Flieg, Bolzen, flieg!

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von Wächter Stefan Mann (GRUND)
Online seit 14. 12. 2006
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Für Rekruten (erste Mission):
Auf dem heutigen Ausbildungsplan steht "Umgang mit der Armbrust".
Wenn das mal nicht ins Auge gehen kann.

Dafür vergebene Note: 9

Stefan ging langsam durch die Straßen von Ankh-Morpork. Er erinnerte sich nicht daran, dass sie jemals so voll waren. Aber früher kam er auch immer mit seinen Eltern hier her. Sie lebten zusammen in einem Wald in der Nähe von Ankh-Morpork. Jedes Jahr im Herbst gingen sie gemeinsam in die Stadt um dort die Felle zu verkaufen, die sie während Frühling und Sommer erbeutet hatten. Von dem Erlös kauften sie die wenigen Sachen ein, die sie brauchten aber nicht selber herstellen konnten, wie Messer mit Eisenklingen und ähnliches. Doch dieses Jahr war er zum ersten Mal alleine hier.
Vor zwei Monaten waren seine Eltern bei einem Gewitter von einem Baum erschlagen worden. Stefans Vater hatte ihm zwar erklärt was er machen sollte, wenn etwas in dieser Art passieren sollte, doch sie hatten alle eher mit einem Unfall bei der Jagd gerechnet als mit so etwas banalem wie einem umstürzenden Baum. Doch wie es seine Art war, fand Stefan sich schnell mit dem Tod seiner Eltern ab, obwohl er es weiterhin bedauerte, dass sie gestorben waren. Aber als die Vorräte nach zwei Tagen wieder knapp wurden ging er wieder auf die Jagd. Und so lebte er weiter wie immer, mit der Ausnahme, dass er noch schweigsamer wurde.
In Gedanken versunken ging er weiter in Richtung Hier-Gibts-Alles-Platz, wo er seine Felle verkaufen wollte. Sein Vater hatte die Felle immer für einen Ankh-Morpork-Dollar an einen gewissen Herrn Schnapper verkauft, der sich angeblich mit diesem Preis selbst in den Ruin stürzte. Stefans Vater hatte ihm einmal erklärt, dass, wenn er zu Herrn Schnapper wollte, er sich nur auf den Hier-Gibts-Alles-Platz stellen und an Würstchen denken sollte. So tat er es dann auch und er hatte noch nicht zu Ende gedacht als er auch schon hinter sich eine bekannte Stimme hörte.
"Ach, Herr Mann! Haben Sie wieder ein paar schöne Felle für mich?"
Stefan lächelte Herrn Schnapper zu und streckte ihm die vier Felle entgegen, die er verkaufen wollte. Dieser nahm sie an sich und begutachtete sie gründlich und fand noch einige kleinere Fehler die Stefan nicht aufgefallen waren. Schließlich einigten sie sich auf drei Ankh-Morpork-Dollar. Nun machte sich Stefan auf zu verschiedenen Geschäften bei denen er sich für den Winter eindecken wollte. Bevor er jedoch beim ersten dieser Geschäfte ankam fiel ihm zwischen zwei kleinen Buden das Plakat der Stadtwache mit dem Werbetext: "Wir wollen Dich!" [1]
Sie wollten ihn? Stefan war verwirrt. Meinten sie überhaupt ihn? Es musste so sein, denn kein anderer, der hier vorbei lief, fühlte sich angesprochen. Aber woher wussten sie, dass er heute hier war? Und wer waren "sie" überhaupt? In diesem Augenblick ging eine jüngere Frau vor ihm entlang und ohne darüber nachzudenken packte er sie am Arm, drehte sie zu sich herum und fragte auf das Plakat zeigend: "Wer sind "sie"?"
Die Frau wollte Stefan zuerst ein paar nicht sehr nette Worte entgegenschleudern, als sie bemerkte, dass er eine recht ansehnliche Statur hatte, und so ohne große Verzögerung ein Lächeln in ihr Gesicht zauberte.
"Ich bin Jasmin Sigmar und wohne in...", fing sie an, wurde jedoch von Stefan unterbrochen.
"Nicht du!" Er deutete mit Nachdruck auf das Plakat. "Wer sind "sie"?!"
Jasmin sah sich das Plakat an. "Das ist von der Stadtwache. Da sind zwar auch ein paar nette Jungs drin, aber die meisten sind sehr seltsam."
"Wo finde ich diese Stadtwache?"
"Soweit ich weiß haben sie ein Wachhaus am Pseudopolisplatz", sie drehte sich kokett zur Seite, bereitete einen aufreizenden Augenaufschlag vor und fügte dann ein "wo ich übrigens auch wohne." hinzu. Doch das hörte Stefan schon nicht mehr, denn er war schon auf dem Weg zum Pseudopolisplatz.
Er erinnerte sich daran einmal in der Wache gewesen zu sein, als seinem Vater vor ein paar Jahren zwei Felle gestohlen wurden. Damals meinten die Wächter, dass das seine Ordnung hätte, da sie ja eine Quittung erhalten hätten. Stefan erkannte, dass sich seitdem nicht zu viel verändert hatte. Als er vor dem Gebäude seiner Erinnerung stand war er sehr erstaunt. Es war erheblich größer als er gedacht hatte. Und "sie" wollten ihn!
Stefan betrat das Wachhaus und versuchte möglichst ruhig zum Tresen zu gehen. Die beiden Wächter schienen trotz der frühen Uhrzeit schon sehr genervt zu sein.
"Guten Morgen", begann Stefan. "Mein Name ist Stefan Mann und ihr wollt mich."
Die beiden Wächter blickten ihn irritiert an. "Was ist los?"
"Ihr wollt mich", versuchte es Stefan noch mal. "Ich habe das Plakat gesehen und..."
"Ach, das Plakat", fiel ihm der links sitzende Wächter ins Wort. "Da musst du zu Hauptmann Llanddcairfyn. Sein Büro befindet sich im Wachhaus in der Kröselstraße."
"Wie komme ich dorthin?", fragte Stefan.
Nachdem er eine Wegbeschreibung erhalten hatte bedankte er sich und machte sich auf den Weg dorthin. Während er lief dachte er darüber nach wie die Stadtwache von ihm erfahren hatte und warum sie ein so großes Interesse an ihm zeigte. Der junge Mann beschloss nun nicht mehr von sich aus darauf einzugehen und zu versuchen selbst herauszufinden wie und warum dem so war. Schließlich kam er am Wachhaus in der Kröselstraße an. Es wirkte nicht so beeindruckend wie das am Pseudopolisplatz doch Stefan lies sich davon nicht abhalten. Er betrat das Wachhaus und sah wieder einen Tresen. Wie schon vorher ging er festen Schrittes darauf zu.
"Mein Name ist Stefan Mann und ich möchte mich der Stadtwache anschließen", sagte er laut und deutlich.
Ein paar andere Wächter, die sich auch im Eingangsbereich des Gebäudes aufhielten drehten sich kurz um, gingen dann aber unbeeindruckt weiter. Einer der Wächter am Tresen murmelte etwas, dass sich wie "Ohmeingottschonwiedereinenthusiast" anhörte. Danach lies er einen abschätzenden Blick über Stefan gleiten.
"Du willst Wächter werden?", fragte der Wächter hinter dem Tresen.
"Jawohl, dass will ich", antwortete Stefan vollen Selbstbewusstsein.
"Dann komm mit."
Der Wächter führte Stefan zu einer Tür und klopfte an. Nach einem missmutigen "Herein" aus dem Zimmer öffnete der Wächter die Tür und bedeutete ihm einzutreten. Hinter Stefan betrat der Wächter das Zimmer und schloss die Tür. Aktenschränke reihten sich an den Wänden, ein Tisch mit ein paar Stühlen stand in der Mitte des Zimmers und hinter einem stabilen Schreibtisch saß ein scheinbar ein wenig schlecht gelaunter Wächter.
"Hauptmann Llanddcairfyn, ein Bewerber für die Stadtwache, Sir", sagte der Tresenwächter und salutierte.
"Danke", sagte der Hauptmann ohne aufzusehen.
Der Wächter verließ wieder das Büro. Nachdem er noch ein wenig Büroarbeit erledigt hatte sah Llanddcairfyn auf und Stefan wurde ein zweites Mal begutachtet.
"Du willst Wächter werden?", fragte nun der Hauptmann. "Bist du dir da sicher?"
"Ja das bin ich", antwortete Stefan.
"Dann trag hier deine Daten ein."
Der Hauptmann reichte Stefan ein Formular und einen Stift. In mühevoller Kleinarbeit brachte Stefan die Buchstaben aufs Papier, musste manchmal kurz überlegen, schaffte es aber schlussendlich doch alle Angaben, die erwünscht waren, zu machen. Als er fertig war gab er sowohl das Formular als auch den Stift zurück.
"Glückwunsch, du bist jetzt ein Wächter. Morgen wirst du vereidigt", sagt Hauptmann Llanddcairfyn, bevor er sich wieder den Dokumenten auf seinem Schreibtisch zuwandte. "Du darfst gehen."
Etwas verwirrt über diesen schmucklosen Beitritt zur Wache irrte er ein wenig durchs Wachhaus.

Einige Tage Später:
Inzwischen hatte Stefan die Grundlagen des Ankh-Morporkischen Rechts kennensgelernt und auch ein Wenig den Umgang mit Schwert und Stock geübt. Ihn verwirrte zwar immer noch die Tatsache, dass es hier für alles Gilden gab, aber im großen und ganzen akzeptierte er es als eine Abwandlung des ihm aus dem Wald bekannten "Gesetz des Besseren" [2].
Auf dem heutigen Tagesplan stand "Umgang mit der Armbrust". Stefans Mutter hatte einmal eine Armbrust im Wald gefunden und versucht mit ihr zu jagen. Es erwies sich als beinahe unmöglich. Sie war zu laut, zu langsam und zu ungenau.
Nach dem Frühstück begaben sich die Rekruten zum Schießstand und warteten auf ihren Ausbilder. Nach einer kurzen Zeit kam Hauptmann Llanddcairfyn. Schnell bildeten die Rekruten eine Reihe und nahmen Haltung an.
"Ihr wisst was heute auf dem Plan steht", fing der Hauptmann an. "Heute werdet ihr lernen wie man mit einer Armbrust umgeht. Dafür liegen dort drüben ein paar Armbrüste sowie einige Bolzen bereit. Jeder von euch nimmt sich jetzt bitte eine Armbrust und ein paar Bolzen."
Stefan fand diese Waffe viel zu schwer. Er konnte sich nicht vorstellen wie er richtig zielen sollte. Allerdings wusste er im Augenblick nicht einmal wie er dieses Gerät schussbereit machen konnte, aber das alles sollte er ja jetzt lernen.
"Gut Rekruten", sagte Daemon, nachdem die Rekruten wieder Aufstellung bezogen hatten. "Wer von euch hat schon einmal eine Armbrust benutzt?"
Niemand meldete sich.
"OK, dann fange ich bei euch ganz langsam an."
Der theoretische Teil des Unterrichts war geprägt von Fachwörtern aus dem Armbrustjargon, die aber schnell von den Rekruten durch Wörter aus dem allgemeinen Wortschatz ersetzt wurden, und allgemeinem Unverständnis über die komplizierte Technik im Inneren der Fernkampfwaffe. Nach einer knappen halben Stunde sah der Hauptmann ein, dass er in diesem Trupp Rekruten wohl niemanden hatte der auch nur halbwegs technisches Verständnis aufbrachte. Seufzend wechselte er zum praktischen Teil der Ausbildung.
"Gut, den theoretischen Teil habt ihr jetzt hinter euch. Nun schauen wir mal wie gut ihr mit einer Armbrust schießen könnt. Dort hinten steht eine Zielscheibe. Macht eure Armbrüste schussbereit, aber fangt erst an zu zielen und zu schießen wenn ich euch die entsprechenden Befehle gebe, verstanden?"
Ein allgemeines "Ja, Sir!" erklang als Antwort. Die Rekruten fingen an ihre Armbrüste zu spannen und Daemon Llanddcairfyn stellte sich hinter die Rekruten, wo er hoffte im toten Winkel zu sein. Stefan spannte lud seine Armbrust ebenfalls, musste aber im Kopf jeden einzelnen Schritt mitdenken. Ihm war das alle zu kompliziert. Man musste an so viele Sachen denken, die Winde weit genug drehen, die Sicherung erst lösen, wenn man schießen will und so weiter. Bei seinem Bogen war alles viel einfacher. Pfeil auflegen, spannen, zielen, schießen. Ohne lästige "Hilfsmittel" auf die man achten musste.
"Zielen!" Hörte er plötzlich hinter sich. Er legte die Armbrust an und überlegte noch einmal. Hatte er entsichert? War genug Spannung auf der Sehne?
"Feuer!" Jahrelang konditionierte Fernkampfreflexe übernahmen die Kontrolle und öffneten Stefans rechte Hand. Die fallende Armbrust vollführte eine halbe Drehung rückwärts und prallte dann auf den Boden. Innerhalb der Armbrust nahmen einige Mechanismen den Aufprall als Aufforderung war den Bolzen abzufeuern. Dieser flog nun knapp über dem Boden und knapp an Hauptmann Llanddcairfyns Fuß vorbei, bevor er sich in die Rückwand des Schießstandes bohrte. Daemon kratzte sich nur am Kopf und sah Stefan an.
"Darf man erfahren warum du die Armbrust fallen gelassen hast?"
"Gewöhnt an Bogen", war Stefans Antwort
In Gedanken stöhnte der Hauptmann auf. Diese Art zu sprechen erwartete man von Trollen, aber nicht von einem knapp über 20 jährigem Mensch.
"Wir haben hier aber keinen Bogen für dich", seufzte der Hauptmann.
"Eigener Bogen. Holen?" In Stefans Gesicht erschien ein Lächeln
Llanddcairfyn überlegte kurz. "Gut, dann zeig uns mal wie gut du mit deinem Bogen umgehen kannst."
Stefan nickte und lief los zu seinem Spind. Als er seinen Köcher herausholte, in dem der Bogen, die Sehne und einige Pfeile waren, freute er sich schon darauf endlich mal wieder damit schießen zu können. Zurück auf dem Übungsplatz sah er schon das leicht ungeduldig wirkende Gesicht des Hauptmannes. Der Rekrut bespannte schnell seinen Bogen und ohne auf weitere Befehle zu warten nahm er sich einen Pfeil, legte an, zielte den Bruchteil einer Sekunde und ließ ihn fliegen. Die Zielscheibe wurde knapp neben der Mitte getroffen und selbst Daemon zog anerkennend eine Augenbraue hoch. Stefan lächelte ihn an.
"Ich muss zugeben", begann Hauptmann Llanddcairfyn, "Bogenschießen kannst du. Aber du solltest trotzdem mit der Armbrust umgehen können, denn was ist, wenn du diesen Bogen gerade nicht greifbar hast? Übe wenigstens noch so lange weiter bis du sie nicht mehr fallen lässt, verstanden?"
Stefan nickte ernst und salutierte. Nachdem er die Sehne wieder von seinem Bogen gelöst hatte schoss er noch wie die anderen ein paar Mal mit der Armbrust und nachdem es alle Rekruten schafften regelmäßig das Ziel zu treffen war auch Hauptmann Llanddcairfyn zufrieden und erklärte diesen Teil der Ausbildung für beendet.
[1] Wer nicht weiß, wie das Plakat aussieht geht bitte einmal kurz auf die SEALS Abteilungsseite.

[2] Besser bedeutet nicht unbedingt stärker sondern manchmal auch nur besser vorbereitet.




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Feedback:

Von Breda Krulock

21.12.2006 17:03

Das Hauptproblem waren die ersten 3/4 der Geschichte. Du hast wunderschön über deinen Chara geschrieben, sehr ausführlich und weit ausgeholt, erst der letzte kurze Absatz handelte über die Wache. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, das du endlich fertig werden wolltest, sondern das du deinen Ausbildungsteil einfach als nicht so wichtig empfindest und lieber deine Charakterisierung in den Vordergrund stellst. An und für sich keine schlechte Idee, aber beim nächsten mal einfach weiterschreiben und nicht nach einer kurzen Pfeil und Bogen Uebung aufhören.

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