Ein Selbstmord, bei dem viele Fragen offen bleiben. Zu viele. Ruppert und Sebulon beschließen, gemeinsam herauszufinden, was es mit dem Tod von Bob Winkelmann auf sich hat.Um die Geschichte zeitlich so einzuordnen, dass sie zum sich gerade charakterlich wandelnden Ruppert passt, spielt die Geschichte etwa im Februar 2010, als auch die Arbeit an dieser Coop begann.
Dafür vergebene Note: 11
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Sebulon
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Es war eine herrliche Nacht mit nur leichtem Bodennebel. Ruppert ag LochMoloch schlenderte langsam und genüsslich neben Jargon her, der im Gehen ein Buch las.
[1]"Schön ruhig, heute Nacht, nicht wahr?", fragte Ruppert.
"Mhm", machte Jargon.
"Habe selten eine so ruhige Nacht erlebt, seit ich hier wohne", fuhr Ruppert fort.
"Mhm", stimmte Jargon zu.
"Es gibt doch nichts schöneres als eine ruhige Nacht in Ankh-Morpork."
Der Rechtsexperte sah von seinem Buch auf. "Nun übertreibst du."
"Stimmt. Es gibt nicht Schöneres als eine Nacht in Llamedos", sagte der Vektor grinsend. "Aber da du schon einmal von deinem Buch aufgesehen hast, könnten wir uns ja ein bisschen unterhalten. Reden ist ohnehin viel weniger anstrengend als Buchlesen im Laternenschein."
Etwas wehmütig klappte Jargon das Buch zu und steckte es in seine Umhängetasche. "Ach, und worüber?"
"Nun, beispielsweise über ..."
Klirr. "Aaaaaaah!" Knack.
Angewidert verzog der Rechtsexperte das Gesicht.
"Das hätte ich lieber nicht gesehen."
"Er ist aus dem dritten Stock gefallen", sagte er zu Magane, als die Tatortwächterin zusammen mit zwei anderen SUSen eintraf. "Sofort tot. Mehr konnten wir nicht feststellen, ohne hier irgendetwas zu verändern."
"Kanntet ihr ihn?", fragte sie und begann Absperrband zu entrollen.
Ruppert nickte kurz. "Bob." Nach einer Pause fügte er leise hinzu: "Bitte, mit in das Zimmer gehen zu dürfen."
Magane nickte.
Es war kein großes Zimmer - Olga, die gerade mögliche Spuren einsammelte, füllte einen Großteil des Zimmers aus.
Ein Schreibtisch, ein Glas Wasser stand noch darauf; wenige Blätter hier und dort, insgesamt fünf Bücher, ein Stuhl, ein ausklappbares Bett.
Bob war nicht reich, das wusste Ruppert, aber immer ein lebensfroher Mensch gewesen.
Er atmete tief durch und schaltete seinen kriminalistischen Verstand ein.
Durch das Fenster konnte man auf zwei weitere Dächer sehen, die kaum einen Steinwurf entfernt wirkten. Um die Straße zu erwischen, hätte man schon ein wenig zielen müssen.
Das Fenster war zerstört - naheliegend; Bob war ja hindurchgefallen - aber es war auch etwas hoch, um einfach nur vornüber zu kippen, oder?
"Ich würde auf Selbstmord tippen", meinte Olga und faltete die auf dem Schreibtisch liegenden Blätter, um sie in kleinen Tüten zu verstauen.
Der Gedanke an den Toten ließ allen kriminalistischen Sachverstand wieder fahren. "Selbstmord?", fragte Ruppert leise. "Ich kenne niemanden, der so glücklich mit dem Leben war, wie Bob."
Ein Knöllchen landete auf dem Schreibtisch von Sebulon, dem Sohn des Samax.
Er entfaltete und studierte es kurz.
"Wie wär's mit nem winzigen Dankeschön, du stinkender Bartling?", keifte es durch's Rohrsystem.
"Danke, Aaps", sagte Sebulon und stand auf. "Und dir auch noch einen schönen Tag."
Er verließ Raum 209 und klopfte an die Nachbartür.
"Herein."
"Sir, ich hätte eine Frage", sagte Sebulon, schloss die Tür hinter sich und nahm vor dem Schreibtisch des Abteilungsleiters Platz. "Ich habe gerade diesen Auftrag bekommen, einen scheinbaren Selbstmord zu untersuchen."
"Ja. Und deine Frage lautet?"
Sebulon räusperte sich. "Warum ich - als Püschologe?"
"Nun", sagte Romulus und legte den Stift auf das Formular, über dem er gerade gesessen hatte, "erstens wird dir eine überdurchschnittliche Kombinationsgabe nachgesagt. Zweitens kannst du deinen Sinnen noch nicht wieder vollständig vertrauen, also wäre es töricht, dir eine Aufgabe alleine zuzuweisen. Und drittens ist der Wächter, mit dem du zusammenarbeiten wirst, durch seine Gefühle beeinflusst, wodurch es naheliegend ist, ihm einen Püschologen zur Seite zu stellen."
Er machte eine Pause und sah den Zwerg an.
"Es ist egal, ob dieser Bob wirklich ein Selbstmörder war oder ob der Wächter mit seiner Intuition Recht hat, dass das Opfer niemals Selbstmord begangen hätte. Wichtiger ist - zumindest uns Abteilungsleitern -, dass dieser Wächter keinen Zusammenbruch hat. Ich hoffe, du verstehst, was für Ergebnisse ich sehen möchte."
"Ich denke schon, Sir." Sebulon erhob sich und salutierte. "Ich hoffe, ich kann dem gerecht werden."
"Das kannst du, sonst hätte ich jemand anderen gebeten."
Ein verhaltenes Lächeln stahl sich auf das müde Gesicht des Zwergs. "Eine letzte Frage: Wo finde ich diesen Ruppert Moloch?"
Der Püschologe betrat ein kleines Café, über dessen Tür ein Holzschild hing.
Es war gut besucht. Viele Ankh-Morporkianer kehrten hier zur Mittagszeit ein, um eine gute Tasse Kaffee zu genießen.
In der hintersten Ecke des Raumes saß ein Mann mit dunkelroten Haaren und Vollbart. Das musste er wohl sein. Sebulon wagte es nicht, einen raschen Blick unter den Tisch zu werfen um ihn eindeutig ...
[2]"Guten Tag", sagte eine lächelnde Schönheit und sah auf den Zwerg hinab.
"Äh, äh ...", machte Sebulon und ärgerte sich über seine Unprofessionalität.
"Hier ist leider kein Platz mehr", fuhr die junge Frau fort. "Ich muss sie leider bitten, sich ein anderes Café ..."
"Ach, das ist - das ist schon kein Problem", meinte Sebulon, die Satzteile mühsam zusammensuchend. "Ich, - ich setze mich einfach dort hinten zu diesem ... dort an den Tisch. Ja."
Vorsichtig schlängelte sich der Wächter an den Besuchern vorbei, die gemütlich an ihren kleinen Tischen saßen und den Morgen genossen.
"Hmm", machte Ruppert.
"Du musst der Hauptgefreite LochMoloch sein", entgegnete Sebulon und setzte sich. Dann setzte er den Helm ab, um der Hitze Raum zu geben, die sich in ihm aufgebaut hatte.
"Und du bist gerade Kathie begegnet, scheint mir", lächelte der Llamedone. "Aber ich bin gerade nicht im Dienst. Kannst mich also Ruppert nennen. Mit wem habe ich das Vergnügen?"
"Sebulon, Sohn ..."
"... von Samax", beendete Ruppert den Satz. "Du bist Wachegespräch, weißt du das?"
"So?"
Der Vektor beugte sich näher und flüsterte: "Man hält dich für verrückt."
Der Zwerg lächelte schief. "Mich konnte noch keiner vom Gegenteil überzeugen."
Ruppert lachte leise auf, wurde aber schnell wieder ruhig und starrte auf sein Stück Kuchen. "Weißt du, eigentlich hat Olof den besten Kuchen der Stadt", sagte er, "aber heute habe ich einfach keinen Hunger."
"Was hältst du davon, wenn wir einen kleinen Spaziergang machen?", fragte Sebulon.
"Einen Spaziergang?"
"Ehrlich gesagt habe ich auch schon eine Menge von dir gehört - von der Sache mit dem Tempel des Paluksé und von der Geschichte mit den fünftausend Kapuzenträgern. Ich bin neugierig, wer du bist", gab der der Zwerg zu. "Also einfach nur ein Gespräch. Wenn es dir nichts ausmacht, etwas zu plaudern, heißt das. Allerdings ist draußen bestes Spazierwetter."
Etwas in die eigenen Gedanken versunken nickte der Llamedone. "Gut ... ich lasse mir nur eben den Kuchen einpacken", sagte er. "Es wäre wirklich eine Verschwendung."
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Ruppert
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Die beiden Wächter schlenderten durch den Hide-Park. Ruppert sah den Zwerg immer wieder nachdenklich an. Sogar Sebulon bemerkte das nach einer Weile.
"Was ist los? Wartest Du darauf, dass ich anfange zu schreien?"
"Ähm, entschuldige, nein. Es ist nur so, dass ..." Der junge Mann seufzte. "Ach, ich weiss auch nicht. Es ist alles so schwer, weiß du?"
"Meinst du das mit Bob?", fragte der Zwerg mit teilnahmsvoller Stimme.
"Das gehört auch dazu. Weißt du, ich habe das Gefühl, ach, vergiss es am Besten."
Die beiden gingen weiter nebeneinander her und setzten sich an dem See im Park auf einen umgestürzten Baum.
"Junge", begann Sebulon, "ich merke doch, dass dich was bedrückt. Soo blind bin ich nun auch wieder nicht. Wenn du jemanden zum Reden brauchst, dann bin ich da."
Ruppert hatte schon lange das Gefühl mit jemandem reden zu müssen. Ein wenig hatte er mit dem Werwolf, seinem Namensgefährten von Himmelfleck, sprechen können, aber dem traute er nicht recht. Obwohl er ihm wahrscheinlich sogar die richtigen Ratschläge gegeben hatte. Bei Sebulon hatte er das Gefühl, dass er vielleicht eine verrückte Antwort bekäme, dass er ihn aber nicht auslachen würde. Dennoch zögerte er und die beiden saßen schweigend am Ufer.
"Ich ... ich ... ich bin ... war ... obwohl sie doch meine Chefin ... aber jetzt. Ach, das ist alles so dumm gelaufen. Und jetzt will ich gehen."
Sebulon sah ihn überrascht an und stand auf.
"Na gut, wenn du meinst."
"Was? Nein, nicht jetzt."
"Ähm, was ..."
"Nein, ich ... ich meine, ich will von SEALS weg. Nein, ich will nicht, ich muss." Dann war es, als ob der Damm gebrochen war und es sprudelte aus Ruppert heraus. Sein Verliebtsein in Rea Dubiata, wie sie mal sehr nett zu ihm war und dann wieder garstig, herablassend und ungerecht. Die Sache mit dem Selbstmörder vom Mengesee und all die unerfreulichen Geschichten die ihm in den letzten zwei Jahren in der Stadt begegnet waren.
"Sind das eigentlich noch Menschen? Gibt es hier überhaupt so etwas wie Freundlichkeit und Güte? Oder denkt jeder nur an sich und handelt auf Kosten anderer? Und wenn du dann selbst in der Wache noch so behandelt wirst. Und jetzt das mit Bob, von dem alle behaupten, er hätte sich umgebracht. Mann, keiner springt durch ein geschlossenes Fenster, wenn er sich umbringt, aber das war dieser Inös egal. Schnell ein Urteil bei der Hand und Feierabend. So läuft es doch in der Wache."
Sebulon nickte nachdenklich. Von Grauhaar hatte recht gehabt, der Junge brauchte wirklich Hilfe. Er war in allerhand scheußliche Sachen hinein gerutscht und keiner hatte daran gedacht, dass das einen Jungen vom Lande mehr als nur belasten würde. Eigentlich seltsam, dass es nicht deutlich mehr Wächtern so erging. Oder vielleicht verbargen die es nur besser?
"Na, da hast du ja einen ganz schönen Haufen Abraum über dich geschüttet", sagte der Püschologe." Da muss ich selber mal drüber nachdenken. Aber das mit Bob, also ich denke, du hast recht. Das scheint kein Selbstmord gewesen zu sein. Ich schlage vor, dass wir uns um die Ermittlung kümmern, wenn es sonst keinen interessiert?"
"Ähm, ein Vektor und ein Püschologe?"
"Kannst du dir ein besseres Gespann vorstellen?"
Nun musste Ruppert doch lächeln.
Im Wachhaus besorgte sich Sebulon den Untersuchungsbericht von SUSI und in seinem Büro studierten die beiden Männer die Unterlagen. Ruppert nahm überrascht zur Kenntnis, dass Olga-Maria Inös nichts von einem Selbstmord in ihren Bericht geschrieben hatte. Stattdessen sprach sie von "merkwürdigen Umständen, die ein Fremdverschulden nahelegen, auch wenn keine Spur eines Täters zu finden war".
Der Zwerg sagte nur: "Aha!", aber Ruppert wurde trotzdem rot.
"Naja. ich dachte, weil sie das doch so gesagt hat", versuchte er sich zu verteidigen.
Der Korporal sagte weiter nichts dazu, war aber froh, dass Ruppert einen kleinen Dämpfer für seine vorschnellen Urteile bekommen hatte.
"Gut, dann lass uns einfach mal ein bisschen herumschnüffeln."
"Wir standen dort, als er plötzlich fiel."
"Und hier ist er gelandet." Sebulon sah auf den verwischen Kreideumriß auf dem Gehweg auf der anderen Straßenseite. "Er muss ganz schön Schwung gehabt haben, wenn er so weit geflogen ist. Im Bericht steht, dass er mit dem Kopf hin zu dieser Hauswand lag. Er ist auf dem Rücken gelandet. Hmm ..."
"Also wurde er mit dem Rücken voraus aus dem Fenster gestoßen, mit viel Wucht."
"Nicht unbedingt, Ruppert. Also, das mit viel Wucht wird stimmen. Aber vielleicht hat er sich im Fallen gedreht."
"Nein, glaub' ich nicht. Die Straße ist hier fast zehn Meter breit. Das Fenster liegt etwa zehn Meter über der Straße. Das bedeutet ein Schlag von ungeheurer Wucht. Ich glaube nicht, dass er dabei ins Trudeln kam. Dumm, dass es keine Augenzeugen gab. Jargon und ich haben nur gesehen, dass er uns vor die Füße gefallen ist. Außerdem steht im Bericht, dass sein Hemd ..."
"... viele Glassplitter und Schnitte im Rücken hat. Stimmt, das habe ich vergessen."
"Also eindeutig kein Selbstmord."
"Nein, das können wir wohl ausschließen."
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Sebulon
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"Hallo, Rekrut", grüßte Sebulon einen alten Bekannten.
"Tatsächlich bin ich jetzt Gefreiter, Herr Samaxsohn", erwiderte Jakob Fluss und lächelte über einen großen Stapel Akten hinweg. "Sie sind Herr LochMoloch, nicht wahr?", fuhr er, an den Llamedonen gerichtet, fort.
Der Angesprochene streckte lächelnd die Hand aus. "Du bist Jakob Fluss, vermute ich."
"Wir hatten noch nicht die Ehre", erwiderte der Gefreite. Er klopfte seine Hände ab, wodurch eine massive Staubwolke freigesetzt wurde, und schüttelte dann die Hand des Hauptgefreiten. Dessen Uniform musternd, lächelte er. "Ein Vektor, hmm?"
Sebulon räusperte sich. "Wir sind hier wegen Fall ...", er sah auf seine Notizen, "17-b-09-pqx-lila. Wer vergibt eigentlich diese dämlichen Aktennummern?"
"SUSI, wenn ich mich nicht irre", sagte Ruppert.
Jakob dachte kurz nach, dann tippte er auf den Stapel direkt vor sich. "Etwa fünf Finger tief. Steht nicht sonderlich viel drin - warum schaut ihr so? Ich hab die hier schon gelesen, aber mir war langweilig, also lese ich sie noch einmal. Man erfährt dabei so einiges über die Menschen, wisst ihr ...?"
Mit flinken Fingern ließ Sebulon die Akten durch seine Hände rauschen, zog an einem eher unscheinbaren Ordner und nickte beeindruckt. "Danke, Gefreiter ..."
"Fluss, Sir. Jakob Fluss."
"Ich sollte mir deinen Namen merken. Du bist vielversprechend."
Jakob zwinkerte dem im gehen begriffenen Vektor zu. "Das sagt er jedesmal."
Zwei Wächter nahmen sich einen Platz bei Olof und bestellten Kaffee und Kakao.
Dann zogen sie die Akte 17-b-09-pqx-lila aus der Tasche und schlugen sie auf. Wie nicht anders zu erwarten war, hatte die Abteilung säuberlich aufgelistet, was sich im Raum befunden hatte und wo überall Spuren waren. Eingetütete potentielle Beweismittel waren mit Fundzeichen versehen und eingelagert worden.
"Keine besonderen Fingerabdrücke", schloss der Püschologe, "von Wurfmaschinen ganz zu schweigen. Hmm. Nur dieser Bob und seine Haushälterin."
"Bob hatte eine Haushälterin?", fragte Ruppert irritiert. "Hab ich nichts von gehört."
Sebulon zuckte mit den Schultern. "Hier ist eine Adresse angegeben: Eine Frau Wippelsbach in des Königs Daunen. Bestimmt war jemand da und hat sie verhört. Aber jetzt hör erstmal auf, dir einen Kopf zu machen und lass uns in Ruhe etwas trinken. Geht auf mich."
Wie die Wohnstätte einer einfachen Haushaltshilfe sah das Anwesen von Wippelsbach in des Königs Daunen nicht aus. Bei so vielen Erkern, Säulen, Fenstern und kleinen hässlichen Steinfigurinen, die überall am Haus auftauchten und einem Grimassen schnitten, konnte man eigentlich nur an Adelige denken.
"So habe ich mir das nicht vorgestellt", murmelte Ruppert verwundert, als sie die richtige Hausnummer gefunden hatten. Er musterte die Vorhänge.
"Dunkelblau", bemerkte Sebulon. "Sehr verdächtig."
Der Vektor blinzelte. Ihm war nicht klar, weshalb Vorhänge verdächtig sein könnten. Allerdings verkniff er sich die Nachfrage, da die Vorhänge nicht in blau sondern in altrosa gehalten waren.
Zögerlich schritt er die sieben Stufen bis zur Tür hinauf und legte die Hand auf den muschelformigen Türklopfer. Er atmete durch. Dann klopfte er.
"Fofort!", rief es von innen. Es rumpelte. Schließlich öffnete sich die Tür knarrzend und ächzend. Ein Igor mit streng zurückgekämmten schwarzen Haaren lächelte die beiden Wächter auf die typische Überwald-Art an. "Förf? Wie kann ich fu Dienften fein?"
Routinemäßig zogen Zwerg und Mensch die Wachemarke. "Mordkommission", fügte Sebulon hinzu, was den Vektor kurz stutzen ließ. "Dürfen wir reinkommen?"
"Oh, aber, Förf, ich habe nichtf getan! Und ich war auf Reifen, alf der Meifter Fymander von Greyfenbyrg, Feramif
[3] hab ihn felig, verfied!"
"Ficher - äh, sicher", brummte Ruppert desinteressiert. "Es geht auch nicht um dich, sondern um die gnädige", er schielte auf seinen Notizzettel, "Frau von Wippelsbach. Ist sie daheim?"
Der Igor entspannte sich deutlich und schüttelte den Kopf. "Die gnädige Meifterin ift unterwegf."
"Gut." Mit Entschiedenheit schob sich Ruppert am Diener vorbei in das Anwesen hinein.
"Aber Fie ... Fie können doch nicht fo einfach ...", hauchte der überrumpelte Igor.
"Doch, ich denke schon", sagte Sebulon lächelnd und folgte gelassen seinem Kollegen.
Rupperts Blick streifte von rechts nach links, als würde er etwas suchen. Dann entschied er sich für eine der vielen Türen und betrat einen reichlich warmen, eher sorglos eingerichteten Empfangsraum, der so wirkte, als hätte man hier einen Großvorrat an Stoffen zwischenlagern und notgedrungen den einen oder anderen Vorhang schneidern müssen. Manches passte zwar optisch zusammen, befand sich jedoch im Raum an völlig verschiedenen Ecken.
"Förf, Förf, ...", ereiferte sich der Igor und stellte sich mit flehendlichem Blick den beiden Wächtern in den Weg. "Fo leid ef mir tut - und daf tut ef mir tatfächlich -, ich kann fie nicht fo einfach durch daf Anwefen ftreunen laffen, Förf, ..."
"Das musst du auch nicht, guter ... Mann", sagte Ruppert lächelnd. "Wir werden uns einfach hierher setzen und warten. Bei einer Tasse Tee. Man erwartet uns nämlich. Weshalb sollten wir auch im Haus herumstreunen? Das wäre ja gesetzeswidrig."
"Fo? Mag fein." Verwundert starrte der Igor die beiden Neuankömmlinge an. "Warum hat ef niemand für nötig erachtet, mich fu informieren, daff fich Befuch angekündigt hat?"
"Zwei, vielen Dank", fügte Sebulon den Igor ignorierend hinzu, "Für mich ohne Zucker." Er setzte sich auf das Ecksofa und holte seinen Notizblock heraus.
Die Routine brach durch die Schale der Verzweiflung. "Fwei Taffen, fehr wohl. Kommt fofort. Auch einen Kekf?"
Einmütig schüttelten die Wächter ihre Köpfe. Kurz darauf war der Igor verschwunden.
Der Püschologe blickte den Vektor an. "Das war nicht ganz dein typischer Stil, oder?"
"Es ist auch nicht mein typischer Stil, mich in einem Haus umzusehen, wenn ich keine Erlaubnis dazu habe", brummte Ruppert und stand auf. "Ist dir aufgefallen, wie selbstgefällig sich dieser schleimige ..."
"Igor", schlug Sebulon vor und stand ebenfalls auf. "Du wirst dich nicht umsehen."
"Werde ich nicht?"
"Wirst du nicht. Ich gebe dir drei Gründe. Erstens ist das tatsächlich illegal, wenn wir keinen Durchsuchungsbefehl haben", er hielt kurz Inne, um das Augenverdrehen seines jungen Kollegen abzuwarten, doch er wartete vergeblich, "Zweitens wird sich hier kein Mordwaffe und noch weniger eine Wurfapparatur finden lassen, denn nach dem Aussehen dieses Anwesens hat seine Herrin im Fall einer polizeilichen Inspektion einen Ruf zu verlieren. Und drittens brauchen wir nicht nach verdächtigem Werkzeug suchen, denn dieser Diener ist ein Igor ..."
"Du haft gerufen, Herr?", fragte der Hausdiener und trat lautlos mit zwei Tassen Tee durch die Tür.
Sebulon unterdrückte den Impuls zu kreischen. Stattdessen erwiderte er gequält: "Nein, habe ich nicht."
Mit gespielter Gleichgültigkeit setzten sich die Wächter und nahmen den Tee entgegen.
Etwa eine Stunde später, mit dem Igor in höflicher Plauderei über die Vergangenheit des Anwesens verbracht; über die aktuelle Forschungslage der Chirurgie und über das viel zu sonnige Wetter im Allgemeinen, traf die Herrin des Hauses ein. Sie empfing die beiden Wächter mit offenen Armen und genug Tüll, um einen Elefanten einzuwickeln.
"Wächter!", säuselte sie, "In meinem bescheidenen Haus! Welch eine Ehre! Setzt euch doch!"
'Sie übersieht das Offensichtliche', flüsterte Ruppert, 'und zwar, dass ihr Haus nicht bescheiden ist und wir schon sitzen.'
Sebulon warf einen kritischen Blick zum Igor, doch dieser hatte entweder keine sensiblen Ohren vererbt bekommen oder seine Höflichkeit hemmte ihn an einer Reaktion auf den Seitenhieb; er gab sich ganz seiner Herrin hin, die sich mit damenhafter Gelassenheit von einigen Quadratmetern Kleidung befreite. Wenn er sich aber dermaßen gut verstellen konnte, ...
Nach und nach verschwand der leise ächzende Diener unter unzähligen Stoffschichten. Als sie mit ihrem Äußeren halbwegs zufrieden war, sagte sie: "Ambigorius, bring das in die Garderobe", und Kleidung samt Igor verschwanden, ein untertäniges "Ja, Meifterin" wispernd.
Nun wandte sich die Hausherrin erstmals mit ihrer vollen Aufmerksamkeit den beiden Gästen zu. Ihre Haut hatte einen hellen Teint und ohne Mäntel, Schals und Überwürfe wirkte sie in ihrem schlichten Ausgehkleid äußerst zerbrechlich. Ruppert staunte, wie dieser schmächtige Mensch all das gleichzeitig stemmen konnte - falls sie kein Vampir war.
"Ich entschuldige mich für Ambigorius", sagte sie lächelnd, als sie sich setzte. Sie zog sehr undamenhaft einen Schuh aus und massierte sich den Fuß. "Es war ein langer Tag und er hat bestimmt überreagiert. Er hat doch keine Umstände gemacht?"
"Ach was", sagte Ruppert beschwichtigend. Sebulon fügte, nach einem kritisch-überprüfenden Seitenblick auf den Tisch, hinzu: "Der Tee ist ganz vorzüglich."
"Das freut mich", entgegnete Frau von Wippelsbach und drehte sich zur Tür. "Ambigorius! Einen Tee für mich, bitte, und kümmere dich um die Eingangstür! Sie quietscht!"
"Äh ...", machte Sebulon auf Goldwart'sche Weise.
"Muff daf fein, Meifterin?", kam es gequält zurück.
"Gnädige Frau, ein Igor ohne quietschende Tür gehört sich nicht", startete der Zwerg seinen zweiten Anlauf. Mordverdächtiger hin oder her: er hatte Mitleid mit dem Diener.
"So? Na dann ... Ja, der Tee muss sein! ... Ich habe den guten Ambigorius erst seit einer Woche. Er war ein Geschenk von meinem Onkel Zymander aus Sto Lat. Gewissermaßen. Aber irgendwie habe ich den Dreh noch nicht raus, wie man ihn ... gesellschaftsfähig bekommt, wenn ihr versteht, was ich meine. Wenigstens gewöhnt er sich langsam an den Namen. Jeder Diener braucht einen Namen. Ich meine, er kann doch nicht wie alle anderen Igors auch Igor heißen, oder?"
"Wir sind wegen einem Mord hier, Frau von Wippelsbach", wechselte Ruppert das Thema, der das Gefühl hatte, schon viel zu lange auf diesem Sofa zu warten.
Die Angesprochene straffte ihre Gestalt und nickte. "Es geht also um Bob, nicht wahr?"
"Ja", sagte der Zwerg. Er kratzte sich am bärtigen Kinn. "Es tut mir leid, dass wir Sie deshalb noch einmal belästigen ..."
"Noch einmal?", fragte Frau von Wippelsbach verwundert.
Die Blicke der Wächter trafen einander.
Auf dem Tisch von Jack Narrator landete ein Knöllchen. "Höllenbrut und Sumpfgezücht", keifte es aus dem Rohr. "Das hier hat mir den ganzen Tag das Rohr verstopft. Sach' dem Grauhaar, beim nächsten Mal soll er einen Zettel nehmen, der nicht so groß ist!" Dann verschwand Aaps.
Leider wurde seine Bitte nicht erhört. Das Büro war leer und verschlossen. Jack Narrator hatte Urlaub.
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Ruppert
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"Nun, es hat dich doch bestimmt schon ein Kollege befragt, Frau von Wippelsbach", stellte Ruppert unsicher fest.
"Aber nein, bis jetzt war noch niemand hier. Was mich etwas verwundert hat."
Sebulon und Ruppert sahen sich an, dann fragte der Püschologe: "Es scheint dich nicht zu erstaunen, dass wir von Mord reden."
"Was sollte es denn sonst gewesen sein? Etwa Selbstmord? Bob? Ich bitte euch! Ein Unfall? Wohl kaum."
"Warum schließt du einen Unfall aus?", wollte Ruppert wissen.
"Nun, weil, ich meine ..." Sie hielt inne und sah die beiden Wächter an. "Ich muss ein Geständnis ablegen." Sie unterbrach sich und wurde rot. "Nein, nicht, das was ihr jetzt denkt!" Dann schwieg sie.
Der Igor erschien mit einer Tasse Tee und einer kleinen Schale Kekse, die er auf einen zierlichen Tisch stellte. "Wie kann ich fonft fu Dienften fein, Meifterin?"
"Danke, Ambigorius. Wenn du sonst nichts zu tun hast, dann darfst du in den Keller gehen und die Spinnen weiter dressieren."
Der Diener verschwand lautlos. Er wirkte nicht traurig, dass er die Gesellschaft verlassen konnte.
"Warum erzählst du nicht einfach wie du Bob kennen gelernt hast und warum du ihm den Haushalt geführt hast." In Rupperts Stimme schwang ein zweifelnder Unterton mit, der auch der Hausherrin nicht verborgen blieb. Sie seufzte.
"Ich habe Bob vor etwa einem halben Jahr kennen gelernt. Es war Zufall. Ein nicht lizensierter junger Dieb hatte meine Handtasche gestohlen und war in Bob hineingelaufen. Der hat ihm ein paar Ohrfeigen verpasst und mir die Tasche zurück gegeben. Ich habe ihn zum Essen eingeladen. Er war, wie soll ich das sagen, ohne dass ihr mich falsch versteht?", sie dachte kurz nach. "Freundlich ungehobelt, möchte ich ihn beschreiben. Und er hatte so etwas unglaublich herzliches an sich. Und gleichzeitig auch etwas ... hilfloses."
Ruppert nickte, diese Beschreibung von Bob konnte er bestätigen.
"Er wollte mich nach Hause bringen, aber ich habe das abgelehnt. Habe gesagt, dass ich nicht weit weg wohne und dass ich ganz schnell zu Hause wäre. Dann haben wir uns voneinander verabschiedet."
Sebulon bemerkte, dass ihre Beherrschtheit Risse bekam. Sie wurde unruhig und in ihrem Gesicht spiegelten sich unterschiedliche Gefühle. Ihre Hand zitterte, als sie die Teetasse anhob. Der Püschologe betrachtete diesen Wechsel des Verhaltens sehr professionell. In einem Verhör, so wusste er, würde jetzt bald ein Geständnis entlockt werden. Ruppert bemerkte es ebenfalls, aber er spürte Mitgefühl, denn er begann zu ahnen wie die Geschichte weiterging.
"Ich ... ich bin ihm nachgegangen. Wollte wissen, wo er wohnt. Und am nächsten Tag, am nächsten Tag, da ... da habe ich vor seiner Haustür gewartet, bis er herauskam, und so getan, als wäre es Zufall." Sie lächelte bei dieser Erinnerung und gleichzeitig liefen ihr Tränen über die Wangen. "Diesmal hat er mich eingeladen, wir sind im Apothekergarten spazieren gegangen, haben zusammen auf einer Bank eine klatschianische Pizza gegessen, die erste, die ich je gegessen habe. Er war so faszinierend, so ganz anders als die anderen Männer, die ich kennen gelernt habe. Ich wollte ihn besser kennen lernen, wollte über seine Witze lachen, die meine Eltern für unfein gehalten hätten, wollte mehr von seiner ... ungehobeltem ... Liebenswürdigkeit haben." Jetzt weinte sie offen und versuchte nicht mehr es zu unterdrücken. "Und ich konnte ihm doch nicht sagen, wer ich wirklich bin."
"Also habt ihr euch ineinander verliebt", schloss Ruppert.
"Nein! Ja, ach ich weiß es nicht. Er war so anders als ich. Ich hätte nie so leben können wie er und er nicht wie ich, das wäre doch niemals gutgegangen. Aber durch ihn konnte ich endlich einmal leben. " Und sie schloss leise: "Und, ja, auch lieben."
"Und wie ging es dann weiter?", fragte Ruppert leise.
Sie zuckte mit den Schultern. "Wie soll es schon weiter gegangen sein? Wir haben uns öfter getroffen und irgendwann ..." Sie schwieg und wurde rot. "Damit die Leute nicht reden, hat er gesagt, dass ich seine Haushälterin wäre. Dabei habe ich gar keine Ahnung davon. Das hat er auch bemerkt, aber er fand es lustig."
Sebulon überlegte und fragte dann: "Was meinst du damit, dass er nicht so hätte leben können wie du?"
Frau von Wippelsbach dachte nach und sagte dann langsam: "Ich denke, Bob war ein lieber Kerl, aber er war auch aus der Unterschicht. Er hat in den Tag hinein gelebt. Wenn er mal Geld hatte, dann wurde es schnell wieder ausgegeben und leider oft für Alkohol. Viel Geld, und ich habe viel Geld, hätte ihn ... kaputt gemacht. Außerdem, ich meine ..." Sie schwieg wieder und wurde rot. Dann atmete sie tief durch "Am Anfang haben wir uns noch fast jeden Tag getroffen, aber in den letzten Wochen seltener. Ich .. wir ... es war nie eine dauerhafte Verbindung geplant. Von uns beiden nicht. Außerdem wollte ich nicht das Gefühl haben ihn zu kaufen. Und immerhin bin ich verlobt." Sie wurde wieder rot und Ruppert war sehr verwundert, dass sie das alles so offen erzählte.
Sebulon war über diese lockere Erwähnung ihrer Verlobung zwergisch sehr verstimmt, andererseits bemerkte er ein gewisses Gefühl von ... Nein, er würde das nicht zulassen! Dienst war Dienst! Statt dessen räusperte er sich.
Ruppert und Frau von Wippelsbach sahen ihn fragend an.
"Ähm, ich vermute, dass dein Verlobter nichts von diesem Verhältnis wusste."
"Nein, natürlich nicht. Er lebt in Sto Lat und kommt nur gelegentlich vorbei." Ihre Stimme klang hart und abweisend. Ruppert horchte auf.
"Entschuldige, wenn ich da einhake, aber mir scheint, dass du deinen Verlobten nicht sehr magst."
Sie schnaubte empört auf. "Nicht sehr mögen? Er ist ein Gauner, ein übler Geschäftemacher, der es nur auf mein Erbe abgesehen hat. Und mein Erbe, das meines verstobenen Onkels, ist unseligerweise an eine Hochzeit mit Gryphon Heraldis geknüpft. Er hat Onkel Zymander irgendwie überredet das in sein Testament zu schreiben. Ohne diese Heirat geht das ganze Vermögen an die
Vereinigung humorvoller wenn auch reichlich abstruser Schriftsteller."
"So, das ist ... und warum schließt du einen Unfall aus?", wollte Sebulon wissen.
Sie sah ihn an und schüttelte traurig den Kopf. "Bob hatte eine kleine Macke. Er saß oder stand nie mit dem Rücken zum Fenster. Er meinte, das würde Unglück bringen. Auch wenn wir essen gingen, setzte er sich immer so, dass er nicht mit dem Rücken zur Tür oder zu einem Fenster saß."
Die beiden Wächter sahen sich bedeutungsvoll an und Sebulon wies mit dem Kinn
[5] zur Tür.
Ruppert nickte und stand auf. "Vielen Dank für die Auskunft und den sehr guten Tee. Wenn wir noch weitere Fragen haben, dürfen wir bestimmt noch einmal vorbeischauen?"
Aus die Dame des Hauses und Sebulon standen auf.
Sie nickte. "Ja, natürlich stehe ich euch zur Verfügung. Habt ihr schon eine Spur? Wisst ihr schon wer es gewesen sein könnte?"
"Nein, tut mir Leid, aber wir stehen noch am Beginn der Ermittlungen."
Die beiden verabschiedeten sich. Igor, der wie hingezaubert die Tür aufhielt sah ihnen nach, murmelte etwas von "Läftige Burffen" und schloß die Tür, nachdem er sich vergewissert hatte, dass die beiden Wächter das Grundstück verlassen hatten.
Später saßen sie in Sebulons Büro am Pseudopolisplatz. Ruppert fühlte sich etwas bedrückt in dem düsteren, höhlenartigen Raum. Ihm fehlte das Tageslicht, das immerhin ein wenig in sein eigenes Büro fiel und auch die fehlenden Geräusche aus dem Flur machten ihn unruhig. Irgendwie fühlte er sich wie in eine andere Welt versetzt.
"Das war doch ein interessantes Gespräch", sagte der Püschologe bedeutsam.
"Oh ja, das kann man wohl sagen. Sie hat uns ja eine ganze Menge Spuren geliefert. Und einen Hinweis auf einen eventuellen weiteren Mord." Ruppert seufzte. "Und nicht zuletzt ist sie natürlich eine der Verdächtigen."
Sebulon nickte. "Eine, die für meinen Geschmack zu viele Details über einen Mord weiß, an dem sie nicht beteiligt gewesen sein will. Stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Ich denke, wenn ich bei Grauhaar nachfrage, dann wird er uns den Fall gerne überlassen. Die haben ohnehin zu wenige Ermittler zur Zeit. Ich glaube, er wird froh sein, wenn wir uns drum kümmern. Er soll das auch mit deiner Chefin klären. Ich meine, wenn du Interesse hast."
"Natürlich habe ich das. Ist vielleicht auch ganz gut, wenn ich mal was anderes ausprobiere. Bei RUM fehlen Ermittler, sagst du? Interessant wäre das schon. Also gut, wenn Rea nichts dagegen hat ..." Er nickte kräftig. "Dann also weiter."
"Schön, Ruppert, lass uns mal überlegen wer als Mörder Infrage kommt. Da ist zuerst seine Geliebte, Frau von Wippelsbach. Hat er herausgefunden wer sie ist? Will sie ihn loswerden? Und natürlich ihr Verlobter, der einen Nebenbuhler ausschalten will. Ohne die Heirat kommt er an das Erbe auch nicht ran."
Ruppert übernahm. "Dann haben wir diesen Igor, der uns nebenbei zu verstehen gab, dass am Tod des Onkels etwas nicht in Ordnung war. Und nicht zuletzt der Hinweis auf Bobs Verhalten was Fenster angeht. So reagiert jemand, der Angst hat, dass man ihn in den Rücken schießt. Also eine Spur weg von Frau von Wippelsbach."
"Was hältst du von ihr?"
"Von der Spur?"
"Nein, von der Wippelsbach."
Ruppert sah in eine Kerzenflamme und dachte nach. "Irgendwie zwiespältig. Einerseits lässt sie sich auf eine Affäre mit einem, wie sie meint, Mann aus der Unterschicht ein. Sie scheint ihn wirklich geliebt zu haben, aber sie war auch nicht bereit einen Schritt weiter zu gehen, um bei ihm zu bleiben. Ihre gesellschaftliche und finanzielle Stellung war ihr wichtiger, auch wenn sie dafür diesen anderen Typen heiraten muß. Andererseits ist sie selbstbewußt und lässt sich bestimmt nicht leicht unterkriegen ... Also gut, schicken wir eine Nachricht an die Wache von Sto Lat um etwas über den Verlobten und den Onkel zu erfahren. Machst du das bitte? Am besten über die Klacker, dann geht es schneller. Mache bei Zwiebel Druck, dann geht das vielleicht durch. Außerdem werde ich werde mal versuchen, mehr über Bob herauszufinden. Und über die Wippelsbachs im Allgemeinen."
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Sebulon
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Nachdem er knapp mit dem Abteilungsleiter gesprochen und dessen Unterstützung zugesichert bekommen hatte, betrat Sebulon wieder sein Büro, wandte sich zum Schrank links der Tür, kniete sich hin und zog die unterste Schublade heraus.
"Es gibt zwei Möglichkeiten, wie jemand so weit 'fallen' kann", sagte er zu sich selbst und zog ein großes Blatt heraus. "Nur womit beginnen? Stoß oder Wurf ...?"
In wenigen Schritten war er zurück beim Schreibtisch, stellte sich für einen besseren Überblick auf seinen Stuhl, und breitete das leicht gräuliche Papier vor sich aus.
"Nehmen wir an, es war eine Maschine ..."
Ruppert klopfte an der Tür neben Bob's Wohnung. Er hatte im Vorbeigehen noch einmal in Bobs Akte nachgesehen, ob jemand die Nachbarn befragt hatte. Nichts war dazu dokumentiert.
Innerlich brodelnd über die Methoden seiner Kollegen klopfte er noch einmal an und sagte deutlich hörbar: "Hier ist die Stadtwache. Bitte aufmachen!"
Kurz darauf scharrte es über den Boden in der Wohnung und ein Spalt öffnete sich, breit genug, um einem alten Mann den Blick auf den jungen Wächter zu gestatten.
"Guten Tag, mein Name ist ag LochMoloch. Ich ..."
"Kümmert mich nicht", krächzte der Mann. "Verschwinde, Bursche."
Hoffnungsvoll machte LochMoloch einen halben Schritt auf die Tür zu. "Wenn ich bitte kurz reinkommen ..."
"Nein, darfst du nicht. Und wenn du nichts hast, was dringend genug ist, um mich zu stören, dann zisch ab!"
"Es geht um den Mord an deinem Nachbarn, Bob Winkelmann."
"Hmpf", machte der Alte und musterte den Wächter. Es war deutlich zu bemerken, dass er nicht wusste, was er von dem jungen Mann im Rock halten sollte.
"Du bist ... Herr Münze, nicht wahr?", las Ruppert den Namen auf dem Klingelschild vor. "Kanntest du Bob?"
Eine Pause folgte, in der vermutlich intensiv nachgedacht wurde. Dann raunte der Alte: "Na gut, komm rein, aber nur kurz."
Der Zwerg brummte unzufrieden. Dann setzte er seinen Helm ab und kratzte sich am Kopf, der schon die ersten grauen Haare aufwies. Er brauchte keine zweite Meinung einzuholen, die Lage war diamantklar:
Keine Maschine, die einen ausgewachsenen Mann so weit schleudern konnte, passte in den winzigen Raum hinein, ohne andere Einrichtungsgegenstände zu beschädigen. Dann hätte SuSi sich aber über Kratzspuren oder dergleichen beklagt. Einmal ganz davon abgesehen, dass es bei einer solchen Maschine sinnvoll gewesen wäre, wenn Bob beim Auslösen bereits leblos auf der gespannten Apparatur gelegen hätte.
Seine Augen schweiften über die verschiedenen Konstruktionsskizzen. "Aber was, wenn ..." Mit flinken Bewegungen fügte er noch eine weitere Zeichnung hinzu. "Nein, auch mit einer kleinen kombinierten Federzug-Apparatur reicht die Beschleunigung nicht aus."
Zum wiederholten Male sah er auf die Formel herab: Bei einer Tiefe von zehn Metern, war der Körper knappe anderthalb Sekunden im freien Fall gewesen. "Wäre Bob geradeaus gelaufen, hätte er gehörig Anlauf nehmen müssen", brummte Sebulon. "Dabei wäre er etwa so schnell abgesprungen, wie ein Zweispanner in der Stadt trabt." Die Erinnerung an den Bericht von LochMoloch und Schneidgut schoss ihm durch den Kopf. "Schnell wie ein Zweispanner - und das rückwärts."
Seine Finger folgten den Buchstaben der Formeln hin und her.
"Aber wenn die Kraft zu groß für einen Stoß ist, und der Platz nicht für eine gute Wurfausrüstung reicht", raunte er, setzte seinen Helm wieder auf und ging zur Tür, "dann war es eine überaus kompakte Apparatur oder ein übermenschlich starker Stoß."
"Er hatte ein echtes Problem, der Winkelmann, das sag ich dir, Bursche. Hat viel Alkohol getrunken, viel zu viel. Hab ihn eigentlich nie ohne seinen Flachmann gesehen."
"Hast du jemals seine Haushälterin gesehen, Herr Münze?"
"Haushälterin?"
"Ja. Sie ist etwa so groß, wie ich ..."
"Weiblich?"
Ruppert musste unwillkürlich grinsen. "Eindeutig weiblich."
"Nein, nie", brummte der Alte und zog die Mundwinkel noch ein wenig weiter hinunter. "Jetzt weiß ich aber, woher ich dich kenne, Bursche." Er ging zur Tür und öffnete sie. "Raus."
"Aber ..."
"Ich möchte nichts mit deinen Eifersüchteleien zu tun haben, Junge."
Sebulon klopfte an der Tür der Familie Zwiebel. Vom Dach her hörte man gedämpft etwas klackern.
Schritte näherten sich der Tür und ein weiblicher Wirbelwind Anfang fünfzig mit braunen Haaren und rosigen Wangen öffnete die Tür. "Ja, Bitte ...?"
"Hallo, Frau Zwiebel", erwiderte der Püschologe unsicher und schüttelte ihr die Hand. "Mein Name ist Sebulon. Ich ... ich würde gerne mit Kannichgut sprechen."
"Natürlich", lächelte sie mütterlich. "Ich habe ihn aber seit Donnerstag noch nicht gesehen. Vielleicht ist er gar nicht im Haus? Warten Sie, ich rufe ihn eben.
Kannich, hier ist Freund von d...!"
"Nicht nötig", unterbrach sie der Wächter, als das Klackern stoppte und eine betretene Stille im oberen Stockwerk eintrat. "Er ist ganz bestimmt da. Darf ich reinkommen?"
"Sicher." Sie hielt Samaxsohn, der schon im Begriff war zu gehen, am Arm fest. "Wenn es möglich ist", flüsterte sie, "hol ihn einmal vom Dachboden fort. Ich möchte sein Zimmer und die Ratterkiste einmal sauber machen, ohne dass ..."
Verwundert nickte der Wächter und machte sich an die Bezwingung der steilen Treppe zum Reich des Kommunikationsexperten.
"Also Bob, der war immer nett zu uns", kicherte Milli Pfahl und spielte mit ihrem Zopf. "In der letzten Zeit sah er aber nicht mehr so glücklich aus."
"Tatsächlich?", fragte Ruppert überrascht. Er saß mit der kleinen Milli auf der Treppe, wo sie zum Spaß von Zeit zu Zeit kleine Kastanien hinabhüpfen ließ. "Kannst du dir denken, woran das lag?"
"Nöööö", seufzte sie. "Sowas weiß ich nicht. Aber früher ist er nicht so komisch gelaufen."
"Komisch? Wie meinst du das?"
"Na so ... seitlich."
Dem Vektor dämmerte es. "Mit dem Rücken zur Wand?"
Milli nickte. "Und er hat sich ganz viel umge..."
"
AAAAaaaah!", rief eine Frau im Treppenhaus, dann rummste es recht heftig.
"Ich muss weg", flüsterte das Mädchen erschrocken und war im Nu in die nächste Etage geflitzt.
"Vielen Dank, dass du mir geholfen hast, den Einkauf wieder einzusammeln, Herr ..."
"LochMoloch. Ruppert ag LochMoloch. Aber du kannst mich Ruppert nennen und mir einen der Beutel abgeben."
"Ruppert. Schön dich kennen zu lernen", sagte sie, gab ihm einen der beiden Jutebeutel, schüttelte ihm die freie Hand - und nahm ihm ohne zu fragen wieder den Beutel ab. "Ich bin Anna Vergnügt." Die rundliche Frau machte ihrem Namen alle Ehre, fand er. Sie hatte die braunen Haare zu einem Dutt geflochten und stapfte trotz des gerade erst überstandenen Falls schon wieder freudestrahlend mitsamt dem Einkauf in ihre Wohnung. "Möchtest du vielleicht einen Tee?"
"Tatsächlich schon, ja. Ich bin gerade auf der Suche nach Leuten, die mir etwas über Bob Winkelmann erzählen können."
Er folgte ihr durch den mit Gemälden und Blumen geschmückten Flur in die Küche. Im Vorbeigehen sah er durch die einen Spalt breit offenstehende Schlafzimmertür das verzierte Doppelbett. "Wo ist dein Mann?"
"Ach", sagte sie lächelnd, "der ist schon vor einem Jahr von mir gegangen."
"Mein Beileid."
"Nicht so wild", meinte sie, während sie den Einkauf auspackte. "Wir hatten zweiundzwanzig gemeinsame Jahre und davon war mindestens die Hälfte ein Geschenk. Aber du wolltest über den lieben Bob sprechen, nicht wahr?"
Ruppert füllte einen Kessel mit Wasser und reichte ihn Frau Vergnügt. "Ja. Ist dir in der letzten Zeit etwas Ungewöhnliches aufgefallen?"
"Bob war überhaupt ein ungewöhnlicher Mann. Ein Jammer, dass er Selbstmord begangen hat. Ich frage mich, ob der merkwürdige Postbote, der versehentlich bei mir geklingelt hat, im letzten Monat, ob er ihm eine schlimme Nachricht überbracht hat."
"Der Postbote wusste nicht, wo Herr Winkelmann wohnte?", fragte der Vektor verwundert. Bob hatte diese Wohnung schon seit Jahren und der Name stand obendrein unten im Etagenregister.
"Ja. Hat in jeder Etage geklingelt. Jetzt, wo wir darüber reden - er kam mir doch ein wenig seltsam vor."
Eine düstere Ahnung beschlich den Wächter. "Hatte er einen fremdländischen Dialekt?"
"Ach", sagte Anna, "das weiß ich nicht mehr. Wie waren wir darauf gekommen ...? Richtig, ich wollte dir von Bob erzählen."
Der Wasserkessel pfiff und Frau Vergnügt goß den Tee auf. "Etwas ungehobelt aber liebenswert - und er strahlte trotz seiner Vergangenheit so eine unbeschreibliche Herzlichkeit aus." Sie zwinkerte dem Wächter zu. "Weißt du, Ruppert, er war ungefähr in meinem Alter und wäre der Tod meines Mann, möge er friedlich schlafen, etwas länger her gewesen ..."
"... und darum würde ich dich bitten, einmal in Sto Lat anzufragen", schloss der Zwerg seine Erklärung. Er fühlte sich müde und seine Augen taten ihm weh, aber er hatte keine Absicht jetzt eine Pause einzulegen. Zusätzlich machte ihm die Unordnung zu schaffen, in der sein Kollege derzeit lebte. Ordnung hatte etwas Beruhigendes ...
Der SEALS Komm-Ex nickte nur und notierte sich die Details auf der Rückseite eines alten Nachrichtenmitschnitts, der sich für Sebulon völlig unsinnig las. "Hast du besondere Wünsche in der B-Codierung?"
"In der ... was?"
"B-Codierung", brabbelte Kannichgut und seine Augen begannen euphorisch zu glimmen. "Das ist ein ganz neuer Trend in der Klacker-Szene! Man kodiert nicht nur die eigentliche Botschaft, sondern auch noch den Urschlüssel, was naturgemäß nur Sinn macht, wenn die Antwort Affe ist ..."
Der Zwerg wackelte ungeduldig mit den Beinen, die auf dem frisch aufgeräumten Menschen-Stuhl nicht bis auf den Boden reichten. "... wenn die Antwort ...?"
"Affe. A-F-E. Das ist Klackersprech für 'Allein für Euch'."
"Natürlich. Affen in der Antwort würden in dieser Sache auch etwas deplatziert wirken."
Nachdenklich kratzte sich Kannichgut am Kinn. "Hängt von der Sequenzierung ab. Wenn beispielsweise ..."
Als LochMoloch das Haus schließlich verließ, hatte er sieben Nachbarn über Bob befragt. Einige mochten ihn, andere weniger, aber keiner hatte ihn je ausfällig erlebt. Er hatte erfahren, wann der Tote aufgestanden war, dass er ursprünglich aus den Spitzhornbergen zugezogen war und sonst nie viel von der Welt gesehen hatte.
Dieser Postbote jedoch machte Ruppert Sorgen.
Er entschloss sich, einen Abstecher zur Post zu machen, bevor er der Anwaltsgilde einen Besuch abstattete.
"... dann würde die Nachricht immer noch für dich als - nicht persönlich nehmen - unbedarften Leser in gewisser Hinsicht sinnvoll klingen."
"Ich lass dir da einfach freie Hand, einverstanden?", quittierte Sebulon den Fachvortrag. Seine Ration gute Laune für diesen Tag war definitiv aufgebraucht. "Und wenn du damit fertig bist, geh doch bitte zur Dubiata. Ich denke, sie wollte dich sehen."
Eine leichte Panik huschte durch das Gesicht des Komm-Ex, als ihm aufging, dass er das Haus würde verlassen müssen. Schließlich sah er jedoch den Zwang der Hierarchie ein. "Mach ich. Danke für den Besuch, Sebulon."
"Keine Ursache."
"Und entschuldige die Unordnung. Ich habe heute noch nicht aufräumen können."
Der Blick des Püschologen huschte über Unterwäschehügel, an dessen steilen Hängen Krümel von vermutlich Chips auszumachen waren. Zeitschriften bedeckten den größten Teil der Flur des Zimmers. Schrank und Nachttisch waren glücklicherweise verschlossen, doch das Fenster derzeit leider auch. Allem inneren Drang zum Trotz log er: "Ach, das wäre mir gar nicht aufgefallen."
"Oh, und wenn du gehst", flüsterte Kannichgut zum Abschied, "dann sag bitte meiner Mutter nichts davon, dass ich einen Klacker auf dem Dach montiert habe. Sie weiß nichts davon."
Die Bürokratengasse war nicht lang aber eine der nobelsten Gassen der Zwillingsstadt, und sie wurde definitiv von den nobelsten Bewohnern besucht, befand LochMoloch. Man leistete sich sogar Leute, die die Fenster putzten.
Beim Pförtner zeigte er seine Wachemarke und fragte sich zu den Anwälten der von Wippelsbachs durch. Als er schließlich im Warteraum für die Buchstaben Wa-Wu saß, ging er noch einmal das Gespräch mit der Postbeamten durch. Hatte er die falschen Fragen gestellt? Nein, er hatte die Liste gesehen, in der Briefe und andere Postsachen verzeichnet wurden, die zugestellt waren. Bob Ackermann hatte zuletzt vor einem Jahr Post bekommen, und zwar von seiner Bank. Wer nur konnte dieser mysteriöse falsche Postbote gewesen sein ...?
"Herr ag LochMoloch, nehme ich an?", fragte ein Zombie nüchtern und öffnete einladend die Tür. "Frau von Wippelsbach hat Sie angekündigt. Allerdings sprach sie auch von einem Zwerg, der Sie begleiten würde ..."
Verstimmt nickte Ruppert. Nun konnte er wohl keine ungefilterten Aussagen mehr über die Adelsfamilie und ihre Angelegenheiten bekommen. Er machte sich eine gedankliche Notiz, bei den Hunden in der
Bougerie vorbeizuschauen und nach deren Archivmaterial zu fragen, als er in das Büro des Anwalt trat und im Stuhl Platz nahm. Vielleicht fand sich wenigstens dort der eine oder andere Hinweis auf die Familiengeschichte. Adelige hatten immer Dreck am Stecken, das wusste der Wächter. Man musste nur geduldig suchen.
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Ruppert
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Ambigorius öffnete die Tür und stand dem Verlobten seiner Herrin gegenüber.
"Gute Tag, Meifter Heraldif", begrüßte er gewohnt devot und trat zur Seite um den Mann herein zu lassen.
"Ambigorius, schön dich zu sehen." Der gut gekleidete, mittelgroße Mann nickte dem Igor freundlich zu. "Ist Minuette zu Hause?", fragte er mit herausstechend fremdländischem Akzent.
"Nein, Herr, sie ift unterwegf."
"Nun, dann werde ich auf sie warten."
Der Igor führte ihn in den Salon, in dem die beiden Wächter Frau von Wippelsbach verhört hatte.
"Darf ich dir noch etwaf anbieten, Herr?"
"Danke, Ambigorius, nein".
Als die Wippelsbach nach einer guten Stunde den Raum betrat, fand sie ihren Verlobten am Fenster zum Garten stehen und hinaus schauen.
"Gryphon? Ich dachte, du bist noch unterwegs zum Achatenen Reich?", sagte sie statt einer Begrüßung.
Er lachte leise. "Ich freue mich auch, dich zu sehen." Er drehte sich um und nahm sie in den Arm. Nach einem kurzen Zögern erwiderte sie die Umarmung sehr herzlich.
"Natürlich freue ich mich, Liebster. Aber ich war so überrascht." Ein Hauch von Rot huschte über ihre Wangen. "Ich habe mich so sehr nach dir gesehnt."
Einige Minuten war nichts zu hören als das Rascheln ihres weiten Kleides. Dann schob sie ihn sanft von sich weg. "Aber ehrlich, mein Lieber, warum bist du schon zurück?"
Er legte ihr den Arm um die Schulter und zog sie zu einem Sofa. Eng aneinander gekuschelt saßen sie Händchen haltend da, als er zu erzählen begann.
"Ich bin in Sto Lat vor fünf Monaten aufgebrochen. Erst mit dem Schiff an der Küste entlang und dann, ab der Landenge, wie geplant auf dem Landweg weiter. In einem kleinen Kaff an der Küste habe ich Packtiere und eine Gruppe Söldner angeheuert. Alles so wie wir es geplant hatten. Unsere Informationen waren zutreffend. Aber schon nach zwei Wochen habe ich bei einem schweren Unwetter die Packtiere verloren. Ein Teil wurde von umstürzenden Bäumen erschlagen, die anderen sind davon gelaufen. Ein paar von den Söldnern sind dabei auch ums Leben gekommen. Wir haben uns dann natürlich neue Packtiere besorgen müssen." Er zuckte mit den Achseln. "Die Leute, die da lebten, wollten mir keine verkaufen. Also haben meine Leute sie sich geholt. Damit wir keinen schlechten Eindruck hinterlassen, haben wir alle Dorfbewohner erledigt und verbrannt. Na, was sollte ich sonst machen? Wir zwei haben so viel Geld in diese Expedition investiert."
Er sah sie fragend an. Sie drückte ihm beruhigend die Hand und lächelte ihn an. Er erwiderte das Lächeln und fuhr fort. "Die Söldner waren sehr geschickt. Es sah so aus, als wäre während einer religiösen Feier ein Feuer im Tempel ausgebrochen und hätte alle Anwesenden getötet. Sehr realistisch waren die Kinder, die sie an die Tür gebunden haben und deren Leichen sich in das Holz verkrallt hatten."
"Die haben noch gelebt?"
"Ja, natürlich, sonst hätte es ja nicht echt gewirkt." Sie nickte und er lachte leise. "Wir sind dann in das nächste Dorf gezogen und haben von dem entsetzlichen Unglück erzählt. Wir haben zwei der toten Söldner so an dem Tempel plaziert, dass es aussah als wären sie bei einem Rettungsversuch ums Leben gekommen. Dann habe ich den Nachbarn angeboten die herrenlosen Packtiere des Dorfes zu kaufen, aber die haben sie mir förmlich aufgedrängt. Das sei ja das Mindeste was man für uns tun könne, haben sie gesagt."
"Du hast dir also Freunde dort gemacht? Das ist gut. Und was ist dann passiert."
Sein hübsches Gesicht verdüsterte sich. "Wir sind bis zu dieser Mauer gekommen, die die Achatenen um ihr Reich gezogen haben. Danach war Schluß. Die abergläubischen Narren glauben wirklich, dass alle, die hinter der Mauer leben, Geister und Dämonen sind. Sobald wir gesichtet wurden, haben sie auf uns geschossen. Dummerweise wollten wir direkt an der Mauer unser Lager aufschlagen, so dass sie uns mitten im Aufbauen durch einen Pfeilhagel erledigt haben. Nur ich bin entkommen, weil ich gerade unterwegs war, um Bilder zu machen."
"Du Ärmster, aber du bist bis zur Mauer gekommen. Kannst du das beweisen?"
Er nickte und holte ein paar Ikonographien hervor. "Hier! Die Bilder sind mit der versiegelten Kamera gemacht worden, die Herr Schräg mir mitgegeben hat. Die Kamera habe ich auch noch, so dass der Daemon darin befragt werden kann. Wir haben es geschafft! Und ich habe auch noch das Geld für die Söldner gespart."
Sie stand auf und rieb sich die Hände. "Wo ist der Ikonograph jetzt? Lass ihn uns holen und zu Herrn Schräg gehen. Dann kann ich das Erbe beanspruchen."
Er strahlte sie an. "Und dann heiraten wir."
"Ja, Geliebter, dann heiraten wir."
Ruppert saß dem Anwalt in einer bequemen Sitzgruppe gegenüber und war sehr verwirrt. Der Zombie hatte sich als Vorzimmerherr herausgestellt und ihn in das Büro geführt. Der Anwalt selbst war eine Anwältin; sehr jung, sehr hübsch, sie trug ein Kostüm mit einem kurzen schwarzen Rock und hatte die Beine übereinandergeschlagen. Rupperts Augen wanderten verzweifelt durch den Raum und er spürte, wie seine Wangen immer heißer wurden. Mit bewusst leiser, leicht rauchiger Altstimme las die Frau, die seine Verlegenheit amüsiert zur Kenntnis nahm, aus dem Testament des verstorbenen Onkels vor.
"Ja, hier ist die betreffende Stelle:
Da ich selber immer verhindert war, die Scheibe zu erkunden, soll mein Schwiegerneffe ein Abenteurer sein, um sich meiner geliebten Minuette würdig zu erweisen. Bevor er nicht eine neue Handelsroute zum Achatenen Reich gefunden und dies durch einen durch meinen Anwalt versiegelten und auf ihn geprägten Ikonographen beweisen kann, wird das Erbe treuhänderisch durch die Anwälte Kraus und Glatt ..." und so weiter. Jetzt kommen ein paar verwaltungstechnische Anweisungen ... aber hier:
Binnen Jahresfrist nach meinem Tod muss der Beweis vorliegen, da ansonsten das ganze Vermögen an die "Vereinigung humorvoller wenn auch reichlich abstruser Schriftsteller" gehen soll. Sie reichte ihm das umfangreiche Schriftstück und Ruppert war glücklich einen Angelpunkt für seine Augen gefunden zu haben. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er die Anwältin, die scheinbar gedankenlos ihre langen, hellbraunen Haare aus dem Gesicht schob. Er musste schlucken und konzentrierte sich auf das Testament.
"Ist das ...", er musste Husten um einen - gefühlten - Ochsenfrosch aus dem Hals zu entfernen, "Ist das nicht sehr ungewöhnlich, dass ein Testament an eine bestimmte Heirat gebunden ist?"
"Ja, das ist es schon. Normal ist ein Passus, der eine, wie soll ich sagen ... standesgemäße Ehe voraussetzt. Sehr konservativ, sehr altmodisch, aber nicht unüblich und absolut legal. Ebenso wie dieses Testament. Die beiden müssen ja nicht heiraten."
Ruppert nickte nachdenklich.
"Vielleicht ...", die Anwältin stockte kurz, dann sprach sie weiter, "Du musst wissen, dass ich Zymander Greyfenbyrg fast mein Leben lang kannte. Mein Vater war sein Anwalt, aber die beiden waren auch gut befreundet. Also, ich kannte ihn nicht wirklich gut, denn wir hatten kaum etwas miteinander zu tun, bis ich vor zwei Jahren, nach dem Tod meines Vaters, selber das Büro übernommen habe. Er war etwas verschroben, aber recht umgänglich. Deshalb habe ich ihn auch gefragt, warum er das Testament auf diese Weise verfasst hat."
Sie schwieg und dachte nach. Jetzt, wo sie nicht mehr kokettierte, wirkte sie viel ... menschlicher.
"Ich weiß nicht ob es richtig ist, dir das jetzt zu sagen. Verschwiegenheitspflicht und so. Aber es war ja mehr ein privates Gespräch." Das letzte schien sie mehr zu sich selbst zu sagen.
Ruppert wartete geduldig und lächelte unbewusst sein freundlichstes Lächeln. Erstaunt bemerkte er, dass sie plötzlich errötete und rasch aufstand.
"Auf jeden Fall hat er zu mir gesagt: 'Gundula, ich weiß, du bist eine modern denkende junge Frau, aber glaub mir, die beiden haben einander wirklich verdient.'"
Am nächsten Tage landete eine Nachricht auf Sebulons Schreibtisch. Sie kam von Zwiebel und besagte nur knapp:
"Heraldis vor mindestens vier Monaten mit unbekanntem Ziel aufgebrochen. Gilt als Abenteurer und Lebemann. Keine Vorstrafen. Keine Beziehung zu Zymander Greyfenbyrg bekannt. Letzterer starb unter bislang ungeklärten Umständen nach Sturz von einem Turm. Keine Informationen über Erben oder Testament. Keine Informationen über Minuette von Wippelsbach. Igor diente Greyfenbyrg und verschwand wenige Tage nach der Beisetzung, sonst keine Informationen. Schnorrisson, Fldwb. d. königl. Wache Sto Lat."Sebulon wollte Ruppert schon eine Nachricht per Rohrpost schicken, als er sich eines Besseren besann und die zwei Stockwerke zu dessen Büro hinunterstieg. Ruppert war nicht da, nur Michael Machwas saß dort und schrieb an einem Bericht.
"Ruppert? Den habe ich vorhin in der Kantine gesehen", beschied er dem Zwerg. Grummelnd ging er ein weiters Stockwerk nach unten, aber auch in der Kantine war der Gesuchte nicht. Lilli Baum war ihm behilflich und nach einer nicht allzu langen Zeit hatte er einen Zettel in der Hand:
'Ruppert wurde zum RUM AL bestellt.'. Leise vor sich hinfluchend stapfte Samaxsohn in den zweiten Stock nur um dort zu erfahren, dass Romulus Ruppert zu ihm, Sebulon geschickt hatte. "Aber es hat sich schon erledigt, Sebulon. Ich wollte nur wissen ob ihr schon weiter gekommen seid."
"Nein, sind wir nicht, danke der Nachfrage"; murmelte Sebulon und kletterte die Stufen zu seinem Büro hoch, in dem ihn Ruppert freundlich grinsend erwartete.
"Hallo, da bist du ja. Ich habe schon eine ganze Weile auf dich gewartet."
Die Wutschreie des Zwerges hallten beinahe im ganzen Wachhaus wieder.
Nachdem sich Sebulon beruhigt hatte, gingen die beiden Wächter in den SEALS Aufenthaltsraum, weil im Büro des Zwerges kein Platz war die Unterlagen übersichtlich zu verteilen.
"Also", begann Ruppert, "Wir haben keinerlei Motive für einen Mord an Bob gefunden außer der möglichen Eifersucht dieses Verlobten. Dazu kommt noch Bobs merkwürdiges Verhalten mit seinem Rücken."
Er legte einen Zettel auf den Tisch, auf dem
Bob stand. Rundherum lagen die Zettel
Wippelsbach,
Heraldis und
Zymander. Sebulon legte nach einigem Nachdenken noch zwei Zettel dazu:
Onkel und
Schriftsteller. Auf Rupperts fragenden Blick erklärte er: "Wenn das mit der Hochzeit nicht klappt, dann bekommen doch diese irren Schriftsteller das Erbe."
"Gut, aber wir brauchen noch einen Unbekannten", sagte der Vektor und malte ein großes
? auf einen weiteren Zettel.
Sebulon seufzte. "Alle haben ein Motiv, aber irgendwie hängt es immer mit dem Erbe oder dem Onkel zusammen. Außer unser Fragezeichen. Das kann werweiß welche Gründe haben. Und wir wissen immer noch nicht wie es gemacht wurde. Verflixt, ich wünschte ein richtiger Ermittler würde hier ermitteln."
"Ach komm, gib nicht so schnell auf. Ich schlage vor, dass wir diesen Schreiberlingsverein suchen. Vielleicht haben wir dort mehr Glück."
. Vereinigung humorvoller wenn auch reichlich abstruser Schriftsteller . . Erster Stock . Fohrsicht - Trepe kaput
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"Hier sind wir richtig", stellte Ruppert zufrieden fest. Sie hatten bei DOG nachfragen müssen und einen schmierigen Zettel mit der Anschrift des Vereins bekommen. Das Haus, in dem er seinen Sitz hatte, war ein etwas heruntergekommenes Mietshaus in der Filigranstraße. Passenderweise in der Nähe der Narrengilde, wie Ruppert fand.
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Sebulon
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Die Treppe war nicht kaputt. Sie war inexistent. Dem Anblick nach war das morsche Holz schon vor einer Generation Würmern und den Bruchstellen nach einem harten Winter zum Opfer gefallen. An der Seite hing ein Seil aus dem zweiten Stock herab, in das jemand in unregelmäßigen Abständen Knoten hinterlassen hatte.
"Hängt da wirklich ein Seil?", fragte Sebulon.
Ruppert stubste es und beobachtete das sanfte Wackeln. "So seilig, wie ein Seil sein kann", urteilte er. Zielstrebig packte er es und begann sich geschickt hochzuziehen.
"Das ist ein übler Scherz", hauchte Sebulon. Er beobachtete seinen kletterfreudigen Kollegen und seine Mundwinkel zogen sich beeindruckend nah an das Kinn herab.
Schließlich schwang sich der Vektor auf die Brüstung der ersten Etage und sah zum Zwerg hinunter. "Hat dir schonmal jemand gesagt, dass du machmal ein bisschen wie Glum aussiehst?", fragte er lachend.
"Nein", entgegnete der Püschologe kühl und versuchte seine Gesichtsmuskeln zu entspannen.
"Was ist, kommst du hoch?"
Der Zwerg überlegte einen Moment, dann wickelte er das Seil um sich. "Zieh mich hoch."
"Das ist nicht dein Ernst", grinste Ruppert und hob eine Augenbraue.
"Hey, ich kann mit Menschen trotz meiner Beinlänge Schritt halten. Dann muss ich nicht auch klettern können wie einer."
Rupperts Arme schmerzten ein wenig. Immerhin hatte sein Kollege eingesehen, dass er Helm (kein Problem damit), Waffen (widerwillig) und Kettenhemd (unter Protest) im Erdgeschoss zurücklassen musste. Ein Zwerg in Uniform und Werkzeuggürtel wog leider noch immer genug, um den jungen Wächter Schweiß treiben zu lassen.
Sie klopften an der ersten Tür. Es klang dumpf und hallte leise. Als keine Antwort erklang, wagten sie einen Blick in den Raum hinein. Es war kein Papier im Raum. Insgeheim hatte LochMoloch erwartet, dass es hier aussehen würde, wie bei seinen Mitarbeitern in der Wache. Als sich seine Augen an das gedämpfte Licht im Raum gewöhnten, sah er eine Frau im mittleren Alter an der Wand stehen und diese - beschreiben! Was zuvor wie ein unregelmäßiges Muster auf Boden, Wand und Decke gewirkt hatte, entpuppte sich als frustrierend lange Elegie.
Ruppert räusperte sich. Und räusperte sich noch einmal.
Der Püschologe klopfte seinem Kollegen väterlich auf den Rücken und sagte halblaut in den Raum: "Das ist ja seltsam. Hier fehlt eine Zeile ..."
Den Bruchteil einer Sekunde später stand die Dichterin vor den Wächtern. Ihre Lippen waren aufeinandergepresst, die Augenbrauen zusammengezogen. "Sagt wer?"
"Korporal Sebulon, Sohn des Samax, Stadtwache. Das hier ist ..."
"Ruppert ag LochMoloch. Großer Bewunderer deiner Arbeit."
Ein Lächeln flog über das Zwergengesicht ohne Halt zu machen. "In der Tat. Das hier ist ein beeindruckendes Stück Arbeit."
"Danke. Wo genau, sagtest du, fehlt die Zeile, Herr Stadtwache?", fragte die Dichterin. Sie verschränkte die Arme und funkelte den Zwerg an.
"Oh, ich merke gerade, dass ich sie nur überlesen habe", erwiderte dieser plump. Das war nicht sein Tag.
"Wir sind hier", nahm Ruppert den Gesprächsfaden auf, "um einen Blick in das Archiv zu werfen und mit eurem Gildenanwalt zu reden. Es geht um die Erbschaft zu Wippelsbach."
Das Zimmer des Anwalts und dessen Sekretariat lagen Seite an Seite.
"Hier scheint ja mächtig viel Verkehr zu sein", kommentierte Ruppert und schaute sich die Öffnungszeiten an.
[6] "Und ohne Anmeldung. Was für ein Glück."
Die Blicke der Wächter wanderten zur Klinke, über der eine kleine Notiz gepinnt war: "In 11 Min. zurrück."
"Elf Minuten?", murmelte Ruppert, "Das ist ja beeindruckend präzise."
"Na, wir können uns vielleicht schonmal ankündigen", erwiderte Sebulon und nickte in Richtung des Sekretariats. Kurz darauf klopften sie an der zweiten Tür. Von innen her ertönten eigenartige Geräusche: Ein leises regelmäßiges -
Fopp, Fopp, Fopp-, das sich keiner von beiden auf Anhieb erklären konnte. Da die Tür nur angelehnt war, lehnte sich der Püschologe wie wartend dagegen und ließ sich mit ihr so professionell wie möglich in den Raum hineinschwingen. "Ups", grinste er Ruppert an.
"Ich habe nicht 'herein' gesagt!", fluchte ein Mann in Anzug und zog sich mit Nachdruck die Hose wieder hoch. Die junge, mollige Frau, die eben noch halb auf dem Schreibtisch gelegen hatte, bekam eine gesunde erdbeerige Farbe im Gesicht und verschwand mit Trippelschritten durch die Seitentür ins Nachbarzimmer.
"Die Tür war angelehnt", sagte der kleinere Wächter, konnte sich jedoch ein Schmunzeln nicht verkneifen.
"Und die Herren wünschen?", knurrte der Mann, der es nur mit Mühe schaffte, Gelassenheit an den Tag zu legen.
"Stadtwache Ankh-Morpork", sagte Ruppert und stellte seinen Kollegen und sich vor. "Es geht um die Wippelsbach-Erbschaft. Wir brauchen alle Informationen von dir, die wir kriegen können."
Nun war es an dem Anzugträger zu grinsen, doch wirkte er mehr grimmig als amüsiert. Er rückte sich die Krawatte zurecht und räusperte sich. Seine Körpersprache schaltete um von 'töten' auf 'public relations'. "Gehen Sie doch einfach nach nebenan durch. Ich werde die Termine etwas schieben, die Scheffin nimmt sich gern für die Wache Zeit."
Eine für beide Seiten recht peinliche halbe Stunde später kamen die beiden Wächter mit einem dicken Aktenstapel aus dem Zimmer der Anwältin. Die Farbe auf den in aller Eile dämonenkopierten Blättern war noch nicht ganz trocken, auch wenn sich der Trockenpustedämon als vorbildlich engagiert erwiesen hatte.
"Das ist Arbeit für einen ganzen Tag", brummte Sebulon.
"Ich finde es beeindruckend, dass die Gilde über solche Vorgänge dermaßen präzise Buch führt."
"Durchsehen müssen will ich es trotzdem nicht."
"Es geht hier um einen Mord", brummte Ruppert mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck. "Sag mal, ein Seil herunterklettern kannst du doch, oder?"
Einen beschwerlichen und etwas umständlichen Abstieg später, während der Zwerg sich wieder komplett ankleidete, warf Ruppert einen Blick in die Akte.
"Ich hätte nicht gedacht, dass Erbschaft so kompliziert ist."
"Mhm", brummte Sebulon und steckte den Kopf durch das Kettenhemd.
"Wusstest du, dass es eine Erbschaftssteuer gibt?"
"M-mh."
Ein Ächzen und Stöhnen ließ vermuten, dass das Kettenhemd schwerer zu handhaben war, als der Zwerg es vermutet hatte. '
Ich will nicht wissen, wann er es zuletzt ausgezogen hatte', dachte der Mensch und blätterte um. "Hier ist eine Auflistung der Vermögenswerte", Papierrascheln, "über", weiteres Geraschel, "sieben Seiten. Wie kann man nur so viel besitzen?"
Den Helm auf den Kopf pfropfend erwiderte Sebulon: "Da hat wohl ein Pedant die Aufzählung vorgenommen. 'Dieser Bleistift soll meiner Nichte gehören ...'"
Ruppert schüttelte den Kopf. "Eher 'dieses Landhaus' und 'diese Brilliantensammlung'."
"Oh", machte der Zwerg baff.
Die Wächter sahen sich an. Beiden war klar, diese Dokumentation war eine große Nummer zu hoch für sie. Sie brauchten Hilfe.
"Hallo Jargon", sagte Ruppert. "Kannst du dir ein bisschen Zeit nehmen?"
Erschrocken ließ Schneidgut einen Stapel halb beschriebener Zettel fallen. Es dauerte eine knappe Minute, bis er wieder regelmäßig atmete.
"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken."
"Das sagen sie alle", grinste der schreckhafte Wächter schief. "Ich habe gleich meine Route, danach ist Feierabend."
"Es ist eine eher ... dienstliche Angelegenheit."
Schneidgut nickte. "Ich gehe kurz mit Rea über das Abbummeln von Überstunden reden. Wir sehen uns in zwei Stunden. Wo treffen wir uns?"
Bei der Erwähnung der gemeinsamen Vorgesetzten errötete der Vektor. "In Sebulons Büro", flüsterte er.
Der Rechtsexperte schluckte. Er sah in das gerötete Gesicht seines Kollegen und ahnte Schlimmes. Püschologisches. Das Ablaufen seiner Streife würde er heute nicht genießen können.
Eine Rekrutin, die Sebulon nicht kannte - menschlich, grüne Augen, weiblich, der Blick wie ein Rebhuhn, die Uniform eine Nummer zu groß - betrat das Arbeitszimmer des Zwergs. Sie räusperte sich, blickte sich um, als wären die Ecken des Zimmers lauernde Schlangen. Dann erinnerte sie sich, dass es etwas zu tun gab. Schließlich salutierte sie; zitternd, wie der Püschologe bemerkte.
"Sör", sagte sie.
"Rekrutin", erwiderte er freundlich.
"Eine Nachricht von Septimus Ebel, Sör."
"Wie unerwartet. Ist sie das in deiner linken Hand?"
Die Rekrutin wurde schamesrot, als sie bemerkte, dass die Nachricht sich in der verkrampften Faust in ein unschönes Papierknäul verwandelt hatte. Eilig versuchte sie es zu entfalten, doch der Zettel entglitt ihren zitternden Händen und segelte zu Boden. Unschlüssig, was zu tun war, blieb sie stehen und presste die Lippen aufeinander.
Sebulon lächelte. "Vielen Dank. Lass ihn einfach dort liegen. Ich lese ihn später. Hab noch einen guten ..."
Wie ein geölter Blitz schoss die Rekrutin aus seinem Büro. Nachdem die Tür sich geschlossen hatte, erhob sich der Zwerg und ging neugierig auf die Nachricht zu.
'
Ich muss mich noch einmal unauffällig nach ihrem Namen erkundigen und ihr danke sagen', dachte er. '
Auf möglichst unpüschologische Weise, damit sie nicht wieder vor Schreck fast umkippt.'
Knisternd entfaltete er die Botschaft und sein Gesicht verfinsterte sich.
Heraldis war in der Stadt.
Als viel später Ruppert und Jargon das Zimmer betraten, hatte Sebulon bereits den Boden mit Papierknäulen befüllt. Außerdem waren bis auf menschliche Schulterhöhe Klebezettel an mehreren Wänden verteilt.
"Wow", meinte der Rechtsexperte beeindruckt. Die Praktikabilität von Klebezetteln war ihm noch nie klar gewesen, doch was er vor sich sah, glich einem Kunstwerk, über das er alle Ängste vergaß.
"Ich denke, ich habe es", begrüßte Sebulon die beiden.
"Lass hören."
"Wow", machte Jargon.
Der Püschologe begann zu dozieren: "Bob starb durch einen Fall aus seinem Fenster. Präzise: Durch einen Wurf. Präziser: Durch den zugehörigen Aufprall. Der einzige Tatverdächtige, der bisher dazu in der Lage wäre, ist ein Wippelsbach'scher Igor."
Ruppert nickte, Jargon hingegen wanderte durch das Zimmer und berührte die Zettel mit der Fingerspitze. '
So viele Zettel', dachte er immer wieder.
"Wir haben einen Postboten mit ausländischem Akzent, der kein Postbote ist. Er hat eine Nachricht überbracht, die aller Wahrscheinlichkeit nach Bob solche Angst gemacht hat, dass er nicht mehr mit dem Rücken zu irgendeinem Fenster stehen wollte."
"Heraldis", sagte Ruppert und schlug mit der Faust in die linke offene Hand.
"Oder der Onkel Zymander Greyfenbyrg; beides ist einigermaßen naheliegend."
Mit klopfendem Herzen näherte sich der Rechtsexperte dem Aktenstapel auf dem Schreibtisch. Geradezu zärtlich strich er über die aufgeschlagenen Rechtssachen und blätterte sorgsam und doch ziellos in der Akte umher.
"Wir haben diese Unterlagen, in denen kaum ein Hinweis auf irgendetwas Relevantes stehen wird, denn die Gilde hat ein Interesse daran, dass sie das Erbe bekommt. Präzise: Dass die Wippelsbach-Hochzeit nicht stattfindet. Sie könnten beispielsweise einen Söldnertrupp angeheuert haben, um Heraldis töten zu lassen - aber er lebt und ist in der Stadt." Der Püschologe reichte dem Vektor Septimus' Nachricht. "Wir können also davon ausgehen, dass es demnächst eine Hochzeit geben wird."
Rhythmisches Rascheln erklang vom Schreibtisch, als Jargons Lesegeschwindigkeit sich auf das professionelle Level einpegelte.
"Wenn aber Heraldis tatsächlich für den Mord verantwortlich zeichnet", tastete sich Ruppert zum Kern seiner Gedanken durch, "woher wusste er, dass Bob Winkelmann eine Affaire mit seiner Verlobten hatte?"
"Ich tippe darauf, dass der Igor nicht dicht gehalten hat", meinte Sebulon und tippte zur Unterstützung auf einen Klebezettel an der Wand, der sich daraufhin löste und zu Boden segelte.
"Vielleicht", ließ sich Jargon vernehmen, "wusste er es gar nicht. Bob Winkelmann war der Name?"
"Ja, warum?"
"Er taucht in dieser Akte auf. Als Sachwalter des Erbes."
Die Augen von Sebulon und Ruppert weiteten sich.
"Aber ..."
"Wie ..."
"Das heißt ja ..."
"Bob war in der Gilde!"
Jargon nickte. "So scheint es."
"Also war die Affaire mit der Wippelsbach für ihn eine dienstliche Angelegenheit!", rief Sebulon.
"Und für die Dame selbst eine reine Gewinnsituation!"
"Jargon, du bist ein Genie!", riefen beide Wächter gemeinsam.
Und mit diesem Satz wandelte sich Jargons diesjährige Höllenvision in eine ganz private Himmelfahrt.
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Ruppert
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"Verwirrend ist es aber immer noch", meinte Ruppert, nachdem Jargon aus dem Zimmer geschwebt war. "Ich meine, das eigentliche Testament liegt bei Gun..., bei der Anwaltsgilde, die Aufstellung der Vermögenswerte findet sich bei einem der eventuellen Erben."
"Dann wäre es anzunehmen, dass die Wippelsbach und Heraldis ebenfalls eine Aufstellung haben." Sebulon war Rupperts Versprecher nicht entgangen, aber er ignorierte ihn - vorläufig.
Ruppert dachte angestrengt über etwas nach, das Sebulon gesagt hatte. Dann sagte er gedehnt: "Weißt du, es gibt keinen Sinn, dass sie sich an Bob herangemacht hat. Ich meine ... was hätte sie davon gehabt? Wenn er die Hochzeit hätte platzen lassen, dann hätte die Gilde das Geld, aber nicht er. Was wollte sie dann von ihm?"
"Sie hatte ständig Zugang zu ihm", meine Sebulon nachdenklich.
"Dann wäre sie die Mörderin", resümierte Ruppert.
"Wahrscheinlich hat sie ihren Igor dazu benutzt", ergänzte Sebulon.
"Und Heraldis ...?"
"In der Version des Vereins standen Heraldis und die Wippelsbach als Nutznießer. Wenn in der Version der beiden Bob angegeben war?"
"Dann hatte er ein Motiv Bob zu bedrohen und umzubringen. Und wenn er von dem Verhältnis wusste, dann noch eins." Ruppert nickte.
Der Zwerg stand entschlossen auf. "Ich denke, es wird Zeit, dass wir den Herrn einmal kennen lernen."
Die beiden verließen das Wachhaus, jedoch nicht ohne dem Rekruten am Tresen noch einen Auftrag erteilt zu haben.
Die beiden Wächter klopften an die bekannte Tür des Wippelbachschen Anwesens und Ambigorius öffnete die Tür. Sebulon bemerkte sofort, dass sie weder knarzte noch quietschte.
"Die Herren Wächter, wie fön", sagte ein niedergeschlagen wirkender Igor. "Bitte kommt herein. Die Meifterin ift anwefend."
"Ist auch Herr Heraldis hier?", wollte der Zwerg wissen.
"Ja, der Meifter ift auch hier."
Die beiden wurden in den Salon geführt, in dem Minuette von Wippelsbach und Gryphon Heraldis in verschiedenen Ecken des Raumes saßen und sich mit steinerner Mine anschauten.
"Das sind Wächter, die in einem Mordfall ermitteln. Ich kannte das Opfer ... flüchtig", führte die Frau die beiden von der Stadtwache ein.
Heraldis stand auf und wollte den Raum verlassen. "Ich will dann nicht weiter stören", sagte er.
"Aber nein, Herr Heraldis, wir sind ja gerade wegen Ihnen gekommen", säuselte Ruppert. "Wir haben da nämlich ein paar Fragen. Dürften wir dich bitten uns auf die Wache zu begleiten, denn wir möchten dir dort etwas zeigen."
"Mich? Aber was wollt ihr, denn von mir?", rief der junge Mann verärgert.
"Etwas zeigen", sagte Sebulon nun schärfer. "Danke, dass du uns die Mühe ersparst den Paragraphen vierundsiebzigeinspunktfünf anzuwenden
[7]".
"Ähm, nun ja, wenn das so ist. Also, mit Paragraph vierundsiebzig ..., jaja, schon gut, ich komme mit euch."
In Verhörraum Nummer 5 saß Gryphon Heraldis allein und starrte in den großen Spiegel, der ihm gegenüber in die Wand eingelassen war. Er fand sich sehr gutaussehend und attraktiv. Nachdenklich zupfte er an einem Ohrläppchen und überlegte, was die Wächter wohl alles über ihn wussten. Er war etwas nervös, denn die Beiden, die ihn kommentarlos in den fensterlosen Kellerraum gebracht hatten, der nur von einer sehr hellen Öllampe erleuchtet wurde, hatten sich schon seit einer guten halben Stunde nicht mehr blicken lassen. In Sto Lat hätte er sich das nicht gefallen lassen, aber die Wächter in Ankh-Morpork verunsicherten ihn. Hatte er die beiden, die ihn abgeholt hatten, zuerst für Witzfiguren gehalten, merkte er doch bald, dass sie alles andere als das waren. Für einen Moment glaubte er hinter der Wand zum Nachbarraum leise Stimmen zu hören, da öffnete sich die Tür zu dem Verhörraum, die beiden Wächter traten ein und setzten sich ihm gegenüber an den Tisch.
"Um es kurz zu machen", begann der Zwerg, "Warum hast du Bob Winkelmann aufgesucht und dich dabei als Postbote verkleidet?"
"Ich kenne keinen Bob Wie-auch-immer", brauste Heraldis auf. "Und ich pflege mich nicht als ..."
Ruppert unterbrach ihn rüde. "Du bist eindeutig identifiziert worden. Lüg uns also nicht an!"
Tatsächlich hatten die beiden Wächter darauf gewartet, dass der wachhabende Rekrut jemanden losgeschickt hatte, um Anna Vergnügt, die Nachbarin Bobs, holen zu lassen. Sie hatten ihr dann durch den von einer Seite durchsichtigen Spiegel zwischen den Verhörräumen Gryphon gezeigt und gefragt, ob sie ihn schon einmal gesehen hatte. Sie identifizierte ihn als den Postboten, der sie damals nach Winkelmann gefragt hatte.
"Und wann soll das bitte gewesen sein?", wollte der Beschuldigte ruhig wissen.
"Nun, vor etwa einem Monat", antwortete Sebulon.
"Das kann nicht sein, denn da war ich weit von Ankh-Morpork entfernt", behauptete Heraldis.
"So? Das kannst du uns sicher beweisen", erwiderte Ruppert.
"Aber natürlich! Ich habe es gewissermaßen schwarz auf weiß." Jetzt grinste Heraldis die beiden siegessicher an.
"Dann lege uns die Beweise bitte vor", sagte der unsicher gewordener Zwerg und sah seinen Kollegen fragend an. Der zuckte nur mit den Schultern.
Heraldis führte die beiden Wächter zur Königlichen Bank von Ankh-Morpork und holte aus einem Bankschließfach einen Ikonographen und mehrere Bilder hervor. Siegessicher gab er die Bilder dem Zwerg. Sie waren alle mit Datum versehen und einem verschnörkelten magischen Symbol.
"Aha", meinte Sebulon etwas ratlos. "Und was beweisen die Bilder?"
"Dass ich vor etwa acht Wochen an der großen Mauer zu Achatenen Reich gestanden habe. Und ich es wohl kaum in vier Wochen, also bis zum Zeitpunkt des Todes dieses Bob Soundso, von dort nach Ankh-Morpork geschafft haben kann.
Sebulon reichte die Bilder Ruppert, der sie ansah und sich dann an den Passus im Testament erinnerte, in dem von einem besonderen Ikonographen die Rede gewesen war.
"Wir werden das überprüfen", meinte der Vektor schließlich und steckte Bilder und Apparat in eine Tasche, die für die Kunden der Bank kostenlos bereit lagen.
"Hey, das geht aber nicht!", regte sich Heraldis auf. "Ich brauche die Bilder als Beweis für eine Erbschaft."
"Schon klar, aber hier geht es um Mord. Hier hast du eine Quittung." Ruppert kritzelte etwas auf einen Zettel und drückte ihn seinem Gegenüber in die Hand. "Im Übrigen wirst du die Stadt nicht verlassen, weil wir das als Schuldeingeständnis ansehen würden. Du wohnst im Haus von Frau von Wippelsbach? Gut, dann wissen wir ja, wo wir dich finden können."
Trotz der lauten Proteste ließen die beiden Wächter Gryphon stehen und verließen die Bank.
"Hör mal, Ruppert, wenn sich diese Frau Vergnügt nun geirrt hat? Was dann?"
"Ich weiß es auch nicht, aber im Testament steht etwas von einem besonderen Ikonographen. Vielleicht hilft uns das weiter. Ich kenne auch jemanden, der sich damit sehr gut auskennt, einen ehemaligen Wächter. Lass uns zu ihm gehen. Er soll sich die Bilder und das Ding mal ansehen."
Sebulon willigte zögernd ein und die beiden gingen zur Teekuchenstraße, wo Ruppert an eine Tür klopfte.
"Hoffentlich ist er zu Hause", sagte der Llamedone gerade, als sich die Tür öffnete und ein großer Mann heraustrat. Er lächelte als er die beiden Uniformierten sah.
"Hallo, Ruppert, was führt dich zu mir?" Er nickte dem Zwerg zu.
"Herr von Himmelfleck", bei diesem Namen zuckte Sebulon zusammen, "Wir brauchen deinen Rat. Dürfen wir reinkommen?"
Himmelfleck nickte, führte die beiden in die Küche im ersten Stock und bot ihnen Kaffee an. Als dann drei große Tassen vor ihnen standen und Sebulon erstaunt festgestellt hatte, dass es sehr gut schmeckte, fragte von Himmelfleck: "Worum geht es denn?"
Ruppert holte den Ikonographen und die Bilder heraus. "Was kannst du uns dazu sagen?"
Der ehemalige Okkultismusexperte
[7a] sah sich zuerst schnell die Bilder an und griff dann zu dem kleinen Holzkasten.
"Interessant, ein relativ neuer Klein-Ikonograph von HTC, geprägt und versiegelt, mit Einzelblatteinzug und separater Tintenzuführung. Ein modernes 4D-Gerät aber noch mit den alten I3-Daemonen. Was ist damit?"
"Was hat es mit den Daten und dem Symbol auf dem Bild auf sich?", wollte Ruppert wissen.
"Einfache Sache. Die Daemonen signieren das Bild mit ihrer einmaligen magischen Signatur und dem Datum. So ist eine Fälschung ausgeschlossen. Zumal die I3s sich bis zu 512 Bildern merken und jederzeit noch einmal malen können."
"Und Prägung heißt?"
"Die Daemonen arbeiten nur wenn die Person, auf die sie geprägt sind, in höchstens drei Metern Entfernung von ihnen ist. Wurde als Diebstahlschutz eingeführt."
Sebulon nickte. Nachdem der Werwolf noch keine Anstalten gemacht hatte die beiden zu ermorden
[9] wurde er etwas selbstsicherer. "Es kann aber auch als Kontrolle benutzt werden", folgerte er. Himmelfleck stutzte, dachte nach und nickte dann. "Klar, in gewisser Wiese geht das. Wollt ihr mir nicht verraten worum es hier geht?" Er nahm noch einmal die Bilder in die Hand.
"Tut mir Leid", sagte der Zwerg und griff nach den Bildern. "Wir sind noch am ermitteln."
Der Werwolf zuckte mit den Schultern und gab sie ihm. "Wie ihr meint. Was auch immer an Bildern von der alten Mauer geheim sein soll."
Als die beiden wieder auf der Straße standen, sah Sebulon seinen Kollegen kopfschüttelnd an. "Was kennst du nur für Leute. Der ist doch ein Wächterkiller, habe ich gehört."
Ruppert schüttelte den Kopf. "Nicht unbedingt. Er hat mir mal die ganze Geschichte erzählt. Mag sein, dass er jemanden ermordet hat, aber er sagt, es sei Selbstverteidigung gewesen."
In Sebulons kerkerartigem Büro saßen die beiden stumm zusammen.
Sebulon beobachtete heimlich Ruppert. Die leichte Depression, die er an seinem jungen Kollegen am Anfang des Falles bemerkt hatte, war verschwunden. Die Niedergeschlagenheit, die er jetzt ausstrahlte, kam wohl eher daher, dass sie in dem Fall nicht weiter kamen.
Immerhin, dachte er,
Etwas Gutes hat der Fall also doch bewirkt.Auf einmal sah Ruppert auf. "Was hat Himmelfleck gesagt? Über die Mauer auf dem Bild? Das klang doch so als würde er sie kennen?"
"Quatsch, woher sollte der die Achatene Mauer kennen?"
"Eben! Und woher sollen wir wissen, dass das die Achatene Mauer ist?"
Die beiden holten die Bilder aus dem Umschlag und schauten sie noch einmal an.
"Also das da oben ist eindeutig ein Achatener", sagte Sebulon und deutete auf einen Mann, auf dem Bild, der ein Schwert in der Hand hielt.
Ruppert nahm das Bild und stand auf. "Ich frage ihn noch mal." Dann verschwand er.
Am nächsten Vormittag saß Ruppert wieder der attraktiven Anwältin Zymanders gegenüber. Heute trug sie ein aufregend weißes Kleid, das aber genauso kurz war wie der Rock zuvor. Neben ihnen stand der Ikonograph auf dem Tisch.
"Was kannst du mir zu diesem Gerät sagen?", wollte Ruppert wissen.
Sie sah es sich nicht genauer an, sondern blickte Ruppert tief in die Augen.
"Sag du es mir."
Ruppert schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, ich muss es von dir hören ... Gundula, nicht wahr ... immerhin bin ich ganz in offizieller Mission hier."
Sie nickte und nahm das Gerät in die Hand. "Das ist der Ikonograph, der hier in meinem Büro auf Herrn Gryphon Heraldis geprägt wurde und mit dem er die Beweisikonographien anfertigen musste, um das Erbe antreten zu können - nach der Hochzeit."
"Aber das ist nicht alles, stimmt's?"
"Was meinst du?"
"Das Gerät ist mehr als es zu sein scheint, meine ich."
Sie lachte auf. "O ja, dass ist es tatsächlich. Woher weißt du das?"
"Ich habe mit einem Experten gesprochen. Und der hatte einen Verdacht, den er aber nur hätte beweisen können, wenn er den Ikonographen geöffnet hätte."
"Ich will es dir sagen. Das ist ein doppelgeprägtes Gerät. Zudem hat es nicht die alten I3-Daemonen sondern die viel intelligenteren I5er an Bord. Ich habe eine Spezialversion von HTC anfertigen lassen."
"Und das ist alles?"
"Noch nicht ganz. Die zweite Prägung ist auf mich geschehen, so dass ich Zugang zu den Erinnerungen der Daemonen habe, von denen übrigens jeder doppelt so viele Bilder behalten kann wie die alten I3er zusammen. Und sie haben den Befehl gehabt jeden Tag zwei Bilder zu machen, von denen Heraldis nichts wusste. Und die sie nur auf meinen Befehl niederzeichnen werden. So wollte es der Auftraggeber."
"Interessant. Vielen Dank für die Auskunft", sagte Ruppert und nahm ihr den Ikonographen wieder ab. Sie wollte ihn festhalten und so berührten sich ihre Hände eine kurze Zeit, bis sie los ließ. Beide waren verlegen und sahen zu Boden.
"Ich brauche das Gerät und die Bilder", sagte die Anwältin leise.
"Du bekommst sie, sobald wir den Fall gelöst haben", versprach ihr der junge Wächter. "Ich bringe sie dir persönlich vorbei. Aber vorher möchte ich dich bitten, mit auf die Wache zu kommen und die Daemonen anzuweisen alle Bilder auszuspucken."
Sie nickte und stand auf, um einen Mantel abzuziehen. Dann sah sie Ruppert ernst an.
"Meinst du, wir könnten uns noch einmal sehen? Mehr privat."
Ruppert atmete tief ein und dachte an das, was Minuette von Wippelsbach über ihre Beziehung zu Bob gesagt hatte. Dann sah er Gundula an und nickte lächelnd. "Ich würde mich auch freuen. Sagen wir ... heute Abend im Hahnen-Club?"
Weitere zwei Tage später saßen im Besprechungszimmer im dritten Stock des Wachhauses alle Beteiligten zusammen - außer dem Igor Ambigorius, der sich standhaft geweigert hatte Platz zu nehmen.
Die Anwältin der Schriftstellervereinigung war ebenso anwesend wie Minuette von Wippelsbach und Heraldis. Auch Gundula war dazu gebeten worden. Romulus von Grauhaar war ebenfalls anwesend, wollte sich aber zurückhalten und beobachten wie sich alles entwickelte.
Sebulon saß an einem Ende des Besprechungstisches und sah strahlend auf die Anwesenden.
"Vielen Dank, dass ihr alle gekommen seid. Wir wollen uns nun abschließend mit dem Fall des ermordeten Bob Winkelmann beschäftigen. Da dieser eng mit der Erbschaft des verstorbenen Zymander Greyfenbyrg aus Sto Lat verbunden ist, haben wir zudem seine Anwältin Gundula Glatt dazugebeten. Weiterhin begrüßen möchte ich unseren Kollegen, Feldwebel Schnorrisson aus Sto Lat."
Ein älterer Zwerg nickte kurz in die Runde, sagte aber nichts.
Ruppert nahm ein Blatt Papier zur Hand, räusperte sich und begann: "Vor einem halben Jahr kam Herr Zymander Greyfenbyrg bei einem Sturz von einem Turm ums Leben. Unter bislang ungeklärten Ursachen, wie ich hinzufügen möchte. Unser Kollege, Feldwebel Schnorrisson von der Sto Later Wache, war und ist mit den Ermittlungen beauftragt.
Einzige Erbin ist die hier anwesende Minuette von Wippelsbach, Tochter der Schwester des Verstorbenen. Weitere Verwandte scheinen nicht mehr zu leben. Allerdings war an das Erbe die ungewöhnliche Bedingung geknüpft, dass sie Erbin erstens Herrn Heraldis ehelichen muss und dieser zweitens eine neue Handelsroute zum Achatenen Reich zu finden hat."
Ruppert sah auf und lächelte. "Ich weiß, dass alle Anwesenden das wissen, es ist nur der Vollständigkeit halber. Deshalb auch noch der Zusatz, dass, falls die Bedingungen nicht erfüllt werden, das gesamte Erbe an die Vereinigung '
humorvoller wenn auch reichlich abstruser Schriftsteller' fallen soll. Treuhänder für dieses Erbe wäre Herr Bob Winkelmann gewesen, Mitglied dieser Vereinigung, ebenso wie es auch der verstorbene Herr Greyfenbyrg gewesen war."
Die meisten Anwesenden sahen auf Ruppert, nur Heraldis starrte auf die Tischplatte.
"Herr Heraldis ist vor kurzem von seiner Reise zurückgekehrt. Als Beweis für seine neue Handelsroute hat er mehrere Ikonographien der Achatenen Mauer vorgelegt."
Ruppert legte einige Bilder auf den Tisch. Das Gesicht der Gildenanwältin versteinerte, als sie die Beweisikonographien sah. Die Bilder gingen von Hand zu Hand.
Sebulon räusperte sich und sagte dann: "Leider zeigen sie nicht die Achatene Mauer sondern einen Teil der Stadtmauer von Ankh-Morpork. Der achatene Herr, der dort oben zu sehen ist, hat sich als Mitglied einer Schauspielgruppe herausgestellt, der für das Herumfuchteln mit dem Schwert ein paar Dollar bekommen hat."
Durch das einsetzende Durcheinandergerede grinsten sich die beiden Wächter an.
Vor allem Minuette benahm sich alles andere als ladylike und bemühte sich ihrem Verlobten die Augen auszukratzen, wurde aber durch von Grauhaar daran gehindert. Als wieder etwas Ruhe eingekehrt war, warf Ruppert einen weiteren Stapel Bilder auf den Tisch und sah Heraldis an. "Wie wäre es, wenn du uns die Wahrheit erzählst, Herr?"
Der war vollkommen entsetzt nachdem er die Bilder durchgeblättert hatte.
"Wie ... woher ...?" Er sank in seinen Stuhl und schlug die Hände vor das zerkratzte Gesicht.
Also begann Sebulon zu erklären: "Diese Bilder wurden von demselben Ikonographen gemacht. Herr Heraldis wusste nicht, dass die Daemonen jeden Tag zwei Bilder von seinem jeweiligem Aufenthaltsort machten. Anhand dieser Bilder können wir erkennen, dass er in den vergangenen vier Monaten viel Zeit in Quirm verbracht hat. Zwischendurch, vor zwei Monaten, war er kurz in Ankh-Morpork, hat hier die falschen Bilder der Achatenen Mauer gemacht und reiste dann zurück nach Quirm. Vor einigen Tagen kam er schließlich wieder hier an."
Minuette war von Romulus auf ihren Stuhl gedrückt worden und starrte wütend auf Zymander. "Alles umsonst", flüsterte sie immer wieder vor sich hin, "alles umsonst".
Ruppert ging zu ihr und sagte: "Ja, alles umsonst. Dabei war alles so gut geplant, nicht wahr? Wer hat ihn vom Turm gestoßen? Du oder er?"
Heraldis sah panisch auf aber Minuette schien den llamedonischen Wächter zu ignorieren. Dann sah sie auf ihren Verlobten und zischte ihn an: "Du elender Dummkopf, du Feigling, hätte ich dich doch nie kennen gelernt!"
"Was dann?", warf Ruppert sanft ein.
"Dann hätte ich ..." Erschrocken hielt sie inne.
"Deinen Onkel nicht vom Turm gestoßen?", ergänzte Sebulon.
"Das war ich nicht! Er war es", rief sie haßerfüllt und deutete auf Heraldis. "Und dann hat er mich bedroht und ..."
Jetzt sprang auch Heraldis auf und begann zu schreien: "Du elendes Weib! Du hast mich in all das hineingezogen. Ohne dich ..."
Alle anwesenden Wächter im Raum sahen sich zufrieden an wie satte Katzenbabys. Sie wussten genau: Wenn die Verdächtigten erst einmal anfingen sich gegenseitig zu beschuldigen, war der Fall so gut wie gelöst.
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Sebulon
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Die Morgensonne strich ihnen über die Köpfe.
"Eins wurmt mich wirklich an diesem Fall", sagte Ruppert und lief genüsslich mit geschlossenen Augen neben dem mittlerweile reichlich abgespannten Zwerg her. Die Straßen waren zwar belebt, doch nicht so sehr, dass er einen Zusammenstoß ernsthaft hätte befürchten müssen. Er ließ sich vom Pflaster unter seinen Sohlen leiten. "Dieser Igor kommt frei. Das ist ungerecht."
"Da sollen sich doch die Anwälte drüber streiten", meinte Sebulon gleichgültig und zuckte mit den Schultern. Ein Igor war im Grunde nur ein besseres Werkzeug, immer bereit, völlig dem Meister verpflichtet. Was sollte man einen Hammer einsperren? Manchmal war er wirklich dankbar, dass er mit dem wächterlichen Schutzauftrag zur eindeutigen Exekutive und nicht zur undurchsichtigen Judikative gehörte. "Die von Wippelsbach hat am Ende doch noch gestanden, dass sie den Befehl gegeben hat. Was muss ich da wissen, ob der Igor mitschuldig ist? Er selbst sagt ja, dass sie ihm mit üblen Konsequenzen gedroht hat, das ist schon fast Mord aus Notwehr."
Ruppert murrte nur, erwiderte aber nichts.
"Ich frage mich eher", fuhr der Zwerg fort, "warum der verstorbene Greyfenbyrg so ein eigenwilliges Testament aufgesetzt hat."
Ruppert öffnete die Augen, blieb kurz stehen und bewunderte die Architektur des Bauwerks rechts von ihnen. Es wirkte wie ein surreales Gemälde, das keine rechten Winkel kannte. Wenn man es zu lange betrachtete, bildete man sich ein, dass es wackelte, allein durch die Intensität des Blicks. "Das ist vielleicht wie mit diesem Haus: Es ist alt und viele haben daran gebaut; jetzt ist es krumm und schief. Ich wette, es knarrt, wenn man die Tür öffnet. Hör nur, es knarrt schon allein, wenn der Wind nur dagegen bläst!" Beide Wächter starrten das Haus an, es wackelte und ein pfeifender Luftzug untermalte die Instabilität des Gebäudes, indem er die Balken knarzen ließ. "Zymander mochte seinen verzogenen Schwiegersohn in Spe nicht, offensichtlich. Er wollte ihn blamieren, zu Fall und wenn möglich hinter Gitter bringen. Als wenn er ein Haus abreißen wollte." Die Augen des Vektors wanderten suchend über die spinnennetz-artige Konstruktion vor ihm. Es war überhaupt ein Wunder, dass sich das Haus nicht längst von selbst eingeebnet hatte. "Wenn man dieses Heim zum Einsturz bringen will, dann muss man nur den richtigen Balken fort nehmen." Er deutete auf einen bereits halb gesplitterten Balken, der das Haus gegen dasjenige auf dem Nachbargrundstück abstützte. "Dort, würde ich sagen. Es hat den alten van Greyfenbyrg nicht viel Kraft gekostet. Er hat Zymander an einer empfindlichen Stelle geprüft und es war todsicher, dass ..."
Motiviert durch Übermut und Übermüdung holte Sebulon mit dem Fuß aus. Rupperts Hand war gerade schnell genug, um die Wucht des Aufpralls zu dämpfen. Das entstehende Geräusch klang wie ein leises '
Kronkch'. Mit schreckgeweiteten Augen beobachteten beide Wächter, wie sich ein weiterer Riss im Holz bildete. Sekundenlang hielten sie die Luft an, doch das Holz brach nicht.
"Todsicher?", fragte Sebulon leise, wagte es kaum zu atmen.
"Vielleicht habe ich mich geirrt", stöhnte Ruppert und rieb sich seine schmerzende Hand. "Zu deinem Glück."
"Entschuldigung", sagte Sebulon.
Eiligen Schrittes verließen sie das leise vor sich hin schwankende Gebäude.
Bei Olof's war um diese Uhrzeit normalerweise geschlossen aber Olof hatte für Ruppert ein Auge zugedrückt. Der Duft von Apfelkuchen schwebte bereits im Raum und den beiden Wächtern lief das Wasser im Mund zusammen.
"Weißt du", sagte Sebulon, "manchmal habe ich Angst etwas zu essen." Einen Augenblick lang betrachtete er seine Kakaotasse mit dem großen Henkel und dem kleinen weißen Untersetzteller, die viel zu schick für seine Verhältnisse wirkten. "Einfach weil man sich als Wächter so viele Feinde macht. Verstehst du, was ich meine?"
Ruppert nickte langsam. Als Vektor kam man zwar eher in den Genuss, den Bürgern ein Freund zu sein, als wenn man Rekruten durch die GRUND-Zeit schubste und sie davon abhielt, Unfug zu treiben - aber wirkliche Angst hatte er nicht. Trotzdem vermutete er, dass sich hinter der Stirn des jungen Zwergs etwas anbahnte.
"Du hast von deinem angedachten Abteilungswechsel geredet, und ich hab mir überlegt ...", fuhr Sebulon fort.
Seine Abteilung. Assoziationen sprangen durch Rupperts Kopf: Rea. Die Unglücksnacht mit dem stets halb abwesend wirkenden Jargon. Der erfrischend muffige Geruch des SEALS-Bereitschaftsraums. Das Lächeln einer Anwältin. Streife im morporkischen Regen. Kapuzenmäntel. Kaffeeduft. Rea. Ein Streit mit DeMorgue. So viele Gesichter gehörten zu seinem Dschob, so viele Zivilisten hatte er kennen gelernt ...
Als Rea sich schon wieder in seinem Verstand manifestierte, merkte er, dass Sebulon bereits eine Weile nicht mehr redete. Überrascht und ein wenig beschämt sah er ihm in die Augen.
"So ist das", sagten beide gleichzeitig. Der Zwerg lächelte müde, griff nach seinem Kakao und begann ihn geräuschvoll zu schlabbern.
Die Worte 'Abteilungswechsel' und 'Ordnung schaffen' winkten aus einer Ecke des menschlichen Bewusstseins. "Und wohin würdest du wechseln?", fragte Ruppert.
"Ich hoffe doch nicht, dass ihr die Stadt verlasst!", lachte Olof. Auf seinen schweligen Bäckerhänden trug er drei große Teller mit jeweils einem Viertelkuchen, aus denen das blankpolierte Silber je einer guten Kuchengabel ragte. "Seit ich Ruppert kenne, lerne ich jede Woche neue Leute kennen. So viele Kunden hatte ich in meinem Leben nicht." Er stellte die Teller ab und klopfte dem Llamedonen schlappend auf die Schulter. "Junge, du hast ein Talent für Menschen."
"Und Zwerge", grinste Sebulon, nach einer Kuchengabel greifend. Die beiden anderen Männer taten es ihm gleich.
"Auf die Frauen", raunte Olof und hob die Kuchengabel feierlich. "Ohne sie wäre das Leben farbloser, die Rezepte geschmackloser und unser Kopf völlig ohne Beschäftigung."
Lachend stimmten die Wächter ein: "Auf die Frauen!"
[1] Es handelte sich um Mala Blechgärtners Kommentar zum Klassiker Ulrich Wiesel, "die Geschichte des Rechts in Ankh-Morpork". Sie dekonstruierte an bewusster Stelle die -aus ihrer Sicht zu romantischen- Vorstellungen Wiesels im Kapitel über die "Frühformen Ankh-Morporkianischen Rechts". Einen gemeinsam unterzeichneten Vertrag darüber, dass man davon absah sich bei Streit zunächst gegenseitig den Kopf einzuschlagen, hielt sie in Anbetracht der damals geringen Alphabetisierungsquote für illusorisch.
[2] Der Llamedone trug selbstverständlich auch an diesem Tag
Frauenkleidung einen Rock die traditionelle Kleidung seiner Leute.
[3] Seramis: Gottheit der teilweise bewölkten, jedoch größtenteils sonnigen Sommertage.
[4] Der Auftrag, die gewisse Frau von Wippelsbach zu verhören, wurde erst eine Woche später von seinen Kollegen geöffnet, als Jack sich am Morgen seiner Rückkehr aus dem Urlaub krank gemeldet hatte.
[5] Genau genommen mit der Spitze seines Bartzopfes
[6] Der Anwalt hatte im Vergleich mit anderen Ankh-Morporker Dienstleistern überdurchschnittlich lange Öffnungszeiten: Mo 08-18, Mi 10-20, Fr 10-12, Oc n.V.
[7] "Diejenigen verdächtigten unverdächtigen Verdächtigten können unter dem Verdacht der verdächtigten Verdächtigung verdächtigt werden unverdächtig zu sein und somit als besonders verdächtig zu gelten." Allgemeines Gesetzbuch, Paragraph 74, 1.5
[7a] Es ist schon ein Weilchen her.
[9] Er hatte Geschichten über von Himmelfleck gehört ...
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