Paul - mit dem Verwöhnaroma.
Dafür vergebene Note: 10
Lilli BaumGähnende Leere herrschte in der Kaffeetasse und auch an dem Platz, an dem für gewöhnlich ihre Kaffeemaschine mit dem darin wohnenden Kaffeedämon Paul stand.
Etwas irritiert stand die verdeckte Ermittlerin Lilli Baum da und starrte abwechselnd von besagter Tasse zu dem Ort an den sie sich diese hätte füllen lassen können.
"Ha! Endlich sind wir diese Nervensäge von einem Kaffeedämon los!", krächzte Horatius triumphierend und schaute aus dem kleinen Fenster an seinem Kasten, der momentan um den Hals der Wächterin an einer langen Schnur hing. Lilli warf ihm einen tadelnden Blick zu.
Es herrschte kein Zweifel, jemand war in R(a)um 6 eingebrochen und hatte ihren Kaffeedämonen entführt. Wie infernalisch! Wie gemein! Wer könnte nur für so eine perfide Tat verantwortlich sein?
Die verdeckte Ermittlerin rümpfte die Nase und entschloss sich dem Verbrechen auf den Grund zu gehen. Es konnte schließlich nicht angehen, dass sie ihr Büro betrat, weil sie einen schönen leckeren Kaffee genießen wollte und dann keinen bekam., weil jemand sie unbedingt bestehlen musste. So eine Unverschämtheit, dabei hatte sie den Dämon doch selbst aus der Kantine im Wachehaus in der Kröselstraße
entwendet mitgebracht.
Aufmerksam schaute sich Lilli Baum in ihren Büro um und entdeckte schließlich einige braune Krümelchen auf den Boden. Sie ging in die Knie, befeuchtete einen Finger und tippte in die Krümel, um sie einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen.
Lilli kniff die Augen zusammen. Das Zeug sah aus wie Kaffee.
Sie schnupperte daran. Es roch auch so.
Schließlich unterzog sie die Krümel einer oralen Analyse. Es schmeckte auch wie Kaffee
[1]!
Aha! Das war doch ein entscheidender Hinweis. Sicher handelte es sich um eine Spur, die ihr ihr treuer kaffeekochender Gefährte Paul gelegt hatte, damit sie ihn finden und aus den Klauen seines grausamen und brutalen Entführers befreien konnte!
Lilli schaute sich genauer auf den Boden um und entdeckte in Richtung der Tür weitere Kaffeebröckchen.
Aha! Die Indizien waren eindeutig , der Entführer hatte die Tür benutzt. So ein gerissenes Schlitzohr. Er nutzte geschickt die Eigenheiten der örtlichen Lokalitäten des Wachhauses aus. Hätte Lilli es nicht besser gewusst, dann hätte sie diesem genialen Meisterdieb den gleichen hohen Intellekt wie einer Eiche zugesprochen.
Aber die verdeckte Ermittlerin wusste ja, dass Bäume sich eher selten kleptomanisch betätigten.
Auf allen vieren kroch Lilli aus R(a)um 6 hinaus auf den Gang und folgte dabei der Spur aus braunen Bröckchen gerösteten Kaffees. Zunächst bog sie nach links ab, anschließend nach rechts, da die verräterische Spur aus Beweisen eindeutig in Richtung der Treppen verlief.
Lilli stutzte einen Moment, als sie zu der Treppe nach unten gekrochen war, dort aber keine weiteren Bröckchen entdeckte. Die andere hingegen, die nach oben wies weitere Brocken der verdächtigen Substanz auf. Oho, der Fall wurde immer verwickelter. War das ein Ablenkungsmanöver? Hatte der Dieb vielleicht doch die Treppe nach unten genommen und bewusst eine Falsche Spur gelegt?
Lilli Baum überlegte eine Weile, bis sie schließlich die entscheidende Eingebung traf. Natürlich! Der Dieb war über das Dach geflohen und hatte sich dann mit Hilfe seiner katzengleichen akrobatischen Fähigkeiten aus den Staub gemacht. Aber so leicht wurde er eine Lilli Baum nicht in die Irre führen! Sie erkannte schließlich sofort, dass es sich um die nicht vorhandene Spur auf der Treppe nach unten um ein Ablenkungsmanöver handelte, dass sie nur davon abhalten sollte, oben weiter zu ermitteln. Aber von so einem Plan würde sie nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wild entschlossen krabbelte die Wächterin Stufe um Stufe in den zweiten Stock hinauf.
Dort kam ihr jemand entgegen. Und räusperte sich.
"Lilli, kannst du mir vielleicht einmal erklären, warum du hier die Treppe raufkriechst?"
Die Angesprochene schaute nach oben in das fragende Gesicht ihrer ehemaligen Ausbilderin Ophelia Ziegenberger. Sie salutierte hastig und tippte dann auf der Glasscheibe von Horatius Kasten, der immer noch um ihren Hals hing, herum, worauf der Dämon in einem verschwörerischen Tonfall behauptete: "Wir ermitteln in einem Entführungsfall!"
Anschließend kroch Lilli weiter nach oben, an Ophelia vorbei.
Die Lance-Korporal schaute ihrer Kollegin einen Moment lang hinterher, zuckte aber schließlich mit den Schultern und setzte ihren eigentlichen Weg wieder fort. Es war schließlich nichts neues, dass Lilli sich manchmal etwas sehr seltsam benahm.
Im zweiten Stock stellte Lilli mit Erstaunen fest, dass die Spur nicht weiter nach oben, sondern in Richtung der Tatortwächterbüros führte. Von so einem kleinen Rückschlag in Bezug auf ihre These ließ sie sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und kroch höchst entschlossen ihren Kaffeedämonen zu retten weiter, bis sie schließlich die Tür des Tatortwächterbüros mit der Nummer eins erreichte. Davor befanden sich auffällig viele Kaffeekrümel.
Die Tür stand einen Spalt offen, so dass Lilli ihr kurz entschlossen einen Stoß versetzte um in den Raum kriechen zu können.
"Lilli!", rief da Paul: "Endlich bist du hier! Die da hat meine Kaffeedose kaputt gemacht, so dass die Hälfte rausgerieselt ist!", verkündete der Kaffeedämon in einem weinerlichen Tonfall.
Lilli rappelte sich auf und starrte die Entführerin an, die sich gerade mit einem seeligen Gesichtsaudruck eine Tasse Kaffee hinter die Binde kippte und noch gar nicht bemerkt hatte, dass die Kollegin aus RUM eingetroffen war.
KathiopejaKathiopeja saß vor einem Buch und ärgerte sich zu tiefst. Sie trank einen Schluck aus ihrer Tasse und verzog das Gesicht. Warum konnte dieser unfähige Dämon nicht einmal, nur ein einziges mal, ordentlichen Kaffee kochen?!
Immerhin war er warm
[2] und, was weitaus wichtiger war, sie hatte dafür ein paar ihrer guten klatschianischen Bohnen her gegeben.
Sie beschloss, dass es Zeit für eine kleine Pause war, stellte die Kaffeetasse auf das Buch, darauf bedacht einen großen Fleck darauf zu hinterlassen, und machte sich auf den Weg in die Pathologie zu ihrem Freund Jack Narrator. Nachdem er sie vor die Wahl zwischen ihm und den Kaffee gestellt hatte, ging der hoch empfindliche Ermittlerinstinkt der jetzigen Tatortwächterin (in Ausbildung) davon aus, dass er es nicht mochte, wenn sie in seiner Gegenwart Kaffee trank. Doch mit dem Trinken ihres geliebten Getränks an sich hörte sie nicht auf, denn ihre Kaffeesucht redete der Wächterin gut zu, dass er das ja wohl kaum ernst meinen konnte.
Als sie die erste Stufe ins untere Geschoss betrat, hielt sie kurz inne. War das...? Konnte das sein...?!
Schnell brachte sie die Treppe hinter sich. Der angenehme Duft wurde immer stärker. Tatsächlich! Es roch nach
gutem Kaffee!
Schnell verwarf sie den Gedanken ihren Freund zu besuchen. Statt dessen entschied sie sich, diesem wundervollen Geruch zu folgen.
Wie sich heraus stellte, kam der Kaffeeduft aus R(a)um 6. Vorsichtig steckte sie den Kopf hinein. Was für ein Glück! Bis auf den Kaffeedämonen, den sie sofort erblickte, war das Büro leer. Langsam trat sie näher.
"Na wer bist denn du?", fragte sie mit einem beunruhigenden Unterton in der Stimme.
"Ich bin Paul."
"Soso... Paul."
Gierig sah sie den kleinen Dämon an, der sich immer unwohler fühlte.
"Was machst du eigentlich hier? Ich hab dich noch nie gesehen. Und überhaupt, finde ich... HE!"
Ohne ein weiteres Wort hatte die ehemalige Ermittlerin den ganzen Apparat geschnappt und sich unter den Arm geklemmt.
"Das kannst du nicht machen! Ich gehöre Lilli!", beschwerte sich das Wesen.
Behutsam näherte sich die kaffeesüchtige Klatschianerin der Tür. Als sie hörte, wie sich jemand näherte, sprang sie ein wenig zurück und stieß dabei mit dem Kaffeebehälter gegen einen Schreibtisch.
"Nun sieh dir die Sauerei mal an! Überall liegt Kaffee!"
Kathis Augen hefteten sich an den Dämon. Die Sucht hatte jegliche Kontrolle übernommen.
"Wenn du nicht sofort still bist, schaffen wir es nie in den nächsten Stock. Und das wäre alles andere als glücklich für dich. Außerdem ist das Zeug, das du Kaffee nennst, eigentlich sowieso nur Wasser, warte ab, bis du
richtigen Kaffee erlebst!"
Erschrocken verstummte Paul.
In ihrem Büro angekommen, schüttete Kathiopeja den restlichen Kaffee aus dem Behälter weg.
"Solchen Mist sollte man einem guten Dämon wie dir nicht antun.", sagte die Wächterin in verschwörerischem Tonfall.
Sie zog die Schublade ihres Schreibtisches auf und holte ihre klatschianischen Bohnen hervor. Vorsichtig gab sie einige davon in den Kaffeeapparat.
"So und jetzt hätte ich gerne einen Kaffee!"
Selbst Paul war bewusst, dass Menschen von Natur aus nicht für reinen klatschianischen Kaffee gemacht waren. Eine neue Art des Entsetzens ergriff ihn. Diese Frau war definitiv nicht betrunken. Der einzige Grund, weshalb sie ihn dieses Teufelszeug brühen lassen wollte, konnte sein... ja, sie musste wirklich verrückt sein!
Der kleine Kaffeedämon hatte davon gehört, dass manche Menschen sich noch seltsamer verhielten, als gewöhnliche. Es handelte sich hier eindeutig um einen solchen Fall. Alles, was er tun konnte, war, dem Weibsbild den Wunsch zu erfüllen und zu hoffen, dass sie ihn nicht ein einem weiteren Anfall des Wahnsinns als Keksbeilage aß.
Bereits beim Aufbrühen erfüllte der beinahe unangenehm starke Geruch von Kathis Kaffee das gesamte Büro.
"Schon der Duft ist ganz anders als bei meinem unfähigen Vieh.", meinte die Klatschianerin verträumt.
Eilig sah Paul sich nach dem anderen Kaffeedämonen um. Doch alles was er entdeckte, war das leere Gehäuse.
Er mochte nicht darüber nachdenken, was die durchgedrehte Menschenfrau wohl mit dem Dämonen getan hatte.
Voller Freude nahm sie die Tasse mit heißem Kaffee aus dem Apparat. Begeistert starrte sie in das tiefe Schwarz.
Sie bemerkte nicht, wie sich die Tür ein kleines bisschen öffnete.
Kathi setzte die Tasse an die Lippen und trank den besten Kaffee ihres Lebens. Er war bitter, er war stark und er beruhigte ihr Verlangen. Mehr erwartete die Hauptgefreite nicht von ihrem Getränk.
Die Tür öffnete sich weiter und eine Wächterin krabbelte auf allen Vieren in den Raum.
Kathiopeja sah sie erstaunt an. Sie kannte sie... Das war doch die Kollegin von RUM, die sich für einen Baum hielt. Sie hatte schon mal mit ihr zu tun gehabt.Wie war doch gleich der Name?
"Oh, hallo... ähm... Lilli?"
Misstrauisch wechselte der Blick des RUM-Mitgliedes von Kathi zum Kaffeedämon und zurück.
Verlegen lächelte die Tatortwächterin in Ausbildung.
"Öh... ist das etwa deiner?"
Lilli BaumDas Fenster von Lillis Kasten öffnete sich, Horatius schaute heraus, zeigte auf Kathi und feixte: "Du Kaffeeholikerin, du!"
Epilog- Lilli verzichtete höchst gönnerhaft darauf, Kathiopeja bei den Vorgesetzten wegen der Entführung zu verpfeifen. Diese revanchierte sich im Gegenzug damit, dass sie nicht meldete, dass Lillis S.P.R.E.C.H.-Dämon sie beschimpft hatte.
- Kathiopeja blieb auch in der Folgezeit immer noch Kaffeesüchtig.
- Ebenso zeigte sich keinerlei Verbesserung, was Lillis Bereitschaft zur Oralen Kommunikation anging.
- Beide frönen seit diesem Vorfall jedoch öfters dem gemeinsamen Hobby des Kaffeetrinkens und verstehen sich recht gut.
- Ende :)
[1] und nach dem Putzmittel, das die Putzfrau zum Wischen der Böden verwendete
[2] Wobei sie über das Stadium hinaus war, in dem es sie ernsthaft interessierte, welche Temperatur ihr Getränk hatte.
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