Aus dem achatenen Reich ist eine Reisegesellschaft mit zehn Touristen angekommen, die auch dazu dienen soll, den Tourismus zwischen dem achatenen Reich und Ankh-Morpork zu beleben. Soweit, so gut. Leider findet der Wirt der Unterkunft, in der sie abgestiegen sind, am nächsten Morgen die Zimmer leer vor ... bis auf einen Toten.
Und alles, was von Tatort geborgen werden konnte, sind die Ikonographenbilder, die die Touristen bei ihrer Ankunft geschossen hatten... dort muss es einen Hinweis geben!
Pismire
"... und darum wirst du diese Aufgabe übernehmen. Ich schlage vor ..."
"Das ist nicht dein Ernst ... äh ... euer Ernst, Sirs? Und: nein, ich möchte das auch nicht freiwillig übernehmen, Sirs", entgegnete Pismire fassungslos und schob erneut das "Sirs" in der Hoffnung hinterher, seine Ablehnung möge dadurch nicht allzu schroff wirken.
"Du hältst mich, den Kommandeur und den Patrizier also für Komiker?", fragte Rascaal zuckersüß grinsend nach.
"Ach komm, Sir, Rascaal, du weißt, wie das gemeint ist. Es gibt ranghöhere Offiziere für sowas, es gibt Abteilungsleiter, es gibt immer Freiwillige, es gibt Spezialisten, es gibt ..."
"Du bist also keiner, Oberleutnant?", unterbrach ihn der Püschologe, der mit einer derartig hartnäckigen Verweigerung nicht unbedingt gerechnet hatte.
Der alte Schamane verdrehte unwirsch die Augen. "Haha", kommentierte er. "Nicht hierfür." Und wie zur erneuten Bestätigung seiner Weigerung lehnte er sich abrupt im Stuhl zurück, verschränkte die Hände vor der Brust und starte Leutnant Ohnedurst und Kommandeur Breguyar ärgerlich an.
"Nun, wenn du es nicht freiwillig machst, dann werde ich es eben anordnen", drohte der Kommandeur der Wache. "Die Order kam von Vetinarii persönlich, den ich wegen einer derartig kleinlichen und unbegründeten Weigerung nicht mit diesen", er fuchtelte ungehalten mit den Armen in der Luft herum, "dämlichen Pillepalle-Einwänden von dir behelligen werde. Und das ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit. Ich ordne das hiermit an, und wenn dir das nicht passt, dann kannst du ja eine Aktennotiz dazu anlegen - oder die Affaire direkt mit dem dafür zuständigen Stammagenten deiner Wahl besprechen." Mit diesen Worten erhob er sich wütend und warf eine beginnende Akte auf den Tisch: "Hier drin findest du die nötigen Unterlagen. Mehr kann ich dir auch nicht an Fragen beantworten, als da drin steht. Und hier", ein Zettel mit einer Reihe von Namen, von denen einige durchgestrichen, andere unterstrichen und dann durchgestrichen und einige anderweitig markiert waren, landete obenauf, "findest du die Namen der Wächter, die mit dir arbeiten werden. Die rot eingekreisten sind auf jeden Fall im Team. Bei den anderen lasse ich dir freie Hand. Mit dir sollten es nicht mehr als neun Leute sein - aber auch nicht weniger. Leutnant Ohnedurst wird dir das weitere erklären. Und ich habe jetzt dringenderes zu tun, als mich mit diesem Unfug von dir zu beschäftigen." Und mit diesen Worten rauschte der Püschologe aus dem Büro von IA, wo diese Besprechung aus Gründen der Geheimhaltung stattgefunden hatte und hinterließ eine Art von ratloser Stille.
"Hui", pfiff Pismire leise durch die Zähne, "da ist aber jemand im Stress. Der Ankh-Män?"
Der Vampir nickte. "Aber mal so unter uns beiden: Als ich noch Kommandeur war (und eigentlich auch schon davor), hast du dir mehr Mordermittlungen unter den Nagel gerissen, als jeder andere Wächter, der nicht bei RUM gearbeitet hat - und das mit Begründungen, für die das Wort "windig" noch eine Untertreibung darstellt. Mit den Beschwerden der damaligen Abteilungsleiter könnte ich diese Wand da vorne tapezieren. Und erst kürzlich war diese Sache mit dem Flankenschwarzclan, wo du auch nicht so rumgezickt hast. Es hat doch nicht etwa persönliche Gründe?"
"Wieso hat der Patrizier - äh, Lord Vetinarii - ausgerechnet mich verlangt?"
"Oh, du kennst doch den Patrizier, Pismire. Nachdem er den Kommandeur und mich ausreichend, ausführlich, ja geradezu ausufernd über den Fall und alle seiner Hintergründe, die die komplizierten politischen Verwicklungen zwischen dem Achatenen Reich und Ankh-Morpork ebenso umfassen, wie die Vorgeschichte der Gruppe von Reisenden, die der überraschend neu gegründeten "Gilde der Fremdenführer mit wirklichen und ausländischen Sprachkenntnissen" und die des Toten, den ausgerechnet die Palastwache in der "Herberge zu den acht Kotzbarkeiten" gefunden hat, ins Bild gesetzt hatte, diskutierte er ausführlich mit uns die Vorzüge und Befangenheiten möglicher Leiter einer Ermittlergruppe, um dann in einem ausgewogenen, fairen und transparenten Diskussionsprozess zu einer gemeinsamen Lösung des Problems zu gelangen."
"Deinen Sarkasmus kannst du dir sparen", konterte der Schamane, allerdings schon mit freundlicherer Stimme, als noch vor einigen Minuten. "Ich habe also vermutlich eh keine Wahl. Dann kann ich mir das Ganze auch gleich ansehen."
"Ein Hoch auf deine Einsichtsfähigkeit", schloss Rascaal diesen Teil des Gesprächs ab und schmunzelte in sich hinein.
Doch die vergleichsweise harmonische Atmosphäre währte nur so lange, wie Pismire die Namen auf dem Zettel gelesen hatte.
"Das ist nicht euer Ernst", kochte sein Ärger wieder hoch. "ZWEI Abteilungsleiter? Rekruten? Ein Alchemikexperte der so klingt, als wären es auch zwei? Eine Püschologin, die Mitglied zweier Spezien sein soll? Dafür einen Rechtsexperten, der nur halb so groß ist? Eine verdeckte Ermittlerin, die immer zu zweit rumläuft, weil sie nicht spricht? Und zwei Mitarbeiter von DOG? Was soll ich überhaupt mit Rekruten? Sehe ich aus wie ein Kindermädchen?" schnaubte er. "Was für eine Auswahl - ihr stellt mit zehn Leute zur Auswahl hin, inklusive zweier Rekruten, um damit acht Stellen zu besetzen!?"
"Seit wann bist ausgerechnet du Spezizist?", griff der Vampir eine Nebensächlichkeit auf. "Und bedenke, zwei Jahre lang habe ich dich gedeckt, als du verschwunden warst - in diesem angeblichen 'Urlaub'", fügte er mit sanfter Stimme hinzu.
"Bin ich nicht - Spezizist, meine ich", schnappte Pismire zurück. Und nach einer Pause war auch seine Stimme sanft: "Habe dich eigentlich jemals gefragt, was mit meinem damaligen Stellvertreter ...!?" Demonstrativ zupfte er ein imaginäres Staubkorn von seinem Umhang.
Schweigen.
"Ja, ja, immer diese lästigen Berichte", grinste der Vampir und seine Augen funkelten belustigt. "Also bestehen deinerseits keine Einwände mehr gegen die Zusammensetzung der Gruppe, wenn du die Rekruten zurückweisen darfst?"
"Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Habe ich eine Wahl?" Der Alte drehte die Handflächen zur Decke.
"Nein."
"Tja, das ist doch mal ein Wort", seufzte Pismire.
Pismire blätterte lesend durch die Akte und nippte abwesend hin und wieder an seinem Kräutertee, von dem ein durchdringender Geruch nach fauligem Heu aufstieg. Rascaal rümpfte die Nase, als der Brodem bei ihm ankam und nestelte nervös nach einer Knolle in seinem Umhang, während er sein Gegenüber unverhohlen musterte.
"Das ist nicht gerade üppig", meinte dieser, als er die Lektüre beendet hatte. "Was hat euch der Patrizier sonst noch gesagt?"
"So gut wie nichts."
"Dann sprich mit mir ein wenig über diese Nichts."
"Die Fakten des Falles hast du. Mehr hat er uns nicht gesagt. Der Wirt fand heute morgen die Leiche, einer der Palastwächter, die vor der Herberge platziert waren, sah sie sich an und versiegelten den Fundort. Ein anderer benachrichtigte den Patrizier. Dieser verlangte nach uns - ausdrücklich den Kommandeur und mich - und übergab uns (also der Wache) den Fall. Folgendes teilte er uns auch mit: Es habe eine Botschaft vom Herrscher des Achatenen Reiches mit Hilfe eines sinnlosen Albatrosses gegeben, dass keiner der Wächter achatener Herkunft - wie beispielsweise Chi Petto - in den Fall involviert werden dürfe."
Pismire zog die Augenbrauen hoch. "Ein sinnloser Albatross ..."
Der Vampir schnitt ihm das Wort mit einer kargen Geste ab und nickte. "Eben."
"Und die Reisegruppe traf gestern ein?"
"Ja."
"Mit einem Schiff aus Bes Pelargic."
"Ja, und vier Stunden vor der Ankunft des Schiffes wurde ein gewisser Johann Amadeus Franz von Tugut beim Patrizier vorstellig, um eine neu gegründete Gilde registrieren zu lassen, nämlich die "Gilde der Fremdenführer mit wirklichen und ausländischen Sprachkenntnissen", deren Dienste nach der Ankunft der Achatener dann auch dringend gebraucht wurden - wie es scheint."
"Was wissen wir noch über ihn?"
"Es könnte sich bei von Tugut um Felipillo Trutzelmann handeln, der aktenkundig wurde, weil er zweimal wegen unsittlicher Handlungen an Gemüse verurteilt wurde - einmal in Sto Lat und einmal in Pseudopolis."
"An Gemüse? Was für Gemüse?"
"Wieso fragst du?"
"Neugier - Kürbisse beispielsweise wären verständlicher als ..." Pismire brach ab. "Egal. Diese Unterlagen über ihn stammen ...?"
"Vom Patrizier - genau genommen: von seinem Sekretär."
"Und dennoch ließ man ihn eine Gilde eröffnen?"
"Ja und!? Er wollte ja keine "Gilde der Gemüsehändler" oder so eröffnen." Der Vampir zuckte mit den Achseln. "Vielleicht hat der Patrizier das Material ja auch erst nach seinem Tod bekommen. Denn er war der Tote, den die Palastwachen heute morgen in den Räumen der "Herberge zu den acht Kotzbarkeiten" gefunden hat."
"Acht Kotzbarkeiten?"
"Ein Schreibfehler. Bis gestern Morgen hieß die Herberge noch "Zum fröhlichen Tupferkopf".
"Haha - sehr komisch", knurrte der Oberleutnant. "Wahrscheinlich heißt die Wirtin Lega Stenicker?"
"Nein, die ist ein Wirt und heißt Pat McSweeney."
"Doch nicht etwa verwandt mit den McSweeneys? Einer der fünf Herrscherfamilien des Achatenen Reiches?"
"Das wird deine Aufgabe sein, das herauszufinden", war die Antwort.
"Dafür danke ich aber jetzt ergebenst", grummelte der alte Mann. "Aber nun mal ehrlich. Warum soll ich das tun?"
"Weil du das Achatene Reich bereist hast."
"Das kann man so nicht sagen - und das weißt du auch. Ich wurde dorthin entführt, und dann habe ich versucht, das verdammte Achatenen Reich wieder zu verlassen. Und das ist auch schon alles. Ich wollte das nicht besichtigen - ich wollte da raus."
"Ja, und das haben vor dir nicht viele geschafft. Und dann hast du ja mit Chief-Korporal Nasa noch jemanden im Team, deren Gefährte Achatener ist. Das könnte sich als hilfreich erweisen."
Pismire nickte.
Eine Stunde später saß er den Mitgliedern der Ermittlergruppe gegenüber und beendete die Schilderung des Falles - beziehungsweise dessen, was bisher den Fall ausmachte.
"... werden wir sehen, wenn die Gerichtsmediziner Gilgory und Pochtli das Ergebnis haben. Allem Anschein nach wurde der Mann erstochen, aber bei diesem Fall müssen wir von Anfang an auf Nummer Sicher gehen."
"Was ist mit der Reisegruppe?", fragte der Gefreite Steinstiefel.
"Wir haben die Liste mit den Namen, so, wie sie sich im Gästebuch des "Acht Kotzbarkeiten" eingetragen haben", er reichte die Liste in Richtung des Zwergen.
Er wollte gerade weitersprechen, als ein deutliches Kichern ihn aufmerken ließ. Die Liste war in die Hände von Tyros y Graco gelangt, der prustend auf einen der Namen zeigte: "Drei gestreckte Mittelfinger? Da heißt echt jemand Drei gestreckte Mittelfinger!?", japste er, fing sich aber augenblicklich, als ihn ein strafender Blick seiner ehemaligen Ausbilderin traf. Verlegen reichte er die Liste weiter an Bjornson, der ihn an den DOG-Moloss weiterreichte.
"Zur Zeit ist ein Tatortteam von S.U.S.I. vor Ort", sagte Pismire und blickte zu Oberfeldwebel Harmonie, die bestätigend nickte und: "Charlie Holm und Sillybos berichten, sobald sie zurück sind", ergänzte.
Pismire fuhr fort: "Es gibt bisher keinen Hinweis darauf, was mit der Reisegruppe passiert ist. Vielleicht bringen uns ihre Untersuchungen einen ersten Anhaltspunkt."
"Das glaube ich kaum", kam die Stimme von Charlie Holm von der Tür. Dieser hatte den letzten Halbsatz gehört und betrat nun den Raum. "Die Räume, in denen die Reisegruppe untergebracht sind, enthalten überhaupt keine Spuren."
"Was meinst du damit? Es gibt überall Spuren", mischte sich Romulus Grauhaar mit einem dumpfen Grollen in der Stimme ein.
"Hier aber nicht. Die Gruppe war in einem eigenen Trakt bestehend aus sechs Einzelzimmern und zwei Doppelzimmern, die alle von einem großen Raum abgehen, sowie einer Art Waschraum und einem Gepäckraum im darunter liegenden Keller untergebracht. Es gibt nur eine Tür dort hinein", er trat zu einer Schiefertafel, die an der Wand des Besprechungszimmers hing und skizzierte gekonnt den Grundriss. "Diese eine Tür führt zum Gastraum. Die Zimmer selbst liegen zu ebener Erde und blicken alle auf den Innenhof der Herberge, deren Tordurchfahrt in der Nacht verschlossen ist. Die Fenster jedoch sind vergittert. Da kann keiner rein noch raus. Und alle Zimmer waren nicht nur vollkommen unberührt - sie waren auch gründlich gereinigt worden: kein einiges Staubkrümmelchen, kein Haar, keine Fusseln, keine Fingerabdrücke. Nichts."
"Aber da gab es einen Erstochenen", warf der Abteilungsleiter von RUM ein.
"Ja, den gab es. Er lag nackt in einer der drei Badewannen in diesem Badezimmer im Keller. Auch dieser Raum war gründlich gereinigt worden."
"Nackt?", fragte Pismire nach und blätterte hektisch durch die Unterlagen. "Wo steht das?"
"Nicht in den Unterlagen", entgegnete der Tatortwächter kühl. "Offensichtlich fanden die Palastwächter dieses Detail nicht erwähnenswert. Das einzige, was wir fanden, sind diese zehn Ikonographien. Und an denen fanden wir wiederum nichts."
"Was sind das für Bilder?", fragte Obergefreite Nyvania.
Charlie Holm reichte sie an Pismire. "Touristenbilder halt. Zehn Achatener auf dem Fallreep des Schiffen und am Hafen, zehn Achatener vor der Taverne, zehn Achatener in der Taverne, zehn Achatener im Gemeinschaftsraum. Es sind insgesamt zehn Bilder. Viel haben sie nicht von der Stadt gesehen - ihr Schiff, die "Goldene Hindin", lief gestern am späten Nachmittag ein; an Bord noch wurden sie von ihrem Reiseleiter, der nun tot ist, abgeholt und dann ins Hotel gebracht. Am Abend stand ein Tavernenabend mit ankh-morporkischem Essen und ankh-morporkischer Folklore auf dem Plan - alles in den "Acht Kotzbarkeiten"", schloss er seinen Bericht.
"Wir haben Folklore, echte Folklore? Boah!", quickte es aufgeregt. Die Köpfe der Anwesenden wandten sich daher Lili Baum zu, glitten an ihr hinab und verharrten auf einer Schachtel, an der man "Horatius" lesen konnte und aus der diese kleine, schrille Stimme drang.
"Nun", ließ sich die Stimme von Charlie Holm vernehmen, "wenn man unter Folklore und typischem Essen ..."
"Äh, danke, Korporal", unterbrach der Oberleutnant den sich andeutenden Vortrag zielstrebig. "Das wäre vorläufig alles, oder?"
Holm nickte und zog sich zurück.
"A pro pos alles: Wo sind die -hatschi, 'ntschuldigung - Truhen geblieben? Die sprichwörtlichen aus intelligentem Birnbaumholz, die (bis an den Rand mit Gold gefüllt) ihrem - hatschi - Besitzer folgen und ihn verteidigen? Die können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben?"
"Tja, eine weitere Frage, auf die wir noch keine Antwort haben, Chief-Korporal", meinte der Oberleutnant mit gespielter Munterkeit. "Ich würde jetzt gerne von jedem von euch ein paar Vorschläge zur weitern Vorgehensweise hören", sprach's und schickte etwas, das er für aufmunternde Blicke hielt, in die Runde.
17.05.2009 0: 38Lilli Baum
Daraufhin begann der Korporal auf der Glasscheibe herum zu tippen.
Günther räusperte sich und sagte dann: "Also, sie schlägt vor, dass man versuchen könnte, jemanden in die achatische Muffia einzuschleusen, die haben bestimmt Dreck am Stecken."
Pismire ließ sich den Vorschlag einige Augenblicke lang durch den Kopf gehen.
17.05.2009 12: 30Nyvania
"Nun...", begann Nyvania nachdenklich während sie auf einem Teebeutel herum kaute und sah nachdenklich in die Runde. "Es ist doch allgemein bekannt, dass diese Truhen ihrem Besitzer überallhin folgen. Und sie haben einen ausgeprägten und überaus anhänglichen Beschützerinstinkt.
Also, entweder, die Achatener sind entführt worden und die Truhen haben aus den Entführern schon längst Hackfleisch gemacht, womit die Touristen wahrscheinlich in diesem Moment die Stadt besichtigen..."
"...oder aber sie wurden nicht wirklich entführt, sondern sind freiwillig mitgekommen", warf Bjornson ein. Die Obergefreite nickte zustimmend.
"Dann drohte ihnen keine Gefahr", dachten sie zumindest.
"Und was sucht dann der Tote in der Badewanne?", warf Feldwebel von Grauhaar ein.
"Hm ... vielleicht sind die Truhen zerstört worden ...", begann Steinstiefel.
Oberfeldwebel Harmonie schüttelte den Kopf. "Das dürfte unmöglich sein."
"Schade", war es von Tyros zu hören.
"Hat nun jemand einen Vorschlag?", warf Oberleutnant Pismire nun ein, der das Gespräch schweigend verfolgt hatte.
"Naja, in jedem Fall würden die Truhen im Falle einer Entführung keine Türen benutzen, oder? Ich meine, wenn sie es wirklich ernst meinen", begann Nyvania erneut.
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
"Mit Staub putzen und wischen wäre da nicht geholfen", warf Horatius ein. Nyvania nickte Lilli zu.
"Vielleicht -hatschi- gibt es wenigstens kleine Spuren. Die meisten -hatschi- Herbergen sind heruntergekommen -hatschi! Da fällt das vielleicht nicht sofort auf."
Währenddessen waren die Fotos im Kreis herumgereicht worden.
"Moment mal", warf Tyros ein. "Wenn diese sprengfesten Truhen immer überall dabei sind, warum fehlen sie dann auf den Fotos?"
17.05.2009 12: 43Glum Steinstiefel
"Sie fehlen?", ließ sich Bjorn vernehmen.
Tyros schob auf Pismires Schreibtisch die Bilder durcheinander. Schließlich nickte er noch einmal bestätigend.
"Ja. Sie sind nicht da!"
"Interessant", kommentierte der Oberleutnant und beugte sich über die Ikonographien.
Die Versammlung schwieg einige Momente um die Möglichkeiten ihres Verbleibs zu überdenken.
"Sind diese Truhen eigentlich intelligent?", fragte Bjorn.
"Nun, dem Namen nach handelt es sich ja intell -"
"Nein, nein, Tyros. Ich meinte vielmehr: Handeln diese Dinger, weil es in ihrer magischen Natur so eingeprägt ist oder sind sie tatsächlich in der Lage kompliziertere Befehle auszuführen?"
Unangenehm berührt spürte Hatscha die Blicke auf sich ruhen.
"Ich äh ... weiß es nicht?", antwortete sie unsicher und warf hilfesuchend einen Blick zu Glum, der nachdenklich in die Luft starrte.
"Könnte es sein ... was soll dieser, dieser wieheißernoch, äh ... Trutzelmann ..."
"Gilde der Fremdenführer mit wirklichen und ausländischen Sprachkenntnissen", bemerkte Hatscha hilfreich und blickte fragend drein.
"Ja, nein. Ne, das passt nicht ... ich hatte mir nur gerade überlegt, was wäre, wenn die Truhen nicht auf die einzelnen Touristen, sondern nur einer einzigen Person verteilt gewesen wären? Macht das Sinn?"
"Möglich, aber sehr unwahrscheinlich."
Pismire zog die Augenbrauen hoch.
"Denkst du etwa an einen Spion oder so was unter den Touristen?"
"Nicht direkt, ich möchte nichts unterstellen ..."
Grübelnd streckte Glum eine Hand nach einem der Bilder aus.
"Wo wir eben bei der Gilde waren ...", nahm die anwesende DOG-Wächterin den Faden wieder auf: "... vier Stunden vor der Ankunft der Touristen soll die - hatschi - neue Gilde von Trutzelmann beantragt worden sein. Normalerweise erhält der Patrizier doch bereits weit vorher durch Albatrosse Ankündigungen, was Besuche aus dem achatenen Reich angeht. Mich wundert es, dass er die Genehmigung so kurzfristig dazu gegeben haben - hatschi, ach Mist - haben soll."
"Das ist tatsächlich seltsam, wo er doch die Führungsakte des Mannes gehabt haben muss?", erkundigte sich Nyvania. "Normalerweise verlangt er doch Referenzen, richtig?"
Hatscha schüttelte den Kopf.
"Aber auch, wenn er den Touristen etwas wollte, so wäre es doch seltsam, wenn er ein Verbrechen an so auffälliger Stelle einsetzen würde ..."
Glum nickte zustimmend. Der Zwerg betrachtete noch immer das Bild der Achatener auf der Fallreep.
"Je nun, ich fürchte, wir können seiner Lordschaft nicht einfach ..."
Pismire unterbrach sich irritiert, als der Zwerg den Kopf schieflegte und stutzte.
Die Augen der Versammelten richteten sich skeptisch auf den Moloss. Dieser hielt das Bild gegen das Licht und fuhr mit dem Zeigefinger über die Rückseite der Ikonographie, blieb dann an einer Stelle stehen.
"Hm!", machte er und schwenkte das Bild ein wenig herum, ohne den Finger von der Stelle zu nehmen. Er wirkte etwas unsicher, vielleicht hatte ihn der Blick des Offiziers , der sich nun durch die Luft bohrte, unsicher gemacht.
"Das ist die Nummernnotiz von der S.U.S.I.", sagte der Oberleutnant, der von dem Bild nur die Rückseite sehen konnte.
"So?", grübelte Glum. "Sonne!"
Sein Finger wanderte auf die Vorderseite und blieb auf gleicher Höhe wie auf der Rückseite stehen. "Hier neben dem Namen. Neben "Goldene Hindin". Da ist das achatische Zeichen für 'Sonne'."
"Nein, da ist die Nummer von -"
"Es schimmert durch."
"Als ob?" Nyvania streckte die Hand nach dem Bild aus.
17.05.2009 22: 14Lilli Baum
Lilli hörte dem Gespräch zu und versuchte von ihrer Position aus so viel wie möglich auf dem Foto zu erkennen. Von wegen Sonne! Da waren nur verschwommene Flecken, die könnten doch alles sein...
Sie verkniff sich ein Seufzen, denn dann hätten sie die Kollegen wieder schief angesehen. Wenn sie irgendwo irgendwelche Zeichen hinein interpretieren wollten, dann sollten sie - sie würde sich da heraus halten.
Das mit dem Truhen jedoch klang interessant. Intelligentes Birnbaumholz ... davon hatte sie heute zum allerersten Mal gehört. Es schien ganz so, als würden diese Truhen leben und das war genau der Punkt, an der sie ansetzen konnte. Wenn sie eine auftreiben könnte, dann bestünde die Möglichkeit, die Truhe zu verhören, denn Pflanzen sprachen alle die selbe Sprache (wenn auch mit Dialekt). Ja, das war doch eine gute Idee. Aber die würde sie schön für sich behalten, weil die Kollegen sie nur für verrückt erklären würden, statt ihr zu glauben, dass sie mit Bäumen kommunizieren konnte.
Lilli begann beschwichtigend zu lächeln, denn zwischen den Wächtern begann ein Streit zu entbrennen, ob das Piktogramm, das Glum für eine Sonne hielt, wirklich eine war. Charlie sah nämlich einen achatenen Wurfstern darin.
17.05.2009 23: 42Pismire
"Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen", unterbrach Pismire den Streit über die Zeichen auf der Ikonographienrückseite. "Die Nachricht, dass eine Gruppe von Touristen aus den Achatenen Reich unterwegs war, war dem Patrizier schon länger bekannt. Die Nachricht, die besagt, dass keine achatenen Wächter involviert werden dürften, kam kurz
nach dem Auffinden der Leiche - so seine Lordschaft - und mit Hilfe eines sinnlosen Albatross."
"Aber, der braucht länger", meinte Laiza nachdenklich. "Bestimmt mehrere Tage, oder?"
Pismire nickte. "Ja, das denke ich auch. Aber ich wollte euren Disput nicht unterbrechen."
18.05.2009 9: 26Laiza Harmonie
"Was hat also der Herrscher mit diesem Mord zu tun? Beziehungsweise, wie sicher können wir uns sein, dass diese Nachricht nicht gefälscht ist?", fragte Laiza darauf hin.
"Ich denke, der Patrizier würde es merken, wenn er eine gefälschte Nachricht erhalten würde", warf Nyvania ein.
"Davon gehe ich auch aus, aber das heißt noch lange nicht, dass er uns diese Information auch mitteilen würde", entgegnete der Oberfeldwebel, "Vielleicht ist es mal wieder ein Test. Er sitzt vielleicht gerade in seinem rechteckigem Büro, hat die Finger aneinander gelegt und weiß ganz genau wie, was und warum alles passiert ist."
"Dann sollten wir alles daran setzen, dass wir diese Antworten schnellstmöglich bekommen", entschied Pismire.
"Vielleicht fangen wir bei der Frage an, wieso keine achatenen Wächter involviert sein dürfen?", schlug Romulus vor.
"Lilli hatte indirekt schon eine Antwort auf diese Frage", meinte Laiza. "Es wäre kein Problem einen achatenen Wächter bei der Muffia einzuschleusen, vielleicht soll genau das verhindert werden?"
"Das klingt nicht schlecht, aber könnten wir noch mal auf die Bilder zu sprechen kommen?", forderte Glum, der immer noch die Ikonographie in der Hand hielt. Seine Entdeckung schien ihm wohl keine Ruhe zu lassen.
"Woher kennst du eigentlich achatene Schriftzeichen", fragte Tyros interessiert.
18.05.2009 11: 45Glum Steinstiefel
"Der Moloss hat aufgrund seiner Spezialisierung, nach entsprechender vorheriger Ausbildung, als Schriftengelehrter ein umfassendes Wissen über alte und auch geheime Schriften sowie Schriftzeichen und ist imstande, nahezu jede kryptische Aufzeichnung zu lesen und zu übersetzen", zitierte der Zwerg in einem Atemzug den Lehrtext. "So sieht jedenfalls der Idealfall aus."
"Ah", machte Tyros. "Und du kannst Achatisch?"
"Nein, aber ich gebe mir Mühe. Wo sind denn die anderen Bilder?"
"Ich wollte noch einmal mit der Muffia nachhaken."
Romulus verfiel halb unfreiwillig in den unnahbaren Überlegenheitston, der jedem Gefreiten in den Ohren lag und mit zunehmendem Rang an Form und Festigkeit gewann.
"Vielleicht -"
"Riskieren wir denn dann mit dem Chief-Korporal unserer Geheimhaltung? Zumal der Patrizier ja allwissend zu sein scheint?", unterbrach Nyvania den Vorgesetzten. "Verzeihung bitte, aber das könnte nicht unwichtig sein ..."
Aus Lillis Richtung kündete leises Klackern von hektischem Fingerspiel, während von Glum ein "Nichts!" zu vernehmen war.
"Ja schon, aber -"
"Die Möglichkeit, dass die Nachricht dennoch gefälscht sein könnte, darf nicht ausgeschlossen werden", bemerkte Günther mit einem Unterton des Zweifels und sah Romulus verzeihend an, der soeben wieder zu einem Satz angesetzt hatte. Hatscha verzog das Gesicht und nickte auffordernd an Lillis Adresse.
"Und deine Idee mit der Muffia, Korporal?"
Eine kurze Pause folgte, in der flinke Finger fleißig tippten.
"Vielleicht wurde al Nasa wegen ihres Gefährten ja auch gerade deshalb ausgewählt, um eingeschleust werden zu können?"
"Und wo ist da der Sinn?", brummte von Grauhaar. "Sie sieht eindeutig nicht achatisch aus! Also wer das nicht sehen -"
"Mond!"
18.05.2009 13: 26Nyvania
Nyvania griff den Faden auf: "Eben. Es ist doch seltsam, dass in einem solchen Fall angeordnet wird keine Wächter achatischer Abstammung zu involvieren. Der Befehl klingt meiner Meinung nach ein bisschen unlogisch. Entschuldigung, aber alles was zur Lösung des Falls helfen könnte, sollte doch erwünscht sein. Also warum sollten wir niemanden einschleusen dürfen?"
Laiza nickte. "Oder können. Es muss einen Grund haben."
Pismire nickte zustimmend.
"Vielleicht hilft es uns weiter genau das erst mal heraus zu finden", brummte der Feldwebel.
"Sterne!", murmelte Glum dazwischen.
18.05.2009 16: 36Lilli Baum
Lilli begann erneut zu tippen, worauf Günther krähte: "Was hält uns eigentlich davon ab, einen nicht-achatenen Wächter in die Muffia einzuschleusen? Wir sind hier in Ankh-Morpork, also -"
Lillis Finger huschten erneut über die Glasscheibe.
"- sollte es doch ziemlich wahrscheinlich sein, dass sie auch nicht-achatene Mitglieder haben. Schwager und so, Hatscha ist bestimmt nicht die einzige nicht-achatene mit einer Beziehung zu einem Achatener."
Lilli nickte und fuhr dann mit raschen Handbewegungen fort. Günther sprach weiter: "Außerdem wäre es von denen doch höchst bekloppt alle Untaten mit Achatenern durchzuführen. Dann hätten wir sie doch schon vor Jahren eingebuchtet. Aber es gibt sie immer noch."
Günther stöhnte entnervt, als Lilli anscheinen immer noch etwas zu sagen hatte: "Abschließend meint sie, dass es für einen guten verdeckten Ermittler eigentlich kein Problem sein dürfte, sich lang genug nicht enttarnen zu lassen. Das Kritische ist das Einschleusen, aber wenn wir ein paar unser Kontakte abschecken sollte sich mit Sicherheit eine Möglichkeit ergeben. Wir haben nicht ohne Grund unsere Informantenkontakter und Anwerber."
19.05.2009 13: 28Bjorn Bjornson
Bjorn hörte gut zu und überlegte fieberhaft, wie er etwas ins Gespräch einbringen könnte. Schon länger fragte er sich, was die Achatener eigentlich jetzt machten. Doch er hatte noch keine Gesprächslücke als groß genug finden können, um diese Frage einzuordnen.
Jetzt fragte er einfach rein.
"Was ist eigentlich mit den Touristen. Laufen die jetzt durch die Stadt, ohne Fremdenführer? Das kann doch eigentlich nicht gut gehen. Oder?"
Alle sahen ihn an und Bjorn sank etwas mit seinem Kopf zwischen die Schultern.
"Da kümmern wir uns gleich drum", sagte Pismire. "Zurück zum Thema."
21.05.2009 12: 01Hatscha al Nasa
Hatscha hörte geduldig zu, als diskutiert wurde, wie mit der achatenen Muffia umgegangen werden sollte. Ob es wirklich Sinn machen würde, sie selbst einzuschleusen?
"Ansonsten wäre da ja noch Melaina", griff sie das Thema wieder auf. "Sie ist eine Freundin von mir, die meistens auf meinen Sohn aufpasst, hat aber durchaus Erfahrungen gesammelt, andere Leute auszuspionieren. Vielleicht würde sie uns helfen, aber dann bräuchte ich einen anderen Babysitter für Kai."
Die anderen Wächter sahen sie nachdenklich an. Schließlich ergriff Laiza das Wort. "Und wer sagt uns, dass sie nicht uns ausspioniert? Könnte doch sein, dass sie mit der Muffia bereits zusammenarbeitet."
Hatscha schwieg. Sie vertraute ihrer Freundin, aber sie konnte natürlich nicht beweisen, dass sie ganz sauber war. Außerdem ... als Wächter lernte man, misstrauisch gegenüber allem und jedem zu werden.
"Laiza hat Recht. Vertrauen ist schwierig, wenn es um Organisationen wie die Muffia geht. Ich denke, wir sollten das selbst in die Hand nehmen. Vielleicht ist das auch der Grund, weswegen keine offensichtlich achatenen Wächter involviert werden sollen. Sie könnten bestochen werden oder anderweitig von der Muffia belästigt. Da ist Hatscha nicht ganz so leicht zu fassen; Klar, auch sie ist durch die Beziehung zu Melas bestechlich, aber das herauszufinden dürfte etwas schwerer sein, als direkt einen achatenen Wächter zu bedrohen", schloss Pismire.
"Und was ist, wenn gar nicht die Muffia mit drinhängt?", fragte Tyros schließlich. "Würden wir dann nicht riskieren, dass wir sie auf den Fall erst aufmerksam machen und dann erst recht Ärger mit ihnen bekommen?"
Lilli ließ leise ihre Finger über den Kasten huschen und Horatius antwortete schließlich: "Wenn wir diskret genug vorgehen, und ein
guter verdeckter Ermittler sollte das ja hinkriegen, sollten sich diese Bedenken als überflüssig erweisen."
Alle dachten darüber nach. Glum ergriff die Gelegenheit beim Schopfe und sagte: "Um nochmal auf die Zeichen zurückzukommen ... Ich glaube, ich erkenne langsam ein System dahinter!"
21.05.2009 13: 22Glum Steinstiefel
"Wirklich?", fragte Tyros verwundert.
Glum nickte und begann zu erklären.
"Also, was wir hier haben, sind zehn Bilder ..."
Er breitete sie unter erwartungsvollen Blicken nebeneinander auf dem Offiziersschreibtisch aus.
"Zehn Bilder. Geht man nach den S.u.SI.-Nummerierungen, so müsste die Reihenfolge der Photos diese hier sein. Somit müsste das Bild mit dem Fallreep das zweite sein. Hier verbirgt sich die Sonne neben dem Namen des Schiffes. Ein Kreis mit einem Punkt darin. Hat jemand von euch Stift und Papier?"
Pismire begann in ihrer Schublade zu kramen und förderte das Geforderte zu Tage.
"Ah, wunderbar, danke. So ... dieses Zeichen hätten wir also. Als nächstes hätten wir da die Sterne. Bild vier. Wir sehen die Reisegruppe vor der Taverne stehen. Das Sternsymbol befindet sich an der gleichen Stelle auf dem Bild, wie die Sonne auf dem zweiten. Ebenfalls links neben dem Namen der Taverne. Neben 'Acht Kotzbarkeiten'..."
"Der Name ist irgendwie unglücklich gewählt, findet ihr nicht?", murmelte Bjorn verlegen, während neben das Zeichen der Sonne jenes für Sterne gezeichnet wurde. Ein Kreis mit fünf Zacken entstand.
"Photo Nummer acht zeigt den Mond als Sichelzeichen. Hier allerdings rechts unten in einer Ecke. Man kann die Achatener im Gemeinschaftsraum sehen ..."
Nachdenklich starrten alle auf den Zwerg, der nun grübelnd zum Brainstorming überging.
"Die Sonne neben dem Namen 'Goldene Hindin'. Eine mögliche Anspielung der Farbe auf das Symbol? Ein Stern neben der 'Acht' ... vielleicht die Mehrzahl? Die Sonne zählt als Stern...und in der gleichen Position? Aber dann die Mehrzahl? Würde man die Bilder übereinander egen, so befände sich in der Mitte des Sternkreises der Punkt der Sonne. Aber das wäre äußerst auffällig und beinahe zweideutig ... der Mond? ... was soll das?"
Das entsprechende Symbol fand seine Form in Graphit.
"Aber man kann nicht davon ausgehen, dass die Nummerierung die der tatsächlichen Reihenfolge entspricht?"
"Nein, Bjorn, dazu müsste man abwägen, in welcher Reihenfolge die Bilder wahrscheinlich aufgenommen worden sind. Und da sind die Möglichkeiten vielfältiger. Lass mal sehen ..."
Glum ordnete einige der Bilder neu.
"Von der Nummerierung ausgehend, haben wir Zeichen auf den Bildern zwei, vier, acht. Hält man sich an einen Zweierschritt, so müsste sich auch auf Bild sechs ein Zeichen befinden sowie auf Bild zehn. Allerdings sollte man auch das nummerische Orthographieprinzip beachten. Die Zahlen Zwei und Vier zählen vier Buchstaben. Sechs zählt hingegen fünf davon. Nach dem Zweierschritt, würde die zwei aufsummiert werden und wir landen bei Bild Nummer acht, mit vier Buchstaben. Und dann sieh mal hier..."
Sie alle sahen genauer hin.
"Bild Nummer acht zeigt den Gemeinschaftsraum, Nummer sechs wie die Achatener in der Taverne sitzen. Es ist möglich, dass das Bild mit Nummer sechs auch nach Nummer acht gemacht wurde. Dann würde aus Nummer acht eine sechs und umgekehrt. Die zwei Schritte würden wieder gültig. Bloß lässt sich dies in diesem Fall nicht auf Bild acht und zehn ohne weiteres übertragen."
"Das klingt mehr nach einer Zahlenspielerei.", meldete sich Horatius in Lillis Auftrag zu Wort. "Lilli meint, sie sähe hierin nichts Konkretes, da deine Theorien auf der S.u.SI.-Nummerierung beruhen."
"Da hat sie ja auch recht.", bestätigte der alte Zwerg und blickte den Korporal verdrossen an. "Ich überlege ja auch noch."
"Das ist auf jeden Fall schon mal ganz beachtlich.", nickte Hatscha anerkennend. "Bloß die Symb-"
"Ja, es geht auch noch weiter.", unterbrach Stiefel beschwichtigend. Sämtliche Aufmerksamkeit richtete sich noch einmal auf den Moloss.
"Wie gesagt, gilt die Sonne als Stern. Sterne dienen als Orientierungspunkte, man denke nur an die Seefahrt. Das Sternzeichen befindet sich allerdings nicht in etwa auf dem Fallreep-Bild, oder dem Hafen-Schnappschuss, sondern neben der Taverne. Gehe jetzt bitte von dem Fall aus, zwischen der Symmetrie der Sonne und dem Stern bestünde in der Tat eine Gemeinsamkeit...wäre es da nicht denkbar, die Sonne markierte einen bestimmten Punkt?"
"Nun, das wäre durchaus nicht zu verleug-"
"Ja. Aber was sind Sterne? Im Prinzip doch auch nur Sonnen. Da hätten wir wieder die Mehrzahl. Aber der Mond steht abseits. Er gilt auch nicht als Stern, obwohl er leuchtet bzw. beleuchtet wird. Von der Sonne. Und der Gemeinschaftsraum..."
"OK, schön und gut.", sagte Romulus nach ein paar Sekunden. "Das sind viele schöne Daten. Bloß weshalb haben wir hier zehn Bilder? Weshalb zehn vermisste Truhen? Zehn Achatener? Zehn? Hat das einen Zusammenhang?"
"Bestimmt!", bemerkte Nyvania nasal und griff nach der Namensliste der Touristen.
Pismire blickte recht unglücklich drein. "Das ist alles nur sehr wage. Wenngleich auch eine gehörige Portion. Dennoch...eventuell will man uns mit deinen Symbolen auch auf eine falsche Fährte führen. Sicherlich hat jemand die Bilder in der überaus gereinigten Unterkunft nicht ohne Absicht dort liegen lassen."
"Sicherlich...", sagte Glum und hob noch einmal Photo Nummer acht und zehn nebeneinander gegen das Licht."Übrigens glaube ich noch immer nicht richtig an eine Muffia-Aktion. Auch nicht wirklich an Spionage. Ist alles ein wenig..."
Nvanyia hüstelte dezent.
Und hüstelte noch einmal leicht verärgert, als sich niemand zu ihr wandte.
"Würde es jemanden von euch überraschen,...", sagte sie träge: "...würde ich euch sagen, dass einer der Touristen 'Zehn goldene Teiche' heißt?"
23.05.2009 17: 47Pismire
"Ich weiß nicht", ließ sich die tiefe und skeptische Stimme des Abteilungsleiters von RUM vernehmen. "Diese ganze Spekulation über Sterne und Zahlen ... im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen, wie die Navigation über Sternzeichen funktionieren soll - ich meine, die wechseln doch alle paar Jahre, je nach dem Lauf von Groß A'Tuins Bahn. Und diese Spekulationen über die Sonne den Mond, und ob die Sterne auch so etwas wie unsere Sonne seien, scheint mir doch eher philosophischer - um nicht zu sagen: spekulativer - Natur zu sein", fuhr er fort. "Bringen die uns an dieser Stelle weiter?"
Und nach einer kurzen Pause bemerkte er: "Was haben wir denn eigentlich an Fakten!? Einen Ermordeten, zehn verschwundene Achatener, zehn verschwundene Truhen aus intelligentem Birnbaumholz, die ein ziemliches Vermögen darstellen, wenn man sich ihrer bemächtigen kann - a pro pos", sein Blick schweifte zu der Okkultismusexpertin, "ginge das? Könnte man sich diese Truhen in irgendeiner Form aneignen?"
Laiza erwiderte seinen Blick und zuckte mit den Schultern: "Ich bin noch nicht dazu gekommen, mich entsprechend über diese Truhen und intelligentes Birnbaumholz kundig zu machen", erwiderte sie, "aber diese Sache steht ganz oben auf meiner persönlichen Liste der zu erledigenden Dinge."
Diese Ablenkung benutzte Pismire, um die in seinen Augen ein wenig abgeschweifte Diskussion um Sonne, Mond und Sterne, was ihn vage an ein Kinderlied, das er einst gekannt hatte und an dessen zweite Zeile er sich in diesem Augenblick leider überhaupt nicht erinnern konnte, wieder auf den rechten Pfand zu lenken.
"Wir sollten", hub er an, wurde aber in diesem Augenblick durch ein Geräusch aus der Wand, das am ehesten an einen lauen Lippenfurz erinnerte, unterbrochen. Mit den Worten: "Tatatataaaaaaaaaaaaaa - die Rohrpost ist da, du alter Flusenkopp" schleuderte Aaps, der (wenigstens nach seinen eigenen Aussagen) unter einer Form von postpubertärem Zwangsvulgarismus litt und deswegen nichts anderes als pöbeln konnte, einen Bericht auf den Schreibtisch und verschwand so schnell er konnte, als er den Blick von Laiza auf sich spürte.
"Ah", meinte der Gerichtsmediziner mit einem leichten Seufzen in der Stimme, "der Obduktionsbericht." Hastig glitten seine Augen über den Bericht. "Ich erspare mir die Details: die Todesursache war ein Stich direkt von Vorne ins Herz. Wie es scheint hat der Tote sich nicht gewehrt. Und - Moment", er suchte weiter, "der Tote war bekleidet, als er erstochen wurde."
"Wie willst du das wissen?", fragte Tyros, der sich nicht vorstellen konnte, wie das festzustellen war.
"Oh, Avalania hat winzige Stofffasern von dem Material, dass das Messer durchdrungen hat, bevor es auf das Herz traf, in der Wunde gefunden."
"Also hat der Täter die Leiche hinterher entkleidet?"
"Nun,
jemand hat die Leichen post mortem entkleidet. Ja. Aber ob das der Täter war?" Er brach ab.
"Jetzt mal was ganz anderes", ließ sich in diesem Augenblick der Rechtsexperte vernehmen. "Wenn da nach dem Mord und dem Verschwinden der Reisegesellschaft und ihrer Truhen offensichtlich alles aufgeräumt wurde - und zwar in der Gestalt, dass sogar die Kleider des Opfers beseitigt wurden: Woher wissen wir dann eigentlich, dass dabei keine Gildenquittung verloren gegangen ist?"
"Oh, das wissen wir nicht", meinte Pismire gut gelaunt. "Aber auch das ist ein Punkt, der dringend geklärt werden muss."
23.05.2009 19: 58Nyvania
Pismire räusperte sich.
"Gut. Damit haben wir schon einmal einige Punkte mit denen wir beginnen können. Laiza, du kümmerst dich um die Informationen über das Birnbaumholz und ob es manipuliert werden kann. Tyros, du kannst ihr dabei behilflich sein."
Die beiden nickten.
"Das Problem ist, dass wir keinerlei Hinweise auf eine bestimmte Gilde haben. Theoretisch könnte es jede sein. Hatscha, Glum, ihr könnt euch schlau machen, welche Gilden generell etwas gegen Fremde und Touristen haben, auf Geld oder sonstigen Ärger aus sind. Jede Information könnte helfen. Vielleicht findet ihr so auch noch etwas über diese Symbole heraus. Wer weiß. Haltet dahin gehend mit Bjorn Kontakt. Lilli, du kannst dich ja mal umhören. Vielleicht ist die Muffia mit im Spiel, vielleicht aber auch nicht. Über ein paar Kollegen und Informanten kommst du wahrscheinlich schneller an wichtige Informationen. Romulus, du könntest ihr dabei behilflich sein."
Der Werwolf knurrte zustimmend.
"Nyvania, du kümmerst dich um diesen Trutzelmann. Wer weiß was der geplant hatte. Irgendwo wird eine Akte herum fliegen. Vielleicht fällt die an seinem früheren Verhalten was auf."
"Ich werde mich hingegen noch einmal mit der Leiche befassen und auf weitere Berichte warten. Sollte mir etwas in die Hände fallen, werde ich es euch natürlich wissen lassen. Wichtig ist, dass wir ständig in Kontakt bleiben, sobald es was neues gibt. In spätestens achtundvierzig Stunden ist die nächste Besprechung. Gut, dann los."
24.05.2009 14: 14Laiza Harmonie
Die Wächter drängten sich durch die Tür hinaus. Einige besprachen leise ihr gemeinsames Tun und verstreuten sich langsam.
Laiza winkte Tyros hinter sich her und sagte nur knapp: "In mein Büro", bevor sie ihre Schritte beschleunigte.
Während er der Abteilungsleiterin von Suchen und Sichern kommentarlos folgte, drifteten seine Gedanken an seine damalige Ausbildung als Gift- und Gasexperte ab, die Laiza übernommen hatte. Bei der Erkenntnis, dass dies schon über viereinhalb Jahre zurück kam fühlte er sich plötzlich alt. Die Zeit war so schnell herum gegangen und nun arbeiteten sie wieder einmal miteinander, allerdings hatte sich einiges geändert.
Das Eckbüro im ersten Stock des Wachhauses war voll gestellt mit Bücherregalen und Aktenschränken. Abgesehen von den Fenstern gab es nur einen einzigen Fleck Wand, an dem kein Regal hing, sondern eine Karte von Ankh-Morpork. Sie sah ziemlich mitgenommen aus und verschieden farbige Stecknadeln und Fähnchen steckten an diversen Orten. An einigen Stecknadeln waren sogar Namensschilder von Tatortwächtern gepinnt.
Er wandte den Blick ab und beobachtete wie Laiza vor einem Regal stand und mit dem Zeigefinger die Buchrücken entlang strich.
"Ich habe mich bislang nie eingehender mit intelligentem Birnbaumholz und Gegenständen aus eben jenem beschäftigt", sagte sie, "aber ich hatte einige Bücher, die darüber etwas schrieben."
"Das es selten ist, ist das Einzige, was ich über dieses Birnbaumholz weiß", meinte Tyros, "woher sollen dann bitte zehn Truhen aus diesem Holz herkommen?"
"Wer weiß wie alt sie Dinger sind." Sie zog ein Buch heraus und ging das Inhaltsverzeichnis durch: "Ah, hier haben wir einige Informationen, setz dich doch."
Beide gingen zu ihrem Schreibtisch und setzen sich, in der Zwischenzeit hatte Laiza auch schon die entsprechende Seite aufgeschlagen.
"Okay", sie räusperte sich und begann Tyros die wichtigsten Details vorzulesen: "Das intelligente Birnbaumholz existiert auf Grund der magischen Kriege. Es wächst überall dort wo es starke magische Emission gab. Inzwischen ist es so gut wie ausgestorben, lediglich im Achatenen Reich gibt es noch vermehrt Stellen, an denen es wächst ..."
"Gut das würde dann zumindest die Truhen erklären", unterbrach Tyros.
"Allerdings, hier steht ansonsten, dass es gegen jede Art von Magie resistent ist. Das heißt wir brauchen uns schon mal gar nicht an die Zauberer wenden."
"Eine Katastrophe weniger", grinste der Alchemikexperte.
"Wohl war. Hier gibt es noch eine Anmerkung. Dadurch dass sie durch die Magischen Kriege hervorgerufen wurden, haben sie grundsätzlich schlechte Laune."
[1]"Wie bitte äußert sich schlechte Laune bei einem Mobiliar?"
"Keine Ahnung, bin auch selbst noch nie mit dem Gehölz zusammen gekommen. Vielleicht sollten wir nach weiteren Informationen suchen. In der Stadt gibt es einige alte Zaubererläden, vielleicht hat einer der Inhaber schon einmal so was zu Gesicht bekommen", schlug Laiza vor.
"Wie bewegen sich die Truhen eigentlich fort?"
"Mhh, keine Ahnung", Laiza zuckte mit den Achseln.
"Ich denke, dass es doch nicht unentdeckt bleiben würde, wenn zehn solcher Truhen in der Stadt herum ... streunen."
"Ich denke auch, dass Achatener mit Ikonographen nicht gerade unauffällig sind, zumal Neulinge generell in Ankh-Morpork auffallen, es sei denn sie überleben nicht lange."
25.05.2009 15: 45Lilli Baum
"Was fül eine wundelvolle Stadt!", verkündete einer der zehn Achatener und machte eine Ikonographie: "Und elst dieses Untelhaltungsploglamm! Wilklich ausgezeichnet!"
"Ja, da hast du Lecht!", stimmte ihn einer der anderen zu.
Ein dritter jedoch meinte: "Alles schön und gut, abel langsam welde ich etwas müde. Wie lange dauelt eigentlich so eine Entfühlung?"
"Nicht weiß", erwiderte der Troll, der vor der Zellentür Wache hielt.
"Oh, schaut mal, eine Latte!", quiekte ein weiterer Achate und deutete auf ein Nagetier, dass sich soeben in ihre Zelle verirrt hatte.
Begeistert zückten alle ihre Ikonographiekästen und begannen Bilder zu machen.
25.05.2009 18: 02Pismire
Als der letzte Wächter aus seiner Ermittlergruppe das Büro verlasse hatte, lehnte Pismire sich mit einem leichten Seufzer zurück. Ein wenig war er erstaunt, das keiner der Wächter
die Frage gestellt hatte, die ihn schon seit einer Weile beschäftigte: Welchen Zweck sollte eine Entführung haben, wenn danach niemand auf die Entführung aufmerksam machte? Er hatte bei seiner Einweisung in diesen Fall genau die gleiche Fragen an den Exkommandeur gestellt, doch dieser hatte nur mit den Schultern gezuckt und unverbindlich gesagt: "Meiner Meinung nach sind wir nicht einmal sicher, dass es seine Entführung überhaupt gibt."
War vielleicht in der dezenten Art, wie der Reiseleiter sein Ende gefunden hatte, eine Botschaft verborgen? Waren die verdeckten Symbole auf den Bildern, die dieser Moloss namens Steinstiefel so akribisch ans Tageslicht gefördert hatte ein Zeichen der Entführer - oder waren sie ein Hilferuf?
Pismire beschloss, dass er ein wenig Bewegung brauchte und mehr Informationen. Also hängte er ein Schild, auf dem der folgende Satz: "Ich binne baim Ermittligen", das er genau für diesen Zweck (des Vor-die-Tür-hängens) schon vor vielen Jahren in einem erstaunlich billigen Laden für
"Erstuanlich billige Schilder für alle Gelegigenheiten" gefunden und erworben hatte, vor sein Büro und machte sich auf den Weg zu den "Acht Kotzbarkeiten", wo er hoffte, McSweeny ein wenig auf den Zahn fühlen zu können.
25.05.2009 21: 06Romulus von Grauhaar
Nachdem Romulus Lilli einige Instruktionen gegeben hatte, die im Großen und Ganzen darauf hinausliefen, dass sie die aufgetragenen Nachforschungen erledigte, so dass er Zeit zum nachdenken hatte, begab sich der RUM-Abteilungsleiter schnurstracks in sein Büro. Er setzte sich an seinen großen, mit Unmengen von unerledigtem Papierkram beladenen Schreibtisch, zündete sich ein Pfeifchen an und griff in die oberste Schreibtischschublade, die immer einen gut gefüllten Vorrat an Superbulle-Dosen bereithielt. Der Werwolf ließ sich den süßlichen Inhalt eines Blechbehälters die Kehle herunter rinnen und zog genüsslich an seiner Pfeife. Da waren viele Fakten, die er in seinem Kopf ordnen musste, Fakten die klar bewiesen waren, andere Fakten, die ihm höchst vage und konstruiert vorkamen und Fakten, die vielleicht irgendwo im Verborgenen lagen, und erst aus der Fülle an Informationen hervorgeholt werden mussten.
Eine knappe halbe Stunde später erhob sich der Werwolf wieder und begab sich zum Nachbarraum, an dessen Tür er klopfte.
"Ja?" erklang es von innen.
"Fred, kommst du bitte mal einen Augenblick 'rüber? Ich möchte mal deine Meinung zu einem aktuellen Fall hören, bevor ich weiteres unternehme."
"Ich weiß nicht", erklang es von drinnen. "Habe momentan selbst ganz gut zu tun und..."
"Ich habe noch ein Fläschchen zwergischen Single-Malt im Schreibtisch."
"... war gerade der Meinung, dass diese Arbeit warten kann."
Eine Minute später saß Inspäctor Kolumbini auf dem Besucher-Stuhl im Abteilungsleiter-Büro, hielt ein Gläschen mit goldbrauner Flüssigkeit in der Hand und prostete seinem Freund und Kollegen zu. Dann begann Romulus, den kleinen, unkonventionellen, aber ungeheuer erfolgreichen Ermittler in seine Gedankengänge einzuweihen.
26.05.2009 14: 06Bjorn Bjornson
Hatscha und Glum hatten auch den Raum verlassen, ebenso Bjorn hinter ihnen drein. Es ging also um die Gilden, dachte Bjorn.
Er folgte den beiden DOGs, die sich gerade in die Eingangshalle des Wachhauses begaben.
Bjorn schloss auf, als diese in der Mitte der Halle stehen blieben.
"Wir könnten in mein Büro gehen", schlug er vor.
"Das wird nicht nötig sein", sagte Hatscha. "Wir brauchen ja nur zu überlegen, welche Gilden in Frage kämen."
"Gibt es vielleicht eine inoffizielle Gegengilde zu der Führergilde?", fragte Bjorn. "Schließlich gibt es die noch nicht so lange."
"Das wäre eine Sache zum Rausfinden", bemerkte Glum.
Und dann begannen sie über Gilden zu sprechen, von denen Bjorn teilweise noch nie etwas gehört hatte.
"Man sollte auf jeden Fall die Denkmalschützergilde besuchen", sagte Glum.
"Oder die Gastronomengilde. Vielleicht bevorzugte das Opfer eine bestimmte Auswahl an Gastronomien und die anderen waren nicht damit einverstanden."
"Nicht zu vergessen die Kommunistengilde. Die haben doch grundsätzlich etwas gegen Führer."
"Das war ein anderer Zusammenhang", bremste Hatscha den übereifrigen Glum aus.
"Nur um das noch mal aufzugreifen", warf Bjorn ein. "Die Achatener laufen doch jetzt durch die Stadt, oder? Die waren doch seit der Tat nicht mehr gesehen. Vielleicht wissen die auch mehr. Zumindest sollte man sie zu ihrer eigenen Sicherheit finden, finde ich."
"Ich bin ja auch der Meinung, dass die DOGs sich gut um die Gilden kümmern können", sagte Glum. "Lassen wir ihn doch nach den Achatenern suchen."
"Gut", sagte Hatscha und gab ihr Einverständnis. "Wir halten diesbezüglich Kontakt."
27.05.2009 10: 22Pismire
Froh, dem sich gerade ausbreitenden Fachgespräch der beiden DOG-Mitarbeiter entronnen zu sein, machte der Rechtsexperte der SEALS sich auf den Weg zu den "Acht Kotzbarkeiten", dem einzigen Ort, wo er Hinweise über den mögliche Aufenthaltsort der verschwundenen Achatener zu finden erhoffen konnte.
Er war ein wenig schockiert, dass keiner seiner Kollegen sich um das Schicksal der Verschwundenen und eben auch - so befürchtete er - Entführten zu kümmern schien. Nein, alles was sie offenbar wollten war, den Fall in kleinen Häppchen irgendeiner Lösung zuführen zu können. Darüber hinaus war er sich sicher, dass er das Fachsimpeln der beiden Gildenspezialisten nicht wesentlich bereichern konnte. Sein Spezialgebiet waren die
Gesetze der Stadt, nicht die Gilden, die sich sowieso häufig ihre Regeln, die sie dann prompt
'Gesetze' zu nennen pflegten, selber schufen.
In diese Gedanken versunken, wanderte er der Herberge der Reisegruppe auf dem
Paradies, einer Straße in der Nähe der Docks, zu.
Er hatte das Ziel fast erreicht (und genau genommen befand er sich schon auf der Grubengasse), als ihn ein Anruf von einem dort gelegenen Kaffeeausschank her erreichte.
"Gefreiter Bjornson!?"
Pflichtschuldig salutierte er, als er die Stimme von Oberleutnant Pismire hörte. "Setzt dich zu mit." Und mit einer leichten Geste orderte der alte Mann noch einen weiteren Kaffee. "Was um aller geringen Götter machst du denn hier?"
Mit der Frage war zu rechen gewesen, gestand der Zwerg sich ein, und er erläuterte sein Vorhaben und auch die Beweggründe, die ihn dazu veranlasst hatten, das für ihn vorgesehene Einsatzgebiet so schnell zu verlassen.
"Nachvollziehbar", meinte der Schamane nachdenklich. "Und: Du bist Rechtsexperte. Das kann ich gut gebrauchen."
Und bevor Bjornson anmerken konnte, dass er zwar Rechtsexperte war, aber es immer noch ganze Bereich des ankh-morporkianischen Rechts gab, die ihm unbekannt waren, fuhr der Leiter der Einsatzgruppe fort: "Du bist wirklich genau das, was ich brauche. Ich will dem Besitzer des Gasthauses weiter auf den Zahn fühlen. Und ich denke, dass er sich - wenn ich ihm sage, dass du eine Anwalt im Dienste der Wache bist, der sich mit allen Methoden der Gesetzesauslegung auskennt und der gut genug ist, ihn im Netz der Gesetze zu fangen - als ein wenig auskunftsfreudiger erweisen wird."
Bjorn merkte, wie ihm unbehaglich zu Mute wurde. Und er nahm all seinen Mut zusammen, dieses Unbehagen in Worte zu fassen: "Äh, Sir, du möchtest doch nicht etwas meine Unterstützung dabei, einen unbescholtenen Bürger mit Hilfe von - hoffentlich nicht fiktiven - Gesetzten unter Druck zu setzen!?"
"Du meine Güte, Gefreiter - ich wusste schon seit unserem ersten Fall, dass du ein verdammt helles Kerlchen bist", strahlte der alte Mann zufrieden. "Ja doch - genau darum wird es gehen. Und du kannst zusätzlich auch noch in den
"Acht Kotzbarkeiten" die Augen offen halten. Wenn du dann deinen Kaffee getrunken hast, sollten wir losziehen."
27.05.2009 21: 41Lilli Baum
Nur ein schmaler Lichtstreifen fiel in den Raum, durch ein schmales Kellerfenster
[2]. Eigentlich wäre jeden normalen Insassen in dem Zimmer die Flucht durch dieses ohne weiteres möglich gewesen. Aber die Insassen waren nicht normal, sondern aus Holz.
Eng zusammengescharrt standen die zehn Truhen da und klapperten unruhig mit den Deckeln.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und eine massige Gestalt aus Stein trat ein. Sie griff sich eine der Truhen, auch wenn diese sich mit Holz und Zähnen wehrte und warf die Tür hinter sich zu.
Die verbliebenen Truhen drängten sich noch enger zusammen, als schließlich das schaurige Geräusch von Säge auf Holz zu ihnen drang.
Sie warteten eine Weile ab, um sicher zu gehen, dass der Troll nicht zurückkehrte, dann hob die größte der Truhen ihren Deckel und spukte ihn hohen Bogen eine kleine Kiste aus, die gerade mal die Größe einer Handtasche hatte.
Kiste rappelte sich auf und rempelte entschieden einmal gegen seine Mamatruhe. Diese öffnete ihre Lade, streckte ihre große Mahagonizunge heraus und hob ihn auf eine der andere Truhe.
Dann klapperten die anderen Acht Truhen entschlossen mit den Deckel, Kiste erwiderte mit einem entschlossenen Schnappgeräusch, und Truhe Nummer neun öffnete ruckartig die Lade und schleuderte Kiste durch das kleine Fenster direkt nach draußen.
Etwas benebelt rappelte sich die kleine Kiste auf und trippelte erst einmal ein paar Male im Kreis herum, ehe sie sich dann zielstrebig wirkend auf den Weg machte.
27.05.2009 22: 27Tyros y Graco
Laiza und Tyros entschieden sich dazu, einen Laden für Zaubereibedarf und andere magische Gegenstände aufzusuchen, um den Besitzer zu intelligentem Birnbaumholz zu befragen. Dem Obergefreiten war nicht wohl bei der Sache. Er litt immer noch unter der Tatsache, dass er der einzige in seiner Familie war, der nie richtig zaubern gelernt hatte, bzw. der nie in der Lage gewesen war, andere davon zu überzeugen, dass er zaubern konnte. Und dass sein Lehrer in diversen Zauberkünsten ihn als ADS-Kind eingestuft hatte, hatte sein Vertrauen in andere Zauberer nicht wirklich gefördert.
Wenigstens konnte er jetzt wieder mit Laiza zusammenarbeiten. Zwar hatte er es nie so recht zugeben wollen, aber er hatte seine Ausbildung zum Gift- und Gasexperten sehr genossen, wobei er allerdings bezweifelte, dass es Laiza genau so ging. Jedenfalls war dies ihr erstes längeres Aufeinandertreffen seit seiner Ausbildung und ihr Verhalten ihm gegenüber erschien ihm doch recht knapp. Vielleicht hielt sie auch einfach nicht sonderlich viel von ihm, da er nach all den Jahren in der Wache immer noch den Rang eines Obergefreiten bekleidete.
Die beiden Wächter entschlossen sich, sich aufzuteilen, um zwei verschiedene Meinungen einzuholen. Laiza wollte sich im Großraum Schatten umsehen; wo, wenn nicht dort, erfährt man Dinge. Tyros entschied sich für den Hier-Gibt's-Alles-Platz; sollte es dort wirklich alles geben, so war er sich sicher, würde er dort alles nötige erfahren. So gingen die beiden in verschiedene Richtungen und hofften jeder, etwas Wissenwertes zu erfahren.
Die Okkultismusexpertin war insgeheim froh, dass sie wieder alleine unterwegs war. Sie war sich ohnehin nicht so sicher, was ein Alchemikexperte bei Ermittlungen dieser Art verloren hatte. Ihre Aufgabe war ja vollkommen klar: Herumstolzierende Truhen fielen eindeutig in den Bereich des Okkulten. Aber ein Alchemikexperte? Noch dazu in einem Ermittlertiehm mit seiner Freundin, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit versteinerte und mit der er sich ständig am streiten war? Das versprach ja sehr lustig zu werden. Aber jetzt hatte sie ja glücklicherweise vorerst wieder ihre Ruhe und konnte sich Gedanken machen, wie sie am ehesten an Informationen herankommen konnte. Ob sich gleich der nächstbeste Scherzartikelhändler sein Wissen aus der Nase ziehen lies? Sicherlich nicht ohne Gegenleistung. Eine Hand wäscht die andere in Ankh Morpork. Und was würden sie dann überhaupt mit den Informationen anfangen? Schließlich hatten sie ja nicht vor die Truhen zu bekämpfen, sondern sie wollten sie, beziehungsweise ihre Herrchen, finden und möglichst in einem Stück durch die Stadt begleiten. Konnte möglicherweise ein psychologisches Profil von den Truhen erstellt werden, nachdem sich ein Bewegungsmuster ableiten ließe? Oder reichte vielleicht die Information, dass sie sich unter gar keinen Umständen von ihren Besitzern trennen würden? Und was hieße in dem Zusammenhang "unter gar keinen Umständen"? Diese ganze Truhen-Sache war doch sehr verwirrend.
Über diesen Gedanken abgeschweift, hatte Laiza die Schatten erreicht. Und ehe sie es sich versah, stand sie vor einem Gebäude, dessen Erdgeschoss ziemlich ausgebrannt aussah. Und dennoch - es herrschte reger Verkehr von Männern mit langen Bärten und spitzen Hüten.
02.06.2009 0: 03Pismire
So munter und sicher die kleine Truhe - vielmehr das Kistchen - gestartet war, so wenig sicher verlief der weitere Teil ihres Weges.
Denn zum einen hatte sie den Hinweg gar nicht so mitbekommen, weil ihre Mutter sie in sich getragen hatte und zum anderen war diese Stadt so - aufregend verwirrend. Ihre Sinne wurden von den unterschiedlichsten Reizen geradezu überflutet. Geräusche und Gerüche - vielmehr das, was bei dem Kistchen davon ankam - drangen so vielfältig auf sie ein, dass ihr ganz schwindelig wurde. Also ließ sie sich erst einmal an der nächstbesten Ecke nieder um sich zu sammeln. Und so kam es, dass sie den Straßenköterwelpen, der sich ihr näherte, erst dann bemerkte, als es beinahe zu spät war.
Der kleine Hund hatte gerade seine tägliche Mülleinerkontrollrunde begonnen, als ihm auf einmal dieser fremde Geruch in die Nase kam - es roch ein wenig nach Holz, beziehungsweise: Es roch nach Holz, dass nicht ganz Holz war. Es roch - verwirrend. Er nahm die Witterung auf, wobei er sich vorstellte, dass er
S-G bei seinem neuesten Abenteuer sei, Super-Gaspode, der Heldenhund, von dem seine Mutter ihm manchmal vor dem Einschlafen erzählte und von dem die Köter bellten, dass er ganz allein die Spur einer Person bis Uberwald verfolgt hatte und sich dabei weder von Vampiren noch von Werwölfen oder gar Menschen hatte abhalten lassen und dessen unübertroffene Leistung im Spurensuchen ihm sogar die Ehrenmitgliedschaft eines Rudels echter Wölfe hatte. Also folgte der kleine dem fremden Geruch, der an diesem komischen Kellerfenster begann, bis er den Verursacher - eine kleine, ja geradezu lächerlich winzige Kiste - an einer Straßenecke fand. Und erstaunlicherweise roch sie noch überhaupt nicht nach Hund! Das war ein gutes Zeichen, und
er würde die Chance, diesem Gegenstand seinen Stempel aufzudrücken, nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Etwas ungelenk hob er sein Bein und fiel fast vor Schreck um, als das kleine Holzteil ein erstaunlich aggressives Knurren von sich gab, und Millimeter von wichtigen Körperteilen entfernt so etwas wie ein mörderisches Schnappen erklang.
Zehn Minuten nach diesem wundersamen Beginn einer wunderbaren Freundschaft tollten die beiden jungen Wesen durch die Gossen der Stadt beim Fangenspiel. Roulff, der Hund, war an der Reihe gefangen zu werden. Mit Schwung preschte er durch den Rinnstein, wo ein Gullideckel fehlte und sprang hinüber - das würde die Kleine zwingen, einen Umweg zu wählen und so seinen Vorsprung noch vergrößern. Der mit Reinigungsarbeiten beschäftigte Golem beachtete ihn nicht, sondern ließ gerade eine Tonne an einem Seil hinunter zu seinem Kollegen, der den fauligen Schlamm hineinschaufelte, den er dann hinaufziehen, in den Karren schaufeln und dann die Tonne dann wieder hinunterlassen würde.
Diese Routine unterbrachen sie auch nicht, als ein "Plonk" in der Tonne zu hören war. Erst als sein Kollege vor der Zeit aus dem Gulli auftauchte, und als an seinem Finger sich etwas festgebissen hatte, dass eine winzige Holzkiste zu sein schien, merkte er auf.
Die beiden Rekruten, die den Tresendienst versahen, staunten nicht schlecht, als zwei infernalisch stinkende Golems, von denen der eine eine kleine Kiste am Finger hängen hatte, ihnen einen Zettel zuschoben, auf dem zu lesen war: "DAS GEHÖRT NICHT UNS. WIR HABEN ES GEFUNDEN. FÜR WEICHHÄUTIGE KANN ES GEFÄHRLICH SEIN."
05.06.2009 12: 49Lilli Baum
Etwa eine halbe Stunde später hatten die Rekruten es geschafft, das Kistchen in ein großes Marmeladenglas zu sperren, wo die kleine Truhe nun wütend herumpolterte. Und dabei waren sie nur 7a-mal gebissen worden!
"Dutzi dutzi du!", sagte der erste Rekrut und stippste mit dem Finger gegen das Glas. Kiste klapperte wütend mit dem Deckel.
"Was machen wir jetzt eigentlich mit ihr?", fragte der zweite Rekrut.
"Keine Ahnung", entgegnete der erste: "Warten wir ab, bis einer von den Vorgesetzten vorbeikommt. So eilig wird das ganze schon nicht sein..."
Er pochte wieder mit einem Finger gegen das Glas: "Du kleines, niedliches Trühchen du!"
Kiste reichte es und spuckte ihren gesamten Inhalt diesem impertinenten Kerl entgegen, doch der wurde - Ping! - von dieser unsichtbaren Mauer zurückgeworfen.
"Wow", hauchte der erste Rekrut: "Siehst du das?"
"Der muss ein Vermögen wert sein!", stellte der zweite fest.
Es war ein goldener Ring, mit einem diamantenen Siegel.
Die beiden Rekruten schauten sich gegenseitig an. "Du darfst ihn rausholen", schlug dann der erste in einem gönnerhaften Tonfall vor.
"Vergiss es!", erwiderte Rekrut Nummero zwo: "Lieber stecke ich meine Hand in ein Piranhabecken!"
Ein leises Winseln von unten veranlasste die beiden Wächter nach unten zu schauen, wo ein kleiner Hund zu ihnen mit Bettelblick aufsah.
"Wie ist der denn hier hereingekommen?"
05.06.2009 14: 03Tyros y Graco
Tyros schlenderte gemütlich die Straßen entlang, er hatte keine Not zur Eile. So wie er Laiza einschätzte, würde sie ohnehin sehr schnell alles nötige erfahren. Warum sich also doppelt anstrengen?
Er reflektierte im Geiste nochmal das ganze, ihm doch sehr merkwürdig erscheinende Geschehen, und die Aufgaben, die den einzelnen Wächtern dabei zugefallen waren. Er selbst und Laiza sollten Informationen über das Birnbaumholz herausbekommen, eine vergleichsweise einfache Aufgabe, wie er fand. Entweder es gab diese Infos, oder es gab sie nicht. Da gab es kein großes Ermitteln. Hatscha al Nasa und Glum hingegen hatten es da schwerer. Sie sollten Informationen über die neuartige Gilde herausfinden und gleichzeitig die Symbole entschlüsseln, die sie auf den Ikonographien entdeckt hatten. Das würde ihnen sicherlich schwerer fallen, zumal davon auszugehen war, dass die Gilde nicht eben kooperativ sein würde. Was ihn schon wieder zu Bjorn brachte, dessen Aufgabe es ja war die vermissten Achatener zu finden bzw. herauszufinden, ob sie überhaupt verschwunden waren. Und dies war in einer Stadt wie Ankh-Morpork nun wirklich kein Zuckerschlecken. Und wenn eine Gilde, die sich selbst dafür zuständig gemacht hatte, dann auch nicht kooperierte, wurde die Sache sicherlich nicht einfacher.
Der Oberleutnant war ohnehin um seinen Job nicht zu beneiden, er durfte die ganzen Berichte verfassen und sich gleichzeitig um die Leiche kümmern. Das mit der Leiche mochte ja noch Spaß machen, aber der ganze Schreibkram ...
Am hämischsten dachte der Obergefreite an seine Mitbewohnerin Nyvania. Sie hatte die ehrenvolle Aufgabe, eine Akte zu finden. Und bei dem alternativen Ablagesystem der morporkianischen Stadtwache hatte sie sicherlich ihren Spaß. Nein nein, Tyros war zufrieden mit seiner Aufgabe. Er war an der Luft (von "frisch" zu reden wäre wohl vermessen), hatte derzeit keinen Vorgesetzten der ihm auf die Finger klopfte und einen Oberfeldwebel, der im Zweifel für Ergebnisse sorgen konnte. Leben, und leben lassen. Mit beidem konnte er, nun, leben. Über diesen Gedanken schließlich erreichte der Obergefreite den Hier-Gibt's-Alles-Platz.
Die Obergefreite Nyvanie D Astora hatte sich unterdessen auf den Weg ins Archiv gemacht, um die Akte des ermordeten Fremdenführers aufzuspüren. Sie brodelte innerlich vor Wut über diese Ehre, war sie doch Püschologin und keine Tippse. Und sie befürchtete sehr, dass die Suche sehr langwierig werden könnte. Als sie das Archiv betrat stutzte sie - es war vollkommen verlassen. Kein Wächter da, der es betreute, kein Wächter, der etwas suchte. Lediglich eine Akte lag einsam auf einem Tisch. Nyvania erbleichte. Das konnte doch nicht ... doch, es konnte. Es war die Akte von Felipillo Trutzelmann.
Die Obergefreite nahm sie in die Hand und öffnete sie bedächtig. Es war, wie sie es sich gedacht hatte. Viele Seiten schienen herausgerissen, viele Sachen waren geschwärzt. Erschöpft ließ sich der Wasserspeier auf einen Stuhl fallen und sehnte sich nach einem Ingwertee.
05.06.2009 20: 00Glum Steinstiefel
"
Uff!"
Glum hielt sich für einen Experten auf seinem Gebiet.
Diese wichtige Erkenntnis beeinflusste derzeit seine gesamte Aufmerksamkeit, während er versuchte, sein Gleichgewicht zu halten. Er war bereits als verdeckter Ermittler tätig gewesen, derzeit Experte für Schriften, Bruderschaften, Spionage/Gegenspionage und geheime und offizielle Bündnisse, um es einmal ganz konkret auf den Punkt zu bringen. Diese Spezialisierungen sorgten nicht nur für ein erhebliches Maß an Wissen, Spontanität und Geduld, sondern förderten zugleich Raffinesse, Einfallsreichtum und analytisches Denkvermögen.
"
Uff!"
Freiheiten gehörten ebenso dazu, wie weitestgehend unabhängiges Handeln. Sowohl der Husky als auch der Moloss mussten sich die Gabe aneignen, zu den richtigen Zeitpunkten an den richtigen Orten zu erscheinen. Der letzte Satz der Ausbildungsbroschüre hatte gelautet:
der unerschütterliche Fels in der Brandung der Kriminalität in Ankh-Morpork.Glum war auf diesen Punkt nicht nur stolz, er wollte ihn unbedingt erwähnt wissen.
"
Uaah!"
Hatscha al Nasa schüttelte den Kopf und beobachtete von ihrer Regalleiter aus und einem weiteren Buch in der Hand die wackelnden Stiefel des Gefreiten, die unter dem Haufen Bücher, Akten und Broschüren hervor lugten, der sich über diesem ergossen hatte.
"
Er arbeitet als Einzelmann und ist oft gefährlichen Situationen ausgesetzt.", zitierte eine dumpfe Stimme von weiter unten.
Mit den Augen rollend führte Hatscha fort: "
Deshalb besitzt er ein fundiertes Wissen über die Überlebenstechniken und weiß sich fast immer aus den dümmsten Situationen zu retten."
Sie himmelte, rollte mit den Augen, ließ das grüneingeschlagene Buch über "Gilden mit linksdäumigen Vorlieben" auf die anderen fallen und lehnte sich mit dem rechten Ellenbogen auf die oberste Sprosse.
"Du hast dir echt den richtigen Dschob ausgesucht!"
Der Haufen erzitterte unter einem leisen Brummen.
Recherchieren, alle Möglichkeiten des geistig Vorstellbaren durchmessen, dem Nutzen der Gemeinschaft dienen - diese Vorarbeit, wie Nyvania D'Astorá bitter in Gedanken bemerkt hatte, kotzte sie an. Seltsamerweise übte der Reiz, den diese zerrupfte, angekokelte Akte ausübte, eine nichts zu wünschen übrig lassende Deutlichkeit aus: Wäre es nicht um einiges einfacher gewesen, die Akte einfach komplett zu entwenden?
Im Archiv des Wachhauses am Pseudopolisplatz starrte eine halb menschliche Wasserspeierin noch eine ganze Weile grübelnd vor sich hin, bis sie aufstand und begann die Akte einer genaueren Untersuchung zu unterziehen.
Mit einem eleganten Schwung ihres Handgelenks vollendete die dunkle Vorgesetzte den letzten Buchstaben eines Gildennamens.
"M-hm, m-hm, m-hm...m-hm! Gut. Ich denke, wir haben's."
Mit dem roten Abdruck einer Buchkante auf der Wange hob der Gefreite Steinstiefel erschrocken den Kopf.
"Ja, äh, bin ganz deiner Meinung!"
Al Nasa warf mit einem kurzen Schnauben die weiß-braune Schreibfeder auf das Durcheinander des DOG-Besprechungsraumtisches.
"So wirst du nie befördert!"
Sie zog ihren Schal enger zusammen und begann Akten und Bücher zu stapeln, während der Zwerg ihre Notizen begutachtete. Plötzlich trat die Tatsache in ihr Bewusstsein, dass es schon sehr spät war und dass zu dieser Stunde bestimmt alle bereits zu Bett lagen. Ihr Blick schweifte durch das Zimmer. Eigentlich konnte sie ihm ja gar keinen Vorwurf machen. Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld. Überall lagen Mappen, Kladden, Hefter, Bücher, Akten, Papiere, Kritzeleien, Notizen herum; die Tafel war bis in jede freie Ecke beschriftet, sogar eine paar Skizzen hingen an die Wände geheftet schief herum. Diverse Kuhlen und Freistellen auf dem Boden ließen erahnen, wo die beiden Wächter einige Stunden des Tages verbracht hatten und auch auf den Stühlen stapelte sich Blattwerk.
Glum folgte ihren Blicken.
"Ich schlage vor, dass wir der Einfachheit halber das Archiv zum neuen Besprechungszimmer ernennen."
"Antrag abgelehnt, wir kümmern uns später darum."
Hatscha rieb sich die Augen.
"Lies mal vor."
"Äh...Gilde der Archäologen..."
"Ausgewählt wegen ihrem breit gefächerten, kulturellen Wissen."
"...Diebesgilde..."
"Nicht auszuschließen."
"...Assassinengilde..."
"Die sowieso nicht!"
"...und die Gilde der Näherinnen?"
"Wer weiß, was diese Achater für ein Typ Mensch sind? Folklore kann hier vieles heißen!"
"Ferner: Astronomengilde, Gastronomengilde und die BREKZIE."
"Wegen der Zeichen, wegen dem Wettbewerb und wegen Chrysopras. Kann ihn nicht leiden! Wenn wir die Kaverne aufsuchen, nehmen wir uns Verstärkung mit! Wie spät ist es?"
Glum zuckte mit den Schultern.
"Lass uns vorher noch ein wenig ausruhen, ja? Müssen bald wieder zur Besprechung zurück."
Beide gähnten herzhaft.
"Du hast recht!", sagte sie und sank auf ihren Stuhl zurück, von dem sie sich kurz erhoben hatte.
Freilich war auch sie im Herzen nicht so streng, wie sie auf den Gefreiten vielleicht wirkte, aber manchmal glaubte sie, der Zwerg übertreibe es mit seinen Argumenten.
"In einem Wachhaus,...", verkündete Glum, bevor sein Kopf erneut auf eine Mappe niedersank: "...darf man nicht so übergewissenhaft sein..."
07.06.2009 17: 28Laiza Harmonie
Für einen Augenblick fragte sie sich, weshalb sie sich gerade für einen Zaubererladen in den Schatten entschieden hatte. Die Besitzer solcher Läden waren selten vertrauenswürdig. Aber vielleicht war es ja genau das, was ihre Füße hier her getrieben hatte. Vielleicht würde ja versucht werden die Kisten auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen? Oder Dinge die aus ihnen hergestellt werden konnten.
Sie stieg eine kleine steinerne Treppe hinunter, die zu einer Kellertür und somit zum Eingang des Ladens führte.
Es war ein Zaubererladen wie viele. Düster, muffig und sonderbar und den Kunden lag viel daran möglichst unbeobachtet zu bleiben und so war er sehr verwinkelt und die Regale waren Deckenhoch und voll gestellt. Der Tresen befand sich direkt am Eingang und der Besitzer zeichnete sich nicht gerade als waschechter Zauberer aus. Er hatte wohl in den vergangenen Jahren versucht sich einen Bart wachsen zu lassen, doch das Ergebnis war ziemlich mager, seinen kugelrunden Bauch überdeckte ein dunkelblaues Gewand mit grob aufgenähten dreckiggelben Sternen und auch der Zauberhut sah nach einer missglückten Nachahmung aus. Doch seine Augen zeichneten ihn als einen Mann aus, der viele Jahre in den Schatten überlebt hatte.
"Was macht eine Wächterin alleine in dieser Gegend?" fragte er sie leise, nachdem sie den Laden betreten hatte.
Sie suchte seinen Blick und ihr war klar, dass er ein Mann war, der nicht nur viele Jahre in den Schatten überlebt hatte, sondern auch viele wichtige Informationen gesammelt hatte. Lediglich ihr Umhang, dunkel blau mit abgesetzten orange-braunen Saum konnte sie als Wächterin identifiziert haben, denn ihre Wachemarke, die Rangabzeichen und Patches waren unter ihrem dünnen Umhang verborgen.
"...in diese Gegend? Ich bin auf der Suche nach einem ganz bestimmten Gegenstand."
"Den habe ich sicherlich nicht", entgegnete er im ruhigen sicheren Ton und kümmerte sich um einen zahlenden Kunden.
Laiza wartete, bis die Transaktion abgeschlossen war, dann wandte sie sich wieder an den Besitzer: "Birnbaumholz, habt Ihr etwas da?"
"Ich hab nur einmal in meinem Leben was aus Birnbaumholz gesehen, dass waren Essstäbchen und ich habe keine Lust noch einmal in meinem Leben etwas aus Birnbaumholz zu sehen", er beugte sich zu ihr über den Tresen, "ziemlich unhöflich dieses intelligente Birnbaumholz, nicht zu Spaßen."
"Was wissen sie über das Gehölz?"
"Was man so weiß, selten, magisch, unberechenbar."
Sie hatte nicht wirklich erwartet weitere Informationen zu erhalten, aber sie hatte auch nicht einfach
nur in einem Buch nachschlagen und den Rest des Tages Däumchen drehen wollen. Auch in zwei weitern
Zaubererläden hatte sie nichts neues erfahren können. Sie fragte sich, womit Tyros sich wohl gerade beschäftigte. Ob er die Informationssuche schon aufgegeben hatte? Sie schnaufte, irgendwie konnte sie sich das ganz gut vorstellen. Er war irgendwie erleichtert gewesen, dass sich ihre Wege trennten. Konnte er sie nicht leiden? Oder war es einfach, weil so viele Ränge zwischen Ihnen lagen? Sie entschied sich dafür, dass es ihr egal sei und kam mit ihren Gedanken wieder zu ihrer Aufgabe zurück. Zu allererst würde sie die in Erfahrung gebrachten Informationen für den Bericht verfassen und danach einmal die übrigen Bücher durchforsten. Vielleicht fand sie ja doch noch etwas.
Als sie allerdings das Wachhaus betrat waren ihre Pläne wie weg gefegt, denn gerade waren zwei Rekruten damit beschäftigt mit einer langen Mistzange etwas aus einem großen Glasbehälter zu fischen.
"Vorsicht, es schnappt!" warnte der eine Rekrut, der den Behälter und den Deckel hielt. Sein Kollege motzte genervt: "Lenk mich nicht ab."
Danach hörte sei ein Klirren, als etwas Metallenes zurück ins Glas fiel.
"Jetzt hast du es fallen lassen!" beschuldigte ihn der andere Rekrut und schloss den Deckel wieder, nach dem sein Kollege genervt die Zange heraus geholt hatte.
Er setzte gerade zu etwas an, als die beiden den Oberfeldwebel entdeckten.
Laiza Blick wanderte zwischen dem Glasbehälter und den Rekruten in und her.
"Was zum Henker macht ihr da! Und vor allem woher habt ihr diese ...Kiste?"
Die beiden Rekruten versuchten zu Salutieren, wodurch der eine Rekrut den anderen mit der Mistzange schlug. Das Glas rückte auf dem Tresentisch hin und her, weil die Kiste ganz aufgeregt randalierte.
Irgendwann schafften sie es doch zu salutieren und der Zangen-Rekrut ergriff das Wort:
"Zwei stinkende Golems haben die Kiste vorbei gebracht, Mäm, sie haben sie gefunden."
"Wo haben sie sie gefunden?"
Die beiden sahen sich verwirrt an und versuchten im Gesicht des jeweils anderen diesbezüglich eine Information zu entdecken.
"Das haben sie nicht gesa ... geschrieben, Mäm."
Laiza nahm ein kleines Blatt Papier und einen Bleistift zur Hand und notierte etwas: "Dann findet es heraus, aber schnellstens! Und schickt diese Nachricht an Oberleutnant Pismire."
Laiza nahm das Glas an sich und trug die kleine Kiste in ihr Büro.
10.06.2009 15: 49Pismire
Bei der "Herberge zu den Acht Kotzbarkeiten" handelte sich um einem kleinen Gebäudekomplex auf einer Ecke des Paradises, der früher vielleicht einmal ein kleiner Handwerksbetrieb oder ein Gehöft gewesen war, weswegen es sich immer noch einen abgeschlossenen Charakter bewahrt hatte. Den Teil zur Straße hin bildete die Front des Gasthauses, während der Hof, an dem die eigentlichen Gästezimmer lagen, von außen nur durch die neben der Gaststube gelegene Toreinfahrt zu erreichen war. Auch zu den Nachbargebäuden rings herum gab es keine Verbindung, wie der Oberleutnant, der die Örtlichkeiten musterte, bevor er sich im Inneren umzusehen gedachten, feststellte. Lediglich von den Dachfenstern des Nachbarhauses auf der rechten Seite aus konnte ein gelenkiger Beobachter, der sich aus dem Fenster lehnte, den Hof einsehen. Pismire beschloss, sich auch in der Nachbarschaft einmal umzuhören - bzw. umhören zu lassen.
Nachdem sie die Äußerlichkeiten inspiziert hatten, betraten die beiden Wächter den Schankraum. Der Raum machte den Eindruck, als sei der Irre mit der Laubsäge, der Drechselbank
und den Buntstiften zu lange bei der Arbeit gewesen. Keine Holzfläche, kein Stuhlbein, kein Wandstück zwischen unechten Fachwerkbalken war verschont geblieben. An den Wänden prangte ein folkloristisch inspiriertes Durcheinander aus Flaschen, Girlanden und Fischereiutensilien, und auf den verbleibenden Flächen prangten Bilder des typisch-morporkischen Straßenlebens, wobei die Aspekte schwerer Kriminalität, echter Verwahrlosung und authentischen Elends in den Farben des Blausa-Spektrums
[3] gnadenlos ersäuft und verlogen ins Pitoresk-Niedliche verzerrt worden waren. Bis auf einen Mann, der auf Grund seiner Position auf der anderen Seite des Ausschanks unschwer als Wirt zu erkennen war, und dessen Kopf in einer Lache neben einer umgekippten Flasche billigen Fusels lag, war der Raum leer. Lautes Schnarchen wies darauf hin, dass kein Gerichtsmediziner vonnöten war.
Der Oberleutnant baute sich vor dem Tresen auf, räusperte sich lange, laut und vernehmlich, erzielte damit aber überhaupt keine Wirkung, und griff daher zu einem härteren Mittel.
Platsch! Ein Humpen kalten Spülwassers ergoss sich auf den Betrunkenen, der mühsam die Augen öffnete, worauf sich dessen schwimmender Blick an der Gestalt in seinem Blickfeld hochschlängelte, bis er auf das Gesicht des Schamanen traf, dann entspannt in Richtung Tresen rutschte, bis er auf Bjorns Helmspitze hängen blieb.
"Schei... hupps. Schulligung. Wache. Sch...schon wieder. Hicks."
"Oberleutnant Pismire, Gerichtsmediziner und von seiner Lordschaft beauftragter leitender Ermittler in diesem Fall, und das hier ist ein Bjorn Bjornson, ein überaus seltener Rechtsgelehrter, der mir unter diesen Besonderen Umständen mit seinem fachlichen Rat zur Seite steht", dröhnte Pismire gut gelaunt.
Das war nicht wirklich gelogen, atmete der Zwerg auf.
Die lauten Äußerungen ließen den Mann, dessen Schädel sichtlich schmerzte, zusammenzucken.
"Nich' so laut. Un' was soll'n das? Du tauch's hier glei'mi'm Sch...Anwalt auf? Wassn'dassn fürn Sch...lamassel." Schwankend versuchte der Mann, sein Gegenüber zu fixieren - ohne Erfolg.
"Nun, die besonderen Umstände des Falls lassen den Patrizier", Pismire betonte das Wort extra, "glauben, dass ein Rechtsbeistand hier von Nutzen sein kann - insbesondere einer, der sich ausgezeichnet mit Gildengesetzen (und möglichen Verstößen dagegen) und Schanklizenzen (und wie man sie wieder verlieren kann) und dem Recht zwischen den Ländern (und was denen blüht, die sie brechen) auskennt", stocherte er sich ein wenig durch den Nebel. "Aber nun wollen wir uns kurz mit dir beschäftigen, guter Mann. Du bist also Patrick McSweeney, der Besitzer diesen entzückenden Etablissements, das auf den charmanten Namen "Zu den acht Kotzbarkeiten" hört - wenn auch erst sein kurzen? In dem eine spurlos verschwundene Gruppe von zehn achatenen Reisenden zum letzten Mal gesehen wurde und in dessen Badezimmer man eine nackte Leiche gefunden hat?"
Während dieser langen und gnadenlos laut und munter geäußerten kleinen Ansprache hatte der Wirt immer wieder versucht, seinen Kopf einzuziehen - vermutlich weil er sich davon erhoffte, dass die Kopfschmerzen, die ihn zweifellos plagten, dadurch geringer würden. Für Bjornson sah das ganze hingegen wie jemand aus, der eine gnadenlos schlechte Schildkrötenparodie aufführte.
"Was faselst du da?", explodierte er auf einmal. "Mein Bruder liegt - lag" korrigierte er sich und wirkte dabei schon viel nüchterner, "tot in meiner Dusche und du schleppst hier einen Schei ... ein Anwalt an?"
"Dein Bruder?", platzte Bjornson heraus, bevor er sich selber versuchte, mit dem Bart den Mund zuzuhalten.
"Ja, mein Bruder. Pit."
"Pit Mc Sweeney?", fragte Pismire nervös, dem die Aussicht, in diesem Fall auf einen unbekannten und in Ankh-Morpork ansässigen Familienzweig der Mc Sweeneys zu stoßen, großes Unbehagen verursachte.
Mit einer energischen Geste winkte der Mann ab. "Dassis so'n Quatsch, wie Pit ihn sich immer ausgedacht hat. Mc Sweeney. Das'och nur für die Gäste. Genau so wie sein
Johann Amadeus Franz von Tugut und diese blöde Gilde der ..."
"Fremdenführer mit wirklichen und ausländischen Sprachkenntnissen", unterbrach ihn Pismire. "Er konnte kein achatenisch?"
Eine erneute Wischbewegung. "Klar konnte Pit achatenisch. Der is schon mit sechzehn zur See. Und dann immer die Route nach Bes Pelargic. Und zu den Inseln mit den braungebrannten Frauen in den Kokosnuss- und Seegraskostümen. Ne, ne, achtenisch konnte der besser als Trinken."
Für den Wirt schien das ein Stichwort zu sein. Er angelte unter dem Tresen nach einer Flasche Fusel und setzte sie zielstrebig an den Hals. Unter lautem Gluckern verschwand ein Drittel des Inhaltes in seinem Schlund. Er setzte sein offensichtliches Lieblingsgift ab, dann fuhr er fort: "Und da steht er auf einmal nach fünf Jahren wieder hier im Schankraum, erzählt was von Kohle ohne Ende und wir müssten nur den Rahm abschöpfen und deswegen alles so schick wie möglich machen und den Namen ändern - und vier Tage später ist er mausetot." Ein erneuter Griff zur Flasche und geräuschvoll verschwand der Rest in seiner Gurgel. Sein glasiger Blick pendelte immer schneller zwischen den beiden Wächtern, und ohne ein weiteres Wort kippte er auf den Boden.
"Ich glaube, Gefreiter, am Buttermarkt ist eine klatschianische Kaffeestube. Dort besorgst du einen tragbaren, extrastarken Mokka - Haus spezial drei, um genau zu sein. Und den bringst du dann so schnell wie möglich hierher. Wir müssen den Mann wieder nüchtern bekommen."
"Meinst du den Laden in der Grubengasse?", fragte der Zwerg.
"Nein, nein, das ist ein gennuanischer Ausschank. Die machen das Zeug mit dem cremigen Schaum. Wir brauchen das Zeug, das richtig nüchtern macht. Da hilft nur Kaffee aus Klatsch", und mit diesen Worten drückte er Bjornson einen Dollar, den er aus einer der unergründlichen Taschen seines Umhangs gefingert hatte, in die Hand. "Einfach rechts in die Ulmengasse bis zum Buttermarkt. Der Laden ist nicht zu übersehen."
Während der Zwerg die Herberge verließ, nutzte eine Wachetaube die Gelegenheit und schwebte durch die geöffnete Tür auf den Oberleutnant zu. Noch bevor sie das übliche Malheur auf seinem Umhang anrichten konnte, schnappte sie der Alte und hielt sie über den Boden, wo sie sich selbst während er sie um die Nachricht erleichterte.
Scheinbar eine der Kisten gefunden - scheint ein Jungtier zu sein - habe sie in meinem Büro |
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OFw Harmonie |
lautet die Nachricht.
Viel Spaß beim Verhör - erwarte ausführlichen Bericht |
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OLt Pismire |
lautet seine Antwort.15.06.2009 22: 48Nyvania
"Hm", Nyvania runzelte die Stirn."Hmm ..."
Sie blätterte: "Hm, hm."
Was ist denn?, keifte Bartholomeus.
Kannst du auch noch was anderes sagen? Du starrst jetzt schon seit zwei Stunden auf die einzelnen Seiten. Man kann da doch eh nichts vernünftiges mehr heraus lesen.Er war etwas diplomatischer seit sie den Tee trank.
"Eben.", antwortete sie schließlich murmelnd." Es wurden viele Sachen einfach heraus gerissen. Der Rest besteht praktisch nur noch aus schwarzen Tintenflecken. Warum sollte jemand so etwas noch liegen lassen?"
Vielleicht, weil er Lust dazu hatte?"Oder aber, es war Absicht." wieder blätterte die Obergefreite und trank einen Schluck. "Entweder es soll eine Bloßstellung sein, oder ein Hinweis."
Ihr war schon vor einer ganzen Weile aufgefallen, dass sowohl Nachnamen, als auch in der Akte erwähnte und von Trutzelmann benutzte Pseudonyme nicht mehr zu erkennen waren. Manche Einträge fehlten ganz. So war er nach dieser Akte beispielsweise nie beim Patrizier gewesen. Nyvania seufzte.
Was meinst du damit, eine Bloßstellung?"Eine Bloßstellung der Wache selbstverständlich. Für gewöhnlich kann niemand in das Archiv hinein spazieren, sich eine Akte raus suchen und sich in ihr austoben wie ein Huhligän." Sie knirschte zornig mit den Zähnen.
"Komisch ist auch, dass niemand da war. Normalerweise ist immer jemand im Archiv."
Bartholomeus schwieg.
"Es ist so, als ob es dieses Mann nie hatte geben sollen. Er hat durch den Eingriff eine nahezu weiße Weste bekommen."
Aber er ist tot. das bringt ihm nicht mehr viel.Nyvania nickte.
"Das ist wirklich seltsam. Wen sollte es schon interessieren, ob eine Leiche eine reine Weste hat, oder nicht? Er muss in etwas noch viel tieferes verwickelt gewesen sein. Etwas muss hier drin gestanden haben, dass möglicherweise ein Hinweis auf den oder die Täter war."
Einiges muss das gewesen sein. Vielleicht geht es soweit, dass sogar die Wache selbst mit drin hängt., gab Bartholomeus zu bedenken.
"Was meinst du damit denn?", fuhr Nyvania auf.
Jetzt überleg doch mal. Du sagst es war kiner im Archiv und, dass das ungewöhnlich ist. Außerdem haben nur Wächter zu diesen Akten Zutritt. Vielleicht haben wir eine Ratte.Die Wasserspeierin saß einen Moment lang mit offenem Mund da. Sie hatte den selben Gedanken auch schon gehabt, ihn bisher aber weit von sich gewiesen. Wieder fiel ihr Blick auf die Akte. Möglich war es aber dennoch. Sie mussten es zumindest erwägen. In drei Zügen war die Tasse leer. Sie hatte es mit einem Mal sehr eilig.
"Vielleicht findet jemand von den Susen was heraus. Wer weiß, vielleicht gibt es sogar eine Kopie der Akte, von der die Täter nichts wussten."
Sie war schon auf dem Gang.
Aber das ist ein Risiko. Du weißt nicht, wer es ist., zeterte die Stimme.
"Es sein könnte",antwortete Nyvania laut und grinste den sie verwirrt anschauenden Wächter, den sie soeben überholte an.
Das ist aber nicht der Weg zu SuSi."Nein, der Weg zum Taubenschlag. Ich schicke Pismire eine Nachricht. Wir haben bald wieder eine Versammlung."
16.06.2009 13: 09Tyros y Graco
Die Truhen begannen sich in ihrem Verlies zu langweilen. Um den Kollegen machten sie sich keine Sorgen, jede der Truhen wusste sich ihres Lackes zu wehren. Eher sorgten sie sich um den Troll, der die Sägearbeiten aufgenommen hatte.
Das Licht, dass anfangs noch durch das Kellerfenster getröpfelt war, war mittlerweile ganz versiegt. Nicht, dass es die Truhen gestört hätte, sie orientierten sich ohnehin ... anders. Allerdings sehnten sie sich nach Bewegung. Viele hundert kleiner Füße trappelten im dunklen auf dem feuchten Boden.
Ihre Hoffnungen ruhten ganz auf Kiste. Kiste, ob seiner Größe der Spezialist für Ausbrüche und ähnliches, sollte zum einen den
Schatz aus der Reichweite der Entführer bringen, zum anderen sollte sie sich von außen um das Entkommen der anderen Truhen bemühen. Und zurückkehren zu ihm. Zum ... Begleiter. Zwar gehörten sie ihm nicht, aber sie hatten sich entschieden, ihn für einige Zeit zu, nun, begleiten. Sie hatten das gleiche Ziel. Und er konnte ihnen nützlich sein.
Es kam selten vor, dass intelligentes Birnbaumholz höhere Ziele verfolgte, als Dinge zu transportieren. In der Regel war es sich selbst genug. Und es kam auch selten vor, dass sich mehrere Truhen zusammen schlossen. Aber in diesem speziellen Fall lagen die Dinge anders. Es war irgendwie speziell. Und es wurde langsam Zeit, dass sie sich wieder ihren Zielen widmen konnten.
18.06.2009 16: 09Hatscha al Nasa
Nach einer Weile des Dösens hob Hatscha schließlich müde den Kopf.
"Glum, bist du dir sicher, dass wir wirklich alle diese Gilden durchgehen müssen? Ich meine, manche sind echt weit hergeholt." Sie sah ihren Kollegen erschöpft an.
"Aber Mäm, wir müssen doch gewissenhaft vorgehen. Und theoretisch müssten wir noch mehr Gilden mit einbeziehen. Wir haben doch eh schon eine sehr enge Auswahl getroffen."
Die Dobermann seufzte. "Na gut. Lange ist's ja nicht mehr bis zur Besprechung, wir könnten ja mal versuchen, in der Diebesgilde etwas über die entführten Truhen herauszubekommen. Und die Gastronomen könnten eventuell auch aufgrund des ausländischen Essens verdächtig sein. Assassinen sind, wie du schon sagtest, bei sowas sowieso immer verdächtig. Für BREKZIE wollen wir Verstärkung, die wir erst anfordern müssen. Die würde ich dann auf jeden Fall erst nach der Besprechung mir vornehmen. Was denkst du?"
"Klingt vernünftig. Und die anderen?" Glum lehnte sich auf seinem Stuhl etwas zurück.
"Die würde ich hinten anstellen. Falls wir mit den ersten noch keinen Erfolg hatten, dann können wir die auch noch besuchen. Aber ich denke, der erhärtete Verdacht liegt eher auf den ersten vier genannten Gilden."
"In Ordnung. Dann sollten wir uns aber langsam auf den Weg machen. Diebe oder Gastronomen?"
"Ich bin für die Gastronomen. Ich bekomme nämlich langsam Hunger." Damit erhob sich Hatscha, putzte sich eben noch die Nase und hängte ihre Tasche über die Schulter. "Ach, schau noch kurz, wo genau das Gildengebäude ist. Ich weiß es nämlich aktuell nicht."
Glum sah sich seine Unterlagen durch und notierte sich die Adresse. Dann verließen beide das Wachhaus.
Wenig später kamen sie am Gildenhaus der Gastronomen an. "Stadtwache Ankh-Morpork, wir könnten die Informationen Ihrer Gilde für unsere Ermittlungen benötigen. Könnten wir mit dem Oberhaupt oder seinem Stellvertreter sprechen?" Sie standen am Tor und präsentierten ihre Dienstmarken.
"Ja, einen Moment, ich schaue gerade, wer zur Verfügung steht. Ein Bote wird Ihnen dann Bescheid geben. Gehen Sie solange schon mal in den Vorhof. Vielleicht möchten sie einen kleinen Imbiss zu den extra günstigen Gildenpreisen zu sich nehmen?" Damit wandte sich der Pförtner seiner Rohrpost zu und die beiden Wächter betraten das Gildengelände.
Dort wurden sie erst mal von einer riesigen Auswahl an Imbissen erschlagen. Scheinbar war es Teil der Ausbildung in der Gilde, erst mal eine Imbissbude geführt zu haben, bevor man ein richtiges Restaurant oder eine Kneipe aufmachen konnte. Als sie sich langsam umgeschaut hatten, um einen ungefähren Überblick zu erhalten, fragte Hatscha: "Und, worauf hättest du Lust?"
"Ähm... ich denke, ich nehme mir den Stand für achatene Spetzialitäthen da drüben mal vor."
"Klingt nach einer guten Entscheidung. Scheint recht neu zu sein. So wie der auf der anderen Seite da drüben. Ich denke, da werde ich mich informieren. Wir treffen uns gleich wieder hier, in Ordnung?"
Glum nickte und wandte sich dann seiner auserwählten Imbissbude zu.
21.06.2009 21: 39Laiza Harmonie
Sie nahm ein weiteres Mal Anlauf, wobei sie ein tiefes Grummeln von sich gab, die kleinen nackten Füße quietschten auf dem Glas, dann machte es
klong als sie gegen das Glas stieß.
Laiza beobachtete mit großen Augen, wie die Kiste sich anscheinend benommen schüttelte und sich dann auf ihren Kistenboden nieder lies. Der Oberfeldwebel kam aus dem staunen kaum mehr heraus. Knurrte und brummte die Kiste wirklich? Woher kamen diese kleinen winzigen Füße? Sie hatte sich auf dem Labor einen Ikonographen geliehen, um einige Bilder von der Kiste anfertigen zu lassen. Ganz einfach war das durch das schlierige Glas nicht. Wenn die kleine Kiste nicht gerade versuchte die Glaswand einzurennen bemühte sie sich darum den goldenen Ring wieder an sich zu nehmen.
Vor ihrer Bürotür hörte sie ein Scharren, dann ein kurzes Bellen, sie seufzte.
Sie hatte schon einmal einen der Rekruten beauftragt den Hund aus dem Wachhaus zu werfen, und nun war er schon wieder da. Es klapperte erneut im Glasbehälter und diesmal war die Kiste auf ihren Deckel gefallen. Wild strampelte sie mit ihren kleinen Beinchen und Laiza nutze die Gelegenheit um schnell den Ring zu entwenden. Als der Hund eine Kläfftirade begann, stand sie grummelnd auf und öffnete die Tür. Der Straßenkläffer fiel förmlich ins Büro hinein, als hätte er auf den Hinterbeinen an der Tür gelehnt, dann lief er mit wedelndem Schwanz um den Schreibtisch rum. Laiza bemerkte, wie die Kiste aufhörte zu strampeln.
"Interessant ..." Sie schloss die Bürotür wieder und sah auf den Ring hinab. Es war ein Siegelring, doch das Siegel sagte ihr gar nichts. War es aus dem Achatenen Reich? Nahe liegend war es, aber mit Gewissheit konnte sie das nicht sagen, das müsste sich ein Experte anschauen.
Inzwischen hatte der Hund sich vor den Schreibtisch gesetzt, hechelte und wedelte und schien mit der Kiste
Blickkontakt zu halten.
"Wie um Himmelswillen soll man eine
Kiste verhören?"
22.06.2009 22: 57Romulus von Grauhaar
Die Tür des RUM-Abteilungsleiter-Büros öffnete sich und aus einer Wolke aus Pfeifen- und Whiskygeruch schälte sich erst die Silhouette von Kolumbini, anschließend die des Abteilungsleiters. Romulus verabschiedete sich von seinem Kollegen und gutem Freund, bedankte sich für ein konstruktives Gespräch und machte sich auf den Weg zur Sirupminenstraße - das heißt, dies hatte er ursprünglich vorgehabt, doch noch auf der Treppe in den ersten Stock stieß er beinahe mit Laiza zusammen.
"Oh, Romulus, zu dir wollte ich," ließ sich der Oberfeldwebel vernehmen.
"Ich habe hier ein Verhörproblem und dachte, dass ihr bei RUM euch mit sowas auskennt."
"Worum geht's denn? Ich wollte gerade in die Sirupminenstraße, um meinem Nachbarn einen Besuch abzustatten. Du weißt schon, wegen dem Achatener-Fall."
"Hat das nicht kurz Zeit? Ich habe da in meinem Büro eine kleine Kiste, anscheinend aus intelligentem Birnbaumholz. Und einen ebenfalls kleinen Hund, der sich anscheinend echt gut mit der Kiste versteht. Die Kiste soll verhört werden."
"Meint wer?"
"Meint Pis."
"Oh."
"Ich dachte, dass du vielleicht den Hund um Hilfe bitten könntest oder so ..."
"Hmmm, ich glaube, da habe ich eine bessere Idee. Pass du doch auf die beiden kleinen Besucher in deinem Büro auf, und ich bringe uns jemanden, der exakt die Lösung unserer Probleme darstellen könnte."
"Aber es ist doch schon ziemlich spät!", entgegnete die SUSI-Abteilungsleiterin.
Romulus nahm einen guten Zug von seiner Pfeife und entgegnete: "Eben!"
***
Eine gute Stunde später saß Laiza immer noch in ihrem Büro. Mittlerweile war ihre Faszination für das Lebewesen "Kiste" gähnender Langeweile gewichen. Hätte sie doch bloß was tun können. Aber sie musste ja warten, bis ihr werwölfischer Kollege seinen ach so wichtigen Gast herbeigeschleppt hatte. Innerlich verfluchte sie sich, ihn nicht besser von ihrer ursprünglichen Idee überzeugt zu haben. Da klopfte es an ihrer Bürotür. Auf ein gegähntes "Herein" öffnete sich diese und Feldwebel von Grauhaar betrat den Raum, dicht gefolgt von einem Vampir, den Laiza sofort als den scheibenbekannten Steinmusiker und Nachbarn von Romulus Flavius Ernestus Strawinskovitsch erkannte. Harmonie fragte sich, wie es ihrem Kollegen trotz dessen gespannten Verhältnisses zu seinem Nachbarn immer wieder gelang, diesen für irgendwelche Informantendienste oder andere mehr oder weniger hilfreiche Aktionen zu gewinnen. Doch noch jemand betrat den Raum: Eine junge Frau in auffälliger Tracht mit übertrieben roten Backen und einem Gang, wie man ihn von den Marionetten der Ohrsburger Puppentruhe
[4] erwartet hätte.
Der Vampir ergriff das Wort: "Hallo Frrräulein Harrrmonie. Darrf ich Ihnen Dolly Tanzmuss vorrstellen, meine Tanzpuppe aus intelligentem Birrrnbaumholz?"
24.06.2009 9: 05Pismire
Die Wirkung des klatischianischen Gebräus, das Oberleutnant Pismire dem möglichen Zeugen mitleidslos einflößte, was so beschaffen, dass der Gefreite Bjornson sich hoch und heilig schwor niemals in eine Lage zu kommen, wo er einer derartigen Schocktherapie unterzogen werden musste.
Nüchtern und ein wenig einsilbig hatte der Wirt der "Acht Kotzbarkeiten" schlussendlich die gestellten Fragen beantwortet.
Sein wirklicher Name lautete Patrick - genannt Pat - Bortenfummler. Angeblich stammte der Name von seinen Vorfahren, die in ihrer Heimat (wo genau das war, wusste Bortenfummler nicht) hoch angesehen Spezialisten auf dem Gebiet der Kleidungsverzierung gewesen sein sollten. Vor vier Generationen waren sie nach Morpork gekommen und hatte dort dieses Haus erworben und sich dem Metier der Bewirtung von Gästen verschrieben - hauptsächlich Seeleuten.
Sein älterer Bruder Peter - genannt Pit - war mit sechzehn Jahren zur See gegangen, weil ihn die Geschichten der Seemänner schon immer fasziniert hatten. Er, Patrick, war darüber nicht böse gewesen - ermöglichte ihm das doch, sich seinerseits als Gastwirt zu etablieren. Wenn sein Bruder in der Stadt war, dann logierte er natürlich hier und brachte in der Regel auch eine Menge Kumpel mit, die ebenfalls bemüßigt waren, ihr auf See schwer verdientes Geld schnellstmöglich und gründlich an Land zu verjubeln.
Vor über fünf Jahren war Pit das letzte Mal in Ankh-Morpork gewesen, wo er auf einem neuen Schiff mit Ziel Bes Pelargic anheurte. Nur hatte die Milky - so hieß das Schiff - die Reise nach nicht Bes Pelargic überstanden. Von anderen Seeleuten erfuhr er, dass die Milky nach einem heftigen Sturm im Gebiet der braunen Inseln als gesunken galt - sie tauchte nicht wieder auf und eine Reihe von Wrackteilen und Teilen der Ladung wurde treibend auf dem Meer gefunden. Er habe sich damit abgefunden und auch seine Eltern - die nun beide schon sein zwei Jahren auf dem Friedhof der Göttin Anoia lagen, die sie immer inbrünstig verehrt hatten - zur Bekräftigung rüttelte Bortenfummler pflichtschuldig an einer Schublade unter dem Tresen - hatten resigniert festgestellt, dass so ein Ende bei dieser Art der Lebensführung ja zu erwarten war. Um so erstaunter sei er dann gewesen, als sein Bruder vor vier Tagen putzmunter und lebendig wieder vor der Tür gestanden hatte und sogleich einen absolut idiotensicheren Weg zu Wohlstand, wenn nicht gar Reichtum gehabt hatte. Alles habe sich um eine Gruppe von achatenischen
Tuhristen gedreht, die in den nächsten Tagen per Schiff die Stadt erreichen würden. Und er, Pit Bortenfummler, wolle diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Immerhin sei schweibenweit bekannt, dass Achatener - und besonders
Tuhristen - mit randvoll mit Gold gefüllten Truhen reisten und - wie alle Achtener - davon ausgingen, dass Gold in Ankh-Morpork ebenso preiswert sei, wie in ihrer Heimat. Diesen Rahm galt es also mit seiner - Pats - Hilfe abzuschöpfen. Und zu diesem Zweck musste die Kneipe von Grund auf in eine
autentische Tuhristenattraktion verwandelt werden. Und damit sich die Oph...äh, die
Gäste heimisch fühlten, wurde auch Patrick Bortenfummler zu Pat McSweeney - des Lokalkolorits halber.
Viel mehr wusste der Mann wirklich nicht. Die Tage vor der Ankunft der Reisegruppe waren mit hektischen Aktivitäten - unter anderem einem kleinen Kurs in Sprache, Benimm, Küche und Landeskunde für die Kneipenbelegschaft. Am Tag der Ankunft selbst sollte er ein Willkommensmahl servieren und anschließend hatte sein Bruder für ein Unterhaltungsprogramm gesorgt mit ankh-morporkischer Musik, Tanz, Essen und Damen. Doch dazu war es nicht mehr gekommen. Nach der Ankunft der Reisegruppe habe er als Wirt mit ihnen einen Willkommenstrunk genommen und danach könne er sich an nichts mehr erinnern - nur daran, dass ihm schwummerig geworden sei und er sich in der Küche - wo das fertige Essen schon köchelte - ein wenig unter den Tisch gelegt habe, wo er am nächsten Morgen mit höllischen Kopfschmerzen erwacht sei, dann sei alles ganz schnell gegangen. Irgendwelche Wächter hatten ihm die Leiche seines Bruders gezeigt und ihm anschließend verboten, die Küche zu verlassen. Man habe ihm nur gesagt, dass die Gäste weg seien. Und nein, beschreiben könne er sie nicht - immerhin wisse doch jeder, dass alle Achatener und alle Truhen gleich aussähen. Ob sein Bruder Helfer gehabt habe - das könne er nicht sicher sagen.
"Das war nicht gerade viel, was er uns sagen konnte", meinte der Gefreite, als die beiden den Rückweg zur Wache antraten.
"Hm!?", schreckte Pismire aus seinen Gedanken hoch.
"Ich sagte", wiederholte Bjornson ein wenig lauter, "dass er nicht viel weiß."
"Ja, wir müssen auf jeden Fall noch in der Nachbarschaft herumschnüffeln", entgegnete der alte Mann. "Die Betriebsamkeit in der Kneipe muss für Neugier gesorgt haben. Und wir sollten die Magd und den Hausknecht vorladen. Wie hießen sie doch noch gleich?"
"Remulade Weizen und Botho Glott", entnahm der Zwerg seinen Aufzeichnungen.
Nach einer Weile schweigen meinte Bjorn: "Er scheint hauptsächlich wütend und traurig zu sein."
"Nun, immerhin hat er seinen Bruder verloren."
"Das hatte er doch vorher schon."
"Aber er hatte ihn immerhin wiedergefunden."
"Nun, das mag sein, Oberleutnant, aber wenn in meinem Haus eine Reisegruppe von zehn Personen, an denen der Patrizier sehr interessiert ist, mit zehn goldgefüllten Truhen absteigt und spurlos verschwindet, und mein Bruder mit durchgeschnittener Kehle im Badezimmer gefunden wird, nachdem man mich mit einer Droge außer Gefecht gesetzt hat - ich würde mir in die Hosen machen vor Angst. Aber bei allen Emotionen, Furcht schien er nicht zu haben - und er wirkt nicht wie ein mutiger Mann."
"Ein ausgesprochen bemerkenswerter Gesichtspunkt, Gefreiter", erwiderte der alte Mann. Er beschloss, dass das Zusammentragen der Ergebnisse der Ermittlergruppe schnellstmöglich erfolgen sollte. Im Wachhaus angekommen würde er Bjornson als erstes damit beauftragen, die Mitglieder zusammenzutrommeln.
25.06.2009 21: 11Glum Steinstiefel
"Ah, del elenwelte Kunde beehlt mich almen Schlukel mit seinel Anwesenheit!"
Mit einem Rascheln seines violett beblümten, achatischen Gewandes verbeugte sich der Betreiber der Imbissbude für achatische Spezialitäten, die gefalteten Hände dabei an die Stirn legend, vor dem, ihn argwöhnisch anstarrenden Gefreiten.
"Ich hoffe, ich dalf Sie bedienen?"
Noch immer starrte Glum auf den Menschen hinter dem Imbisstresen, der beim Wiederaufrichten mit seinem Bart diverse, klebrige Dinge aus der Auslage fegte. Ein lilafarbender, zylindrischer Hut mit einer gelben Seidenkordel hing schief auf seinem Kopf, von einem braunen Lederbändchen am selben festgehalten. Darunter ruhten zwei, alles andere als achatisch aussehende, braune Augen in einem, im Gegensatz zum schmächtigen Körper, viel zu feisten Gesicht.
"Ich nehme an, das soll authentisch sein?", bemerkte Glum mit einer gewissen Unsicherheit in der Stimme.
"Oh, das soll es wohl. Feln del Kultulen soll sich jedel fühlen, wie als wäle el dolt."
Glums Blick wanderte von der breit grinsenden Erscheinung zu all den ausländischen Köstlichkeiten, die an langen Bändchen von der Budendecke herunter hingen, sich von Regalen dahinter auf die Auslage drängten. Da gab es Reisküchlein mit grünen und roten Soßen, schmale Teigröllchen mit rot-braunem Gelee gefüllt, durchsichtige Nudeln mit Sojakeimen, kandierten Bambus, würzig wohlriechende Fischrouladen, Reis in den kuriosesten Zubereitungen, kleine gelbe Küchlein, Butamane, Imoyokane, Kusadangos und allerlei weitere geruchskräftige Leckereien, die der Gefreite bereits nicht mehr als solche identifizieren konnte.
"Äh, ja, das ist gut.", murmelte Glum und riss sich schmachtend zusammen. "Äh, was wollte ich noch gl-ah, ja, richtig."
Er kramte seine Dienstmarke aus einer der grauen Manteltaschen und hielt sie dem Vertreter ferner Kulturen verkehrt herum unter die raue Nase.
"Stadtwache Ankh-Morpork, Gefreiter Steinstiefel, Dienststelle für Gildenangelegenheiten, ich habe Fragen!"
"So?"
"Ja. Es geht um eine Gruppe Thuristen, die seit kurzem verschwunden zu sein scheint. Was wissen Sie darüber?" Glum kannte die Art in der das, im Gesicht festgenagelt zu sein scheinende Grinsen seines Gegenübers darin versucht war, einen perfekten Kreis zu bilden. Anstatt es wieder mit dem bösen Blick und seiner hinterlistigen Zunge zu versuchen, entschied er sich diesmal jedoch für eine, ihm nicht ganz unwillkommene, neue Annäherungstaktik, die mit dem zehn-vor-zwei-Grinsen des Pseudo-Achateners eine stille Übereinkunft traf.
"Ich hätte außerdem noch gerne etwas von dem Klebrigen da."
"Gelne. Das ist Taiyaki. Mit lotel Bohnenpaste oder mit Vanille?"
"Mit den Bohnen, bitte...danke. Nun?"
"Nunja, wil sind in AM. Da geht schon mal etwas verlolen, nicht wahl?"
"Das wollen Sie doch nicht wirklich als Aussage geltend machen?"
Der Gefreite schnupperte an dem fischförmigen Teiggericht und beschloss, einen metaphorischen Dolch zu werfen.
"Du weißt, manche Leute finden so etwas zum Lachen, geschätztel Kunde."
"Ich aber nicht!", warf Glum kühl ein. "Sagen Sie mir, was sie wissen!"
Das Lächeln wuchs.
In der Giebelfüllung über der Tür, die vom Hof ins Innere der Gastronomengilde führte, stand die Jahresschrift "Jahr der unaufmerksamen Wachtel" zu lesen. Und unter der figürlichen Darstellung eines Mannes mit Pluderhosen und einer Frau mit unanständig dicken Hüften, die jeder eine Suppenkelle in der Hand hielten und miteinander tanzten, sah man in unendlich oft überstrichenen und halb unleserlichen Buchstaben die Worte "Gastronomengilde" und noch tiefer: "Zum Schlaraffenland".
Dort stand Chief-Korporal Hatscha al Nasa ein wenig ungeduldig und an einem Stück Reiskuchen nuckelnd ans Tor gelehnt und suchte den gut besuchten Innenhof nach ihrem Untergebenen ab.
"Oh, Verzeihung bitte."
Sie trat einen Schritt zur Seite, um einem kleinen Wanderberg, bestehend aus Nahrungsmitteln Platz zu machen, der geradewegs auf sie zu hielt.
"Ich wollte Ihnen nicht im-Stiefel! Nein, das darf doch jetzt nicht die Möglichkeit sein!"
"Aber es schmeckt doch so gut!", schmatzte der Zwerg unter seiner, gerade noch an der Spitze zu erkennenden, roten Samtmütze.
"Hast du wenigstens etwas Brauchbares herausgefunden?"
"Nein!"
"Sofort legst du diese Sachen ab!"
Ein Befehlssignal lies den Gefreiten zusammenzucken und herumfahren, woraufhin der Klatschianerin Diverses entgegen geschleudert wurde.
Hatscha, die bereits ein innerliches
OhMist! stöhnte erschien es wie eine kleine Fügung des Schicksals, dass im selben Augenblick der Bote aus einer Seitentür geschlendert kam und geradewegs auf sie zuhielt.
28.06.2009 12: 07Laiza Harmonie
Irritiert lies Laiza ihren Blick zwischen der Kiste im Marmeladenglas, der Puppe und dem Musik-mit-Steinen-Drin-Musiker hin und her huschen.
Letztendlich entschied sie sich ihren Blick auf ihre frische Tasse Kräutertee ruhen zu lassen, um sich nicht für einen Gesprächspartner entscheiden zu müssen.
Sie hatte schon wahrlich viel erlebt in ihrer Zeit als Okkultismusexperten: Dämonen, Geister, verzauberte Türschilder und sogar Revisoren! Aber der Gedanke mit einer sprechenden Holzpuppe zu reden, die ihr über die Erlebnisse einer kleinen Kiste berichtete, bereiteten ihr Kopfschmerzen. Hätte Romulus doch nur mit dem Hund gesprochen, diese Idee war nur halb so verrückt! Der Hund war immer noch nicht von der Kiste weg gewichen, obwohl Obergefreiter Pochtli versucht hatte ihn herauszulocken und so wechselte er immer wieder zwischen winseln und bellen und verursachte bei Laiza eine gereizte Stimmung.
"Verstehe ich das richtig", resümierte sie die Ausführungen von Dolly der Puppe, "Das dieses Kistchen..."
"Schatulle des ewigen Sonnenscheins", unterbrach Dolly den Oberfeldwebel und die Kiste machte ein paar freudige Hüpfer in ihrem inzwischen offenen Marmeladenglas.
Laiza räusperte sich: "Die Schatulle ist also..."
"Sie bevorzugt Sonni."
Laiza blinzelte die Puppe an: "Die Kiste will also ... Sonni genannt werden?"
"Ja, der Name kommt von den Intarsien im Inneren, sagt sie, es ist eine Sonne."
"Gut", meinte Laiza und akzeptierte es einfach. "Sie ist also aus einem Keller geflohen, in dem die anderen Kisten immer noch feststecken und ein Troll sie bedroht? Und sie hat keine Ahnung wo dieser Keller ist, weil sie die ganze Zeit in dem Bauch einer anderen Kiste war. Aber der Keller ist nicht unweit der Stelle an dem sie den großen Lehmhaufen gebissen hat und zwar in
Richtung der Sonnigen Seite."
"Genau", bestätigte Dolly.
"Was ist das für ein Ring?"
"Sie sagte, das ist das Duplikat des Siegelrings ihres Herren Vier Sonnige Reisfelder und er solle an seinen Sohn überreicht werden, für die Geschäfte hier in Ankh-Morpork."
"Was für Geschäfte?"
"Sie ist doch nur eine kleine Schatulle, woher soll sie das denn wissen?" meinte Dolly und an Flavius gerichtet fügte sie hinzu: "Mehr hat sie nicht zu erzählen."
Der Musiker nickte und stand auf: "Falls sie weiterrre Hilfe benötigen Frrräulein Harrrmonie, dann zögerrrn Sie nicht nach uns zu schicken."
Die Tür fiel hinter dem Musiker und der Tanzpuppe gar nicht erst ins Schloss, sondern der Gefreite Bjornson trat ein, nicht ohne zuerst den zwei Besuchern einen irritierten Blick hinterher zu werfen.
"Die Besprechung wurde vorverlegt. Wir treffen uns in Kürze in Oberleutnants Büro."
"Och nein, muss das sein? Ich hasse dieses Gerichtmedizinerbüro, es riecht da immer
so." Sie griff nach ihren Aufzeichnungen, einem Bleistift und dem Marmeladenglas mit der Truhe, der Hund folgte ihr, als sie zur Tür ging.
28.06.2009 15: 58Tyros y Graco
Tyros y Graco hatte mittlerweile den Hier-gibt's-Alles-Platz erreicht. Er begann, sich nach allem umzusehen, was irgendwie magisch aussah. Und nach Informationen. Und überhaupt. Bei einem Stand mit spitzen Hüten wurde er neugierig. Gerade, als er den Verkäufer ansprechen wollte, trat ein achatenisch aussehender Mann an den Stand heran und grüßte den Verkäufer unauffällig. Der Verkäufer nickte ihm zu, murmelte etwas, was der Obergefreite nicht verstehen konnte und fing an, seinen Stand zusammen zu packen. Kaum war er damit fertig, machte sich das ungleiche Paar zusammen auf den Weg, fort vom Hier-gibt's-Alles-Platz.
Tyros war sich nicht sicher was dies alles zu bedeuten hatte. Vermutlich hatte es überhaupt nichts mit ihrem Fall zu tun. Und dennoch...es konnte sicherlich nicht schaden, den beiden ein wenig zu folgen. Nur zur Sicherheit.
Der Alchemikexperte hatte große Mühe, auf dem Gedränge des Platzes die beiden Männer nicht zu verlieren. So war er erleichtert, als er die beiden plötzlich in eine kleine Seitenstraße abbiegen sah. Die Erleichterung war jedoch nur von kurzer Dauer- die Straße lag da wie ausgestorben. Hier wurde es nun schwierig, den beiden unauffällig zu folgen.
Tyros versuchte sich an das Modul "Beschattung" in seiner Grundausbildung zu erinnern - erfolglos. Er musste an dem entsprechenden Tag gefehlt haben. Oder hatte er gleich die ganze Woche gefehlt? Nun, er würde improvisieren müssen.
Bedächtig drückte er sich von Schatten zu Schatten, von Hauswand zu Hauswand. Er versuchte, seine Füße so leise wie möglich voreinander zu setzen und immer im dunklen zu bleiben. Plötzlich blieben die beiden Verdächtigen stehen. Irritiert blickten sie auf den Boden und tuschelten leise.
In diesem Moment flog laut gurrend eine Brieftaube auf die Schulter des Obergefreiten. Sie trug die Nachricht von der vorgezogenen Besprechung bei sich ...
03.07.2009 7: 37Nyvania
Als Nyvania leicht schnaufend im Taubenschlag angekommen war und soeben eine Brieftaube aus ihrem Nickerchen riss um sie mit einer Eilbotschaft auf den Weg zu schicken, genau in diesem Augenblick, kam eine scheinbar noch nicht ganz bremsbrereite Taube durch eines der Fenster und auf sie zugesürmt. Die Obergefreite gab einen erstickten Schreckensschrei von sich, der dann in nicht jugendfreies Fluchen über ging. Sie befreite sich unter Bartholomeus' höhnischem Gelächter von dem Federvieh und spuckte Federn. Den aufkeimenden Appetit unterdrückend untersuchte sie den verwirrten Vogel. Er trug eine Nachricht bei sich, die an Nyvania gerichtet war.
"Na sowas.", murmelte die Wasserspeierin. "Das Treffen wurde vor verlegt? Das kommt mir doch sehr gelegen."
Sie ließ das Tier los, welches trudelnd auf eine Stange flog und sofort einnickte.
"Dann kann ich mir vermehrtes Berichten ersparen.", murmelte sie, während sie den Abstieg begann.
Und vielleicht gleich mal bei SuSi vorbei schaun., trällerte Bartholomeus.
"Ja, stimmt."
Sie machte sich auf den Weg.
Ein sägendes Geräusch begleitete die Touristen nun schon seit einiger Zeit. Es klang weit entfernt, dennoch hatte es etwas nervtötendes an sich.
"Und etwas beunluhigendes.", meinte einer der Achatener zu dem Kollegen, der sich über das Geräusch beklagt hatte. Die anderen sahen ihn an.
Sie hatten mittlerweile aufgehört Fotos von dieser Attraktion zu schießen, denn das Panorama, welches sich ihnen bot, war wenig abwechslungsreich. Der gräuliche Türsteher hatte ihre Anfragen nach einem Ortswechsel großzügig ignoriert.
"Wie meinst du das?", fragte ein anderer.
Der angesprochene beugte sich verschwörerisch zu seinen Mitreisenden hinüber.
"Naja," begann er." Vielleicht ist die Situation, in del wil uns befinden, nicht so wie wil denken!"
Ihre Augen weiteten sich.
"Du meinst, wil sind-", hauchte einer.
Der erste nickte. Ihre Augen wurden noch größer.
"Deswegen haben sie unselele Thluhen mitgenommen und velulsachen diese schlecklichen Geläusche!"
Sie hielten den Atem an.
"Wil sind in einel Simulation des thüpisch molpolkianischen Lebens!", brach ein Achataner heraus.
"Wie wilkliche Stadtbewohnel!"
"Wie auflegend!"
"Faszinielend!"
Euphorisch tasteten sie die Steinwände ab, wie sie es vermehrt während der letzten Stunden getan hatten. Ein "Ohhhh!" und "Ahhhh!" war zu hören.
"Sehl authentisch!", war zu vernehmen, gefolgt von zustimmendem Gemurmel.
"Also müssen wil uns auch wie wilkliche Stadtbewohnel benehmen!", rief ein weiterer aus. Sie waren voller Tatendrang.
"Diese Attlaktion gefällt mil immel bessel!"
Ein weiterer Achatener bedeutete den anderen still zu sein.
"Wenn wil wir Ankh-Molpolkianer sein sollen. müssen wil velschlagen tuscheln."
..so wie es die verschlagenen Leute überall getan hatten, als sie durch die Stadt eskortiert worden waren - von zwei riesiegen trollhaften Reiseführern.
"Und wil dülfen das Wichtigste nicht velgessen!"
Die Achatnener nickten allwissend. Die Ikonographen waren bereit. Ihre Augen glänzten voll Vorfreude.
"Wil müssen eine Schlägelei anzetteln!"
03.07.2009 19: 19Pismire
Angewidert beobachte
Glücklicher zweiter Sohn in Folge (wie er diesen dämlich, ab-so-lut
uncoolen Namen verabscheute) schon seit geraumer Zeit durch eine verborgenen Klappe in der Tür seine Landsleute. Sie waren ja so - provinziell, so - peinlich, - so ungeheuer ... ihm, fehlten die Worte. Sie würden nie - nie - nie so cool sein wie die Bewohner der Stadt. Nicht mal so cool wie er. Obwohl: eigentlich war er ja viel cooler als die. Und wenn ihm dieser Coup gelang - und daran bestand eigentlich kein Zweifel - dann würde er größer und verruchter sein als selbst der legendäre Magister Schu Manfu - oder hieß es: Doktor? (Manchmal verwirrten ihn die seltsamen, fremdländischen Titel hier schon sehr.)
Um auf seine Landsleute zurück zu kommen - wie sie sich aufführten! Sie hatten bei dieser sogenannten
Schlägelei sogar versucht, faire und ausgewogenen Gruppen zu bilden, den beiden Ältesten - die wiederum unter endlosem Verbeugen voreinander erst einmal stundenlang die je eigene Un- und Nichtswürdigkeit hatten behaupten müssen - die Wahl gelassen, dann penibel und wieder unter endlosem Verbeugen Aufstellung genommen, und was dann passiert war, war noch schlimmer: nicht nur die Hiebe ankündigen - nein, auch noch sich hinterher sofort dafür entschuldigen! Es war abstoßend. Und - wie er ja schon zu sich selbst gesagt hatte - zutiefst peinlich.
Der nächste Schritt des Plans würde nicht einfach werden, dachte er, aber bis dahin waren noch einige Stunden. Es würde erst bei Beginn der Nacht soweit sein. Bis dahin sollte er noch einmal den ganzen Ablauf in Ruhe durchgehen. Behutsam und leise schloss er die Klappe wieder, nickte den beiden schwerbewaffnenten Trollen vor der Tür aufmunternd zu - immerhin waren sie ein wichtiger Bestandteil des Plans. Dann schaute er noch bei dem Holzfäller vorbei, den er engagiert hatte, um im Nebenraum das ganze Holz für die Heizung des Gebäudes zu Sägen - nicht zu hacken, bitte, keine Äxte, auf gar keinen Fall, da der unoffiziell nichtexistente Botschafter des achatenen Reiches in AM, sein Onkel, eine Allergie gegen das Geräusch von Äxten hatte. Wieder freute es ihn, dass die verständigen Einwohner von Ankh-Morpork bereitwillig jeden Blödsinn akzeptierten, solange die Summe stimmte.
Er rekapitulierte den vor ihm liegenden Weg - dreihundert Schritte geradeaus, nach der dritten Abzweigung links, dann wieder links, einen Gang auslassen, rechts, an dem unterirdischen Gewässer vorbei, den Gang mir den S-Kurven vierhundert Schritte geradeaus, dann die Leiter an der Wand hoch, die Falltürklappe öffnen. Er entschied sich, aus Übungszwecken im Dunkeln zu gehen.
Als er den Kopf durch die Falltür streckte, war er stolz auf sich - null Fehler. Heute Nacht würde das auch mit seinen birnigen Begleitern wie am Schnürchen funktionieren. Sie würden in der Dunkelheit keine Gelegenheit habe, ihn zu sehen, und dann würde seine große Stunde kommen - sein Auftritt als Patrizier der Stadt. Er war immer schon der Überzeugung gewesen, dass es keinen besseren Vetinariimitator als ihn gab - wahrscheinlich war er sogar noch besser als das Original. Und diese Idioten würden überhaupt nicht merken, dass das da vor ihnen nicht der Herrscher der Stadt war - der offizielle wenigstens. Denn eines Tages würde er der
inoffizielle dieser Stadt sein.
"Wie willst du eigentlich eine Stadt beherrschen, wenn du nicht einmal in der Lage bist, dich IHREM Einfluss zu entziehen?" Mist, da war sie schon wieder. Diese Stimme in seinem Kopf, die ihm immer dann dazwischenfunkte, wenn er einen seiner Höhenflüge hatte. Na gut - zur Zeit handelte er noch auf
IHREN Befehl.
SIE hatte den Plan gehabt und ihm die Einzelheiten erklärt, wenn er bei
IHR war. Moment, wieso dachte er eigentlich immer von
SIE? Hieß es nicht
der Schrank? Aber war ein Schrank nicht eigentlich nur eine Art gigantischer Truhe? Stop, stop, stop! rief er sich zur Ordnung. Das führte jetzt alles zu weit. Die Truhen waren
IHR Teil des Plans. Seiner waren die Achatener. Und wenn er sich jetzt nicht gewaltig beeilte, dann würde sein Onkel ihm die Hosen strammziehen.
Glücklicher zweiter Sohn in Folge seufzte und begab sich auf den Weg zum Keller seines Onkels. Wenn er erst einmal diese hier hinter sich hatte würde er
SIE bitten, ihm bei seinem Onkel zu helfen. Und dann würde der blöde
Zwei kandierte Ananas schon sehen, was er von seinem ständigen "Du bist noch nicht erwachsen, also hast du dich gefälligst an meine Regeln zu halten"-Gerede haben würde. Jawohl!
*****"... weswegen wir nun zumindest bei der Identität des Toten etwas weiter gekommen", schloss Pismire seinen Teil des Berichtes.
Die Wächter schauten ihn - zum Teil verwirrt an. Hektisches Klappern auf Glas zeigte an, dass Lilli Baum noch Fragen hatte. Und in der Tat ließ sich Sekunden später Günther vernehmen: "Also Moment mal. Sie - und ich auch, keine Frage - kommen da nicht mehr mit. Johann Amadeus Franz von Tugut, Gründer der Gilde von - verkürzt - Reiseführern, von dem behauptet wird, dass er vielleicht Felipillo Trutzelmann sein könnte, der was mit Gemüse am Stecken hat, ist in Wirklichkeit ein Seemann namens Peter Bortenfummler, der Bruder des Wirtes Patrick Bortenfummler, der sich seinerseits als Pat McSweeney ausgibt, damit die Mitglieder der achatenen Reisegruppe sich in A.M wie zu Hause fühlen?"
Zehn Sekunden und zehn abgezählte Finger später nickte der Schamane. "Was hat seine Akte ergeben?", fragte er in Richtung Nyvania. "Hast du sie dabei?"
Die Obergefreite räusperte sich kurz. "Ich habe sie ins Labor gebracht", meinte sie kurz angebunden. Alle Augen wandten sich ihr zu. "Sie ist offensichtlich manipuliert worden. Fehlende Seiten, Dinge wurden herausgerissen, Tintenflecke an entscheidenden Stellen - ich hielt das für angebracht."
Der alte Mann warf ihr einen durchdringenden Blick zu, den sie mit ausdrucksloser Miene erwiderte.
Sie würde den Verdacht, den sie hatte, hier nicht äußern.
"Nun, wenn nicht mehr drin stand, als wir eh schon wissen - falls wir was wissen", entgegnete er ungerührt. "Was hat die Befragung der Truhe ergeben?"
"Dank", und Laiza betonte das Wort besonders, "der Hilfe von Romulus und seines Nachbarn, Flavius Ernestus Strawinskovitsch, der im Besitz einer Tanzpuppe aus intelligentem Birnbaumholz ist, konnte ich mit der kleinen Kiste kommunizieren. Aber sie weiß nicht viel. Sie heißt Schatulle des ewigen Sonnenscheins, bevorzugt den Namen Sonni, ihr Besitzer heißt Vier Sonnige Reisfelder, sein Sohn macht Geschäfte in dieser Stadt für die er den Siegelring benötigt und die anderen Kisten werden in einem Keller nicht all zu weit von der Stelle, wo die Golems sie gefunden haben, festgehalten. Sie hat eine Intarsie in Form einer Sonne in ihrem Inneren - daher der Name."
Glums Augen wurden weit: "Vielleicht haben die Symbole auf den Ikonographien was mit den Truhen und nicht mit den Besitzern zu tun", warf er aufgeregt ein.
"Aber es sind mehr Truhen als Ikonographien", warf Romulus ein. "Diese hier war
in einer anderen Truhe, daher müssen wir von elf oder mehr Truhen ausgehen, wir haben aber nur 10 Bilder und Symbole."
Bevor die Debatte um die Symbole und ihre Bedeutung oder Bedeutungslosigkeit wieder aufzuflammen drohten, versuchte der Oberleutnant, die anderen Ergebnisse anzufragen. Als er die Aufzählung von Hatscha rekapitulierte, seufzte er nur. "Vielleicht sollten wir uns mit der Frage beschäftigen, welche Gilden
nichts mit dem Fall zu tun haben können." Die beiden DOG-Mitarbeiter wechselten einen leicht genervten Blick, da dieses keine seltene Reaktion auf ihre Art der Ermittlungen war.
Während sie ein Teil der Ermittlergruppe in Spekulationen über mögliche - oder unmögliche Gildenangelegenheiten verstrickte, hatte Pismire sich zurückgelehnt und versuchte über einige Aspekte Klarheit zu bekommen und sich Gedanken darüber zu machen, wie die anfallende Arbeit des morgigen Tage zu organisieren sei. Es war unumgänglich, sich mit dieser neuen Gilde zu beschäftigen - das war nun eindeutig ein Fall für DOG, die auch klären sollten, ob eventuelle Quittungen beim Aufräumen verschwunden waren. Auch musste Bortenfummler am besten noch einmal auf den Zahn gefühlt werden - ein eindeutig psychologisches Feld, wie er fand. Auch gäbe ihm eine Nachbesprechung mit Nyvania die Gelegenheit, sie zu fragen, ob sie den Verdacht hegte, dass jemand in der Wache was mit der Manipulation der Akte zu tun haben könnte; zumindest hatte er den Verdacht, dass sie das so sah. Er selber hatte das Pensum an Aktenarbeit (der Tatort, die Leiche und so weiter) noch vor sich, das er heute eigentlich zu erledigen gehabt hätte. Die SEALS würde er darauf ansetzen, sich unauffällig in der Nähe des Fundortes von Sonni umzusehen und umzuhören - es musste eine Spur geben - zur Not auch mit Hilfe dieses kleinen Hundes. Ach ja, und die nächste Besprechung sollte in spätestens 24 Stunden erfolgen. Er trank den Kräutertee aus und setzte sich auf, um diesen Teil der Besprechung in Angriff zu nehmen.
12.07.2009 15: 39Glum Steinstiefel
'Aber es sind mehr Truhen als Ikonographien. Diese hier war in einer anderen Truhe, daher müssen wir von elf oder mehr Truhen ausgehen, wir haben aber nur 10 Bilder und Symbole.'Glum ärgerte sich zutiefst über den mangelnden Scharfsinn, den Feldwebel von Grauhaar bei der Besprechung bewiesen hatte. Es gab lediglich drei Symbole. Die einfachste Schlussfolgerung hieraus wäre: Es gibt drei von diesen, diesen...Babyschatullen, jede mit einem entsprechenden Symbol, Stern und Mond wäre demnach noch zu vergeben. Ginge man nach der Position im Bild, so würde dies bedeuten, das entweder in den Truhen vergleichbare Symbolpositionen vorhanden sind, sich die Mondschatulle also von Stern und Sonne abhebt oder, dass im übertragenden Sinne das Wesen, sofern Holz...er musste kurz an Lilli denken, schöne Haare übrigens, aber diese konsequente Weigerung, nicht sprechen zu wollen. Und überhaupt dieses...Mistaberauch. Konzentrier dich gefälligst. ...äh...sofern Holz überhaupt eine Art Wesen haben konnte. Eine sehr füllosophische Frage. Aber gut. Es konnte auch sehr gut um den Inhalt der Truhen gehen. Dann hat eben die eine einen Ring und die nächste eine Brosche. Gut möglich. Aber dennoch schloss Glum diese These aus. An etwas derart abstruses glaubte er erst nach erbrachten Beweisen. Nein, als Moloss insbesondere muss man vom Detail aufs Allgemeine schließen, so erstaunlich das auch klingen mochte.
Fakt war: Romulus hatte insoweit recht, dass man von elf und mehr Truhen ausgehen muss, der Experte hielt inzwischen dreizehn für am wahrscheinlichsten. Die Anzahl der Ikonographien spielten ebenso keine Rolle, wie die Farbgebung, obwohl auch hier Raum für Spekulation bliebe: Eine Sonne neben dem Schiffsnamen
'Goldene Hindin'. War der Ring nicht golden gewesen? Aber auch die Mehrzahltheorien, in die er sich so fest verritten hatte, bedurften einer tiefgründigeren Überlegung. Mehrzahl, Farbe und Position verleiteten Glum nach mehrfachem Überlegen zu der Annahme, dass entweder a.) nicht die Truhen, sondern doch die Achatener gemeint waren oder dass b.) eine Täuschung und somit ein Verwirrungsfaktor vorlag. Eher jedoch waren tatsächlich die Truhen des Rätsels Lösung. Andererseits rankten sich bereits so viele verdächtige Überlegungen um diese Gepäckstücke, dass auch hier eine ganze Reihe Fehler nicht auszuschließen waren. Aber war das nicht die ganze Zeit der Fall? Für Spekulationen blieb immer Raum.
"Hey, was ist los?"
Hatscha al Nasa stupste ihren Untergebenen aufmunternd an.
Augen haben ihre eigene Sprache. Oftmals verraten sie, was ihr Besitzer wirklich empfindet. Obwohl der Zwerg seit einigen Minuten recht lässig neben ihr her schlenderte verharrte das zum ungezählten Male zum Schnäuzen erhobene Taschentuch auf halbem Wege zur Nase, gebannt von einem starren Blick aus irrwitzig geweiteten Augen.
Sie konnte sich später nicht mehr genau an alles erinnern, was in dieser erneuten Besprechung ausgetauscht worden war. Jedenfalls hatte sie im Verlaufe dieses Gesprächs eingesehen, dass es gewiss töricht war, jede einzelne Gilde, die auch nur im Entferntesten etwas mit achatenischen Touristen zu tun haben könnte, abzuklappern. Gezielte Suche lautete das Stichwort.
Schön, dass es ein Stichwort gab. Zumindest das.
Sie ergriff den einzigen Ausweg: sie fing an zu lachen und verpasste dem Gefreiten mit der flachen Hand eins auf die Stirn, dass dieser schwankte und blinzelnd zu dieser Seite der Realität zurück fand. Scharf und deutlich sah sie mit einem Schlage eine ganze Schlange, eine Kette von vielen kleinen Fakten und Geschehnissen vor sich, zahllose kleine Ereignisse, die allesamt in die Auflösung dieses Falles bzw. in den nächsten folgenden Schritt mit hineinspielen konnten.
"Ich habe das Recht, den Versuch zu machen!", rief sie heftig aus. "Das Recht, mich selber zu prüfen! Wenn ich sehe, dass ich nicht dafür tauge..."
Befreit atmete sie auf, als sie sich wenigstens sprechen hörte, freilich klang ihre Stimme leicht zittrig.
"Und jetzt verlangst du also...", überlegte Glum krampfhaft, sich noch immer nicht ganz von seinen Gedanken lösen könnend: "...dass wir mit...System vorgehen."
"Stimmt genau.", bestätigte die Triefnase lächelnd.
"Das heißt, wir hatten bisher kein System?"
"Nicht ganz...wäre es denn nicht logischer, Gefreiter, sich lediglich in dem Bereich der Stadt umzusehen, zumindest vorerst, in der Sonni die Schatulle...nun, aktiv war?"
"An für sich schon...", gab Glum verblüfft zu.
Eine kurze Pause folgte, bevor er fortfuhr.
"Äh, weshalb hat sich eigentlich noch niemand die
'Goldene Hindin' genauer angesehen?"
28.07.2009 18: 09Bjorn Bjornson
"Die SEALS", sagte Pismire, und meinte damit doch nur Bjorn. Er hatte nicht viel gesagt, das ist richtig, aber es so zu verallgemeinern. Aber was solls. Man gewöhnt sich daran, nicht? Bjorn war immer nur
Mr. Buch,
Sonni oder
Björn gewesen.
Nicht abschweifen!
Die Kiste möchte Sonni genannt werden. Als er den Namen gehört hatte, hatte er instinktiv mit bösen Erwartungen aufgesehen. Bjorn wollte noch nie Sonni genannt werden. Und wurde es trotzdem.
Nicht abschweifen!!
Er sollte also 'Sonni's Fundort auf Spuren untersuchen. Mit dem Köter als Gefährte. Vielleicht wird es ihm bei der Kommunikation mit dem Hund helfen, dass er selber schon mal ein Hund war.
Nicht abschweifen!!!, mahnten die Zweiten Gedanken mit Nachdruck.
Obwohl das vielleicht tatsächlich helfen könnte. Einen Versuch war es wert.
Ohne es zu bemerken war er in der Eingangshalle des Wachhauses angelangt und war stehen geblieben. Jetzt sah er sich um und hörte ein Bellen an seinem Fuß. Unwillkürlich zuckte Bjorn zurück. Der letzte Hund, dem er so nah begegnet war, hatte ihn angebaggert. So ein Schock sitzt tief.
Dann sah er, dass dieses Tier kein Mops war, und er beugte sich zu ihm hinunter. "Na du?", sagte er, streckte die Hand aus, entschied sich aber doch dagegen, das Tier zu streicheln.
Wauff."Wir gehen jetzt zu dem Ort, wo wir die Truhe..."
Aufgeregt bellte der Hund, wedelte mit dem Schwanz und blickte sich erwartungsvoll um, als er das Wort hörte.
Bjorn wunderte sich kurz, denn normalerweise dürfte ihn ein Hund nicht verstehen, und fuhr dann mit seinem Satz fort. "...gefunden haben, erinnerst du dich?"
Der Hund bellte und machte mit seinem Kopf eine nickende Bewegung.
"Nanu", sagte Bjorn mehr zu sich selbst. "Entweder bist du ein sehr kluges Tier oder... Na, du bist wohl sehr klug. Auf geht's!"
Und er verließ das Wachhaus, mit den Aufzeichnungen von Laiza unterm Arm.
Der Hund folgte ihm auf dem Fuß.
02.08.2009 19: 14Lilli Baum
Lilli hatte das Gefühl noch gar nichts zur Auflösung des Falls beigetragen zu haben. Natürlich hatte sie die vorhandenen Kontakte überprüft, wie Pismire es wollte - mit anderen Worten, die Kontakter bei RUM gebeten, ein Ohr offen zu halten. Aber das hatte bisher nichts gebracht, anscheinend war der von dieser Sache betroffene Personenkreis kleiner als angenommen. Vielleicht steckte ja gar keine Gilde dahinter, sondern eine kleinere Gruppierung? Auf jeden Fall war es angebracht, sich selbst ein wenig in Ankh Morpork umzusehen, am besten beginnend bei den Achatenern.
Natürlich würde sie sich nicht sofort in eine Verkleidung stürzen, das wäre sehr albern, erst einmal musste sie sich ein wenig mehr Hintergrundwissen verschaffen, um anschließend eine passende Tarnidentität aufbauen zu können.
In Zivil und natürlich ohne Günther, war sie deshalb ins achatene Viertel von Ankh-Morpork gegangen, mit seinen vielfältigen Farben und Gerüchen. Sie schaute aufmerksam dem Geschehen und Treiben auf der Straße zu. Die Leute schienen etwas geschäftiger zu sein, als üblich. Sie hängten Lampions auf und schmückten ihre Fenster mit Blumen. Der Korporal musste aber nicht erst eine in die Hand zu nehmen, um festzustellen, dass die Blumen textiler Natur waren. Anscheinend sollte bald hier ein Fest gefeiert werden.
Auf gut Glück betrat sie ein Geschäft, und nachdem sich ihre Augen an das schummerige Zwielicht gewöhnt hatte, sah sie, dass es sich um einen Buchladen handelte.
Hinter der Theke stand ein Achatener und unterhielt sich aufgeregt mit einer Achatenerin, allerdings zu Lillis Bedauern auf achatisch. Sie hörte dennoch mit halben Ohr dem seltsamen Gebrabbel zu, während sie lässig die Regale mit Büchern entlang schlenderte. Es prangten seltsame Zeichen auf den Buchrücken, und als sie eines herausnahm, stellte sie fest, dass man wohl auch innen drin alles mit dem seltsamen Zeichen vollgepackt hatte. Sie schüttelte den Kopf. So was aber auch! Wer kaufte denn ein Buch, in dem nichts zu lesen war? Seltsames Volk, diese Achaten.
Sie ging weiter die Reihen entlang und griff sich ab und zu ein Buch heraus, nur um festzustellen, dass die Bücher allesamt mit den seltsamen Zeichen vollgepackt waren.
Probeweise zog sie einen weiteren Band aus dem Regal und wollte ihn gerade öffnen, als
"Was wollen Sie?", herrschte sie der achatene Ladenbesitzer an.
Lilli drehte sich um, aber ehe sich auch nur den Hauch einer Chance hatte, eine Antwort zu geben, (selbst wenn sie geredet hätte), fuhr er fort: "Wollen Sie das kaufen?! Sie sehen aus, als wollen Sie das kaufen! Kaufen Sie es!"
Völlig überrumpelt nestelte Lilli ein paart Geldstücke aus ihrer Hosentasche und übergab sie dem Achatener. Der schien zufrieden mit der Summe, dann verneigte er sich und sprach: "Sehl schön. Beehlen sie uns wiedel, aber jetzt müssen Sie gehen, denn wil schließen jetzt!"
Augenblicke später stand Lilli wieder auf der Straße und fragte sich, was da jetzt eben eigentlich genau geschehen war. Die Tür wurde von innen verriegelt und Lilli konnte hören wie das Paar nun lauthals weiter stritt.
Achselzuckend ging sie weiter und überlegte, wie sie wohl am besten einen guten Einblick in die Achatene Kultur bekommen könnte. Vielleicht mit einem Besuch in einem Restaurant?
Sie schüttelte den Kopf, um die Idee zu vertrieben. Sie hatte eben ihr gesamtes Bargeld für ein Buch ausgegeben. Wenn Sie irgendwo etwas essen wollte, dann musste sie erst zurück ins Wachehaus.
Etwa eine Stunde später saß Lilli in der Kantine des Wachehauses Pseudopolisplatz und gönnte sich eine Portion von Mamsel Piepenstengels göttlichen Hackbraten, während sie las. Den überraschenderweise hatte wie festgestellt, dass das Buch in normalen Ankh-Morpokisch verfasst worden war. Es handelte sich zwar nur um ein Märchenbuch, aber immerhin, es war keine komplette Geldverschwendung gewesen. Nachdem sie ein paar Absätze über ein Märchen mit einem verwunschenen Pfirsich in Übergröße gelesen hatte, blätterte sie ein paar Seiten weiter und blieb an einem Märchen hängen mit dem Titel "Der goldene Sonnenkaiser".
Lilli überflog die Seite und las vereinzelte Schnippsel. "Alle hundert Jahre zum Fest der falschen Blumen", "drei Insignien der Macht", "für einen Tag Kaiser", "hat einen Wunsch frei". Lilli kniff die Augen zusammen. Irgendwie... irgendwie hatte sie ein ganz komisches Gefühl.
Sie begann die Geschichte im Ganzen zu lesen, während ihr Hackbraten zunehmend unbeachteter, kalt wurde. Als sie das Märchen zum fünften Mal gelesen hatte, stand sie auf und schaute auf den Belegungsplan in welchem Büro Oberleutnant Pismire zu finden war.
06.08.2009 20: 40Bjorn Bjornson
Es wurde dunkel.
Besser gesagt, nachdem Bjorn zum Wachhaus zurückgekehrt war und seine Uniform abgelegt hatte, wurde es dunkel.
Am Ort des Geschehens, sprich am Fundort von Sonni, war nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Die Golems, die die Truhe gefunden hatten, verließen die Kanalisation und schlossen den Gulli hinter sich, auf dass kein unschuldiger Bürger des Nachts in Dunkelheit in die Kanalisation fallen würde.
Bjorn las noch einmal die Aufzeichnungen von Laiza, denn es war die letzte Gelegenheit vor dem endgültigen Sonnenuntergang.
"...'großen Lehmhaufen gebissen' ... 'in Richtung der Sonne'. Das war gegen Nachmittag, halb fünf, also Richtung Randdrehwärts."
"Waff", bellte der Hund und schaute in die entsprechende Richtung.
"Ach, du bist immer noch da?", sagte Bjorn und kniete sich zu dem kleinen Hund hinunter. "Wie heißt denn du?"
"Roulff", bellte das Tier.
Bjorn schaute verwundert, und entschied sich dann, es einfach hinzunehmen, dass er tatsächlich mit Hunden reden konnte. "Rolf?"
"Waff", bellte Rolf und nickte.
"Na dann, Rolf. Du weißt doch bestimmt noch, wo du der Truhe zum ersten Mal begegnet bist, oder?"
"Waff", bellte er und lief los. Bjorn versuchte mit ihm Schritt zu halten. Zum Glück war es nicht weit weg. Schon bald hielt der Hund an, setzte sich auf die Hinterbeine, wedelte mit dem Schwanz, hechelte und tat all das, was Hunde alles tun, um Zufriedenheit mit sich selbst auszudrücken.
"Hier habt ihr euch zum ersten Mal getroffen?"
Nervös nickte Rolf und kniff die Hinterbeine fest zusammen, als wolle er sich schützen, wobei er sich zur Sicherheit noch einmal umsah.
"Na gut." Bjorn sah sich um, entdeckte aber auch hier nichts Besonderes. Dann kam ihm eine Idee. "Hey, du hast doch bestimmt eine gute Nase, oder?"
Der Hund nickte und drückte durch Schwanzwedeln und Hecheln und dergleichen Stolz aus.
"Kannst du mir zeigen, wo die Truhe herkam, bevor ihr euch begegnet seid?"
Rolf nickte und lief mit der Nase am Boden los. Bjorn sprintete hinterher, versuchte dabei weiterhin so wenig wie möglich aufzufallen.
Diesmal hielt die Welpe an einem Kellerfenster, das diese Bezeichnung kaum verdiente. Bjorn sah sich kurz um und entdeckte die Straße menschenleer. Dann ging er auf die Knie und sah vorsichtig in das Zimmer hinein.
In dem Zimmer war es noch dunkler als draußen, und so konnte Bjorn erst nur ein Geraschel wie von vielen Füßen vernehmen, doch kurz darauf, als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er die Truhen. Er zählte und kam auf neun.
Eine fehlt, dachte Bjorn. Ob wir schon zu spät sind? Die armen Entführer, dachte er weiter und erinnerte sich an die Nachricht des Golems und die Schilderungen der Rekruten, auf die Aggressivität der Truhen hindeutend.
Bjorn wandte seinen Blick vom Fenster und streichelte den Hund. "Das hast du gut gemacht. Warte." Er kramte in seiner Tasche und förderte eins von Schnappers Würstchen zu Tage, obwohl er nicht genau wusste, wieso er eins besaß. Er gab es dem Hund, der es freudig verspeiste.
Bjorn stand auf und ging zur Vorderseite des Gebäudes. Es war eins jener mehrstöckigen Mietswohnungshäuser, vor denen Ärzte und Anwälte ihre am Rand kunstvolle Holzwegweiser aufstellten, die den Leuten verrieten, welches Gewerbe hier betrieben wurde. Tatsächlich stand ein solches Schild vor dem Haus, mit mehreren Ärzten und Anwälten, jedoch verwies keine Spalte auf das Erdgeschoss oder den Keller.
An der Tür aber wurde Bjorn fündig. Dort war ein Schildchen angebracht, das einen nichtexistenten, inoffiziellen Botschafter des Achatenen Reiches ankündigte, sesshaft im Erdgeschoss.
Und genau in dem Moment hörte Bjorn Füße, die eine Treppe hinaufstiegen.
08.08.2009 20: 58Nyvania
Nyvania hatte nach der Besprechung vor dem Versammlungsraum auf den Vorgesetzten gewartet. Sie hatte Pismire angesehen, dass er den Wink verstanden hatte. Er ahnte, dass sie etwas ahnte - und es würde ihm mit Sicherheit nicht gefallen. Als ob sie nicht schon genug um die Ohren hatten!
Batholomeus ignorierend, der wirre Theorien über das Ende der Schweibenwelt anstellte, starrte sie vor sich in die Luft, als sie jemand ansprach.
"Obergefreite?"
Sie wandte sich um. Pis sah sie mit einem besorgten und auch unheilvollen Gesichtsausdruck an.
"Ich möchte noch kurz mit dir sprechen. Und da ich sehe, dass du noch hier bist, gehe ich davon aus, dass du mir noch etwas zu sagen hast."
"Ja, Sör", sie nickte, trat ein und schloss die Tür hinter sich.
Pismire setzte sich und deutete auf einen zweiten Stuhl.
"Sör, ich stehe lieber", sie atmete tief durch.
"Raus mit der Sprache."
Sie nickte und trat näher.
"Ich habe die Akte noch bei mir", meinte sie und zog sie aus ihrer Tasche hervor. Der Oberleutnant hob eine Augenbraue.
"Hast du nicht gesagt, du hättest sie ins Labor gebracht."
Wieder nickte der Wasserspeier und reichte die Akte an den Vorgesetzten.
"Ja, Sör. Das hatte ich auch vor. Aber bei meinem Verdacht, ist es wohl besser, dass sich die Akte in einem kleinen Kreis bewegt. Wer weiß, vielleicht hat der Täter ja noch etwas übersehen."
"Der Täter? Worauf willst du hinaus?" Er ahnte es.
"Nun ja, Sör," seufzte die Obergefreite und trat näher. "Wenn Du dir die Akte ansiehst, wird es offensichtlich, dass an ihr herum gepfuscht wurde. Es ist fast nichts mehr da. Keine Namen, keine Fakten. Die Akte sagt nichts, und damit meine ich: rein gar nichts mehr über die Vergangenheit Trutzelmanns aus. Man hätte sie eigentlich auch verbrennen können. Das wäre leichter gewesen und hätte Arbeit erspart. Aber dem war nicht so. Sie lag wie auf dem Präsentierteller mitten im im Archiv. Sie sollte gefunden werden."
"Deswegen glaubst du, dass es noch Hinweise geben könne?", meinte Pismire, der nachdenklich die Akte durchsah.
"Ja.", Nyvania nickte.
Jetzt sag schon was du noch denkst!, drängte Bartholomeus.
"Jaja!", knurrte die Obergefreite. Pismire sah auf.
"Hast du was gesagt?"
"Ja, Sör. Ich habe einen Verdacht."
"Welchen?"
"Nun ja", sie setzte sich nun doch. "Die Akte war noch im Archiv. Es sieht nicht so aus, als sei sie jemals woanders gewesen. Sie hat es nicht verlassen. Und das Archiv ist immer abgeschlossen. Es ist für die Öffentlichkeit nicht erreichbar. Außerdem wurde die Akte bearbeitet; jemand wusste um unseren Fall, und dass wir früher oder später auf diesen Kerl kommen würden", sie nickte in Richtung Akte. "Es muss jemand sein, der engen Kontakt zu einem Wächter hat, oder eben ...", sie zögerte.
"Oder eben ein Wächter selbst", schloss Pismire sachlich. Ihm gefiel die Richtung nicht, in die das ganze führte. Nyvania erging es ähnlich.
"Deswegen wollte ich die Akte dir geben, Sör. Ich glaube es ist besser, wenn sie im kleinen Kreis untersucht wird."
Pismire nickte. Das war also ein weitere Punkt, weitere Fragen auf einer nicht enden wollenden Liste an nicht geklärten Fragen. Er sah die Obergefreite an.
"Ich werde mich darum kümmern. Während ich das tue, möchte ich, dass du noch einmal in die "Acht Kotzbarkeiten" gehst und dem Wirt noch einmal richtig auf den Zahn fühlst. Er müsste mittlerweile wieder nüchtern sein."
Nyvania nickte und verließ das Wachegbäude in Richtung Taverne.
16.08.2009 15: 51Pismire
Als die Wasserspeierin sein Büro verlassen hatte, blieb der alte Mann noch eine ganze Weile scheinbar regungslos an seinem Schreibtisch sitzen. War es ein Fehler gewesen, sie allein zu einem Zeugen zu schicken - oder nicht? (Denn normalerweise zog er auch bei Zeugenbefragungen das Vier-Augen-Prinzip vor; beim Verhör eines Verdächtigen war es ja aus guten Gründen gar nicht anders möglich.)
Hätte er jemanden einweihen sollen? Und wenn ja: wen? Oder hatte er Recht daran getan, das Problem des vermutlichen Maulwurfs im Wachebüro unter der Decke halten? Und wenn es einen gab - und da war er sich sehr sicher, da niemand außerhalb der Wache Zutritt zum Wachearchiv bekam - konnte dieser Maulwurf ein Wächter - oder gar eine Wächterin - der Gruppe sein? Oder gab es noch eine weitere Erklärung? Bevor er sich in weiteres Spekulationen verlor, musste er Gewissheit haben.
Er kritzelte hastig eine Notiz auf ein Stück Papier und machte sich bei dem Rohrpostdämon, mit dem ihn eine heftige und wechselseitige Abneigung verband bemerkbar. Aaps streckte seinen hässlichen, kleinen Glatzkopf aus dem Rohr und eröffnete den Reigen möglicher Beleidigungen mit einem lautstarkten Lippenfurz.
Pismire zog die Augenbraue hoch und schnippte ihm den Zettel zum Rohr hin. "Liefere ihn einfach aus und halt die Klappe, du verhinderter König der Pöbler. Und ja: Du kannst Vulgarisch, na und!?"
Zehn Minuten später betraten zwei Wesen den Raum: Korporal Baum und der unvermeidbare Günther, den man besser mit Horatio -
Nein, korrigierte sich Pismire in Gedanken:
Horatius - anreden sollte. Die junge Frau stand ein wenig schüchtern im Raum.
"Setzt dich doch, das ging aber schnell", meinte der Oberleutnant und deutet auf einen Stuhl.
Ein wenig umständlich, dachte er sich, als sie sich niederließ.
Aber wer weiß, kann auch an diesem Zauber liegen. Was treibt eigentlich jemanden zu so einem Wunsch? Hoffentlich nicht die Legende von Proxylem und Baukies.[5]Bevor er weiter abschweifen konnte, riss ihn ein Klick, klick-klick, klick - ein Stift tippte über das Glas, das die junge Frau ständig bei sich trug - aus seinem Sinnieren, und Horatius berichtete von Lillis Überlegungen, ihrem Besuch im achatenen Viertel und dem überraschenden Kauf des Buches.
Der Schamane ließ sich das Buch aushändigen und beäugte den Text kritisch. "Eine zweisprachige Ausgabe hatten die wohl nicht?", brummelte er in seinen Dreitagebart.
Klicke-di-klicke-di-klick ...
"Sie meint, dass ihr wenig daran gelegen war, ihren letzten Sold für ein Buch auszugeben, von dem sie nichts lesen kann", kam von dem S.P.R.E.C.H.-Dämonen.
Ein durchdringender Blick musterte die leicht verlegen wirkende Lilli.
"Das war keine Kritik an dir", meinte der alte Mann. "Und da es eine Ausgabe für einen Fall war, kann die Wache dir das Geld ersetzten. Ich schieße dir die Summe vor und bekomme es hinterher vom Kommandeur zurück." Und nach einiger Zierei erfuhr er die Summe und gab der jungen Frau das Geld - wohl wissend, das er den Antrag nie stellen würde, aber sein Sold ein wenig höher war, als der eines Korporals.
"Ich wüsste nur gerne, wie der Text in Achatenisch aussieht - welche Symbole verwendet würden, weißt du? Wir suchen immer noch nach allen möglichen Hinweisen und vielleicht könnten wir mit den achatenischen Schriftzeichen die Frage beantworten, ob die Schriftzeichen auf den Ikonogrphien eine Bedeutung haben und wenn ja: welche. Aber hab auf jeden Fall erst einmal Dank für deine Informationen", fuhr er fort. "Auch die Erzählung hier könnte wichtig sein. Aber eigentlich habe ich dich aus einem anderen Grund sprechen wollen. Du bist doch gerade wieder von deiner Abordnung zu GRUND zurück bei RUM - nicht wahr? Ist eigentlich das Arbeiten im Archiv immer noch ein Teil - äh - der Ausbildung?"
Ein Nicken beantwortete beide Fragen.
"Und war in letzter Zeit noch eine Gruppe Rekruten im Archiv?", fragte er scheinbar beiläufig.
Wieder klickte es auf dem Glas. An das Geräusch konnte man sich gewöhnen, dachte sich der Alte, ein wenig eintönig, aber recht - beruhigend.
"Eine Gruppe von Rekruten war erst in der letzten Woche im Archiv - sie sollten das Ablageprinzip kennen lernen und sich ein wenig mit leichten Sortier- und Aufräumarbeiten vertraut machen. Fähnrich Kanndra hat die Gruppe persönlich betreut."
Als die junge Frau gegangen war, erhob Pismire sich mit der Akte "Bortenfummler" und betrat das Labor. Lady Rattenklein, die gerade mitten in einem Versuchsaufbau steckte, begrüßte ihn kurz und knapp und bat gestisch um ein wenig Geduld. Die ausgestreckte Hand symbolisierte "fünf Minuten" und der Pathologe zog sich stumm zurück.
Er schloss kurz die Augen und betrat dann das Büro seiner Abteilungsleiterin.
"Ich möchte die Akte hier ins Labor geben", meinte er.
Laiza sah ihn verblüfft an: "Ja, und? Äh, ich meine, das würdest du doch auch ohne mich bewältigen, oder?"
"Es gibt einen guten Grund, warum ich dich dabei hätte. Und außerdem möchte ich danach noch etwas anders mit dir besprechen", entgegnete dieser.
Fünf Minuten später saßen sie zu Dritt im Labor, und Pismire erzählte den beiden Frauen vom Verdacht der Wasserspeierin, den er teilte.
"Und von daher möchte ich nicht, dass außerhalb des Kreises dieser vier Personen über die Angelegenheit gesprochen wird", schloss er den Bericht.
"Aber nach was soll ich denn suchen?" Die Gnomin zuckte mit den Achseln. "Ich kann nicht nach 'nichts' suchen. Und hier ist
nichts mehr. Und
nichts kann man nicht finden. Ich meine - schau dir die Akte doch an."
"Ja, aber da war mal was", entgegnete der Alte. "Und vielleicht kann uns auch die winzigste Spur weiterhelfen. Oder Spuren, die derjenige hinterlassen hat, der dadran manipuliert hat."
"Ihr lest zu viele dieser Kriminal-Heftchen", schnaubte die Expertin. "Klar finde ich auf Seite drei sofort ein eingeklemmtes Haar, dass mit nicht nur über Rasse, Geschlecht, Alter und Ernährungszustand des Täters Aufschluss gibt, nein, er hat auch noch seltene Brotkrümel hinterlasse, die nur Bäcker Wumpe in der Hol-euch-der-Dämongasse 4 produziert, und das auch nur für Hänry Hinterzimmer, der somit überführt ist. Aber gut - wenn ihr die Laborzeit derartig verschwenden wollt!?", sprachs und scheuchte die beiden mit einer ungehaltenen Geste aus dem Raum.
"Und was wolltest du noch mit mir besprechen", fragte Laiza amüsiert ob des komischen Ausbruchs der Laborantin.
"Oh, ich habe mir noch einmal den Obduktionsbericht zu Gemüte geführt ..."
"... und das kann ich dir auch in deinem Büro sagen, anstatt der hart arbeitenden Laborantin im Licht zu stehen."
Die beiden Menschen gingen in Laizas Büro.
"Ich habe wenig Erfahrungen mit diesen Truhen", meinte der Schamane. "Aber ich frage mich die ganze Zeit - könnte Bortenfummler nicht
in einer Truhe gestorben sein?"
Laiza sah ihn stumm und mit großen Augen skeptisch an. "Wie kommst du darauf?"
"Nun, Bortenfummler wurde erstochen und nach seinem Tod verschwand seine Kleidung - und zwar spurlos. Ich habe mir den Bericht von Sillybos und Holm noch einmal angesehen und mit beiden gestern noch gesprochen. Sie haben zuerst keine Spuren gefunden und dann
gründlich gesucht. Sie haben den Tatort mit dem Handfeger traktiert und nicht einmal eine Faser gefunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nichts zu finden war. Anderseits ist ein Toter sperrig und schwer. Und seine Kleidung war aus normalem Stoff - Wolle, Leinen, Baumwolle. Keine abriebfreien Lederhemden oder fusselfreien Kettenpanzer oder so. Und er wäre nicht der erste, der völlig spurlos in einer dieser Truhen verschwunden. Es gibt Augenzeugenberichte von Truhen - vielleicht hat RUM ja welche davon - die Unvorsichtige sogar angelockt habe sollen. Und dann schloss sich der Deckel über ihnen - und sie wurden
nie mehr gesehen", schloss er dramatisch.
*****Nachdem Zweiter glücklicher Sohn in Folge die letzten Stunden beim Durchgehen seines Planes verbracht hatte, war es nun an der Zeit, diesen Teil auch umzusetzen, fand er. Sein Onkel war zu diesem blöden Abendessen, und das Haus gehörte quasi ihm. Die Dienerschaft hatte das getan, was sie immer taten, wenn sie wussten, dass ihr Herr nicht da war: die Opiumvorräte geplündert, dem Weinkeller einen (unauffälligen) Besuch abgestattet und dann einen freien Abend in der Stadt genommen.
Und das
SIE ihn noch einmal darauf hingewiesen hatte, dass er vorsichtig sein sollte, was überflüssig war. Er war doch kein Kind mehr. Und
SIE nichts weiter als ein Stück Holz. Allerdings ein verdammt großes. Und gefährliches. Und mörderisches. Er schüttelte diese Gedanken ab. Nein, jetzt freute er sich erst einmal auf den nächsten Teil des Plans, als dessen Krönung seine geniale Vetinariimitation gelten konnte.
Sorgfältig hatte er seine Kleidung gewählt: ein dunkler, getragener und geflickter Umhang, ein Lederhemd mit Messingnieten, abgetragene Stiefel, ein gebrauchtes Kurzschwert - kein Mensch würde merken, dass sein Onkel es ihm nicht erlaubt hatte, es zu einem Schmied zum Schärfen zu bringen. Er würde wie einer jeder schweigsamen, mysteriösen Abenteurer wirken, die verstohlen und heimlich Aufträge von zwielichtigen Hintermännern ausführten, dabei sowohl auf ein kalkulierbares Risiko und einen einträglichen Gewinn bedacht, und jederzeit bereit, für den größeren Nutzen die Fronten zu wechseln.
Vor der Kerkertür warteten die Trolle auf sein vereinbartes Handzeichen. Ein kurzes Scheingefecht, dann legten sich die beiden mit lautem Getöse auf den Boden und der vermeintliche Sieger betrat den Raum mit den Gefangenen. Den Beutel mit Geld würden die Trolle an der vereinbarten Stelle finden - Zweiter glücklicher Sohn in Folge hatte nicht vor, diesen Teil der Abmachung zu verletzen - kein unnötiges Risiko.
Schon als das Gefecht begann, hatten die Achatener aufgehorcht und sich dann still verhalten. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür und eine verhüllte Gestalt wurde im Schein einer trüben Fackel sichtbar.
"Rasch, rasch, bevor die Ablösung kommt. Man hat mich geschickt, um ein zu befreien!"
Vergnügt folgten seine Landsleute dem Befreier - dieser Teil des Abenteuers war ja noch besser, als sie es sich vorgestellt hatten.
Unter
"leise, leise"-Zischen huschten sie durch scheinbar endlose Gewölbe und Keller, bis sie an einer Treppe standen, die in ein Haus zu führen schien. Und fast lautlos folgten sie ihrem Befreier nach oben.
25.08.2009 16: 41Lilli Baum
Amalie schlief schlecht. Es hatte sie unendlich sehr aufgewühlt, dass der gestrige Tag vollkommen ereignislos verstrichen war. Nichts! Es war nichts passiert, worüber sie die Wache hätte informieren können! Was sollte sie nun tun? Diese Schande, die Rekruten rechneten doch fest mit ihrem Erscheinen, sie hatte einen guten Ruf zu verlieren! Sie würde sich einfach nur allgemein über dies und das beschweren, aber das war einfach nicht das Gleiche.
Unruhig wälzte sich Frau Willichnicht hin und her. Es hatte keinen Zweck, heute würde sie nicht mehr den Schlaf der Gerechten schlafen, der ihr doch eigentlich so zustand.
Sie stand auf, hüllte sich in einen Morgenmantel und ging in die Küche, um sich einen beruhigen Tee aufzubrühen. Sie schürte ein kleines Feuerchen, erhitzte ein bisschen Wasser, goss es auf die Teemischung auf und starrte in die Tasse, während ihr Getränk vor sich hin zog. Dann holte sie die Zuckerdose, ließ holte genau zwei Stücke mit der Zuckerzange heraus und ließ sie in den Tee fallen. Dann rührte sie alles gründlich mit einem Löffel um.
Schließlich schlürfte Amalie ans Fenster und starrte in die dunkle Nacht hinaus, während sie an dem Tee nippte. Natürlich hatte sie kein Licht angezündet, im Mondlicht war es hell genug, und außerdem, was sollten die Nachbarn sonst von ihr denken? Dass sie eine nachtwandelnde Kriminelle war? Rechtschaffende Leute hatten um diese Uhrzeit gefälligst zu schlafen!
Misstrauisch lief Frau Willichnicht den Blick über die Fenster des gegenüberliegenden Hauses schweifen, um sicher zu gehen, dass sich nicht einer ihrer Nachbarn etwa als verdächtiges Subjekt herausstellte. Alles dunkel, alles in Ordnung.
Missmutig seufzte Amalie und fragte sich, ob ihre lange Odyssee um eine ruhige und lebenswerte Nachbarschaft ein Ende hatte. Würde sie nie wieder zur Wache gehen müssen um kriminelle und anrüchige Aktivitäten zu melden? Irgendwie machte sie der Gedanke traurig.
Sie stellte ihre Tasse ab und wollte sich schon zurück in ihr Bett begeben, als sie von draußen leise Stimmen hörte. Frau Willichnicht drehte sich auf den Absatz um (schließlich würde sie doch nie barfuß durchs Haus gehen, auch nachts nicht) und eilte zurück ans Fenster.
Zweiter glücklicher Sohn in Folge trieb seine zehn Schützlinge zur Eile an. Um diese Uhrzeit war es zwar unwahrscheinlich, dass sie Aufmerksamkeit erregten, doch sicher war sicher. Es war eh schon schwer genug, zehn quirlige Touristen im Zaun zu halten, da konnte er sich nicht auch noch um neugierige Zuschauer kümmern.
Frau Willichnicht begann wohlig zu zittern. Nächtliche Ruhestörung! Das war ja fast schon ein Kapitalverbrechen! So eine Unverschämtheit! Sie musste hinterher, sofort, damit sie der Wache alles ganz genau berichten würde können, in jedem kleinsten Detail, schließlich war das ihre Pflicht als gute Bürgerin.
Die meisten Wächter hielten Amalie Willichnicht für eine laute Nervensäge, plump und ohne Grazie, ein altes Meckerweib. Sie vergaßen dabei, wie viel Raffinesse bisweilen nötig war, um an all die Beschwerdegründe zu kommen, wegen denen sie einen jeden Tag in die Wache kam. Amalie konnte so unsichtbar wie ein Schatten sein, wenn sie es wollte. Und war besser ausgestattet als eine klatschianische Spionin.
Punkt sieben Uhr fünf am nächsten Morgen stand Amalie vor dem Wachetresen. Sie hatte ihren Schirm dabei und einen Zettel, auf dem sie die Adresse von dem Haus notiert hatte, in dem die Achatener verschwunden waren. Sie würden ihrer gerechten Strafe nicht entkommen, nur weil sie sich in einem alten Lagerhaus versteckten! Frau Willichnicht wedelte gebieterisch mit ihrem Schirm, als sie die Rekruten mit dem üblichen Redeschwall niederredete.
22.09.2009 13: 27Bjorn Bjornson
Bjorn versteckte sich hinter einem Busch, als er die Schritte hörte. Er war sich nicht sicher, ob man ihn sehen konnte oder nicht...
Die Wache ist auch nicht mehr das, was sie mal war, dachte Zweiter Glücklicher Sohn in Folge, während er aus dem Fenster sah. Man schaue sich nur diesen Zwerg an, der versucht, sich mit einer roten Jacke hinter einem Busch zu verstecken...
...aber es würde schon ausreichen. Und dann sah Bjorn, wie sich die Tür öffnete. Eine vermummte Gestalt, gehüllt in einen grauen, alten Umhang, ging voran, und ihr folgten sehr aufgeregte und begeistert knipsende Achater. Bjorn riss die Augen auf, als er die Achater sah. Der Umhang drehte sich zurück und flüsterte harsch etwas. Sofort ließen die Achater ihre Kameras sinken.
Nun gingen sie weiter den Weg hinunter.
Als die vermummte Gestalt den Busch erreichte, sprang Bjorn aus dem Gebüsch und stellte sich vor den Anführer, wobei er gleichzeitig sein Schwert zog.
Nun, er hätte sich vor den Anführer gestellt, hätte nicht der Schwung des aus der Scheide gezogenen Schwertes ihn umgerissen.
Bjorn stand schnell wieder auf, richtete seinen Helm und hob sein Schwert auf. Er rief: "Halt, Stadtwache!", wenn auch viel zu spät, da die Gruppe bereits stehengeblieben war.
"Es ist alles in Ordnung, Gefreiter", sagte die vermummte Gestalt. "Bitte lass uns weitergehen."
"Warum sollte ich? Diese Achater sind als Vermisst gemeldet und sie befinden sich in Ihrer Begleitung. Das macht Sie der Entführung verdächtig. Und außerdem, woher wissen Sie, das ich Gefreiter bin?"
"Das kann ich dir sagen", sagte Zweiter Glücklicher Sohn in Folge und hob seine Kapuze ein wenig, sodass sein akkurat geschnittener Bart sichtbar wurde.
Und Bjorn erkannte den Bart und sagte: "Verzeiht, eure Lordschaft."
Und er zog sich zurück und lief davon.
Ha, perfekt, dachte Zweiter Glücklicher Sohn in Folge. Kann ich nicht gut raten, wenn es um Ränge geht?
Und er setzte seinen Weg fort in Richtung Lagerhaus.
War das wirklich Lord Vetinari?, dachte Bjorn. Sein Bart war ein deutlicher Hinweis, aber er hatte auch schon andere Personen gesehen, die einen ähnlichen Bart hatten. Und die Stimme. Bjorn erinnerte sich noch gut an seine letzte Begegnung mit Seiner Lordschaft, denn das war in der Zukunft gewesen. So was vergisst man nicht allzu schnell. Es hatte sich nicht wirklich ein Gespräch entwickelt, aber die Stimme von Lord Vetinari klang doch etwas anders, ein bisschen tiefer als die der vermummten Gestalt. Und auch nicht so akzentuiert, wenn man das von einer Stimme sagen könnte.
Na toll, wieder eine Vetinari-Imitation.
Mit diesem ernüchternden Gedanken kehrte Bjorn zurück zu dem Gebäude, aber es war, wie nicht anders zu erwarten, weit und breit keiner mehr zu sehen.29.09.2009 8: 50Nyvania
Meinst du, es ist eine gute Idee dich so alleine auf den Weg zu machen? , fragte Bartholomeus schließlich nach einigen Minuten des Schweigens. Nyvania war überrascht, dass er nicht wie gewöhnlich am Zetern und Meckern war. Diese Sache mit den Thuristen schien ihn wirklich zu fesseln.
"Seit wann bist du denn um meine Sicherheit besorgt?", fragte sie spöttisch, während sie sich langsam aber sicher den Docks näherte.
Naja, wenn's dich erwischt, erwischt's mich gezwungener Maßen auch, oder? Außerdem ist es doch üblich zu Zweit unterwegs zu sein. Immerhin sehen vier Augen mehr als zwei.Sie näherten sich der "Acht Kotzbarkeiten".
"Naja, ich hab ja dich Nervensäge dabei. Und wenn du dich ausnahmsweise mal zusammen reißt, kannst du mir sicherlich die Arbeit des zweiten Paar Augen abnehmen."
Kann.Nyvania öffnete die Tür zur Schänke.
"Mach dich einfach mal nützlich.", murmelte sie und trat ein.
Die Taverne war wie ausgestorben. Es waren keine Gäste zu sehen und auch kein Wirt. Die Obergefreite ging langsam durch den kitschig geschmückten Raum- es hatte sich verständlicherweise noch niemand darum gekümmert, den ganzen Kram wieder zu entfernen.
An der Einrichtung war sonst nichts weiter besonders. Also machte sie sich auf der Suche nach Partick Bortenfummler.
"Hallo?", rief sie. "Stadtwache. Ist jemand da?"
Keine Reaktion.
Nyvania zuckte mit den Achseln und marschierte in Richtung Küche. Auch dort war niemand anzutreffen, allerdings deutete eine köchelnde Suppe darauf hin, dass vor wenigen Minuten noch jemand hier gewesen war.
"Kann ich dir helfen?", fragte eine Stimme hinter ihr.
Sie wandte sich um. Vor ihr stand ein Mann, der sie misstrauisch musterte.
"Patrick Bortenfummler?", fragte sie.
"Nein. Ich bin der Hausknecht.", entgegnete der Mann pampig. Er war klein und ging leicht gebückt. Sein Gesicht wirkte hinterlistig und sah aus, als sei er einmal zu oft in eine Faust gelaufen.
"Heute waren schon Wächter hier. Wir haben die Vorladungen bekommen. Ihr habt schon alles auf den Kopf gestellt. Was wollt ihr denn noch?"
"Ich suche den Wirt. Ich habe noch einige Frage an ihn.", entgegnete Nyvania unbeeindruckt. Es war normal, dass Wächter nicht gerne gesehen waren. ihr Anwesenheit bedeutete Rumschnüffelei und unangenehme Fragen.
"Er ist nicht da."
"Und wo ist er?"
Der Hausknecht zuckte mit den Schultern.
"Geht mich nix an.", sagte er nur, ging an ihr vorbei und rührte gelangweilt in der Suppe herum.
"Na dann werde ich auf ihn warten."
"Tu was du nicht lassen kannst."
"Kann ich eine Tasse heißes Wasser bekommen?"
"Meinetwegen"
Damit verließ sie die Küche wieder und setzte sich an den Tresen.
Einige Minuten später kam Botho Glott mit einer dampfenden Tasse aus der Küche geschlurft und knallte sie der Obergefreiten auf den Tisch.
"Danke.", sagte diese nur und holte den obligatorischen Beutel Ingwertee heraus. Glott begann wie aus langweile die Stube zu kehren.
"Die Aufregung der letzten Tage, scheint nicht gut fürs Geschäft zu sein.", begann die Wasserspeierin beiläufig.
"Eine Leiche bedeutet die Stadtwache. Die Stadtwache bedeutet unangenehme Fragen. Niemand mag unangenehme Fragen. Die bedeuten Ärger."
"Das scheint Bortenfummler nicht wirklich zu interessieren."
"Wahrscheinlich liegt er besoffen in einer Ecke. Er liegt immer besoffen in irgendeiner Ecke."
Der missmutige Unterton ließ die Obergefreite aufhorchen.
"Er kümmert sich nicht um die Taverne."
"Ich und Remulata schmeißen eigentlich den Laden. Der fette Sack greift einfach nur ab."
Remulata und ich., kommentierte Bartholomeus leise.
Nyvania beobachtete den immer wütender werdenden Hausknecht genau. Er schien über irgendetwas sehr aufgebracht zu sein. Er kehrte die gleiche Stelle schon seit bestimmt zwei Minuten und schlug immer heftiger mit dem Besen auf den Boden.
"So? Aber ich dachte, er und sein Bruder-" weiter kam sie nicht.
"HA! Er und sein Bruder! Der Taugenichts hat sich von dem fetten Sack durchfüttern lassen! Während Ich und Remulata -"
Remulata und ich"-hier alles geschmückt und geputzt und gelernt haben, haben sich die beiden schon den Erlös untereinander aufgeteilt! Nichts macht der fette Sack selbst! Und sein Bruder war noch schlimmer! Hat uns die Haare vom Kopf gefressen! Und hat immer wieder irgendwelche wahnwitzigen Ideen gehabt um reich zu werden! So geht das schon seit Jahren!"
"Seit Jahren?", Nyvania horchte auf.
"Ja! Seit er aus Bel Pelargic zurück war!"
"Er war nicht erst seit kurzem wieder da?", fragte sie vorsichtig.
Glott sah sie alarmiert an und hatte scheinbar urplötzlich eine sehr dreckige Stelle auf dem Fußboden bemerkt.
"Egal.", murmelte er vor sich hin.
Nyvania lächelte. Der würde leicht zu knacken sein.
13.11.2009 17: 12Pismire
"Klick, klick, klick", geduldig rannte die kleine Truhe immer wieder vor dieselbe Stelle und bewegte so - Zehntelmillimeter für Zehntelmillimeter - das Einmachglas näher an den Rand des Tisches. Die Räume von SUSI lagen in der Mitte der Nacht still und verwaist da, selbst das Labor war nicht mehr besetzt, nachdem Lady Rattenklein nach einem Blick auf den Zeitdämon und einem entrüsteten
"Also, dafür werde ich nun wirklich nicht mehr bezahlt" um kurz vor Mitternacht nach Hause gegangen war.
Gegen zwei Uhr wurde der kleine Holzgegenstand für seine Mühen belohnt: mit einem letzten "klick" war jetzt mehr als die Hälfte des Glases über die Tischkante gerückt, das - wenn auch winzige - Gewicht der Truhe gab den Ausschlag und das Glas zerschellte auf dem Boden. Rasch schüttelte Sonni sich die Glassplitter vom Deckel, dann schlich sie sich aus dem Raum, wobei ihr die undichten Türen mit ihren Spalten in den Zargen gut zu pass kamen. Niemand bemerkte sie, als sie im Schutz einer Gruppe von Wächtern, die einen wild gröhlenden und schnapstriefenden Betrunkenen zu den Ausnüchterungszellen schleiften, durch die geöffnete Tür des Wachhauses flitzte.
"Endlich frei, dachte sie. Die Unterhaltung mit der seltsamen Truhe, die so komisch geformt war, hatte sie ja noch ganz spannend gefunden, aber das ewige im Glas sitzen und von A nach B getragen zu werden war doch zu öde gewesen. Und ihren kleinen Freund hatten sie auch nicht mit ihr spielen lassen. Nein, sie würde sich wieder auf den Weg zu ihrer Mutti machen und außerdem war sie müde und fühlte sich ein wenig verlassen.
Niemand weiß, wie Truhen aus intelligentem Birnbaumholz sich orientieren können, ohne über irgendwelche sichtbaren Sinnesorgane zu verfügen, aber mit der ihr eigenen Intuition folgte Sonni dem Weg, den die Golems mit ihr gegangen waren, bis sie vor dem Gulli, in den sie gefallen war, stand. Hier sammelte sie sich einen Moment, dann nahm sie den Weg wieder auf, den sie bei der wilden Verfolgungsjagd mit Roulff gekommen war.
Kurze Zeit später stand sie vor dem Kellerfenster, aus dem ihre Mutter sie gestupst hatte, aber - und der Schreck fuhr ihr in die Glieder - der Keller war leer. Niemand mehr da! Und nun?
Noch während Bjorn Bjornson sich überlegte, was er nun unternehmen sollte, wo er zumindest das Gepäck der ominösen Reisegruppe gefunden hatte, kam Bewegung in den Keller. Die Trolle hatten - ihrem Auftrag gemäß - eine Zeit gewartet, dann das Gold gezählt und danach - wie vereinbart - an einem kleinen Seil gezogen, bevor sie das Haus durch den Hintereingang verließen. Dieser Seilzug wiederum löste letztendlich den Riegel der Tür des Kellers, in dem die Truhen sich befanden. Knarrend öffnete diese sich, und nachdem sie sich kurz verständigt hatten, machten sich die Holzwesen daran, sich zu ihren Besitzern zu gesellen. Sonnis Mutter schloss sich ihnen an - ihr Kind würde sie auch so finden.
Wenn er die Wache benachrichtigte, dann würde er womöglich im Dunkeln die Spur verlieren. Wenn er den Truhen folgte, erfuhr die Wache unter Umständen nichts oder zu spät hiervon. Die Vorschriften waren aber eindeutig. Andererseits war Gefahr im Verzug. Konnte ihm der Hund helfen?
"Pass auf", wandte er sich an den Welpen, der ihn mit scheinbar aufmerksam zuhörte, "du bleibst hier, und wenn ich nicht bald wieder zurück bin, dann holst du die anderen Wächter. Hast du mich verstanden?"
Roulff wedelte energisch mit dem Schwanz, was Bjorn als Zustimmung interpretierte. Dann bückte sich der Zwerg und versuchte, das Kellerfenster von außen zu öffnen. Und zum ersten Mal in diesem Fall hatte er das Gefühl Glück zu haben: Das Fester war nur angelehnt gewesen. Er stieß es auf und ließ sich ins Dunkle gleiten.
Als der seltsam Zweibeiner in dem Loch verschwunden war, aber immer noch kein Futter zum Vorschein kam, so sehr der Welpe auch gewedelt hatte, (was in dem Haus mit den vielen Zweibeinern doch ganz anständig geklappt hatte) verlor er ein wenig das Interesse an der Angelegenheit. Wo sein Freund Sonni jetzt wohl war? Er kratze sich ausgiebig, gähnte bis zur Kieferstarre und dann rollte er sich wieder auf dem Gras zusammen: das würde er morgen sehen. Und damit döste er wieder weiter.
Aber lange sollte sein Schlaf nicht währen. Energisch stupste ihn etwas an der Flanke. Nach der Pleite mit dem Keller war Sonni erleichtert, wenigstens ein vertrautes Wesen zu finden - Roulff. Überschwänglich umsprang der Welpe die kleine Kiste. Doch mitten in dem Trubel stutzte das Holzwesen. Da war etwas - wie ein Summen im Kopf, ein Ruf, etwas dem man folgen musste. Wie elektrisiert fuhr Sonni auf. Seine Mutter hatte ihm davon erzählt: nur die Ältesten konnten solche Rufe erzeugen. Und solch einem Ruf musste man folgen. Nur: er führte vom Keller weg. Um das Haus herum sollte der Weg führen - soviel konnte Sonni verstehen. Zögerlich folgte er dem Ruf - und Roulff ihm, denn wenigstens war was los und vielleicht, vielleicht ließ sich am Ende dieses Weges wieder neues Futter finden.
Nach einer kurzen Wegstrecke standen die beiden Jungspunde vor der eindrucksvollen Tür einer Stadtvilla, deren Grundstück an die Rückseite des Gebäudes anschloss, zu dem Keller mit den Truhen gehörte, so dass man von der Rückseite der Villa aus die Rückseite dieses Hauses sehen konnte, was weder Roulff noch Sonni in ihrer Aufregung bemerkten. Wundersamerweise öffnete sich die Holztür gerade in dem Augenblick, als die beiden Wesen die sieben Treppenstufen erklommen hatten. "Die Macht der Ältesten", dachte Sonni, der wusste, dass die Ältesten alles Holz befehligen konnten.
Zögerlich schlichen sie in das Gebäude. Und da stand er: hoch wie ein Gebirge nahm er fast eine ganze Wand der Einganghalle ein. Sein dunkles Holz strahlte Macht aus. Eine dunkle Macht. Sonni erschauerte in Ehrfurcht und auch Roulff konnte sich diesem Gefühl nicht versperren. Dennoch tapsten die beiden auf den Schrank zu. Leise knarrend schwang die Tür auf.
"Ah, wie das duftet", durchfuhr es den Welpen. Futter, unbeschreiblich leckeres Futter wartete nur auf ihn. Vorsichtig hopste er in den Schrank.
Auch für Sonni gab es keinen Zweifel, dass dort drinnen die Mutti wartete und alle Rätsel gelöst würden und alle Fragen eine Antwort fänden.
"Klapp!" Die Tür war zu.
Drei Minuten später wurden ein improvisiertes Halsband und ein winziges Scharnier in den Flur gespuckt.
14.03.2010 18: 04Pismire
Mit ihrer Vermutung, dass Bortenfummler sich als leicht zu knacken erweisen könnte, sollte Nyvania Recht behalten.
Zusammen mit den Informationen, die sie von Remulata und Botho erhalten hatte, machte sie sich erst einmal auf die Suche nach dem Gastwirt. Sie fand ihn dösend in einem der Gästezimmer, aus dem die Reisegruppe verschwunden war. Etliche leere Weinflaschen zeugten beredt von seinem liebsten Zeitvertreib. Das laute Schnarchen ignorierend rüttelte sie ihn wach.
"Wassn'nu schon wieder", grunzte er entnervt. Schwankenden Blicks fixierte er die Gestalt vor sich. Ein breites Grinsen kündigte einen lustigen Gedanken an, der sich durch sein verschwurbelte Hirn wälzte: "Komm'su vom Schutthauf'n? Oda bissu die graue Maus vom Dienst? Hahaha!"
"Was buntes gefällig?" Die Dienstmarke baumelte vor Bortenfummlers Nase, die Stimme der FROG-Psychologin signalisierte deutlich, wie
gut ihr Bortenfummlers Scherze gefielen. "Obergefreite Nyvania. Stadtwache. Da sind noch ein paar Fragen offen. Beziehungsweise ehrliche Antworten fällig."
Zwei Stunden später las sich der Lebenslauf von
Peter Bortenfummler alias
Felipillo Trutzelmann auch genannt
Johann Amadeus Franz von Tugut ein wenig anders als in den spärlichen Unterlagen, die die Ermittlergruppe zu sehen bekommen hatte.
Peter - oder Pit - hatte als Jugendlicher ohne Erlaubnis der Eltern auf einem Handelsschiff als Moses (oder weniger blumig: Schiffsjunge) angeheuert, war einige Jahre auf dem Schiff geblieben, bis dieses in Bes Pelargic verschrottet werden musste, weil der Kapitän in einem Bordell mit angeschlossener illegaler Spielbank um die fälligen Liegegebühren geprellt worden war (nach anderen Berichten hatte der alte Hur..., äh,
Tunichtgut die Summe schlicht verprasst). Dort hatte Peter als Gehilfe bei einem achatenen Händler gearbeitet und auch die Landessprache gelernt.
Vor zehn Jahren war er nach A.M. zurück gekehrt und hatte sich als Felipillo Trutzelmann ausgegeben. Das hatte seinen Grund zum einen darin, dass der Vater seiner ehemaligen
'Verlobten' immer noch auf der Suche nach dem
"Dreckskerl, der wo unser Mary geschwängert und sich dann verpisst hat" war, und zum anderen in dem Umstand, dass der in Bes Pelargic gestrandete Trutzelmann zum Zeitpunkt seines Todes nicht nur im Besitz einiger gültiger und mit ansehnlichen Summen gegengezeichneter Schuldscheine auf ankh-morporkische Geschäftsleute gewesen war, die er seinerseits in Sto Lat erworben hatte (aber wegen eines bedauerlichen Zwischenfalls bei einem Gemüsehändler nicht mehr hatte einlösen können), bevor er beschloss, der Sto-Ebene den Rücken zu kehren, sondern auch einen - in Bortenfummlers - interessanteren Vornamen (Felipillo) und Lebenslauf (
nicht Schiffsjunge aus Morpork) sein Eigen nannte. Dennoch war Pit nach seiner Rückkehr in Kontakt mit seinem Bruder Patrick getreten und hatte ihn auch hin und wieder an seinen Geschäften teilhaben lassen. Worin jedoch diese Geschäfte bestanden - das entzog sich größtenteils Bortenfummlers Kenntnis.
Nyvania schloss jedoch aus den vagen Andeutungen, dass es sich bei diesen Geschäften um eine Mischung aus Spionage (für Interessenten im achatenen Reich) und Erpressung (bei entsprechend verwertbaren Erkenntnissen) zu handeln schien, teilweise noch (in Notzeiten) ergänzt von Hehlerei, Kuppelei und unlizensiertem Diebstahl.
Als Gegenzug für seine Informationssammeleien hatte Pit Zugang zu Informationen aus dem achatenen Reich gehabt, die er hin und wieder gewinnbringend auswerten konnte. Und das bislang beste Geschäft schien sich mit dieser Reisegruppe abzuzeichnen, die die
'Goldenen Hindin' nach Ankh-Morpork bringen sollte.
Es hatte bisher keinen
Tuhrismus gegeben - das achatene Reich war durchaus in der Lage, seine Untertanen vor dem Einfluss der schädigenden Außenländer zu schützen, aber seit einmal
ein Reisender von dort A.M. gesehen hatte und heil nach Hause gekommen war, hatte dieses Ereignis eine Art von bisher unbekanntem Verlangen geweckt. Und die Mitglieder der diesmaligen Reisegruppe waren im achatenen Reich
so prominent, dass man sie an der Reise nicht hatte hindern können. Zumal auch einer von Ihnen (wer das war, das war Pat entfallen) auch schon einen Sohn mit geschäftlichen Verbindungen in der Stadt hatte.
Es ging für die Brüder Bortenfummler jetzt nur noch darum, die willigen Schafe in den Pferch zu treiben und ihnen ordentlich das Felle zu scheren.
Nyvania hatte sich all das sortiert. Der Tag war recht anstrengend gewesen, weswegen sie sich einen frühen Feierabend genehmigte. Sie war nun ihrerseits gespannt, was die anderen bei der nächsten Dienstbesprechung vorzutragen hatten.
14.03.2010 22: 56Pismire
Glum hatte mit Missvergnügen zur Kenntnis genommen, dass offensichtlich niemand in der Ermittlergruppe gewillt war, seinen Vorschlag, diese
'Goldene Hindin' auf der die achatenische Reisegruppe immerhin eine nicht unerhebliche Zeit verbracht hatte, zu untersuchen, aufzugreifen. Und aus diesem Grund war er entschlossen, das selbst zu tun. Allerdings nicht als Wächter, nein, er würde nach Dienstschluss gehen und sich auf seine Erfahrungen als verdeckter Ermittler verlassen. Am geeignetsten erscheinen ihm die Kneipen in der Nähe der Docks, wo Seeleute ihre Heuer beim Landgang in Flüssigkeiten umzusetzen pflegten. Er musste sich nur für eine geeignete Geschichte entscheiden. Denn bei einem Zwerg war der arbeitslose Seemann, der eine neue Heuer sucht, zu unwahrscheinlich.
Aber ein Zwerg als Händler? Die Möglichkeit an achatenes Gold zu gelangen im Blick? Doch, daraus ließ sich schon eine glaubwürdige Geschichte zimmern.
Und so begab sich noch am Abend des selben Tages, den der Wächter Glum Steinstiefel - seiner Ansicht nach - recht ergebnislos bei der Archäologengilde, die mehr Meinungen zu den Symbolen entwickelt hatte als überhaupt Archäologen dort gewesen waren, verbracht hatte, der wohlhabende Händler Sturli Borgson auf die Suche nach einem erfahrenen Kapitän, der das achatene Reich ein wenig kannte und erst noch vor kurzem selbst dort gewesen war.
Er fand ihn schließlich zechend mit seinem Ersten Offizier und seinem Navigator in einem Etablissement mit dem schönen Namen "Zur tugendhaften Näherin" in der Nähe der Docks. Zum Glück hatten sie die Sache mit der Tugend der Näherin schon hinter sich gebracht und waren in redseliger Stimmung. Und insbesondere die Eigenheiten und Abartigkeiten der achatenen Reisegruppe boten dem munteren Trio manch Anlass zum Erzählen.
"... und wollten ständig mit den Leuten
"molpolkisch" üben. Ich hatte manchmal den Eindruck auf einem Papageienbaum gelandet zu sein und nicht auf einem Schiff! Plapper, plapper, plapper - von früh bis spät."
"Ja, aber irgendwas anderes lief da auch noch", warf der Navigator ein. "Hin und wieder sah mein zwei oder drei von ihnen in einer Ecke, wo sie miteinander tuschelten. Dann allerdings sprachen sie nur achatenisch. Wie ein Haufen verdammter Verschwörer - wären es Matrosen gewesen, hätte ich mit Gedanken um eine Meuterei gemacht, so wie die mit Heimlichtuereien beschäftigt waren. Und untereinander grün waren die auch nicht!"
"Ja, weißt du noch, Nogden, wie die beinahe den einen über Bord hätten gehen lassen? Nur weil seine Truhe sie so angeknurrt hat und die anderen Truhen garnix gemacht haben, konnte der wieder über die Reling zurückkrauchen. Unheimliche Biester, diese Truhen."
"Ihr meint diese Holztruhen mit den Beinen?", fragte Glum nach.
Die drei Männer nickten. "Im achatenen Reich hat die jeder - hier wären sie ein Vermögen wert. Jeder Zauberer würde doch das Erzkanzlergedächtnisessen für einen winzigen Span von so einer Truhe eintauschen. Aber die Biester sind gefährlich. Irre Mörder. Greifen alles an, was ihren Herren bedroht - da ist ein scharfer Molosser gar nichts gegen.
"Hahaha", stimmte auch der DOG aus Gründen der Tarnung in das Gelächter ein.
"Ich will ja nicht neugierig sein ..."
"Hahaha"
"... aber was war das für eine Reisegruppe?"
Der als "Nogden" bezeichnete Navigator zuckte mit den Schultern. "Angeblich Tuhristen. Also Leute, die ihr Geld dafür ausgeben, woanders zu sein."
"Angeblich?!"
"Die waren auf was anderes aus", meldete sich der Erste Offizier zu Wort. "Da lief noch irgendetwas, das nicht so harmlos war, wie der Besuch von Ankh-Morpork."
"Aber das haben die immer nur auf Achatenisch beredet", meinte der Kapitän mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck.
"Also wisst ihr nichts genaues", vermutete Glum.
Der Navigator verdrehte die Augen. "Mein lieber Mann, klar befahren wir die Route nach Bes Pelargic seit", er blickte in die Runde, "zusammen mehr als sechzig Jahren und haben noch nie ein Wort in einer fremden Sprache gelernt, weil wir ja nur dämliche Teerjacken sind, die außer Näherinnen und Rum nichts im Kopf haben, nicht wahr!? Aber: gib uns einen guten Grund, Herr Wächter, warum wir dir das erzählen sollten."
Leugnen würde ihn nicht weiterbringen, beschloss Glum, aber vielleicht konnten diese Männer bei der Aufklärung behilflich sein.
"Ja, gut, ich bin Wächter. Seiner Lordschaft liegt sehr viel an der Sicherheit der Reisegesellschaft. Und mir liegt sehr viel am Anliegen seiner Lordschaft, wenn ihr versteht."
"Wir sollen dir helfen weil du Hilfe brauchst? Darauf brauch ich erst mal noch mehr Bier!"
Zum Glück war Glum trinkfest, denn die nun folgenden Informationen benötigten einen Ozean an Bier, um glatt über die Zungen zu segeln. Doch als er alles gehört hatte, dämmerte nicht nur der Morgen, sondern unserem Wächter auch die Erkenntnis, dass der Fall sich in eine völlig bizarre Richtung entwickelt hatte.
************************"Wo um alles in der - hatschi - Welt kommst du denn her, Hauptgefreiter?", zischte seine stellvertretende Abteilungsleiterin ihm zu, als der Moloss sich ein wenig schwankend neben sie auf einen freien Stuhl fallen ließ.
"Direkt aus der "Tugendhaften Näherin", kam die Antwort. Jemand, dem der Doppelsinn der Worte aufgefallen war, grunzte spöttisch.
"Aber dennoch schön, dass du auch schon da bist", meinte Pismire sarkastisch. "Dann hoffen wir nur, dass auch noch Herr Bjornson geruht, an der Besprechung teilzunehmen, damit wir dann vielleicht mit einer nur kleinen Verspätung anfangen können."
Eine halbe Stunde später war klar, dass der Rechtsexperte heute weder zum Dienst erschienen war, noch seine Abwesenheit irgendwie angekündigt oder begründet hatte. Und die Tatsache, dass er gestern in Richtung des Fundortes der kleinen Truhe aufgebrochen war und seither von ihm jede Spur fehlte, machte die Sache nicht besser.
"Wir müssen das Problem vertagen", meinte Romulus, noch während die anderen Wächter sich stritten, ob man oder ob man nicht die SEALS-Streifen um Hilfe bitten könne, "sonst sitzen wir noch morgen früh hier."
"Also gut", stimmte Pismire ihm zu, "wir müssen anfangen. Je eher wir uns ausgetauscht haben, desto eher kommen wir weiter."
"Also, ich habe mit der Besatzung - besser gesagt: Teile der Besatzung - der
Hindin gesprochen", eröffnete Glum die Runde. "Ich fand, dass wir den Aspekt bisher vernachlässigt hatten und dachte mir, dass eine Gruppe von Leuten auf so engem Raum wie einem Schiff - ich meine: wir wissen so gut wie nichts von ihnen und die Schiffsleute hatten mehrere Wochen mit ihnen zu tun. Ich fand das wichtig", fügte er ein wenig trotzig hinzu, "dass wir uns wenigstens mal ein Bild von den Leuten machen können müssen sollten, äh, um die geht es ja eigentlich ..." Er merkte, dass seine Grammatik ein wenig unter den Strapazen der Ermittlungen der letzten Nacht gelitten hatte.
"Ich bin also meinem Instinkt gefolgt - und ich hatte Recht. Die Symbole sind von entscheidender Bedeutung. Und die Gruppe sind keine harmlosen Touristen. Der Kapitän hat ein Gespräch belauscht, in dem drei von ihnen sich über das Fest der falschen Blumen unterhalten haben. Und darüber, dass das dann sei, wenn sie in Ankh-Morpork wären und dass es wichtig wäre, dass sie an diesem Tag alle drei Symbole der Macht besitzen müssen: den Ring der Sonne, den Ältesten und die zehn Bilder der Welt... "
"... den der, der diese Symbole zur Rechten Zeit in das Wasser der zehn goldenen Teiche am Mittelpunkt der Welt taucht, ist Kaiser der Welt und hat einen Wusch frei, den die Götter erfüllen werden!", unterbrach ihn Pismire.
"Na, wenn das uns der Lösung nicht mit Riesenschritten näher gebracht hat, dann weiß ich es auch nicht", entfuhr Tyros y Gracho sarkstisch. "Was ist das denn für ein Unfug?"
"Das ist eine achatene Legende", meinte Pismire, "die in diesem Buch zu finden ist. Korporal Baum hat es in einem Laden entdeckt. Es ist allerdings nicht in achatenischen Zeichen geschrieben, sondern eine Übersetzung. Ich habe einen Achatener um eine Version in der Originalschrift gebeten", er hielt eine schmutzige Schriftrolle hoch, "und in dieser Version finden wir alle Zeichen, die auch auf den Ikonographien zu sehen sind. Auf jedem der Ikonographien ist ein der Zeichen zu sehen, die zusammen einen Satz bilden."
Und der Reihen nach legte er die Ikonographien wie Wahrsagekarten auf den Tisch und nannte dazu die Bedeutung:
"Es heißt:
1: Die Götter
2: starker Zwang oder müssen
3: halten, also dem Halter
4: Karten - im Plural
5: Wunsch, Begehren, Wollen
6: unterhalb oder unter
7: Bedingungen
8: das hier gesagte
9: Erfüllung
10: wirklich
Mit anderen Worten: es geht um Macht. Das ist doch endlich mal ein vernünftiges Motiv."
15.03.2010 22: 14Pismire
"Ja, wir haben nun endlich ein Motiv, aber aber wir wissen eines nicht: sind die Achatener Täter oder Opfer!?" Der Einwand des Leiters von RUM wirkte an dieser Stelle in der ersten Euphorie, endlich einmal wenigstens einen seinem Verstand zugänglichen Punkt gefunden zu haben, auf Pismire ein wenig desillusionierend. "Und noch wichtiger: sollen wir ermitteln um
sie zu schützen oder Ankh-Morpork?"
Schweigen in der Runde.
"Ich kann dir das nicht sagen," entgegnete Pismire. "Ich habe keine anderen Informationen als das, was ihr auch wisst. Ich spiele mit offenen Karten, sozusagen."
"Nach dem, was Glum berichtet hat, klingt das für mich so", warf Nyvania ein, "als ob die Gruppe eine Art gemeinsamen Plan hatte, der unbedingt in Ankh-Morpork stattfinden sollte."
"Aber warum hier", gab Tyros zu bedenken, "wenn da ganze doch ein Mythos aus dem achatenen Reich ist?"
"Vielleicht ist der Ort des Rituals nicht an das achatene Reich gebunden", warf Laiza ein. "Es mag ein Mythos aus dem achatenen Reich sein, das heißt aber nicht, dass der Ort des Rituals dort liegen muss. Und überhaupt: Was Opfer und Täter angeht - wer sagt denn, dass es eine sich um eine geschlossene Gruppe handelt?"
Und als sie einige erstaunte Blicke erntete erläuterte sie: "Zumindest der Herr mit dem Namen
10 goldenen Teiche könnte ja ein mögliches Opfer sein. Und auch genau deswegen hierher gebracht worden sein. Denkt an die Formulierung:
"das Wasser der zehn goldenen Teiche" - soweit ich mich auf die Sprache verstehe gibt es dort kein eigenes Wort für "Wasser" sondern nur ein Wort für
"Flüssigkeit ". Und Flüssigkeit könnte auch
Blut bedeuten.
"Aber wer wäre denn so dämlich *hatschi* und würde sich in eine derartige Situation begeben?", warf die schnupfengeplagte Chief-Korporalin ein.
"Jemand, der es nicht weiß, jemand, den seine Ehre bindet, jemanden, der es mit Absicht macht?", warf Tyros ein.
"Es muss nicht sein, dass
wir das Motiv sofort sehen", ergänzte Nyvania. "Es reicht, das es eines gibt."
"Dennoch würden wir es leichter haben, wenn wir es sehen könnten", murrte Glum.
"Gut, wir haben ein - mögliches - Motiv", begann Romulus. "Wir haben immer noch: 10 verschwunden Personen, eine Leiche ohne verwertbare Spuren, mittlerweile einen verschwundenen Wächter und 10 Ikonographien, die - vielleicht - in einer (imaginären) Verschwörung eine wichtige Rolle spielen. Und: wir haben keine Plan. Und was wir gar nicht haben ist: Zeit."
17.03.2010 21: 28Pismire
Stunden bevor die Wächter über den Fall berieten, war im Haus des nichtexistenten unoffiziellen Botschafters des Achatenen Reiches eine Beratung anderer Art im Gange.
Hoch zufrieden mit sich selbst hatte Zweiter glücklicher Sohn in Folge seinen geplanten Rollenwechsel hinter sich gebracht: der abgerissene, ein wenig zwielichtige Abenteurer hatte die Geretteten im Hause von Zwei Kandierte Ananas abgeliefert und nun saßen die Gäste da und warteten auf den Patrizier, der sich im Namen der Stadt bei ihnen entschuldigen würde.
Aufgeregt schnatterten sie durcheinander, immer noch nicht sicher, ob auch dieser Teil zum Reiseprogramm gehörte oder ob sie tatsächlich entführt worden waren. Zwei (gemietete) Trolle gaben das Sicherheitspersonal und im Nebenzimmer tupfte Zweiter Sohn hektisch an seinem falschen Kinnbart, der an einer Stelle nicht richtig halten wollte.
Noch ein wenig warten und wedeln - damit der Geruch des Klebers verflog - und dann: heraus mit dem Patrizier.
Gekonnt (in seinen Augen) imitierte er den Gang und die Haltung des Oberhauptes der Stadt. Mit einem müden und dennoch nicht unfreundlichen Lächeln nahm der die schier endlosen Dankesbezeugungen der Achatener entgegen, die der Sprecher der Gruppe, Fünf rote Heringe, in ihrem Namen formulierte.
Wortkarg wies der Patrizier diese Worte als unnütz zurück, ja, er bagatellisierte die Befreiungsaktion als Lappalie, für die es keinen Dank bedürfe, und wenn doch, dann solle dieser Dank lediglich in der Kleinigkeit bestehen, die unbedeutenden zehn Karten, für die niemand eine Verwendung haben könne, die lediglich Dokument eines alten Aberglaubens seinen, und die er, Lord Vetinari lediglich der Kuriosität halber, vielleicht auch noch aus einem vagen, wissenschaftlichen Interesse heraus zu sehen wünsche, ihm hier und sofort und lediglich für eine kurze Zeit auszuhändigen.
Ab diesem Punkt schlug der Tonfall um. Mit berechnendem Blick maß Vier sonnige Reisfelder den Sprecher.
"Es geht einzig und allein um den Kaiser der Welt, habe ich recht?", mutmaßte er kühl. "Und dein Onkel steckt mit dir unter einer Decke, nicht wahr, Zweiter Glücklicher Sohn in Folge!?" Und mit einer schnellen Bewegung zog er an des falschen Patriziers falschem Bart, von dem er mit dieser schnellen und unerwarteten Wendung ein gutes Drittel erbeutete.
Dem zukünftigen kriminellen Oberhaupt von Ankh Morpork wäre es in diesem Augenblick schlecht ergangen, wenn nicht die beiden Trolle, die bis dahin wie unpassende Möbelstücke die einzige Tür im Raum flankiert hatten, eingegriffen hätten. Sie brachten ein gewissen Gleichgewicht in die Szene und ermöglichten es so, die festgefahrene Verhandlung wieder flott zu machen.
"Die Karten befinden sich zur Zeit an einem sicheren Ort", mischte sich Drei gestreckte Mittelfinger in einem Ton ein, der gut zu seinem Namen passte.
"Oder glaubst du, dass wir einen derartig wichtigen Gegenstand einfach so mit durch die Stadt tragen?"
"Und ohne den Ring der Sonne bist du eh machtlos", fügte er noch nach einer Pause hinzu.
"Glaubst du", entgegnete ihm der Junge auftrumpfend. "Wie lange - meinst du - braucht ein Ältester, um mit deiner "Sonni" fertig zu werden?" Mit diesen Worten zog er ein Metallstück aus seinem Ärmel und warf es dem Mann vor die Füße. "Der Ring befindet sich längst in unserem - ich meinte: meinem - Besitz. Und auch der Älteste, wie schon erwähnt. Es ist Zeit für euch, zu kooperieren, denn mit einem Ältesten an meiner Seite nützen eure Truhen euch gar nichts."
"Du glaubst, dass du einen Ältesten an deiner Seite hast, du verblendeter Narr? Hast du überhaupt eine Ahnung, womit du da einen Pakt geschlossen hast?" Die Stimme des alten Fünf rote Heringe kaschierte seine Panik nur mühsam. "Du willst einen Ältesten zum Kaiser der Welt machen? Bist du wahnsinnig?"
"Wir haben in der Tat ein Abmachung. Und nenn mich nicht wahnsinnig", schnappte Zweiter glücklicher Sohn in Folge zurück. "Niemand darf mich wahnsinnig nennen!"
"Wie wäre es dann mit: verblödeter Vollidiot?", brüllte Vier sonnige Reisfelder. "Du hast den verdammten Ring der Sonne einem verdammten Ältesten in den Rachen geworfen? Sei froh, das wir wenigstens die Karten noch haben!"
Denn die Achatener konnten ja nicht ahnen, dass sich die Karten längst im Besitz der Wache befanden, auch wenn die Wächter nicht ahnten, dass lediglich ein simpler Schutzzauber den Karten der Welt das Aussehen von schlichten Ikonographien gab.
22.03.2010 23: 06Pismire
Während oben im Haus des achatenen Botschafters der Streit weiterging, steckte Gefreiter Bjorn Bjornson im dunklen Keller und in der Klemme.
Nachdem er sich durch das Kellerfenster gezwängt hatte, versuchte er erst einmal - wenn auch in sicherem Abstand - den Koffern oder Truhen oder was immer diese seltsamen Gebilde sein sollten, zu folgen. Über seine Sicherheit machte er sich dabei kaum Gedanken - immerhin war das hier unterirdisch und dunkel und er war ein Zwerg. Und vor dem Fenster wähnte er immer noch den Welpen als (einigermaßen) sichere Verbindung mit der Wache.
Allerdings hatte er bei der ganzen Sache ein mulmiges Gefühl, das er weitgehend zu verdrängen suchte.
Den Truhen zu folgen erwies sich als schwierig, da er ziemlich schnell an eine Stelle kam, wo er entweder die Möglichkeit hatte, in einen unterhalb des Kellers gelegenen Keller zu steigen, oder auf dieser Ebene weiter zu suchen. Unschlüssig tastete er am Rand des nach unten führenden Loches, als er auf etwas weiches und - was hier viel seltener war - trockenes, nichtekliges stieß. Er ertastete das Etwas und merkte schnell, dass er ein Stück Stoff in der Hand hielt. Ein weiches, glattes Stück Stoff - vielleicht Seide? Und trocken - also konnte es noch nicht lange hier liegen.
Dies gab den Ausschlag für ihn, sich eine Ebene tiefer auf die Suche zu machen. Vorsichtig glitt er nach unten, wo es - falls das überhaupt möglich war - noch einmal dunkler war als oben.
Als er sich ungefähr acht Meter weiter durch die Dunkelheit getastet hatte, erschrak er zutiefst: Er hatte hinter sich ein Geräusch gehört, dass sich am besten mit:
"viele kleine Füße landen im Matsch auf den Boden" beschreiben ließ.
Fieberhaft überlegte er. Er hatte neun Kisten gezählt und war davon ausgegangen, dass eine von ihnen schon weggeschafft worden war. Was aber, wenn diese Truhe sich nun hinter ihm befand? Immerhin vermutete der alte Pathologe, dass der verschwundene Reiseführer
in einer Truhe gestorben war. Eventuell auch
an einer Truhe - um es mal so zu sagen. Lauerte ein heimtückischer, hölzerner Mörder in der Dunkelheit hinter ihm?
Langsam tastete er in seinem Umhang und zog seine Dienstmarke heraus.
"Stadtwache Ankh-Morpork",sprach er mit fester Stimme in die Dunkelheit.
"Kommen Sie bitte mit erhobenen Händen - soweit das möglich ist - heraus."
trippel-trippel-trippelEine unscheinbare Holztruhe kam mit geöffnetem Deckel aus dem Schatten. In ihrem Inneren bemerkte der Zwerg einen vertrauten Glanz. Das Schimmern puren Goldes. Es schien von einem Inneren Leuchten erfüllt zu sein. Nun, wenigsten kam dadurch ein wenig Licht ins Dunkel.
"Wenn das ein Bestechungsversuch sein soll, ist das nicht komisch!"
Der Deckel klappte herunter. Dennoch schien die Truhe zu leuchten und verbreitete ein wenig Restlicht im Finstern.
Wächter und Truhe standen sich gegenüber. Es wirkte wie intensives Starren - nur dass die Truhe eben nicht über Augen verfügte.
Wieder öffnete sich der Deckel. Edelsteine gleisten im eigenen Licht und ihr Funkeln erfüllte das Kellerloch mit bizarren Farbreflexen.
"Ich wiederhole mich nur ungern, aber bereits der Versuch einen Wächter zu bestechen ist nach einer Verfügung von Ludwig dem Baum ein schweres Vergehen."
Strarren
klapptrippel-trippel-trippelDer Deckel schlug abrupt herunter. Das Licht erlosch und kleine Füße entfernten sich. Die Dienstmarke weiter hoch erhoben rannte der Rechtsexperte dem Objekt hinterher, stellte aber seine Bemühungen nach wenigen Metern ein, weil ihn die Dunkelheit am schnellen Fortkommen hinderte.
"Komm sofort zurück", rief er der Truhe hinterher, während er stehen blieb.
Das brachte hier alles nichts, beschloss er. Es war an der Zeit, Verstärkung zu holen.
Er war bereits unterhalb des Loches, durch das er gestiegen war, angekommen, als er wieder Geräusche hörte. Diesmal kein zaghaftes Trippeln: das klang wie eine Herde schnell und entschlossen rennender Füße. Noch ehe er wusste wie ihm geschah, stürmte aus der Dunkelheit das Holzteil auf ihn zu, und Bjorns einzige Möglichkeit, nicht überrannt zu werden war ein entschlossener Sprung auf den Truhendeckel, wo er sich an einem Scharnier festkrallte. Die Truhe riss ihn fort durch das Dunkel und der Gefreite konnte nur hoffen oben zu bleiben und sich an der Decke nicht den Schädel zu stoßen.
27.03.2010 9: 59Pismire
"Ich glaube, das hätte ich zu gerne gesehen", bemerkte die Abteilungsleiterin von SUSI mit einem breiten Grinsen, "wie der Rechtsexperte der Seals auf exterritorialem Gelände unter Zuhilfenahme eines nicht genehmigten Transportmittels durch eine Tür bricht und zehn Entführte Achatener befreit, die hartnäckig darauf bestehen, gar nicht entführt worden zu sein!"
"Auch nicht klüger als die sieben Wächter, die kurze Zeit später dazukommen und sich mit dieser bekloppten Geschichte rumärgern können, von der doch garantiert kein Wort wahr ist." Der Abteilungsleiter RUM war nicht gut gelaunt.
"Ja, vielen Dank für die Benachrichtigung durch eine Taube - das ist dann der dritte Umhang, den ich zum Reinigen geben lassen kann", nörgelte der Schamane hinterher.
Dafür, dass er den Fall eigentlich gelöst hatte, waren die Reaktionen der höheren Chargen ein wenig unpassend, fand Bjornson. Aber wer war er, jetzt und zu diesem Zeitpunkt daran zu erinnern.
Eine Runde Getränke erreichte den Tisch im
"Eimer"Aber immerhin - der Fall ist gelöst - oder *hatschi* nicht?"
"Was ist denn daran gelöst? Eine Nicht-Entführung, die meiner Ansicht nach doch eine war. Ein Tod durch Selbstmord? 10 Ikonographien für die Akten und ein - angebliches - Ammenmärchen, das - angeblich - nichts mit der Sache zu tun hat?"
"Wie würdest du es denn nennen, wenn jemand versucht, in eine der Truhen zu greifen? Das ist - ganz und gar eindeutig - Selbstmord. Also konnte es gar keine Quittung geben. Und wenigstens haben wir die Leiche ja bekommen."
"A pro pos Akten - liegen die noch in meinem Büro?"
*klick-klick.di.klick-klick.klick*
"Sie hat sie vorläufig zum Archiv runter geschickt, damit sie nicht verloren gehen", fiepste Günther.
"Du kannst dich ja morgen damit beschäftigen, damit alles seine Ordnung hat." Nun wurde die Stimmung des Werwolfs ein wenig besser.
Pismire registrierte, wie Nyvania und Laiza besorgte Blicke wechselten. Vermutlich schwante ihnen das selbe wie ihm. Also kein Papierkram. Das wiederum besserte seine Laune.
"Was für ein bescheuertes Unternehmen", ließ sich Tyros i Graco vernehmen. "Erst klingt es so spannend und dringend, als stünde das Ende der Welt bevor, dann passiert nix außer man sich die Füße plattlatscht und als es endlich spannend wird ist alles vorbei - weil auch nix war -oder so."
Mehr Getränke kamen.
*klicke-di.klick.klick.klick-klicker*
"Sie will wissen: was hatte es eigentlich mit diesen Truhen auf sich - die, die so im Halbkreis um diesen alten Schrank standen? Gibt es dafür eine Erklärung?"
"Die standen schon so da als ich da durchbrauste", meinte der Rechtsexperte. "Sah irgendwie belagerungsartig aus. Unheimlich. So als ob sie auf ihn starrte."
"Oder wie eine Versammlung im Kreis, ein Ritual."
"Sag sowas nicht", stöhnte Pismire. "Ich kann das Wort nicht mehr hören."
"Was hast du denn gegen Rituale?", fragte seine Chefin zurück. "Ich dachte, Schamanen führen andauernd irgendwelche Rituale durch? Und außerdem: Du glaubst doch gar nicht an Magie - oder?"
"Ja mag sein, aber das hindert sie nicht, an mich zu glauben. Ich muss nicht an Tische glauben - es gibt sie."
Noch mehr Getränke.
"Also habe ich das alles richtig verstanden", fing Glum noch einmal mit zwergischer Hartnäckigkeit an über den Fall zu reden. "Die Achatener waren gar nicht verschwunden, weil sie ein Treffen mit dem achatenen Botschafter hatte - wie uns dieser und auch sein Neffe und alle Diener im Haus bereitwilligst bestätigten - das nach einem Festgelage ein wenig ausartete (zeitmäßig und so) und damit länger dauerte, weswegen die Reisegruppe nicht in die gebuchte Unterkunft zurückkehrte, weil sie es dort auch nicht wirklich geheuer fanden, da ihr Reiseführer sich zufällig als Strauchdieb entpuppt hatte, der in eine der Truhen griff, was er nicht überlebte; und da er der Bruder des Wirtes war, hielten es die Achetener für besser, die Unterkunft zu wechseln, um lästigen Racheforderungen oder sonstigem Kummer und Ungemach zu entgehen. Zufällig ließen sie dabei ihre Ikonosammlung zurück, was sie aber nicht weiter störte, da sie ja noch mehr Ikonographien machen konnten."
Nicken.
"Die ganze Geschichte mit dem Kaiser der Welt ist ein Ammenmärchen, dass sie zwar alle kennen, aber warum die Besatzung der Goldenen Hindin solch seltsame Sachen über sie erzählt, das wissen sie auch nicht. Aber: wer weiß schon, was Ankh-Morporkianer denken. Die kleine Truhe ist irgendwie abhanden gekommen, aber nun wieder da und alles ist gut - wenn wir wollen, können wir ja in die große Truhe schauen, gell?"
Nicken.
29.03.2010 13: 19Pismire
"Und was lehrt uns das?", fragte Laiza.
Schulterzucken.
"Das wir sowas nicht so schnell wiederholen sollten?", vermutete Pismire.
Nicken.
"Aber was denn nun eigentlich?"
"Ich habe nicht die leiseste Ahnung."
Stärkeres Schulterzucken.
Stärkere Getränke.
Später im Morgengrauen.
"Wassam meisn nervt, dassis doch das Gefühl, wie Bauern affm Schachfeld gescho'm wor'n zu sein."
"Ja, unnn swaar *hick* un swaar auffm Damefeld."
******************"Und damit ist alles erledigt?"
"Ja, Euer Lordschaft."
"Gut. Du kannst jetzt gehen." Ein dankbares Nicken - nun, ein für diese Person dankbares Nicken. Der Angesprochene verneigte sich geschmeichelt.
An der Tür drehte der unauffällige Mann sich um.
"Euer Lordschaft? Wie soll ich den Sold der Wache verrechnen?"
Hochgezogenen Augenbrauen. Zehn kleine, alt aussehende Karten wurden in ein Transportfutteral, wie die sinnlosen Albatrosse sie tragen, geschoben.
"Nun, ich hätte den Eindruck mich unberechtigt zu bereichern. Immerhin habe ich nicht
für die Wache gearbeitet. Nur in ihr."
"Du meinst deinen Sold als Rekrut?"
Der Mann nickte. Im rechteckigen Büro waren zu Zeiten nur wenig Worte vonnöten.
"Er beträgt?"
"5 AM$ die Woche. Ich war eine Woche dort."
5 Dollar sind nichts. Dem der nichts hat, können sie alles sein.
Eine Woche nach diesem Gespräch erhielt der Fond für die Witwen (oder auch Witwer) und Waisen der Wache eine anonyme Spende von 5 AM$.
*********************Genau zu dieser Zeit erhielt die Besatzung der
Goldenen Hindin ein neues Besatzungsmitglied. Es war ein junger Bursche von vielleicht 16 Jahren, den erstaunlicherweise der inoffizielle und so weiter Botschafter des Achatenen Reiches persönlich an Bord brachte. Obwohl seine Hände verrieten, dass er nie körperlich gearbeitet hatte, wirkte sein Rücken, als habe er mehr als ein Leben als Galeerensklave verbracht. Trotz allem lebte er sich an Bord gut ein. Sein Spitzname
Plapperer zeugte angesichts der Tatsache, dass ihm die Zunge fehlte, vom seltsamen Humor der Mannschaft.
Die Tatsache hingegen, dass der Kaiser des Achatenen Reiches nun in den Besitz der Karten der Welt kommen würde, veranlasste die Mitglieder unserer Reisegruppe, sich der Bevölkerung von Ankh-Morpork anzuschließen, während der ehemalige Botschafter ein - vielleicht - ruhiges Exil irgendwo in den namenlosen Weiten von Klatsch vorzog.
In der Kanalisation der Stadt hingegen machte schnell das Gerücht die Runde, irgendwo tief unter ihr sei ein neuer, namenloser Schrecken aufgetaucht. Wer bei klarem Verstand war, vermied die Gegend unter der ehemaligen Villa des Botschafters des Achetenen Reiches. Was andererseits dazu führte, dass der Nachmieter von
Zwei kandierte Ananas keinerlei Ratten im Keller hatte. Dafür schworen die Diener, gelegentlich unheimliche Geräusche - das Jaulen eines kleine Hundes, das Trappeln winziger, schneller Füße - zu hören. Was wiederum dazu führte, dass der Hausherr ein Loch im Keller mit einer Stahlplatte schließen ließ und den Schlüssel zum Weinkeller ständig an einer Kette um den Hals trug.
ENDE29.03.2010 16: 27
[1] alle Infos aus "Die Scheibenwelt von A bis Z"
[2] Eigentlich war es nicht mal ein Fenster, eher eine Belüftungsöffnung in der Wand.
[3] das ist das besonders abstoßende Farbspektrum, das eigentlich nur aus Pastelltönen von zartblau bis rosa besteht und vor allem zur Bemalung von sinnlosen Porzellantellern mit putzigen Motiven erfunden wurde
[4] Die Ohrsburger Puppentruhe ist ein durch diverse Scheiben-Toruneen auch in Ankh-Morpork sehr bekanntes Marionettentheater aus Ohrsburg in Überwald. Sie hatten mit unglaublich erfolgreichen Theaterstücke wie "Jakob Knopf und die nicht ganz so wilde Zehn-Plus-Eins", "Puzuma mit Hut" oder "Krümel aus dem Reis" scheibenweiten Ruhm erlangt
[5] Die
Legende von Proxylem und Baukies ist die Geschichte eines ephebianischen Paares, das sich so innig liebte, dass sie gemeinsam im Alter von den Göttern in zwei nebeneinander stehende Bäume verwandelt wurden.
So die offizielle und schöne Legende.
In Wirklichkeit verabscheuten sie sich so tief, innig und ergrimmt, dass sie dem halben Pantheon der Scheibenwelt beständig in den Ohren lagen, der (oder die) andere solle doch nun endlich vom Blitz getroffen werden, und die jeden Gott (oder Göttin) heftig schmähten, der (oder die) am Ende des Tagen noch immer nicht dafür gesorgt hatte, dass dieses Ereignis eingetreten war. Nach vielen Jahrzehnten war einer der Götter das Gezeter leid, und mit einem Blitz verwandelte er sie in einen Baum und ihn in einen Sandhaufen. Am nächsten Tag verwendet ein findiger Bauunternehmer die kostenlosen Rohstoffe für den Bau eines Tempels, von dem man sagte, dass jede in ihm geschlossene Ehe zum Scheitern verurteilt war. Drei Monate nach Fertigstellung brach das Gebäude auseinander, weil Mörtel und Holz voneinander weg strebten.
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