Anmerkung: Spielt in der Zeit, in der Kanndra noch Abteilungsleiterin von RUM war.
Im Hafen wird ein Schiff angetrieben.
Alle Leute an Bord sind tot.
Haben sie sich gegenseitig umgebracht, war es ein Massenselbstmord, oder steckt etwas anderes dahinter? (Ausbildungsmission)
Dafür vergebene Note: 11
SeptimusNicht ein Zeichen einer anderen Seele gönnen die Fluten mir, teilnahmslose Ketten. Es ist ein kaltes Auf und Ab. Die Wellen, zähnefletschendes Schäumen, gieriges Züngeln, Kälte. Ich versuche meine Beine zu spüren, aber sie sind zu kalt. Es kostet alle Kraft mich an das Holz zu krallen. Ich halte mich fest. Ein kaltes Auf und Ab. Was trägt mich noch? Der Himmel ist dunkler geworden, der Wind stärker. Er erzählt Geschichten, flüstert, platscht, rauscht, balgt mit den Wellen, ohne einen Blick auf die Sterblichkeit. Keine Sterne. Aufgewühlte Silberhäute tauschen mit endlos einsamem Schwarz, wie auch ich. Mein Körper friert. Ungebändigte Kälte vor Nässe weniger als vor Trauer.
Irgendwann - die Schleier der Zeit sind schon lange aufgelöst - ist es nicht mehr die Trauer. Sie verschwimmt mit dem Horizont und verschwindet, überlässt mich dem Dunkel. Der Schmerz verteilt sich gleichmäßig auf den Körper. Halbverrückte Sinne kräuseln. Dann, irgendwann, spüre ich gar nichts mehr. Meine Beine verschwinden, das Gefühl für meinen Körper lässt nach. Konfrontation mit der Endgültigkeit. Es gibt keinen Grund mehr zu lächeln. Ich treibe und beobachte, wie die Wellen sich brechen und die Gischt mit meinen Tränen Eins wird. Nichts war je sicher. Das Vergnügen sich selbst zu belügen zerfließt, wenn ich an die anderen Seelen denke. Zu viele Schreie. Jetzt sind sie verstummt, die Flut hat sie mitgenommen.
Erbarmungslose Stille schimmert Reflektionen. Spiegelbilder einer Zivilisation. Sie werden nicht kommen. Wohin führt mich diese Reise? Ist sie erträumt? Wann werde ich zerbrechen? Wann werde ich loslassen? Vielleicht wird es angenehm sein, kurz vor dem kalten Kuss, vielleicht sogar warm. Was ist schon Stärke, eingesperrt in einer endlosen Weite? Meine kandierte Wirklichkeit zerfließt, wird fortgetragen, verkrustete Gedanken und Häute reißen auf. Ich bin ein Traum. Mein Traum. Auf tanzendem Nass in Vergessenheit geraten. Eine Vibration im Geiste, ein Beben aus der Tiefe. Atmend, immer noch. Septimus. Septimus!
"SEPTIMUUUUS!"
Der Gnom schreckte hoch. Er verlor für einen Moment das Gleichgewicht und das große gebogene Rindenstück auf dem er saß schwankte bedrohlich
"Wach endlich auf! Es gibt Essen!"
Vom Ufer her hörte er seine Mutter beharrlich plärren:
"Komm aus dieser Kloake raus! Es gibt Essen!"
"Das ist ein See, Mama!", rief er schläfrig zurück. Dann griff er nach seinem Löffel und paddelte mit ihm zurück.
"Wie siehst du denn aus? Unmöglich!" rief Ochenta Ebel aus, als ihr Sohn das Ufer betrat.
Der Gnom sah an sich herab. Der Anblick - Sandalen und Flickenmantel - zeugten von Normalität. Er ordnete das feine braune Haar und fuhr dabei prüfend über seine Pläte. Dass der kahle Fleck und sein zerknautschtes Gesicht dem weiblichen Geschlecht für gewöhnlich keine Lobeshymnen abrangen, war ihm bewusst. Doch warum reagierte seine Mutter auf einmal so entrüstet über sein Äußeres?
"Du hast doch Besuch!"
Besuch? Septimus brauchte einen Moment, um diesen Begriff zuordnen zu können. In der betroffenen Schublade seines Gedächtnisses befanden sich einige wenige Dokumente, sehr staubig. Seit dem Tod seines besten Freundes Lunk hatte er keinen Besuch mehr bekommen. Wer konnte das sein?
Vor der Tür - oder eher: der Spalte im Baum, die die Familie als Tür benutzte - saß die angehende Ermittlerin Ayure Namida, einen Eierbecher haltend und einen für sie lächerlich winzig aussehenden Löffel. Offensichtlich hatte Ochenta ihr ein hausgemachtes Quarkfrühstück aufgeschwätzt. Die neue Uniform stand ihr gut, fand Septimus. Auf ihren Knien balancierte Ayure gleichzeitig ein Buch, auf das ihre grauen Augen fest gerichtet waren. Wild flitzten sie von der einen Seite zur anderen, während Ayure las. Es hätte etwas erschreckend Mechanisches an sich gehabt, wäre da nicht ihre Unterlippe, die etwas zu entspannt schon wieder liebenswürdig aussah. Sie war so vertieft, dass sie die Ankunft der beiden Ebels nicht registrierte.
Ochenta räusperte sich laut und erwartete - ganz die Hausherrin - eine Reaktion von Ayure. Inzwischen wusste Septimus, dass es einiges Mehr bedurfte, um Ayure aus ihrer Lese-Trance herauszureißen. Er wandte sich an seine Mutter und sagte so laut, dass auch das kleinste Bewusstseinskrümelchen in Ayures Hirn es mitbekommen musste: "Ich habe gehört, am Hier-Gibts-Alles-Platz verschenkt so ein Verrückter Bücher!"
Sofort stand Ayure kerzengerade. Ihre Lektüre fiel zu Boden, sie hob das Buch hastig auf. "Was? Bücher? Geschenkt?"
"Hallo Ayure", bemerkte Septimus - jetzt, da er ihre Aufmerksamkeit hatte - trocken.
"Oh Hallo", das 'Kleiner' verschluckte sie noch rechtzeitig. Man sollte diese Gnome nicht reizen, dachte sie.
Er gähnte. "Der Tagesanbruch ist für die meisten Ankh-Morporker noch eine Stunde entfernt. Was machst du hier?"
Im nächsten Moment bemerkte der Gnom, wie schroff seine Worte klangen. Innerlich schreckte er vor sich selbst zurück. Es fiel ihm schwer, sich aus seiner Garstigkeit herauszupellen. Selbst, dass Ayure ihn schon in einigen Fällen bei GRUND unterstützt hatte, machte es ihm nicht viel leichter. Beziehungen jeder Art machen alles nur kompliziert, dachte er grimmig. Selbst eine solch mikrokosmische Alltagssituation überforderte seine soziale Kompetenz.
"Kanndra schickt mich. Doris von Zitti, unsere Püschologin, will uns etwas zeigen oder so ähnlich. Ich wollte dich abholen, bevor Frau Wilichnicht am Wachtresen auftaucht und wir vielleicht an ihr vorbei müssen."
Der Gnom sah deutlich, wie ein Schauer durch Ayures Körper fuhr, ihr Gesicht wurde noch weißer als es ohnehin schon war bei dem Gedanken an die niemals zufriedene Hysterikerin Frau Wilichnicht.
Septimus wunderte sich, wie selbstverständlich Ayure von "unserer Püschologin" sprach. Hatte sich die Zugehörigkeit zu RUM schon so tief in ihr festgesetzt? Septimus brauchte seine Zeit, um sich an die neuen Personen, die neue Umgebung zu gewöhnen. Fast ging ihm die Ausbildung bei GRUND zu schnell. Schon wieder wurde er in ein neues Umwelt geworfen. Sein einziger Rettungshaken war Ayure, denn sie war die einzige, die er in der neuen Abteilung kannte. Es freute ihn, dass sie ihn abholte, er war nur nicht fähig es zu äußern.
"Das ist ... nett ... von dir", sagte er mit dem Stammeln eines Beichtenden.
Ayure honorierte seine Überwindung mit einem Lächeln. "Dann lass uns losgehen. War das mit den Büchern eben ernst gemeint?"
Der Gnom musste grinsen.
"Guten Morgen", begrüsste die Abteilungsleiterin von RUM die beiden Rekruten sachlich. Sie sah beschäftigt aus, als sie gleichzeitig die dunklen Augen über Akten huschen ließ, sich eine lockige Strähne aus dem Gesicht strich und redete. "Ayure: Du kannst gehen. Danke für den Botendienst. Der Versuch findet im Pausenraum des zweiten Stocks statt, du kennst die Prozedur ja."
Ayure nickte mit einem etwas verschreckten Gesichtsausdruck. Sie warf Septimus einen Blick zu, den er als ein Es-tut-mir-Leid interpretierte, was ihn nur noch mehr verwirrte. Dann war sie auch schon fort.
"Versuch, Mäm?"
"Nennen wir es lieber: einen Test. Euch werden einige Aufgaben gegeben. Das Ergebnis des Tests wird für eure weitere Ausbildung richtungsgebend sein. Also rate ich dir, die Sache ernst zu nehmen."
"Das tue ich, Mäm", versicherte Septimus seiner Ausbilderin schnell.
"Falls dich das beruhigt, es werden auch einige der Ausbilder und andere Abteilungsmitglieder teilnehmen. Es wird bei keinem eine Ausnahme gemacht."
"Das beruhigt mich nicht, Mäm."
"Wie auch immer. Begebe dich zum Pausenraum Nummer zwei, dort wird dir Gefreite Doris von Zitti dir den Versuch ... äh...Test erklären."
Beunruhigt betrat Septimus das Zimmer. Kurz darauf erhalte eine Stimme, die ihn an eine Mischung aus Brummen und Bellen erinnerte. Offensichtlich hatte diese Püschologin bereits mit den Erläuterungen begonnen: "Das VP ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Verhaltensweise x in der Situation s mit Aussicht auf eine Verstärkung eintritt. Argh. Da ist ja der Letzte im Bunde! Gefreiter Ebel, nehme ich an?"
Die Zwergin musterte ihn bestimmt. Doris stampfte rhythmisch mit ihren eisenbeschlagenen Stiefeln auf den Boden und grummelte etwas von: "Spät dran."
Septimus sah sich rasch um. Die Tische waren in drei Reihen angeordnet worden. Es waren sechs Tische, an jedem saß ein Mitglied von RUM. Ein Platz vorne war noch frei. In der hintersten Ecke befand sich Ayure, auf ein Blatt Papier starrend. Die anderen beiden Anwesenden kannte der Gnom nicht. An dem Tisch neben der werdenden Ermittlerin saß eine junge Frau mit schulterlangen braunen Haaren und grünen Augen, die seltsam starr den Raum durchstochen. Ihr Oberkörper bewegte sich hin und her, als würde sie sich selbst in den Schlaf wiegen. Ein okkultes Knarren ertönte gleichzeitig mit ihrer Bewegung. Septimus musste an jene Kinder denken, die ihren Kopf im Schlaf immer wieder ins Kopfkissen schmissen, um sich selbst in die Traumwelt zu wiegen. Und an einen Mischwald.
"Ich wette, die pennt mit offenen Augen. Ich kann mir vorstellen, dass das von Nutzen sein kann. Aber seltsam sieht es schon aus." Dieser Kommentar stammte von Lunk Dusche, genauer gesagt von Lunks Geist, der soeben neben Septimus auftauchte. Der Gnom versuchte seinen Freund zu ignorieren. Die Vergangenheit hatte gezeigt, dass es unklug war, sich mit jemandem zu unterhalten, der für andere nicht sichtbar war. Es führte bei den Beobachtern zu Verwirrung, die sich negativ auf den Ruf des Gefreiten auswirkte.
Vor Ayure saß ein Mann Mitte zwanzig. Braunes Haar. Markante Augenbrauen.
"Korrigiere: Augenbraue", mischte sich Lunk wieder ein.
Das lange Gesicht ließ die grünen Augen des Mannes klein wirken. Müde. Gleichzeitig tänzelte sein Blick zwischen Strenge und Höflichkeit (zugegeben, sicher kein wilder Tanz, eher in Richtung Rumba für Senioren, also recht gemächlich). Eine Narbe an der rechten Wange ließ ihn auf Septimus erfahren wirken und korrekt. Der ist jemand, der sich an die Regeln der Wache hält, und von allen anderen erwartet, dass sie das auch tun, dachte er.
Dann erhaschte er noch einen Blick auf die dunkelhäutige Gestalt neben dem Mann. Sie hatte langes Silberhaar mit fein geflochtenen Zöpfen und eisblauen Augen.
"Nun, Herr Ebel, setze dich bitte", wuffte die Püschologin neben ihm. Septimus fiel auf, dass sie - sie? - einen in Zwergenkreisen ungewöhnlich kurzen Bart hatte. "Ich fahre fort: Das VP ist eine Funktion f sowohl der Erwartung E, dass die Verhaltensweise x in der Situation s zur Verstärkung v, als auch des Verstärkungswertes VW, den die Verstärkung V in der Situation s für das Individuum besitzt."
Der Gnom hätte gerne verstanden, was die Zwergin gerade zu erklären meinte, doch sein Nervensystem wurde in diesem Moment von einer gewaltigen Faust aus Stresshormonen durchgeschüttelt, da er nun gezwungen war, sich in diesen Raum mit Fremden zu setzen und eine Testsituation zu überstehen. Rasend schnell schlug sein Herz, wie das Herz eines Kaninchens, das das Pech hatte, einem Fuchs in die Augen zu sehen.
Doris fiel das Stutzen des Gefreiten auf. Freundlich sagte sie: "Du bist neu hier, nicht? Also das hier", sie zeigte mit dem Finger durch den Raum auf die einzelnen Personen, "ist Ayure Namida, Ermittlerin in Ausbildung. Dort Lilli Baum, verdeckte Ermittlerin i. Ausbildung - Lilli? Lilli, bist du wach? Hier Chief-Korporal Romulus von Grauhaar, Ermittler, daneben Obergefreite Kathiopeja, ebenfalls Ermittlerin und", sie deutete auf einen falkengesichtigen jungen Menschen, "Gefreiter Rasmus Drachenkumpel, Verdeckter Ermittler in ...du weißt schon. Setze dich neben Rasmus, bitte. Ich erkläre noch einmal eure Aufgabe."
Septimus kletterte am Tischbein hoch und begab sich auf seinen Platz.
"Auf den Blättern, die ich euch gleich geben werde, seht ihr einfache Abbildungen. Es sind jeweils zwei gleiche Gegenstände abgebildet und ihr müsst feststellen, welcher der beiden der größere beziehungsweise der längere ist. Ich hoffe, alle Beteiligten wissen, wo links und wo rechts ist?"
In Ankh-Morpork war dies eine durchaus berechtigte Frage.
Alle nickten.
"Gut."
Sie begann, die Bögen auszuteilen. Septimus fiel ein Stein, ein Brocken(!), vom Herzen. Wie simpel! Auf dem Papier waren lediglich mehrere Paare von schwarzen Balken abgebildet. Das war es? Das war der Test? Kurz überlegte er, wo der Haken an der Sache liegen konnte. Aber er fand nichts Unverständliches oder Problematisches an der Aufgabenstellung.
"Also, wenn ich euch frage, antwortet ihr in der Reihenfolge, in der ich euch eben vorgestellt habe. Als letztes du, Septimus. Kommen wir zur ersten Abbildung. Ayure? Welcher ist der längere Balken?"
Septimus freute sich für Ayure, denn er traute ihr zu, diese Aufgabe mit Leichtigkeit zu bewältigen. Sein Körper und sein Mitgefühl verkrampften sich, als Ayure die falsche Antwort gab: "Der Linke."
Lilli deutete auf den linken Balken.
Aber das war falsch!
Ein Blick auf Doris. Die lächelte bestätigend.
Romulus, Rasmus und Kathiopeja gaben die gleiche Antwort. Der Gnom überprüfte noch einmal seine Meinung. Unübersehbar war der rechte Balken länger. Einen ganzen Finger länger! (Einen Gnomenfinger.)
Alles wartete auf ihn, eine unwirkliche Atmosphäre entstand.
"Aber ... aber. Ich glaube, Mäm. Ich glaube, es ist der rechte Balken."
Doris sah ihn ernst an und kritzelte etwas in ihren Notizblock. War seine Antwort nun richtig oder falsch gewesen? Doris überhörte ihn. Sie muss richtig sein, dachte er. Vielleicht wussten die anderen tatsächlich nicht, wo links und wo rechts war.
"Kommen wir zur zweiten Abbildung. Ayure? Bitte!"
Die Antworten der anderen war überwältigend: falsch. Wieder gaben sie den offensichtlich kürzeren als den längeren der Balken an und schienen damit Erfolg zu haben. Septimus versuchte, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Und wieder bestand er darauf, die richtige Antwort anzugeben. Er bereute seine Entscheidung, als er hörte wie Romulus scharf Luft zwischen den Zähnen einzog, als würde er unter dieser falschen Antwort körperlich leiden. Wieder notierte Doris in ihren Block.
Kanndra Mambosamba ging zügig den Gang entlang.
Was die Püschos sich da schon wieder ausgedacht haben? Mal sehen, was das wird, dachte sie skeptisch. Sie fand den Vorschlag von Doris, Herold und Frän, die irgendetwas von wissenschaftlichen Studien, Feldforschung und Persönlichkeitspüschologie erzählt hatten, merkwürdig. Hatte sich jedoch darauf eingelassen. Wenn sie bei solchen Experimenten ihre Abteilungsmitglieder noch besser kennen lernen konnte, würde es sich sicher lohnen. Besonders neugierig war sie auf ihren Auszubildenden Ebel. Grundsätzlich fand sie gut, dass er sich für etwas einsetzen konnte, wenn er wollte. Allerdings wünschte sie sich, dass er seine Energie mit ebensolcher Begeisterung auch in den theoretischen Teil der Ausbildung und in die Übungen stecken würde, die nicht unmittelbar mit Umweltschutz zu tun hatten. Sie wusste genau, dass er mit der Lektüre, die sie ihm gegeben hatte ("Forrausschauendes Denken im Verhör" - von Martin Zwickmühle), noch immer nicht fertig war. Auch im Observieren und Anschleichen musste er noch eine Menge lernen. Seine misstrauische Art und seine schnell aufwallende Aggression fand sie abstoßend übertrieben.
Wenn er nicht lernt, sich zu kontrollieren, wird er sicher bald Probleme mit IA bekommen, prognostizierte sie.
Da kam die Tür in Sicht. Kanndra bereitete sich auf ihre Rolle vor.
Jetzt besprachen sie das dritte Balkenpaar. Was jetzt geschah, beunruhigte Septimus. Erst freute er sich, denn Lilli, Kathiopeja und Rasmus gaben nun die richtige Antwort. Mit voreiligem Enthusiasmus stimmte er zu. Plötzlich schritt Doris zur Türe und klopfte drei Mal laut. Sofort öffnete sich die Türe und Kanndra kam herein. Die Anwesenden salutierten. Kanndra duckte sich, damit Doris ihr etwas zuflüstern konnte. Dann richtete sich die Abteilungsleiterin wieder auf und verkündete: "Lilli Baum, Kathiopeja und Rasmus Drachenkumpel - ihr könnt gehen. Die Sache hat sich für euch erledigt. Amok Laufen und Ophelia Ziegenberger werden euch ersetzen."
Septimus Glieder verkrampften sich noch stärker. Die drei waren aus dem Raum entfernt worden, sofort nachdem sie die richtige Antwort gegeben hatten. War das eine Bestrafung? Hatten die drei den Test nicht geschafft? Aber warum war er dann nicht selektiert worden?
Der Druck dieser Situation fand seine Spitze als Septimus realisierte, dass Kanndra den freien Stuhl neben ihm besetzte. Hinter ihr kam Amok Laufen, der sich neben Ayure setzte, die wurde rot.
Dann kam Ophelia.
"Wir machen weiter", brummte die Püschologin jetzt. "Wir machen weiter."
Die gleiche Prozedur. Der gleiche kollektive Irrsinn. Einstimmig wählten sie die falsche Antwort. Septimus sah sich hilfesuchend um. Kanndra blickte streng, Ayure mitleidsvoll, Romulus müde - keiner nützte ihm. Ophelia. Sie nickte ihm aufmunternd zu. Er fühlte sich, als strauchelte er auf einem Drahtseil wie zwischen zwei Schicksalen. Der Gnom gönnte sich ein kleines bisschen Trotz. Trotz, nicht Mut. Starrköpfig gab er die richtige Antwort.
Kanndra erhob augenblicklich die Stimme: "Heute beginnt deine Ausbildung, Gefreiter Ebel. Sie ist erst beendet, wenn du zu dem geworden bist, was du werden sollst." Die Atmosphäre war zum ersticken geladen. Septimus dachte über diese Worte nach. Ein Hinweis? Jetzt sprach die Abteilungsleiterin Ayure an: "Fahre bitte fort."
In diesem Moment spürte Septimus, wie die Erkenntnis sich langsam in ihm breit machte.
Seine Nervosität war fortgeströmt vom Schwall der Ereignisse. Jetzt wusste er, dass sie
wollten, dass er die falsche Antwort gab, sich der Meinung der anderen anschloss. Er gab nach und musste an einem Zweig im Wind denken. Im nächsten Moment erschien ihm das kitschig. Septimus gab sich geschlagen und stimmte in den Chor der Masse mit ein.
"Das Experiment ist beendet!", knurrte Doris laut. "Ich danke allen Teilnehmern."
Kanndra streckte dem Gnom eine liebgemeinte Hand entgegen: "Das hast du gut gemacht. Treff mich nach dem Frühstück in meinem Büro. Ich habe da einen Fall, der dich zu interessieren hat. Ayure kann dir ja erklären, was hinter dem Versuch steckt. Du hast dich jedenfalls gut bewährt. Neun von zehn Versuchspersonen haben bereits in der ersten Runde der Meinung der Allgemeinheit zugestimmt. Ich denke, du begreifst?"
Der Gnom nickte perplex.
Ayure, Romulus, Amok und Ophelia gratulierten ihm ebenfalls.
"Also, raus mit der Sprache!"
Septimus ließ Ayure nicht einmal Zeit ihr Frühstück zu beginnen. Den ganzen Weg zur Kantine und bis an den Tisch hatte er sie mit Fragen bombardiert. "Sag schon!"
"Also gut", Ayure legte ihren Apfel beiseite. "Das Experiment sollte zeigen, ob du dich schnell manipulieren lässt und stark auf Gruppenzwang beziehungsweise auf den Druck einer Autoritätsperson einlässt."
"Das heißt, alle eure Antworten waren abgestimmt. Ihr habt andere Auszubildende in die Gruppe eingebracht, damit ich mich mit ihnen identifizieren kann. Und die Ausbilder und höheren Tiere habt ihr verwendet, um mir über die Autoritätsschiene Angst zu machen. Tja, das hat geklappt. Aber warum, zum Teufel, hast du da mitgemacht?"
Der Gnom funkelte sie bereits misstrauisch über das vegetarische Frühstücksmenü hinweg an.
"Für mich bestand der Test in einer anderen Aufgabe. Romulus wollte meinen Gehorsam auf die Probe stellen und hat mich dazu in den Konflikt gebracht, mich entweder an die Anweisungen zu halten, um meine Ausbildung nicht zu gefährden oder dich zu informieren, um - er sagte: 'das letzte Mal Mitglied der Wache gewesen zu sein'. Ich hatte nicht wirklich eine Wahl. Es tut mir Leid, dass ich dich nicht warnen konnte. Aber so haben wir beide unsere Prüfung erfolgreich bestanden. Du bist mir doch nicht böse, oder?"
Septimus dachte kurz über ihre Worte nach. "Nein." Nach einer Pause ergänzte er: "Aber ich würde doch gerne noch etwas wissen."
"Was denn?"
Septimus musste lächeln.
"Sag mal, warum bist du eigentlich so rot geworden, als Amok hereinkam, mh?"
"Ich war genauso aufgeregt wie du, Septimus. Schließlich war das auch für mich ein Test." Nach diesen Worten zog sie demonstrativ ein Buch aus ihrer Tasche und las darin, bis das Frühstück beendet war. Der Gnom merkte sich, dieses Thema nicht noch einmal anzusprechen.
AyureNach dem Frühstück machten sich die beiden Gefreiten auf den Weg in Kanndras Büro.
Sie liefen schweigend nebeneinander den Gang entlang, wobei sich Septimus sichtlich bemühte mit Ayures Tempo Schritt zu halten. Diese las beim Gehen in dem Buch vom Frühstück weiter.
Der Gnom räusperte sich, als Ayure geradewegs am Büro der Abteilungsleiterin vorbei lief.
"Mhm?" machte diese nur und ging seelenruhig weiter.
"Es wäre praktisch, wenn du vor dem Ziel stehen bleiben und nicht blind weiter laufen würdest, bis du gegen eine Wand rennst."
Die Gefreite ging, immer noch lesend, ein paar Schritte rückwärts und Septimus sprang beiseite, als er in ihre Laufbahn zu geraten schien.
"Ayu!" rief dieser wütend durch einen mit Händen geformten Trichter nach oben.
"Jaja, ist ja gut", grummelte sie geistesabwesend, während sie das Buch zuschlug und in ihrer Tasche verstaute, "du musst ja nicht gleich so'n Theater machen, nur weil ich keinen Absatz gefunden habe."
Der Gnom traute seinen Ohren nicht.
Kriegt sie denn überhaupt nicht mit, was in ihrer Umwelt passiert? "Was liest du denn für ein spannendes Buch?"
"Ach, das kennst du sicher nicht. Es ist der fünfte Band aus einer Reihe, die sich 'Zeit des Rades' nennt. Es ist wirklich eine Schande, dass so wenige Leute diesen Zyklus kennen", Ayure schüttelte traurig den Kopf, "dabei ist Jordan Robertson wirklich ein begnadeter Autor!"
Sie schaute hoffnungsvoll zu ihm herunter, als wolle sie jetzt hören, dass er die Bücher von diesem Robbezon kannte - und liebte.
"Nein, das kenne ich wirklich nicht."
Ayure seufzte.
"Na gut, dann wollen wir mal anklopfen."
Mit diesen Worten wandte sie sich Kanndras Bürotür zu und klopfte an.
Von Innen kam ein gedämpftes "Herein" und so atmeten die beiden im Gleichtakt tief durch und Ayure öffnete die Tür.
Kanndra saß in ihrem Sessel hinter dem wuchtigen Tisch und schien in eine Akte vertieft zu sein. Ayure und Septimus salutierten.
"Morgen Mä'äm!" sagten die beiden gleichzeitig.
Kanndra winkte ab und bedeutete den beiden mit einer flüchtigen Handbewegung sich zu setzen. Ayure setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und Septimus setzte sich auf Ayures Knie.
Geduldig warteten sie darauf, dass Kanndra sich an die beiden wenden würde.
Doch diese ignorierte sie zunächst und so sahen die beiden sich um.
Septimus' Blick klebte an der wirklich sehr kümmerlich wirkenden Grünlilie auf ihrem Schreibtisch und man merkte ihm an, dass dieser Anblick seinen Naturschützerinstinkt weckte.
Schließlich hielt er es nicht mehr aus und kletterte auf den Schreibtisch.
Als Ayure ihn dabei beobachtete, wie er die Pflanze pflegte, dachte sie schlechten Gewissens an ihre Topfpflanze und an die unausgesprochenen Vorwürfe des kleinen Naturschützers. Aber sie war ja auch nicht alleine daran schuld. In so einem Saustall wie ihrem Büro konnte ja so gut wie nichts überleben. Manchmal wunderte es sie, dass die drei Gefreiten darin nicht erstickten. Umso mehr bewunderte sie das kleine Gewächshaus von Septimus, in dem alle Pflanzen gesund aussahen. Zum wiederholten Male dachte sie daran, dass sie dem Büro vielleicht doch mal einen Mülleimer spendieren sollte, dann würde der Boden seine Funktion als solcher verlieren und man könnte einen Meter gehen ohne Gefahr zu laufen sich der Länge nach hinzupacken.
"Dürfte ich erfahren, was du da mit meiner Pflanze machst, Gefreiter?"
Ayure schrak auf. Ihr Blick fiel auf Kanndra, die offensichtlich ihre Lektüre beendet hatte und nun, mit den Ellenbogen auf den Tisch gestützt und den Kopf in die gefalteten Hände gelegt, dasaß und den Gnom musterte, der sich mit einer kleinen Sprühflasche an der Pflanze zu schaffen machte. Ein letztes Mal streichelte er zärtlich über ein Blatt der Grünlilie und drehte sich dann um, um abermals zu salutieren.
"Mä'äm, ich habe sie mir nur einmal genauer angeschaut, sie scheint nicht wirklich gesund zu sein. Wenn du erlaubst, könnte ich..."
Kanndra schaute den Gnom schief an.
"Nein, ich denke ich werde dein... Angebot... zunächst nicht annehmen. Dazu wirst du wohl in nächster Zeit auch keine Zeit haben. Denn ich will euch beiden in einen Fall mit einbeziehen."
Die beiden Gefreiten wurden hellhörig. Insgeheim träumten sie bereits von der Lösung dieses Falles. Das konnte ja nicht zu schwer sein, wenn sie zwei Auszubildende diesen Fall übernehmen ließen.
Kanndra schaut wieder in die Akte und blätterte darin herum.
"Es geht um ein Schiff, das im Hafen angetrieben wurde. Die Leute nennen es das 'Geisterschiff'."
Ayure guckte zweifelnd.
"Wer ist denn so verrückt und nennt sein Schiff 'Geisterschiff'? Ich habe hier in Ankh-Morpork ja schon viel erlebt - aber das?"
"Nun, ursprünglich hieß es auch nicht so. Es wurde von den Bürgern umgetauft. Und ich denke der Name dürfte deshalb angenommen worden sein, weil alle Leute an Bord tot sind.
[1]"
Die beiden Gefreiten schwiegen betreten.
"Um diesen Fall werden sich Romulus und ich kümmern. Aber da wir Abteilungsleiter und Vize-Abteilungsleiter sind, können wir unmöglich genug Zeit dafür aufbringen. Deshalb fiel unsere Wahl schließlich auf unsere beiden Lehrlinge. Für euch ist es eine gute Gelegenheit sich einzuarbeiten."
Die beiden trauten ihren Ohren nicht. Sie durften einen so wichtigen Fall übernehmen?!
"Ihr werdet eng mit uns zusammenarbeiten und wenn es geht, nichts auf eigene Faust übernehmen, verstanden? Wichtige Entscheidungen werden immer von uns gefällt und ihr werdet uns ständig auf dem Laufenden halten."
Kanndra beugte sich ein wenig nach vorne. Ihre Haltung hatte jetzt etwas Bedrohliches an sich.
"Es haben schon öfter Rekruten oder Gefreite versucht einen für sie zu großen Fall alleine zu übernehmen. Ich rate euch dringend davon ab. Es gefällt euch doch bei RUM, oder?"
Kanndras linker Mundwinkel zuckte bei diesen Worten auf, wie Ayure empfand, beunruhigende Weise.
Die beiden sagten nichts und so fuhr die Abteilungsleiterin fort: "Ihr werdet in einer halben Stunde in Romulus' Büro erwartet. Bis dahin solltet ihr euch die Akte durchgelesen haben. Ihr könnt gehen."
Mit diesen Worten schob sie Ayure die Akte, in der sie gelesen hatte, hin.
Die beiden Gefreiten salutierten und verließen das Büro, wobei Septimus noch einen letzten Blick auf die Pflanze warf.
"Ich könnte wirklich...", begann er einen letzten Versuch.
"Du kannst jetzt wirklich gehen!" brummte Kanndra zurück.
Als die Tür sich hinter den beiden schloss, konnte Kanndra nicht anders, als zu grinsen. Sie hatte sich das Grinsen nach ihrer 'Drohung' nur knapp verkneifen können, aber das schien ja niemand bemerkt zu haben.
Zufrieden lehnte sie sich zurück.
Die beiden werden keinen Ärger machen, da war sie sich sicher.
"Also gut, das Schiff heißt also 'AILEHPO' und ist ein ... was für ein Schiff?"
Ayure saß an ihrem Schreibtisch und notierte sich in ein kleines Heft die Fakten, die Septimus, der über die auf dem Tisch liegenden Akte lief, ihr sagte.
Eifrig lief er hin und her, um die Zeilen zu lesen.
"Ein mittelschwerer Fischkutter. Er wurde in dieser Nacht um Mitternacht im Hafen angetrieben und alle vierundzwanzig Passagiere sind tot. Die Leute murmeln etwas von Piraten."
Der Gnom legte eine kleine Pause ein und räusperte sich.
"Allerdings ist auch die Rede von Seemonstern mit Tentakeln, Seemonstern in Form eines Riesenfisches, sowie von Geistern, die sich rächen wollen, weil das Boot in ihr Revier eingedrungen ist. Um mal einen kleinen Auszug der Gerüchte zu nennen."
Ayure runzelte die Stirn. Das ganze war noch nicht ein mal zehn Stunden her und schon bildeten sich in den Strassen von Ankh-Morpork zehnmal so viele Gerüchte.
"Steht in der Akte auch, wer das Schiff zuerst bemerkte?"
Der Gnom stöhnte leise, als er sich damit abmühte die Seite umzublättern. Kurzatmig schritt er über die Buchstaben.
"Hier steht... ein... gewisser Herr Ungenießbar... sah, wie das Ding... uff... durch das ... das Flusstor ... kam."
"Adresse?"
"Morporkstraße zehn."
Ayure nickte während sie die Adresse notierte.
"Sonst noch was?"
"Nein, ich glaube wir haben alles. Wir sollten uns auch langsam auf den Weg zu Romulus' Büro machen."
"Gut...dann lass uns gehen."
Ayure verstaute das kleine Heft in ihrer Umhängetasche und dann gingen die beiden zur Tür.
Septimus eilte bereits den Gang hinunter, in Richtung Büro, als Ayure sich noch einmal nachdenklich umdrehte und in den Raum schaute.
Irgendwie kommt mir das ganze bekannt vor... nur... woher?!Ihr Blick fiel auf den einzigen ordentlichen Platz in ihrer Ecke vom Büro; ihren Büchern.
Vielleicht...? Sie schüttelte energisch den Kopf. Das konnte einfach nicht sein. Das war doch lächerlich! Schmunzelnd schloss sie die Tür und ging zu Septimus, der bereits vor der Tür vom Büro des Vize-Abteilungsleiters wartete.
Ayure wollte gerade anklopfen, als die Tür auch schon geöffnet wurde und ihr Ausbilder hinaus kam.
"Ah, da seid ihr ja", sagte er lächelnd.
Als die beiden ihre Fassung wiedergewonnen hatten, salutierten sie schnell.
"Morgen Sör!" erklang es im Gleichtakt.
"Also dann... Bevor wir losgehen, wüsste ich ganz gern, was man eurer Meinung nach tun sollte. Gefreite Namida?"
"Also man sollte zuerst den Tatort sichern lassen und sich dann um die Befragung kümmern. So könnte man zum Beispiel zuerst Herrn Ungenießbar einen Besuch abstatten."
"Gut, gut." Der Chief-Korporal musterte die beiden.
"Also statten wir zuerst mal dem Schiff einen Besuch ab und gehen dann zur Morporkstraße. Nur eins sollte vielleicht noch beachtet werden. Hast du eine Idee, was wir vergessen haben, Gefreiter Ebel?"
Bei diesen Worten schaute er den Gnom an. Dieser bemühte sich sichtlich eine Antwort zu finden. Schließlich schlug er sich mit seiner kleinen Gnomenhand auf die Stirn.
"Natürlich! Meine Zivilkleidung! Ich bin gleich wieder da."
Er salutierte kurz und eilte dann fort, um seine Sachen zu holen.
Romulus schaute ihm lächelnd nach. Er schien schnell zu begreifen. Immerhin war noch kein Meister vom Himmel gefallen.
[2]Es dauerte nicht lange und Septimus kam wieder zu ihnen gespurtet.
"Sehr schön. Ich habe schon ein Thiem Tatortwächter zum Schiff geschickt. Na dann, klettere mal in Ayures Tasche und dann können wir losgehen."
Septimus öffnete empört den Mund, um sich mit aller Kraft dagegen zu wehren. Er war doch keine Spielzeugpuppe, die man herumtragen konnte!
"Auf keinen Fall lass ich mich..."
Er schloss jäh den Mund, als ihm bewusst wurde, dass ihm keine andere Wahl blieb. Immerhin war er Verdeckter Ermittler in Ausbildung und durfte nicht mit der Wache in Verbindung gebracht werden.
Er atmete tief durch, schloss die Augen und murmelte leise: "Ich bin ein Gänseblümchen. Ich bin ein Gänseblümchen. Wut und Ärger bringen nichts. Ich bin ein Gänseblümchen. Ich umarme die Welt..."
Ayure und Romulus sahen sich stirnrunzelnd an.
"Ayu? Würdest du die Tasche bitte auf den Boden stellen, damit ich besser...", er schluckte schwer, "hinein klettern kann?"
Windböen rissen an den zerfetzten Segeln. Das Schiff im Hafen, neigte sich gefährlich knarrend von einer Seite zur anderen und schien jeden Moment zu kippen. Einer von den drei Masten war in der Mitte abgebrochen. Die andere Hälfte hatte ein Loch in das Deck gebohrt und lugte nun nur noch zum Teil heraus. Am Bug war eine Galionsfigur in Form einer Frau befestigt. Auffällig war, dass sie anstatt der Beine eine Art Fischschwanz aufwies. Vielleicht sollte diese Verzierung davon ablenken, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes kopflos war. Die verblasste Farbe blätterte überall ab. Und auch das Holz des Schiffes war spröde und nicht grade vertrauenerweckend. Das Einzige, was merkwürdigerweise noch wie neu aussah, war der goldene Schriftzug, der den Namen des Schiffes preisgab; 'Ailehpo'.
"Bist du sicher, dass man das Ding auch wirklich gefahrlos betreten kann?" fragte Ayure ihren Ausbilder zweifelnd. Dieser schaute sie zunächst streng an.
"Sör", fügte sie schließlich leicht mürrisch hinzu. Sie hasste das ganze Sör- und Mä'ämzeug. Es waren doch auch nur Menschen!
Ihr Ausbilder nickte zufrieden.
"Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Nach euch."
Die Gefreite seufzte und ging dann über das wackelige Brett, das zwischen Steg und Schiff als 'Brücke' benutzt wurde. Dabei hielt sie mit einer Hand so gut es eben ging ihre Umhängetasche fest, damit ihr kleiner Freund nicht allzu sehr durchgeschüttelt wurde.
An Bord waren bereits zwei Wächter. Ayure kannte keinen der beiden. Ein junger Mann mit wirrem mittellangem braunen Haar, von dem die Gefreite glaubte, dass er nicht sehr viel älter als sie selbst war, fertigte gerade ein paar Ikonographien an. Die andere Tatortwächterin sah kurz auf und nickte ihnen lächelnd zu, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit zuwendete. Sie hatte einen langen mittelblonden Zopf und trug eine auffällige Brille, hinter der sich blaugrüne Augen versteckten.
"Ich würde sagen, ihr könnt euch hier erst einmal umschauen. Fasst bloß nichts an! Ich spreche derweil mit unseren Kollegen von SUSI."
Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging. Ayure bemerkte, wie es in ihrer Tasche zappelte und hob den Deckel ein wenig an, damit Septimus besser hinausgucken konnte. Schweigend sahen die beiden sich um. Überall auf dem Schiff waren mit Kreide die Umrisse von Wesen... toten Wesen gezeichnet worden. Die Gefreite bekam eine Gänsehaut, als sie die Zahl auf etwas mehr als zwanzig schätzte. Auffällig war, dass es viele verschiedenförmige Umrisse waren. Sie fand welche von Menschen, Zwergen und Trollen. Direkt vor ihr befand sich sogar ein besonders kleiner Umriss. Aus ihrer Tasche hörte sie ein schweres Schlucken.
Sie standen immer noch wie angewurzelt da, als Romulus schon zu ihnen zurückkam.
"Also. Es wurden vierundzwanzig Leichen an Bord gefunden. Zehn Menschen, sechs Trolle, sieben Zwerge und ein Gnom. Es ist die Besatzung. Aber anscheinend fehlt der Kapitän des Schiffes. Wie dem auch sei, die Todesursache war bisher noch nicht feststellbar. Offensichtlich weisen sie keine äußeren Wunden auf", sagte er und grinste dann offen "bis auf einer, aber der scheint nur gegen einen Mast gerannt zu sein und hat eine Beule davongetragen."
Die beiden zeigten keine Regung und Romulus räusperte sich.
"Gut. Wo wollten wir als nächstes hin?"
"Zu Herrn Ungenießbar. Er wohnt in der Morporkstraße Zehn."
"Na dann los!"
Als niemand Einspruch erhob, ging Ayure voran. Sie war offensichtlich diejenige, die sich in Ankh-Morpork am besten auskannte, immerhin wurde sie hier geboren.
Ihr Weg führte sie am Ankh entlang bis in die Schatten. Die Ermittlerin in Ausbildung blieb schließlich vor einem schäbigen Gebäude stehen, dessen Ladenschild verkündete, dass man hier 'Delikatessen' kaufen konnte. Wobei es zweifelhaft war, was der Ladeninhaber unter Delikatessen verstand. Romulus stellte sich neben sie und redete dann, ohne sie oder ihre Tasche anzugucken.
"Gefreite Namida und ich befragen Herrn Ungenießbar. Gefreiter Ebel, du springst drinnen aus der Tasche und siehst dich möglichst unauffällig um. Versuche es zumindest."
Nachdem Ayure genickt hatte, gingen sie los und betraten den Laden.
Nachdem sie durch die Tür in einen verrauchten Raum kamen, merkte Ayure, wie sich ihre Tasche kaum merklich bewegte.
Ihre Augen gewöhnten sich langsam an das Zwielicht des Raumes und sie sah, wie ein Mann auf sie zukam. Das erste, das sie sah, waren dunkelbraune, fast schwarze Augen, die sie mit ihrem Blick zu durchbohren schienen. Die Raubtieraugen wurden von einem kantigen Gesicht umrahmt, dessen Hakennase, welche Ayure sehr an den Schnabel eines Raubvogels erinnerte, den Eindruck verstärkte, dass sie es mit einem Mann zu tun hatten, der keineswegs dumm war und vor nichts zurückschreckte.
Ayure atmete tief durch, warf noch einen Blick zu Romulus, der ihr ermutigend zunickte, und begann dann mit ihrer ersten richtigen Befragung.
"Guten Tag Herr Ungenießbar. Wir kommen von der Stadtwache und ermitteln im Fall des Schiffes, das im Hafen angetrieben worden ist. Dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?"
Der Ladeninhaber neigte nur kurz den Kopf, was mit viel Fantasie als ruhiges Nicken verstanden werden konnte, sagte aber nichts weiter.
Damit hatte Ayure nun gar nicht gerechnet. Ihr war beigebracht worden, dass ein gewöhnlicher Bürger aus Ankh-Morpork regelrecht allergisch auf das Wort Wache reagierten, geschweige denn auf den Zusammenhang "Wache" und "Fragen".
"Sie haben sicher kein Problem damit?" hakte die junge Frau zweifelnd nach.
Ihr Gegenüber schwieg sie nur weiter an und schaute dabei etwas belustigt.
"Nun... ähm... gut! Dann können wir ja ohne Umschweife anfangen", sagte sie lächelnd und fragte sich im nächsten Moment, womit sie überhaupt anfangen sollte. Sie schaute fragend zu Romulus, aber dieser grinste sie nur an und schien ihr die ganze Sache in die Hand geben zu wollen.
Mit einem Griff in ihre Umhängetasche holte sie ihr kleines Notizheft und einen Stift heraus und machte sich beim Reden Notizen.
"Also Sie haben das Schiff "Ailehpo" gestern Nacht entdeckt, ohne jede Besatzung und offensichtlich beschädigt. Ist das soweit richtig?"
Ein ruhiges Nicken war die Antwort.
"Gut.. und Sie sind dann schnurstracks zur Wache gelaufen und haben das Ganze gemeldet?" fragte sie zögernd, denn immerhin war es mehr als ungewöhnlich, dass ein Bürger wenn etwas passiert gleich zur Wache lief. Ein besatzungsfreies Schiff hätte eigentlich von Plünderern überfüllt sein müssen, sobald es die Stadttore passiert hatte - aller spätestens dann. Doch soweit sie wusste, hatte sich niemand an die "Ailehpo" herangetraut und es betreten.
Wieder nur ein kleines Nicken.
"Haben Sie etwas mit diesem Schiff zu tun? Haben Sie vielleicht auf es gewartet, weil es Ware für Sie hatte?"
Herr Ungenießbar zeigte seine erste richtige Regung, der er schnaubte laut.
"Nein. Ich bin nur spazieren gegangen, dass wird einem rechtschaffenen Bürger ja wohl noch erlaubt sein, oder?"
Ayure kritzelte sich eine kleine Notiz in das Heft, die sowohl seine Glaubwürdigkeit in Frage stellte, als auch auf einen möglichen Zusammenhang hinwies.
"Gut, ich denke wir haben keine weiteren Fragen und können gehen?" fragte sie ihren Ausbilder laut (immerhin musste diese Nachricht noch andere erreichen).
"Ich denke auch, dass uns das hier nicht weiterhelfen wird. Wir danken für ihre Mithilfe und Zeit, Herr Ungenießbar. Einen schönen Tag noch", sagte Romulus schließlich an den Mann gewandt.
Als Ayure merkte, dass etwas an ihrer Hose hochkletterte und ihre Tasche anschließend leicht zitterte, nickte sie dem Mann noch ein mal zu und dann verließen sie den Laden.
Schnell huschte der Gnom hinter ein Regal und lugte vorsichtig um die Ecke. Ein Mann kam auf Ayure und Romulus zu. Er musste Herr Ungenießbar sein. Septimus sah, wie Ayure ihr Notizheft hervorholte und sich einige Sachen notierte. Dann drehte er sich um - und erstarrte. Direkt vor ihm befand sich ein grünes Monster! Erschrocken stolperte er ein paar Schritte zurück... und bemerkte schließlich, dass es ein in ein Einmachglas eingelegter Frosch war. Traurig schaute er weg. Sein kleines Naturschützerherz verkrampfte sich, als er an seinen Frosch dachte. Langsam schritt er das Regal entlang und mit jedem Schritt hasste er diesen Mann mehr. Er nahm sich fest vor etwas gegen diesen Laden zu unternehmen. Doch dafür war jetzt keine Zeit. Er war im Dienst. Aber so leicht würde dieser Mistkerl nicht davonkommen! Das schwörte er. In der Ferne hörte er, wie das Gespräch zu Ende ging und eilte vorsichtig zurück. Als er sah, wie dieses Ar... wie Herr Ungenießbar wegging, stapfte er wütend zu den anderen und kletterte wortlos zurück in Ayures Tasche.
Ayure saß in ihrem Büro und starrte auf das leere Blatt Papier vor ihr. Romulus hatte sie damit beauftragt einen Bericht über die ganze Aktion zu schreiben. Nur gab es da kaum etwas zu berichten. Die Ikonographien der Tatortwächter vom Schiff, sowie der schriftliche Bericht von SUSI lagen bereits vor ihr. Mit den Leichen wurden gleich zwei Gerichtsmediziner beauftragt: Jack Narrator und Herr Made. Doch bisher gab es anscheinend noch keine Ergebnisse.
Gelangweilt kritzelte sie den Namen des Schiffes auf das Blatt. 'AILEHPO'. Irgendetwas an der ganzen Sache kam ihr so merkwürdig vertraut vor! Insgeheim beneidete sie Septimus. Während sie hier herumsaß und diesen verdammten Bericht schreiben musste, wurde er von Kanndra gerufen, um das Anpirschen zu üben. Die Befragung von Herrn Ungenießbar hatte ihr auch nichts gebracht.
Ayure starrte stirnrunzelnd auf den Namen. Irgendetwas hatte sie übersehen.
Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Las man den Namen rückwärts, kam man auf den Namen 'OPHELIA'!
Und auf einmal fiel ihr auch wieder ein, wieso die ganze Geschichte ihr so bekannt vorkam.
Triumphierend lächelnd griff sie hinter sich. Die Bücher! Sie hätte wissen müssen, dass sie die Geschichte bereits aus einem Buch kannte.
SeptimusDer junge Wächter gab sich auf dem Weg zu seiner Ausbilderin seinen Gedanken, Hoffnungen und Illusionen hin. Schaudernd dachte er hat die Umrisse aus Kreide und an den Frosch im Marmeladenglas. Innerlich protestierte er gegen solche Ungerechtigkeiten, solche Grausamkeiten. Er wollte die Straßen von Ankh-Moprork sicherer machen, die Umweltzerstörung eindämmen und anderen Daseinsformen helfen. Das waren die Aufgaben eines Wächters und dafür war er Wächter geworden. Und heute würde er anfangen. Jetzt. Direkt. Durchstarten. Doch die nächsten zwei Unterrichtsstunden mit Kanndra konfrontierten ihn mit der schonungslosen Realität.
Auf dem Gang begegnete er einer äußerst missmutig gelaunten Wächterin, die gerade aus dem Büro der Abteilungsleiterin kam. Septimus erkannte Ophelia Ziegenberger wieder. Sie übersah ihn völlig, als sie wutschnaubend an ihm vorbei stakste. Man sah ihrer Körperhaltung an, dass sie versuchte, einen Wutanfall zu unterdrücken. Im nächsten Moment verschwand sie im nächsten Gang.
Schon bei der ersten Aufgabe verschlug es Septimus die Sprache. Er sollte die Liste der Mannschaftsmitglieder der 'AILEHPO' auswendig lernen und das während des Verlaufs der Übung. "Es läuft so ab", erklärte ihm die Abteilungsleiterin. "Du versuchst, in diesen Raum hier hereinzukommen, ohne dass ich dich bemerke. Du bekommst eine ehrliche Chance. Ich werde mich zum Fenster wenden und der Tür den Rücken zudrehen. Wenn ich dich höre, hebe ich die Hand. Sollte das geschehen, fängt die Übung von neuem an. Jedes mal, wenn ich die Hand hebe, gebe ich dir einen Namen von der Liste. Du wirst sie schnell können, vertrau mir. Du hast die Übung gemeistert, wenn du hinter mir auf dem Schreibtisch stehst. Ich werde indessen unsere Informationen über die Besatzung sichten. Vielleicht haben wir Glück und einer der Matrosen hatte Familienmitglieder in der Stadt, die man befragen könnte. Ich würde zu gern wissen, wohin der Kapitän des Schiffes verschwunden ist. Ich werde Pyronekdan per Rohrpost nach brauchbaren Kontakten im Hafen fragen. Hoffentlich finden wir jemanden, der weiß, wohin der Feigling geflohen ist und warum."
"Wir könnten den alten Piet befragen, der hält sich da am Hafen ständig auf", schlug der Gefreite vor.
"Heute nicht mehr, Ebel. Piet ist um diese Tageszeit schon so betrunken, dass wir seine Sprechversuche nicht mehr verstehen würden, geschweige denn deren Inhalte. Da müssen wir früher vorbeischauen als der Alkohol. Morgen früh, vielleicht. Jetzt beginne mit deiner Übung."
Anfangs war die Anspannung unerträglich. Er konnte nicht anders, als ständig an die vertrocknete Pflanze auf dem Schreibtisch seiner Chefin zu denken. Wenn er sich vorstellte, was unter richtiger Pflege aus dieser Pflanze werden konnte, meinte er bereits, Geräusche von Fröschen und Vögeln vorbeiwehen zu hören. Er musste einfach versuchen, sie zu erreichen. Wenn Kanndra ihn mit einer Handbewegung zurück schickte, fühlte er sich wie ein Hund, den beruhigend die Hand aufs Halsband gelegt wird. Er konnte nicht leugnen, dass ein anderes Gefühl, das dringlich war, widersprüchlich - er wusste nicht, wie er es nennen sollte - ihn zurück hielt. Vielleicht war es das, was man im Allgemeinen Vernunft nennt. Zu verzichten, die heftigsten Regungen seiner Natur zu beherrschen und zu unterdrücken - das war die wichtigste Lektion, die er zu lernen hatte. Und sie war von ungeheuerlicher Schwierigkeit. Doch schließlich war die Lehrerin Kanndra Mambosamba. Dieses erwies sich jeden Tag aufs Neue als wahr.
Während der Übung wurde Septimus immer niedergeschlagener. Ihm fehlte noch so einiges zum "großen" Ermittler. Am Ende des Unterrichts war er nicht einmal weiter als sieben Schritt in Kanndras Büro herein gekommen. Der Schreibtisch war kein einziges Mal in erreichbare Nähe gerückt. Meist hatte seine Ausbilderin ihn bereits beim Öffnen der Türe gehört und so hatte er fast stets die erhobene Hand bereits im Sichtfeld, als er den ersten Blick ins Zimmer tat. Die positive Bilanz der Lerneinheit war, dass er alle vierundzwanzig Namen der Matrosen auswendig kannte.
Nachdem Kanndra die Übung beendet hatte, verlor sie kein weiteres Wort über das Ergebnis. Der Gnom war dankbar. Dankbar und frustriert.
"Nun, Gefreiter, heute ist ein wichtiger Tag für dich", begann sie. "Pyronekdan hat vorgeschlagen mit Klaus Salzflut zu reden. Er ist der Bruder eines der Mannschaftsmitglieder. Du wirst ihn im Gesprungenem Auge antreffen können. Ich möchte, dass du auf der 'Polyphemos' unter dem Namen Hardtmut Seebach anheuerst. Merk dir diesen Namen. Ab heute bist du Matrose. Deine Aufgabe ist es, so viel wie möglich herauszubekommen. Und zwar schnell. Denn abgesehen von der verrottenden 'AILEHPO' und dem 'Regenbogenkrieger' ist die 'Polyphemos' das einzige Schiff im Hafen, an dem du anheuern kannst. Leider sticht sie morgen Abend in See. Falls du keine Lust darauf hast mit dem Kutter aufs Meer zu fahren, um deine Identität als Seefahrer zu wahren, solltest du besser viel herausbekommen."
Septimus hörte angespannt zu. Er hatte ein Leuchten in den Augen, denn er war stolz, dass Kanndra ihm die Chance gab, sich zu beweisen. Den unangenehmen Teil des Auftrags verdrängte sein Bewusstsein vorerst mit einem Schulterzucken.
"Natürlich wirst du beaufsichtigt. Hauptgefreite Ophelia Ziegenberger arbeitet zur Zeit im Gesprungenem Auge. Dies wird auch dein Hauptaufenthaltsort sein. Es empfiehlt sich für dich, mir alle Informationen über Ophelia mitzuteilen. Durch sie erhältst du auch weitere Befehle. Weil wir uns ein Hotelzimmer für dich nicht leisten können, habe ich dir für die Dauer der Ermittlungen eine Hängematte auf der 'Polyphemos' reserviert."
Septimus schluckte. Das war eine Menge Verantwortung. Und vor allem musste er seiner Mutter Bescheid geben, dass er wohl einige Tage nicht zu Hause sein werde und dass er eventuell auf einem Schiff mit zahlreichen gefangenen Fischen zusammen elendig verrecken werde.
"Komm", unterbrach Kanndra seine Horrorvisionen. "Du musst lernen, wie man Verdammter Mist spielt. Wenn du das nicht weißt, wirst du nicht einmal den lausigsten Matrosen überzeugen. Aber spiel' es nicht zu oft. Sonst wirst du arm. Apropos Geld. Ich gebe dir ein paar Dollar mit. Alle Seefahrer werden redselig, wenn man ihnen genug Bier ausgibt. Zumindest fast alle. Achte nur darauf, dass ihre Informationen - solltest du welche bekommen - noch glaubwürdig sind."
"Eine Frage, Mäm."
"Ja?"
"War Hauptgefreite Ziegenberger so wütend, weil sie mit mir zusammenarbeiten muss?"
Kanndra seufzte.
"Du solltest nicht immer alles auf dich beziehen", erklärte sie in ruhigem Ton. "Hauptgefreite Ziegenberger hat, soviel ich weiß, kein Problem mit dir, sondern eins mit dem Ambiente ihres vorläufigen Arbeitsplatzes. Sie mag Wirtshäuser nicht besonders. Und jetzt hör zu! Wenn du Verdammter Mist spielst, darfst du nie vergessen, dass ..."
Während der Gefreite sorgfältig seine Matrosen Kleidung - ein blau-weiß gestreiftes Hemd, eine knielange abgenutzte braune Lederhose, Sandalen, schwarzes Kopftuch, Augenklappe - anlegte, grübelte er weiter über den Fall nach. SUSI war sich immer noch unsicher, was die Todesursache anging. Es gab keine offenen Verletzungen, an denen sie zugrunde gegangen sein könnten.
"Gift?", fragte Lunk, der neben Septimus auf dem Boden saß und damit beschäftigt war seine Nägel mit einem Hartschal-Käfer zu feilen, indem er den rauen Panzer des Insekts immer wieder über die Nagelränder rieb. Dem Käfer schien es zu gefallen. Er gab ein seltsam schnurrendes Geräusch von sich.
"Aber wer sollte eine ganze Schiffsbesatzung vergiften wollen?", erwiderte der Gefreite. Um die Leichen auf Gifte zu prüfen brauchten Herr Made und Jack Narrator sicher noch eine Weile. Sie hatten festgestellt, dass die Mehrzahl Matrosen Schürfungen an den Hand und Fußgelenken aufwiesen.
"Als wären sie regelmäßig in Ketten gelegt worden", vervollständigte Lunk seinen Gedankengang. Septimus erinnerte sich an große Eisenringe, die rechts und links an den Ruderbänken im Innenraum des Schiffes befestigt worden waren.
"Ich hatte gedacht, es handle sich um Reste einer vergangenen Zeit, in der man die Ruderer mit Peitschen und Trommeln zur Schnelligkeit angetrieben hatte. Dass heute noch Gnome und andere Wesen wie Sklaven in Ankh-Morpork behandelt werden, hätte ich nie gedacht. Es ist bestürzend."
"Nie? Das ist doch nicht dein Ernst. In dieser kranken Stadt ist alles möglich. Und alles wird getan - bis die Wache es herausfindet oder den Tätern klar wird, dass es kein Geld einbringt." "Für eine miserable Unterbringung spricht auch, dass alle Besatzungsmitglieder laut SUSI unterernährt waren."
Dem Gnom fröstelte bei dem Gedanken, dass früher unbrauchbare Sklaven einfach den Göttern geopfert worden waren, später behaupteten die Kapitäne oft, sie seien von Bord geschwemmt worden.
"Vielleicht war die Mannschaft ursprünglich viel größer gewesen."
"Auf der anderen Seite", bemerkte sein toter Freund,
"Geht für gewöhnlich auf einem Fischkutter jeder einer besonderen Arbeit nach, die sich in unterschiedlichen Teilen des Schiffes ergibt, hier erinnert die Anordnung der Körper auf Deck eher an eine zerschlagene Versammlung, bei der die Anwesenden wenig Zeit zur Flucht gehabt haben mussten." "Vielleicht mussten sie sich verteidigen", murmelte der Gnom. "Aber wer sollte eine Mannschaft erst zusammenschlagen und dann vergiften wollen?"
"Stimmt! Das ist absurd! Vollkommen absurd!"
Es war nicht die Stimme, die Septimus erwartet hatte. Ayure stand hinter ihm - den Göttern sei dank war er bereits angekleidet - und wedelte mit einem zerfledderten braunen Buch. "Wenn du mir erzählst, mit wem bei den Dämonen du dich andauernd unterhältst, dann sage ich dir, was ich in diesem wirklich äußerst mysteriösen Buch gefunden habe."
"Ich rede mit Lunk", erklärte Septimus knapp. Er hatte diese Erklärung schon einige Male abgeben müssen und immer reagierten die Zuhörer gleich.
"Wer oder was ist ein Lunk?"
"Er war ein Freund von mir."
"War?"
"Er ist tot."
"Oh. Mein Beileid."
Pause.
Dann sehr langsam und zögerlich: "Und du -"
"Ja, ich unterhalte mich mit ihm. Und er existiert. Nicht ganz so wie vor seinem Tod, aber er existiert."
Er wusste, dass Ayure nun abwägen musste, ob sie ihm glauben sollte oder ihn für verrückt erklären sollte. In der Regel lächelten die Leute in beiden Fällen. Die logische Schlussfolgerung kam zögerlich über ihre Lippen, als müsste ihr Mund sich erst an das Wort gewöhnen.
"Er ist also ein Geist?"
"Jepp."
Fast hätte die junge Frau ihn tatsächlich für verrückt gehalten, doch die Tatsache, dass sie ihn als einen Gnom der naturwissenschaftlichen Weltanschauung kennengelernt hatte, überzeugte sie davon, dass er nicht ohne Grund an Geister und Gespenster glauben würde.
"Ah ja. Kann ich ihn kennen lernen?"
"Nur wenn Lunk das will. Er wird sich dir zeigen, wenn er es für richtig hält. Da ist er sehr eigen. Jetzt zeig schon her, was du da hast!"
Für einen Moment hatte Ayure das Buch ganz vergessen. Wenn Septimus Kontakt zu einem Geist hatte, dann konnten sie vielleicht ...
"Sag schon!", drängelte der Verdeckte Ermittler in Ausbildung.
Die Gefreite sammelte sich wieder, bückte sich und hielt ihm das Buch triumphierend unter die Nase. "Ich habe das Geisterschiff gefunden! Und unseren Fall! Alles passt haargenau. Das Buch erzählt von einem Schiff mit dem Namen Ophelia. Das ist der Name unseres Fischkutter nur umgedreht!" Sie war sichtlich stolz darauf, dass ihr das aufgefallen war. "Der Kapitän ist ein Held. Er ist bekannt für seine Siege gegen allerlei Seemonster und Piraten. Außerdem ist er ein Liebling der Götter - zumindest einiger. Er zieht den Zorn der Königin des Meeres auf sich, in dem er mehrere ihrer Ungeheuer wie den achtköpfigen Kurzfuß, die schlürfende Scholle und das Meerhuhn tötet. Sie denkt sich eine Falle für ihn aus, plant, ihn von den Sirenen der Schlotterfelsen endgültig vernichten zu lassen. Diese verzaubern sämtliche Menschen, egal wer auf sie trifft. Wer ihren Gesang hört, der stirbt, denn er ist der schlechteste und grauenhafteste auf der ganzen Scheibe. Wer den Gesang der Sirenen hört, kommt niemals mehr nach Hause. Sie sitzen auf den Schlotterfelsen, einem im Meer aufgetürmten Haufen aus faulendem Fleisch, Knochen und schrumpfenden Häuten. Aber die Lady, seine persönliche Gönnerin unter den Göttern, warnt den Kapitän und gibt ihm den Rat, all seinen Gefährten die Ohren mit Wachs zu verstopfen. Ihm selbst gibt sie ein Mittelchen, das ihm ermöglicht, den Gesang der Sirenen zu überleben. Da dieser Gesang aber so abgrundtief schlecht und deprimierend ist, besteht die Gefahr, dass der Kapitän sich das Leben nimmt, in dem er sich in die Fluten stürzt. Also rät die Lady ihm, sich von seiner Mannschaft festketten zu lassen. Unglücklicherweise hat der Kapitän Schwierigkeiten mit seinem Kurzzeitgedächtnis und verwechselt im entscheidenden Moment die Befehle der Göttin. Er stopft nur sich die Ohren zu und fesselt seine Besatzung. So kommt es, dass seine Gefährten an dem Gesang sterben - keine äußeren Verletzungen. Aus Trauer und Verzweiflung stürzt er sich selbst von Bord. Das ist Tragik. Das ist unsere Lösung! So ist die Besatzung der 'AILEHPO' umgekommen. Ich bin mir sicher. Das sind einfach zu viele Parallelen, Septimus, es muss stimmen!"
Es gab eine lange, etwas unangenehme Pause. Fast hätte der Gnom sie tatsächlich für verrückt gehalten.
"Sag mal, wie sind denn die verstorbenen Matrosen ihre Ketten losgeworden, he?"
Ayure zögerte.
"Ähm ... Eisen fressende Möwen?"
"Kann man die kennenlernen?"
Blitzschnell griff sie nach seinem Kopftuch und zog es bis zu seiner Nasenspitze runter. "Hast du einen besseren Vorschlag?"
"Nein", gestand er, seine Verkleidung wieder richtig rückend. "Aber frag mich das nach meinem Besuch im Gesprungenem Auge."
"Warum fragst du deinen Freund Lunk nicht, ob er unsere vierundzwanzig Matrosen verhören würde. Dann könnten sie es ihm selbst erzählen."
Diesmal ging Ayures Sarkasmus nach hinten los.
"Lunk kann nicht in die Unterwelt", belehrte Septimus sie. "Er ist ein Geist. Er lebt zwischen den Welten. Wenn er da runter könnte, dann würde er es im Nu tun. Du kannst an sein Vorhandensein glauben oder nicht. Das macht deine Sirenen-Theorie nicht glaubwürdiger."
"Ja, ja", konterte sie. "Quatsch du ruhig weiter mit deinem imaginären Zwischenweltfreund herum und entschuldige, dass ich der einzigen Spur nachgehe, die wir haben."
Damit drehte sie ihm den Rücken zu und verließ den Raum.
Septimus machte sich grimmig eine geistige Notiz: Nie in Ayures Nähe Bücher kritisieren.
Plötzlich kam ihm eine Idee.
Er rannte Ayure hinterher und rief ihr im Flur hinterher: "Hey! Tu mir den Gefallen und finde raus, unter wessen Flagge die 'AILEHPO' gefischt hat!"
Sie antwortete nicht.
"Bitte!", ergänzte er, aber sie war bereits hinter der nächsten Ecke verschwunden.
Der Gnom betrat die Spelunke am Hafen. Zuerst hielt er nach Ophelia Ausschau. Sie stand hinter dem Tresen und zapfte Bier. Über ihr Kleid hatte sie eine von Bierklecksen gelb befleckte Schürze gebunden. Aus ihrer hochgesteckten Friseur fielen ihr mehrere Strähnen ins Gesicht. Ophelias Miene verriet deutlich Unbehagen und Abneigung. Sie schätzte die Umgebung genauso wenig wie Septimus. Vielleicht noch etwas weniger. Nun, überhaupt nicht. Ekel stand ihr wie mit unsichtbaren Buchstaben ins Gesicht geschrieben.
Ihre Blicke trafen sich. Sie erkannte ihn. Dann widmete sie sich wieder ihren Tätigkeiten, als würde sie ihn nicht kennen.
"Das ist also dein Kindermädchen", kommentierte Lunk.
"Sieht gut aus.""Halt die Klappe!", zischte der Gnom ihm zu. "Du hast mir eben schon genug Ärger eingehandelt!"
"Ja klar, gib nur mir die Schuld", antwortete Lunk, verstummte aber.
Über einen Barhocker kletterte er auf den Tresen. Dann bestellte er ein helles Bier und eine Flasche Veilchentee. Eigentlich bedauerte er es nicht sehr, im Dienst nicht trinken zu dürfen. Ophelia stellte beides vor ihn hin und schob ihm einen Bierdeckel zu. Er trank erst den dunklen Tee, der seine Nerven beruhigte. Dann konnte er von dem Bier nippen und es dann wieder unauffällig in die halbleere Teeflasche spucken. Niemand würde ihn für einen Seegnom halten, wenn er sein Bier unangetastet lassen würde. Jetzt erst fiel ihm die Nachricht auf dem Bierdeckel auf: Klaus Saalsflud, hintärster Tisch links, blaua Hut mit Feda.
Salzfluts Gesicht unter dem bunten Hut, der so gar nicht zu ihm passte, war das Abbild eines alten Geschichtenerzählers, der gemächlich seine Pfeife pafft und unaufhörlich Geschichten von seinen Irrfahrten auf See, die er als junger Spund unternommen hatte, berichtet. Den meisten Platz in seinem Gesicht nahm ein weißer Vollbart und eine rote Knollnase ein, auf der eine Brille mit schmalen Gläsern saß. Nach dem ersten Bier kam Septimus schnell mit Salzflut ins Gespräch. Nachdem sie einige Höflichkeiten ausgetauscht hatten, wollte der Gnom auf den Punkt kommen.
"Was weißt du über die 'AILEHPO'?", fragte er den redseligen Hutträger.
"Eine Menge weiß ich von diesem Unglücksschiff! Es ist letzte Nacht hier eingetrudelt. Nur die Mannschaft nicht. Die waren tot. Alle waren se tot." Salzflut nahm einen langen Zug aus seinem Glas.
"Das hat sich schon rumgesprochen", füllte Septimus die entstandene Pause. "Hab gehört dein Bruder war unter den Männern. Mein Beileid."
"Ich hab ihm gleich gesagt, er soll die Finger von der Sache lassen. Aber er brauchte das Geld, verstehste? Er war immerhin einer der wenigen, denen Odussel Geld für die Arbeit angeboten hat. Den größten Teil seiner Besatzung hat er immer wie Sklaven gehalten."
Der Gnom nickte. "Warum hast du ihm abgeraten auf der 'AILEHPO' anzuheuern?"
"Nun", Salzflut lehnte sich zurück und paffte an seiner Pfeife, "Die Leute unter Kapitän Odussel müssen mehr fischen als gut für sie ist. Und Odussel verdient bei dem Verkauf von Fisch und anderen Meerestieren mehr Geld als gut für ihn ist. Odussel bezahlt nur für einen winzigen Teil seiner Fänge Steuer. Die übrigen undokumentierten Tonnen verkauft er unter der Hand und macht damit richtig viel Geld. Weil er so viel Fisch verkauft, kann er unter Billigflagge segeln. Die größeren Händler kaufen lieber bei ihm, das ist günstig."
"Kapitän Odussel ist also ein Piratenfischer?"
"Ja, so könnte man es nennen. Das meiste Geld macht er mit dem Verkauf von abartigen Delikatessen wie Seeungeheuern oder Visionsfröschen. Odussel macht gerne Jagd auf besonders seltene Tiere."
"Was zum Kranich sind Visionsfrösche?", entfuhr es dem Gnom.
"Es sind Frösche, aus deren eingelegter Haut man einen Sud zubereiten kann, der ... nun ja ... irritierende Auswirkungen auf deinen Körper haben kann. Er versetzt einen wohl in einen Zustand der Leichtigkeit und man bekommt-"
Salzflut zog einer seiner Pfeife.
"Visionen?"
"Richtig! Kluges Köpfchen!" Graue Rauchwolken entglitten dem Mund des Matrosen. "Weißte, so verboten diese Raubfischerei auch ist, die Männer haben sich immer bei Kapitän Odussel sicher gefühlt. Der ist mit jedem Monster fertig geworden, weißte? Alle haben ihm vertraut bis diese Drohung kam."
"Welche Drohung?"
"Nun, vor drei Wochen etwa tauchte hier ein Jacob Wohlthat auf. Er faselte etwas von Grean und Pease oder so ähnlich... ja. Danach setzte er alles daran, Odussels schmutziges Geschäft ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren, in dem er einige Vorwürfe gegen Odussel in der Kneipe erhob. Schreiend. Bei den Göttern, der hat einen Aufstand gemacht! Er drohte Odussel an, dass er mit allen Mitteln gegen ihn vorgehen würde, wenn dieser seine Raubfischerei nicht beende. Ich mein", er paffte erneut, "Der hatte schon 'n paar überzeugende Argumente. Immerhin schaden die Kerle damit den Fischern, die sich an die Gesetze halten. Irgendwann wird für die nicht mehr genug Fisch da sein."
Septimus freute sich, einen so vernünftigen Menschen zu treffen. Dieser alte Seebär war ihm sympathisch. Und er war nützlich. Aber konnte er glauben, was er da erzählte oder hatte er dem Alten ein Glas zu viel bestellt? Vielleicht konnte Ayure irgendwie einige der Informationen überprüfen, hoffte er. Es würde sie sicher interessieren, dass einige der Fantasien ihres Abenteuer-Buches sich mit Fakten aus der ontologischen Wirklichkeit deckten.
Die Seeungeheuer, dachte er.
Delikatessen?"Sag mal", fragte er weiter, "Nehmen wir an, ich würde mich für ein gebratenes Seemonster oder einen dieser Visionsfrösche interessieren. Wo könnte ich so was bekommen?"
"Mal abgesehen davon, dass du dir keines von beiden leisten könntest, wenn du bist, was du sagst?", er warf einen langen prüfenden Blick auf Septimus Augen. "Ich an deiner Stelle würde mich zur Bucht der Stürme begeben. Oder du siehst einmal in der Morporkstraße zehn vorbei."
Der Gnom zuckte zusammen. "Ungenießbar", murmelte er und würde zornig bei der Erinnerung an dessen eingelegte Frösche. So ein Schänder!
"Ich sehe, du bist bereits informiert", bemerkte Salzflut überrascht.
"Ich ...äh ... habe das Schild seines Ladens mal gesehen", rettete sich der Gefreite. "Hatte mir nur etwas anderes unter Delikatessen vorgestellt."
"Nun, das ist ja bekanntlich Geschmacksache."
"Was weißt du noch über diesen Wohlthat?"
"Er versteht es, den Leuten Angst zu machen. Hat was von der Rache der Königin der Meere gefaselt. Das war selbst mir nicht geheuert. Er gehört zu dieser Natur-Gruppe. Sie besitzt ein Schiff im Hafen, das grün gestrichen ist und "Regenbogenkrieger" heißt. Mehr weiß ich nicht. Aber ich traue ihm zu, dass er etwas mit dem Tod meines Bruders zu tun hat."
"Und was hat es mit diesen Grean und Pease auf sich? Eine Natur-Gruppe?", seine Begeisterung wuchs.
"So weit ich das mitbekommen habe, setzen sie sich für Pflanzen und Tiere oder so was ein. Vor Wohlthats Auftritt hier hatten die Leute Grean und Pease sechs Tage lang auf den Masten der 'AILEHPO' gehockt. Sie kletterten erst wieder herunter als Odussel damit drohte, einfach mit ihnen auf See zu fahren und sie den Meerhühnern lebendig zum Fraß vorzuwerfen." Der Alte kicherte. Seine Nase schimmerte glühweinrot - sicher eine große Hilfe in den dunklen Straßen von Ankh-Morpork.
Septimus glaubte nicht, dass er aus Salzflut noch viele Informationen kitzeln konnte. Er verabschiedete sich mit dem Vorwand die Bucht der Stürme aufsuchen zu wollen. In Wirklichkeit hatte er etwas anderes vor. An der Bar hielt er die wichtigsten Informationen für Kanndra fest und übergab Ophelia den Zettel gemeinsam mit einigen Dollarscheinen.
AyureEine schlammverkrustete Gestalt stand vor dem Latschenden Tor und betrachtete Ankh-Morpork. Ab und an blitzte etwas gelblich bis grünliches aus der braunen Masse hervor, wenn das Tageslicht darauf fiel. Den Kopf schmückte ein halb zerrissener Hut. Auch der Rest der Kleidung war verschlissen und schien nur noch mit sehr festem Willen am Körper zu halten. Der Fremde stand mitten im Weg. Er kümmerte sich nicht um die Menschen um ihn herum, die ihn beschimpften, weil er den Weg versperrte. Er senkte den Kopf und durch den Algenvorhang, der vom Hut herabhing, zeigte er ein weites Grinsen, das eine ganze Reihe von verfaulten Zähnen entblößte. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Er konnte sich noch gut an die schier endlosen Zeiten im Meer erinnern. An die feste Überzeugung jeden Moment zu sterben. Doch er hatte überlebt. Und er wollte sich rächen.
Mit einem leisen Kichern schloss er sich dem Menschenstrom, der die Zwillingsstadt betrat, an. Seine Sohlen knirschten bei jedem Schritt. Er hinterließ eine nasse Spur hinter sich.
Gut gelaunt und leise summend ging die Ermittlerin in Ausbildung durch Ankh-Morpork in Richtung Schatten. Sie hatte erst vor kurzem den Bericht von Septimus' Kneipenbesuch bekommen und wollte nun noch einmal bei dem ominösen Ladenbesitzer vorbeischauen, um ihn auf seine "nicht vorhandenen" Verbindungen zu Kapitän Odussel anzusprechen. Langsam nahm alles Formen an und sie war sicher, dass sie und ihr kleiner Partner nicht mehr weit von der Lösung des Falles entfernt waren. Beim Gedanken an ihren kleinen Gnomenfreund verstummte die Melodie und kleine Sorgenfalten zierten ihre Stirn. Sie hätte den Armen nicht so anfahren dürfen. Aber es fiel ihr schwer nicht grantig zu werden, wenn jemand so über Bücher herzog. Trotzdem war er ihr einziger richtiger Freund bei der Wache. Gut - Amok war auch bei der Wache, aber das war etwas anderes. Schließlich wohnte sie mit ihm zusammen und die Freundschaft war daher auch nicht so wacklig, wie bei "normalen" Kollegen.
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie an ihren Mitbewohner
[3] dachte.
Sie hatte den "Delikatessenladen" erreicht und schaute durch die Glastür des Einganges.
Das Glas war mit einer dicken Dreckschicht bedeckt und man konnte nur Schemen erkennen, aber sie bemerkte, dass Herr Ungenießbar anscheinend nicht alleine war. Sie betrat den Laden und ging zielstrebig hinter das erste Regal, sodass sie außer Sichtweite war.
In dem Regal standen verschiedene, mit farbigen Flüssigkeiten gefüllte, Einmachgläser, in denen merkwürdiges Getier schwamm.
Ayure tat so, als ob sie sich die Gläser mit großem Interesse anschauen würde, achtete jedoch in Wirklichkeit sehr darauf nicht hinzusehen. Durch das Regal hindurch, konnte sie sehen, dass Herr Ungenießbar überhaupt nicht auf sie achtete. Er war viel zu sehr mit dem Mann beschäftigt, der vor ihm stand. Der Fremde schien Wasser entstiegen zu sein, denn ihn schmückten viele Algen. Vollkommen gebannt starrte die Gefreite die Person an. Sie hatte das Gefühl dieser Mann war aus dem Buch gekommen, das sie zurzeit sorgfältig studierte.
Sie wusste, dass dieser Mann niemand anderes als Kapitän Odussel sein konnte.
Er wusste, dass er eigentlich nicht hier sein sollte, aber er konnte einfach nicht anders. Sollte man seine Träume und Ziele nicht unter allen Umständen verwirklichen?
Die letzten Zweifel beiseite schiebend betrat er das Erdgeschoss des Hauses am Hafen. Über der Tür war ein Regenbogen angemalt, dessen Farben langsam aber sicher verblassten.
Seine Dienstmarke hatte er weggepackt. Nicht nur, um verdeckt ermitteln zu können, sondern auch, weil er sich irgendwie schuldig fühlte. Natürlich war er nicht wegen eigenem Interesse, sondern nur für die Aufklärung seines Falles hier. Davon war er felsenfest überzeugt.
Er kam in eine kleine unscheinbare Bar. In der Ferne hörte er viele Stimmen, die auf eine größere Ansammlung von Leuten schließen ließ.
Der junge Gnom ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und entdeckte eine enge Treppe, die in einen Keller zu führen schien. Die Stimmen schienen von dort zu kommen, also stieg er die Treppe hinab.
Er betrat ein von Fackeln erhelltes Kellergewölbe, und sah zuerst nur, dass der Raum ziemlich voll war. Um sich einen Überblick zu verschaffen, kletterte er an einer Ziegelsteinbrüstung hoch. Das fiel ihm nicht besonders schwer, denn die Brüstung war baufällig und es fehlten einige Teile, sodass er sie fast wie eine Treppe erklimmen konnte. Auf den Zehenspitzen stehend sah er sich um.
In dem Raum standen um die zwanzig bis dreißig Leute der unterschiedlichsten Rassen. Sie alle schauten zu einer Art Podium, auf dem ein Mann mittleren Alters stand, der hitzig und euphorisch auf sein Publikum einredete. Seine Worte unterstützte er mit dramatischen Gesten und man sah viele Leute zustimmend nicken. Der Mann - Septimus vermutete, dass es sich um Jacob Wohlthat handelte - trug einfache Leinensachen, die in Grün- und Brauntönen gehalten waren. Seine langen aschblonden Haare wurden von einem Bindfaden locker zusammengehalten und Bartstoppeln wucherten in seinem gebräunten Gesicht.
"Meine Brüder und Schwestern! Meine Mitkämpfer! Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Umwelt gnadenlos ausgebeutet wird! Jeder nimmt sich von ihr, was er braucht - niemand denkt an die Folgen. Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass sich das Thema Umweltschutz in die Hirne der Leute einbrennt!"
Er legte eine Pause ein und ließ die Worte auf das aufnahmebereite Publikum wirken. Zustimmendes Gemurmel erklang.
"Die Straßen müssen erfüllt sein von Gesprächen über unsere Organisation! Wir müssen sicherstellen, dass unsere Ideen und Ideale auf der ganzen Scheibenwelt verbreitet werden! Nur so können wir effektiv an der Verbesserung des Umweltbewusstseins der Leute arbeiten!
Um dieses Ziel zu erreichen, reichen Informationsstände und -Zettel nicht mehr aus. Wir müssen zu drastischen Mitteln greifen! Und ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass für die Erfüllung unseres Traumes jedes Mittel recht ist! Gibt es keine falschen Aktionen, solange wir damit erreichen, dass die Leute auf die Missstände aufmerksam gemacht werden. Ich Frage euch: Sollen wir uns auf die üblichen Mittel beschränken, wo die anderen doch sehr viel effektiver sind? Sollen wir in einer Stadt wie Ankh-Morpork, in der niemand jemals richtig unschuldig ist, wirklich darauf achten nie ein Gesetz zu brechen? Nein! Wir dürfen - nein, wir müssen - jedes nur erdenkliche Mittel einsetzen!"
In den Zuschauerreihen wurden Rufe laut. Der ganze Raum war erfüllt von einer lauten Zustimmung. Jacob Wohlthat hatte sein Ziel erreicht. Seine Zuhörer waren ihm verfallen. Er konnte ihnen nun eröffnen, was sie in Zukunft erwartete.
Auf der kleinen Ziegelsteinmauer stand unser kleiner Wächter - ein euphorischer Glanz füllte seine Augen.
"Du hast was? Du hast mein Schiff der Wache gemeldet?! Bist du noch bei Trost?"
Kapitän Odussel baute sich vor seinem Komplizen auf und gestikulierte wild mit den Armen.
"Die Sache wäre so oder so rausgekommen. Ich wollte eben wissen, wo meine Ware bleibt. Etwas anderes interessiert mich nicht. Erst recht nicht dein 'Geisterschiff'", erwiderte Herr Ungenießbar kalt.
"Wie hast du die 'Ailehpo' gerade genannt? Geisterschiff?"
Eine unheimliche Stille folgte, während der Kapitän über diese Worte nachdachte.
"Soll das heißen, dass sie alle tot sind?"
"Was? Ach so. Ja - das auch. Aber das ist nicht der eigentliche Grund. Ich bitte dich. Da sind schon bei Kneipenschlägereien mehr Leute ums Leben gekommen. Man nennt es so, weil es ohne Besatzungsmitglieder vom Runden Meer stromaufwärts über den Ankh nach Ankh-Morpork kam. Die Matrosen erzählen sich, dass die Göttin der Meere dafür verantwortlich ist."
"Die Göttin der Meere?", fragte Odussel monoton. "Haben sie auch etwas von Sirenen erzählt?"
Ein Scheppern ertönte hinter einem Regal unweit der Kasse. Die beiden Männer drehten sich ruckartig um.
Ein glückliches Lächeln stand auf dem Gesicht von Septimus. Er konnte nicht glauben, dass alle in diesem Raum am Umweltschutz interessiert waren! Seine Träume wurden erfüllt. Mit Tränen in den Augen spitzte er seine Ohren, um diesem wundervollen Mann zuzuhören. Er war fest entschlossen sich dieser Organisation anzuschließen.
"Erst vor kurzem hat Grean und Pease bewiesen, dass sie den Mut und die Stärke besitzt in das Geschehen einzugreifen. Sicher habt ihr bereits vom Kapitän Odussel gehört. Dieser rücksichtslose und egoistische Mensch hat das Meer ausgebeutet! Grean und Pease hat ihn oft genug gewarnt! Wir haben es auf den friedlichen Weg versucht. Doch das alles hat nichts genutzt. Wir sahen uns gezwungen stärkere - überzeugendere - Mittel einzusetzen. Wir bedienten uns der Macht des Aberglaubens."
"Stadtwache Ankh-Morpork! Ich bin Ermittlerin der Abteilung Raub und Mord, wie Sie sicherlich noch wissen Herr Ungenießbar, und verlange eine Erklärung. Ich habe genug gehört, um Sie mit zum Wachhaus zu nehmen, also würde ich Ihnen raten, mir gleich alles zu erzählen. Und an Sie habe ich auch einige Fragen - Kapitän Odussel!"
Das alles sagte die Gefreite in einem Zug, während sie so selbstbewusst wie möglich hinter dem Regal vortrat und ihre Dienstmarke vorzeigte. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Das gefiel ihr nicht. Nein, das gefiel ihr ganz und gar nicht! So sollte das nicht laufen. Sie hoffte, dass die Männer nicht merkten, dass sie neu bei der Wache war und nicht zu dem Schluss kamen sie einfach zu überrumpeln.
Die Stille zwischen den drei Menschen schien sich zu kristallisieren.
Erst ein lautes Seufzen des Kapitäns durchbrach die Stille.
"Was wollen sie wissen?"
"Ich will, dass Sie mir ihre Geschichte erzählen."
Es herrschte tiefschwarze Nacht. Nur ein paar verstreute Laternen erhellten das Deck. Odussel, der Kapitän der 'Ailehpo', stand an der Reling und betrachtete seine Männer. Bierkrüge wurden aneinander gestoßen und es hing ein süßlicher Fleischgeruch in der Luft. Der Kapitän schmunzelte. Es war die Belohnungsfeier, die er jedes Mal zum Ende einer Tour zuließ. Ihm war bewusst, dass es außerordentlich wichtig war die Matrosen am Ende mit Alkohol und gutem Essen zu betäuben. So vergaßen sie die Strapazen der letzten Tage und Wochen und konnten sich am Ende nur noch an diese große Feier erinnern. Neben ihm stand sein alter Freund John. John war bereits dreiundsiebzig Jahre alt, was ihn jedoch nicht daran hinderte einer der besten Navigatoren zu sein, die man bekommen konnte.
Sie waren so gut wie zu Hause. In wenigen Minuten würde man die Schemen der Schlotterfelsen erkennen können. Einer alten Tradition nach konnte dem Schiff nichts mehr passieren, sobald es die Schlotterfelsen passiert hatte. Odussel hielt nichts von solchen Märchen. Natürlich kannte er die Legende, die dahinter steckte. Jeder Matrose kannte sie. Seiner Meinung nach war das alles Blödsinn. Ein Spaß, den man sich mit jungen Matrosen machen konnte.
"Schlotterfelsen voraus!" brüllten die Seemänner im Gleichtakt und schallendes Gelächter erklang.
Zwischen dem Gelächter glaubte der Kapitän noch etwas anderes zu hören. Eine Art Quietschen. Auch die anderen Männer an Bord bemerkten den Laut und die Feiergeräusche verstummten. Nun erkannte man, dass es kein einfaches Quietschen war, sondern viel mehr eine Art besonders schriller Gesang. Odussels Männer sahen sich ungläubig an.
Freddy, einer der jüngsten Matrosen des Schiffes, war der erste, der das aussprach, was alle dachten.
"Das sind die Sirenen! Die Göttin der Meere wird sich an uns rächen!"
Panik machte sich unter den Männern breit und alle rannten kreuz und quer über das Deck.
Der Kapitän stand wie gebannt da und versuchte das gerade Geschehene irgendwie zu ordnen, als er merkte, wie der alte John neben ihm verzweifelt versuchte Luft zu kriegen. Seine Hände umklammerten das Geländer so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die Augen waren weit aufgerissen, als er schließlich tot zusammensackte.
Beklommen beobachtete Odussel, wie seine Männer starben. Der Troll Kiesel rannte gegen den Mast. Der Mast brach ab und landete mit einem lauten Donnern mit der Spitze voran in das Deck. Ein großes Loch entstand und einige Männer stürzten hinab.
Odussel spürte plötzlich wie der Ellenbogen einer vorübereilenden Gestalt ihn am Brustkorb traf.
Kurz darauf bemerkte er, dass er vom kalten Wasser umgeben war. Er war über Bord geflogen. Direkt vor ihm trieb ein Stück Holz - wahrscheinlich vom Deck- und er klammerte sich mit letzter Kraft an diesem fest. Oben auf der 'Ailehpo' herrschte noch immer Chaos. Der Kapitän des Geisterschiffes fiel in Ohnmacht.Vollkommen geknickt ging der kleine Naturschützergnom durch die Straßen der Zwillingsstadt. Er konnte es einfach nicht fassen. Innerlich war er völlig zwiegespalten.
Einerseits war da der Naturschützer in ihm. So lang er denken konnte, hatte er sich immer für die Umwelt eingesetzt. Er hatte so oft für sie gekämpft, gelitten und gehofft! Er hatte eine eigene Organisation gegründet! B.A.U.M. (Bringt-Alle-Umweltsünder-uM) war zwar noch in den Startlöchern, doch er hegte sie wie die Pflanzen seines Gewächshauses.
Und dann Grean und Pease... Als er von dieser großen Organisation erfuhr, konnte er die Tränen nur schwer zurückhalten. Er hatte das Gefühl sein größter Traum war in Erfüllung gegangen! Alles in ihm schrie danach sich Grean und Pease anzuschließen. Er wollte mit ihnen kämpfen! Er wollte aktiv werden! Endlich auch etwas erreichen!
Doch da war noch ein anderer Teil in ihm.
Ein winziger Punkt in ihm erinnerte ihn daran, dass es nicht recht war. Dass diese Leute ein Verbrechen begangen hatten und bestraft werden mussten. Dieser kleine Punkt war noch nicht lange ein Teil von ihm. Er bedeutete ihm bei weitem nicht so viel wie der Naturschutz. Doch er wusste, dass er es sich niemals verzeihen könnte, wenn er jetzt falsch handeln würde. Er hatte geschworen. Die Leute verließen sich auf ihn.
Er hob den Kopf. Der Wächter Septimus Ebel stand vor dem Wachhaus am Pseudopolisplatz. Er war bereit eine Aussage zu machen.
Die Gefreite saß in ihrem Büro und schrieb den abschließenden Bericht über den Fall. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass Grean und Pease es geschafft hatte nur mit Hilfe einer Legende so viele Leute zu töten. Kopf schüttelnd dachte sie an den Bericht von Septimus.
Grean und Pease hatte die schlechtesten Sänger aus ganz Ankh-Morpork angeheuert und sich mit ihrem Schiff dem 'Regenbogenkrieger' hinter den Schlotterfelsen versteckt. Als die so genannten 'Sänger' ihre 'Künste' zum Besten gaben, dachten natürlich alle Seemänner sofort an die Legende der Sirenen. Als John in Folge eines Herzinfarktes starb, fühlten sich die anderen in ihrer Annahme, dass der Gesang tödlich sei, bestätigt und erlitten ebenfalls einen Herzinfarkt. Es entstand eine Art Kettenreaktion.
Ayure bekam eine Gänsehaut, als sie sich an das Püschoexperiment erinnerte, an dem sie teilgenommen hatte. Es erinnerte sie einfach zu sehr an diesen Wahnsinn.
Sie schüttelte energisch den Kopf um die Gedanken zu verdrängen.
Seufzend schaute sie zum Fensterbrett, auf welchem ihr kleiner Freund saß. Sie überlegte, wie sie ihn von seinen finsteren Gedanken ablenken konnte. Ein Zugeständnis, dass er Recht hatte und sie nicht, würde ihn wohl kaum aufmuntern.
"Sag mal Septimus..."
"Mhm?" erwiderte er mürrisch.
"Ich weiß, dass du Recht hattest und es nicht wirklich etwas mit der Göttin der Meere zu tun hatte. Aber ein Teil irritiert mich noch. Wie hat Grean und Pease es geschafft unser 'Geisterschiff' flussaufwärts unbemerkt nach Ankh-Morpork zu bringen?"
Auf den Schlotterfelsen im Runden Meer saß die Göttin der Meere und schmunzelte.
ENDE
[1] weitere Vorschläge waren unter anderem 'Das Schiff ohne Wächter, das man gefahrlos plündern kann' oder 'Das Schiff, ohne Wächter, das man gefahrlos plündern könnte, wenn da nicht die ganzen mysteriösen Tode wären' Keiner der Vorschläge setzte sich durch.
[2] Das stimmte nicht ganz. Noch bevor Romulus nach Ankh-Morpork kam, regnete es mal wieder eimerweise Frösche über Ankh-Morpork und zwischen ihnen fiel auch ein (Papier-zu-Figuren-wie-zum-Beispiel-ein-Kranich-falt-)Meister vom Himmel! Nun, zumindest wird das behauptet. Der einzige Beweis, den man hat, ist ein zerknittertes gefaltetes Papier, das tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Vogel aufweist. Wobei Kritiker sich darüber streiten, ob es wirklich ein Kranich oder eher eine Ente ist.
[3] Eigentlich stimmt das Wort "Mitbewohner" hier nicht ganz, denn Ayure hatte noch keine einzige Miete bezahlt, seit Amok sie bei sich aufgenommen und zur Wache geschleppt hat
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