Die Wache hatte noch nie weniger Rekruten. Eine ganz normale Entwicklung oder steckt etwas anderes dahinter? Jedenfalls muss etwas dagegen getan werden, doch ob Flugblätter wirklich helfen?
Rogi Feinstich
Es war einfach zu ruhig. Eine unnatürliche Stille hatte sich im Wachhaus Kröselstraße ausgebreitet und die Igorina spürte dieses Kribbeln, das jeden Igor dazu veranlasste die Beine in die Hand zu nehmen
[1], doch Rogi Feinstich blieb ruhig auf ihrem Stuhl sitzen und dachte darüber nach wie lange sie hier bei Grund noch unbehelligt ihren Dienst verrichten konnte. Die Akten der Rekruten wurden weniger und weniger und der Papierkram der Rekruten die ihren Dienst quittierten wurde immer größer. Etwas mehr als ein Dutzend waren es noch, wenn überhaupt. Den Unterricht hatte sie schon lange nach Draußen verlegt damit der Unterrichtsraum nicht so leer wirkte. Und natürlich weil gleich zwei Trolle das alte Wachhaus nur unnötig strapazierten. Lange konnte es nicht mehr so weiter gehen und sie musste Handeln bevor es gar keine Rekruten mehr in die Kröselstraße verschlug, die sie hätte Ausbilden können.
Der Troll schaute grimmig und zeigte auf jeden, der an ihm vorbei lief. "Wir wolligen dich!", hätte er geschrien wenn er könnte, doch dieser Troll war Stumm und nur das Abbild eines einst stolzen Wächters, den inzwischen kaum noch einer von ihnen kannte. Rogi konnte sich noch sehr gut an den Troll Malachit erinnern er war vor vielen Jahren mit ihr bei FROG gewesen und jetzt wo er sie so anstarrte, fragte sie sich was aus ihm geworden war. Sie war lange unterwegs gewesen und dieses alte verblichene Plakat war das einzige Zeugnis das sie bisher gefunden hatte. Alle anderen Plakate waren abgerissen oder verdeckt worden von eben anderen Plakaten. Ihr war klar das dies nicht der einzige Grund für die wenigen Neuzugänge war, aber es war einer und dagegen konnte man etwas tun. Sie hoffte nur, das Breguyar noch Budget dafür zu Verfügung hatte.
"Der Unterricht fällt heute auf",sagte sie und sah in die kleine Runde. "Ich habe eine Aufgabe für euch."
"Worauf er denn fallen?", fragte der Troll Opal und die Igorina stutze für einen Moment.
"Ich meinte der Unterricht fällt aus", antwortete sie, doch der Blick sagte ihr, dass der Troll noch immer nicht verstand.
"Ich dir später erklären", sagte Thymian Erz schließlich zu seinem Trollkollegen.
"Was erklären?"
Rogi seufzte und die restlichen Rekruten tuschelten untereinander.
"Ok von vorne. Ich habe eine Aufgabe für euch. Wie ihr fon bemerkt habt ist das Wachhauf in der Krösselstraße mehr als unterbefetzt. Ich habe feststellen müffen, dass in der Stadt kaum noch Plakate von der Wache zu finden find und eure Aufgabe wird es fein, dies zu ändern."
Rogi deutete dabei auf einen Stapel Papier und hielt einen Zettel davon hoch.
"Diefe werdet ihr in der Stadt verteilen um auf unf aufmerksam zu machen."
"Flugblätter?", fragte der Rekrut Donnerkroll den sie bis dahin kaum wahrgenommen hatte.
"Ganz genau. Flugblätter zumindest solange bif wir neue Plakate haben. Noch fragen?"
20.10.2013 9: 19Damian Okham
Das Flugblätter-Verteilen war definitiv nicht Damians Lieblingsbeschäftigung. Es geschahen viel zu viele unlogische Dinge.
Zuerst einmal schien diese Tätigkeit gefährlicher als zunächst zu vermuten war. Offenbar waren manche Ankh-Morporker sehr darauf bedacht, keine ungewollten Informationen zu erhalten. Gab man sie ihnen trotzdem, wurden sie sehr aggressiv. Nach zehn Minuten Flugblatt-Verteilen auf der Ulmenstraße hatte er schon so viel Erfahrung damit gesammelt, dass er auch Handgreiflichkeiten für möglich hielt.
Rogi hatte gesagt, sie sollten "so viele Zettel wie möglich lofwerden". Die Direktive war also, mit so vielen Zetteln wie möglich loszuziehen und mit so wenig wie möglich zurückzukehren. Und obwohl die einfachste Methode gewesen wäre, die Flugblätter bei nächster Gelegenheit zu entsorgen, war sich Damian sicher, dass Rogi darüber nicht glücklich gewesen wäre. Und doch tat er es, wenn auch indirekt. Denn die meisten Zettel, die er an den Mann brachte, landeten dennoch zerknüllt am Boden.
Und dann war da noch die neue Dynamik, die der Fluss der Menschenmenge gewann, wenn man einen Fremdkörper wie einen Flugblattverteiler einbrachte. Damian kam sich vor wie ein Wellenbrecher. Die Leute beschleunigten, wenn sie ihn bemerkten, und schlugen einen Bogen um ihn. Und wenn das nicht ging, tauchten sie in eine Seitengasse ab. Damian beobachtete einige Leute, die enttäuscht wieder auf die Straße traten, weil sich die Seitengasse als Sackgasse herausgestellt hatte.
Die Leute gingen schlicht davon aus, dass Damians Information für sie irrelevant war, ohne überhaupt zu wissen, worum es ging. Das machte ihm die Erfüllung seiner Aufgabe unnötig schwierig.
Und so begnügte sich Damian damit, hauptsächlich Trollen und Zombies, die nicht schnell genug ausweichen konnten, seine Flugblätter in die Hand zu drücken, während er weiter überlegte, wie sich seine Aufgabe effizienter gestalten ließ.
27.10.2013 12: 48Eleanore Gahdollie
Derweil versuchten Opal, Thymian Erz und Eleanore ihr Glück an anderer Stelle.
Nachdem sich niemand gemeldet hatte, ob noch Fragen wären, weil die einen von der Absurdität der Aufgabe und andere von dem lautstarken Versuch des Tuschelns zwischen Opal und Thymian Erz abgelenkt waren, wurden die Rekruten von Rogi Feinstich auf die Straße geschickt, jeder bestückt mit einem Haufen Flugblätter.
Die Rekruten waren sich schnell einig, dass sie, wenn sie sich aufteilten, in kürzerer Zeit mehr Flugblätter verteilen können, dies aber auch nicht alleine tun sollten, da es sich als gefährlich erweisen könnte. Also bewegten sich Damian und Theodor in Richtung Ulmenstraße, während die beiden Trolle die Straße überquerten. Auf dem Viehmarkt waren sicherlich welche anzutreffen, die einer neuen Aufgabe in der Wache offen gegenüber standen.
Eleanore erschrak, als sich plötzlich alle von ihr weg bewegten, weshalb sie sich denen anschloss, die sie noch im Blickfeld hatte: Thymian Erz und Opal. Schnell rannte
[2] sie über die Kröselstraße, um die zwei noch zu erreichen, bevor sie im Gestank des Viehmarkts untergingen.
Ihr könnt doch nicht einfach ohne mich los, versuchte sich Eleanore bei den Trollen zu beschweren, als sie diese erreichte. Aber die Trolle beachteten sie gar nicht.
Zettel verteilen also Aufgabe von Wächter sein? hörte sie Opal fragen, worauf Thymian Erz ruhig antwortete: Ich dir das nicht sagen kann, ich in der Ausbildung bin, wie du.
Wenn Zettel verteilen also Aufgabe von Wächter sein, dann doch Zettel verteilen Teil der Ausbildung ist?
Ich nicht wissen, ob Zettel austeilen Aufgabe eines Wächters sein.
Wenn also Zettel verteilen Teil von Ausbildung ist, dann Unterricht doch gar nicht ausfällt?, folgerte Opal weiter.
Wir nicht wissen, ob Zettel austeilen Aufgabe von Wächter sein!, erwiderte Thymian Erz schon leicht erhitzt.
Sollten wir sie nicht einfach verteilen?, schaltete sich nun Eleanore dazwischen, etwas lauter, dass die zwei sie wahrnahmen, was auch gelang.
Was denn verteilen?
Na, die Flugblätter, erwiderte Eleanore und wedelte mit dem Haufen, den der Feldwebel ihr in die Hand gedrückt hatte.
Opal blickte auf den Haufen in seiner Hand und fragte: Warum die Zettel heißen Flugblätter?, woraufhin sich ein Haufen in die Lüfte erhob.
31.10.2013 15: 28Damian Okham
Theodor war enttäuscht, und zwar von Damian. Sein Mit-Rekrut war ihm wie ein guter Beobachter vorgekommen. Trotzdem hatte er ihn schon vergessen.
Das war natürlich nicht Damians Schuld, denn es war sehr leicht, Theodor zu vergessen. Es gab weitaus interessantere Dinge als Theodor. Selbst die Flugblätter, die er in der Hand hielt, waren interessanter, und das obwohl man von dem Blatt nur ablesen konnte, dass die Wache Trolle einstellte, zum Beispiel den mit dem grimmigen Gesicht und dem dicken Zeigefinger.
Vielleicht war das der Grund, dass Damian fast nur an Trolle Flugblätter verteilte. Vielleicht auch, weil Trolle nicht schnell genug ausweichen konnten.
Niemand wich Theodor aus, weil ihn niemand bemerkte. Daran änderte auch der Stapel Zettel in seiner Hand nichts. Und so fanden sich in seiner Umgebung einige Leute überraschend mit einem Zettel in der Hand wieder, von dem sie ein Troll böse ansah.
Nachdem er Damian jetzt eine halbe Stunde einfach nur gefolgt war, tippte Theodor ihm auf die Schulter.
Damian sank sofort zu Boden.
Damian war jetzt schon mehr als ein Jahr in Ankh-Morpork. In dieser Stadt waren die Gepflogenheiten oft sehr viel anders als in Ecalpon. Und leider ist das Problem mit Gepflogenheiten, dass sie Ausnahmen haben. Damian fiel es schon in Ecalpon immer schwer, richtig zu reagieren.
So hatte er zum Beispiel festgestellt, dass man in Ankh-Morpork auf der Straße niemals "Danke" sagte. Tat man es doch, so wurde man schief angeschaut. Schlange stehen schien auch nur in Ausnahmefällen zu geschehen, nämlich dann, wenn der Morporker durch einen engen Gang dazu gezwungen war.
Einmal hatte er zwei schwarz gekleidete Herren
[3] beobachtet, wie sie sich vor dem Händeschütteln die Hände gegeneinander von beiden Seiten gezeigt hatten. Als Damian das bei seiner nächsten Begegnung imitierte, wurde er ausgelacht.
Bisher war sich Damian sicher gewesen, dass man, bevor man jemanden k.o. schlug, seinem Opfer auf die Schulter tippte, damit der sich umdrehte und man den Schlag im Gesicht platzieren konnte. Und so reagierte er dementsprechend, als ihm jemand auf die Schulter tippte. Er ging in die Hocke, um einem Schlag auf Kopfhöhe auszuweichen.
Statt dem "Swusch!" einer Faust, die ihm an den Haarspitzen entlangfuhr, hörte er aber nur, wie jemand erschrocken nach Luft schnappte und ewas fallen ließ.
Schnell stand Damian wieder auf und drehte sich um, immer noch in Hab-Acht-Stellung.
Ein Wächter stand hinter ihm. Ein Rekrut sogar. Schnell dämmerte es ihm. "Theodor, richtig?", fragte er unsicher.
"Ja. Ist alles okay bei dir?", fragte Theodor besorgt.
"Alles gut", sagte Damian. Dass er seinen Kollegen vergessen hatte, war eine neue Erfahrung für ihn. Es gelang ihm noch nicht so ganz, das in seinen Verstand hineinzubekommen. Theodor sah aber auch sehr ordinär aus. Und so streifte Damians Blick ab von seinem Mit-Rekruten, hin zu etwas nur leicht Interessanteren, nämlich zu dem, was Theodor vor Schreck hatte fallen lassen. Auf dem Boden lag ein Stapel Flugblätter.
Und dann fragte sich Damian, warum hier Flugblätter von der Wache auf dem Boden lagen, wo er doch seine noch in der Hand hielt. War noch ein anderer Rekrut hier gewesen?
"Ähem!", räusperte sich Theodor lautstark.
Damian blickte auf. Er spürte ein leichtes Stechen in seiner Stirn.
"Was hast du vor?", fragte Theodor. "Nur an Trolle verteilen? Hatte der Feldwebel nicht gesagt, wir haben schon genug Trolle im Wachhaus? Was ist der Plan?"
"Der Plan, ja. Also, die Flugblätter..." Damian senkte den Blick zu Theodors Stapel.
Er war weg.
Theodor bemerkte das auch. "Oh, meine Zettel sind weggeweht." Er sah sich um, ob sie noch zu sehen waren.
Damian fand, dass diese Hypothese äußerst plausibel klang. Zumindest so lange, bis der Stapel in seiner Hand zu zittern begann. Er hielt ihn mit beiden Händen fest.
Es wehte kein Lüftchen. Und doch flatterten die Zettel.
Damian nahm eine Hand von seinem Stapel. Die Flugblätter nutzten ihre neu gefundene Freiheit und flogen davon. Eines faltete sich von selbst zu einem Papierflieger, um an Aerodnamik zu gewinnen, während die anderen unverändert, aber schlingernd, ihren Weg entgegengesetzt fortsetzten.
Theodor und Damian starrten ihnen mit offenem Mund nach.
04.11.2013 17: 05Eleanore Gahdollie
Die Flugblätter erhoben sich in einem Haufen und füllten schnell den Luftraum über den dreien aus, nutzten den Platz und die Freiheit die sie gewonnen hatten. Mit dieser großen Freiheit waren sie nun in der Lage sich flach auf den Wind
[4] zu legen und dort zu tanzen. Die einen wiegten sich von einer Seite zur anderen, die anderen drehten sich im Kreis, wieder andere drehten sich in sich selbst ein, um schwungvoller Pirouetten drehen zu können und wieder andere versuchten noch mehr Freiheit zu gewinnen, indem sie sich aerodynamisch falteten, um in noch höhere Höhe fliegen zu können.
Eleanore war entzückt so von der Grazie und den filigranen Bewegungen, dass sie alles um sich herum vergaß. Sie vergaß den Lärm und den Gestank des Viehmarkts. Sie vergaß die sich gegenseitig beschuldigenden Trolle, wer denn nun seinen Haufen geworfen habe und wer sie nun einfangen müsse. Ja, sie vergaß sogar die Gesetze der Logik und der Schwerkraft, dass sie sich in keinster Weise darüber wunderte, dass die Flugblätter sich selbst falteten und statt wieder nach unten zu fallen sich im Luftraum über den ganzen Viehmarkt verteilten und eher an Höhe gewannen. Sie vergaß auch den Haufen Flugblätter in ihrer Hand, der sich nicht selbstständig gemacht hatte, was sie nicht bemerkt hatte. Sie bemerkte auch nicht, dass die Hände der Trolle versuchten, die Flugblätter wieder zu greifen. Zu fasziniert war sie von dem Geschick der Flugblätter, den Händen auszuweichen.
Statt dessen wurde eben das von Kindern bemerkt, die ihr die übrig gebliebenen Blätter nun einzeln entrissen, und Freude daran fanden, sie in eine aerodynamische Form zu falten und in die Luft zu werfen, wodurch die Trolle nur ungestümer und unkontrollierter in die Luft griffen, oder wo sie gerade die Hoffnung hatten, ein Flugblatt einfangen zu können. So fanden die Kinder größten Spaß daran die aerodynamisch gefalteten Flugblätter gerade nicht in die Luft zu werfen, sondern Opal oder Thymian Erz damit zu bewerfen. Das Resultat war, dass der eine Troll den anderen schlug und der andere den einen, was nicht gerade dazu beifügte, die Situation unter Kontrolle zu bekommen.
Wie gesagt, Eleanore bekam von alle dem nichts mit. Sie schwebte zusammen mit den Flugblättern in anderen Sphären. Ihren Arm, der keine der noch übrig gebliebenen Flugblätter in der Hand hielt, hatte sie nach oben in die Luft gestreckt und ließ ihre freie Hand mit den noch in der Nähe verbliebenen Flugblättern tanzen, bis sie jemand am Arm packte.
Jemand packte sie mit festem Griff am Arm, riss ihn herunter und drehte Eleanore mit Schwung zu sich um. Eleanore blickte erschrocken in ein Gesicht, das ihr bekannt vorkam.
14.11.2013 14: 12Damian Okham
"Was, äh, tun wir jetzt?" Theodor war noch etwas perplex. Als er nach dem Papierflieger gegriffen hatte, hatte der ihn ins Ohr gepiekst.
"Also, technisch gesehen", überlegte Damian laut, "sind die Flugblätter jetzt doch perfekt verteilt. Wir sollten uns beim Feldwebel zurückmelden."
Theodor überlegte. Er hatte - völlig zurecht - Angst, dass man ihn einfach übersehen könnte. Vor kurzem erst war ihm klar geworden, was das für seine Karriere bedeuten könnte. Der Feldwebel könnte zum Beispiel übersehen, wie viele Teile seiner Ausbildung er schon absolviert hatte. Dann würde sie vergessen, ihn zu befördern, und er würde auf ewig Rekrut bleiben. Deswegen hatte er sich vorgenommen, ab jetzt ganz besonders positiv aufzufallen. "Wie wäre es", schlug er langsam vor, "wenn wir stattdessen herausfinden würden, was hier passiert ist." Das war doch eine gute Chance, einen Eindruck beim Feldwebel zu hinterlassen. "Lass uns die Verfolgung aufnehmen!"
"Über die Dächer?", fragte Damian skeptisch und deutete auf das Haus, über dem die Flugblätter verschwunden waren.
"Nun, wir haben schonmal eine Richtung."
Ospian Benzino, Zauberer der dritten Stufe, stand auf dem Dach eines Hauses im Steinbruchweg
[5] und ließ seinen Zauberstab sinken. Dann hob er die Federn auf, die ihm aus Versehen zu Boden gefallen waren. Der Zauberspruch hatte trotzdem sehr gut funktioniert.
Mistriffs Aviatischer Animator war die richtige Entscheidung gewesen. Er hatte ja noch Hannbocks Entfernten Inzinerator in Erwägung gezogen, aber das wäre wohl doch zu... heiß geworden. Außerdem war es so, was die
Flug-Blätter anging, um einiges ironischer. Ospian kicherte bei dem Gedanken, während er schwungvoll einen Haken hinter Punkt Eins auf seinem Notizblock machte.
Stolz beobachtete er die Blätter, wie sie sich in die Lüfte erhoben und eines nach dem anderen sich auf den Weg machte, ein neues Leben ganz woanders zu beginnen. Selten war ihm ein Animationszauber so gut gelungen. Hätte er doch bloß jemanden mitgenommen, der später hätte bestätigen können, dass diese Meitserleistung tatsächlich von ihm vollbracht worden war. Ein paar Blätter falteten sich sogar in eine seltsame vogelartige Form. Ospian notierte sich das Phänomen mit einer Skizze, um später diese Art von Spontanevolution genauer zu studieren.
"Das-e sollte sie vom Verteilen abhalten", dachte er zufrieden in brindisisch - und das tat er nur, wenn er sehr zufrieden war.
Mit diesem Gedanken wandte er sich ab und stieg durch eine Leiter vom Dach herab.
15.11.2013 11: 21Eleanore Gahdollie
"Was tust du da?", kam es aus dem Mund des ihr bekannten Gesichts.
"Wer bist du?, Was willst du?", fragte Eleanore aufgebracht. Hinter dem Angreifer in Uniform stand Damian und Eleanore erinnerte sich an Theodor. Sie stellte sich also wieder aufrecht hin, da es sich offensichtlich um keinen Angriff handelte.
"Was - tust - du - da?", fragte Theodor erneut. Er war es gewohnt, dass die Leute ihn fragten, wer er sei und hatte es aufgegeben dies zu beantworten, da die Gesprächsteilnehmer die Antwort im nächsten Moment sowieso wieder vergessen hatten.
"Wir verteilen Flugzettel?", erwiderte Eleanore, verunsichert durch den barschen Ton.
"Die verteilen sich doch schon längst von selbst.", machte Theodor auf die Umstände aufmerksam.
Als Eleanore nach oben blickte, sah sie, was Theodor meinte. Die Blätter flogen von selbst. Da war kein warmer Dunst des Viehmarkts dran beteiligt, ob die Blätter nun nach oben oder nach unten schwebten. So, wie die Blätter tanzten, konnten sie das nur von sich aus tun und das widersprach jeglicher Logik. Die Einsicht wurde noch getoppt, als sich direkt vor Eleanores Augen ein Blatt in eine vogelähnliche Form faltete, einen Looping flog und sich von ihr entfernte.
"Opal seinen Haufen geworfen hat in die Luft", schaltete nun Thymian Erz sich ein, worauf Opal gleich erwiderte,
"du deinen Haufen selber geworfen hast!"
"Seht ihr denn nicht, dass niemand geworfen hat?! Und selbst wenn einer geworfen hat, das vollkommen egal ist? Die Blätter fliegen von alleine!", beendete Theodor den Streit der Trolle.
"Wir wollen die Verfolgung aufnehmen", schaltete nun Damian sich ein. "Auch unsere Blätter sind weg geflogen, über die Dächer. Kommt ihr also mit? Je mehr wir sind, desdo besser können wir sie im Auge behalten und verfolgen."
"So erfahren wir am Ehesten, was mit den Blättern passiert ist, warum sie auf einmal fliegen. Euch dürfte nicht entgangen sein, dass das nicht die geltende Norm ist.", erläuterte Theodor die Absicht.
"Ist fast wie Magie", kam es aus der Richtung der Trolle.
"Wir müssen uns jetzt also sputen. Wenn die Blätter den Platz verlassen wird es schwieriger werden, sie zu verfolgen".
Sogleich schauten die Trolle in welche Richtung die Blätter flogen und machten sich auf, ihnen zu folgen. Vor ihnen teilte sich die Menge und der ganze Trupp an Rekruten, die vom Feldwebel auf die Straße geschickt worden waren, um Flugblätter zu verteilen folgte diesen nun. Während Opal und Thymian Erz die Blätter im Blick behielten und die Richtung vorgaben, bzw. der Richtung folgten, die die Flugblätter vorgaben, stellten Eleanore, Theodor und Damian erste Überlegungen an, warum die Zettel auf einmal flogen.
"Thymian Erz sagte ja schon, dass es Magie sein könnte", erinnerte Eleanore.
"Ich kann mir aber nicht vorstellen, warum die Zauberer so etwas tun sollten", stellte Theodor die Vermutung in Frage.
"Kann man denn aus der Unsichtbaren Universität bestimmtes Papier bekommen das fliegt, gerade für den Zweck von
Flugblättern?", fragte Damian, was Eleanore mit einem Achselzucken abtat und im Gegenzug Damian fragte, "hast du denn was bemerkt? Vielleicht stimmt ja mit dem Gleichgewicht, oder wie das heißt, was nicht?"
03.12.2013 16: 49Damian Okham
Bevor Damian auf diese Frage eingehen konnte, rief Theodor plötzlich aus: "Da rennt einer!"
Tatsächlich war ein Zauberer gerade eben aus einem Hauseingang in nur hundert Metern Entfernung herausgetreten und hatte beim Anblick der Rekruten sofort die Flucht ergriffen.
Theodor zögerte nicht lange, drückte sich durch seine Trollkollegen hindurch und nahm die Verfolgung auf.
Eleanore und Damian sahen sich erst erstaunt an. Dann schauten sie wieder nach vorne.
"Da rennen zwei!", riefen beide gleichzeitig und schoben sich ebenfalls an den beiden Trollen vorbei. Dann verfolgten sie den Zauberer in seiner grünen Robe und noch einen, dessen Kleidung sehr verdächtig einer GRuND-Uniform ähnelte.
Ospian Benzino war das Rennen nicht gewöhnt. So ging es bekanntlich den meisten Zauberern, und er bildete da weder in Fitness noch in Statur eine Ausnahme. So langsam geriet er aus der Puste.
Er warf einen Blick nach hinten und sah die beiden menschlichen Wächter fast dreihundert Meter entfernt, die Trolle sogar noch weiter dahinter.
Erleichtert drosselte er seine Geschwindigkeit etwas und war so überrascht, als er von hinten getackelt wurde, dass es ihm glatt den Boden unter den Füßen wegzog. Obwohl der Angrff des Wächters, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, eigentlich nicht kräftig genug war, um ihn von den Beinen zu reißen, tat die Überraschung und ein unregelmäßiges Kopfsteinpflaster den Rest.
"Ich verhafte Sie wegen...", sagte der plötzlich aufgetauchte Wächter und zögerte, während er sich eine Straftat überlegte.
17.12.2013 11: 55Opal
Noch während Theodor fieberhaft überlegte, welchen Grund er für die Verhaftung vorgeben konnte, riss sich der brindisianisch-stämmige Zauberer, welcher im Angesicht der Gefahr einer Verhaftung durch – ja, durch wen eigentlich, da war ja offensichtlich niemand – eine geradezu überzaubererische Energie entwickelte, los und stürmte in Richtung der nächsten sichtbaren Seitengasse davon. Diese Aktion hatte einige weitreichenden Folgen: Zum ersten einen schrillen, markerschütternden Schrei von Rekrutin Gahdollie: "Der eine ist dahinten hin gelaufen!" welcher wiederum die beiden in verhältnismäßig schneller Bewegung befindlichen Trolle zu einem Brems- und Abbiegemanöver veranlasste. Man kann sich nun natürlich ungefähr vorstellen, wie ein derartiges Manöver aus vollem Sprint bei insgesamt knapp fünf Tonnen Lebendgewicht abläuft und wird trotzdem dem Ergebnis nicht so ganz gerecht. Glücklicherweise kam dabei außer dem Stück einer baufälligen Häuserecke nichts und vor allem auch niemand Außenstehendes ernsthaft zu Schaden. Was man von den beiden Trollen leider nicht so ganz behaupten konnte. Thymian Erz war der Seitengasse ein wenig näher gewesen. Leider war die Gasse von eher etwas engerem Typ, weshalb der riesige Troll nach wenigen Metern zwischen zwei Hauswänden stecken blieb, um anschließend die volle Wucht des Aufpralls der anderthalb Tonnen von Opal über sich ergehen lassen zu müssen. Die drei übrigen Rekruten betrachteten von außerhalb der Gasse das Malheur. Der Sachschaden fiel auf den ersten Blick – wie bereits erwähnt – verhältnismäßig gering aus. Viel schlimmer war die Tatsache, dass einer der beiden Trolle zwischen zwei Häuserwänden feststeckte, und der andere Troll sich den schmerzenden Steinschädel hielt.
Nachdem sonst niemand die Initiative an sich riss, fühlte sich Damian entgegen seiner üblichen Schüchternheit dazu genötigt:
"Eleanore, wir müssen uns aufteilen. Einer von uns bleibt bei den Trollen, der andere holt Verstärkung im Wachhaus."
"Dann bleibe ich lieber hier," entgegnete seine Kollegin froh, dann nicht diejenige sein zu müssen, die Feldwebel Feinstich die schlechte Nachricht überbringen zu müssen. Außerdem war sie in der Gegenwart zweier Trolle vor Angriffen von außerhalb verhältnismäßig sicher. Es gab sicher schlimmeres.
Ted versuchte gar nicht erst, den Kollegen klarzumachen, dass er auch noch anwesend war. Stattdessen fasste er den Entschluss, dass einer dem entflohenen Tatverdächtigen folgen müsse. Und nachdem es zuletzt ja ganz gut funktioniert hatte, seine Unscheinbarkeit bei der Verfolgung zu einem gravierenden Vorteil zu nutzen, machte er sich berechtigte Hoffnungen, diesen Vorteil wieder anwenden zu können. So machte sich Rekrut Donnergroll daran, möglichst schnell den offenbar nicht mehr bei Bewusstsein dafür umso mehr im Weg befindlichen Berg, welcher eigentlich Rekrut Thymian Erz war, zu überwinden.
Ospian Benzino war außer Atem, als er am Ende der kleinen Seitenstraße ankam. Natürlich war er in eine Sackgasse geraten. Noch während er sich überlegte, wie er dieser ausweglosen Situation, in die er sich selbst gebracht hatte, entkommen konnte, vernahm er hinter sich ein ohrenbetäubendes Rumpeln, anschließend einen lauten Knall, und schließlich eine verdächtige Ruhe. Er wandte den Blick und sah zu seinem Entsetzen, dass der Eingang der Seitengasse nun von einem großen Haufen Felsen blockiert zu sein schien. Der einzige Weg aus der Gasse heraus war ihm also versperrt. Auf der anderen Seite bedeutete das aber auch, dass die Wächter, welche ihn bisher verfolgt hatten
[6] nicht so einfach zu seiner Position durchdringen konnten. Er sah sich nach Luft schnappend um. Leider gab es in dieser Sackgasse nicht die in solchen Situationen üblicherweise spontan auftauchenden Feuerleitern oder leicht zu erkletternden Regenrinnen. Auch von Mauerlücken in regelmäßigen Abständen war weit und breit keine Spur zu sehen. Vor dem Haus zu seiner Rechten lag allerdings ein größerer Berg Müll. Wenn er vielleicht einen passenden Gegenstand finden würde...
"Er hat was getan?" entfuhr es Rogi Feinstich deutlich lauter als sie es ursprünglich vor hatte.
"Ich glaube kaum, dass es Absicht war", antwortete Damian seiner Vorgesetzten gegenüber mit einer offensichtlichen Feststellung. "Er hat wohl einfach seine Größe ein wenig unterschätzt."
"Das ift mir durchaus bewuft", entgegnete diese schon etwas ruhiger. "Man sollte nur meinen, daff er fich in seinem Alter langfam an seine Größe gewöhnt haben follte."
"Es ging alles sehr schnell, müssen sie wissen, Määm."
"Nun gut, ich werde wohl ein Bergungfkommando beauftragen müssen, um den Rekrut Erz wieder aus diefer Fituation zu befreien und furück ins Wachhauf zu bringen. Du kannft dann wegtreten."
"Heißt das, ich habe Feierabend?"
"Nein, daf heißt, du darfft dich wieder auf die Focken machen, um deinen Kollegen dabei zu helfen, das Schlamaffel wieder in Ordnung fu bekommen, daf ihr angerichtet habt."
"Jawohl Määm!"
Mit einem motivationslosen Salut begab sich Rekrut Okham wieder zurück an den Ort des Geschehens.
Unter den weggeworfenen Gegenständen befand sich glücklicherweise einer, welcher sich vielleicht für einen Fluchtplan eignen konnte. Ospian erinnerte sich, dass es Klatsch für Zauberer durchaus üblich war, sich mit Hilfe eines fliegenden Teppichs fortzubewegen. Auf diesem Müllberg befand sich allerdings kein Teppich, nur eine alte, löchrige Matratze, deren Federkern sich bereits gelöst hatte, wodurch einzelne metallene Spiralen heraussprangen. Dennoch war dies der einzige Ausweg aus der Situation. Und wenn er es geschafft hatte, mit Mistriffs Aviatischem Animator eine Unzahl an Flugblättern ihrer Bezeichnung alle Ehre zu machen, sollte sich dieser Zauber wohl auch dazu eignen, sich auf einer siffigen, löchrigen Matratze in die Lüfte zu schwingen. Benzino blickte sich hastig um. Niemand hatte es bisher geschafft, den Felsen am Eingang der Sackgasse zu überwinden. Er begann, eine magische Formel zu rezitieren und mit den Händen wutschende und wedelnde Bewegungen zu vollführen. Und tatsächlich: Die Matratze erhob sich langsam vom Müllberg und begann, in einer Höhe von ungefähr zwanzig Metern über dem Boden aus der Gasse zu schweben. Der Zauberer begann zu grinsen. Langsam machte ihm diese Sache wieder gehörigen Spaß. Hätte er vorher gedacht, dass es so einfach wäre, der Wache zu entkommen, dann...
"Ich verhafte Sie hiermit wegen Fliegen ohne Flugerlaubnis. Außerdem wegen dem Versuch, sich der Verhaftung durch Rekruten der Stadtwache zu entziehen. Und schließlich wegen dem Diebstahl einer alten, gammligen und löchrigen Matratze!"
Mit diesen Worten schloss sich der feste Griff einer Hand um den speckigen Oberarm des Thaumaturgen und eine kalte, metallische Spitze piekste ihn unsanft durch sämtliche Schichten seiner Robe hindurch in den nicht minder speckigen Rücken.
03.01.2014 12: 04Damian Okham
Professor Onverdweilich Mistriff, Magier der siebten Stufe, war eigentlich nicht sehr beeindruckt von seiner Entdeckung des Aviatischen Animators, der nach ihm benannt wurde. Er bezeichnete es immer als eine Spielerei. Viel stolzer war er auf Mistriffs Magischen Mirator, oder den bekannten Mistriffs Neurotischen Nabeljucker. Sie hatten nutzvolle Wirkungen, außerdem lagen ihnen magische Prinzipien zugrunde, die revolutionär waren. Niemand vor ihm war auf die Idee gekommen, einen Kratzzauber mithilfe des Prinzips der magischen Thermodynamik zusammen zu stellen
[7]. Der Aviatische Animator war lediglich die Anwendung des bekannten Animations-Prinzips mithilfe einer Feder, was zu einem spontanen Instinkt des Fliegens führt. Völlig simpel. Und nutzlos obendrein.
Leider saß Professor Mistriff seit einem magischen Unfall auf einer riesigen himmelblauen Zwetschge fest, die er ausgerechnet mit seinem Aviatischen Animator verzaubert hatte. Dann war sie mit ihm und ohne seine Adlerfedern, die er zum Aufheben des Zaubers gebraucht hätte, weggeflogen. Die Zwetschge war jetzt dazu geneigt, immer dorthin zu fliegen, wo ein anderer seinen Aviatischen Animator benutzte, sodass Professor Mistriff immer wieder daran erinnert wurde, wie nutzlos seine angeblich größte Errungenschaft war. Gleichzeitig flog sie nie so tief, dass er hätte abspringen können.
Warum noch keiner versucht hatte, ihn zu retten, war ihm schleierhaft. Er würde hier oben nicht verhungern, der Zwetschge sei Dank bestand auch keine Gefahr von Skorbut. Das mit dem Geschäft war etwas umständlich, und seine Höhenangst machte ihm noch immer etwas zu schaffen, denn er war ziemlich hoch unterwegs. Und aufgrund der seltenen Farbe der Zwetschge erkannte man ihn wohl weder bei Sonnenschein noch bei wolkenverhangenem Himmel. Der Regen war das Schlimmste. Man hatte ihn wahrscheinlich schon lange für tot gehalten, seinen Lehrstuhl neu vergeben und ihn vergessen. Das einzige, was von ihm noch am Boden geblieben war, war sein blöder Aviatischer Animator.
Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass irgendwann irgendwer seinen Zauberspruch in der Nähe eines hohen Gebäudes benutzte - ein Klackerturm, oder auf dem Haufen, oder in der Nähe des Kunstturms.
Jetzt beobachtete er, wie ein Zauberer Anstalten machte, auf eine schwebende Matratze zu steigen. Professor Mistriff freute sich, denn entweder würde er sich von ihm ein paar Federn leihen können, oder aber er hatte Gesellschaft, zum ersten Mal in drei Jahren. Seine Zwetschge war nicht sehr gesprächig.
Entsprechend groß war seine Enttäuschung als ein Wächter aus dem Nichts auftauchte und den anderen Zauberer mit vorgehaltenem Schwert am Start hinderte.
"Ich-e habe nichts-e gemacht-e." Unter Stress wurde Ospians Akzent immer deutlicher hörbar.
"Warum bist du dann weggelaufen, Herr?", fragte Theodor.
"Ich-e.... ein bisschen Sport treibe." Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, während er versuchte, sowohl dem Wächter in die Augen zu schauen und weiter die Schwertspitze im Auge zu behalten.
Gleichzeitig beobachtete er im Augenwinkel die Matratze, die sich langsam weiter in die Lüfte erhob. Wenn er jetzt schnell danach griff, könnte er noch mit ihr entkommen. Der Wächter würde ja nicht wegen eines Diebstahls mit einem Schwert nach seinen Beinen schlagen. Oder?
Ospian nahm seinen Mut zusammen und sprang zur Seite, griff nach dem Matratzenrand und spürte freudig, wie seine Finger die Kante des Liegeutensils umschlossen.
Gleichzeitig spürte er aber, wie etwas an seiner Robe zog, genau auf Taschenhöhe.
War er irgendwo hängengeblieben? Bestahl ihn gerade ein Dieb?, schoss es Ospian durch den Kopf. Dann machte es
Ratsch und seine Tasche riss auf. Die Federn, die sich darin befanden, segelten zu Boden, und Ospian wagte es nicht, nach ihnen zu greifen. Er fürchtete zu fallen.
Dann dachte er nach. Er brauchte die Federn, um wieder zu sinken. Der Zauberspruch würde ohne diese Federn wahrscheinlich nicht funktionieren. Dann erinnerte er sich an das tragische Schicksal von Mistriff, dem Entdecker des Zauberspruchs, der eines Tages spurlos verschwunden war, angeblich wegen seiner eigenen Entdeckung.
Dann sah er nach unten und bemerkte, wie weit sich der Boden schon von ihm entfernt hatte. Eine Person, die unten stand, schaute ihm ungläubig hinterher. Schnell zog er sich mit all seiner Kraft auf die Matratze.
"Hallo!", hörte er plötzlich eine fiepsige Stimme.
Jetzt werde ich auch noch verrückt!, dachte Ospian. Er drehte sich um und sah einen alten Mann mit einer zerschlissenen Robe und einem Drei-Jahres-Bart auf einer riesigen Zwetschge sitzen, die einfach so in der Luft hing. Der räusperte sich.
Eindeutig, dachte er.
Ich bin verrückt geworden.03.01.2014 22: 19Rogi Feinstich
Das Bergungskommando bestehend aus den beiden FROGs Braggasch Goldwart und Valdimier van Varwald, staunte nicht schlecht, als sie die Lage begutachteten. Die Rekrutin Eleanore Gahdolie versuchte die Situation so gut es ging zu erklären ohne dabei wirklich auf das Wie und Warum und vor allem das Weshalb einzugehen, doch am meisten schien sie darauf bedacht keinen schlechten Eindruck bei den freiwilligen Rettern zu hinterlassen.
"Na toll, die einzigen Trolle der Wache setzten sich gegenseitig außer Gefecht", sagte Valdimier missgelaunt, da er genau wusste, dass er mit seiner übermenschlichen Kraft hier vermutlich noch am ehesten etwas ausrichten konnte.
"Und äh was sollen wir da jetzt äh Unternehmen?"
"Bist du nicht hier, damit dir irgendwas schlaues Einfällt, Goldwart"
"Oh äh ja natürlich", sagte der Zwerg schnell und holte seinen Notizblock hervor. "Mit den entsprechenden Materialien und unter Berücksichtigung von Gewicht und..."
"Ähm, Sirs?", meldete sich die zurückgelassene Rekrutin schließlich zu Wort. "Ich glaub Opal kommt wieder zu sich."
"Du hast nicht zufällig ein Kartenspiel dabei oder vielleicht sogar ein Klonkbrett?", fragte der alte Zauberer und Ospian war völlig Sprachlos und starrte den älteren nur an. "Nicht?"
"Professor Onverdweilich Mistriff?", fragte der junge Zauberer perplex und bekam ein nicken als Antwort.
Ospian sah den Professor an, als hätte er einen Geist gesehen, wobei ihm ein Geist wesentlich lieber gewesen wäre, als diese absurde Situation. Bei Geistern wusste man zumindest, dass man sie sich nicht einbildete. Er wagte noch einmal einen kurzen Blick nach unten und anscheinend hatte der Zauber seine Maximalhöhe erreicht. Immerhin ein kleiner Hoffnungsschimmer, doch ohne Federn und Hilfe schien es keinen Rückweg zu geben, doch trotz dieser ausweglosen Situation drängte sich ihm eine Frage auf.
"Wieso-e eine Pflaume?"
"Zwetschge", korrigierte der Professor, "Der Unterschied liegt an der Ovalen Form. Pflaumen sind viel runder."
"Wieso?", fragte Ospian ein weiteres mal ohne auf das spezielle Obst einzugehen.
"Weil ich es kann", sagte der Alte schnippisch und verschränkte die Arme. "Nach all der Zeit , hatte ich wirklich bessere Gesellschaft erwartet."
Theodor starrte der Matratze immer noch hinterher und war erleichtert als der immer kleiner werdende Punkt oder vielmehr das Rechteck nicht noch kleiner wurde. Das seltsame Flugobjekt hatte also seine Endhöhe erreicht und er beeilte sich zurück zu seinen Kollegen zu kommen, um ihnen von der Flucht ihres Verdächtigen zu berichten. Er hoffte zumindest, dass die anderen noch da waren. Seine sorgen waren allerdings unbegründet, denn als er zurück kam waren Opal und jemand von FROG gerade dabei Thymian Erz wieder auf die Beine zu helfen. Eleanore war wie abgesprochen immer noch da, also war Damien noch nicht zurück vom Wachhaus. Das war endlich die Gelegenheit auf sich Aufmerksam zu machen, doch seine Kollegin hatte wieder diesen leeren Gesichtsausdruck, der davon zeugte, dass sie gerade nur körperlich anwesend war. Er sprach sie an keine Reaktion. Er wedelte mit einer Hand vor ihrem Gesicht nichts. Er stupste sie und Eleanore machte eine Handbewegung als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen. Schließlich schaute er auf die Federn in seiner Hand und wieder zu seiner Kollegin.
Eleanore sah wie so oft verträumt in die Luft und stellte sich vor wie sie in der grünen Uniform der FROGs aussehen würde. Der Gedanke gefiel ihr und die beiden FROGs hatten durch ihr auftreten ziemlich Eindruck gemacht.
[7a] Irgendetwas oder jemand versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Zumindest hatte sie den kurzen Eindruck, doch sie hing weiter ihren Gedanken nach und wie ihre Bewerbung bei FROG aussehen würde. Als ihr einfiel, dass der Kommandeur persönlich die Abteilung leitete biss sie sich kurz auf die Unterlippe. Etwas berührte sie und die Wächterin wedelte unterbewusst mit ihrer Hand, während sie angestrengt überlegte wie sie beim Chef Eindruck machen könnte, bis sie etwas in der Nase kitzelte.
"HATSCHIE!" Eleanore blinzelte und sah schließlich ihren Kollegen der aufgeregt nach oben zeigte. Sie folgte seinem Fingerzeig und sah einen rechteckigen Umriss am Himmel.
"Was'n das?"
Damian beobachtete das ganze, als er wieder um die Ecke kam und gesellte sich zu seinen Kollegen. Auch er sah schließlich nach oben und runzelte kurz die Stirn, als seine Nase ihm versuchte etwas mitzuteilen.
"Das ist aber eine merkwürdige Wolke", sagte er und hörte daraufhin ein Seufzen von Ted.
"Das ist unser Verdächtiger!", sagte dieser aufgeregt, "Der Zauberer ist mit einer Matratze geflohen."
Die Wächter sahen wieder nach oben und beobachteten den Fleck in der ferne, der eine Matratze sein sollte. Der balancierende Mönch überlegte wie er das ausgleichen könnte, doch er fürchtete, dass seine Gewichte dafür nicht ausreichen würden.
"Rekruten, störe ich bei irgend etwas", meldete sich jemand weiteres zu Wort und alle drei Rekruten salutieren gleichzeitig, als sie sich bewusst wurden, dass sie ein Vorgesetzter ansprach.
Valdimier zeigte nur mit dem Daumen hinter sich zu den beiden Trollen.
"Die zwei stehen wieder, also bringt sie am besten zurück zur Kröselstrasse", sagte der Vampir kühl. "Wir sind hier noch eine weile beschäftigt."
Die Rekruten salutierten ein weiteres mal, was Valdimier mit einem nicken quittierte. Der kleine Wächtertrupp machte sie schließlich auf den Rückweg, nicht ohne den ein oder anderen Blick gen Himmel.
"Das müssen wir wohl oder übel berichten", sagte Damian letztlich und verzog dabei keine Mine.
"Wer sagt das der Igorina?" Eleanore deutete dabei nach oben und ihr Tonfall sagte klar und deutlich: "Ich bestimmt nicht."
"Also ich habe ihr heute schon schlechte Nachrichten überbracht...", sagte Damian und verschränkte die Arme.
"Dann mache ich das wohl", sagte Theodor und die anderen zuckten kurz zusammen, bevor sie sich ihres Mitrekruten bewusst wurden.
Opal hatte immer noch Kopfschmerzen doch der Feldwebel war deutlich gewesen. Er sollte das Seil fest halten und das tat er auch. Er wusste nur nicht mehr warum. Er sollte auch daran ziehen und auch das hatte er getan als sie es befohlen hatte. Alles in allem war er ein guter Wächter, wenn nur sein Schädel nicht so brummen würde.
"Hey Opal, was machst du noch hier?", fragte ihn jemand und er schaute auf zu Theodor.
"Ich halten Seil fest. Feldwebel hat befohlen. Ich Seil festhalten."
"Aber das war vor über drei Stunden!"
"Ich Seil festhalten", sagte Opal, der genau wusste das der Feldwebel hier die befehle gab.
"Aber wir haben den Zauberer doch schon...du hast ihn samt Matratze runter geholt wie einen Ballon, nachdem die Igorina sie mit einer Armbrust abgeschossen hat."
"Ich habe an Seil gezogen", sagte der Troll langsam und Theodor nickte.
"Ja genau! Auftrag erledigt." Der Mensch grinste ihn an und Opal überlegte.
"Rekrut von Donnerkroll, folltest du nicht bei deinen Kollegen sein und den Ftall ausmisten?"
"Ja, Mä'äm, sofort Mä'äm", sagte Theodor und Opal sah ihm verwundert hinterher, als er davon eilte.
"Wie geht es deinem Kopf, Opal?", sprach ihn der Feldwebel direkt an.
"Ich Seil festhalten?"
Die Igorina schaute kurz nach Oben und nickte schließlich.
"Immer schön weiter machen, Rekrut", sagte sie und verschwand aus seinem Blickfeld.
Die Igorina beobachtete Ospian auf dem Stuhl ihr Gegenüber und trommelte mit den Fingern auf ihre Schreibtischplatte. Langsam musste sie wohl eine Akte für den Zauberer anlegen. Immer wieder spielte er der Wache Streiche und schien dabei seinen Spaß zu haben, doch es reichte nie für eine ernsthafte Verhaftung.
[9] Sie hielt ihn immer nur für ein Verhör fest und das auch nur in der Hoffnung, dass die Streiche auch mal ein Ende haben würden.
"Diefef mal bist du etwaf über das Ziel hinauf geschossen, Ofpian", sagte die Igorina schließlich und der Zaubere verzog wie immer die Mundwinkel, wenn sie seinen Namen lispelte.
Der junge Mann zuckte nur mit den Schultern, wie eigentlich jedes mal, wenn man ihn wieder erwischt hatte.
"Nur damit ich das richtig verstehe", sagte Rogi und sah dabei kurz auf ihre Notizen. "Der Professor ist von feiner
Zwetschge zu dir auf die Matratze gesprungen, alf er gesehen hat, daff du wieder an Höhe verlierst?"
"Hab-e ich doch-e schon gesagt-e!", sagte Ospian nervös und aufgebracht zugleich. "Frag ihn doch selbst."
Rogi lehnte sich zurück und dachte kurz an den alten Mann der sich zwar höflich vorgestellt hatte, jedoch so schnell er die Möglichkeit hatte, Richtung UU verschwand und etwas von einer richtigen Mahlzeit faselte, wobei alle Anwesenden der Meinung waren, dass der Professor erst in den nächsten Zuber springen sollte.
"Wie-e lange soll ich noch-e hier bleiben?"
"Da du Professor Onverdweilich Mistriff
gefunden hast und ich mir defwegen nicht den Papierkram mit der UU antue, bift du gleich entlassen", sagte Rogi etwas genervt von der nörgelnden Art des jungen Zauberers."Doch eine Fache noch, bevor du gehen kannst", sagte Rogi und stand auf.
Die Igorina sah aus dem Fenster ihres Büros und betrachtete den Troll, der noch immer das Seil festhielt und dabei nicht bemerkte, dass über ihm eine Matratze daran zerrte.
"Was-e noch?", fragte Ospian genervt.
"Nimm den Zauber von der Matratze zurück, bevor sie fich selbstständig macht."
"Man müsste meinen, dass die Zauberer ihre Studenten besser im griff haben", sagte der Kommandeur und lehnte sich nach Rogis Bericht zurück. "Hat die Aktion wenigstens etwas gebracht?"
"Nun zumindest haben wir Aufmerkfamkeit erregt", sagte die Igorina langsam.
Araghast Breguyar runzelte kurz die Stirn und sah Rogi fragend an.
"Wir haben viele Beschwerden über die Flugblätter, die fich einen Weg in die Häuser gebahnt haben", sagte die Igorina und seufzte leise. "Und natürlich ift Frau Willichnicht in der erften Reihe."
"Nun ich habe mal gehört, dass auch schlechte Reklame immer gute Reklame ist", sagte Breguyar und lächelte dabei.
"Nun dann war ef ein voller Erfolg, För!"
02.07.2014 0: 44
[1] Bei Igors durfte man dies durchaus wörtlich nehmen.
[2] Auch wenn Eleanore kurze Beine hat, spricht das nicht dagegen, dass sie nicht schnell laufen kann. Der Anblick erinnert jedoch an ein Quadrat, das sich versucht fortzubewegen, indem es von einer Ecke auf die andere Ecke kippt und dabei die eine sich in der Luft befindliche Ecke nach vorne bewegt.
[3] Später hatte Damian herausgefunden, dass es Assassinen waren.
[4] Da Eleanore aber keinerlei Windzug feststellen konnte, musste es sich wohl um den warmen stinkenden Dunst des Viehmarkts handeln
[5] Es war sehr aufwändig gewesen, die Bewohner des Hauses zu überzeugen, ihn auf das Dach zu lassen. Aber der narrative Imperativ verlangte von ihm, in einer erhöhten Position das Geschehen zu beobachten.
[6] War da nicht auch jemand gewesen, der ihn verhaften wollte? Benzino wunderte sich, dass ihn sein Gedächtnis hierbei so sehr im Stich ließ, obwohl es gerade erst einige Sekunden her zu sein schien
[7] Diese Arbeit war ein bisschen wie Alchemie gewesen. Entsprechend angesengt waren damals seine Bauchhaare.
[7a] Was bei Eleanores Gemüt auch nicht sonderlich schwer war.
[9] Abgesehen davon wollte niemand einen Zauberer im Zellentrakt.
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