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Für Rekruten (erste Mission):
Auf dem heutigen Ausbildungsplan steht "Tarnung" - unauffälliges Aussehen als Grundlage für verdeckte Ermittlungen. Doch wo ist die Schminke? Und warum der ganze Schlamm und das Grünzeug?
Dafür vergebene Note: 10
Tarnung á la Ankh
Ein trüber Tag erwachte über Ankh-Morpork und Huitzli Pochtli blinzelte in das dumpfe Morgengrauen hinauf. Tränen traten in seine Augen wegen des scharfen Ammoniakgestanks, den der Taubenschlag gleich nebenan verursachte. Der Kopf schmerzte wahnsinnig. Huitzli Pochtli streckte seinen gedrungenen Körper, entfaltete die Flügel, flatterte kurz mit ihnen und faltete sie wieder zusammen. Staub, Mörtel und Steinbrocken fielen von ihm herunter. Ein ekelhafter Geschmack im Mund und ein flaues Gefühl im Magen machten ihm zu schaffen. Er versuchte sich zu erinnern, was passiert war.
Was hatte seiner Ausbilderin Rogi Feinstich, die legendäre Igorina, gestern zu ihm gesagt?
"Die Tarnübungen ftehen heute an, alfo beeindrucke mich!"
Huitzli Pochtli seufzte. Tarnung? Er war sich nicht sicher, was er darunter zu verstehen hatte. Seine bislang bevorzugte Methode bestand in ruhig dasitzen und starren, bis er die Tauben von Ankh-Morpork kennenlernte. Normale Tauben nervten einen nur, wenn sie sich auf einem niederließen und als Sitzstange missbrauchten. Sie nervten unheimlich, wenn Sie sich darüber hinaus der unverdaulichen Bestandteile Ankh-Morporkianischen Futters entledigten. Der Gipfel waren jedoch die Tauben, die sich häufig in der Nähe der unsichtbaren Universität aufhielten und daher eine gewisse Intelligenz entwickelt hatten: Es schien ihnen unglaublichen Spaß zu bereiten, auf Wache befindliche Wasserspeier so lange zu piesacken, bis sie genervt ihren Beobachtungsposten aufgaben.
Gut, die Taube hatte gestern Nacht ihr Generve schließlich bereut, als Huitzli Pochtli mit einer unvermittelten Schnappbewegung, dem gefiederten Leben ein Ende setzte. Huitzli Pochtli anschließend aber auch, als nach dem Genuss dieses Snacks einige unangenehme Nebenwirkungen auftraten. Er hatte Schluckauf bekommen und auf seinem ganzen Körper hatten sich grüngelbe Flecken ausgebreitet. Die Flecken hatten zudem höllisch gejuckt und Huitzli Pochtli hatte sich überall gekratzt. Je mehr er gekratzt hatte, umso mehr juckten Sie und schließlich war er vom Kratzten zum an-den-Schornsteinen-schubbern übergegangen, bis ein wohl etwas altersschwaches Exemplar so weit nachgegeben hatte, dass es über ihm zusammenbrach und ihn die herabfallenden Backsteine bewusstlos schlugen.
Tarnung... Nun gut, Huitzli Pochtli entschloss sich, ein wenig zu "rescherschieren", wie ein Rekrutenkollege es genannt hatte und dabei auch etwas von Schminke und Tarnkleidung erzählt.
Stöhnend erhob sich Huitzli Pochtli und kletterte vom Dach herunter.
TMSIDR Schnapper hatte seinen Bauchladen in der Kröselstraße aufgemacht. An diesem Vormittag hatte er sich vorgenommen, so vielen Leuten wie möglich seine mehr als zweifelhaften Würstchen anzudrehen, die garantiert alles enthielten, nur kein Fleisch. Der herantrippelnde Wasserspeier erregte seine Aufmerksamkeit. Wasserspeier schieden erfahrungsgemäß als Kunden aus, da diese Klientel normalerweise Würstchen nicht auf ihrem Speisezettel hatten. Er versuchte trotzdem sein Glück:
"Nun, so früh schon auf den...äh...Beinchen? Schon gefrühstückt? Ich habe genau das richtige für einen so kräftigen hungrigen Burschen wie dich! Sieh her!"
Er hielt eine seiner Würstchen mit Ankh-Senf im Brötchen hoch.
"Schnappers einzigartige Würstchen im Brötchen aweck Mutarde de Ankh."
Einzigartig - in der Tat...
Huitzli Pochtli starrte ihn an. Der scharfe von dem Brötchen ausgehende Geruch stieg in seine Nase und löste tatsächlich so etwas wie ein Hungergefühl aus.
"Wieviel?", fragte Huitzli Pochtli.
Schnapper konnte sein Glück kaum fassen. Er war ohne größere Probleme von der Angebots- in die Verkaufsphase getreten, ohne den langwierigen Umweg über den hör-auf-mich-bitte-glaube-mir Teil nehmen zu müssen, der erfahrunggemäß die meiste Zeit der Verkaufsverhandlungen beanspruchte und allzu oft ohne Erfolg blieb.
"Ein Ankh-Morpork Dollar und damit treibe ich mich selbst in den Ruin!", sagte Schnapper automatisch.
Huitzli Pochtli fischte eine Münze aus seiner Geldbörse und warf sie Schnapper zu. Dieser war geistesgegenwärtig genug, dem zuschappenden Kiefern Huitzli Pochtli's zu entgehen, in dem er ihm das Brötchen mit Fleischersatzinhalt in den Rachen warf.
Huitzli Pochtli trotte weiter und nahm kauenderweise seine Überlegungen in Sachen Tarnung wieder auf.
Wichl Leichtfuß, seines Zeichens Dieb ohne Lizenz, stand hinter der Straßenecke und sah den Wasserspeier auf sich zukommen. Bei denen war normalerweise nichts zu holen, doch dieser hatte eine Geldbörse an einem quer über den Körper gehängten Riemen befestigt und außerdem kaute er noch. Da der Dieb gesehen hatte, dass Schnapper die Kröselstraße zu seinem derzeitigen Verkaufsgebiet erkoren hatte und der Wasserspeier aus dieser Richtung kam, schloss er darauf das Schnapper ein weiteres unwissendes Opfer und er seinen nächsten Kunden gefunden hatte. Langsam kam sein Opfer näher und Wichl Leichtfuß bereitete sich auf die anstehende Eigentumstransaktion vor, indem er die Vorgänge im Geiste durchspielte.
Er erhob den mit Sand und Kieselsteinen gefüllten Lederbeutel zum Schlag und stürzte blitzartig um die Ecke, als ihn der Mageninhalt von Huitztli Pochtli mit Schnappers einzigartigen Wurstbrötchen darin, ins Gesicht traf.
Dieser Kunde fiel somit aus.
Jeder hat mal einen schlechten Tag.
Huitzli Pochtli fühlte sich hundeelend und benommen. Seiner Richtung nicht mehr sicher geriet er an die Ufer des Ankh und watete durch den Uferschlamm. Immer wieder musste er sich übergeben. Schließlich stolperte er und fiel der Länge nach hin. Beim Versuch wieder auf die Füße zu kommen, glitt er erneut aus und landete auf dem Rücken. Alles Mögliche haftete an seinem Körper: Schlingpflanzen (die der hartnäckigen Ankhwasser-resistenten Art), allerlei Abfälle wie Stofffetzen, Essenreste, Ohnesorges usw., festgehalten von den außerordentlichen Adhesivkräften des Ankh-Schlamms.
Er torkelte zum G.R.U.N.D. Wachegebäude und sank erschöpft neben der Eingangstreppe an der Wand herunter.
Wächter und Bürger betraten und verließen das Gebäude und schließlich betrat Rogi Feinstich die Wache. Am Empfangstisch der Wache schlug sie mit der flachen Hand auf den Tresen.
"Wenn ef heift, daff nach jedem Wachwechfel der Müll fu entforgen ift, bedeutet daf nicht, ihn einfach vor die Eingangftür fu kippen!"
Der Rekrut blickte Sie verblüfft und fragend an, stand automatisch auf und nahm Haltung an.
"Das stammt nicht von uns, Ma'am!"
"Fo, von wem denn dann? Oder kann jetft fon jeder feinen Müll bei unf abladen und die Wache bemerkt ef nicht mal?"
Es gelang dem Mann trotz der Habachtstellung die Schultern zu einem Zucken hochzuziehen.
Gerade, als Rogi Feinstich zu einer weiteren Schimpfkanonade ansetzen wollte, stapfte Huitzli Pochtli durch die Tür und blieb schwankend, weil immer noch benommen im Eingang stehen. Die Übelkeit hatte nachgelassen und immer stärker machte sich der penetrante Geruch bemerkbar, der von den Bestandteilen seiner "Tarnung" ausging.
Rogi Feinstichs Augen weiteten sich erstaunt, soweit es die Nähte zuließen. Damit hatte sie nicht gerechnet und musste sich eingestehen, doch beeindruckt worden zu sein.
Zumindest in olfaktorischer Hinsicht...
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