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Das Ende oder der Beginn einer Wandlung?
Dafür vergebene Note: 11
Du siehst müde aus. Verzieh nicht das Gesicht, dir muss endlich klar werden, dass es so nicht weiter gehen kann. Du schläfst schon viel zu lange viel zu wenig - und wenn du schläfst, dann leicht und unruhig. Du bist müde und keiner kann dir das verübeln. Versuch dich gar nicht erst auf die Arbeit herauszureden, dir wurde eine Menge davon abgenommen. Der Kommandeur hat sich bemüht, dich von den Strapazen loszueisen, aber du hast dich hineingestürzt, hast nach dem Dienst weiter gemacht, die Kleine vernachlässigt, wie auch dich selbst. Jedes Gefühl ignorierend hast du dich mit niemandem getroffen, nur gesagt was notwendig war und dich lieber hinter Leichen versteckt als dich mit deinen Kollegen befasst. Alles war nur auf ein Ziel ausgerichtet. Hast du das erreicht? Was war heute? Du bist wieder viel zu spät daheim, die Kleine hast du beim Kindermädchen gelassen, wahrscheinlich weint sie gerade jetzt und braucht dich mehr denn je. Was hast du gemacht? Was ist passiert? Natürlich, bei der Arbeit bist du gewesen, wie könnte es anders sein. An einem Tatort, wieder eine Leiche zum dahinter verstecken, wieder ein Fall, der wichtiger war, als alles andere. Nein, diesmal war es etwas Anderes. Es war bedeutsamer gewesen. Du warst am Tatort. Es war größtenteils dunkel, nur wenige Kerzen hatten den Raum erleuchtet, so wie hier jetzt. Blutspritzer klebten an ihnen, in eine Flamme hatte sich sogar das Rot hineingemischt, sie flackerte und ihr Licht tanzte auf deinem Gesicht. Rechts hinter dir stand eine Kommode mit Spiegel, er war etwa halb so hoch wie du selbst gewesen. Das Mondlicht schien nur spärlich durch die fast gänzlich geschlossenen Vorhänge. Links ein Tisch, zwei Schränke und vier Stühle, einer war umgefallen, Karten lagen sowohl auf dem Tisch als auch am Boden, daneben ein Messer. Die Wände waren sonst kahl, bis auf ein Regal dir gegenüber, der Großteil der Dosen waren heruntergefallen, es bildeten sich Bluttropfen, mancher davon vereinigte sich wieder mit ihrem Besitzer, der unterm Regal saß. Seine Arme waren eigenartig verdreht, Hals, Brust und Bauch waren aufgerissen, fast so als hätte jemand versucht einem Stoffbären das Innere herauszuschneiden, aber vergessen es wieder zuzunähen. Zu deinen Füßen lag eine weitere Leiche in einer roten Pfütze, den Bauch am Boden, die Arme nach oben gestreckt. Die Taille wirkte verdreht und du fragtest dich, wie das Opfer gefallen sein musste, die Beine so verwinkelt, dass sie knapp an deinen streiften. Erst da hast du bemerkt, dass du mitten in der Pfütze standst. Trotzdem wichst du nicht zurück, du bliebst stehen und bewegtest nur deinen Kopf, um die Szene weiter zu sehen. Du warst allein. Die Kollegen waren aber sicher bereits auf dem Weg. Aber irgendetwas stimmte nicht, du fühltest dich nicht allein, aber außer dir war niemand hier. Außer die Toten. Zwei Tote in einem Blutbad. Was war hier passiert? Die Scherben unter dem Fenster zeigten, dass der Täter diesen Weg gewählt hatte, um herein zu kommen. Die beiden Opfer, beide männlich, waren offensichtlich am Karten spielen gewesen. Er musste sie überrascht haben, denn sie waren unbewaffnet gewesen. Und Menschen wie diese wären bewaffnet gewesen, hätten sie gewusst, was auf sie zukommt. Beide waren Achatenen, beide kanntest du von DOG-Fahndungsbriefen. Mitglieder der Yakuzza, achatenisches organisiertes Verbrechen - unlizensiert. Du kennst die Yakuzza besser als jeder andere. Dein Mitleid híelt - und hält - sich in Grenzen - und doch: es war ein Verbrechen und es ist dein Job, die Hintergründe zu finden. Das neuerliche Gefühl nicht alleine zu sein unterdrückend überlegtest du weiter. Der Täter war also durchs Fenster gekommen - gesprungen, wie dir klar wurde, denn es lagen Scherben relativ weit davon entfernt. Die Scheibe musste beinahe explodiert sein, als der Mörder durch sie geschnellt war. Die Achatenen waren aufgesprungen, einer hatte dabei den Stuhl umgeworfen. Die Karten waren auf den Tisch geworfen worden. Einer hatte eine doppelte Zwiebel gehabt, die anderen Karten lagen verdeckt am Tisch. Du warst neugierig, aber wusstest, dass der Tatort unberührt bleiben muss. Auch mit deinen Schuhabdrücken im Blut. Das Aufspringen hatte den Beiden aber nichts genutzt. Der erste Tote lag dir zu Füßen. Er war an der Stelle gestorben, an der er aufgesprungen war. Das Messer musste bereits geworfen worden sein, sich in den Bauch gebohrt haben. Der Achatene war gegen den Tisch gestolpert und hatte den Kartenstapel hinunter gestoßen. Der andere war dabei völlig schockiert dabei gestanden, während der Mörder das Messer wieder gefasst und es mit ruckartig hochgezogen hatte. So sah die Wunde zumindest aus. Die Starre war von dem zweiten Achatenen gefallen und er war zum Regal gestürzt. Was hatte er da nur gewollt? Du wolltest dich noch immer nicht bewegen, stattdessen verengtest du deine Augen zu Schlitzen und betrachtetest das Regal genauer. So konntest du erkennen, was der zweite Tote gewollt hatte: Ein Schwert glänzte zwischen den Dosen auf. Du überlegtest weiter. Der Achatene war zum Regal gerannt und hatte das Schwert gesucht. Dabei hatte er die Dosen umgeworfen - Nein. Er hatte auch etwas gefunden. Dein Blick wanderte zum Messer. Er hatte es hinter den Dosen vorgeholt, aber es war bereits zu spät gewesen. Der Täter war hinter ihm gewesen, hatte das Messer aus seiner Hand gerissen und hinter sich geworfen, bevor er auch dieses Opfer wie ein Schwein aufgeschlitzt hatte. Erst da waren die Dosen hinuntergefallen, als der Mörder immer und immer wieder auf den Achatenen eingestochen und ihn somit gegen das Regal geworfen hatte. Danach war er zum ersten Opfer zurückgegangen, das zeigten die Fußspuren. Und danach? Etwas war nicht in Ordnung. Wieder dieses Gefühl nicht alleine zu sein. Und es wurde stärker. Du wurdest bereits nervös und sahst dich um. Auch Wächter haben nur ein gewisses Grad an Nerven. Du musstest hier erstmal raus, das Gefühl ließ sich nicht mehr nieder drücken. Noch einmal sahst du dich um, aber du konntest nichts entdecken. Danach hast du nur draußen auf SUSI gewartet. Und jetzt bist du hier. Aber das Gefühl hat dich begleitet. Sieh dich an, du blickst dich ständig um. Jeder Laut lässt dich aufhorchen und du spähst in die Dunkelheit, ob jemand hier ist. Vielleicht stellst du die falschen Fragen. Erinnere dich. Du fragst dich die ganze Zeit, was an dem Tatort nicht gestimmt hat. Etwas hatte nicht ins Bild gepasst. Jemand war da gewesen, dessen bist du dir sicher. Aber du bist alleine gewesen, oder nicht? Erinnere dich. Stell die richtigen Fragen. Frage dich zum Beispiel, warum du die Tat so genau rekonstruieren kannst. Denk nach. Das erste Opfer ist am Bauch gelegen, woher konntest du also wissen, wie die Wunde aussieht? Wie kommst du darauf, dass das Messer dem zweiten gehört hat, dass der Täter es nach hinten geworfen hat? Und die Karten? Du irrst dich. Die Karten sind nie offen gelegen. Woher konntest du also wissen, was der Mann auf der Hand hatte. Erinnere dich. Das Gefühl, beobachtet zu werden. Wer hat dich beobachtet. Denk scharf nach. Überlege. Du hast dich umgesehen. Wo hast du hingesehen, als du das Gefühl hattest nicht alleine zu sein. Rechts hinten? Wer hat dich beobachtet? Erinnere dich. Was hast du gesehen? Eine Gestalt mit Messer. Konzentrier dich darauf. Das Messer war voller Blut, die Hand hat gezittert, die Gestalt hatte einen langen Mantel an. Sie hat dich angegrinst. Du hast dich angegrinst. Währenddessen hast du das Messer gesäubert und eingesteckt. Schau nicht so erschrocken, du weißt, dass das wahr ist. Sieh nach, es ist noch immer in deiner Tasche. Ist das jetzt zuviel für dich? Musst du dich setzen? Was glaubst du, warum du immer so müde bist. Was die Alpträume bedeutet haben. Bemerkst du wirklich erst jetzt, was du bist? Wer du bist? Solange suchst du schon nach deinem Widersacher.
Du jagst dich selbst.
Du bist das Ziel.
Und du bist ich.
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