Bodyguard

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von Lance-Korporal Pyronekdan (RUM)
Online seit 25. 03. 2006
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Eine Frau wird verfolgt. Kann die Wache helfen?

Dafür vergebene Note: 9


Pyronekdan saß wieder einmal vor seinen Akten, und versuchte diese und seine Gedanken zu ordnen. Letzteres war momentan besonders schwer, weil die Büros der Wache umgebaut wurden. Überall waren Handwerker am sägen und hämmern. Nicht einmal die Tür konnte er schließen, da sie auch gerade ausgetauscht wurde. Er beneidete die Kollegen, die auf Streife waren, oder aus anderen Gründen außerhalb des Gebäudes zu tun hatten. Gab es nicht auch für ihn eine Aufgabe, die er draußen erledigen konnte? Als Kontakter und Lance-Korporal bestanden seine Aufgaben aber leider hauptsächlich darin, seine immer zahlreicher werdenden Kollegen nach draußen zu schicken, und ihre Berichte zu lesen und einzuordnen. Zum Glück war bald Feierabend, und im Vergleich zu hier war es sogar in der Unsichtbaren Universität ruhig [1].

Plötzlich stand seine neue Kollegin Lilli Baum und eine unbekannte junge Frau vor dem Schreibtisch des Zauberers.
"Kannst du nicht anklopfen!", wollte er sie gerade zurechtweisen, als ihm wieder einfiel, daß die dazu nötige Tür ja nicht vorhanden war, und man das Klopfen vermutlich sowieso nicht gehört hätte.
"Ihre schweigsame Kollegin hat mich zu ihnen gebracht, weil ich ein Problem habe", erklärte die blonde Frau dem Lance-Korporal, und nickte Lilli dankend zu. "Mein Name ist Erna Edelweiß. Können sie mir helfen?"
"Für Namensänderungen bin ich nicht zuständig", meinte der Kontakter. "Da müssen sie sich an einen Beamten im Patrizier-Palast wenden."
"Das ist auch nicht mein Problem", erklärte die Frau lächelnd, weil sie die Anmerkung des Lance-Korporals für einen Witz gehalten hat. "Ich bin erst seit ein paar Tagen in Ankh-Morpork. Und seit ich hier bin, werde ich von einem Mann verfolgt, wann immer ich in der Stadt unterwegs bin."
Pyronekdan gab der Gefreiten ein Zeichen, daß sie ihren Tresendienst fortsetzen solle [2].
"Nun, allein ist man hier selten in Ankh-Morpork. Sind sie sicher, daß er sie verfolgt?", wandte er sich wieder an Frau Edelweiß.
"Immer wenn ich mich umdrehe ist er etwa 100 Meter hinter mir, und tut so, als würde er sich ein Schaufenster ansehen, oder ein Straßenschild lesen."
"Das jemand Straßenschilder beachtet ist in dieser Stadt wirklich ungewöhnlich", bestätigte Pyronekdan. "Aber was macht sie so sicher bei den Schaufenstern?"
"Einmal habe ich gesehen, wie er zehn Minuten lang ein Schaufenster ansah, in dem gerade nichts ausgestellt wurde. Deshalb fürchte ich, er wartet auf eine Gelegenheit um mich auszurauben, oder umzubringen!"
"Naja", meinte der Zauberer. "Vielleicht ist er ja Vertreter für Schaufenster. Wenn er jedoch schwarze Kleidung an hatte, könnte es tatsächlich ein Assassine sein. Allerdings hätten sie ihn dann wohl kaum bemerkt. Zumindest nicht lebend."
"Nein, er ist immer recht unauffällig gekleidet. Fast könnte man sagen auffällig unauffällig. Heute trägt er eine graue Hose, und einen Mantel in der gleichen Farbe."
"Haben sie denn schon eine Quittung von der Diebesgilde?" wollte Pyronekdan wissen. "Jetzt im Winter haben sie für jeden, der freiwillig bei der Gilde vorbeikommt einen Sonderrabatt, der drei Monate lang Schutz vor Raub garantiert [3]"
"Ist das denn legal?", wunderte sich die Frau. "Wozu ist denn dann die Wache überhaupt da?"
"Wir kümmern uns nur um unlizensierte Räuber und Mörder", erklärte der Lance-Korporal. "Die Gilden sorgen mit den Quittungen dafür, daß niemand zu oft ausgeraubt wird."
"Das heißt doch, daß es kein legaler Räuber sein kann", meinte Erna nach kurzem Nachdenken. "Sonst brauchte er doch nicht auf eine passende Gelegenheit zu warten."
"Das klingt plausibel", meinte Pyronekdan, und ärgerte sich, daß er nicht selbst darauf gekommen war.
Noch mehr ärgerte es ihn, daß gleich Feierabend war, und er noch nicht nach Hause gehen konnte. Dann hatte er eine Idee.
"Was halten sie davon, wenn ich sie ein Stück durch die Stadt begleite, um mir den Mann einmal näher anzusehen?"
"Das wäre sehr nett", meinte die Frau. "Ich wohne am Platz der gebrochenen Monde. Hoffentlich ist ihnen das nicht zu weit."
"Das liegt praktisch auf meinem Weg", stellte der Zauberer erfreut fest. "Außerdem kommen wir an der Diebesgilde vorbei, falls sie dort eine Quittung erwerben möchten."
"Ich dachte, die hilft nur gegen lizensierte Räuber."
"Wenn der Mann ein unlizensierter Räuber ist, fürchtet er nichts mehr, als die Diebesgilde", erklärte der Zauberer.

Gemeinsam gingen Frau Edelweiß und Pyronekdan in Richtung Messingbrücke. Erna konnte den Mann allerdings nicht entdecken. Entweder versteckte er sich inzwischen besser, oder er fürchtete sich auch vor der Wache.
"Vielleicht sollt ich ihnen mit etwas Abstand folgen", meinter der Zauberer. "Sonst traut er sich wohl nicht an sie heran."
"Entfernen sie sich aber bitte nicht zu weit", bat Frau Edelweiß.
"Ich bleibe immer in Sichtweite", versprach Pyronekdan. "Wenn Sie den Mann sehen, geben Sie mir einfach ein Zeichen hinter Ihrem Rücken, so daß der Mann es nicht sehen kann."
Da gerade Frau Leeb mit ihrem Gemüsewagen in der Nähe war, nutzte Pyronekdan die Gelegenheit für einen kleinen Imbiss. Auch Schnapper war unterwegs, und versuchte seine Würstchen an den Mann, oder die Frau zu bringen. Da Erna neu in der Stadt war, war sie mit der zweifelhaften Qualität dieser Fleischwaren noch nicht vertraut. Zielstrebig steuerte Schnapper auf die potenzielle Kundin zu [4].
"Sie bekommen ein Brötchen umsonst, wenn Sie eines meiner leckeren Würstchen kaufen", bot er seine Ware an. "Und damit treibe ich mich selbst in den Ruin!"
"Wie teuer sind sie denn?", fragte Erna, die schon gelernt hatte sich in Ankh-Morpork immer erst nach dem Preis zu erkundigen.
"Meine hochwertigen Produkte sind nicht teuer, meine Dame, sondern äußerst preiswert", erwiderte Schnapper. "Ein Würstchen kostet nur 50 Cent. Und damit treibe ich mich selbst in den Ruin!".
Dabei belegte er schon ein Brötchen mit seiner Spezialität. Ein Trick, damit Kunden nicht noch im letzten Moment einen Rückzieher machen. Schließlich gehörte es sich nicht dem Verkäufer die Ware nicht abzunehmen, wenn er sie schon extra zubereitet hatte. Das klappte auch dieses Mal. Erna gab ihm einen halben Dollar, und würde wohl bald um eine Erfahrung reicher sein. Schnapper machte sich indes auf die Suche nach dem nächsten Kunden [5]. Der Zauberer versuchte sich Erna zu nähern, um sie zu warnen, wurde aber gerade durch ein paar Eselkarren von ihr abgeschnitten, die sehr dicht hintereinander her fuhren. Gerade wollte Frau Edelweiß in den Imbiss beißen, als es ihr von einem Mann entrissen wurde. Als Erna erkannte, daß es sich um den Mann handelte, der sie ständig verfolgte geriet sie in Panik.
"Hilfe!, man hat mich beraubt!", rief sie in Richtung Zauberer.
Dieser schaffte es gerade sich einen Weg zum Tatort zu bahnen.
"Ich wollte Sie doch nur davor bewahren, sich zu vergiften", versuchte der Mann Erna zu beruhigen.
"Und warum verfolgen Sie mich ständig?", fragte Erna energisch, als sie erleichtert [6] den Zauberer sah.
Dieser wollte die Frau gerade darüber aufklären, daß Schnappers Produkte wirklich nur für Untote ungefährlich waren, und der Mann wohl die Wahrheit sagte, hielt aber inne, da in ihn die Antwort auf diese Frage auch interessierte.
"Ich habe sie nur beobachtet, weil ich sie mag", entgegnete der Mann fast flüsternd. "Ich habe mich nur nicht getraut sie anzusprechen", beichtete er weiter, und betrachtete dabei intensiv ihre Schuhe.
"Glauben Sie ihm das?", fragte Erna den Zauberer.
"Das Würstchen würde ich wirklich nicht essen. Kaum jemand hat je ein zweites gegessen."
"Dann hat er mich also wirklich gerettet?", überlegte sie laut, und betrachtete den Mann näher, der seinen Blick inzwischen soweit gesenkt hatte, daß er nur noch seine eigenen Schuhe sehen konnte.
"Ja", bestätigte der Mann. "Und ich würde sie gerne zum Essen einladen, wenn sie möchten."
"Dabei brauche ich sie wohl nicht mehr zu begleiten", meinte der Lance-Korporal, und war froh, endlich Feierabend zu haben.
"Danke für ihre Hilfe", rief ihm Erna noch nach, nachdem sie gemerkt hatte, daß sie den Mann auch leiden konnte. "Ich glaube, ich habe jetzt einen neuen Bodyguard."
Dann machte sich der Zauberer endgültig auf den Heimweg, und begegnete dabei noch einmal Schnapper, der inzwischen damit prahlte, daß man sich um seine Würstchen riß.
[1] Wenn man von seinen beiden Teledämonen absah.

[2] Wie immer sie das auch machte.

[3] Diebe laufen auch nicht gerne in der Kälte herum.

[4] Das sind alle Personen, die nicht sofort die Flucht ergreifen, wenn sie ihn sehen. Und aus irgend einem mysteriösen Grund auch all jene, die gerade an etwas zu essen denken.

[5] Oder sollte man lieber Opfer sagen?

[6] Und das sogar im doppelten Sinne!




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Feedback:

Von Kanndra

01.04.2006 13:40

Ich habe etwas besser bewertet, denn ich fand die Geschichte... süss :D . Und es muss ja auch nicht immer der riesige, komplizierte Mordfall sein. Allerdings fände ich es schon interessant, auch mal eine etwas verwickeltere Story von dir zu lesen.

Von Pyronekdan

05.04.2006 10:13

@Kanndra:
Danke für die Kritik.
Mit neun Punkten bin ich noch ganz zufrieden. :)
Ich hatte schlimmeres befürchtet.
Leider fehlen mir für verwickelte Stories im Moment die Ideen. :(

Deshalb schreibe ich auch lieber an Multis mit, wo durch die vielen Teilnehmer mehr Ideen zusammenkommen.

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