicht deutlich genug geworden zu sein. *kopfkratz*[/quote]

Die Alien-Anspielung war [i]zu[/i] offensichtlich. 8)

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