Schlafende Häuser soll man nicht wecken

Bisher hat einer bewertet.Du hast schon bewertet!

vollendet am 05.09.2010


Laiza Harmonie

Irgendwie beschlich Korporal Magane, das seltsame Gefühl, dass irgendetwas an diesem Morgen nicht mit rechten Dingen zu ging.
Ein wenig zu spät und total außer Atem, weil der kleine Tom heute einen seiner quengeligen Tage hatte kam Magane ins Wachhaus, als Frau Willichnicht - scheinbar höchst zufrieden mit ihrer Gesamtsituation - gerade den Tresen verließ. Die wachhabenden Rekruten schienen geschafft aber stolz zu sein, dass sie diese Hürde des Tages überstanden hatten. Der Eine stieß den Anderen an und deutete auf den hereinkommenden Korporal, worauf dieser nickte und eine Papierrolle irgendwo vom Tresen hervorzauberte.
"Korporal Magane?"
"Ja?", antwortete sie leicht gereizt und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.
"Sie sollen sofort ins Büro von Oberfeldwebel Harmonie kommen."
"Hat sie schon wieder schlechte Laune?"
Die zwei Rekruten wechselten einen Blick und einer von ihnen antwortete: "Nein, sie wirkte sogar recht gut gelaunt."

Magane stieg hinauf in den ersten Stock und blieb einen Augenblick vor Raum 109 stehen, der der Abteilungsleitung von SuSi zugesprochen war. Aus dem Inneren drang ein halbmelodisches Gepfeife, das Maganes seltsames Gefühl unterstrich. Sie klopfte und betrat nach einem freudigen Herein das Eckbüro.
Laiza saß hinter ihrem Schreibtisch, auf dem ein weißer Kater saß und sich kraulen ließ. Zwei Öllampen unterstützten dass aufkommende Tageslicht dabei, den Raum zu erhellen.
"Setz dich, Magane, wie geht's dir?"
"Och ... dass kommt ganz drauf an, weshalb du so eine gute Laune hast. Die ganzen letzten Wochen musste ich mir anhören, dass bei SuSi alles verkehrt läuft", die Stellvertreterin setzte sich auf einen der beiden Besucherstühle. Sampo, der Kater erhob und streckte sich, um sich weitere Streicheleinheiten bei Magane abzuholen. "Was ist aus 'Keine Kommunikation zwischen den Spezialisierungen' und 'So kann die Arbeit nicht gut gemacht werden, das ist ein zusammenhängender Kreislauf'. Hat sich das etwa übers Wochenende plötzlich geändert?"
"Nein", lächelte Laiza gut gelaunt und wurde skeptisch von ihrer Stellvertreterin beäugt, "Aber ich glaube, wir können das Problem lösen. Außerdem steht der Frühling vor der Tür, die Vögel zwitschern einen wach und die Stadt erblüht."
Ein unappetitliches Bild des Ankhs in Grün schoss Magane durch den Kopf und sie schmatze angewidert.
"Und wie stellst du dir das vor? Schicken wir alle auf ein Seminar über Kommunikation und Teamwork und bepflanzen in der Zwischenzeit die Fensterkübel neu?"
Laiza drehte sich zum Fenster um: "Wir haben doch gar keine Fensterkübel ..."
"Ja ... ich weiß ..."
"Nein, die Kosten für solche ein Seminar würde die Wacheleitung nicht übernehmen. Wir lassen sie einfach zusammen arbeiten."
Die Tatortwächterin stutze: "Aber ich dachte, genau das ist das was nicht klappt?"
"Ja, und deshalb wird der nächste Fall im Team gelöst. "
"Aber ... Die Tatortwächter sammeln die Beweise und werten sie gegebenenfalls zusammen mit dem Labor aus, das Labor arbeitet mit den Pathologen zusammen, die Berichte landen letztendlich bei dir und der zuständigen Abteilung. Das ist ein Hand-in-Hand-Arbeiten."
"Und nun sollen alle gemeinsam die Tätigkeiten übernehmen, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen könnte allen aufzeigen, wo es letztendlich bei der Kommunikation und Kooperation hapert. Dadurch könnte der interne Ablauf reibungsloser, schneller und effektiver von statten gehen. Außerdem haben wir einen Fall bekommen, in den wir unsere Nase ganz alleine Stecken dürfen, von Bregs abgesegnet."
"Dir ist langweilig als Abteilungsleiterin, oder? Dir fehlen die Ritualmorde, dass studieren staubiger, brutaler Bücher und das herum gerenne mit Räucherstäbchen, hab ich recht?"
Ein böser Blick funkelte aus Laizas blauen Augen hervor und sie zog trotzig ihr Mieder zurecht, als sie aufstand.
"Ich geh mir jetzt einen Tee in der stinkigen Kantine holen, sorg du dafür, dass in spätestens 15 Minuten alle anwesenden und freien SuSi - Mitglieder im Aufenthaltsraum versammelt sind."

Charlie Holm, Avalania von Gilgory, Huitztli Pochtli und Pismire saßen an den Tischen des Aufenthaltsraumes im ersten Stock, lasen Zeitung, schleiften ihre Äxte oder stopften ihre Pfeife.
Magane blickte Gedanken versunken aus dem Fenster hinaus auf den Hinterhof der Wache.
Laiza schloss die Tür hinter sich und stellte ihre Tasse mit dampfendem Kräutertee auf einen der Tische.
"Schön dass ihr alle gekommen seid", die Begeisterung in den Gesichtern ihrer Abteilungsmitglieder ließ auf sich warten. Sie trat an die eine des Raumes heran, der an den Aufenthaltsraum von RUM angrenzte, zog eine Ikonografie auf der Gürteltasche und pinnte es an die überladene Korkwand, die dort hing. Magane entfernte sich vom Fenster, um einen Blick auf die Ikonografie zu werfen. Es zeigte ein altes Haus, dass schon vor einigen Jahrzehnten seine gute Zeit gehabt hatte. Es besaß zwei kleine Türmchen, die schief und zerfallen aussahen. Die Fenster und die Eingangstür, waren notdürftig mit einigen Brettern vernagelt, Dachschindeln fehlten und die Regenrinne war schon vor langer Zeit Plünderern zum Opfer gefallen. Der Korporal war der Meinung, dass nur noch ein Schar Krähen auf der Ikonographie fehlten, um das Bild abzurunden.
"Wo steht denn diese Bruchbude?"
"Direkt hinter den Stadtmauern, nahe des Hinkenden Tors. Man nennt es die Spukvilla", Laiza kicherte, "totaler Quatsch wenn ihr mich fragt, alles alte Erzählungen."
"Welche Relevanz hat dieses baufällige Gebäude mit unserem Treffen?" fragte Korporal Holm nach und zog an seiner Pfeife.
"Ava, könntest du mal bitte das Fenster öffnen, dieser Pfeifentabak ist echt eine Qual!"
Charlie ließ sich von diesem Kommentar seiner Abteilungsleiterin nicht beeindrucken.
"Vorgestern kam die Meldung herein, eine Anwohnerin hätte in der Nacht Lichtschein im Haus gesehen und durch eins der halb verbarrikadierten Fenster gesehen wie eine Person eine andere erstochen hat."
"Und Seals ist dem auf die Spur gegangen und hat nun einen Tatort gefunden, den ... drei Gerichtsmediziner ... und zwei Tatortwächter unter die Lupe nehmen sollen?" brachte es Pismire scheinbar auf den Punkt.
"Nein, Seals fühlt sich nicht zuständig, Meldungen wie diese kommen häufiger und die verfügbaren Kräfte werden lieber innerhalb der Stadtmauern eingesetzt ..." meinte Laiza und fügte knatschig hinzu: "Oder man könnte auch sagen, sie genießen den Frühling ..."
"Aber wir sollen uns drum kümmern?" fragte Huitztli und schüttelte den Kopf.
"Ja, der Chef gibt uns freie Fahrt, ein Fall nur für SuSi, solange nichts Weltbewegendes auf unseren Tischen landen. Sollte dies geschehen, werde ich euch auf jeden Fall eine Taube schicken."
"Gibt es eine Gefahrenzulage?" fragte Magane, "schau dir das Ding an, wenn du davor stehst und mit den Augen klimperst fällts ja um."
"Keine Gefahrenzulage. Fredericke steht euch mit Karren zur Verfügung und Mamsell Piepenstengel hat einen Eimer Karotten für euch. Ach die gute Dame, die das ganze gemeldet hat heißt übrigens Gertrude Grün, erschreckt sie nicht, sie ist wohl schon etwas älter. Die Adresse ist Fuchsjauchegässchen 12, die Spukvilla hat die Hausnummer 16."
Laiza lächelte: "Noch irgendwelche Fragen?"

08.04.2010 14: 06

Pismire

Kurze Zeit später war der klapprige Karren der Abteilung mit abgeordneten den Wächtern besetzt und Fredericke setzte sich - wohlweislich mit ein, zwei Möhren bestochen - langsam in Marsch.

Die Stimmung auf dem Abteilungsgefährt war - nun, am besten lässt sie sich ein wenig mit kicherig-aufgeregt umschreiben; ein wenig so, wie die Stimmung einer Gruppe von Leuten ist, die zu lange miteinander in einem Gebäude im Winter eingesperrt war und nun zusammen auf einen Ausflug geschickt wird, von dem sie nicht weiß, wie er enden wird.

Die Steuerung des mageren Pferdes war der stellvertrettenden Abteilungsleiterin überlassen worden.
Die Zwergin hatte neben Magane Platz genommen und zusammen überlegten die beiden nun, ob der kürzere Weg über die Vertragsbrücke oder der längere Weg über die Messingbrücke die klügere Alternative sei, wenn man das Verkehrsaufkommen und die Karrendichte am Vormittag betrachtete, und hinten im Karren dozierte Charlie Holm ein wenig über das angebliche Spukhaus, das den diversen Zeitungen Ankh-Morporks bereits manch Zeile gefüllt hatte. Huitzli hatte sich auf der hinteren Kante des Karrens wie auf eine Dachkante niedergelassen und Pismire döste ungeniert auf dem Karrenboden, das Gesicht den spärlichen Sonnenstrahlen hingehalten, nur wenig auf den Redefluss von Charlie Hol achtend.
Es habe, so der Spurensicherer, früher einmal einer Familie namens Hüppunter gehört, die in der Kickelburstraße - eben jener, in die sie gerade zum Hinkenden Tor hinaus einbogen - einen gut gehenden Laden für Hühnerfutter und Kohlsamen gehabt hatte und sich - allerdings sei das eine ganze Reihe von Jahren her - vom Gewinn eine schöne Villa vor den Toren der Stadt gebaut hatte. Der letzte direkte Erbe sei dann irgendwann vor fünfzig Jahren gestorben, und die mögliche Erbfolge zwischen diversen Vettern, Vettersvettern und Schwippschwägersbrüdern habe eine Reihen von Anwälten reich und die Erben ihrerseits arm gemacht. So sei das Gebäude immer mehr verfallen und stünde nun seit einer ganzen Reihe von Jahren leer. In den letzten fünf, sechs Jahren habe es immer mal Meldungen gegeben, dass es in dem Gebäude spuken ...
"Und die Okkultismusexpertin hockt warm und trocken im Büro!", murmelte Pismire sich unhörbar in den Bart.
... und geisterhaft rumoren solle. Allerdings habe noch niemand eine Ursache für den Spuk ergründen könne - auch wenn irgendeine Zeitung ihr Sommerloch mit Expertenmeinungen und Leserumfrage zum Thema gefüllt hatte, viellecuht könne es sich lohnen, dort einmal nachzufragen.
"Und was ist mit dieser Frau Grün?", fragte Huitzli. "Ich hoffe, das ist nicht so etwas wie Frau Willichnicht!"
"Und wenn schon", murmelte Pismire. "Ist immer noch besser als den Keller schrubben oder Akten ablegen."

10.04.2010 11: 16

Charlie Holm

Der Karren brauchte eine gute halbe Stunde, bis das Fuchsjauchegässchen erreicht war. Sie lag in einer hügeligen Gegend, in der von der nahe liegenden Stadt kaum etwas zu sehen war. Beinahe fühlte man sich wie in einem kleinen Dorf in der Sto-Ebene, wenn nur nicht der von drehwärts kommende Ankh-Geruch gewesen wäre, der dafür sorge, dass das Sträßchen seinem Namen - oder zumindest dem zweiten Bestandteil seines Namens - alle Ehre machte.
Die sogenannte Spukvilla sah, zumindest am hellen Vormittag, ganz und gar nicht verflucht aus. Dem Aussehen nach hätten sich selbst Geister nur mit einem Schutzhelm hineingewagt.
Magane parkte den Karren am Wegesrand, und die Wächter stiegen ab.
"Wie wäre es, wenn Huitztli vorangeht?", schlug Charlie vor. "Dem macht es nicht so viel aus, wenn ihm eine oder zwei Etagen auf den Kopf fallen..." Der Wasserspeier warf ihm einen nicht sehr freundlichen Blick zu.
Avalania war inzwischen durch den von Unkraut überwucherten Garten zur Eingangstür gegangen. "Die ist verriegelt und verrammelt", kommentierte sie mit Blick auf die dicken Holzbretter. "Wenn ihr jemand jemand anderen umgebracht hat, dann sind sie nicht hier rein gekommen."
"Dann sollten wir vielleicht mal schauen, ob es einen anderen Eingang gibt?", schlug Magane vor. "Und irgend jemand - Charlie, was machst du denn da?"
Charlie richtete sich wieder auf. Er hatte sein Vergrößerungsglas gezogen und den Boden inspiziert. "Ich habe nach Fußabdrücken geschaut. Aber nach dem Regen gestern ist hier sicher nichts mehr. Wieso haben die überhaupt zwei Tage gewartet, bevor sie jemanden vorbei schicken? Gerade Laiza weiß doch, wie wichtig eine frühzeitige Spurensicherung ist. Nach zwei Tagen lässt sich doch kaum noch etwas feststellen.
"Nicht unbedingt", wandte Pismire ein. "Der Verwesungsgrad, und besonders die Anzahl von Fliegenlarven in den..."
"Äh... warten wir damit doch, bis wir wirklich Leichen finden, ja?", unterbrach Magane. "Vielleicht war das ja alles falscher Alarm, und wir sind in einer Stunde schon wieder im Wachhaus. Also, wo waren wir? Genau - mögliche Eingänge suchen. Und vielleicht kann jemand schnell bei der Nachbarin, dieser Frau Grün, vorbei schauen und sie her bringen. Ich denke, vor Ort kann sie uns besser erzählen, was genau sie durch welches Fenster gesehen hat."

12.04.2010 21: 30

Huitztli Pochtli

Die Gruppe druckste herum und sah sich gegenseitig an. Im Geiste wurden imaginäre Strohhalme gezogen. Magane deutete schließlich mit dem Zeigefinger auf die Gefreite von Gilgory und seufzte.
"Nun gut. Fühlen wir mal dieser Frau Grün auf den Zahn. Wer weiß, ob sie sich nicht einfach nur wichtig machen wollte."
"Am Ende ist sie mit Frau Willichnicht verwandt...", murmelte Pismire halblaut. Ava underdrückte ein Kichern.
"Ihr anderen sucht nun endlich nach einem Eingang."
Der Korporal und die Gefreite stapften in Richtung Haus Nr. 12 davon.
Charlie Holm hatte sich durch den zugewachsenen Garten gekämpft und die Rückseite des Anwesens erreicht. Hauptgefreiter Pochtli folgte ihm dich auf.
Auf der Rückseite stieg der Boden an und grenzte an eine große Terrasse. Auch hier hatte die Natur ihr Revier zurück erobert. Gräser und anderes Unkraut wucherte zwischen den Bodenplatten und hatte viele von ihnen nach oben gedrückt. Von der ehemaligen Terassentür war nicht mehr viel übrig. Ein paar morsche Holzreste waren das Einzige, was vom Türrahmen noch geblieben war.
"Ich vermute mal, das man das als Eingang bezeichnen könnte.", sinnierte Charlie und klopfte sich mit seinem Vergrößerungsglas ans Kinn.
Huitztli überquerte die Terrasse und lugte ins Innere des Hauses. Fahles Licht drang in schmalen Fingern durch die Bretter vernagelten Fenster. Der Wasserspeier kniff die Augen zusammen und tastete sich vorsichtig weiter in den verfallenen Salon vor. Wenn einst Tapeten die Wände geziert haben mochten, waren sie längst verrottet.
Pismire gesellte sich zu Charlie, der auf der Terrasse stehen geblieben war.
"Und?"
Huitztli, ganz in seinen Betrachtungen versunken, drehte sich erschrocken um.
Dann gab der Boden unter ihm nach und gute 200kg schwarzen Marmors suchten sich ihren Weg in die untere Etage.
Eine ungeheure Staubwolke stieg auf und hüllte die Wächter ein.
"Was Interessantes gefunden?", rief ihm Pismire nach.
Huitztlis Stimme klang merklich gedämpft zu ihnen herauf.
"Ja, zwei Sachen: Ich habe den Keller gefunden, und... hier unten wohnt anscheinend jemand."

27.04.2010 20: 43

Avalania von Gilgory

Währenddessen waren Magane und Ava unterwegs zu dieser ominösen Nachbarin namens Frau Grün. Sie gingen entlang eines Trampelpfad der von beiden Seien versucht wurde von Gräsern und Unkraut verdeckt zu werden.
Magane ging voran und bahnte sich unermüdlich einen Weg entlang des Weges. Die Zwergin trottete gelangweilt hinter her. Am liebsten wäre sie bei den anderen geblieben, um einen Eingang zu finden, Türen einzutreten durch das Haus zuschleichen, um dann schließlich den Täter zu fassen oder wenigstens eine Leiche zufinden, die man untersuchen konnte. Alles ist besser als Zeugenbefragung, dachte sich Ava. Zumal in ihrer Rekrutenzeit so eine Befragung schief ging und ihr wurde seitdem Verboten ihre Axt im Dienst mitzunehmen. Schließlich rang sie sich zu einem Versuch durch, fragen kostete schließlich nichts.
"Mä'am, ich bin für eine Zeugenbefragung nicht ausgebildet, sollte da nicht eher ein Tatortwächter mit? Ich bin Gerichtsmediziner und in meinem Gebiet sind die Leute meistens totenstill und nur die Beweise reden Bände. Es ist wohl besser ich gehe zur..."
Magane drehte sich zu der Gefreiten um, "Nein das wirst du nicht." Antwortete sie schroff, "denn es schadet dir nichts, mal zusehen was deine Kollegen aus anderen Spezialisierungen so zu tun haben. Und jetzt will ich kein Ton mehr davon hören."
Sie kämpfte sich weiter den Weg entlang und die Zwergin folgte stumm und schlecht gelaunt. So einen Anpfiff hatte sie zu letzte in ihrer Ausbildung zur Gerichtsmedizinerin von Jack bekommen und das ist verdammt lang her. Unbewusst kratzte sie an ein scheinbar schwarzes Kästchen an ihrem Gürtel.
Endlich wurde der Pfad breiter und mündete in einer Straße, als sie diese erreichten kam ein mehr oder weniger Grasgrünes Haus zum Vorschein, das einen kleinen Vorgarten besaß, der mit einem verrosteten kleinen Zaun begrenzt wurde. Auf dem ersten Blick wirkte das Haus nicht gerade stabil, an einigen Stellen blätterte die Farbe von der Hauswand und es fehlten einige Ziegel auf dem Dach. Dafür war das Beet im Vorgarten ordentlich angesetzt und bepflanzt worden, denn dort blühten viele verschieden farbige Blumen die beim genaueren Betrachten eine 12 bildeten.

28.04.2010 12: 12

Charlie Holm

"Da unten wohnt jemand?", fragte Charlie herunter. "Wie meinst du das? Ist hier jemand?"
"Nein", kam Huitztlis Stimme von unten, "aber hier ist alles sauber. Und komplett eingerichtet. Küche, Bett, Abort... alles, was man zum Leben braucht."
"Charlie sah zu Pismire und dann wieder nach unten. "Gibt es einen Weg nach oben?"
Schlurfende Schritte waren zu hören, dann: "Nein, aber hier ist eine Tür, die wohl auf den Flur führt. Sie ist abgeschlossen."
Charlie betrachtete skeptisch das Loch. Um den Wasserspeier da raus zu bekommen, würde eine Leiter niemals ausreichen. "Dann schau dich doch mal nach Spuren um, wo du jetzt schon da unten bist. Und dann hoffen wir mal, dass du die Tür irgendwie aufkriegst... Pismire und ich gehen nach oben und schauen uns die Räume an, die Fenster zur Straße haben. Wenn hier etwas passiert es, muss es ja da irgendwo gewesen sein."
Gemeinsam mit seinem Kollegen umrundete er vorsichtig das Loch und machte sich auf die Suche nach der Treppe.

03.05.2010 20: 04

Pismire

"Sichere die Spuren, finde eine Tür, komm dann nach - bin ich denn hier das Mädchen für alles?", grummelte der Wasserspeier grantig in sich hinein. Ein wenig mehr Mitgefühl für einen so tief Gefallenen hatte er schon erwartet.
"Klar, die weichen Herren da oben picken sich die Rosinen aus dem Kuchen und du arme Kreatur darfst dir hier alleine eine Lösung für die Probleme ausdenken!" Huitzli nickte bestätigend, als er die Worte hörte. Und dann zuckte er zusammen, als ihm klar wurde, dass das nicht seine Gedanken gewesen waren: "Ist da jemand?"
Eine Tür öffnete sich knarrend.
"Nein", korrigierte er sich automatisch, "das ist deine Vermutung, eine bloße Schlussfolgerung, nicht mehr. Und keine exakte Beobachtung."
Dennoch - irgendwo in seinem Rücken knarrte etwas.
"Aber da war doch keine Tür gewesen, oder?", durchfuhr es den Gerichtsmediziner, von dem ein Teil sich immer noch hartnäckig an dem Konzept der sich öffnenden Tür festhielt.
"Erst einmal die Hände hoch", kommandierte jemand hinter ihm. "Und dann dreh dich ganz langsam und geräuschlos um."
"Warum geräuschlos? Und was passiert, wenn ich das nicht mache?" Mit diesen Worten drehte sich Huitzli geräuschlos aber schnell um und blickte in das Gesicht eines winzigen Wasserspeiers, der die Schranktür des Unterschranks der Spüle geöffnet hatte und nun mit einer Art Armbrust von unten auf ihn zielte.
"Ach man, du bist nicht sehr kooperativ, weißt du?"
"Schön, und für was hältst du dich dann?"
"Ich bin der gute Geist des Hauses. Sozusagen."
"Soso. Der gute Geist. Na, dann kannst du mir doch sicher mehr über dieses Haus erzählen - oder?"
"Könnte ich, Aber: warum sollte ich?"
"Na super"", dachte Huitzli. "Was fange ich denn bloß mit diesem Irren da an .... Sehe ich etwas aus, wie ein Püschologe?"

06.05.2010 22: 01

Huitztli Pochtli

Magane betrachtete den Garten eingehend und sah sich dann nach den Gärten der übrigen Häuser um. Der Garten von Haus Nr. 12 stach aus seinem Umfeld heraus, wie eine Sonnenblume aus einem Feld mit roten Mohnblüten. Und zwar ziemlich hässlichen Mohnblüten.
Die Sorgfalt, die dem Garten wiederfuhr, schien dem Haus indes völlig abzugehen. Bei näherem Hinsehen zeigten sich Risse im Mauerwerk und auch die gedrechselten Holzbalken, die die Veranda des ersten Stocks trugen, schienen ihre besten Zeiten bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert hinter sich gehabt zu haben.
Ava seufzte. Eingedenk ihrer letzten Erfahrung in einem Verhör, streckte sie nur zögerlich die Hand in Richtung des Türklopfers aus.
"Nur Mut, Gefreite. Es mag unangenehm bis peinlich sein, Fehler zu machen. Schlimmer wäre es nur, nicht aus ihnen zu lernen."
Die Gefreite straffte die Schultern und langte behertzt nach dem Türklopfer. Sie ließ dreimal den Schlägel gegen das alte marode Eichenholz der Tür schlagen. Staub rieselte von der Decke und links von der Tür löste sich ein Putzfladen von der Wand. Ava blickte nervös zu Magane, die erstarrt hinter ihr stand und dann auf ihre Hand. Sie hielt den Türklopfer darin. Das Haus ächzte und stöhnte.
"Vielleicht sollten wir ein paar Schritte zurück treten.", schlug Ava vor.
"Eine gute Idee.", pflichtete ihr Magane bei und beide zogen sich langsam rückwärts gehend einige Meter vom Haus zurück.
Magane stieß dabei gegen einen Findling, der als Dekoration am Fußweg zwischen Gartentor und Haus stand. Sie drehte sich um und blickte unvermittelt in das Gesicht einer alten Dame in einer Kittelschürze. Ihre Hände steckten in ledernen Stulpenhandschuhen. Ava prallte gegen Magane.
"Die Wache, nehme ich an.", bemerkte die Frau trocken.
"Frau Grün?", fragte Magane.
"So ist es. Gertrude Gabriele Griselda Granissima Grün, geborene Grasmück. Wieso haben sie an die Tür geklopft?"
"Nun..., zögerte Magane, "Wir sind hierher gekommen, weil sie der Wache einen Mord gemeldet haben."
"Das weiß ich selber. Wieso aber haben sie an die Tür geklopft? Können sie nicht lesen?"
Magane und Ava waren nun vollends verwirrt und starrten auf das Haus. Magane bemerkte ein nicht gerade großes Schild, welches rechts der Tür angebracht war.
Die Gefreite scharrfte nervös mit ihren Sandalen, "Ich dachte, das sei ein Namensschild..."
"Ach ja? Und wer wohnt hier? Familie BAUFÄLLIG?", äzte die Alte.

Huitztli sah sich um. Den Raum gemütlich zu nennen, war zwar zuviel der Ehre, aber er holte deutlich mehr aus der Umgebung raus, als man in dieser Ruine vermutet hätte. Er betrachtete das Bett und musterte dann den Wasserspeier. Es war eindeutig viel zu groß für ihn. Die Regalbretter an den Wänden waren roh gezimmert und verliehen dem Interieur einen rustikalen Charme. Nur wenige Gegenstände lagen darauf. Einige Weckgläser mit undefinierbarem Inhalt, ein Brot, ein paar Teller und Tassen und ein paar Bücher. An einer Wandseite stand ein viereckiger Tisch mit zwei Stühlen.
"Du wohnst hier offensichtlich nicht allein.", stellte der Wasserspeier fest.

11.05.2010 7: 47

Magane

"Wie kommst du denn darauf?" antwortete der Kleine frech.
Anstelle einer Antwort deutete Huitztli nur mit einer ausladenden Geste auf die Einrichtung, die Nahrungsmittel und allgemein den ganzen Raum. Dabei beließ er es, wo doch die Frage eh wahrscheinlich sakastisch und rhetorisch zugleich gewesen war.

Im Erdgeschoss waren die Wächter inzwischen zwar weiter in das staubige Dunkel vorgedrungen, hatten aber noch nichts Erhellendes gefunden. Das Zimmer war nicht besonders groß, es wurde zwar von Tieren bewohnt - von der Decke hingen riesige Spinnkörbe, deren Bewohner Schwalben von der hervorragenden Lage und den tollen Zukunftsaussichten überzeugt hatten, während sich in bodennähe das gleiche mit Bodenbewohnern abgespielt hatte - aber im großen und ganzen traf hier die Beschreibung "unbewohnt" zu. Wenn sie hier mit der Spurensicherung anfangen würden, wären sie erst halb durch den Raum bevor das Material am Ende wäre. Daher beschlossen sie weiter zu gehen, in der Hoffnung andere Spuren zu finden als Staub, Blätter und Tierdreck. Gegenüber der Verandatür war eine weitere Tür, um einiges weniger ramponiert, aber ebenfalls nicht mehr zu gebrauchen, hoffentlich hielt der Rahmen.

"Nun, Frau Grün, wir waren selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie in dem Haus Fuchsjauchegässchen Nr 12 wohnen. Aber jetzt sehe ich natürlich, dass sie den Garten meinten... wo genau wohnen sie?"
Magane war sich zwar bewusst, dass diese Antwort nicht halb so schlagfertig war, wie sie hätte sein sollen, aber immerhin hatte sie sich gefangen, Zeugenbefragungen waren nie ihre Stärke gewesen. Auch ein Grund sich mit Orten zu beschäftigen statt mit Leuten, nur mies, dass sie hier die Einzige mit etwas mehr Erfahrung im Klinkenputzen war.

14.05.2010 23: 08

Charlie Holm

Durch die Reste der Tür hindurch kletterten Charlie und Pismire in einen Korridor, der den Eingang mit einigen offensichtlich leeren Zimmern sowie einer Treppe nach oben verband. Charlie machte eine Geste und deutete auf den Boden. "Siehst du das?"
"Fußspuren", bestätigte Pismire. "Und zwar anscheinend menschliche."
Während Charlie sich bückte, um eine Skizze der im Staub gut sichtbaren Fußabdrücke anzufertigen, schritt sein Kollege vorsichtig die ersten Stufen der Treppe hinauf, die bedrohlich unter seinen Füßen knarrten. "Wenn ich mir die Außenansicht des Hauses richtig gemerkt habe, gibt es drei Fenster, von denen aus die Nachbarin einen Mord hätte sehen können. Kommst du, Korporal?"
"Sofort!" Charlie beendete die Skizze und folgte dem Oberleutnant dann die Stufen nach oben, zwischendurch immer wieder einen Blick auf die Staubschicht werfend. An einigen weiteren Stellen waren unterwegs die gleichen Fußspuren zu sehen. "Hoch und runter - aber immer die gleichen Schuhe", murmelte er. "Entweder war es nur ein Mann, der hier ständig lang gegangen ist, oder mehrere, die die gleichen Stiefel trugen..."
Oben angekommen sahen sie auf einen Flur, der durch Ritzen im Gebälk mit vielen kreuz und quer verlaufenden Lichtstrahlen erhellt wurde. Hier lag weniger Staub, es waren keine klaren Fußabdrücke mehr zu erkennen.
Pismire deutete auf eine Tür. "Es sieht so aus, als ob alle in Frage kommenden Fenster zum gleichen Raum gehören. Schauen wir doch mal nach... bereit?"
Auf Charlies nicken hin stieß er die Tür auf.
"Oh Götter!", entfuhr es dem Korporal.


24.05.2010 19: 17

Huitztli Pochtli

Den hinter der Tür verborgenen Raum, als Zimmer zu bezeichnen, war in etwa so zutreffend, wie die Anlagen der Unsichtbaren Universität als Schule zu bezeichnen. Es war geradezu riesig und eher der Kategorie Ballsaal zuzuordnen. Charlie und Pismire starrten auf die unerwartete Einrichtung des Raumes. Ein übermannsgroßer Spiegel stand inmitten des Raumes flankiert von mehreren Kleiderpuppen, die zum Teil angezogen und zum Teil nackt waren. Mehrere Tische überfrachtet mit Stoffballen, Nähzeug, Scheren und Messern, sowie weiterem undefinierbaren Material standen entlang der Wände. In der linken Ecke an der Außenwand des Saales lehnte ein Waffenständer mit verschiedenen Fechtwaffen. Die Tapiserien an den Wänden schälte sich ab und gab den Blick auf den rissigen Unterputz frei. Auch hier war der Verfall mehr als deutlich wahrnehmbar.
Pismire war an einen der Tische getreten und blätterte duch Schnittmusterbögen. Zwei von ihnen waren miteinander verklebt und ließen sich nur unter mühsam voneinander trennen.
"Sieh mal Charlie. Das scheinen mir Blutspritzer zu sein.", deutete Pismire auf die Blätter.
"Hier drüben ist noch mehr.", stellte Charlie fest, der vor das mittlere der beiden großen Fenster getreten war, "Hier ist ein ziemlich großer Blutfleck auf dem Teppich."
Dicke Lichtstrahlen der nachmittäglichen Sonne drangen durch die breiten Ritzen der mit Brettern vernagelten Fenster in den Raum. Im ersten Stock hatte man offenbar nicht so viel Wert darauf gelegt, die Fenster fast vollständig zu verschließen. Glassplitter knierschten unter Charlies Füßen. Einige der Scheibensegmente waren aus dem Rahmen herausgefallen.
Pismire bückte sich unter den Tisch, der dem Fenster mit dem Blutfleck auf dem Boden am nächsten stand. Als sie die Füße eingehender Betrachtete, bemerkte sie, dass die Tische nicht einheitlich waren, sondern alle verschieden gearbeitete Beine hatten. Die einen waren aufwändig gedrechselt, andere eher schlicht gehobelt. Unter dem Tisch lagerte ein Stoß Packpapier und darauf ein Degen mit bronzefarbener Glocke und Ebenholzgriff. Blut haftete an der Degenspitze.
Ein Poltern ließ die beiden herumfahren. Es war eindeutig aus einem anderen Zimmer gekommen, welches sich gegenüber des Saales befand. Charlie und Pismire sahen sich an, verließen den Raum und gingen langsam über den Flur auf eine Tür zu, die der Ballsaaltür schräg gegenüber lag. Das Dunkel des Flurs machte die Orientierung schwierig, da nur wenig Licht hierher drang und sich ihre Augen erst an die Helligkeitsunterschiede gewöhnen mussten. Die Tür war nicht verschlossen und ein schmaler Spalt ließ einen Blick in den Raum zu. Ein kleiner schmächtiger Mann beugte sich gerade über eine Chaiselonge und flüsterte leise. Offenbar sprach er zu jemandem, der darauf ruhte. Ein lichter Haarkranz umgab seinen ansonten kahlen Schädel. Um seinen Hals hing ein Maßband und sein linkes Handgelenk zierte ein Nadelkissen.

17.06.2010 9: 15

Pismire

Draußen im Garten des Nachbarhauses ging es keineswegs weniger seltsam zu. Drei Frauen standen sich gegenüber, und das Gespräch mutierte gerade zur Farce.
"Sie wohnen also im Garten?", mutmaßte die Gerichtsmedizinerin, die die alte Frau von unten misstrauische beäugte.
"Sehe ich aus wie ein verdammter Rasenschmuck?"
'Offenbar handelt es sich bei Gertrude Gabriele Griselda Granissima Grün (geb. Grasmück) nicht um eine nette Person', schoss es der Zwergin durch den Kopf. 'Wieso lebt die eigentlich noch?!'
"Wenn die beim Ermitteln ebenso viele Fehlschüsse bauen wie in den letzten vierzig Sekunde, dann kommt diese verdammte Nähschwester damit durch", brabbelte Frau Grün gedankenverloren vor sich hin. Und zu den Wächterinnen gewandt sagte sie - gewollt langsam und erklärend: "Ich wohne da hinten." Vage wies ihr Arm vom Haus weg in den hinteren Teil des Gartens. "Im ehemaligen Geräteschuppen. Der ist nämlich nicht von Familie Baufällig bewohnt. Ha-ha-ha. Ein Scherz."
"Würde es ihnen viel ausmachen, uns dorthin zu begleiten und unsere Fragen zu beantworten?" Der Korporal wurde langsam sauer. Das hier war keineswegs der unterhaltsame Ausflug vor die Tore der Stadt, für den das Ganze zuerst erklärt worden war.
"Würde es." Frau Grün fuhr provozierend fort: "Es ist nämlich ein Ge-rä-te-schup-pen. Und man sagt nicht: Groß und geräumig wie ein Ge-rä-te-schup-pen. In keiner Sprache. Zu dritt passen wir da", und ein anzüglicher Blick streifte die beiden anderen Frauen, "schon gar nicht rein. Er ist nämlich verdammt eng, der Ge-rä-te ..."
Gefreite Gilgory ließ ihrem Zorn freien Lauf: "Danke, wir haben verstanden. Wir unterhalten uns hier. Und jetzt - verdammt nochmal: Weswegen haben sie uns gerufen?"
"Weil", und hier senkte die alte Frau verschwörererisch ihre Stimme,"mein Nachbar ein irrer Serienkiller ist, der sich aus der Haut seiner Opfer prunkvolle Gewänder näht."
"Ein ..."
"Psssssssssst". Eine Hand verschloss den Mund. "Tagsüber schläft er normalerweise. Aber er hat Ohren wie ein Luchs. Und er ist so gerissen, dass mir noch nie jemand geglaubt hat!"

19.06.2010 19: 27

Magane

"Sie haben also schon häufiger verdächtige Dinge beobachtet?" Magane war nicht grade berühmt für ihre Geduld, aber sie wusste auch dass Avalania bekannt war für ihre "Axtdiplomatie" wenn ihr Leute auf die Nerven gingen, das galt es tunlichst zu vermeiden, also grub die ehemalige Ermittlerin in ihrem Befragungsgeschick und riss das Gespräch vollends an sich.
"Ja und ich habe es genauso oft gemeldet!" Frau Grüns Entrüstung war durchaus verständlich, wenn man sich das Arbeitsaufkommen bei RUM vor Augen führte, wahrscheinlich waren die meisten ihrer Meldungen ignoriert worden.
"Also gut, jetzt sind wir ja hier um ihnen zuzuhören und etwas zu unternehmen, es ist für uns und unsere Kollegen drüben im Haus ausgesprochen wichtig, dass sie uns alles erzählen."
"Sie meinen es wirklich ernst, sie wollen sich nicht wieder lustig machen?"
"Ich habe heute zum ersten mal von diesem Haus gehört und ich meine es immer ernst, also reden sie schon."
"Na gut, dann werde ich eben alles noch einmal erzählen, allerdings sollten wir es uns etwas bequemer machen", sie deutete auf eine Gruppe gut verborgener Gartenstühle auf einer kaum mehr erkennbaren Terrasse, "setzen wir uns doch, sie haben Glück, wie sagt man doch einen Stuhl zum sitzen, einen um die Beine hoch zu legen und noch einen dritten für das Buch, mögen sie eine Limonade?"
Magane antwortete als erste mit einem schnellen "Nein, danke."
"Ma'am, wir haben es etwas eilig", erwiederte Ava.
"In Ordnung, dann fangen wir mal an, ich kann nicht sagen wie lange er das schon macht, ich wohne erst seit etwa einem Jahr hier, aber bald fiel mir auf, dass dort drüben etwas nicht stimmte. Er arbeitet immer nachts, dabei weiß doch jeder, dass man am besten bei Tageslicht nähen kann."
Avalania blickte Frau Grün auffordernd an während Magane in ihrer Umhängetasche nach einem Notizblock und einem Stift suchte.
"Naja, anfangs habe ich halt gedacht, das sei schon alles so richtig, aber dann habe ich angefangen ihn näher zu beobachten."

04.07.2010 22: 30

Charlie Holm

"Einen Moment mal bitte", unterbrach Magane ihre Gegenüber. "Wollen Sie damit sagen, das Haus ist bewohnt?" Sie öffnete ihren Notizblock und sah hinein. "Ich dachte, es handelt sich um ein unbewohntes Haus, in dem Sie neulich Licht gesehen und einen Mord beobachtet hätten."
"Unbewohnt? Wer sagt denn das? Der Kerl wohnt da schon drin, seit ich hier lebe. Wissen Sie, die Häuser hier waren alle mal hübsch und wertvoll, aber inzwischen sind sie ziemlich heruntergekommen. Deswegen sind hier Leute hingezogen, die sich sonst keine Bleibe leisten können. Sie ziehen einfach in ein leeres Haus ein, und richten sich da mehr oder weniger gemütlich ein. Hin und wieder taucht ein Makler auf, schaut sich die Häuser an und macht sich Notizen, aber viel mehr passiert hier nicht. Deswegen hat sich hier einiges an... niederm Gesindel niedergelassen." Frau Grün spuckte verächtlich aus.
Magana verkniff sich wohlweislich einen Kommentar. "Und Ihr... Nachbar in der Spukvilla?"
Ich weiß nicht viel über ihn. Ich sehe halt manchmal nachts, dass jemand eine Kerze anzündet und oben im ersten Stock arbeitet. Manchmal sitzt er mit Nadel und Faden direkt am Fenster, aber meistens lässt er sich nicht blicken. Ich glaube, er wohnt im Keller. Und er hat einen Regensäufer, der im Gesellschaft leistet."
"Regen-?"
"Wasserspeier", übersetzte Avalania mit grimmigem Gesichtsausdruck. Frau Grün war eine Person von der Sorte, die für jede Spezies, jede soziale Klasse und jeden Beruf ein passendes Schimpfwort kannte.

Der Mann mit der Halbglatze stand mit dem Rücken zu Charlie und Pismire, und das Licht zweier Kerzenleuchter fiel so auf ihn, dass die andere Person, über die er sich beugte, im Schatten lag und so nicht zu erkennen war.
"Wir müssen uns beeilen", raunte der Mann gerade leise. "Es sind Leute hier, und ich mag es gar nicht, in meiner Arbeit gestört zu werden." Er zog ein langes, mit braunen Blutflecken übersätes Messer aus seinem Kittel.
Charlie sah Pismire an. Der Ex-Schamane nickte, und beide zogen ihre Armbrüste. Der Oberleutnant zählt mit den Fingern: Drei - zwei - eins!
Beim letzten Finger trat Charlie die Tür ganz stürmte mit seinem Kollegen in den Raum.
"Keine Bewegung! Stadtwache! Lassen Sie das Messer fallen und..."
Pismire stockte. Der Raum war leer - wo eben noch der Mann mit der Halbglatze gestanden hatte, war jetzt... gar nichts mehr.
Gar nichts, außer der auf dem Tisch liegenden und halb gehäuteten Leiche.

"Ehrlich gesagt", erklärte der kleine Wasserspeier, "hier lebt eigentlich kein anderer mehr außer mir. Nicht wirklich, jedenfalls. Es kommt ganz darauf an, wie man 'Leben' definiert."
"Du meinst, es gibt hier noch Untote?", fragte Huitztli nach.
"Na ja... habe ich nicht gesagt, dass ich der gute Geist bin?"

25.07.2010 18: 02

Huitztli Pochtli

Der Gute Geist echote es in Huitztlis Kopf. Wenn das der "gute" Geist ist, will ich den anderen erst gar nicht kennen lernen...
"Wie lange wohnst du hier schon?", bemühte sich der Gerichtsmediziner das Gespräch nicht abreissen zu lassen.
"Ich weiß es nicht genau. Viel zu lange schon, schätze ich."
Die Stimme des anderen verklang wie Nebel im Wind.
"Man sieht deutlich, dass dieses Haus einmal bewohnt war. Das scheint schon eine Weile her zu sein. Weißt du wer er war, der hier gewohnt hat?"
"Wieso gewohnt hat? Er wohnt doch immer noch hier. Zumindest ein Teil von ihm. Der, der nicht so physisch ist."
"Du meinst, der Geist, von dem du gesprochen hast, ist der ehemalige Besitzer?"
"Ja. Und mir fällt eben auf: ich habe ihn noch nie nach seinem Namen gefragt. Ich glaube, ich habe es mir immer wieder vorgenommen, aber wenn ich ihm begegnete... Kennst du das, wenn du plötzlich das Gefühl hat, dein Kopf wäre voller Nebel?"
Nein, nicht wirklich., dachte Huitztli. Laut sagte er, "Nein, ehrlich gesagt, habe ich so etwas noch nie erlebt."
"Er war mal ein bekannter Schneider, musst du wissen. Hat all die reichen und eingebildeten Damen der Hai Sauce Ei-Ietie bedient."
"Und was ist dann passiert?"
"Irgendwas muss ihn eines Tages fürchterlich auf den... die... na... Dingsbums... Baum... hat große lange Blätter... wächst in Klatsch und Bhang-Bhang-Duc und so weiter..."
"Palme?", assistierte der Hauptgefreite.
"Genau. Irgendwas hat ihn auf die Palme gebracht. Es geschah wohl etwas sehr Schlimmes. Und kurz darauf war er tot."
"Was war es denn, was da geschehen ist?", bohrte Huitztli nach.
"Hab nicht die geringste Ahnung."

"Haben sie schon Mal mit ihm gesprochen? Ich meine persönlich?", fragte Magane.
"Nein, nicht dass ich wüsste. Ich habe ihm vor ein paar Jahrn einmal zugewunken, aber er ist anscheinend so eingebildet, dass er nicht mal reagiert hat. Hat einfach an seinem Fenster gesessen und weiter genäht."
"Sie werden hoffentlich meine Zweifel verzeihen, Frau Grün, aber: woher wollen sie denn wissen, dass er genäht hat? Ich meine, die Entfernung zum Fenster im ersten Stock ist doch recht groß und so etwas kleines, wie Nadel und Faden kann man unmöglich von hier aus erkennen."
"Fohjeur & Blickguts Operngläser.", gab Frau Grün ungeniert zurück und holte ein verkratzes Fernglas unter ihrer Strickjacke hervor. Es hatte schon deutlich bessere Tage gesehen.
"Mein seliger Mann und ich gingen früher gerne ins Theater und die Oper. Alleine macht mir das aber keinen Spaß mehr."
"Und hier hast du das gute Stück einem neuen Verwendungszweck zuführen können.", stellte Avalania trocken fest.
"Man muss sich ja schließlich schützen. Ihr seid dazu ja nicht in der Lage."

29.07.2010 10: 13

Avalania von Gilgory

"Dauernd lungern hier finstere Gestalten herum. Betrunkene Taugenichts wie von ihrer Sorte," keifte Frau Grün und deutete auf Ava, "die nichts besseres im Sinn haben als alles kurz und klein zu schlagen in ihrem Rausch..." setzte sie fort, als ob sie das schon lange mal los werden wollte.
Je länger das Gespräch bzw. die Befragung dauerte desto unsympathischer wurde diese Frau Grün, aber die Beleidigung gegen die Zwergin war des Guten zu viel.
Avas Wut war kaum noch zu unterdrücken. Was bildet sich diese Schnepfe überhaupt ein?, dachte die Zwergin wütend und griff unbewusst zu ihrer Axt.
Magane, die langsam auch keine Lust mehr auf dieses Gespräch hatte, hob die Hand, " nun gut Frau Grün ich denke wir haben jetzt die wichtigsten Informationen und falls noch Fragen aufkommen, können wir mit ihrer Unterstützung rechnen nicht war?" sagte der Korporal bestimmt und ohne auf die Antwort zu warten, drehte sie sich um und gab Ava mit freundlichen Nachdruck zu verstehen, dass die Befragung beendet war.
Die Wächter ließen eine verdutzt dreinblickende Geräteschuppenbewohnerin zurück und gingen eiligen Schrittes zurück Richtung "Geistervilla".
Als sie außer Hörreichweite waren platzte die Wut aus Ava heraus, " die hat sie doch nicht mehr alle, die Alte. Was bildet die sich überhaupt ein. Diese Schreckschraube..!" brabbelte sie und ließ ihre Wut an ein paar wildwachsenden Blumen aus.
Am liebsten hätte Ava ihre Axt gezückt und aus dem Garten von Frau Grün Kleinholz gemacht, aber da war der Respekt vor Koproal Magane doch zu groß, um sich so gehen zu lassen.
Nach einer Weile hatte sich die Zwergin wieder beruhigt und lief stumm hinter Magane her.

30.07.2010 14: 55

Huitztli Pochtli

Diese eingebildete Schnepfe von einer... einer... Gärtnerin!, spuckte Avalania innerlich weiter Galle.
Unbewußt trommelten ihre Finger einen zwergischen Beerdigungsrythmus auf das Axtblatt.
"Mal sehen, was Charlie und die anderen bis jetzt erreicht haben. Frau Grün war ja nicht so sehr ergibig. Kein Wunder, dass die keiner Ernst genommen hat."
"Die ist sicher mit Frau W. verwandt, wenn du verstehst, was ich meine.", bemerkte Ava düster.
Magane enthielt sich eines Kommentars, auch wenn sie Ava gedanklich zustimmen musste.
Sie erreichten wieder das Haus Nr. 16 und bahnten sich ihren Weg zur Rückseite, nachdem sie an der Vorderfront niemanden hatten entdecken können.
Vage wehten die stummen Töne des alten Tom über die Stadtmauer herüber und kündigten die Mittagsstunde an. Schon gut zwei Stunden verbrachten die Wächter hier und hatten keine wirklichen Fortschritte erzielt, ärgerte sich Magane. Von den Entwicklungen in der Spukvilla, hatte sie indes noch keine Ahnung.
Vorsichtig spähten sie durch den Garten, konnten aber auch dort keinen der übrigen Wächter ausmachen. Ava zeigte auf den geöffneten Terasseneingang, "Ich glaube, sie haben das Haus betreten."
"Na, dann mal los."
Avalanias Hand zuckte wie von selbst zu ihrer Axt, als sie das Haus betraten. Beiden fiel sofort das Loch im Boden auf. Vorsichtig lugten sie hinunter.
"Ähm... Hallo?", fragte Ava.
"Ja?", kam Huitztlis Stimme von unten.
"Seid ihr im Keller?"
"Nein, eigentlich nur ich. Aber ich bin nicht allein."
"Wer ist denn noch bei dir?"
"Ich glaube, der zutreffendste Begriff lautet Bewohner."
"Ah...", sagte Magane. Sie zuckte Ava gegenüber die Schulter und verzog das Gesicht in der Art von Na, wenn er meint.
"Und... was macht ihr da unten."
"Wir unterhalten uns."
"Wo sind denn die anderen?"
"Ich vermute, die erkunden die anderen Etagen."
"Gut, wir werden nach ihnen sehen."
Magane richtete sich wieder auf und winkte Ava weiter ins Innere des Haus vorzudringen. Als sie die breite Treppe nach oben erreichten, rief Magane laut nach Pismire und Charlie.
"Wir sind hier oben. Kommt herauf."
Magane und Avalania stiegen in den ersten Stock hinauf und lugten vorsichtig durch die Tür.
"Manchmal wäre es schön, wenn solche Spinner, wie diese Nachbarin, nicht Recht mit ihren Geschichten hätten.", stellte Magane säuerlich fest, als sie der Leiche ansichtig wurde.
"Wann will Frau Grün den Kampf-Schrägstrich-Mord beobachtet haben?", fragte Pismire.
"Laiza sprach von gestern Nacht."
"Dann irrt sich die Frau oder es gibt mehr als einen Toten. Dieser hier ist schon sehr viel länger tot. Sehr viel länger. Interessanterweise ist der Körper beinahe mumifiziert. Muss an der trockenen Luft hier liegen."
"Und er wurde vermutlich auch nicht hier... zerlegt.", ergänzte Avalania, "Es fehlt ein großer Teil der Haut und auch einiges an Organen, wie es scheint. Aber hier ist viel zu wenig Blut."
Charlie inspizierte die Holzdielen, vermochte aber keine Anzeichen für Blutspuren und dergleichen entdecken.
Ava trommelte wieder geistesabwesend gegen ihre Axt.
"Das alles ist so... seltsam. Eine alte Schachtel, die gestern noch einen Mord beobachtet haben will. Eine alte Leiche, die die Ahnung wie lange hier schon rumliegt und im Keller ein merkwürdiger Bewohner. Aua!"
Sie zuckte mit der Hand vom Axtblatt zurück, an dessen Klinge sie nervös entlanggefahren war und sich nun heftig in den Daumen geschnitten hatte. Das Blut sickerte in dicken Tropfen zu Boden.
Pismire griff in seine Medzintasche und kramte darin nach etwas, dass sich als Verband verwenden lassen konnte.
"Was denn?", wunderte sich Charlie, "Kein Verbandszeug dabei?"
"Ich bin ja auch Gerichtsmediziner und kein Sanitäter!", grantelte Pismire, "Leichen brauchen eher selten ein Pflaster, weist du?"
"Schon gut, war nicht so gem..."
Charlie brach ab und starrte auf die Stelle, wo Avas Blut den Boden benetzt hatte.
Das alte Holz schien die rote Flüssigkeit viel schneller aufzusaugen, als es das unter normalen Umständen hatte tun dürfen.
"Äh... Leute?!?", deutete er alarmiert auf die Stelle, als ein Ächzen und Stöhnen durch das Haus ging, als erwachte etwas unter den Dielen, dass dort sehr lange geschlummert hatte. Es schien auch aus den Wänden zu kommen.

Huitztli blickte wieder zu dem anderen Wasserspeier, als sich Magane und Ava entfernten. Der Kleine hatte inzwischen seine Armbrust auf den Tisch gelegt und sich auf einen Stuhl gehockt. Huitztli wertete das Ganze als Geste der Entspannung, wenn auch der Griff der Waffe ihrem Besitzer noch nah genug war, um sie in einem kurzen Moment ergreifen zu können.
Der Gerichtsmediziner hatte sich entschlossen, dass Gewalt für ihn nicht als Lösung in Frage kam. Nicht hier. Der kleine Artgenosse hatten offensichtlich schon viel zu lange in der Gesellschaft dieses Geistes zugebracht, dass er sich fragte, ob er sich davon noch einmal erholen würde. Wo war Jack, wenn man ihn brauchte?, seufzte Huitztli innerlich. Dann holte ihn der Verstand wieder ein und überbrachte die beruhigende Antwort In seinem Büro im Wachhaus, wo er auch ganz gut aufgehoben ist.
Huitztli zog betont langsam den anderen Stuhl heran und setzte sich ebenfalls.
Er legte den Kopf schief und suchte nach den passenden Worten, um den Dialog nicht abbrechen zu lassen, als ein tiefes Seufzen das gesamte Gebäude erzittern ließ.
"Oh... es ist wieder wach.", bemerkte der Kleine lapidar.

03.08.2010 17: 42

Laiza Harmonie

"Habt ihr das gerade auch vernommen?" fragte Charlie nach und löste den Blick von den Dielenboden.
"Ich würde wünschen, ich könnte diese Frage verneinen..." entgegenete Magane, "Wieso ist eigentlich unsere Okkultismusexpertin mit ihrem Hintern im Wachhaus geblieben, wenn es doch hier um ein Spuckhaus handelt?"
"Ich denke, dass diese Geräusche sich sicherlich Rational begründen lassen", meinte Charlie.
Pismire hob die Augenbrauen und meinte nur: "Hier spukts, dass ist wohl Erklärung genug, die große Frage ist jetzt nur: Was erwartet uns nun?"
"Wir könnten das Weite suchen und mit Verstärkung zurückkehren", schlug Avalania vor und lies sich von Pismire provisorisch den Finger verbinden.

"Es ist wach?" hakte Huitztli nach. "Was bedeutet dass für unsere Sicherheit?"
"Ich bin mir nicht sicher. Es waren noch nie so viele Leute im Haus, wenn es wach war. Aber normalerweise ist es nicht sonderlich gemütlich."
Ein Heulen zog durch das große Haus und mit einem lauten Knall flog die Tür auf, die Huitztli zuvor als verschlossen vorgefunden hatte. Der Dreck, der zusammen mit dem Wasserspeiher in den Keller gelangt war wurde aufgewirbelt.
Kurz blinzelte der Gerichtsmediziner auf Grund des Windes und des Drecks, dann nutzte er die Gelegenheit und stürmte auf die nun offene Tür zu, die hinauf ins Erdgeschoss führte. Eine Etage höher hörte er aufgeregte Schritte und die Geräusche von herumwirbelden Gegenständen.
"Seid ihr da oben? Pismire? Charlie? Magane? Avalania? Geht's euch gut?" Ohne eine Antwort abzuwarten stürmte der Wasserspeiher weiter die Treppe hinauf ins erste Geschoß.

21.08.2010 19: 26

Huitztli Pochtli

Laiza brütete über den Akten der letzten Wochen. Die ständigen Unterbrechungen und Einsätze hatten erfolgreich verhindert, dass sich der Berg verringerte. Das sollte sich nun ändern, hatte sie sich geschworen.
Sie war bei der dritten Akte angelangt und wollte soeben die Schnur lösen, die die Akte zusammen hielt, als es laut pochend an ihrer Tür klopfte. Das Pochen hatte jene Qualität, die deutlich darauf hinwies, dass es zu jemandem gehörte, der nicht um Einlass bat, sondern begehrte.
Bevor sie Herein rufen konnte, wurde die Tür aufgestoßen und ein dürrer Zauberer stand in der Tür, zwei andere Zauberer im Schlepptau. Alle drei hatten besorgt wirkende Mienen aufgesetzt.
"Bist du Oberfeldwebel Harmonie?", begehrte er zu wissen.
"Das bin ich.", gab Laiza etwas pickiert zurück. Sie mochte es nicht, wenn Leute unhöflich waren. Egal, ob es sich dabei um Zauberer handelte oder nicht.
"Wer bist du und was kann ich für dich tun?", fragte sie mit Eis in der Stimme.
"Professor Stibbons, der Leiter der Forschungsabteilung für hochenergetische Magie der Unsichtbaren Universität schickt uns zu dir."
Eine kurze Pause entstand.
"Und...?", hakte Laiza gedehnt nach. Offenbar glaubte der Mann, seine Einleitung würde genug aussagen, der Rest sei ja ohnehin offensichtlich.
"Ähm... Bei Forschungsexperimenten mit einem vierdimensionalen ektolasmischen Energographen erhielten wir ein unerwartetes Ergebnis."
"Nun, Herr, ich will nicht behaupten, irgendetwas von dem verstanden zu haben, was du mir gerade berichtet hast, aber fahre bitte fort."
"Der Denkapparat der Unsichtbaren Universität, also Hex... Hex wies uns eine Stelle in der Stadt, von der eine starke negative ektolasmische Kraft ausgeht. Das haben wir überhaupt nicht erwartet. Nicht hier in der Stadt."
"Und das heißt für Nicht-Zauberer..."
"Vereinfacht ausgedrückt: etwas in der Nähe des Mittwärtigen Tores zerrt an den Seelen derjenigen, die sich in der unmittelbaren Nähe der Quelle der Erscheinung befinden."
"Sagtest du Mittwärtiges Tor?", vergewisserte sich Laiza.
Der Mann nickte.
"Ich habe eine Gruppe von Wächtern zu einem Einsatz dort in der Nähe geschickt."
"Unseren Berechnungen zufolge, befindet sich das Zentrum der Kraft etwas außerhalb der Stadtmauer."
Laiza breitete eine Karte der Stadt auf ihrem Schreibtisch aus und deutete auf den Einsatzort.
"Die Gruppe befindet sich im Fuchsjauchegässchen. Genauer in Haus Nummer 16. Eine Anwohnerin hat sich gemeldet, dass sich dort ein Verbrechen ereignet hat."
Die Zauberer blickten sich besorgt an. Der Dürre griff unter seinen Mantel und zog ein schmales Buch heraus.
"Ist es dieses Haus?", fragte er und deutete auf eine Zeichnung der besagten Villa aus einer Zeit, als diese noch beeindruckend und elegant gewesen sein musste. Fallenhaus der unaussprechlichen Loge geweihter Brüder von Bel-Shamharoth
Laiza blätterte in der Ermittlungsakte, fischte die Ikonografie heraus und hielt sie neben die Zeichnung. Es handelte sich eindeutig um dasselbe Gebäude.
"Was hat es damit auf sich?", fragte sie beunruhigt.
"Hast du schon einmal davon gehört, dass ein Ort, an dem viele unsagbare Grausamkeiten geschehen sind, sich an diese erinnert? Genauer gesagt, neigt ein solcher Ort dazu, die Opfer an diesen Ort zu binden, ihre Seelen zu verdrehen wie in einem Schraubstock, bis alles Gute aus ihnen entwichen und nur noch das pure Böse übrig geblieben ist, dass in jedem von uns schlummert."
"Ich glaube, ich habe darüber mal was in Magister Schnurpsel Hochgesteckt's Mahgischäm Kommpänndiuhm gelesen.", gab Laiza zurück, "Ich bin ja Okultismusexpertin, aber beileibe keine studierte Hexe."
"Wir sind sicher, dass die Destarsion, eben erst im Begriff ist, sich zu entfalten. Wir müssen schnell handeln, wenn wir Schlimmeres verhindern wollen."
"Hier steht etwas von Fallenhaus. Was hat es damit auf sich?"
Laiza war inzwischen deutlich besorgt.
"Das erkläre ich dir unterwegs. Wir müssen sofort aufbrechen!"
Wenig später hetzte die Gruppe über den Hof des Wachhauses. Enttäuscht stellte Laiza fest, dass alle Wachekarren unterwegs waren. Sie winkte den Zauberern ihr zu folgen und trat durch das Tor. Ein Kutscher parkte am Straßenrand.
Laiza hielt ihr Marke hoch, "Stadtwache. Deine Kutsche ist vorübergehend beschlagnahmt."
Der Mann war zu perplex, als dass er der Hand von Oberfeldwebel Harmonie etwas entgegengesetzt hätte.
"Aber, was mache ich denn jetzt?"
"Geh zum Empfangstresen und gib Bescheid, dass Oberfeldwebel Harmonie deinen Karren für einen Einsatz requiriert hat."
Er nickte mit offenem Mund und starrte Laiza und ihren magischen Passagieren hinterher.
"Was für einen Einsatz muss sie denn reparieren?", wunderte er sich.

22.08.2010 17: 27

Pismire

RUMMS
RUMMS
KNALL
RUMMS
KNALL
RUMMS


"Das mit dem Suchen der Weite wird nicht wirklich funktionieren", meinte der Schamane lakonisch und verknotete Avas Verband genau in dem Augenblick als sich auch das letzte Fenster und die letzte Tür im oberen Teil des Haus laut knallend und wie von Geisterhand geschlossen hatte. "Da hat irgendwer - oder etwas - ganz eindeutig einen Faible für geschlossenen Gesellschaften. Und was die rationale Erklärung angeht: das schließt in dieser Welt weder Magie noch Spuk aus."
"Aber du bist Schamane", meinte seine stellvertretende Abteilungsleiterin. "Du musst doch ..." Sie brach ab, als ihr bewusst wurde, dass sie - wie alle von Pismires Kollegen - zwar darum wusste, dass der alte Gerichtsmediziner sich als Schamane bezeichnete, sie aber eigentlich keinerlei Vorstellung davon hatte, worum es sich bei diesem Schamanentum handeln könne. Vage schwebte ihr etwas wie Knochen durch die Nase, Trommeln, Federschmuck und seltsame Pilze vor. Aber im Alltag war der alte Mann ungefähr so magisch wie eine gebrauchte Kaffeetasse, nein, korrigierte sie sich - noch weniger, weil die ihren Inhalt scheinbar wie von Zauberhand auch dann auf einem wichtigen Schriftstück flächendeckend verteilen konnten, wenn dieses nicht nur weit entfernt, sondern die Tasse auch faktisch leer gewesen war.
Mit Unbehagen registrierte der Oberleutnant, dass sich die Augen seiner Kollegen auf ihn geheftet hatten. Und er befürchtete, dass sie in diesem Spukhaus offenbar von ihm irgendetwas Magisches erwarteten.
Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, als ein noch lauteres Krachen als die vorherigen ihn unterbrach.
Zweihundert Kilo echter Stein sind nicht wirklich durch eine morsche Holztür aufzuhalten, auch wenn diese kurz zuvor wie von Geisterhand geschlossen wurde. In einem Splitterregen von altem Holz schloss der dritte Gerichtsmediziner zu seiner Abteilung auf.

"Das heißt mit anderen Worten, dass das hier ein lebendiges, blutsaufendes Spukhaus mit einem Eigenleben ist, in dem es einen Geist gibt, der Leute umbringt?", fragte Magane nach, als sie in kurzen Worten ihr bisheriges Wissen über diesen Fall zusammengetragen hatten.
Huitzli nickte. "Oder ein Geist der eigentlich ein Teil des Hauses ist. So zumindest verstehe ich das, was mir der kleine Wasserspeier im Keller erzählt hat."
"Ja, aber vielleicht lügt er", meinte Charlie skeptisch. "Immerhin ist er doch - sozusagen - ein Teil des Hauses. Und wenn dies ein Spukhaus ist, das seine eigenen Ziele verfolgt, warum könnte es dann nicht einen Teil von sich - nämlich diesen Wasserspeier, der ja irgendwo her gekommen sein muss - dazu angestiftet haben, uns - also dir - eine Lüge zu erzählen. Vor allem wenn man bedenkt, dass ein anderer Teil von diesem Haus in Menschengestalt Leute umbringt - falls das nicht auch gelogen ist. Meine Güte, das ist überhaupt ein interessantes Problem: Kann ein Teil von jemandem Lügen, während der andere Teil ..."
"Ich muss dringend mit Laiza reden, die ständige Teamarbeit mit Sillybos scheint abzufärben", schoss es Magane durch den Kopf.
"Schön und gut", knurrte die Zwergin. "Ich für meinen Teil bin auf jeden Fall schwer dafür, dass wir uns zuerst darum kümmern, aus diesen, diesem Vampirhaus hier heraus zu kommen. "Und wenn meine Axt versagt, dann haben wir ja immerhin noch unseren Kollegen aus Stein." Mit diesen Worten schritt sie mit gezogener Axt auf die zersplitterte Tür zu wandte sich der Treppe zu. Zögerlich folgten ihr die anderen Wächter, bis nur noch die Haustür vor ihnen lag.
"Lass mich das mal machen", meinte Huitzli und stellte sich vor der Tür auf. Im Moment als er nach dem Türknauf griff, zog dieser sich ins Holz zurück.
"Dann eben so", knurrte er und nahm Anlauf. Doch in dem Augenblick wo er die Tür eigentlich hätte durchbrechen müssen, verwandelte sie sich in Gummi und zweihundert Kilo Stein krachten in die gegenüberliegende Wand. Und aus der Kellertür hörte er eine vertraute Stimme: "Das kannst du haken. Wenn es dich nicht rauslassen will, dann kommst du hier auch nicht raus, Glaub mir. Ich habe alles versucht, Kumpel, wirklich alles."

22.08.2010 20: 41

Magane

"Niemand sperrt einen Zwerg ein", brach die aufgestaute Wut und vielleicht auch eine Spur Angst aus Ava heraus. Sie hatte sie mit ihrer Axt in diese Lage gebracht, jetzt würde sie sie auch mit ihrer Axt daraus befreien. Blitzschnell hatte die junge Zwergin ihre Axt kampfbereit und hieb mit allem was sie an Kraft aufbringen konnte auf die ehemalige Tür und das umliegende Gemäuer ein. Weder Tür noch Mauern zeigten sich davon beeindruckt, kein Kratzer, keinerlei Beschädigungen. Die rohe Gewalt entlockte dem Gebäude, oder dem Geist oder womit auch immer sie es nun genau zu tun hatten allerdings ein gruseliges Lachen, dass man beinahe als lustvoll bezeichnen könnte.
"Irgendwie habe ich den Eindruck, dass das dem Wesen gefällt" ... und es wird sich nicht damit zufrieden geben. fügte Magane gedanklich hinzu.
Avalania gab nach einigen Minuten sinnlosen Hackens enttäuscht und sichtlich außer Atem auf.
"Die Axt werd ich wohl schärfen müssen, raus kommen wir hier jedenfalls nicht. Also was machen wir wenn dieser Geist mit dem Nähtick uns ans Leder will?"
"Schreien, bluten, sterben, so ist es immer", mischte sich der gute Geist ein, "allerdings könnte es spannend werden, weil ihr ja so viele seid."
Diese wunderbaren Aussichten trugen nicht unbedingt zur Laune der eingesperrten Wächter bei. Sie saßen tief in der Patsche, würden alle sterben und hatten noch nicht einmal eine Möglichkeit Kontakt zur Wache aufzunehmen.
"Wir sollten auf jeden Fall zusammen bleiben, es kann uns nicht alle töten", sagte Pismire und kassierte ein paar entsetzte Blicke.
"Was sollte es hindern uns einen nach dem anderen zu töten? Es ist nicht lebendig und wir kennen uns mit nicht lebendigen Dingen die uns töten wollen nicht aus, wir wissen ja noch nicht mal womit wir es genau zu tun haben." In Maganes Stimme schwang mühsam unterdrückte Panik mit.
"Wir könnten ein Oktagramm um uns ziehen zum Schutz, vielleicht hält es es davon ab", wannte Charlie ein, der zwar immer noch nach einer logischen Erklärung suchte, aber trotzdem einen konstruktiven Vorschlag machen wollte.
"Oder es findet es klasse, dass wir die Szene extra für es dekorieren."

"Also ich fasse zusammen, wir haben es mit einem Haus zu tun, dass durch das Böse in den Menschen die in ihm getötet wurden böse wurde. Es war früher schon beinahe einbruchssicher und ist jetzt vermutlich eine dämonische Festung. Wir können es nicht aufsprengen, weil ich damit die Hälfte meiner Abteilung töten würde, wenn sie nicht schon tot sind, hab ich was vergessen?" Laiza hatte den sich dauernd gegenseitig ins Wort fallenden Zauberern geduldig zugehört, aber bisher hatten sie nichts gesagt, wie sie gedachten das Problem zu lösen. Bevor allerdings einer der Zauberer antworten konnte, dass sie jede menge schreckliche Details ausgelassen hatte kamen sie an besagtem Haus an.

31.08.2010 20: 10

Avalania von Gilgory

Als die Zauberer das Haus erblickten verstummten sie sofort und betrachteten es mit Entsetzen. Laiza hielt die Kutsche an, denn ihr war die plötzliche Stille nicht ganz geheuer.
Die Pferde schnaubten nervös und traten unruhig auf der Stelle.
Oberfeldwebel Harmonie drehte sich zu den Zauberern um, die sich
hinter der Kutsche versteckten. "Was ist?" fragte sie verwundert, "das Haus sieht noch ganz in Ordnung aus. Also sind meine Leute noch am Leben. Oder?" Ein Zauberer winkte Laiza hektisch zu, dass sie mit hinter die Kutsche kommen solle.
Harmonie verdrehte die Augen und folgte der Anweisung etwas widerwillig.
Mit zittriger Stimme antwortete er "Beim Barte des... ach egal... Was auch
immer da drin ist. Es bereitet sich gerade auf etwas Großes vor. Wir sollten auf der Hut sein." Ungläubig linste die Abteilungsleiterin hinter der Kutsche vor und betrachtete das Haus.
Es sah ziemlich friedlich und ruhig aus. Die Fensterläden wackelten lustig im Wind hin und her.
Momentmahl Wind? dachte Laiza und sah zu den Bäumen, die etwas entfernt standen. Dort bewegte sich nicht einmal das kleinste Blatt.
Nachdem der Zauberer wieder ihre Aufmerksamkeit hatte, sagte er "Zum Glück hat es uns nicht bemerkt. Das gibt uns einen kleinen Vorteil." mit einen zögerlichen lächeln.
Die anderen Zauberer hatten ihre Stimme wieder gefunden und diskutierten über Magiedinge.
In diesem Moment erzitterte das Haus, dabei fielen einige Ziegel herab und Farbe löste sich von den Brettern.
Augenblicklich duckten sich Laiza und die Zauberer hinter der Kutsche.
Vom inneren des Hauses ertönte ein anfangs leises kichern das sich zu einem lauten fiesen Lachen entwickelte.
Das war den Zauberern zu viel, wie ein Aufgeschreckter Hühnerhaufen liefen sie durch die Gegend immer auf der Hut nicht aus dem Schatten der Kutsche zu treten.
Das darf doch nicht wahr sein , schoss es Laiza durch den Kopf, immer das gleiche mit denen
Mit leichtem Kopfschütteln wartete sie ab, bis sich die Truppe wieder beruhigte.
"Und wie schaut jetzt ihre konkrete Lösung aus? Wie können wir das DING aufhalten und meine Leute lebend da raus holen?" fragte sie möglichst mit ruhiger Stimme.
Etwas ratlos sahen sich die Zauberer an.
Einer der von ihnen räusperte sich, "Wir dachten es wäre erst mal das Beste der Stadtwache Bescheid zusagen, bevor wir uns eine Lösung überlegen. Damit das Haus abgesichert wird." antwortete einer und erhielt zustimmendes Gemurmel.
Fassungslos sah Harmonie die Gruppe an, "Was?"
"Hey es hat aufgehört." bemerkte einer der Zauberer und deutete auf das Haus.
"W.. Wi.. Wir könnten ein Oktogramm um das Haus ziehen." merkte einer
der Zauberer nervös an.
"Ja damit können wir es in dem Haus einschließen und haben genug Zeit uns eine funktionierende Lösung auszudenken." fügte ein zweiter Zauberer an.

01.09.2010 19: 32

Huitztli Pochtli

"Au!", sagte Huitztli, der nach seiner Schleudernummer zur Hälfte in der Wand steckte und stöhnte. Der Wasserspeier spürte als Artverwandter von Trollen nicht in dem Sinne Schmerzen, nahm aber dennoch durchaus die Folgen wahr, die sich für seinen Körper ergaben, wenn einer starken Beschleunigung ein solch abrupter Stopp folgte. Langsam kippte er nach vorn und schlug auf dem Boden auf, wobei er eine gerichtsmedizinerförmige Silhouette an der Wand hinterließ.
"Aua!", bekräftigte er noch einmal und teilte dies im Wesentlichen den Staubmilben in den Dielen mit.
Magane war zu ihm geeilt und kniete neben ihm.
"Huitztli? Alles in Ordnung mit dir?"
Die Antwort kam erst nach einigen Augenblicken.
"Mama? Muss ich schon aufstehen?", murmelte er benommen.
"Ich glaube, der Aufprall hat ihn ein wenig durcheinander gebracht.", kommentierte Avalania.
Mühsam stemmte sich der Wasserspeier hoch, richtete den Oberkörper auf und drückte das Kreuz durch. Das steinerne Äquivalent eines Knackens war zu vernehmen.
"Oh Mann! Das war wirklich ein Spaß, wie? Machen wir das Ganze doch gleich nochmal!"
Er kam auf die Füße und war eben dabei Anlauf nehmen zu wollen, als ihn Pismires Hand zurückhielt.
"Es hat keinen Sinn, Huitztli! Der Hausgeist wird es verhindern! Lass es lieber sein."

"Gut, dann wollen wir mal.", flüsterte der dürre Zauberer und hielt die Hand nach hinten gestreckt, "Wer von euch hat die Oktogrammkreide eingesteckt?"
Füssescharren und betretenes Schweigen war die Antwort. Der Dürre verharrte und dreht langsam den Kopf nach hinten.
"Soll das etwa heißen, dass keiner von euch Nikotinsüchtigen daran gedacht hat, sie mitzunehmen?", zischte er.
Der eine der beiden dicken Zauberer räusperte sich und schluckte, während der andere die Blätter am nächsten Baum zu zählen versuchte.
"Wenn man nicht alles selbst macht!", fluchte er.
"Ich habe nur etwas Queuekreide dabei.", versuchte eine ihn zu beschwichtigen.
"Und was sollen wir damit? Das Ding da drin mit Billiardspielen ablenken?"
Laiza bedeckte genervt die Augen mit der linken Hand. Das kann doch nicht wahr sein, dachte sie bei sich, Die sind ja noch unfähiger, als der dümmste Rekrut.

Die silbernen Augen des Wasserspeiers verengten sich zu Schlitzen.
"Wenn es etwas gibt, dass mich verärgert,", knurrte er, "dann sind es irgendwelche Idioten, egal ob korporal, nonkorporal, lebend, tot oder untot, die mich einsperren wollen!"
Mit einem Schrei, riss er sich los und sprintete erneut in Richtung der Gummitür. Als er auf sie traf erklang wieder das Geräusch sich dehnenden Gummis, was unter anderen Umständen als sehr belustigend empfunden worden wäre. Avalania musste ihren Helm wegen des Luftzugs festhalten, den Huitztli erzeugte, als er in der entgegengesetzten Richtung davon geschleudert wurde. Dieses Mal landete er mit dem Gesicht voran an derselben Stelle der Wand und verschwand fast vollständig darin.
Der Boden bebte und ein unwirkliches Brüllen ließ das gesamte Haus erzittern, dass in ein grässliches Lachen überging. Der böse Geist schien sich köstlichst zu amüsieren.
"Solange ihr mit ihm spielt, wird er euch nicht töten. Nicht sofort zumindest.", bemerkte der kleine Wasserspeier.
"Pf'ampt! 'ann 'ir 'al 'emand 'elfen?", klang es dumpf aus der Wand.
Pismire, Avalania und Magane schafften es schließlich in gemeinsamer Anstrengung, den Gerichtsmediziner mit Hilfe eines abgebrochenen Stuhlbeins aus der Wand zu hebeln. Putz bröckelte an ihm herunter und in dem Loch in der Wand wurden Ziegel sichtbar. Einige von ihnen waren geborsten.
Wieder brüllte der Geist des Hauses auf und seine Erregung schien noch weiter gewachsen zu sein. Huitztlis brodelnder Zorn war inzwischen so gestiegen, dass er ansatzlos noch einmal auf die Tür zu stürmte. Ein drittes Mal erklang das dehnende Geräusch und seine Kollegen konnten eben noch zur Seite springen, als er noch einmal die Stelle in der Wand traf und sie diesmal durchschlug.
Tageslicht strömte herein und erhellte schlagartig den Raum. Pismire steckte vorsichtig den Kopf durch die Öffnung und sah Huitztli mit dem Kopf voran in dem verwilderten Blumenbeet stecken, dass sich neben dem Haus erstreckte. Der Oberleutnant winkte den anderen drinnen, ihm zu folgen. Er kletterte durch das Loch und rappelte sich hoch. Nach und nach kletterte der Rest nach draußen. Das Brüllen im Haus steigerte sich plötzlich zu einem wilden Toben, als der bößartige Geist bemerkte, dass er überrumpelt worden war. Als auch der kleine Wasserspeier neugierig seinen Kopf heraus streckte und dann auch noch einen Fuß nach vorn setzte, wandelte sich das Toben zu einem Heulen. Der Kleine blickte das Mauerwerk beinahe zärtlich an und strich sanft über die Mörtelfugen zwischen den Ziegeln.
"Wir beide Leben schon so lange hier zusammen, ich glaube, ich wüsste gar nicht, wohin ich gehen sollte.", sagte er leise, "Hab keine Angst, ich bleibe bei dir.", sagte er, schloss die Augen und schmiegte seinen Kopf gegen das Gemäuer. Das Wimmern ebbte ab und nur noch gelegentliche leise Seufzer waren zu hören.
"Ihr solltet jetzt gehen.", sagte er zu der Wächtergruppe.
Dann sah er Huitztli noch einmal an und sagte, "Vielen Dank, dass ich noch einmal das Tageslicht sehen durfte. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie das aussieht."
Er verschwand im Haus und das Loch begann sich allmählich zu schließen, wie als wenn Sand in ein Loch rieseln würde, nur eben senkrecht.

Laiza sprang über den Zaun und eilte zu den deutlich derangierten Wächtern.
"Ist alles in Ordnung bei euch?", fragte sie drängend.
"Ich denke schon, Chef.", sagte der Oberleutnant, salutierte mir der einen Hand, während er mit der anderen Staub und Putz von seiner Uniform klopfte.
"Ich denke, das ist ein Einsatz, den wir nicht so schnell vergessen werden.", sagte Charlie und half Huitztli dabei, sich von Erde und Pflanzenresten zu befreien.
"Das war Absicht, oder?", fragte Pismire seinen Kollegen, "Du wolltest gar nicht die Tür einrennen, sondern die Wand durchbrechen, stimmts?"
"Beim ersten Mal war es keine Absicht, aber als ich dann gesehen habe, dass die Wand zerbröckelte...", bestätigte Huitztli.
"...wurde ihm klar, dass die ektolasmische Erscheinung Materie nur dann zu manipulieren im Stande ist, wenn sie sich in dem jeweils betreffenden Gegenstand manifestiert und somit andere Bereiche seiner aurealen Observantia entgehen.", schloss der dürre Zauberer, der inzwischen zu ihnen getreten war.
"Äh... was habe ich?", wunderte sich Huitztli, "Eigentlich war mir nur aufgefallen, dass die Wand kaputt ging und da dachte ich mir, tu mal so, als versuchtest du weiter die Tür einzurennen. In Wirklichkeit, wollte ich aber nur die Wand weiter kaputt machen."
"Das habe ich doch gemeint.", verwunderte sich der Zauberer.
"Gemeint, vielleicht. Gesagt, nein.", stellte Avalania fest und schnaubte belustigt.
Charlie wandte sich Laiza zu und sah sie fragend an, "Was machen wir jetzt mit dem Haus?"
"Wir? Wir machen gar nichts. Das ist nicht mehr unser Zuständigkeitsbereich, sondern ihrer."
Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter zu den Zauberern.
Im Vorbeigehen schlug sie dem verblüfften Dürren auf die Schulter und meinte lakonisch, "Das Haus ist gesichert. Jetzt seid ihr dran, Jungs."

02.09.2010 7: 41

Wörter:

Avalania von Gilgory   1128
Magane   1129
Charlie Holm   1274
Laiza Harmonie   1433
Pismire   1824
Huitztli Pochtli   4648



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback: