Achtung! Hier handelt es sich nicht um einen Kriminfall sondern um eine kleine Charakterstudie, es wird also nicht ermittelt, kaum Kaffee getrunken und es wird auch keine spektakulären Verfolgungsjagden geben. Des weiteren spielt die folgende Geschichte chronolgisch ein gutes Stück (mindestens ein halbes Jahr) weiter in der Zukunft. Hier vorkommende Charakterveränderungen übertragen sich zunächst also nicht ins Jetzt.
Dafür vergebene Note: 12
Rabbe SchraubenndrehrDüsternis durchzog den Himmel und die Gemüter gleichermaßen als eine buntgemischte Gruppe über den Friedhof schlich. Regen hatte den ohnehin lehmigen Boden in klebrigen Matsch verwandelt und das kühle Nass ließ die Haut vieler Wächter mehr schaudern als der Grund, warum sie an diesem Morgen hier waren. Vereinzelt stachen rote oder gelbe Farbfetzen aus der sonst überwiegend dunklen Masse, hatte schließlich längst nicht jeder Wächter Lust oder Geld, sich angemessene schwarze Kleidung zu leihen. Verschiedene Gedanken passierten die versammelte Wächterschaft, von der einfachen Frage was sie eigentlich hier sollten, bis hin zu der Sorge, wer dazu in der Lage wäre, diese Sache so umzusetzen, wie es der Fall gewesen war. Die allgemeine Haltung war ein unglückliches Konfekt aus Sorge, Trauer und Langeweile, gefasst in einen Mantel aus glatter Unruhe. Eine ungleiche Kombination aus Humanoiden trug den teuren Sarg
[1] unglücklich zur nassen Höhle im Grund, in der sich bereits ein kleiner See selbstgefällig allen Trauernden präsentierte.
Leise drang dünnes Schluchzen aus der Kehle eines Wächters, doch der Sarg wurde herabgelassen und landete mit einem Platschen im Grund, während der Blonde für einen Moment noch einmal wünschte, dies alles wäre nur ein schlimmer Traum. Der Blick den er auf die einfach Inschrift richtete verschwamm, und unwillkürlich rekapitulierte er die Nacht vor zwei Tagen.
*2 1/2 Tage zuvor*Mit fast schon gelangweiltem Ausdruck starrten die FROG auf das Inferno vor ihnen. Zuckende Funken und loderndes Feuer erhellten die graue Nacht und kaum ein Wächter wurde von diesem Feuer noch groß in Aufregung versetzt. Breguyars grimmiger Blick schweifte weit über das wabernde Flammenmeer, streifte die Golems die langsam voranschritten um das Feuer auszutreten und verharrte dann bei den anderen Mitgliedern seiner Abteilung die mehr oder weniger gelassen zusahen, wie das Feuer langsam aber stetig gelöscht wurde. Der Brand war erst vor kurzem bemerkt worden und die Wächter hatten nur mit Mühe verhindern können, dass es auf andere Gebäude übergriff. Egal wie schnell die Golems arbeiteten,- Das Feuer war so heiß und lodernd, dass von dem Gebäude nicht viel übrig bleiben würde. Gut dass es ohnehin abgerissen werden sollte. Braggasch kam zögernd angelaufen und salutierte. "Wie siehts aus, irgendwelche Schwierigkeiten?"
"Äh...nein...nicht wirklich", brachte der Stellvertretende Abteilungsleiter mühsam hervor, und wandte den besorgten Blick nur mit Mühe wieder von dem Feuer ab, um dem Kommandeur kurz wie zur Bestätigung zu zunicken, doch Bregs blickte schon wieder ins Feuer. Beunruhigt richtete Braggasch seinen Blick ebenfalls wieder auf das brennende Gebäude. Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl bei diesem Brand. Es schien, als sei es mit dem einfachen Löschen hier nicht getan, und schon verlor sich der Blick des Zwerges wieder in der flackernden Hitze vor sich.
Während Burkhards Sohn weiter seinen Gedanken nachhing, liess in der Ferne eine dunkle Gestalt wachsam den Blick über das Inferno schweifen. Einen Moment lang starrte sie den blonden Zwerg an, dann wieder die vor diesem wütende Feuersbrunst, in der Hoffnung, das alles nach Plan verlaufen würde.
*Am nächsten Tag, 14.00*Rekrut Vinzent Trocken lief unsicher durch den dritten Stock. Er war war für eine Befragung für etwas her gerufen worden, was über ein Jahr zurück lag, und er konnte sich noch nicht einmal richtig an die Situation erinnern.
[2] Unschlüssig blieb er vor Büro 301 stehen und klopfte zaghaft an, doch auch nach einer knappen Minute antwortete niemand. Nach mehrmaligem, lauteren Klopfen griff Vinzent nach der Klinke und öffnete die Tür.
Ein totales Chaos bot sich den trüben Augen; zerissene Blumenreste, Schrauben, Unterlagsscheiben und andere Mechanikteile wie auch verstreute Akten und ein kaputter Stuhl lagen im Raum verteilt, der Schreibtisch war umgeworfen worden. Irritiert blickte er sich um. Was war hier los? War das normal im Büro eines Feldwebels?
[3] Auf jeden Fall war der IA-Agent offenbar nicht hier. Irritiert wanderte Vinzent in den zweiten Stock zurück und wandte sich dem Kommandeursbüro zu.
*Zehn Minuten später, 3. Stock*Grübelnd verließ Braggasch Goldwart das Büro mit der großen Druckerpresse. Er hatte das Gerät eigentlich schon heute ein wenig umbauen wollen, aber dann war ihm eine Idee gekommen wie er endlich seine voll automatische Aktenablage-Maschine vollenden konnte, also verließ er seinen Stammplatz im drittten Stock, und wurde um ein Haar von einer großen Obergefreiten umgelaufen. "Kannst du nicht aufpassen, Zwerg? Reicht doch wohl schon dass dein kleiner Freund andere von richtiger Arbeit abhalten muss!", knurrte Rabbe noch gereizter als sonst und setzte zielstrebig ihren Weg fort.
"Wie meinte sie das denn?", fragte sich der Korporal besorgt und setzte seinen Weg in Richtung Treppe fort, doch kaum war er um die Ecke gelaufen erstarrten seine wässrig-grünen Augen als er die Tatortsicherer sah die soeben das Büro seines besten Freundes betraten. Ein kurzer Spurt brachte ihn umgehend vor selbiges und diesmal erstarrte sein ganzer Körper mitten in der Bewegung. Seine Augen sahen für einen Moment den zertrümmerten Zwergenstuhl, die herumgeworfenen Akten und die vielen Mechanikteile die den Boden bedeckten, dann nichts mehr. Ein kurzes Zucken durchfuhr noch den Körper, dann kippte der Zwerg einfach um.
Der zähe, traumlose Schlaf fiel nur langsam von dem dösenden Zwerg ab, als er aufwachte und die Erinnerungen wie ein schlechter Klicker vor seinem inneren Auge abliefen. Das Büro - Das Chaos - Die zerbrochenen Möbel - Die Spurensicherer...
"Was ist passiert?", entfur es dem Blonden im selben Moment da er sich erschreckt aufsetzte, als ihn die Erinnerung völlig übermannt hatte. Prompt bereute er seine Hast, ihm wurde schwindelig und schwarz vor Augen als er auch schon sachte aufs Kissen zurück gedrückt wurde.
"Du bist ohnmächtig geworden, das ist passiert. In Anbetracht der Situation kann man dir das kaum verdenken", erwiderte die raue Stimme Cim Bürstenkinns.
"Äh...aber... Ich meine... Was ist mit..."
"Feldwebel Samaxsohn, um den es dir wohl geht, wird derzeit vermisst. Bisher gibt es wohl noch keine konkreten Hinweise auf seinen Aufenthaltsort, SuSi ermittelt noch." In diesem Moment streckte eine eher kleingewachsene Rekrutin mit braunrotem Haar plötzlich den Kopf durch die Tür herein: "Sör, Ich soll ihnen Bescheid gegeben dass alle verfügbaren FROG zusammen mit der Verstärkung aus anderen Abteilungen das brandgeschädigte Lagerhauses in der Ankhstraße durchsuchen sollen, offenbar weisen bestimmte Spuren im IA-Büro auf diesen Ort hin, deshalb soll ich fragen ob Korporal Goldwart schon wieder dienstfähig ist."
Braggasch, der sich bei diesen Worten alarmiert wieder aufgesetzt hatte sah Cim nun bittend an. Dieser musterte ihn kritisch. "Du kannst gehen, Rekrutin", sagte er, ohne die andere Wächterin anzusehen, noch immer musterte er den goldgelockten Zwerg. "Ich muss mit in dieses Lagerhaus!", entfuhr es dem Zwerg ungewohnt deutlich, kaum dass die Rangniedere den Raum verlassen hatte, doch Cim musterte ihn noch immer eher nachdenklich. "Wenn du meinst... Ich werde dich sicher nicht aufhalten, sieh nur zu, dass du nicht wieder umkippst."
*Verbranntes Lagerhaus in der Ankhstraße*
Missmutig stapfte Rabbe durch die dreckige Ruine. Zusammen mit einem kleinen Teil der RUM-Belegschaft, allen FROGs und etwa der Hälfte aller bei SEALS Beschäftigten verbrachte sie ihre Zeit mit dem Wegräumen von halb verbrannten Balken und dem Umsehen nach irgendwelchen verkohlten Agenten-Überresten. Knurrend zerrte sie ein weiteres riesiges Stück künstlich hergestellte Holzkohle an die Wand und kämpfte gegen die in ihr gegen ihren Willen aufkeimende Sorge.
"Wenn dieser verdammte Agent es tatsächlich geschafft hat sich umbringen zu lassen, dann... dann...", ein unwilliges Knurren entwich ihrer Kehle. Sie wusste nicht was sie mit jemandem anstellen sollte, der vielleicht ohnehin schon tot war. Etwas Schlimmes, da war sie sich sicher.
"Ach was... Er kann überhaupt nicht tot sein, der elendige Zwerg ist sicher okay, Unkraut vergeht nicht. Außerdem ist sicher niemand so blöd einen solchen Wächter umzubringen, es ist ja wohl jedem klar dass man sich nicht nur Freunde in der Wache macht wenn man einen Wächter tötet... Selbst wenn es das Kameradenschwein vom Dienst ist." Rabbes Gesicht verzog sich zu einer unwilligen Grimasse, bedingt durch ihre Unfähigkeit mit ihren derzeitigen Gefühlen fertig zu werden. Es schien ihr als sei sie ernsthaft... besorgt. Sie griff nach einem weiteren verbrannten Etwas, welches einstmals ein Stützbalken gewesen sein mochte, als sie merkte dass er irgendwie festhing. Einen lautlosen Fluch murmelnd lief sie weiter in den Schutthaufen hinein und erstarrte. Eine silbrig-schwarze Masse klebte unter dem anderen Ende und die Ermittlerin bemerkte grauenerfüllt jene organisch anmutende Masse, von der man nur mit Mühe noch Überreste eines Kettenhemdes erkennen konnte.
Rabbe schluckte.
So wie es aussah war der Tote regelrecht mit dem Balken verbacken.
Rabbe rief einsilbig nach ein paar anderen Wächtern, die sich weiter um die Sache kümmern sollten. Dann lehnte sie sich tonlos an eine der verbrannten Wände und wartete.
Braggasch GoldwartWie von Sinnen war Goldwart einer der Wenigen, die nicht die Trümmer vom Rand aus beseitigten, sondern ohne Plan zwischen den verkohlten Steinen und zerfallenen Holzbalken herumirrten, auf der Suche nach etwas, das er nicht finden wollte. Ihm folgte Menélaos von den SEALS, der mehr darauf achten musste den Zwerg davor zu bewahren irgendwo einzubrechen oder anderweitig ernsthaft verletzt zu werden, als dass er selbst großartig Ausschau halten konnte.
"Brags, ehrlich", versuchte er es zum wiederholten Mal, "du als Späher solltest doch wissen wie gefährlich eingestürzte Gebäude sind! Ich weiß ja, warum... also auch ich will die Sicherheit... aber es bringt niemandem etwas, wenn du hier von einer Wand zerquetscht wirst... am wenigsten Sebulon..." Dem Szenekenner war durchaus bewusst, dass er sich in dem Versuch Worte zu finden, die seinen blonden Freund nicht wieder an den Rand der Hysterie stießen, genauso anhörte wie er.
Burkhards Sohn hob mit Mühe etwas an, was früher mal eine metallene Tischplatte hätte sein können, und ließ diese mit beruhigtem Seufzer wieder fallen, als sich nur Dreck und Asche unter ihr verbargen. "Du, äh, verstehst das nicht, Mené", antwortete er bestimmt und mit viel zu hoher Stimme. "Wenn ich suche... äh... wenn ich nichts finde, äh, dann ist das der Beweis, das Gürtel nicht hier ist... äh... dass sich alle täuschen... Dann können wir ihn endlich wirklich suchen gehen..."
Der Kondichemiker schüttelte den Kopf und setzte zu einer Antwort an, als nicht weit entfernt Tumult ausbrach. Da Braggasch gerade mit einem schweren Zwischenwandabschnitt beschäftigt war erlaubte er sich einen Blick und entdeckte die Obergefreite Rabbe Schraubenndrehr, die mit lauten, knappen Worten einige Kollegen zu sich beordert hatte und nun den Rückzug antrat. Wie sie da an der Wand lehnte und auf die Stelle starrte, die sie eben noch untersucht hatte... Ihr versteinerter Blick...
Behutsam zog er den verwirrten Zwerg von dessen Schiebeversuchen weg. "Brags... ich glaube das sollten wir uns einmal ansehen..."
Behutsam dirigierte Schmelz den plötzlich sehr uneigenständigen Späher zu der Mauer, an der auch Rabbe lehnte. Er hielt ihn, als man jenes grauenvoll zertrümmerte Etwas barg. Er war bei ihm, als Braggasch in haltloses, heiseres Kichern verfiel, und auch, als der Zwerg kurz darauf zusammenbrach und schluchzend seinen Kopf auf den schwarzen Boden drückte. Menélaos brachte es sogar über sich einen genaueren Blick auf das Kettenhemd zu werfen und zu bestätigen, dass er es erkannte. Dann lieferte er Braggasch im Wachhaus ab und bat den nächsten Sanitäter um ein starkes Beruhigungsmittel für den Kleinen.
Erst als dies alles erledigt war kehrte er dem Geschehen den Rücken und wanderte in der heraufziehenden Nacht zu jenem Innenhof mit der Sandfläche. Es war Menélaos an diesem Abend egal, dass er mit seinem Gebrüll Schaulustige anzog, die ihn bei seinen Übungen beobachteten - und es war ihm auch egal, das diese sahen, wie er weinte.
*Der darauf folgende Tag, 06.00*Es war wohl die furchtbarste Abteilungsbesprechung, an der Braggasch jemals teilgenommen hatte. Seine Umgebung schien dumpf und unsinnig, die Kollegen nur unbekannte Gesichter, schwebend in einem leeren Raum. Immer wieder bemerkte Burkhards Sohn, dass seine Finger auf jenem Kasten herum drückten, welcher ihm das Anfertigen der Protokolle vereinfachen sollte, doch so sehr er sich auch konzentrierte, er konnte sich nicht erinnern, was er aufgeschrieben hatte.
Nur bruchstückhaft und viel zu leise drangen die Gesprächsinhalte zu ihm durch. Ein Bericht von Sillybos wurde vorgelesen, von einem verwüsteten Büro berichtet in welchem angeblich Spuren bestimmter Sulfidverbindungen gefunden worden seien, welche laut Labor in dieser Art nur in bestimmten Trolldrogen vorkamen. Ein Mitarbeiter von DOG - der Name verschwand in Goldwarts aktuellen, geistigen Zustand, doch später erinnerte er sich, dass jemand das Wort 'Giftzwerg' in der entsprechenden Diskussion eingebracht hatte - konkretisierte den Fund sogar auf eine spezielle Mischung, deren Produzenten erst vor wenigen Monaten während einer Razzia hatten gestellt werden können. Die entsprechenden Arbeiter waren mitlerweile gegen ein hohes Bußgeld wieder auf freien Fuß gesetzt worden, doch das alte Lagerhaus, welches ihnen als Produktionsstandort gedient hatte, war ausgeräumt und unregelmäßig überwacht worden. Eben jenes Lagerhaus sei es gewesen, welches vor nicht einmal zwei Tagen aus bisher unerfindlichen Gründen - vermutet wurde Brandstiftung - in Flammen aufgegangen sei. Jene Flammen, in denen laut ersten Berichten der Stammagent von Intörnal Affärs umgekommen sei. Der Körper liege derzeit der Pathologie zur Untersuchung vor, doch das Kettenhemd sei bereits eindeutig als jenes des Zwerges identifiziert worden.
Als die Besprechung zum Ende kam und die FROGs langsam den Raum verließen, legte Araghast seinem Stellvertreter die Hand auf die Schulter und sagte einige Worte, auf die Braggasch sogar antwortete. Kaum hatte ihn der Kommandör alleine gelassen, wurde dem Späher klar, dass er den Inhalt des kurzen Gesprächs bereits wieder vergessen hatte, doch es war ihm auch egal.
*Etwa eine Stunde später, Kantine*Mit einem Kaffee in beiden schaufelartigen Händen saß Rabbe Schraubenndrehr mit einigen Kollegen aus der Abteilung von Raub und Mord an deren Stammtisch und malmte mit den Zähnen. Sie verstand sich selbst nicht. Hätte ihr jemand vor einigen Tagen berichtet, dass der Verräter von jemandem umgenietet worden sei, so wäre ihre einzige Reaktion ein befriedigtes 'gut so' gewesen. Nun aber...
"Ich verstehe nicht, wie jemand so mir nichts dir nichts in das Büro des Agenten stapfen kann, das dann völlig auseinander nimmt und einfach so wieder verschwindet! Das muss doch jemandem aufgefallen sein!", ereiferte sich Mina in ungewohnter Härte. Man sah ihr an, dass der gestrige Fund nicht spurlos an ihr vorrüber gegangen war.
Hatscha zuckte, sich die noch immer von Asche und Rauch ganz besonders kribbelnde Nase putzend, die Schultern. "Wer hatte denn Tresendienst?"
"Es muss die Nachtschicht gewesen sein", vermutete Ophelia und nahm einen Schluck Tee. Zwar hatte sie bei dem spontanen Einsatz am gestrigen Nachmittag nicht tatkräftig mithelfen können, dennoch hatte sie es sich nicht nehmen lassen anwesend zu sein um zumindest koordinierende Tätigkeiten auszuüben. Eine Anstrengung die sich, gemischt mit dem viel zu knappen Schlaf, nun mit einem dumpfen Schmerz in ihrem schlimmen Arm bemerkbar machte. "Irgendwelche armen Reruten, die nicht wussten welche Geräusche Nachts in diesem Gebäude um sich gehen und keine Ahnung von irgendeiner Meldepflicht hatten. Es ist ja bekannt, dass der Agent häufig bis spät in die Nacht arbeitete."
"Was auch immer er da getan hat...", murmelte al Nasa.
Mina schüttelte unwillig den Kopf. "Aber wer wusste denn davon?"
"Wächter?", warf die Kontakterin in Ausbildung nicht lauter als zuvor ein.
Kurz herrschte angespannte Stille, nachdem Hatscha ausgesprochen hatte, was jeder dachte und fürchtete.
"Er war ziemlich unbeliebt...", gab von Nachtschatten sehr unwillig zu.
Die stellvertretende Abteilunsgleiterin räusperte sich unbehaglich. "Da es sowieso sehr bald bekannt sein wird, macht es wohl nichts aus, wenn ich es euch erzähle: Man fand in dem zerstörten Büro des Agenten einige seiner Akten, die er anscheinend gerade bearbeitet hatte. Sillybos und Olga-Maria Inös haben sie bei der Spurensicherung eingesehen, wahrscheinlich auch der Rekrut Vinzent Trocken, der den Überfall gemeldet hatte. Romulus und ich haben die Akten zuerst überreicht bekommen, bevor sie zum Kommandör weiter gewandert sind. Es war gelinde gesagt beunruhigend..."
"Was stand drin?", wollte Hatscha gespannt wissen, bevor sie abermals von einem heftigen Niesreiz geschüttelt wurde.
"Den genauen Inhalt werde ich nicht verraten... auch wenn der bestimmt bald sowieso bekannt ist. Doch soviel: Es gab einen ganzen Haufen von Wächtern, von denen der Agent jede Menge Indizien gesammelt hatte. Er war wohl vielen auf der Spur, Hochrangigen wie Niederrangigen, und es fehlten nur noch ein paar Beweise um jeder Menge Wächter jede Menge Ärger zu machen. So viel Ärger, dass sich eine Racheaktion vielleicht sogar gelohnt hätte."
Mina blickte betrübt auf die Tischplatte, al Nasa rieb sich die Stirn. "So viel Ärger, dass jemanden den Agenten dafür-"
Sie wurde unterbrochen, als die stille Rabbe plötzlich und unerwartet in die Höhe schoss. Ohne ein Wort kippte die Obergefreite ihren mittlerweile kalten Kaffee, knallte die Tasse auf den Tisch, drehte sich ab und stapfte aus der Kantine, verwirrt und erzürnt über die eigene Reaktion.
Hatscha blickte ihr perplex hinterher. "Was hat sie denn?"
Die beiden Kolleginnen zuckten nur mit den Schultern, doch Mina fügte an: "Wir sollten ihn beim Namen nennen."
"Was?"
"Sebulon, er heißt... hieß Sebulon. Ich finde, das sind wir ihm schuldig."
*Gegen Vormittag*"Hallo... äh..."
"Du bist wegen des Eindringens in das Büro des Stammagenten Sohn des Samax hier, oder?"
"Äh..."
Olga-Maria seufzte und rückte ihre Brille zurecht. "Hör mal, ich darf dir darüber nicht viel sagen, wenn du nicht offiziell mit den Ermittlungen betraut wurdest."
Goldwart schwieg eine Weile und entschied sich dann für eine Taktik, die er noch nie angewendet hatte. Lügen. "Naja, äh, es ist ja auch nicht für, äh, mich...", stotterte er und war sich selber bewusst, wie unendlich unglaubwürdig sich das anhören musste. "Wie du sicher weißt, äh, bin ich ja Stellvertretener Abteilungsleiter... äh... also der Kommandör möchte..."
"Braggasch, wirklich, ich mag dich und ich hatte auch gar nichts gegen Sebulon. Aber der Kommandör hat eine püschologische Ausbildung, soweit ich weiß. Er wird einen Dämon tun und dich mit solchen Aufgaben betreuen, verzeih die Ausdrucksweise. Immerhin ist allgemein bekannt, dass du und Sebulon Freunde waren." Mitleid schwang in großen Wellen in der Stimme der Inös mit.
"Aber... ich..." Verzweifelt zupfte der Zwerg am schütternen Bart. "Kannst du mir denn gar nichts, äh, sagen?"
Die Tatortwächterin sah sich nervös in ihrem Büro um, als würde sie erwarten, dass Kathiopeja plötzlich aus einer Ecke sprang. "Ich kann dir sagen, dass die Tür von außen aufgebrochen wurde und dass Sebulon anscheinend gerade einige Akten fertig gemacht hat. Es gab einen Kampf, sein Gegner, falls es nur eine Person war, muss ihm jedoch eindeutig überlegen gewesen sein, wir fanden nur sehr wenig Blut. Momentan wird das Wachhaus nach möglichen Einstiegsorten abgesucht, die der Entführer gewählt haben könnte. Das ist alles. Bitte frag nicht weiter."
Obwohl sein Wissensdurst noch nicht im Ansatz gestillt war, wollte Braggasch der Kollegin keine weiteren Probleme bereiten. Mit einer knappen Geste bedankte er sich und floh aus dem Büro.
Rabbe Schraubenndrehr*Dachvorsprung*
Vier mehr oder weniger Friedhofsgemäß gekleidete Gestalten trugen den polierten (wenn auch nassen) Kirschholzsarg über den matschigen Grund.
Jargon, Menélaos, Glum und Braggasch.
Ihre Füße schienen mit jedem Schritt tiefer in den Boden zu sinken, aber vielleicht täuschte ihn da auch die Entfernung.
Der Mann runzelte einen Moment die Stirn, biss die Zähne zusammen.
Kurz streifte der beglaste Blick das verheulte Gesicht des blonden Zwergs, die grimmige Miene des Braunhaarigen.
Beide sahen auf ihre Art aus, als hätten sie schon bessere Tage gesehen, doch wer hatte das nicht? Immerhin war dieser Regen wirklich ausnehmen lästig.
Hastigen Schrittes wandte er sich ab und platschte durch die Nässe davon.
*Wachhaus, Büro 213*
Das Spiegelbild klarer, nachdenklicher Augen blickte aus trübem Kaffee zur Ermittlerin auf. Seit einer guten Stunde hockte sie nun in ihrem Büro vor ein und derselben Tasse längst erkalteten Koffeingetränks und starrte nur vor sich hin. Die Feder die sie zu Beginn noch schreibfertig erhoben hatte war längst niedergelegt, das Tintenfass lange zugeschraubt.
Sie hatte kein Wort geschrieben.
Ihre Gedanken kreisten weiter um das Etwas welches sie aus dem Lagerhaus geborgen hatten.
Wie hatte dies passieren können? Der IA-Agent war immer sehr berechnend gewesen, sehr vorsichtig. Wie hatte er einfach so umgebracht werden können?
Rabbe würde sich über ihre Gedankengänge wundern, wären diese nicht vollkommen unterbewusst. Alles was ihr bewusst durch den Kopf ging war eine siechende Leere die nach mehr Kaffee und noch viel mehr Alkohol verlangte. Unbewusst fuhr Rabbes Hand in eine Schublade um kurz darauf bernsteinfarbene Flüssigkeit in die schwarze Brühe zu geben, ebenso unbewusst leerte sie die Tasse und setzte alsgleich den Flaschenhals an die rauen Lippen.
Sie trank.
Warum nahm sie dieses Ereignis so mit? Der Tod eines Kollegen war immer ärgerlich, vor allem weil es meistens hieß das ein Wächter ermordet worden war, aber... Dies fühlte sich anders an. Beim Tod ihrer Ausbilderin vor einigen Monaten war Rabbe weniger mitgenommen gewesen. Klar hatte sie sich aufgeregt, doch kaum mehr als es der Tod Machwas' getan hatte, warum sich also über die Ermordung eines elendigen
Zwergs kümmern, insbesondere eines solchen Verräters wie Sebulon es von Berufs aus gewesen war?
Die Ermittlerin blickte aus dem Fenster.
Regen.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass die Beerdigung vor einer halben Stunde begonnen hatte, doch sie wollte nicht an diesen Ort. Weder wollte sie sehen wie der verbrannte Leichnam unter nasser Erde bestattet wurde, noch würde sie das Geflenne des Goldwarts vertragen können ohne diesem die Zähne einzuschlagen.
Sie trat ans Fenster, die Flasche noch immer in der Hand, und starrte in den Regen.
Was tat sie hier?
Ein Wächter war ermordet worden, ein
Wächter!
Ein weiterer Schluck.
Die Überwäldlerin starrte noch einen Moment, schlich dann zur Tür und bewegte sich leise auf den Gang hinaus.
Das Wachhaus war wie tot.
Ruhig schlenderte sie durch den düsteren Gang ohne den Blick zu heben, ging auf eben diese Weise die Treppe hinauf und fand sich vor dem Büro 301 wieder.
Schwarz-Gelbes Absperrband deklarierte die Tür für einen Moment als unpassierbar, fand sich gleich darauf jedoch als Bodendekoration zu Füßen der Obergefreiten. Sie trat ein und ließ den Blick kurz über die vertraute Folterkammer schweifen. Es schien alles da; Stühle - der hässliche Schreibtisch - die kitschigen Blumen und alle die unsagbar nervigen Akten... Doch ohne das halluzinierende Kameradenschwein eines Würgkaholiks
[4] war es nicht dasselbe.
Sie ließ sich an dem schweren Schrank hinab sinken und legte den Kopf in den Nacken.
"Ob es strafbar ist in ein IA-Büro einzubrechen um sich dort zu besaufen?"Die Zeit verging nur langsam, nahezu stockend, sie schien sich zwischen den einzelnen Schlucken einfach nicht fortzubewegen.
Ein Blick schweifte durch den Raum. Erst nach kurzer Zugehörigkeitsprüfung verstand die Ermittlerin, dass es ihr eigener war.
"Alkohol."Ihr Blick schwamm durch das Zimmer.
"Akten"Er kraulte den Schrank hinauf, machte dann einen Köpfer zum umgestoßenen Stuhl und floss von dort aus weiter, so langsam und träge wie der eines Malers über ein Aktmodell.
"Papierkram"Rabbes Geist befand sich in jener berüchtigten Vorstufe zum echten Betrunkensein, in welcher man tatsächlich noch zu bewusstem Denken fähig ist, dies aber, sofern man es im flüssigen Zustand praktizieren möchte, derart aufwändig und zeitraubend ist dass man sich, bevor man überhaupt fertig gedacht hat, oft schon auf dem Zenit eines 10m hohen Kaugummiballs befindet der auf den Palast zurollt.
[5]"Hmm... Hm-hmm...", begann Rabbe leise zu summen als ihre Hand ziellos durch die braunen Umschläge glitt.
Ihr Name durcheinander gemixt zwischen Papieren über den Bergiger und Breguyar...
"Hmmm....Hmhm-hm..."
Ein nachdenklicher Blick glitt über die Flasche in ihrer Hand.
Zwergischer Whisky. Zu 2/3 geleert.
Verärgert blickte sie auf das Ettikett, bevor sie die Flasche entschlossen an der gegenüberliegenden Wand zertrümmern ließ.
"Viel zu teuer zum besaufen!"Die Akten waren nun irgendwie uninteressant.
"Brauch...Fusel..."Sie mochte bereits betrunken sein, aber vom Zustand des heillos Besoffenen war sie noch weit entfernt, wenn auch nicht weit genug um den Mann im Gebäude gegenüber zu erkennen, der soeben sein Fernglas sinken ließ.
*Stunden später*Der Blick des Zwergs schien in seinem Glas zu hängen, wie schon seit Stunden. Dann und wann leerte er es, verlangte ein neues um erneut hinein zu starren, blieb die meiste Zeit jedoch absolut still. Die Unterhaltungen der Leute um ihn herum tangierten ihn inzwischen kaum mehr. War er am Anfang bei den vielen Geschichten, die seine Mitwächter über den Verstorbenen austauschten immer wieder noch kurz vor einem Weinkrampf gewesen, war er inzwischen betrunken genug um nur noch stoisch vor sich hinzutrinken und außer sich selbst und seinem magischen
[6]Glas nichts mehr wahrzunehmen. Neben ihm saß seit einigen Minuten die schwarzhaarige Zwergenhasserin, doch nicht einmal das fiel ihm auf; Sie war hereingekommen, war mit der Zielstrebigkeit des Gewohnheitstrinkers zum Tresen marschiert und hatte sich gleich eine ganze Flasche geben lassen. Seitdem füllte sich das Glas des Zwergs wirklich immer wieder nach, ohne dass er etwas sagen musste.
Stunde um Stunde verging. Sie tranken und tranken, andere Wächter verließen die Bar nach und nach bis spät in der Nacht nurnoch der Zwerg und der Mensch da saßen, umgeben von leeren Flaschen.
"Ihr habt genug. Bezahlt und geht", sagte der Wirt trocken und räumte die Flaschen weg, sah die Obergefreite auffordernd an.
Rabbe, deren Bewustsein in dichtem Nebel weilte, ging unterbewusst mehrere mögliche Reaktionen durch. Durch den Alkohol waren die meisten Emotionen in ihr erstmal ruhig gestimmt, die Wut machte ein kleines Nickerchen, Trauer nahm ein Bad und ließ gelegentlich Gasbläschen der Verzweiflung aufsteigen.
Was wären ihre Möglichkeiten? Den Wirt niederschlagen und plündern? Den ganzen Laden zusammenschlagen?
Verlockend, das musste ihr verbliebenes Selbst auch durch den fuseligen Nebel zugeben, aber es war wahrscheinlich einfacher zu bezahlen und wirklich zu gehen.
"Broaggasch?"
"Gnnn?"
"Bragglasch?"
"Gnnn!"
"Ach scho..."
Zwei wankende Gestalten schlurften durch die Nacht und stammelten eine eigenartige Konversation zusammen:
"'chäh... 'ch versteh einfach nischt wie daschäh... daschäh paschieren konnte...", murmelte der Zwerg leise.
"Na is' doch klar... Er wird irgendwas gegen nen Offizzer in der Wache in der Hand gehabt haben und dann... WATZ!", Rabbe zerschlug eine Flasche an einer Mauer, ließ sie fallen und zog eine wietere aus einer Tasche. "Und überhaupt... Was fällt ihm eigentlich ein sich einfach so zu verdrücken? Ein verdammter Mistkerl ist er, sich einfach so umbringen zu lassen!"
"Alle habe ihn äh... gehasst, dabei hat er nur seine Pflicht getan! Er wolltääh... Gerechtigkeit!", Braggasch hickste.
"Ein Idiot! Wenn er mal aufgepasst hätte, oder seine Akten nich so deutlich da rum hätte liegen lassen dann.. dann..." Rabbe verschlug es einen Moment die gröhlende Sprache, sie starrte ins Nichts und schien mit irgendetwas Unsichtbarem zu ringen, dann nahm sie einen tiefen Schluck aus der Flasche. "Wenn er... Wenn er nicht allen Wächtern so offen gezeigt hätte dass er gegen sie ermittelt, wär sicher was anders gelaufen... Egal obs jetz' Ettarg odda Breguyyyar oder sonss'wär warr... Dieser
B'hadzgdha Mrwha hat sich das alles selbst zuzuschreiben, es ist seine verdammte Schuld!"
"Ettark... Ettark hat ihn ääh... immer provoziert und... ähh... und....", die Augen des Zwergs wurden ein wenig klarer, doch Rabbe wurde dessen nicht mehr gewahr. Sie waren inzwischen durch die halbe Stadt gelaufen, und eben, als sie an der Straße der schlauen Kunsthandwerker vorbeikamen, strich ihr der Geruch frischer Friedhofserde durch die Nase, und sie ließ den torkelnden Zwerg mit seinem Zorn alleine.
Ihre Füße zogen sie durch die Straße, bogen ab und schon fanden sie sich auf dem matschigen Grund des Friedhofs wieder. Der wackelige Schritt führte quatschend durch die neblige Dunkelheit bis sie vor einem frischen Grab halt fanden.
SEBULON, SOHN DES SAMAXStand in kapitalen weißen Lettern auf dem schwarzen Stein. Rabbe betrachtete ihn einen Moment, atmete stockend. Dann wurde ihr Blick kurz unklar, sie sank nieder und begann leise zu weinen.
*Circa 1/2 Stunde später*Schweigend liefen Chi Petto und Menélaos Schmelz ihre Runden. Noch immer ging dem Kondochemiker die Beerdigung nach, noch immer fragte er sich, wie es hierzu hatte kommen können. Die Erinnerung an selbige wurde schmerzhaft stark als sie die Straße der geringen Götter passierten, da wurde er plötzlich aus seinen Gedanken aufgescheucht.
"... und welches Recht hattest du eigentlich zu entscheiden dass die dich jetzt murksen dürfen, hä?", brüllte eine allzu bekannte Stimme über den dunklen Fridehof. Der Szenekenner schüttelte bedauernd den Kopf, winkte Petto mit sich und trat an die betrunkene Wächterin heran die offenbar nicht davon abzubringen war, weiterhin einen Klumpen Mamor anzuschreien. ",- Und wofür hab ich dir eigentlich das Leben gerettet wenn du nun einfach so tot bist? Hast du
Khallalali grôkh denn gar keinen Sinn für Dankbarkeit?"
"Rabbe?"
Erschreckt drehte sich die Wächterin so schnell sie im volltrunkenen Zustand konnte herum, ihre Kette kampfbereit erhoben. "Wass willssu Menne?!"
"Rabbe... Auch wenn ich verstehen kann dass du deine Probleme mit der Situation hast... irgendwie... Aber du musst jetzt leise sein und nach Hause gehen, ansonsten sind wir verpflichtet, dich festzunehmen." Menélaos betrachtete die Wächterin verwundert und fragte sich ernsthaft, was genau sie hier getan hatte. Soweit er wusste hatte sie den verstorbenen Stammagenten gehasst, warum machte sein Tod sie dann so fertig?
"Wass?"
Mené seufzte. Dies würde nicht einfach werden.
"Du musst leise sein und nach Hause gehen", sprach er langsam. "Ansonsten müssen wir dich festnehmen."
Chi Petto hielt sich gelassen im Hintergrund. Ihm war herzlich egal wie diese Situation ausging, ob sie nun festgenommen wurde oder heim ging... So oder so sollten sie bald die Streife fortsetzen um nicht zu spät ins Wachhaus zurück zu kehren.
"Ich scholl LEISE SEIN? WARUM DENN LEISE? ICH,-!", gröhlte Rabbe eben noch, da wurde sie schon bewusstlos.
"Hatte eh keinen Sinn."
Braggasch Goldwart* Am nächsten Morgen*Der Zwerg erwachte von seinem eigenen Zittern. Die Helligkeit stach in seinen Augen, als hätte sie eine persönliche Abneigung gegen stellvertretende Abteilungsleiter, sobald er auch nur darüber nachdachte, die Augen zu öffnen. Ansonsten war da... nichts.
Mühsam wälzte sich Braggasch auf die Seite. Die Bewegung schien sein Gehirn anscheinend in eine besonders unangenehme Position zu rollen, denn plötzlich begann sein Kopf höllisch zu schmerzen. Als er die Hand hob, um den Schädel vor einer Explosion zu bewahren, ertastete er eine feuchte, klebrige Masse, die in seinen dünnen Haaren verklebt war.
Langsam und dumpf traten die Geräusche der Stadt hervor - und mit ihr die Gerüche. Goldwart war mitlerweile viele Ausdünstungen des Ankhs gewohnt, doch der säuerliche Gestank, der ihm nun bewusst wurde, lies eine heftige Woge der Übelkeit über ihn hinweg branden. Erst Minuten später, während denen der Zwerg halb sitzend, halb liegend die eigenen Kopfschmerzen, Magenbeschwerden und Muskelkrämpfe genossen hatte, erkannte er, dass der widerliche Gestank nicht von weiter weg, sondern aus seiner unmittelbaren Umgebung kam - seinen Haaren, seiner Kleidung und ganz besonders den graubraun überzögenen Pflastersteinen, auf denen er die Nacht verbracht hatte.
* Eine halbe Stunde später*Noch vor Kurzem hätte sich Braggasch zu Tode geschämt, wäre er verschlafen und besudelt mit Erbrochenem am Wachetresen vorbei getappst, um sich langsam, seeehr langsam im Waschraum wieder zu einem halbwegs sauberen Wesen zu evolutionieren. An diesem Morgen jedoch - das wurde dem Späher erst bewusst, als er sich enkleidet und in der Nähe des Abflusses mehrfach mit heißem Wasser übergossen hatte - war es ihm vollkommen egal gewesen. Dies mochte einerseits an seinem monströsen Kater liegen, andererseits konnte er momentan in allen Dingen keinen Sinn mehr erkennen.
Nachdem die gröbsten Brocken entfernt waren, begann Goldwart seine Kleidung zu schrubben und die Haare einzuseifen. Dies alles tat er mit der Ruhe einer Person, die wusste, dass jede hektische Bewegung schlimmes heraufbeschwören konnte.
"Korporal?"
Mit halb geöffneten Augen, einem genagelten Lederstiefel in der einen und der Bürste in der anderen Hand, drehte sich Braggasch nackt und tropfend zu Tür.
"Du solltest wenigstens den Anstand haben den Stiefel davor zu halten..." Araghast lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen und sah alles andere als entspannt aus.
Egal obs jetz' Ettarg odda Breguyyyar oder sonss'wär warr... Burkhards Sohn schüttelte den Kopf um Rabbes Stimme zu vertreiben - was sich sofort in einem stechenden Schmerz rächte. "... Sör?", murmelte er undeutlich.
Der Kommandör rümpfte die Nase und verzog leicht angeekelt die Mundwinkel. "Hast es gestern ein bisschen übertrieben, was?"
"Sör?"
"Du hattest heute morgen einen Termin bei mir. Wie immer."
Goldwart machte sich nicht die Mühe reumütig zu wirken.
Egal obs jetz' Ettarg odda Breguyyyar oder sonss'wär warr... "Warum hast du ihn gehasst?" Die Worte waren aus Goldwarts Mund entfleucht, ehe er sich des Gedankens überhaupt bewusst gewesen war. Andererseits: Was konnte ihm schließlich jetzt noch Schlimmes passieren? "Warum hast du...?"
"Ich hab dich schon verstanden, Korporal", unterbrach Breguyar, nun ernsthaft zornig. Er schien kurz davor auf seinen Stellvertreter zuzugehen, entschied sich dann jedoch anscheinend dagegen. "Du hast Glück, dass ich dir wegen dieser Situation sowieso Urlaub geben wollte. Das püschologische Gutachten spricht von Unzurechnungsfähigkeit. Sprich mit Nyvania, falls du Betreuung braucht, aber wehe ich sehe dich irgendwo mit deiner Marke, bevor ich den Sonderurlaub nicht ausdrücklich wieder aufgehoben habe. Der Verlust des Feldwebels Samaxsohn ist für uns alle ein großer... Verlust. Vor allem nach dem Tod von Feldwebel Feinstich. Ich weiß, dass du sein Freund warst, jeder weiß das... Deshalb ist es dein gutes Recht dich... mittels Alkohol zu zerstören. Aber nicht im und nicht vor dem Dienst. Ich überlege mir noch, ob ich Sebulons Nachfolger eine entsprechende Notiz mache. Jetzt mach hier sauber, zieh dir was ordentliches an und... dann bau meinetwegen was, oder was immer du sonst so in deiner Freizeit tust." Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte sich Araghast um und stapfte davon.
Goldwart ließ den Stiefel fallen und taumelte leicht.
Ich weiß, dass du sein Freund warst, jeder weiß das... Tränen sammelten sich in seinen Augen.
Ich überlege mir noch, ob ich Sebulons Nachfolger eine entsprechende Notiz mache. Ein klägliches Wimmern entstieg der Zwergenkehle.
...ob ich Sebulons Nachfolger... Das Wimmern steigerte sich zu einem schmerzvollen Schrei und Braggasch sackte auf die Knie.
...Sebulons Nachfolger... Während die Intention des Schreis von Trauer zu hilfloser Wut wechselte, ließ Braggasch seine Fäuste gegen den hölzernen Zuber krachen. Einmal, Zweimal, Dreimal. So häufig, dass die Haut an seinen Knöcheln aufplatzte und er blutige Striemen auf dem Holz hinterließ.
"Ruhe! 'dammt...", brüllte es heißer aus dem Flur.
Der stellvertretende Abteilungsleiter beendete sein sinnloses Tun und sackte in sich zusammen. Seine Tränen tropften auf den Boden und flossen mit dem Waschwasser Richtung Abfluss.
Wen auch immer er gestört hatte, die Person war nicht so einfach zufrieden zu stellen. "Habn' Kop' bis... scheiße... Hör bloß auf zu flenn'... Weichei..."
Als der Zwerg Rabbe Schraubenndrehrs Stimme erkannte, schnappte er sich in einem hellen Moment sein Handtuch für die Lenden und wankte zielstrebig barfuß auf den Gang. Er fand die Obergefreite sofort in Zelle eins, wo sie versuchte, sich auf der kargen Pritsche so klein wie möglich zu machen.
"Rabbe?"
"'Nauze!", grummelte die Frau.
Goldwart hatte sich auf den Boden hinunter gelassen, um durch die Essensklappe zu blicken, denn die Kraftanstrengung sich zu dem vergitterten Fenster in der Tür hoch zu ziehen konnte er heute morgen beim besten Willen nicht vollbringen. Mühsam versuchte er seinen Blick zu klären und den neuen Schmerz in den Händen zu ignorieren. "Rabbe... du, äh, du hast gestern... hast gestern was gesagt..."
"Weiß nix. Geh weg."
Doch der Zwerg bewahrte ungewöhnliche Sturheit. "Nein. Nein. Rabbe... du... du hast was, äh, mit Akten gesagt. Und mit Ettark und Breguyar."
Mühsam wälzte die große Ermittlerin sich auf der Pritsche herum, um Burkhards Sohn böse anzufunkeln. "Und?"
"Äh... was... meintest du damit?"
"Lässt du mich in Ruhe, wenn ichs dir sage?" Der glasige Blick, den Braggasch im schwachen Licht in ihren Augen erkennen konnte, machte klar, dass die Obergefreite noch lange nicht klar im Kopf war - anscheinend hatte sie nicht die größte Menge des Alkohols wieder von sich gegeben. "Ich war im Büro. Vom Schnüffler..."
"Von Sebulon?"
"Schnauze. Da warn Akten. Auf dem Tisch. Von n paar Leuten. Und jetzt verpiss dich."
Die Konsequenz, mit der sie sich wieder umdrehte, machte Goldwart klar, dass er bei weiteren Fragen mit gebrochenen Nasen rechnen musste. Mühsam stemmte er sich wieder in die Höhe und ließ die Essensklappe zufallen. Sein nächstes Ziel war klar, doch dafür musste er nun erst einmal Geduld beweisen...
*Weitere zwei Stunden später*Braggasch drehte die Mutter sorgsam fest, überprüfte ihren Sitz, drehte den Schraubenschlüssel und lockerte das Gewinde wieder, bis das kleine runde Metall in seine Hand fiel. Anschließend setzte er die Mutter wieder an und begann damit, sie fest zu drehen. Wie lange er dieser Tätigkeit nun schon nachging, wusste der Zwerg nicht mehr. Anfangs hatte er noch eine vage Idee von einer Apparatur gehabt, die er entwerfen wollte um sich abzulenken, doch dieser Plan war längst im Nebel seiner Gedanken verschwunden.
Seufzend ließ Goldwart Platte, Schraube, Mutter und Werkzeug sinken. Vielleicht hatte Breguyar recht gehabt? Vielleicht sollte er mit jemandem reden? Aber mit wem?
Egal obs jetz' Ettarg odda Breguyyyar oder sonss'wär warr...Burkhards Sohn blickte zu der glänzenden Wachemarke, die er folgsam abgenommen und auf seinem Schreibtisch drapiert hatte. Wem konnte er denn trauen? Wenn Sebulons Tod nun eine Vertuschungsaktion gewesen war? Wenn Personen der Wache involviert waren? Immerhin war der Agent im Wachhaus überfallen worden...
Wütend schleuderte Braggasch das Metall in eine Ecke. Er war kein Ermittler, er hatte von solchen Dingen keine Ahnung. Aber er brauchte Hilfe, wenn er Sebulons Tod aufklären wollte. Seine Freunde, Menélaos und Jargon - und manchmal auch Glum, wenn dieser einen guten Tag hatte - wollte der stellvertretende Abteilungsleiter von FROG nicht in die Sache mit hinein ziehen. Allen Anderen... konnte er nicht trauen.
Entschieden stieß sich der Blondhaarige vom Boden ab und verließ sein Büro. Die Füße trugen ihn die Stufen hinab und noch während der Kopf sich fragte, wo der Körper hin wolle, klopften die geschundenen Fingerknöchel an das Holz der Pathologietür.
Nach einer Weile öffnete ein bekanntes Gesicht. "Ich habe mich schon gefragt, wann du auftauchst", begrüßte Avalania nicht sonderlich freundlich. "Meine Herrn hast du 'ne Fahne... Wolltest du ihn nicht sehen?"
Goldwarts noch immer nicht ganz beruhigter Magen tat einen Sprung. "Äh... nein... danke."
Die Zwergin zuckte mit den Schultern und winkte ihn herein. "Jetzt ist er ja eh unter der Erde, war also deine Entscheidung. Viel wäre sowieso nicht zu sehen gewesen. Warum bist du hier?"
"Ich will... äh... ich würde gerne wissen..." Obwohl er zu seiner alten braggesken Höflichkeit zurück gefunden hatte, arbeitete das Gehirn des Spähers noch viel zu langsam, um sinnvolle Sätze zu liefern.
"Du willst wissen, was wir heraus gefunden haben", vervollständigte von Gilgory den Satz für ihn. "Dem Fehlen deiner Marke entnehme ich, das du nicht offiziell mit den Ermittlungen betraut wurdest, oder? Na schön, hör zu." Die Gerichtmedizinierin deutete auf den leeren Seziertisch. "Das Einzige, was von dem Agenten Samaxsohn bei uns einging, war ein völlig zertrümmerter, völlig verbrannter Korpus. Das wissen wir, weil wir einige Rippen wieder zusammen setzen konnten. Der Korpus trug Sebulons Kettenhemd, das wurde mehrfach bestätigt - und zwar bereits bevor er verbannte, da die Kettenglieder sich tief in das Fleisch gedrückt hatten. In dem Lagerhaus wurde noch die Schnalle eines Gürtels gefunden sowie etwas, das vielleicht mal ein Bein gewesen ist. Es wurde alles gemeinsam beerdigt. Es tut mir leid, bei einem solches Lagerbrand entsteht eine enorme Hitze, dazu kommen die herabgestürzten Balken. Wir hatten Glück, dass wir überhaupt etwas von ihm bergen konnten, um es zu beerdigen."
Goldwart war sehr bleich geworden. Wortlos und zögernd nickte er, wandte sich dann wie schlafwandelnd ab und verließ eiligst den Keller.
Auf der Treppe stieß er beinahe mit Romulus von Grauhaar zusammen, der ihm jedoch ausweichen konnte. Der Werwolf rief ihm einige Worte hinterher, die anscheinend aufmunternd gemeint waren, doch Braggasch verstand sie nicht.
*Einen Moment später*"Obergefreite?"
"Kann man hier nich mal... Sör?" So schnell wie es ihr möglich war, versuchte Rabbe auf die Beine zu kommen, als sie Romulus' Gesicht in der vergitterten Klappe erkannte.
"Ganz ruhig. Darf ich reinkommen?"
"Darf ich rauskommen?"
Der Abteilungsleiter lachte leise, schloss die Tür auf und betrat die enge Zelle. "Wie geht es dir?"
"Ehrlich?"
"Ehrlich."
"Beschissen."
Von Grauhaar nickte. "Man hat dich wegen nächtlicher Ruhestörung auf dem Friedhof angeklagt. Du hast dort ein Grab angeschrieen, hieß es. Ein ganz bestimmtes Grab."
Schraubenndrehr senkte den Kopf und schwieg verbissen.
"Obergefreite, hast du mir irgend etwas zu sagen?" Obwohl der Werwolf ruhig sprach, konnte Rabbe dennoch deutlich die Unzufriedenheit in seiner Stimme heraus hören.
Sie schüttelte den Kopf. Wenn es einen Wächter gab, den sie auf keinen Fall enttäuschen wollte, dann Romulus, doch er würde sie genauso wenig verstehen, wie sie sich selbst verstand.
"Weißt du etwas über den Tod des Agenten?"
Überrascht hob die Ermittlerin nun doch den Blick. "Sör?"
"Du verhälst dich sehr merkwürdig."
"Ich weiß, Sör", erwiderte sie leise.
Von Grauhaar atmete tief ein. "Ich muss dich das leider fragen: Hast du etwas mit dem Tod von Sebulon Samaxsohn zu schaffen?"
Der muskulösen Frau entgleißten alle Gesichtszüge. Für einen kurzen Moment erwog sie ernsthaft, ihrem Abteilungsleiter ins Gesicht zu schlagen und sich anschließend selbst den Kopf an der Mauer einzuhauen, doch sie ließ den Gedanken vorbeiziehen und zwang sich zur Ruhe. "Nein, Sör. Auf keinen Fall." Das unweigerliche Grollen ihrer Stimme konnte sie nicht unterdrücken.
"Gut."
Einige Sekunden unangenehmen Schweigens vergingen.
Schließlich hob Romulus wieder an. "Was würdest du tun, wenn ich dich hinaus lassen würde?"
"Erfolglos versuchen mit dem Saufen aufzuhören um mich wieder an die Arbeit zu machen", antwortete Rabbe ehrlich.
"Das habe ich mir gedacht." Der Werwolf sah seiner neusten Ermittlerin in die Augen. "Bleib hier und ruh dich aus. Ich sorge dafür, dass man dir etwas ordentliches zu Essen bringt... Sahneheringe oder irgend was anderes gegen den Kater. Später komme ich dann noch einmal vorbei, und wir reden richtig." Der Abteilungsleiter salutierte, verließ die Zelle und verriegelte die Tür hinter sich.
Rabbe blieb allein mit ihren wütenden Gedanken zurück.
*Gegen Nachmittag*"Äh... Vinzent?"
"Sör?"
Braggasch rieb sich die müden Augen. "Tut mir leid, wenn ich dich, äh, störe, aber ich hätte eine kurze Frage..."
Der langjährige Rekrut blickte unsicher zu Pismire. Dieser nickte und scheuchte Trocken mit einer Geste aus dem Unterrichtsraum.
"Was kann ich für dich tun, Sör?", erkundigte sich Vinzent auf dem Flur.
"Laut Plan hattest du vor vier Nächten Dienst am, äh, Wachetresen."
"Das ist richtig, Sör."
Goldwart nickte, um seine Gedanken zu ordnen. "Äh... hast du da irgend etwas gehört?"
"Es geht um den Tod von dem Agenten Samaxsohn, nicht wahr, Sör?" Vinzent Trocken rieb sich unruhig den Hals und wartete das Nicken des Vorgesetzten ab. "Also, das hat mich der Ermittler Kolumbini schon gefragt, Sör. Ich habe ihm gesagt, dass ich gar nichts Auffälliges vernommen hatte, Sör, es ist auch niemand in der Nacht durch die Haupttür hinein gekommen. Es war eine sehr ruhige Schicht, Sör."
"Einige Stockwerke über dir wurde ein, äh, Raum zertrümmert!"
"Ja, Sör, ich weiß, Sör, aber der Raum von Intörnal Affärs ist doch schallgesichert, Sör. Das weiß doch jeder."
Der Zwerg blickte den Rekruten an, als hätte dieser ihm eine Ohrfeige verpasst. Ein langer Moment verstrich, ehe Braggasch stotterte: "Das... weiß jeder... ja... Äh... Danke, Rekrut, du darfst wieder in den Unterricht gehen..."
*Am Abend*Bislang hatte es Braggasch nach seiner Ohnmacht noch einmal vermieden, in den dritten Stock zu gehen, weshalb auch die Produktion der
Rohrpost nun bereits eine Woche lang still lag. Es wunderte ihn nur wenig, dass die Tür zum Agentenbüro verschlossen war, obwohl er eher mit Absperrband oder Ähnlichem gerechnet hatte.
Unentschlossen verharrte der Zwerg vor der Tür und lauschte in die Dunkelheit hinein. Noch waren nicht alle Wachhausaktivitäten eingestellt worden, gerade in den unteren Etagen wurden anscheinend noch schnell einige Akten hin und her geschoben, doch hier oben war es still. Die Tauben schliefen und konnten in der Nacht nicht eingesetzt werden, die Klacker rasselten leise im Wind und würden, durch den im Turm schlummernden Kannich, sofort zum Leben erweckt werden, wenn von irgendwo außen eine Nachricht per Lichtsignal kam. Goldwart atmete tief ein und aus, zog die Dietriche hervor, führte sie in das komplizierte Schloss ein - und bemerkte zu seinem Erstaunen, dass die Tür bereits auf diesen leichten Druck hin geräuschlos nach innen schwang. Ein kurzer Prüfblick zeigte, dass die Führung, in der normalerweise der Bolzen der Verriegelung ruhte, nach innen rausgebrochen war. Braggasch schüttelte über seine eigene Dummheit den Kopf - natürlich, der Einbrecher und Entführer hatte laut Olga die Tür ja von außen aufgebrochen. Doch wieso schloss einer eine Tür, die man nicht mehr verriegeln konnte, anstatt Absperrband zu verwenden oder den Mechanismus zu reparieren?
Braggasch schlich, seiner Ausbildung dankend, in den düsteren Raum und schob die Tür hinter sich zu. Dann wartete er, bis seine Augen sich an die Dunkleheit gewöhnt hatten und er im von draußen hereinscheinenden Mond alles wichtige erkennen konnte. Das Zimmer war tatsächlich in einem bemitleidenswerten Zustand. Die Aktenschränke waren an manchen Stellen eingedrückt, aber ungeöffnet, der Schreibtisch verschoben, einer der Besucherstühle zerbrochen. Nach den wenigen Blutspuren wollte Burklhrads Sohn gar nicht suchen, ihn interessierten die auf dem Schreibtisch verteilt liegenden Akten.
Mit einem unguten Gefühl trat er von der Besucherseite an den Tisch heran und wunderte sich, dass alle Akten bereits so gedreht waren, dass er sie von seiner Position aus lesen konnte. Einer Ordnung schienen sie in schon lange nicht mehr zu folgen. Braggasch seufzte, nahm sich die erste Akte und hielt sie in einen dünnen Strahl Mondlicht, der durch die Fensterläden schien.
"Pathologie...", entzifferte er und folge seiner Neugier. Die erste Seite war mit möglichen Anzeichen für voreiliges und ermittlungsgefährdendes 'zergeiern' gefüllt. Der Späher benötigte noch drei weitere Seiten, bis er herausgefunden hatte, was Sebulon mit dieser Notiz gemeint hatte. Die Worte seine Freundes zu lesen füllte Braggaschs Augen abermals mit Tränen, dennoch kämpfte er sich weiter durch die Akten. Es folgte Sillybos mit der Vermutung zur Verschwendung von Dienstzeit, Araghast mit dem begründeten Verdacht auf Alkohol im Dienst jedoch ohne bereitwillige Zeugen, Pismire wegen wahrscheinlichem Verstoß gegen die Wahrung des Dienstgeheimnisses, Glum aufgrund von wiederholt angetragenem Mobbing... Viele bekannte Namen wanderten durch Braggaschs Hände, doch alle ohne eine wirkliche Straftat - stehts waren es nur Sammlungen von möglichen Vergehen, doch ohne Beweise.
Als der Zwerg die letzte Akte - geplante Lebensmittelvergiftung durch das Kantinenpersonal? - zurück legte, stutzte er.
Egal obs jetz' Ettarg odda Breguyyyar oder sonss'wär warr... Eilig überflog er noch einmal alle Namen - doch tatsächlich: Jener des Bergigers tauchte nirgendwo auf. Braggasch war sich absolut sicher, dass Ettark alleine einen der Aktenschränke füllen musste. Die Stirn des Blonden zog sich hasserfüllt zusammen. Das Agentenbüro zugänglich. Die Akten falsch herum gedreht. Ettarks Vergehen fehlend.
Goldwart knirschte mit den Zähnen. Wenn jemandem so eine Schandtat zuzuschreiben war, dann dem brutalen Informantenkontakter von SEALS. Es war klar - war es nicht? Sebulon war ihm auf der Spur gewesen, Bergig hatte ihn daraufhin beseitigt und war später in dem Büro eingebrochen um seine Akte zu stehlen und somit alle Spuren zu verwischen.
*Nächster Morgen*"Wie geht es dir?"
"Rückenschmerzen."
Der Schlüssel wurde im Schloss gedreht. "Komm raus."
"Und wenn ich mich besaufe?"
Romulus zuckte mit den Schultern. "Das wäre enttäuschend, aber verständlich. Außerdem wurde dir dein erster Platz bei Wächter-die-in-letzter-Zeit-unglaublich-dumme-Dinge-tun aberkannt. Und ich bezweifle, dass du gegen den Momentan an der Spitze Stehenden mit ein bisschen Ruhestörung auf dem Friedhof anstinken kannst."
Noch etwas verschlafen rieb sich Rabbe die Augen. "Hä?"
"Wenn schon, dann bitte: Hä, Sör?" Der Werwolf grinste wölfisch. "Wir haben einen Einbruch in ein Büro und den tätlichen Angriff auf einen Mitwächter. Da kannst du nicht mithalten."
"Wer, Sör?", wollte Schraubenndrehr wissen und ließ einige Wirbel knacken.
Von Grauhaars Gesicht nahm einen bedauernden Ausdruck an. "Korporal Goldwart. Der stellvertretende Abteilungsleiter von FROG. Er ist in Büro 103 eingebrochen, hat dort anscheinend die komplette Einrichtung des Hauptgefreiten Bergig durchsucht, hat ihm aufgelauert und ihn... angefallen, als dieser heute morgen sein Büro betrat. Ettark hat dabei nur einige leichte Kratzer und blaue Flecken davon getragen, bevor er den Korporal bewusstlos geschlagen hat, dennoch war es ein Angriff. Momentan befinden sich beide beim Kommandör. Braggasch behauptet, Ettark habe etwas mit dem Tod Samaxsohns zu schaffen. Der Hauptgefreite streitet ab die Akte entwendet zu haben, bis jetzt können wir nichts Gegenteiliges nachweisen aber es standen offenbar ohnehin nur haltlose Anschuldigungen darin. Gegen den Korporal wird jetzt allerdings ein Verfahren eingeleitet, allerdings gehe ich davon aus, dass er aufgrund eines püschologischen Gutachtens recht glimpflich davon kommen wird."
Rabbe schüttelte langsam den Kopf. "Vollidiot. Also der Zwerg, Sör, 'schuldigung. Warum erzählst du mir das?"
"Oh, einerseits, weil du meiner Meinung nach etwas Aufheiterung vertragen konntest..." Romulus machte eine bedeutsame Pause. "Andererseits, weil auch dein Name gefallen ist. Korporal Goldwart erwähnte, dass du ihn auf die Akten in dem Agentenbüro aufmerksam gemacht hättest, was den Schluss nahe liegt, dass auch du dort eingebrochen bist. Und da dieses Verhalten zu deiner momentanen, grenzwertigen Verfassung passen würde und wir zudem noch einen Schuldigen suchen, der die Absperrung beseitigt hat... Darfst du jetzt mit mir zu den Anderen in das Kommandörsbüro kommen."
Rabbe SchraubenndrehrErhobenen Blickes schritt Rabbe neben ihrem Abteilungsleiter durch den Flur. Langsam fühlte sie sich wieder klar und nüchtern genug um sich den Fragen des Schäffs stellen zu können, aber was sollte sie antworten wenn man sie fragte, was sie in dem Büro gewollt hatte? Immerhin wusste sie in dieser Hinsicht kaum mehr als alle Anderen. "Sag mal hälst du mich eigentlich für völlig bekloppt? Ich bringe doch keinen Wächter um nur weil ich ihn nicht leiden kann, also krieg dich gefäligst endlich ein!", tönte es eben durch die Tür als die RUMler eintraten.
Braggasch, der soeben vom Kommandeur auf seinen Stuhl zurück gestoßen wurde, saß nun wieder mitten im Raum, vor ihm der erzürnte Bergiger der sich eben so lautstark gegen weitere Anschuldigungen verteidigt hatte. An seinen Schreibtisch gelehnt stand nun wieder Araghast Breguyar mit verschränkten Armen und beobachtete das Schaupiel wie ein unbeteiliger Zirkusgast der darauf wartet, dass der Löwe endlich den Dompteur verschlingt, damit er rechtzeitig zur Auspeitschung der Diener daheim ist.
"Aber..."
"Schluss jetzt. Nun da alle hier sind sollte sich diese Sache hoffentlich ganz aufklären", unterbrach der Kommandeur bestimmt. "Obergefreite Schraubenndrehr, Korporal Goldwart hat uns in deiner Abwesenheit erzählt dass er von dir wusste, dass sich die Akte des Hauptgefreiten offen zugänglich im IA-Büro befand, stimmt das?"
Rabbe grummelte etwas unerständliches. "Kann man so sagen...", wiederholte sie dann nochmal deutlicher.
"Und du wusstest das weil?"
Rabbe verdrehte die Augen. "Weil ich zufällig einen Blick in das Büro werfen konnte", knurrte sie dann widerwillig.
"Nun lass dir mal nicht alles aus der Nase ziehen, Obergefreite!" Der Kommandeur schien nun ernsthaft ungeduldig.
"Gnaaah... Bitte, Ich bin in das Büro eingebrochen, hab mich da besoffen und zufällig die Akten bemerkt, zufrieden?" Trotzig reckte sie das Kinn vor. Romulus warf ihr einen warnenden Blick zu.
"Dann wäre dieser Teil zumindest mal geklärt, wärst du nun noch so freundlich uns zu sagen was du in einem Büro gemacht hast das einen Tatort darstellt und verriegelt war? Ganz zu schweigen von der Flasche Alkohol die du,- aus welchen Gründen auch immer,- dort im zertrümmerten Zustand zurück gelassen hast?
Rabbe blinzelte und kämpfte gegen die eben zurückkehrenden Kopfschmerzen. "Äöhm... gesoffen?" Breguyar hätte über diese simple Antwort gelächelt wäre er nicht schon so genervt und die Situation nicht so unglücklich.
"Soviel war uns klar. Würdest du uns auch noch den Grund für dein ach so stilvolles Betrinken an diesem Ort mitteilen?"
"Bedaure, Sör. Den kenne ich selbst nicht. Ich,- Ich war die letzten Tage ein wenig neben mir, Sör, und werde darum auch Urlaub beantragen sobald dies zu Ende ist", sprach Rabbe, stolz über diesen durch ihre Eloquenz ohne jedes Anzeichen des noch immer andauernden Katers herübergebrachten Worte. Braggasch schien hier seine Chance zu wittern, nun da alle Aufmerksamkeit auf der Obergefreiten ruhte. Er versuchte eben wieder aufzustehen, da stieß ihn der Bergiger grinsend auch wieder zurück. Schließlich schien der Kommandeur ja nichts gegen sowas zu haben...
"Aha." Breguyars Gesicht blieb einige Sekunden unbewegt. "Hauptgefreiter Bergig... bestreitest du noch immer, etwas mit dem Verschwinden deiner eigenen Akte zu tun zu haben?" Er warf ihm einen warnenden Blick zu, der klar machte, dass längst nicht jeder ungefragt seinen Stellevertreter schubsen dürfte.
Ettark knirschte kurz mit den Zähnen und wandte den zuvor hämischen Blick vom Korporal ab. Er seufzte theatralisch.
"Ich? Phh... und was wenn? Geschieht denen so oder so recht. Ich weiß, dass der Nachfolger des toten Schnüfflers,-"
Weiter kam der Szenenkenner nicht mehr. Als die Worte 'Nachfolger' und 'Geschieht denen Recht' über seine Lippen kamen, sprang der Zwerg erneut auf, diesmal um einiges plötzlicher. "Warum musstest du ihn, äh, immer nur auf seine Arbeit reduzieren, Bergig?! Der IA eins auswischen? Wenn du und dein äh, Egoäh nicht,-"
"Ruhe, Korporal", unterbrach Bregs erneut. "Und setz dich wieder hin, sonst kneble und fessle ich dich gleich damit du endlich aufhörst dieses Gespräch zu stören." Romulus gab dem Blonden unauffälig einen leichten Schubser so dass dieser nun von selbst wieder auf dem Stuhl landete und verärgert die Lippen aufeinander presste. "Ihr meint also,-", begann Bregs und musterte abwechselnd Rabbe und dann Ettark eindringlich, "dass ihr mit so billigen Aussagen durchkommt? Ettark, da du auf der Liste der Tatverdächtigen was den Mord an dem verstorbenen IA-Agenten angeht ganz oben stehst, werden um dich herum sicher noch weitere Ermittlungen angestellt werden, gleiches gilt für dich, Obergefreite Schraubenndrehr!" Rabbe hielt dem Blick des Kommandeurs trotzig stand, Ettark sah eher überheblich drein. "Obergefreite Schraubenndrehr, was hast du im IA-Büro gewollt? Du kannst schlecht behaupten dass es dir um den Tod des Agenten Leid tat, immerhin hast du deine Abneigung gegen ihn immer recht offen gezeigt, und die Tatsache dass du dir die Akten offensichtlich angesehen hast zeigt dass du dich einer gewissen Kuriosität offenbar nicht erwehren konntest." Der Blick des Kommandeurs schien Rabbe regelrecht zu durchboren, doch sie hielt ihn weiterhin und nickte.
"Sie haben Recht Sir, das kann ich wohl kaum behaupten."
Abwartend blickten die Anderen sie an, doch die Überwäldlerin schien beschlossen zu haben, bis auf weiteres zu schweigen und ihre Strafe stumm abzuwarten. Als der Kommandeur sah dass er aus der Schwarhaarigen wohl in diesem Umfeld nichts mehr herausbekommen würde wandte sich sein Blick erneut dem ungerührten Szenenkenner zu, doch musste er kein Püschologe sein um zu erkennen dass auch dieser Wächter nichts weiter hinzufügen würde. "Also schön... In diesem Fall wird es wohl Zeit diese ganze Sache zu beenden", stellte der Kommandeur in einem Tonfall der irgendwo zwischen resigniert und verärgert schwankte, fest. "Du kannst reinkommen!", rief er dann etwas lauter, und die Tür öffnete sich knarrend als eine in einen dunklen Mantel gehüllte Gestalt eintrat. Bevor sonst noch jemand etwas hätte sagen können, nahm er seine Kapuze ab und ein nur allzu bekanntes, bärtiges Gesicht blickte in eine Mischung aus erleichterten, verärgerten und gelangweilten Gesichtern. "Tja", sprach der Szenekenner nach einem Moment allgemeinen Schweigens. "Das erklärt dann natürlich alles."
Rabbes Gesicht war eingefroren. Braggasch saß erstarrt und konnte nicht fassen was gerade passierte.
“Sirs…“, Der Agent ignorierte den SEALS-Wächter, salutierte und trat dann langsam näher. Er verharrte am Stuhl seines Artgenossen und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Braggasch schluckte trocken.
"Ich entschuldige mich hiermit nochmal in aller Form bei allen Anwesenden für diese Scharade", fuhr Sebulon fort, "Aber Sie war notwendig um bestimmte Ermittlungen anzustellen." Er sah den Kommandeur fragend an.
Bregs musterte den Zwerg mit unverholenem Ärger, grummelte dann etwas unverständliches, und hob die Stimme ein wenig. "Obergefreite, Hauptgefreiter, Korporal ihr könnt erstmal wegtreten, mit euren Vergehen wird sich die ja nun wieder funktionstüchtige IA befassen." Er blickte die eben Genannten abwartend und offenkundig zornig an. Ettark war ohne zu zögern aufgestanden und ohne weiteres Wort Richtung Tür geschlendert, und auch Rabbe bewegte sich zügig Richtung Ausgang. Auf ihrem Gesicht stand deutlich nur ein Gedanke geschrieben: 'Flucht!'
Braggasch hingegen saß noch immer unbewegt auf seinem Platz. Er schien erleichtert, doch sein Blick war starr und er rührte sich nicht. Stumme Tränen liefen über sein Gesicht.
Sebulon sah ihn bedauernd an, zog ihn dann regelrecht von seinem Stuhl herunter. "Lass den Kopf nicht hängen
Tg'w'lim'cha. Ich muss mich jetzt erst noch mit dem Kommandeur besprechen und nachher erkläre ich dir dann warum ich dir nichts sagen konnte, in Ordnung?"
Stumm nickte Braggasch, und weitere Tränen flossen über sein verweintes Gesicht. Ein leises Schluchzen war zu hören bevor der blonde Zwerg zögernd zum Ausgang schlich. Die Tür schloss sich. Stille.
Noch immer flossen Tränen über das Gesicht des Zwergs. Er war glücklich. Ja wirklich. Die letzten Tage waren im Grunde nur ein böser Traum gewesen, Sebulon ging es gut, er war nicht tot, er war in Ordnung und wieder zurück, doch,-
Warum hatte er ihn all dies durchleben lassen? Der Schmerz, die Trauer die unfassbare Verzweiflung die er die letzten Tage durchgemacht hatte... Wozu das alles? Für eine Ermittlung? Warum hatte ihn der Andere nicht vorher informiert, warum hatte er ihm diese Pein nicht erspart?
Er war einen Großteil der Zeit einfach nur an die Wand gelehnt gestanden, nun sank er langsam gen Boden und zog die Knie an.
Warum war er nun so traurig? Er sollte einfach nur glücklich sein, erleichtert... froh. Aber er spürte einen Klumpen in seinem Magen, und der kam nicht vom Kantinenessen.
Knarrend öffnete sich die Tür und ein erschöpft wirkender IA-Agent verließ das Büro des Kommandeurs. Braggasch, noch immer verweint stand zögernd auf und trat auf den Anderen zu. Er konnte noch immer nicht verstehen was genau eigentlich los war, aber als der Ältere ihn beruhigend umarmte schien alles, zumindest für den Moment, einfacher zu werden.
*Eine Stunde später*Nachdem der blonde Zwerg sich etwas beruhigt hatte, waren er und der zurückgekehrte Tote in die Überreste des IA-Büros zurückgekehrt um dort wenigstens partiell die Ordnung wieder herzustellen. Während also langsam das gesamte Wachhaus über die Neuigkeit informiert wurde zerstörten zwei Zwerge mutwillig einen Tatort, in der Hoffnung bald wieder in der Lage zu sein, dort Tee zu trinken.
"Äh.. Also...äh... Warum das alles?", begann Braggasch zögernd, als sie endlich mit ihrem Tee am wieder aufgestellten Schreibtisch saßen. Der IA-Agent sah nachdenklich in seine Tasse.
"Du hast in den vergangenen Monaten miterlebt, dass die Mitglieder der Wache im Großen und Ganzen immer mehr ein Problem mit mir, beziehungsweise vor allem mit der Arbeit der ich nahgehe, haben. Die Sache mit dem Hauptgefreiten Bergig war da nur die Spitze des Eisbergs, es gab Vorfälle ähnlicher Art die zusammen genommen ein alarmierendes Bild über unsere Wache darstellen. Ich kam zu dem Schluss, dass es einen Grund geben muss warum man vor allem in letzter Zeit immer schlechter auf mich zu sprechen ist. Immerhin arbeite ich ja nun seit gut zweieinhalb Jahren bei der IA, aber nie war die allgemeine Abneigung gegen mich höher als jetzt. Daraus musste ich schließen dass etwas in der Wache vorgeht, eine große Sache, von der ich nichts mitbekommen sollte, weshalb ich... von der Bildfläche verschwinden musste. Einfach Urlaub zu nehmen und so zu tun als würde ich wegfahren hätte sicher niemand einfach geglaubt, also mussten die Wächter denken dass ich für immer weg bin... Alle Wächter." Sebulon sah den verletzten Ausruck auf dem Gesicht des Blonden und sah ihn bedauernd an. "Es tut mir ja leid Goldi, aber es musste sein. Wenn ich offiziel tot wäre, und du nicht so reagiert hättest wie du reagiert hast.. Wer hätte es dann geglaubt? Nein. Es musste so sein, nur so konnte ich die Ermittlungen um bestimmte Personen auf korrekte Art durchführen."
Braggasch schluckte trocken und nickte. Diese Erklärung machte durchaus Sinn. Dennoch regte sich Zweifel in ihm... War dies wirklich der einzige Grund gewesen?
Weiter kam der Verleger der Rohrpost mit seinen Gedanken nicht mehr, denn es klopfte zackig an und ohne auf eine Antwort zu warten trat Glum Steinstiefel ein. "So. Du bist also nicht tot ja?", aus seiner Stimme schien kaum deutlich ob er nun mehr verärgert oder erleichtert war. Hinter ihm traten, etwas zögerlicher, die Obergefreiten Menélaos Schmelz und Jargon Schneidgut ein um sich ebenfalls von der Richtigkeit der Gerüchte zu überzeugen, und auch ihre Gesichter zeigte eine Art Ungläubigkeit, - jedoch wirkten sie eher erfreut denn verärgert, während Glum nun langsam weiter in das Terrain der Verwirrung vorzudringen schien.
"Ich meine Ich... Wir... Es... Was war eigentlich los?"
*Auf dem Friedhof*Zutiefst verärgert schlug Rabbe wiederholt mit dem Vorschlaghammer auf das Grab ein. Wie konnte es dieser Zwerg wagen,
nicht tot zu sein? Er hatte sie alle an der Nase herumgeführt, darauf sollte Betrug stehen, daür sollte er angezeigt werden!
Während ihre Muskeln voller Genugtuung den Hammer immer kräftiger führten der den Grabstein langsam zertrümmerte, schien ihr Gehirn die Tatsache, dass sie eigentlich erleichtert war, völlig zu verdrängen. Hier zählte nur eines, und das war der Verrat. Der Verrat dieses Kameradenschweins an seinen Mitwächtern.
Langsam wurden die Brocken immer kleiner, doch ihr Enthusiasmus zum Vandalismus ließ nicht nach. So einfach würde er ihr nicht davon kommen...
*Zurück im Wachhaus*"Du hast eine Schweinehälfte in deine Rüstung gesteckt?", wollte Menélaos zum wiederholten Male wissen.
Sebulon nickte mit dem Anflug eines Lächelns. "Es ist eigentlich recht simpel: Ein paar Organe und das halbe Schwein von einem Metzger, sowie ein großer Hammer zum Zetrümmern und ein zusammenstürzendes, brennendes Lagerhaus, das sowieso abgerissen werden soll. Eine solche Leiche hält den ersten Prüfungen erstaunlich gut stand."
"Also gut." Inzwischen war die Tür wieder geschlossen und alle Anwesenden hatten einen Tee in der Hand, so langsam schienen sich alle mit der Situation abgefunden zu haben, nur Glum wirkte noch ein wenig verstimmt. "Dann... sieh wenigstens zu dass du den Sarg gut lagerst, nächstes Mal zahl ich ihn dir nicht...", grummelte er noch kurz, ab er dann lächelte er. "Obwohl es natürlich schon gut ist, dass du ihn nun eigentlich doch nicht gebraucht hast."
[1] bereitgestellt durch Glum Steinstiefel-Singnichtgut
[2] Verhalten gegenüber Vorgesetzten in der Multi
Folge dem weißen Kaninchen [3] Er hatte viel schlechtes über höher stehende Wächter gehört, hauptsächlich von der Obergefreiten Schraubenndrehr die mit ihm zusammen in der Ausbildung gewesen war
[4] Bezeichnung für jemanden der Zwanghaft so viel arbeitet und wenig schläft das andere vom zusehen einen Würgreiz bekommen (evtl. ändern)
[5] Die unmittelbr darauffolgenden Gedanken sind dagegen in etwa 2742-mal so schnell, und lauten in der Regel ungefähr folgendermaßen:"Oh Scheiße! Wo bin ich? Was ist hier los? Ob ich den Aufprall überlebe wenn ich... Oh Mist das scheiß Ding rollt ja und... Ist das der Palast? Och neeee..." Gefolgt von dem Wunsch es nicht zu überleben, da die Hinrichtungsmethoden des Patriziers oft sehr fantasievoll sind, und manchmal einen Pinsel beinhalten.
[6] Weil immer wieder von selbst nachfüllendem
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